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Nr. 10 / 15.09.2016
Volkswirtschaft special
Meinungen, Analysen, Fakten
Weltspartag 2016: Sparen und Vermögensbildung der Bundesbürger
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Am 28. Oktober ist Weltspartag. Traditionell wird an diesem Tag der Bedeutung des Sparens für
jeden Einzelnen und die gesamte Gesellschaft gedacht. Der Weltspartag wurde 1924 zum ersten Mal ausgerufen. Im kommenden Oktober wird er sich das 92. Mal jähren. Viele Banken, darunter auch die meisten Volksbanken und Raiffeisenbanken, würdigen diesen Tag mit besonderen Aktionen und Veranstaltungen rund zum Thema Sparen.
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Angesichts des rückläufigen Versorgungsniveaus im Alter durch den Staat hat die Bedeutung
der privaten Altersvorsorge für die Bundesbürger in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zugenommen. Sie ist ein wichtiger Baustein zur Schließung der Rentenlücke. Das historisch niedrige Zinsniveau belastet jedoch die private Altersvorsorge der Bundesbürger. Hauptverantwortlich für die Zinssituation ist die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank.
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Die Bundesbürger nehmen das Sparen trotz niedriger Zinsen weiterhin ernst. Die Sparquote, d.
h. das Verhältnis von Erspartem und verfügbaren Einkommen, lag im ersten Halbjahr dieses Jahres saisonbereinigt bei 9,7 %. Das entsprach der Höhe der Sparquote vom vergangenen Jahr.
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In Folge kräftiger Einkommenszuwächse und solider Sparbeträge haben die privaten Haushalte
zuletzt deutlich mehr Finanzvermögen gebildet. In 2015 brachten die Bundesbürger in der
Summe 184,1 Mrd. Euro für die Geldvermögensbildung auf. Das waren 27 Mrd. Euro mehr als
ein Jahr zuvor. Den größten Zufluss verzeichneten dabei liquide Bankprodukte. Im ersten Quartal 2016 setzte sich der Trend fort.
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Das Geldvermögen der Bundesbürger belief sich Ende 2015 auf 5.485 Mrd. Euro. Das waren
rund 242 Mrd. Euro mehr als 2014. Gespeist wurde der Anstieg zum einen von der Geldvermögensbildung und zum anderen von Kursgewinnen bei Wertpapieren. Das Gesamtvermögen der
Bundesbürger, d.h. inklusive Immobilien- und Gebrauchsvermögen, lag nach Schätzung des BVR
Ende 2015 bei 13.792 Mrd. Euro.
Herausgeber: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken · BVR · Volkswirtschaft/ Mittelstandspolitik
Verantwortlich: Dr. Andreas Bley · Schellingstraße 4 · 10785 Berlin · Telefon: (030) 20 21 – 15 00
Telefax (030) 20 21 – 1904 · Internet: http://www.bvr.de · [email protected]
Weltspartag 2016
Sparen und Altersvorsorge in Deutschland
Die Bedeutung der privaten Altersvorsorge hat für
die Bundesbürger in den vergangenen Jahren
Am 28. Oktober ist Weltspartag. An diesem Tag
deutlich zugenommen. Denn, niedrige Geburtenra-
wird traditionell der Bedeutung des Sparens für je-
ten sowie eine steigende Lebenserwartung wer-
den Einzelnen und die gesamte Gesellschaft ge-
den es dem Staat künftig schwer machen, über das
dacht. Der Weltspartag wurde 1924 zum ersten
Umlageverfahren ein ausreichendes Rentenniveau
Mal ausgerufen. Im kommenden Oktober wird er
auf breiter Basis zu gewährleisten. Die private Al-
sich das 92. Mal jähren. Viele Banken, darunter
tersvorsorge kann über verschiedene Anlagefor-
auch die meisten Volksbanken und Raiffeisenban-
men, wie z.B. Fonds, Bankeinlagen, Immobilien oder
ken, würdigen diesen Tag mit besonderen Aktio-
Kapitallebensversicherungen, erfolgen.
nen und Veranstaltungen rund zum Thema Sparen.
Der deutsche Staat ist sich der VorsorgeproblemaFür den Einzelnen ist Sparen mitsamt seinen Erträ-
tik bewusst. Deswegen versucht er Anreize zur pri-
gen eine Investition in die Zukunft. Die Ersparnisse
vaten Altersvorsorge, z.B. durch das staatlich geför-
bilden eine wichtige Stütze bei der Bewältigung
derte Riester-Sparen, zu schaffen. Die Akzeptanz
zukünftiger finanzieller Herausforderungen, sind
an Riester-Sparprodukten ist in Deutschland hoch.
diese doch eine Verlagerung von Kaufkraft in die
Mittlerweile sind knapp 16,5 Mio. Riester-Verträge
Zukunft. Die Sparmotive können dabei vielfältig
in Deutschland abgeschlossen worden. Es bleibt
ausfallen. Sie reichen von Sparen für größere An-
trotzdem noch Luft nach oben. So hat trotz der
schaffungen über unvorhergesehene Ausgaben bis
hohen Vertragszahlen aktuell nur rund jeder
hin zur privaten Altersvorsorge.
zweite Berechtigte das Angebot des Riester-Sparens wahrgenommen.
Abbildung 1
Riesterverträge stagnieren
in Tausend
16.482
16.481
2015
2016
16.296
15.999
15.781
2012
2013
Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales
2
2014
Weltspartag 2016
Niedrigzins belastet Altersvorsorge
Sparquote tendiert seitwärts
Das historisch niedrige Zinsniveau belastet die pri-
Die Bundesbürger nehmen das Sparen aber weiter-
vate Altersvorsorge. Ausgangspunkt der niedrigen
hin ernst. Darauf lassen die Zahlen zum Sparverhal-
Zinsen ist die ultra-lockere Geldpolitik der Europäi-
ten in Deutschland schließen. Die Sparquote, d. h.
schen Zentralbank. Sie hat den Leitzins seit Aus-
das Verhältnis von Erspartem und verfügbaren Ein-
bruch der Finanzmarktkrise kontinuierlich auf null
kommen, lag im ersten Halbjahr dieses Jahres sai-
Prozent gesenkt. Geschäftsbanken müssen bei der
sonbereinigt bei 9,7 %. Das entsprach der Höhe der
EZB für Überschussliquidität sogar einen Negativ-
Sparquote der privaten Haushalte vom vergange-
zins von -0,4 % zahlen. Das drückt auch das allge-
nen Jahr. Aktuell liegt die Sparquote damit sogar
meine Zinsniveau bei Kundengeschäften von Ban-
etwas mehr als einen halben Prozentpunkt höher
ken und Versicherungen.
als in 2013.
Durch das niedrige Zinsniveau sinken die Erträge
Auch die aktuelle Umfrage des BVR zum Sparver-
der auf Dauer und Sicherheit ausgelegten Spar-
halten der Bundesbürger bestätigt eine robuste
pläne der Bundesbürger für das Alter. In dem Nied-
Spartätigkeit der Bundesbürger. So bleibt die Spar-
rigzinsumfeld wird es den Bundesbürgern nicht ge-
lücke, d. h. das Verhältnis aus persönlichem Sparziel
lingen ihre Rentenlücke zu schließen, wollen sie
und Sparbetrag, in 2016 weitestgehend unverän-
nicht hohe Anlagerisiken eingehen. Darunter leidet
dert. Allerdings reizen die Bundesbürger ihre deut-
auch die staatlich geförderte Riester-Rente, bei der
lich gestiegene Sparfähigkeit aktuell weniger stark
die Zahl neuer Vertragsabschlüsse zuletzt deutlich
aus. Mit 91 % liegt die Ausreizung der Sparfähig-
abgenommen hat.
keit aber weiterhin auf hohem Niveau.
Abbildung 1
2
zu seitwärts
Sparquote der Bundesbürger legt
tendiert
in Prozent des verfügbaren Einkommens
9,6
9,3
9,3
9,1
2011
2012
2012
2013
2015 (saisonbereinigt)
*Erstes Halbjahr 2016
Quelle: Thomson Reuters Datastream
9,1
9,5
9,5
9,7
9,6
9,7
2013
2014
2014
2015
2015*
2016*
Weltspartag 2016
Deutsche bilden mehr Vermögen
Für die Bildung von Finanzvermögen wendeten die
privaten Haushalte in 2015 eine deutlich höhere
Die Bundesbürger haben in Folge kräftiger Einkom-
Summe auf als für die Sachvermögensbildung.
menszuwächse und solider Sparbeträge in 2015
Nach den Zahlen der Deutschen Bundesbank
deutlich mehr Vermögen gebildet als im Jahr zu-
brachten die privaten Haushalte in 2015 in der
vor. Insgesamt stieg die Summe aus Geld- und
Summe 184,1 Mrd. Euro für die Geldvermögensbil-
Sachvermögensbildung in 2015 um 13,6 % auf
dung auf. Das waren 27 Mrd. Euro bzw. 17,1 %
213,5 Mrd. Euro. Im ersten Quartal 2016 setzte sich
mehr als ein Jahr zuvor. Im ersten Quartal setzte
dieser Trend fort. Der Vermögensbildung stand in
sich der Aufwärtstrend fort, indem sie über 4 Mrd.
2015 eine Kreditaufnahme von 38,2 Mrd. Euro ge-
Euro höher ausfiel als im Vorjahresquartal.
genüber.
Der Anteil der von den Bundesbürgern für die
Die Bundesbürger verwendeten 29,4 Mrd. Euro für
Geldvermögensbildung aufgewendeten Summe
die Bildung von Sachvermögen. Damit bleibt die
am verfügbaren Einkommen stieg damit im ver-
Sachvermögensbildung weiterhin auf einem hohen
gangenen Jahr auf etwas mehr als 10 %. In den
Niveau. Treiber der verstärkten Sachvermögensbil-
Jahren 2013 und 2014 hatte die Quote noch unter
dung ist der aktuelle Aufschwung am deutschen
der 9-Prozent-Marke gelegen. Die Verwendung
Immobilienmarkt. Der Trend dürfte sich in diesem
von Geldern für die Bildung von neuem Finanzver-
Jahr fortsetzen. Finanziert wird das Engagement
mögen stieg damit stärker als die verfügbaren Ein-
auf dem Wohnimmobilienmarkt immer mehr über
kommen. Der Anteil der Sachvermögensbildung
Kredite, die sich im vergangenen Jahr im Vergleich
am verfügbaren Einkommen der privaten Haus-
zu 2014 fast verdoppelt haben.
halte fiel hingegen in 2015 leicht auf rund 1,6 %.
Abbildung 3
Vermögensbildung der privaten Haushalte
in Milliarden Euro
225
29,4
29,4
184,1
188,5
30,9
150
28,8
75
143,2
157,1
2013
2014
0
2015
Geldvermögensbildung
*Erstes Quartal 2016 (gleitende 4-Quartals-Summe)
Quelle: Thomson Reuters Datastream, Statistisches Bundesamt
4
2016*
Sachvermögensbildung
Weltspartag 2016
Bankeinlagen bleiben gefragt
Das Versicherungssparen blieb in 2015 nahe seinen
Vorjahresniveaus. Unter Berücksichtigung Sonstiger
Bankprodukte erhielten in 2015 - wie schon in den
Forderungen, zu denen unter anderem verzinslich
Jahren zuvor - den größten Zuspruch. In der
angesammelte Überschussanteile bei Versicherun-
Summe flossen Banken im Bundesgebiet 86,6 Mrd.
gen gehören, flossen Versicherungen im vergange-
Euro von Seiten der Bundesbürger zu. Angesichts
nen Jahr 65,5 Mrd. Euro zu. In der Jahressumme lag
der historisch niedrigen Zinsen waren Sichteinlagen
das Versicherungssparen im ersten Quartal 2016
besonders stark gefragt. Inklusive Bargeld konnten
bei 62,6 Mrd. Euro.
sie in 2015 einen Zufluss in Höhe von 118,8 Mrd.
Euro verzeichnen. Anfang dieses Jahres schwächte
Wertpapiere erfreuen sich angesichts der niedrigen
sich der Trend leicht auf 104 Mrd. Euro ab.
Verzinsung konservativer Anlageprodukte seit
2015 einer sichtbar steigenden Beliebtheit. In erster
Einlagen mit Mindestlaufzeiten und Kündigungs-
Linie sind dabei Anteilsrechte, wie z.B. Investment-
fristen, wie z. B. Termineinlagen oder Spareinlagen,
fonds und börsennotierte Aktien, bei den privaten
waren angesichts der niedrigen Zinsen unterm
Haushalten gefragt. Insgesamt kauften die privaten
Strich wenig gefragt. Insgesamt zogen die Bundes-
Haushalte in 2015 Anteilsrechte im Wert von 50,3
bürger im vergangenen Jahr 32,1 Mrd. Euro aus
Mrd. Euro ein. Im ersten Quartal stieg die Jahres-
dieser Produktklasse ab. Im ersten Quartal dieses
summe um 10 auf 60,6 Mrd. Euro. Rentenpapiere
Jahres nahm der Zuspruch nach Termin- und Spar-
wurden hingegen gemieden. Unterm Strich stießen
einlagen aber wieder etwas zu. In der Summe stie-
die Bundesbürger Schuldverschreibungen im Wert
gen sie um 7 Mrd. auf rund -25 Mrd. Euro.
von 13,8 Mrd. Euro ab.
Abbildung 4
Geldvermögensbildung der privaten Haushalte in Deutschland
in Milliarden Euro, gleitende 4-Quartals-Summe
200
150
100
50
0
Wertpapiere*
Versicherungen**
Banken
*Schuldverschreibungen und Anteilsrechte ** inklusive Sonstige Forderungen
Quelle: Thomson Reuters Datastream, Deutsche Bundesbank
Geldvermögensbildung
Q1 2016
Q4 2015
Q3 2015
Q2 2015
Q1 2015
Q4 2014
Q3 2014
Q2 2014
Q1 2014
Q4 2013
Q3 2013
Q2 2013
Q1 2013
-50
Weltspartag 2016
Vermögen bei 13,8 Bio. Euro
Anteil der Wohn- und Nichtwohnbauten am Immobilienvermögen lag mit 4.605 Mrd. Euro bei et-
Das Geldvermögen der Bundesbürger belief sich
was mehr als 64 %. Das in Land gehaltene Vermö-
Ende 2015 auf 5.485 Mrd. Euro. Das waren rund
gen belief sich nach Schätzung des BVR Ende 2015
242 Mrd. Euro mehr als 2014. Gespeist wurde der
auf 2.519 Mrd. Euro, was einem Anteil von knapp
Anstieg zum einen von der Geldvermögensbildung
36 % entsprach.
und zum anderen von Kursgewinnen bei Wertpapieren. Die Zusammensetzung des Geldvermögens
Kleinster Posten war mit 1.183 Mrd. Euro das Ge-
verteilt sich verhältnismäßig ungleich. Bankeinlagen
brauchsvermögen, zu dem z. B. Automobile gehö-
haben einen Anteil von 39 % am gesamten Geld-
ren. Inklusive Nutzpflanzen, Ausrüstungen und
vermögen. Das Versicherungsvermögen macht mit
geistigem Eigentum lag dessen Anteil am gesam-
38 % einen ähnlich hohen Anteil am Finanzvermö-
ten Vermögen Ende 2015 bei rund 9 %. Das ge-
gen der Bundesbürger aus. Der Anteil Wertpapiere
samte Vermögen der Bundesbürger lag nach
beläuft sich aktuell auf 23 % des Geldvermögens.
Schätzung des BVR Ende 2015 bei rund 13.792
Mrd. Euro. Bereinigt um die Verbindlichkeiten der
Der Anteil des Finanzvermögens am gesamten
Bundesbürger in Höhe von 1.645 Mrd. Euro ergibt
Brutto-Vermögen der privaten Haushalte in
sich damit ein Netto- bzw. Reinvermögen inklusive
Deutschland lag Ende 2015 bei rund 40 %. Über-
Gebrauchsvermögen von 12.147 Mrd. Euro.
troffen wurde der Anteil des Finanzvermögens jedoch vom Immobilienvermögen inklusive Landbe-
Autor:
sitz. In der Summe machte dieses knapp 52 % des
Jan Philip Weber
gesamten Vermögens der Bundesbürger aus. Der
Mail: [email protected]
Abbildung 6
Vermögen der Bundesbürger steigt auf 13,8 Billionen Euro
in Milliarden Euro
Gebrauchsvermögen (2)
1.183
Banken
2.141
Land
2.519
Geldvermögen
5,485
Bauten (1)
4.605
Versicherungen
2.058
Wertpapiere
1.286
(1) Wohn- und Nichtwohnbauten; (2) einschließlich Nutztiere und -pflanzen, Ausrüstungen und geistiges Eigentum
Quelle: Thomson Reuters Datastream, Statistisches Bundesamt, Berechnungen des BVR
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