Drucksache 16/12860

LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode
Drucksache
16/12860
12.09.2016
Mündliche Anfrage
für die 120. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen
am 14. September 2016
Geschäftsbereich des Ministeriums für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien
und Chef der Staatskanzlei
82
Abgeordneter
Bernhard Schemmer CDU
Landesentwicklungsplan NRW – Planungsstillstand muss beendet werden
Die frühzeitige Anwendung des noch in Aufstellung befindlichen Landesentwicklungsplans hat
zu grotesken planungsrechtlichen Aussagen der
Regionalplanungsbehörden bei von den Kommunen bzw. Betrieben beabsichtigten Entwicklungen und Erweiterungen geführt.
Die viel zu engen Ausweisungen von Siedlungsflächen führen schon bei geringem Änderungsbedürfnis zu unvertretbaren Problemen für die
Städte und Gemeinden.
Einige Beispiele aus dem Münsterland:
Viele gastronomische Betriebe sind historisch im
Außenbereich untergebracht. Bei Erweiterungen
von Hotels im Raum Billerbeck/Nottuln/Havixbeck, bei denen bisher schon ein Bebauungsplan
vorliegt, sollen nunmehr selbst betriebsnotwendige Erweiterungen im Außenbereich nur noch
nach Zielabweichungsverfahren im Regionalplan
möglich sein.
Datum des Originals: 12.09.2016/Ausgegeben: 12.09.2016
Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des
Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der
kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter
www.landtag.nrw.de
LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode
Drucksache 16/12860
Gemeinden wie Heiden, deren Ausweisungen
von z.B. Gewerbeflächen durch Beklagen von
Umweltverbänden nicht rechtmäßig werden, können erst dann Alternativplanungen verfolgen,
wenn die ursprünglichen Standorte im Regionalplan gestrichen sind. Dafür sollte gelten: Nur
wenn die Gemeinde Heiden mehrere Standorte
parallel verfolgen kann, bis ein Standort rechtlich
zulässig ist, kann vorausschauend Bauleitplanung betrieben werden.
Die Stadt Coesfeld beabsichtigt an der Abt-Molitor-Straße quasi zwischen zwei Wohngebieten
eine Kindertagesstätte mit einem Flächenbedarf
von 0,5 Hektar zu errichten. Dies kann angeblich
nur dann geschehen, wenn der Regionalplan in
einem langwierigen Verfahren geändert wird.
Die Stadt Dülmen beabsichtigt, den Bebauungsplan „Landmaschinen Stade“ am Ortsteil Buldern
zu erweitern. Diese erweiterte Ausweisung von
Gewerbeflächen ist für die betriebliche Entwicklung zwingend. Dieser zusätzlichen Ausweisung
der Gewerbefläche in Buldern wird seitens der
Regionalplanungsbehörde mit Verweis auf den in
Aufstellung befindlichen LEP nicht zugestimmt.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
Darf ein in Aufstellung befindlicher Landesentwicklungsplan (LEP) einschließlich der sonstigen
sondergesetzlichen Regelungen die kommunale
Planungshoheit derart außer Kraft setzen bzw.
unterlaufen, daß von der Kommune geplante
städtebauliche Entwicklungen unterbleiben bzw.
sich endlos in die Länge ziehen?
2
LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode
Drucksache 16/12860
Geschäftsbereich des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Naturund Verbraucherschutz
83
Abgeordneter
Henning Höne FDP
Welche Auswirkungen haben fragwürdige
Spendensammlungen auf die Anerkennung
von Tierschutzvereinen nach dem TierschutzVMG NRW?
Seit dem 23.12.2013 sind bis heute neun Tierschutzvereine vom Umweltministerium nach dem
Gesetz über das Verbandsklagerecht und Mitwirkungsrechte
für
Tierschutzvereine
(TierschutzVMG NRW) anerkannt und mit zahlreichen
Rechten, die Einzelpersonen nicht zustehen,
ausgestattet worden. Die Voraussetzungen der
Anerkennung eines Vereins nach § 3 TierschutzVMG NRW sind unter anderem, dass der
Sitz des Vereins in NRW liegt und dessen Tätigkeitsbereich sich zumindest auch auf das Bundesland erstreckt (Abs. 1 Nr. 2); dass der Verein
Gewähr für sachgerechte Aufgabenerfüllung bietet (Abs. 1 Nr.4); der Verein gemeinnützig ist
(Abs. 1 Nr. 5) und Neumitgliedern volles Stimmrecht gewährt (Abs. 1 Nr.6).
Der Landtag hat sich bereits mehrfach mit der
Einhaltung der Voraussetzungen für die Anerkennung von Vereinen beschäftigt. Die jüngste
„spektakuläre“ Aktion des Vereins „Deutsches
Tierschutzbüro e.V.“ lässt erneut Zweifel aufkommen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen von
allen anerkannten Vereinen stets erfüllt werden.
Der Verein „Deutsches Tierschutzbüro e.V.“ startet jedes Jahr mehrere Aktionen, bei denen es
sich zum großen Teil um sogenannte „Tierrettungen“ handelt. Diese umfassen unter anderem das
unbefugte Eindringen in landwirtschaftliche Betriebe. Im Jahr 2015 sollen beispielsweise 22
Hühner von Höfen „gerettet“ worden sein. Diese
Aktionen erfolgen vor allem, um Aufmerksamkeit
und damit Spenden für den Verein zu generieren.
Es scheint zudem Aktionen zu geben, die an die
Grenze des Spendenbetrugs gehen. So soll laut
Mitteilung des Vereins im Mai 2016 das Kalb
„Zwergi“ aus einem Milchbetrieb „gerettet“, auf einen Gnadenhof in Brandenburg gebracht und bei
den Behörden angemeldet worden sein. Auf der
Internetseite des Tierschutzbüros wurde auf die
Möglichkeit hingewiesen, Spenden für „Zwergi“
zu zahlen, um Tierpate für das „gerettete“ Kalb zu
3
LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode
Drucksache 16/12860
werden. Auf Bildern des Kalbes, welche im Internet durch den Verein veröffentlicht wurden, ist zu
erkennen, dass die Ohrmarke entfernt wurde,
was einen Verstoß gegen die Viehverkehrsverordnung darstellen könnte.
Zu dem Vorfall befragt, erklärte der Innenminister
des Landes Brandenburg, Karl-Heinz Schröter
(SPD), in der Plenarsitzung des Landtages Brandenburg vom 09.06.2016, es sei keine Anzeige
eingegangen und es gäbe auch keine sonstigen
Meldungen bezüglich des Verbleibs des Kalbes
„Zwergi“. Nachdem der Diebstahl dieses Kalbes
bis heute nicht angezeigt wurde, hat die Staatsanwaltschaft Berlin das Ermittlungsverfahren inzwischen eingestellt. Denn offenbar wurde das
angeblich „gerettete“ und auf einen Gnadenhof
verbrachte Tier tatsächlich nie entwendet. Vielmehr ging es mit der Vortäuschung der Straftat
und der „Rettung“ darum, unter Vorspiegelung
falscher Tatsachen in betrügerischer Weise
Spenden für den Verein „Deutsches Tierschutzbüro e.V.“ zu erschleichen.
Inwieweit ist die Landesregierung der Auffassung, dass sämtliche nach dem TierschutzVMG NRW anerkannten Vereine die
einschlägigen Anerkennungsvoraussetzungen weiterhin erfüllen?
Geschäftsbereich des Ministeriums für Inneres und Kommunales
84
Abgeordneter
Bernhard Schemmer CDU
Benachteiligung kleiner Kommunen ist verfassungsgemäß – wer wenig hat muß mehr
zahlen
In den vergangenen Wochen und Monaten haben sich die betroffenen 72 Städte und Gemeinden gegen den Kommunalsoli gewehrt. Bei der
Urteilsfindung vor dem Landesverfassungsgericht haben die Fakten keine Rolle gespielt.
Als Beispiel sei die finanzielle Lage der kleinen
Stadt Billerbeck im Kreis Coesfeld, der kleinen
Gemeinde Heek im Kreis Borken und Gelsenkirchen genannt. Die Stadt Billerbeck hat zusammen mit dem Kreis Coesfeld ebenso wie die Gemeinde Heek zusammen mit dem Kreis Borken
die gleichen Aufgaben für ihre Bürger, wie die
4
LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode
Drucksache 16/12860
Städte Gelsenkirchen oder Essen. Umgerechnet
auf jeden einzelnen Bewohner stehen der Stadt
Billerbeck (einschließlich der Aufgaben des Kreises Coesfeld) rund 1230 Euro pro Einwohner zur
Verfügung. Davon haben die Billerbecker Bürger
1083 Euro pro Einwohner gezahlt. Rund 186
Euro pro Einwohner erhält der Kreis Coesfeld bei
den Schlüsselzuweisungen, die Stadt Billerbeck
erhält nichts.
In Heek stehen der Gemeinde umgerechnet auf
jeden einzelnen Bewohner (einschließlich der
Aufgaben des Kreises Borken) rund 1230 Euro
pro Einwohner zur Verfügung. Davon haben die
Heeker Bürger 1050 Euro pro Einwohner gezahlt.
Rund 180 Euro pro Einwohner erhält der Kreis
Borken bei den Schlüsselzuweisungen, die Gemeinde Heek erhält nichts.
Die Stadt Gelsenkirchen hat für jeden Bürger 730
Euro an eigener Steuerkraft und 1240 Euro aus
den Schlüsselzuweisungen des Landes, es stehen also insgesamt 1970 Euro pro Einwohner zur
Verfügung.
Nun stehen also in Billerbeck (einschließlich der
Aufgabe der Kreisverwaltung) 1270 Euro pro Einwohner für kommunale Aufgaben zur Verfügung
und, in Heek sind es 1230 Euro. Gelsenkirchen
steht mit 1970 Euro pro Einwohner mehr als das
1,5 fache zu. Daß Billerbeck nun zusätzlich eine
Solidaritätszulage in Höhe von 45 000 Euro zu
zahlen hat und Heek 43 000 Euro, um die finanzielle Ausstattung von z.B. Gelsenkirchen weiter
zu verbessern, ist durch nichts zu rechtfertigen.
Viele Städte und Gemeinden haben aufgrund erheblicher eigener Steuereinnahmen bzw. besonders hoher Schlüsselzuweisungen Einnahmen
von über 1800 Euro pro Einwohner. Andere
Städte und Gemeinden haben an eigenen Steuereinnahmen sowie gemeindlichen und bereichsbezogenen Schlüsselzuweisungen nicht einmal
1400 Euro pro Einwohner zur Verfügung.
Während im Steuerrecht derjenige mit mehr Einnahmen auch mehr Steuern zu zahlen hat, müssen beim Kommunalsoli insbesondere auch einnahmeschwächere Kommunen zugunsten einkommensstärkerer Kommunen zahlen.
5
LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode
Drucksache 16/12860
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
Wieviel Euro pro Einwohner weniger an Einnahmen darf eine in den Stärkungspakt zahlungspflichtige Gemeinde (sogenannte reiche Gemeinde) haben als eine Gemeinde, die aus dem
Stärkungspakt Zuschüsse erhält (sogenannte
arme Gemeinde)?
6