2016 | 3 Zum Geleit Liebe Mitglieder und Mitgliedsvereine, in einigen Tagen, am Samstag, dem 17.09.2016, wird in Potsdam im Tagungshaus BlauArt, Werderscher Damm 8 unsere Mitglieder- und Wahlversammlung stattfinden. Über die Örtlichkeit hatten wir bereits im Rundbrief 2/2016 berichtet. Wir möchten an dieser Stelle unsere Bitte erneuern, bis zum 12.09.2016 Eure Teilnahme per Post, Telefon oder E-Mail anzukündigen. Dies erleichtert uns die Vorbereitung erheblich. Vielen Dank! Inhalt 1. Rechtsecke Gilt meine Vorsorgevollmacht noch? - Viele Fragen nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes 2. Höhere Freibeträge für Vermögen Entwurf des Bundesteilhabegesetz enthält Anhebung der Vermögensfreibeträge bei der Bewilligung von Eingliederungshilfe 3. Neues vom Betonkopf 2016 Erste Umbauten auf dem Bahnhofsvorplatz Brandenburg an der Havel 4. Dies & Das = Infos + Anlagen Bundestagsabgeordneter übergab Spende Ergebnisse der Inklusions-Foren sind online Berliner Behindertenzeitung Gilt meine Vorsorgevollmacht noch? - Viele Fragen nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes Im August diesen Jahres machte eine Entscheidung des Bundesgerichtshof Schlagzeilen. Die Richter hatten sich in einem konkreten Fall mit der Frage beschäftigt, ob der Abbruch der künstlichen Ernährung bei einer im Koma liegenden 75-jährigen Frau rechtmäßig ist. In die Medien geriet diese Entscheidung in erster Linie deshalb, weil die Betroffene rechtzeitig eine Patientenverfügung und eine Vorsorgevollmacht erstellt hatte. Darin hatte die ältere Dame festgehalten, dass sie selbst keine lebenserhaltenden Maßnahmen wünscht, wenn sie einmal dauerhaft im Koma liegen würde. Dieser Fall trat schließlich ein und die Töchter der Patientin stritten bis zum höchsten deutschen Zivilgericht über die Frage, wie der Wille der Mutter umzusetzen sei. Der Bundesgerichtshof hat im Ergebnis entschieden, dass die künstliche Ernährung der Patientin fortgeführt werden muss. Das hat natürlich die Frage aufgeworfen, warum die vorliegende Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht offenbar keine Wirkung gehabt haben? In den Schlagzeilen wurde dann schnell spekuliert, dass ein großer Teil der heute existierenden Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten seien in der derzeitigen Form rechtlich ohne Bedeutung und müssten neu gefasst werden. Ob das tatsächlich so ist, soll in diesem Beitrag beantwortet werden. Worum ging es in der Entscheidung des Bundesgerichtshofes? Im November 2011 erlitt eine damals 70-jährige Frau einen Schlaganfall. Noch während der stationären Behandlung im Krankenhaus erhielt sie eine so genannte PEG-Sonde. Zu diesem Zeitpunkt konnte die Patientin mit den Ärzten und Angehörigen kommunizieren. Eine PEG-Sonde ist ein elastischer Kunststoffschlauch, der eine Verbindung zwischen Bauchwand und Magen herstellt und eine künstliche Ernährung direkt über den MagenDarm-Trakt ermöglicht. Nährstoffe, Flüssigkeit und auch Medikamente werden dann nicht mehr über den Mund und die Speiseröhre verabreicht, sondern gelangen direkt über den Schlauch von außen in den Magen-Darm-Trakt. Im Januar 2012 wurde die ältere Dame mit der PEG-Sonde in ein Pflegeheim aufgenommen und dort betreut. Kurze Zeit später folgte eine Reihe von epileptischen ABB e.V.-Rundbrief 3/2016 Seite 1 von 12 Anfällen. Als Folge fiel die Patientin ins Koma, sie konnte nicht mehr mit ihrer Umwelt in Kontakt treten. Fortan lag sie in einem Bett im Pflegeheim und wurde über die PEG-Sonde künstlich ernährt. Einige Jahre vor diesen Ereignissen hatte die ältere Dame im Jahr 2003 eine schriftliche Patientenverfügung verfasst. Darin heißt es wörtlich: "Für den Fall, daß ich (…) aufgrund von Bewußtlosigkeit oder Bewußtseinstrübung (…) nicht mehr in der Lage bin, meinen Willen zu äußern, verfüge ich: Solange eine realistische Aussicht auf Erhaltung eines erträglichen Lebens besteht, erwarte ich ärztlichen und pflegerischen Beistand unter Ausschöpfung der angemessenen Möglichkeiten. Dagegen wünsche ich, daß lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben, wenn medizinisch eindeutig festgestellt ist, - daß ich mich unabwendbar im unmittelbaren Sterbeprozeß befinde, bei dem jede lebenserhaltende Therapie das Sterben oder Leiden ohne Aussicht auf Besserung verlängern würde, oder - daß keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewußtseins besteht, oder - daß aufgrund von Krankheit oder Unfall ein schwerer Dauerschaden des Gehirns zurückbleibt, oder - daß es zu einem nicht behandelbaren, dauernden Ausfall lebenswichtiger Funktionen meines Körpers kommt. Behandlung und Pflege sollen in diesen Fällen auf die Linderung von Schmerzen, Unruhe und Angst gerichtet sein, selbst wenn durch die notwendige Schmerzbehandlung eine Lebensverkürzung nicht auszuschließen ist. Ich möchte in Würde und Frieden sterben können, nach Möglichkeit in meiner vertrauten Umgebung. Aktive Sterbehilfe lehne ich ab. Ich bitte um menschliche und seelsorgerische Begleitung." In dem gleichen Schriftstück erteilte sei auch eine Vorsorgevollmacht. Für den Fall, dass sie selbst nicht mehr in der Lage sein würde, ihren Willen zu bilden oder gegenüber der Umwelt zu äußern, bevollmächtige sie eine ihrer drei Töchter "an meiner Stelle mit der behandelnden Ärztin (…) alle erforderlichen Entscheidungen abzusprechen. Die Vertrauensperson soll meinen Willen im Sinne dieser Patientenverfügung einbringen und in meinem Namen Einwendungen vortragen, die die Ärztin (…) berücksichtigen soll." Im gleichen Jahr – also 2003 – ging die ältere Dame mit ihrem Ehemann zu einem Notar. ABB e.V.-Rundbrief 3/2016 Seite 2 von 12 Dort ließ das Ehepaar eine Generalvollmacht aufsetzen. Darin bevollmächtigten die Eheleute sich gegenseitig und legten fest, was der jeweils andere im Einzelnen alles entscheiden soll. In dieser notariellen Urkunde heißt es dann wörtlich: "Die Vollmacht berechtigt auch zur Vertretung in Fragen der medizinischen Versorgung und Behandlung, insbesondere im Sinne von § 1904 BGB. Der Bevollmächtigte kann auch in eine Untersuchung des Gesundheitszustandes, in eine Heilbehandlung oder in die Durchführung eines ärztlichen Eingriffs einwilligen, die Einwilligung hierzu verweigern oder zurücknehmen, Krankenunterlagen einsehen und in deren Herausgabe an Dritte einwilligen. (…) Die Vollmacht enthält die Befugnis, über den Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen zu entscheiden. Wir wurden darüber belehrt, dass solche Entscheidungen unter bestimmten engen Voraussetzungen in Betracht kommen. Im Falle einer zum Tode führenden Erkrankung legen wir keinen Wert auf lebensverlängernde Maßnahmen, wenn feststeht, dass eine Besserung des Zustandes nicht erwartet werden kann. Die Vollmachtgeber wünschen eine angemessene und insbesondere schmerzlindernde Behandlung, nicht jedoch die künstliche Lebensverlängerung durch Gerätschaften. Die Schmerzlinderung hat nach Vorstellung der Vollmachtgeber Vorrang vor denkbarer Lebensverkürzung, welche bei der Gabe wirksamer Medikamente nicht ausgeschlossen werden kann." Die Eheleute waren vorausschauend. Sie haben auch an den Fall gedacht, dass einer der Ehegatten vor dem anderen verstirbt. In diesem Falle wäre niemand mehr da, der den Überlebenden dann mit dieser Generalvollmacht vertreten könnte. In der Vollmacht findet sich daher eine Passage, wonach in einem solchen Fall, also nach dem Tod eines Ehegatten, die bereits in der Vorsorgevollmacht angegebene Tochter, die Bevollmächtigte des überlebenden Ehegatten sein soll. Insgesamt hatte die ältere Dame also sehr umfassend vorgesorgt. Es existierten • eine schriftliche Patientenverfügung, • eine auf die Tochter lautende Vorsorgevollmacht und • eine nach dem Tod des Ehemannes ebenfalls auf die Tochter lautenden Generalvollmacht. In allen drei Dokumenten geht es ausdrücklich auch um den Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen. Man würde meinen, an alles Notwendige sei auch für den Fall mehrjährigen Komas gedacht gewesen. Das war ein Irrtum! ABB e.V.-Rundbrief 3/2016 Seite 3 von 12 Wer hat gestritten? Die ältere Dame hat insgesamt drei Töchter. In der Vorsorgevollmacht und der Generalvollmacht ist nur eine dieser drei Töchter bevollmächtigt worden. Nur sie sollte also berechtigt sein, sämtliche Entscheidungen in einem solchen Fall für ihre Mutter zu treffen und auch dem Willen der Mutter gegenüber den Ärzten und Gerichten Geltung verschaffen. Diese Tochter hat sich mit der behandelnden Ärztin der im Koma liegenden Mutter beraten. Beide sind zu dem Ergebnis gekommen, dass der Abbruch der künstlichen Ernährung nicht dem Willen der Mutter entspricht, wie sie ihn insbesondere in der Patientenverfügung niedergeschrieben habe. Dementsprechend hat die Tochter ihre Einwilligung zur Beendigung der künstlichen Ernährung über die PEG-Sonde nicht erteilt. Die beiden anderen Töchter sahen dies ganz anders. Sie waren der Ansicht, ihre Mutter habe in der Patientenverfügung eindeutig entschieden, dass die künstliche Ernährung abgebrochen werden soll, wenn sie dauerhaft ohne Aussicht auf Besserung im Koma liegen würde. Beide Töchter wandten sich an das Gericht und beantragten, ihrer Schwester die Befugnis zu Entscheidungen über die künstliche Ernährung zu entziehen. Zu Begründung führten sie an, die Schwester respektiere den Willen der Mutter nicht. Nachdem das Amtsgericht und das Landgericht zu gegensätzlichen Entscheidungen gekommen waren, musste schließlich der Bundesgerichtshof über diesen Fall urteilen. Das hat er am 06.07.2016 unter dem Aktenzeichen XII ZB 61/16 getan. Wie haben die Richter des Bundesgerichtshofes geurteilt? Die Richter sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die bevollmächtigte Tochter sich mit ihrer Entscheidung, die künstliche Ernährung fortzusetzen, nicht über den Willen der Mutter hinweggesetzt hat. Das Gericht hat sich dazu insbesondere mit dem Inhalt der Patientenverfügung der älteren Dame auseinandergesetzt. Dabei sind die Richter zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich nicht um eine Patientenverfügung im Sinne des Gesetzes handelt. Im Bürgerlichen Gesetzbuch findet sich in § 1901a Abs. 1 BGB eine Vorschrift zu solchen Patientenverfügungen. Sie lautet auszugsweise: § 1901a BGB Patientenverfügung (1) Hat ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festgelegt, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (Patientenverfügung), prüft der Betreuer, ob diese Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und ABB e.V.-Rundbrief 3/2016 Seite 4 von 12 Behandlungssituation zutreffen. Ist dies der Fall, hat der Betreuer dem Willen des Betreuten Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden. Nach Ansicht der Richter muss eine wirksame Patientenverfügung wegen dieser Vorschrift eben „konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen“ enthalten. Von vornherein nicht ausreichend sind allgemeine Anweisungen, wie etwa die Aufforderung, ein würdevolles Sterben zu ermöglichen oder zuzulassen, wenn ein Therapieerfolg nicht zu erwarten ist. Der Betroffen muss umschreibend festlegen, was er in einer bestimmten Behandlungsoder Lebenssituation will und was nicht. Die allgemeine Aussage, man wünsche „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ genügt diesen Anforderungen nicht und ist deshalb nicht ausreichend. Hier ist eine Konkretisierung durch die Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen oder die Bezugnahme auf konkrete Krankheiten oder Behandlungssituationen erforderlich. Die Richter haben auch kritisch hinterfragt, ob der in der Vorsorgevollmacht genannte „schwere Dauerschaden des Gehirns“ eine ausreichende Umschreibung einer Krankheit darstellt. Das Gericht hat dies bezweifelt. Im Falle der im Koma liegenden Mutter hat der Bundesgerichtshof keines der von der Patientin stammenden Schriftstücke als ausreichend angesehen, um ihm den Willen der Patientin zu einem Abbruch der künstlichen Ernährung zu entnehmen. Sie habe in der Patientenverfügung ganz allgemein lediglich davon gesprochen, dass „lebensverlängernde Maßnahmen“ unterbleiben sollen. Dass damit auch der Abbruch einer künstlichen Ernährung über eine PEG-Sonde gemeint sein soll, lasse sich keinem der vorgelegten schriftlichen Vollmachten und Verfügungen entnehmen. Diese Umschreibung sei letztlich zu unbestimmt, um ihr den Willen der Patientin zu entnehmen, sie wünsche unter bestimmten Umständen auch den Abbruch einer lebensnotwendigen künstlichen Ernährung Welche Konsequenzen hat die Entscheidung des Bundesgerichtshofes? Der Bundesgerichtshof ist das höchste deutsche Zivilgericht. Die von diesem Gericht in der aktuellen Entscheidung aufgestellten Maßstäbe für die Wirksamkeit von Patientenverfügungen werden zukünftig von allen Gerichten der unteren Instanzen beachtet werden. ABB e.V.-Rundbrief 3/2016 Seite 5 von 12 Wer nicht will, dass Formulierungen in der eigenen Patientenverfügung später zum Gegenstand von Interpretationen durch Gerichte und Rechtsanwälte werden, muss sie möglichst konkret formulieren. Dabei sollte auf zwei Schwerpunkte besonders geachtet werden: • Es musst möglichst detailliert beschrieben werden unter welchen Bedingungen meine in der Patientenverfügung enthaltenen Entscheidungen gelten sollen. Hier hatte die Betroffen unter anderem formuliert, die Patientenverfügung Anwendung finden soll, wenn „aufgrund von Krankheit oder Unfall ein schwerer Dauerschaden des Gehirns zurückbleibt“ Dem Bundesgerichtshof war diese Umschreibung viel zu vage. Für ihn ist ein schwerer Dauerschaden ein sehr dehnbarer Begriff. Eine solche Formulierung sei eben nicht genau zu entnehmen, an was die Betroffene bei der Niederschrift denn konkret gedacht hat. Dieses Argument ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Bessere wäre es sicherlich gewesen, den befürchteten schweren Dauerschaden des Gehirns detaillierter, etwa wie folgt zu umschreiben: „… wenn infolge einer Gehirnschädigung meine Fähigkeit, Einsichten zu gewinnen, Entscheidungen zu treffen und mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, nach Einschätzung der Ärzte aller Wahrscheinlichkeit nach unwiederbringlich erloschen ist, selbst wenn der Todeszeitpunkt noch nicht absehbar ist. Dies gilt für direkte Gehirnschädigung z.B. durch Unfall, Schlaganfall oder Entzündung ebenso wie für indirekte Gehirnschädigung z.B. nach Schock oder Lungenversagen. Es ist mir bewusst, dass in solchen Situationen die Fähigkeit zu Empfindungen erhalten sein kann und dass ein Aufwachen aus diesem Zustand nicht ganz sicher auszuschließen, aber unwahrscheinlich ist,“ • Aus der Patientenverfügung muss auch möglichst genau hervorgehen, welche Behandlungsmaßnahmen man im Detail ablehnt. Hier war für die Richter nicht ersichtlich, dass mit „lebensverlängernden Maßnahmen“ auch die künstliche Ernährung mit einer PEG-Sonde gemeint sein soll. Eine rechtssichere Patientenverfügung wird daher besser vorgeben, dass im Fall der Fälle „keine künstliche Ernährung unabhängig von der Form der künstlichen Zuführung der Nahrung (z.B. Magensonde durch Mund, Nase oder Bauchdecke, venöse Zugänge) erfolgt.“ Auch weitere nicht gewünschte Behandlungen müssen so genau wie möglich beschrieben sein (z.B. künstliche Beamtung, Wiederbelebung, Dialyse, Verabreichung bestimmter Medikamente). ABB e.V.-Rundbrief 3/2016 Seite 6 von 12 Höhere Freibeträge für Vermögen Entwurf des Bundesteilhabegesetz enthält Anhebung der Vermögensfreibeträge bei der Bewilligung von Eingliederungshilfe Derzeit befindet sich das neue Bundesteilhabegesetz im Gesetzgebungsverfahren des Deutschen Bundestages. Über ein solches Bundesteilhabegesetz ist seit vielen Jahren diskutiert worden. Ziel der Betroffenen war es in erster Linie, die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung aus dem Recht der Sozialhilfe herauszulösen und neu zu organisieren. Der derzeitige Entwurf der Bundesregierung erfüllt die Forderungen der Betroffenenverbände, der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege und der Gewerkschaften nur zu einem geringen Teil. Unser Verband hat sich diesen Forderungen angeschlossen. Ein wichtiger Punkt ist für uns die Forderung, Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung zukünftig nicht mehr vom Einkommen und vom Vermögen der Betroffenen und seiner Angehörigen abhängig zu machen. Die gemeinsamen Forderungen von Verbänden, Spitzenverbänden und Gewerkschaften enthält dazu folgende Passage: • Behinderung darf nicht arm machen. Auch bei im Laufe des Lebens erworbenen Behinderungen dürfen die Menschen nicht zu einem Leben in Armut gezwungen werden, wenn sie wegen ihrer Behinderung Leistungen zur Unterstützung bekommen, insbesondere Eingliederungshilfe, Hilfe zur Pflege und Blindenhilfe. Deshalb fordern wir im Sinne eines Nachteilsausgleichs den Verzicht auf die Einkommens- und Vermögensheranziehung. • Zumindest muss jetzt der spürbare und verbindliche Ausstieg im Gesetz festgeschrieben werden. Bei der Heranziehung insbesondere von Einkommen sind dazu in jährlichen Stufen deutliche Verbesserungen vorzusehen. Anspruch auf Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung hat nach der derzeit geltenden Rechtslage nur derjenige, dessen Vermögen einen Betrag von 2.600,00 EUR nicht übersteigt. Weist das Konto oder das Sparbuch ein höheres Guthaben auf, dann muss das vorrangig eingesetzt werden. Die Pläne der Bundesregierung sehen vor, dass dieser Vermögensfreibetrag zwar erhöht, aber nicht gänzlich abgeschafft werden soll. Der neue Freibetrag soll nicht mehr eine statische Summe sein. Er wird zukünftig in Abhängigkeit einer anderen Größe bestimmt, die regelmäßig jährlich angepasst wird. Das ist die so genannte Bezugsgröße nach dem SGB IV. Dabei handelt es sich um eine ABB e.V.-Rundbrief 3/2016 Seite 7 von 12 reine Rechengröße, die derzeit für verschiedene Fragen der Sozialversicherung von Bedeutung ist. Der Entwurf des neuen Teilhabegesetzes enthält zur Vermögensanrechnung folgende Vorschrift: § 139 SGB IX Begriff des Vermögens Zum Vermögen im Sinne dieses Teils gehört das gesamte verwertbare Vermögen. Die Leistungen nach diesem Teil dürfen nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder der Verwertung des Vermögens im Sinne des § 90 Absatz 2 Nummer 1 bis 8 des Zwölften Buches und eines Barvermögens oder sonstiger Geldwerte bis zu einem Betrag von 150 Prozent der jährlichen Bezugsgröße nach § 18 Absatz 1 des Vierten Buches. Die jährliche Bezugsgröße nach § 18 Abs.1 SGB IV beträgt aktuell (2016) in den neuen Bundesländern und Berlin 30.240,00 EUR. Der Vermögensfreibetrag bei der Bewilligung von Eingliederungshilfe beliefe sich danach auf 45.360,00 EUR und würde jährlich mit der Bezugsgröße wachsen. Diese Gesetzesänderung und damit auch die neue Vorschrift des § 139 SGB IX soll nach dem Willen der Bundesregierung aber erst 2020 in Kraft treten. Bis dahin soll ab dem 01.01.2017 eine Übergangsvorschrift wirksam werden. Sie fände sich dann in einem neu eingefügten Paragraphen im SGB XII. Das ist das Sozialgesetzbuch, in dem derzeit alle Regelungen zur Sozialhilfe enthalten sind. § 60a SGB XII Sonderregelungen zum Einsatz von Vermögen Bis zum 31. Dezember 2019 gilt für Personen, die Leistungen nach diesem Kapitel erhalten, ein zusätzlicher Betrag von bis zu 25 000 Euro für die Lebensführung und die Alterssicherung im Sinne von § 90 Absatz 3 Satz 2 als angemessen; § 90 Absatz 3 Satz 1 bleibt unberührt. Da hier ausdrücklich von zusätzlich gesprochen wird, sollte der neue Freibetrag von 25.000,00 EUR neben dem bereits jetzt existierenden Freibetrag gelten. Ob im laufenden Gesetzgebungsverfahren bessere Regelungen durchgesetzt werden können, bleibt abzuwarten. Auch wenn das bezüglich der Vermögensfreibeträge nicht der Fall sein sollte, würde die Einführung eines zusätzlichen Freibetrages von zunächst 25.000,00 EUR ab dem 01.01.2017 den Kreis derjenigen beträchtlich erweitern, die ohne Rückgriff auf das Angesparte Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung von ihrem örtlichen Sozialamt beanspruchen können. ABB e.V.-Rundbrief 3/2016 Seite 8 von 12 Neues vom Betonkopf 2016 Der diesjährige Betonkopf 2016 war durch unseren Verband bekanntlich an die Stadt Brandenburg an der Havel vergeben worden. Wir hatten dort das Blindenleitsystem auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofes der Stadt kritisiert. Bereit im Vorjahr war die Stadt wegen dieses Leitsystems als Kandidat für unseren Negativpreis benannt worden. Gerügt hatten wir neben der Anbildung des Blindenleitsystems an das bereits vorhandene System der Deutschen Bahn auch die Anlage des Blindenleitstreifens unmittelbar neben mehreren Schaltkästen. Praktisch sah das damals so aus: ABB e.V.-Rundbrief 3/2016 Seite 9 von 12 Nunmehr hat die Stadt Brandenburg den Blindenleitstreifen um die abgebildeten Schaltkästen herum neu verlegt. Aktuell bietet sich dort folgendes Bild: Unser Hauptkritikpunkt bei der Verleihung des Betonkopfes 2016 - die fehlende Verbindung der beiden vorhandenen, aber völlig getrennt bestehenden Blindenleitsysteme von Stadt und Bahn - ist bis zum heutigen Tage allerdings noch nicht behoben. Mittlerweile sind auch andere Sozialverbände auf die Zustände in Brandenburg an der Havel aufmerksam geworden. Am 22.06.2016 hat der Sozialverband VdK während einer Veranstaltung in Berlin zum Abschluss der VdK-Kampagne „Weg mit den Barrieren“ den Kreisverband des VdK in Brandenburg an der Havel für eine Dokumentation über eben jene zwei nicht verbundenen Blindenleitsysteme mit einem ersten Preis ausgezeichnet. Die Veranstaltung lief unter dem Motto: „Sozialverband VdK deckt Barrieren in Berlin und Brandenburg auf!“ http://www.vdk.de/berlinbrandenburg/pages/71448/sozialverband_vdk_deckt_barrieren_in_berlin_und_brandenburg _auf Bezogen auf den Bahnhofsvorplatz in Brandenburg kann von einem Aufdecken aber wohl nicht mehr die Rede sein, nachdem unser Verband bereits im Mai 2015 die dortigen Zustände kritisiert hatte. ABB e.V.-Rundbrief 3/2016 Seite 10 von 12 Dies & Das Infos + Anlagen Bundestagsabgeordneter übergab Spende Norbert Müller – Abgeordneter der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag – übergab am 17.08.2016 in der Geschäftsstelle des ABB e.V. in Potsdam eine Geldspende des Vereins der Bundestagsfraktion DIE LINKE in Höhe von 500,00 EUR zur Unterstützung der Erlebnisfreizeiten 2016. Der Potsdamer Norbert Müller – oben links im Bild – ist seit November 2014 Mitglied des Deutschen Bundestages. Zuvor war er für seine Partei bereits im Landtag des Landes Brandenburg. Er ist Vorsitzender der Kinderkommission des Bundestages. Der "Verein der Bundestagsfraktion DIE LINKE e.V." ist ein Zusammenschluss von aktiven und ehemaligen Bundestagsabgeordneten und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Der Verein finanziert sich und seine Aktivitäten aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden der meisten Mitglieder des Deutschen Bundestages der Fraktion Die LINKE. Der Verein fördert Veranstaltungen und Projekte. Förderanträge finden sich auf http://www.fraktionsverein.de/antraege/ Wir freuen uns über die finanzielle Unterstützung und die damit verbundene Wertschätzung unserer Arbeit. Vielen Dank! ABB e.V.-Rundbrief 3/2016 Seite 11 von 12 Ergebnisse der Inklusionsforen sind online Die Landesregierung hat im Zeitraum vom Januar 2016 bis zum März 2016 an fünf Orten des Landes Inklusions-Foren veranstaltet. Die Teilnehmer hatten die Möglichkeit, an einzelnen Thementischen über die Behindertenpolitik des Landes Brandenburg zu diskutieren. Von dieser Möglichkeit haben mehr als 500 Teilnehmer regen Gebrauch gemacht. Jetzt hat das zuständige Sozialministerium die Dokumentation aller fünf Foren auf seiner Internetseite unter http://www.masgf.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.428198.de online gestellt. Die Ergebnisse der Inklusion-Foren sollen die Grundlage für das neue Behinderpolitische Maßnahmepaket 2.0 der Landesregierung sein, an dem derzeit intensiv gearbeitet wird. Mehr über den ABB e.V. im Internet: ABB e.V.-Rundbrief 3/2016 Seite 12 von 12
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