Inhalt 3 Editorial 32 Aktuelle Praxis bei Entsendungen Praxisverschärfungen bei Arbeitsbewilligungen Experten-Interview 6 «Arbeit muss gemeldet werden» Dagmar Richardson über Chancen und Risiken von internationalen Arbeitseinsätzen Arbeitsrecht 10 Reiz der Fremde Tipps zu Verträgen bei internationalen Arbeitseinsätzen Personalarbeit in der Praxis 34 Wertvolle Beziehungen Mitarbeiterentsendungen nach Deutschland Lohn 14 36 Entsendungstrend Afrika Schwammige Definition Fehlende Präzisierungen bei neuer Expatriates-Verordnung Zu neuen Ufern 38 Höchste Anforderungen an Entsandte Was müssen im Ausland tätige Mitarbeitende können? 40 Immer vernetzter, immer flexibler Rolle von HR wird neu definiert 43 «Jede Entsendung ist individuell» Handhabung von Entsendungen bei Feintool 16 Vollständige Lohnausweise auch bei multinationalen Fällen 18 Werte & Kompetenzen Tücken bei Lohnausweiserstellung 44 Wenn Sprache mehr ist als Worte Missverständnissen vorbeugen Kosten im Schattendasein Keine Überraschungen bei Expat Packages Sozialversicherungen 22 Vor BREXIT – nach BREXIT Auswirkungen auf Sozialversicherungsabkommen 25 Ziemlich (un-)kompliziert Sozialversicherungsabkommen Schweiz–EU 46 Englischkenntnisse unabdingbar HR-Strategie 27 Globale Herausforderungen meistern Einflussfaktoren beim Transfer von HR-Praktiken 30 Mit Sprachen zum Erfolg Denksport 49 Weltweit tätig Testen Sie Ihr Wissen in unserem Wettbewerb Spannungsfelder positiv nutzen Lernprozesse synchronisieren und global sicherstellen 42 Vorschau / Impressum personalSCHWEIZ September 2016 5 Experten-Interview Internationales HRM «Arbeit muss gemeldet werden» Masseneinwanderungsinitiative und ihre Folgen — für Schweizer Unternehmen wird es schwieriger, an Fachkräfte zu kommen. Dagmar Richardson, IHRM-Expertin, zu aktuellen Fragen beim internationalen Personaleinsatz. Interview geführt von Wolf-Dietrich Zumach Dagmar Richardson rät Arbeitgebenden, die Behörden auf gleicher Stufe zu sehen. personalSCHWEIZ: Frau Richardson, was sind Ihrer Erfahrung nach die grössten Risiken, wenn Schweizer Arbeitgebende ausländische Arbeitskräfte einstellen? Dagmar Richardson: Da gibt es verschiedene Punkte. Aus meiner Sicht liegen die höchsten finanziellen Risiken bei den Quellensteuern. Hier sind ja die Arbeitgebenden verantwortlich, die private Situation eines Mitarbeitenden richtig zu erfassen. Wenn wir z.B. einen deutschen Grenzgänger betrachten, haben Sie, je nachdem, ob er ein täglicher oder wöchentlicher Grenzgänger ist, unterschiedliche Steuersätze. Einige Kantone befreien z.T. sogar die täglichen französischen Grenzgänger von den Quellensteuern. Viele Arbeitgebende kümmern sich nicht richtig um die private Situation ihrer Grenzgänger. Haben Sie als Arbeitgebender eine Wohnsitzbestätigung? Ist der Arbeitnehmende verheiratet? usw. Ich hatte z.B. einen Fall, da hat der französische Arbeitnehmende dem 6 personalSCHWEIZ September 2016 Arbeitgebenden gesagt, dass er täglich nach Hause gehe, weil er keine Quellensteuern zahlen wollte. Der Arbeitgebende hat dann aber herausgefunden, dass sein Mitarbeitender sich unter der Woche auf einem Campingplatz in der Schweiz aufhält, dass er also ein wöchentlicher Grenzgänger ist. Das bedingt dann aber eine ganz andere Einstufung bei der Quellensteuer. Arbeitgebende sollten sich hier mindestens einmal im Jahr absichern, indem sie von ihrem Mitarbeitenden ein Formular ausfüllen und unterschreiben lassen, in dem z.B. abgefragt wird, wo der Hauptwohnsitz ist. Falls ein Mitarbeitender hier bewusst falsche Angaben macht, ist das seine Verantwortung. Als Arbeitgebender sind Sie dann aber aus dem Schneider. Und welche Fehler machen Schweizer Arbeitgebende beim Einstellen von ausländischen Arbeitskräften? Einer der grössten Fehler Schweizer Arbeitgebender ist, dass sie das ganze Thema «Ausländer in die Schweiz» oder «Schweizer ins Ausland» oft zu wenig ernst nehmen. Ich verstehe zwar, dass die ganze Sache schwierig und komplex ist, zumal ja auch in den Kantonen die Vorschriften unterschiedlich angewendet werden. Aber ich warne nachdrücklich davor, die Behörden nicht ernst nehmen zu wollen. Das ganze Verfahren sollte über einen unternehmensintern klar geregelten Prozess ablaufen, offene Fragen sollten mit den Behörden auch offen geklärt werden. In der Schweiz sind Sie als Arbeitgebende bei den Behörden willkommen, Ihre Fälle zu besprechen, also in einen Dialog mit den Behörden zu treten. Ich sage zu meinen Klienten immer: «Sehen Sie die Behörden immer auf gleicher Stufe.» Das Schlimmste ist ein arrogantes Auftreten oder das «Vorschieben» eines Anwalts. Das haben die Ämter gar nicht gern und da sind Sie als Unternehmen schnell abgeschrieben. Viele Unternehmen senden ihre Mitarbeitenden heute oft auch nur noch für kurze Einsätze in das Ausland oder in die Schweiz. Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einer Geschäftsreise und einem Arbeitseinsatz? Es kommt hier weniger auf die Dauer des Einsatzes an, sondern mehr auf den Zweck des Einsatzes bzw. was der Mitarbeitende dort konkret macht. Wenn ein Mitarbeitender ein Meeting, eine Weiterbildung oder ein Kundenevent im Ausland besucht, ist das ganz klar eine Geschäftsreise. Anders ist das wiederum bei einem Arbeitseinsatz im Ausland, und sei es auch nur für zwei Wochen. Hier ist übrigens auch der steuerliche Aspekt nicht unbedeutend. Daneben muss Arbeit gemeldet werden, in der Schweiz z.B. für Personen aus EU-27-Ländern ab acht Tagen Arbeitseinsatz. Laut den neuesten Erläuterungen Arbeitsrecht Arbeitsverträge bei Entsendungen Reiz der Fremde Bei Entsendungen können sich vertraglich drei massgebliche Konstellationen ergeben. Worauf ist dabei zu achten? Von Stefan Rieder E ine Entsendung charakterisiert sich dadurch, dass ein bereits bei einem inländischen Unternehmen beschäftigter Arbeitnehmer im Interesse des Unternehmens an einem ausländischen Arbeitsort eingesetzt wird und sowohl beim inländischen Unternehmen als auch beim Arbeitnehmer der Wille zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Beendigung des Einsatzes im Ausland besteht. Der entsendete Arbeitnehmer muss während des Auslandeinsatzes nicht zwingend beim inländischen Unternehmen angestellt sein, vielmehr reicht eine nicht arbeitsvertragliche Vereinbarung aus. Aufgrund dieses aufrechtgehaltenen Inlandbezuges ist im Regelfall eine Unterstellung unter das bisherige Arbeitsvertrags- und Sozialversicherungsrecht gewährleistet. Sobald der Auslandeinsatz aber unbefristet ist bzw. länger als fünf Jahre dauert oder aber ein Arbeitnehmer nicht bereits vor dem Auslandeinsatz beim inländischen Unternehmen beschäftigt war und speziell für den Auslandeinsatz angestellt wird, fehlt in jedem Fall ein ausreichender Inlandbezug, und die erwähnte Sonderstellung fällt weg. Dies führt unter Umständen dazu, dass sowohl in vertrags- als auch in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht an den tatsächlichen Arbeitsort angeknüpft wird und die dortige Rechtsordnung zur Anwendung gelangt. Inländisches Unternehmen (Arbeitgeberin) 10 personalSCHWEIZ September 2016 Ausländischer Einsatzbetrieb Arbeitsvertrag, allenfalls ruhend gestützt auf Entsendevertrag Arbeitnehmer Konstellation bei gleich bleibendem Arbeitgeber seite bleibt somit unverändert. Ob der Arbeitnehmer in die Arbeitsorganisation beim ausländischen Einsatzbetrieb eingegliedert wird (Weisungsgebundenheit gegenüber Einsatzbetrieb) oder nicht (Weisungsgebundenheit gegenüber inländischem Unternehmen), ist vertraglich zwischen dem inländischen Unternehmen und dem ausländischen Einsatzbetrieb zu regeln (Personalverleih oder Dienstleistungsvertrag). Ruhender Arbeitsvertrag Der ausländische Arbeitseinsatz erfordert im Normalfall zusätzliche oder vom normalen Arbeitsvertrag abweichende Bestimmungen, da Berührungspunkte zu Unveränderte Arbeitgeberin Der entsendete Arbeitnehmer kann ohne Weiteres weiterhin beim inländischen Unternehmen angestellt bleiben, selbst wenn er im Ausland durch Einräumung des Weisungsrechts an den Einsatzbetrieb in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert wird. Zwischen dem entsendeten Arbeitnehmer und dem Einsatzbetrieb werden keine (arbeits-)vertraglichen Beziehungen begründet. Die Arbeitgeber- Verleihvertrag/ Dienstleistungsvertrag einer ausländischen Rechtsordnung entstehen und die wirtschaftlichen Bedingungen des Auslandeinsatzes zu regeln sind. Solche Abreden können entweder in einem Zusatz zum bestehenden Arbeitsvertrag oder in einem separaten Entsendevertrag vorgesehen werden. In einem Vertragszusatz werden vom bestehenden Arbeitsvertrag abweichende oder ergänzende Bestimmungen hinsichtlich des Auslandeinsatzes getroffen, der bestehende Arbeitsvertrag bleibt jedoch in Kraft. Währenddessen wird in einem Entsendevertrag der bestehende Arbeitsvertrag üblicherweise als «ruhend» erklärt, und dieser lebt – vorbehaltlich einer Kündigung – nach Beendigung des Auslandeinsatzes wieder auf. Grundsätz- Vertragliche Regelung Ausländischer Einsatzbetrieb (Arbeitgeberin) Inländisches Unternehmen Entsendegrundvertrag (Arbeitsvertrag ruht) Lokaler Arbeitsvertrag (Arbeitsvertrag ruht) Arbeitnehmer Konstellation bei verändertem Arbeitgeber Lohn Expatriates-Verordnung Schwammige Definition Die neue Expatriates-Verordnung (ExpaV) ist seit Januar 2016 in Kraft. Fehlende Präzisierungen und kantonal unterschiedliche Herangehensweisen sorgen bei Arbeitgebern für Unsicherheiten. Von Brigitte Zulauf Steuerliche Auswirkungen Die ExpaV ist für den Wirtschaftsstandort Schweiz zentral, sowohl für international ausgerichtete Unternehmen als auch für die Neuansiedlung von internationalen Unternehmen. Je nach Situation ist es für das Unternehmen oder den Expatriate entscheidend, ob Umzugs- und Wegkosten, doppelte Wohnkosten oder die Kosten für den Privatschulbesuch fremdsprachiger Kinder als besondere Berufskosten steuerlich abzugsberechtigt sind oder nicht. Bezahlt eine Unternehmung diese Kosten und trägt sie ebenfalls die Sozialund Steuerabgaben, können diese Gehaltsnebenleistungen bis zu 150 Prozent des ursprünglichen Betrags ausmachen. Unternehmen, die den internationalen Erfahrungsaustausch von Mitarbeitern wünschen und fördern, übernehmen nach wie vor diese Kosten. Das gehört zur Politik ihrer Personalentwicklung. Mögliche Abzüge In der neuen ExpaV unter «Besondere Berufskosten» sind die abziehbaren Wohnund Schulkosten und der Pauschalabzug genauer umschrieben. So wird explizit festgehalten, dass der Abzug für Wohnkosten in der Schweiz nur zulässig ist, wenn die im Ausland behaltene Wohnung ständig für den Eigengebrauch zur Verfügung steht. Bei Vermietung ist kein Abzug mehr möglich. Eine nicht kostendeckende Vermietung führt nicht zu einer Abzugsberechtigung der Differenz zu einem kostendeckenden Mietpreis. Bezüglich der Kosten für den Besuch des obligatorischen Schulunterrichts in einer fremdsprachigen Privatschule werden nur die Schulgelder, jedoch nicht Auslagen wie Bücher, Schulkleidung, Schulbus usw. als Expatriate-Kosten anerkannt. 14 personalSCHWEIZ September 2016 Wer ist Expat und wer nicht? — Auch die neue Verordnung schafft keine klaren Verhätlnisse. Vorsicht vor hohen Kosten Ein Mitarbeiter kann seinen Status als Expatriate bis zum Ablauf der Entsendefrist beibehalten, selbst wenn er nach den neuen Bestimmungen nicht mehr dazu qualifiziert ist. Hingegen muss das Unternehmen die restriktivere Handhabung der Expatriate-Kosten bereits ab Januar 2016 auch für bestehende Fälle Wer gilt als Expatriate? Die neue ExpaV gibt nach wie vor nur in groben Zügen vor, wer als Expatriate gilt, welche Kosten sogenannte ExpatriateKosten darstellen und daher steuerlich speziell behandelt werden. Klar ist, dass als Expatriates neu nur noch leitende Angestellte und Spezialisten mit besonderer beruflicher Qualifikation gelten, die von ihrem ausländischen Arbeitgeber vorübergehend in die Schweiz entsandt werden. Hingegen ist ein befristeter Arbeitsvertrag (von maximal fünf Jahren) mit dem Schweizer Arbeitgeber kein Killerkriterium mehr. Ein solcher Mitarbeiter aus der Firmengruppe mit festgelegter Wiederanstellung im Ursprungsunternehmen kann ebenfalls als Expatriate gelten. korrekt umsetzen. Nicht alle kantonalen Behörden haben die Unternehmen entsprechend informiert, da sie die ExpaV auf Bundesebene für ausreichend halten (siehe Tabelle). Im Einzelfall und insbesondere bei Vorliegen von «Rulings» – also speziellen Vereinbarungen mit den Behörden – sollten die Unternehmen bei den zuständigen Behörden eine Klärung in einer Besprechung und mit schriftlicher Bestätigung verlangen, um eine gewisse Sicherheit zu erlangen. Dieses Vorgehen vereinfacht die Personalkostenkalkulation und ist für die korrekte Handhabung dieser Kosten in der Lohnbuchhaltung nötig: Effektive Expatriate-Kosten können nämlich quellensteuerfrei bezahlt werden. Wenn kein spezielles Ruling vorliegt, sind sie auf dem Lohnausweis unter der Ziffer 13 (also im Spesenbereich) aufzuführen. Bei einem Ruling kann das Unternehmen auf die Deklaration verzichten und unter Ziffer 15 auf das genehmigte Ruling hinweisen. Ist sich das Unternehmen nicht sicher, ob ein Mitarbeiter gemäss Sozialversicherungen Internationale Abkommen Vor BREXIT — nach BREXIT Die Bevölkerung des Vereinigten Königreichs hat am 23. Juni 2016 in einem Referendum entschieden, aus der Europäischen Union austreten zu wollen. Wie sollen internationale Sozialversicherungsfragen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich künftig abgehandelt werden? Von Rafael Lötscher und Cyrill Habegger N ach dem Ja zur «Masseneinwanderungsinitiative» gab es immer wieder Gedankenspiele, was eine allfällige Kündigung der Personenfreizügigkeit für die Schweiz bedeuten würde. Ein Bestandteil des Freizügigkeitsabkommens mit der EU ist bekanntlich auch der Anhang II, welcher der Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit dient. Aufgrund des von der Bevölkerung des Vereinigten Königreichs (nachfolgend «England») beschlossenen Austrittes aus der EU können solche Gedankenspiele nun praxisnah und isoliert auf das Verhältnis zu England gemacht werden. Es ist nämlich nicht unrealistisch, dass mittelfristig die geltenden Freizügigkeitsabkommen mit der EU im Verhältnis zu England nicht mehr (unverändert) anwendbar sein werden. Ein «YES» mit Folgen — Schweizer HR-Verantwortliche nach BREXIT vor neuen Herausforderungen. Die Autoren geben vorliegend einen Überblick, was das in Bezug auf die Sozialversicherungen konkret bedeuten könnte und wo sie Handlungsbedarf sehen. Kurzfristige Änderungen Wie das BSV richtigerweise schreibt, ändert sich «zunächst nichts». Die Verordnung (EG) 883/2004 inklusive zugehöriger Verordnungen bleibt vorerst anwendbar. Wenn sie Personal nach England entsenden oder internationale Wochenaufenthalter mit Lebensmittelpunkt London in ihrer Belegschaft haben, dann ist kein übertriebener Aktivismus vonnöten. Bei ihren Entsandten sollten sie auch in Zukunft das Formular A1 einholen. Ihre Wochenaufenthalter müssen sie weiterhin im Griff haben, indem diese intensiv genug – oder umgekehrt eben nicht zu intensiv – in ihrem Wohnsitzstaat nachweislich tätig sind, da sie sonst aufgrund 22 personalSCHWEIZ September 2016 der 25-Prozent-Regelung hinsichtlich Unterstellung bei «Multi-State-Worker» allenfalls im falschen Land versichert sein könnten. Das ist allerdings allgemein gut bekannt und auch nichts Neues. Für laufende Entsendungen wird bis Mitte 2018, wahrscheinlich Anfang 2019, nichts ändern, da England nach Erklärung der Austrittsabsicht noch mindestens zwei Jahre lang Vollmitglied der EU bleibt. Trotzdem ist gerade in Zeiten des Wandels eine gute Dokumentation wichtig, insbesondere was im Verhältnis Schweiz– England an Rentenansprüchen und Wartezeiten bisher und zukünftig erworben wurde bzw. wird. Idealerweise sollte man Unterlagen, welche Beiträge ins britische (beziehungsweise schweizerische) System bezahlt wurden, zusammenstellen und von den jeweiligen Behörden bestätigen lassen. In Bezug auf die Schweiz machen das lebenslängliche Aufbewahren von Lohnausweisen sowie der regelmässige Abruf resp. die Bestellung eines IK-Kontoauszuges bei der AHV Sinn (alle 5 Jahre). Unter den momentanen Abkommen (Verordnung (EG) 883/2004) ist es so, dass in der EU (und damit auch in England) erworbene Anwartschaften und Wartezeiten in der Sozialversicherung zusammengerechnet (sog. totalisiert) werden. Ob diese Totalisierung im Verhältnis mit England auch zukünftig – nach Vollzug des EU-Austrittes – weiterhin Gültigkeit hat, bleibt abzuwarten. Mittelfristige Änderungen • Unkomplizierte Variante: England tritt aus der EU aus und wählt das «Swiss Model», d.h., dass die Zusammenarbeit mittels bilateraler Verträge HR-Strategie Transfer von HR-Praktiken Globale Herausforderungen meistern Die Praxis zeigt, dass der Transfer von HR-Praktiken — meist von der Muttergesellschaft zu den ausländischen Tochtergesellschaften — nicht immer erfolgreich ist. Welche massgeblichen Einflussfaktoren sind für einen erfolgreichen Transfer entscheidend? Von Erhard Lüthi Praktiken strategisch wichtige Werte und Ziele verfolgt, so sind diese doch immer in einem lokalen Kontext eingebettet. Viele der im internationalen Umfeld tätigen Unternehmen sehen sich mit der Herausforderung konfrontiert, die richtige Balance zwischen Standardisierung und Lokalisierung zu finden. Die aktive Berücksichtigung von wichtigen Einflussfaktoren kann aber helfen, das Spannungsfeld zwischen globalem «Best Practice» vs. lokalem «Best Fit» zu entschärfen. Björkman und Lervik1 haben für die Erfolgsbeurteilung eines Transfers von HR-Praktiken die drei Schlüsselkriterien Implementierung, Internalisierung und Integration erarbeitet. Erfolgsbeurteilung Global planen, mit Rücksicht auf Eigenheiten. E ine spezifische Eigenschaft international operierender Unternehmen ist die zunehmende Komplexität des Personalmanagements. Unternehmen, die nicht nur im nationalen Kontext, sondern in verschiedenen Ländern und Kontinenten operieren, müssen die Fähigkeit besitzen, sich bewusst mit Mitarbeitenden aus verschiedenen Standorten und unterschiedlichen kulturellen Hintergründen auseinanderzusetzen. Die dadurch bedingten Herausforderungen werfen zusätzlich Fragen in Bezug auf die im internationalen Kontext zu verwendenden HR-Praktiken auf. Im Zentrum dieser Fragestellung steht die Transferierbarkeit von HR-Praktiken und die damit verbundene Frage nach den massgeblichen Einflussfaktoren eines erfolgreichen Transfers. Standardisierung vs. Lokalisierung Eines der wichtigsten Argumente für den Transfer von HR-Praktiken ist die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit im globalen Umfeld. Die Anforderungen länderübergreifender Koordination und Interaktion führen zwangsläufig zu standardisierten Managementpraktiken und -prozessen – speziell auch im HR-Bereich. Auf Unternehmensebene sollen Synergien geschaffen, Wissen unternehmensweit zur Verfügung gestellt und eine gemeinsame Unternehmenskultur gefördert werden. Der Einfluss der länderspezifischen Ebene, sei es aus kultureller oder institutioneller Sicht, stellt in der Praxis aber oft ein nicht zu unterschätzendes Hindernis dar. Werden mit transnationalen HRM- Bezieht sich die Implementierung auf die beobachtbare Durchführung eines Transfers, so bezieht sich die Internalisierung auf das Commitment der Beteiligten, d.h., nicht die beobachtbare Aktivität steht im Vordergrund, sondern die Einschätzung der Mitarbeitenden, inwieweit die neue transferierte Praktik einen Mehrwert für das lokale Unternehmen schafft. Im Gegensatz zur Implementierung kann die Internalisierung nicht einfach angeordnet werden. Nur wenn die formelle Implementierung durch das Unternehmen und die Internalisierung durch die Mitarbeitenden stattgefunden hat, wird die eingeführte Praxis zur gemeinsamen Unternehmensidentität beitragen und die gewünschten Effekte erzielen. Das dritte Kriterium untersucht, inwieweit die Integration innerhalb der lokalen Gesellschaft stattgefunden hat, d.h., bis zu welchem Grad die transferierte Praxis mit den lokalen HR-Prozessen vernetzt wurde. Bei der konkreten Beurteilung des Erfolges von Transferaktivitäten sind alle drei Kriterien kritisch zu überprüfen. personalSCHWEIZ September 2016 27 Personalarbeit in der Praxis Mitarbeitende in Deutschland Wertvolle Beziehungen Deutschland ist der wichtigste Handelspartner der Schweiz. Schweizer Unternehmen beschäftigen in Deutschland rund 380 000 Personen. Was macht den nördlichen Nachbarn so attraktiv und auf was ist bei Mitarbeitenden in Deutschland zu achten? Von Christian Jimenez Metzler und Aziza Akhouaji D eutschland hat sich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zu einem der wichtigsten Einwanderungsländer Europas entwickelt. Im Jahr 2015 zogen 2,14 Millionen Personen nach Deutschland, so viele wie nie zuvor. Die Arbeitsmigration hat für Deutschland umso mehr an Bedeutung gewonnen, als in vielen Bereichen das Angebot an einheimischen Fachkräften zur Deckung des Bedarfs nicht mehr ausreicht. Der deutsche Gesetzgeber hat die Erwerbstätigkeit als eigenen Aufenthaltszweck im Aufenthaltsgesetz verankert. Hiermit hat er klargestellt, dass der Zugang ausländischer Arbeitnehmender zum deutschen Arbeitsmarkt zu den Eckpfeilern der deutschen Zuwanderungspolitik gehört. Die in den letzten Jahren fortentwickelte Rechtslage zur Arbeitsmigration ist von einer grundsätzlichen Offenheit gegenüber der Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften geprägt und soll Menschen, deren Fähigkeiten in Deutschland dringend gebraucht werden, einen Anreiz bieten, sich in den deutschen Arbeitsmarkt einzubringen. In diesem Licht wurde das Personenfreizügigkeitsabkommen (FZA) am 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Union (EU) und der Schweiz unterzeichnet. Durch das FZA wird die Arbeitsmigration von Schweizer Staatsbürgern in die Länder der EU deutlich vereinfacht. Schweizer in Deutschland Mit diesem Abkommen wird Schweizer Staatsbürgern, deren (auch drittstaatsangehörigen) Familienangehörigen sowie 34 personalSCHWEIZ September 2016 Ergänzen sich hervorragend — das FZA erleichtert das Arbeiten in Deutschland für Schweizer. Dienstleistungserbringern und -empfängern ein im Wesentlichen dem Freizügigkeitsrecht für Unionsbürger entsprechendes Recht auf Einreise, Aufenthalt und Beschäftigung eingeräumt. Nach Massgabe dieses Abkommens wurde in der deutschen Aufenthaltsverordnung festgelegt, dass Staatsbürger der Schweiz vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit sind. Ergänzt wird das Freizügigkeitsrecht unter anderem durch die gegenseitige Anerkennung von Berufsdiplomen und die Koordination der Sozialversicherungssysteme. Das bedeutet, dass Staatsangehörige der Schweiz und ihre Familienangehörigen die Freizügigkeit innerhalb der EU geniessen, sie müssen aber eine spezielle, rein deklaratorische Aufenthaltserlaubnis-Schweiz beantragen. Sollten Schweizer Arbeitnehmende ihren Wohnsitz in der Schweiz beibehalten und in Deutschland lediglich einer Beschäftigung nachgehen, so wird ihnen nach Massgabe des FZA eine Grenzgängerkarte anstelle der deklaratorischen Aufenthaltserlaubnis-Schweiz ausgestellt. Drittstaatsangehörige in Deutschland Staatsangehörige von Ländern, die weder zur EU noch zum europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gehören (Drittstaatsangehörige), benötigen grundsätzlich ein Werte & Kompetenzen Interkulturelle Kompetenz Wenn Sprache mehr ist als Worte In der Zusammenarbeit mit internationalen Partnern kommt es häufig zu Kommunikationsschwierigkeiten. Dies kann frustrierend sein und zu kostspieligen Verzögerungen führen. Wer die kulturellen Unterschiede beachtet, kann Missverständnisse vermeiden. Von Stefanie Neumann K ommunikation ist der Dreh- und Angelpunkt erfolgreicher Interaktion. Durch die Vermittlung von Botschaften werden Bedürfnisse, Wünsche und Erwartungen transparent gemacht. Im geschäftlichen Umfeld ist Kommunikation das primäre Werkzeug für das Aushandeln von Zielen, Aufgaben sowie der Abwicklung von Geschäften, und sie dient dem Vertrauensaufbau. Häufig geht man im westeuropäischen Raum davon aus, dass sich Geschäftspartner anderer Kulturkreise aufgrund einer Zustimmung oder zumindest nicht expliziten Ablehnung während der Gespräche den Massnahmen gegenüber verpflichtet fühlen. Meine eigenen beruflichen und privaten Erfahrungen mit dem ostasiatischen Kulturkreis, vor allem mit China, zeigen jedoch eine andere Tendenz. Missverständnisse programmiert In einem konkreten Fall führten Vertragsverhandlungen, die von Schweizer Seite gesteuert wurden, zu Widerstand gegen vereinbarte Massnahmen, die in der Folge von den chinesischen Vertretern nicht beachtet wurden. Gleichzeitig erhöhte das Schweizer Management den Druck auf die Vertragspartner. Durch diese kulturell bedingten Missverständnisse drohte das Geschäft zu scheitern. Wie konnte es bei allem Wohlwollen und allen Bemühungen dazu kommen? Explizite und implizite Kommunikation Je nach Kulturkreis sind eher die Gesprächsinhalte oder aber die Art und Weise der Vermittlung von Botschaften bedeutsam. Ein grobes Raster für eine Einschätzung kultureller Prägungen liefert Edward Hall. Danach ist eine 44 personalSCHWEIZ September 2016 Nicht nur Gesagtes zählt — Nonverbale Kommunikation ist bei internationalen Partnern zentral. «low context-Kultur», wie zum Beispiel die Schweizer Kultur, von einer direkten Kommunikationsweise geprägt. Die notwendigen Elemente einer Botschaft werden dabei sprachlich explizit ausgedrückt. In einer Kultur mit «high context» oder indirekter Kommunika- tion, die in vielen asiatischen Ländern zu finden ist, werden elementare Botschaften auch implizit, nonverbal und als Teil der Gesprächssituation vermittelt. Sogar die Unterschiede in Sprechtempo, Rhythmus oder Synchronizität können die Bedeutung des Gesagten verändern. Einige Tendenzen der zwei Pole in der «high/low context»-Kommunikation sind im Folgenden dargestellt. Dabei handelt es sich um Interpretationshilfen, die je nach Person und Kontext kritisch geprüft werden müssen. Faktoren Tendenzen in «high context-Kulturen» (z.B. im ostasiatischen Raum) Tendenzen in «low context-Kulturen» (z.B. im deutschsprachigen Raum) Klarheit der Botschaften Viele versteckte und implizite Botschaften, oft mit Metaphern ergänzt Viele klare und explizite Botschaften, die wenig Interpretationsspielraum lassen Nonverbale Kommunikation Grosser Anteil der Kommunikation nonverbal Verbaler Kommunikation wird der grössere Wert beigemessen Ausdruck von Reaktionen Zurückhaltende, nach innen gerichtete Reaktionen Sichtbare, nach aussen gerichtete Reaktionen Zugehörigkeitsgefühl Starkes Zugehörigkeitsgefühl zu Familie und Gesellschaft Selektives Zugehörigkeitsgefühl mit geringerem Loyalitätsbewusstsein Ebene der Verpflichtung in Beziehungen Hohes Verpflichtungsgefühl gegenüber langfristigen Beziehungen. Wichtiger als Aufgaben Niedrigeres Verpflichtungsgefühl gegenüber Beziehungen. Aufgaben und Ergebnisse tendenziell wichtiger Zeitflexibilität Wahrnehmung von Zeit als offen und flexibel. Der Prozess ist wichtiger als das Resultat Zeit wird strukturiert. Das Resultat ist wichtiger als der Prozess Gesichtswahrung «Gesichtsverlust» ist relevant. Offener Widerspruch wird vermieden «Gesichtswahrung» ist relevant. Offen jemandem zu widersprechen ist erwünscht
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