SOP bei Langzeitbeatmung? Beatmungsformen und was wir noch

SOP (standard operating procedures)
bei Langzeitbeatmung?
Beatmungsformen und was wir sonst noch alles
wissen sollten.
G. Mausser
Univ. Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Univ. Klinikum Graz
Guidelines
Richtlinien und Empfehlungen
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Krankenhaus-intern
National bzw. international (Fachgesellschaften,
Konsensuskonferenzen)
Standard operating procedure (SOP)
Schriftlich fixierte Handlungsanweisung
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Wesentliche Arbeitsprozesse werden standardisiert
Hohe Prozessqualität
z.B. in der Transfusionsmedizin, Labormedizin, WeaningProtokolle etc.
Effects of clinical guidelines on medical practice.
A systemic review of rigorous evaluations.
Grimshaw JM, Russel IT; The Lancet 1993; 342: 1317 – 22.
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55 von 59 Arbeiten ergaben Verbesserungen in den
Versorgungsprozessen d.h. an Leitlinien orientierte
Verhaltensänderungen der Ärzte.
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Am effektivsten sind Leitlinien, wenn sie auf lokaler Ebene von
den Personen erstellt werden, die sie schließlich anwenden
sollen.
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Wobei auf vorhandene nationale und internationale
evidenzbasierte Empfehlungen zurückgegriffen werden soll.
Weaning protocols: here to stay
Keenan S. P. The Lancet 2002; 359: 186 - 187
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Guidelines wirken nur, wenn in deren Entwicklung und
Implementierung auch die klinische Erfahrung
miteinfließen.
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Sie haben das Potential Behandlungsergebnisse zu
verbessern.
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Ausbildung von ÄrztInnen
Standard operating procedures (SOP)
Synonyme: „standing order procedures“, „scope of practice“
Schriftlich fixierte Handlungsanweisungen
Entwicklung
und
Einführung
Kontrolle
der
Einhaltung
Bewertung
und
Aktualisierung
Eine Arbeitserleichterung stellen PDMS (Patientendatenmanagementsysteme) dar.
SOP´s bei Langzeitbeatmung
Herausforderungen:
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Heterogene Patientengruppen
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Vielzahl kontrollierter und assistierter invasiver
Beatmungsformen
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Vielzahl nicht invasiver Beatmungsformen
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Verschiedenste Berufsgruppen (Ärzte, Pflege,
Physiotherapeuten)
Heterogenes Patientengut
Patienten, bei denen eine
Entwöhnung von Atemhilfe
u. U. möglich ist.
• St. p. Akuterkrankungen
mit protrahiertem Weaning
Sepsis
Polytrauma
Verbrennung etc.
• St. p. ARDS
Patienten, bei denen die
fortschreitende Grundkrankheit
ständige Atemhilfe notwendig macht.
• fortschreitende COPD
• neuromusk. Erkrankungen
ALS
spinale Muskelatrophie
• St. p. Insult od. Hirntumoroperationen
• Multiple Sklerose
• Querschnittsläsionen
• Myopathien
• Guillain-Barré-Syndrom
Indikation zum Einsatz einer Atemhilfe
Pumpschwäche oder
Pumpversagen
der Atemmuskulatur
Störung der Ventilation
Störung der CO2- Elimination
Hyperkapnie
PaCO2 ↑
Parenchym- bzw.
Oxygenationsversagen
der Lunge
Störung der Oxygenierung
Hypoxie
PaO2 ↓
Die Atemarbeit für eine suffiziente Ventilation und Oxygenierung
kann nicht mehr gewährleistet werden.
Beatmungsformen (Atemhilfen)
Atemarbeit übernimmt
zur Gänze das
Beatmungsgerät
Atemarbeit übernimmt
teilweise das
Beatmungsgerät und
zum Teil der Patient
Die Atemarbeit
übernimmt der Patient
Beatmungszugänge
Invasive Beatmung
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Endotrachealtubus
Trachealkanüle
Ö percutane Punktionstracheotomie
Ö konventionelle chirurgische Tracheotomie
Nicht invasive Beatmung
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Mund/Nasenmaske
Nasenmaske
Helm - CPAP
Invasive Beatmungsformen
Kontrollierte Beatmung:
VCV = Volume Controlled Ventilation
PCV = Pressure Controlled Ventilation
PLV = Pressure Limited Ventilation
PRVC = Pressure Regulated Volume Controlled
BIPAP = Biphasic Positive Airway Pressure
Maßnahmen zur Verbesserung der
Oxygenierung:
PEEP = Positive Endexpiratory Pressure
IRV = Inverse Ratio Ventilation ( PC-IRV, VC-IRV)
FiO2 - Erhöhung der inspiratorischen Sauerstoffkonzentration
Seufzer Beatmung
Augmentierte bzw.
assistierte Beatmung:
A/C = Assist-Control-Ventilation
IMV = Intermittend Mandatory Ventilation
SIMV = Synchronized Intermittend Mandatory
Ventilation
MMV = Mandatory Minute Ventilation
„AutoFlow®”
ASB = Assisted Spontaneous Breathing
(Synonym: PSV = Pressure Support
Ventilation)
VS = Volume Support
“Automode”
CPAP = Continuous Positive Airway Pressure
BIPAP = Biphasic Positive Airway Pressure
( Synonyma: DuoPAP, Bi-level, Bi-Vent)
SIMV (Synchronisierte, intermittierende
mandatorische Beatmung)
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Maschineller Atemhub wird vom Patienten
getriggert
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Durch Zeitsteuerung löst eine Einatembemühung des Patienten innerhalb eines
„Zeitfensters“ einen synchronisierten
Atemhub durch das Beatmungsgerät aus.
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Eine voreingestellte „Mindestventilation“ ist
gewährleistet.
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SIMV + PEEP: zur Verbesserung der
Oxygenierung
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SIMV + ASB/PSV: zur Überwindung des
Tubuswiderstandes und Unterstützung der
Eigenatmung des Patienten.
ASB (assisted spontaneous breathing)
= PSV (pressure support ventilation)
= Druckunterstützte Spontanatmung
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Zusätzlicher Gasstrom bei jeder Einatembemühung bis zum
Erreichen eines bestimmten Druckniveaus (z.B. 10 – 15 mbar)
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Atemzugsvolumen beim Patienten ↑
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Tubuswiderstand wird leichter überwunden
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Atemarbeit des Patienten ↓
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Druckunterstütze Spontanatmung in Kombination mit:
→ SIMV (Synchronisierte, intermittierende mandatorische Beatmung)
→ BIPAP (Beatmung durch Variation zweier unterschiedlicher Druckniveaus)
→ CPAP (Atmung bei konstant positivem Atemwegsdruck)
BIPAP (biphasic positive airway pressure)
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Variationsmöglichkeiten von kontrollierter bis assistierter
Beatmung ohne Wechsel des Beatmungsmodus
Fließende Übergänge der Beatmungsformen
Spontanatmung des Patienten jederzeit auf jedem Druckniveau
möglich
Geringerer Sedierungsbedarf
BIPAP in Kombination mit:
→ ASB/PSV (druckunterstützter Spontanatmung)
CPAP (continuous positive airway pressure)
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Atmung bei konstant positiven Atemwegsdruck
Voraussetzung: Patient muss spontan atmen!
→ Demand Flow CPAP (= Maschinen - CPAP)
→ High Flow CPAP
Flow ~ 3-fache Atemminutenvolumen
einfaches PEEP-Ventil im Exspirationsschenkel
Nicht Invasive Beatmung
Beatmung über Gesichts- oder Nasenmaske:
A/C = Assist-Control-Ventilation
IMV = Intermittend Mandatory Ventilation
SIMV = Synchronized Intermittend Mandatory Ventilation
MMV = Mandatory Minute Ventilation
ASB = Assisted Spontaneous Breathing
VS = Volume Support
CPAP = Continuous Positive Airway Pressure
BIPAP = Biphasic Positive Airway Pressure
(Synonyma: DuoPAP, Bi-level, Bi-Vent)
Nicht invasive Beatmung
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Zugänge : Gesichtsmaske, Nasenmaske, Helm-CPAP
CPAP-Helm
Voraussetzung für nicht invasive Beatmung
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Wacher, kooperativer Patient
Vorhandener Atemantrieb
Erhaltene Schutzreflexe
Hämodynamische Stabilität
Dichtsitzende Nasen-Gesichtsmaske
(alternativ: CPAP-Helm)
Adäquates Monitoring
Möglichkeit, auf invasive Beatmung
umzusteigen (Intubation)
Entwöhnungs (weaning) – Protokolle
Standardisierte Tests und festgelegte Kriterien
zur Erfassung der Spontanatmungsfähigkeit des
Patienten.
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SOP´s der Beatmungstherapie
Objektivierung der Entwöhnung
Verkürzung der Beatmungsdauer
Senkung der Behandlungskosten
Î Tägliche Beurteilung anhand von Checklisten!
Evidence-Based Guidelines for Weaning and Discontinuing Ventilatory Support
MacIntyre NR, Cook DJ, Ely EW et al., CHEST 2001; 120:375S – 395S
Outcomes in Post-ICU Mechanical Ventilation.
A Therapist-Implemented Weaning Protocol
Scheinhorn DJ, Chao DC et al., CHEST 2001; 119:236 -242
Entwöhnung vom Respirator nach Langzeitbeatmung –
Das Konzept eines regionalen Entwöhnungszentrums
Schönhofer B, Mang H, Köhler D; AINS 1995;30:403 – 411
Outcome of ventilatory support for acute respiratory failure in
motor neurone disease
Bradly MD, Orrel RW, Clarke J et al.,
J Neurol Neurosurg Psychiatry 2002; 72:752 -756
Weaning – Strategien nach Langzeitbeatmung
Diskontinuierliches Weaning
„Intervalltraining der Atemmuskulatur“
Maschinelle Beatmung:
Invasiv
Nicht invasiv
Spontanatmungsphasen
ohne
Respiratorunterstützung
Checkliste für die tägliche Beurteilung
der Spontanatmungsfähigkeit
9 Patient muß wach sein
9 Körpertemperatur < 38°C
9 Keine hochdosierte Katecholamintherapie
9 Syst. Blutdruck > 90 mmHg
9 Puls > 50 oder < 130 pro Minute
9 spontanes Atemzugsvolumen > 5 ml/kgKG
9 Atemfrequenz < 35/min
9 Inspir. Sauerstoffkonzentration (FiO2) < 0,5
9 PEEP ≤ 8
9 Sauerstoffsättigung > 90%
9 Kein Einsatz der Atemhilfsmuskulatur
9 „Rapid shallow breathing index“ (RSBI), f/VT =
≤ 80
Entwöhnungs – Strategie nach Langzeitbeatmung
I) Schrittweise Zurücknahme der Invasivität der Beatmung
1.
2.
3.
FiO2 bis auf ≤ 0,5
Inspirations-Exspirationsverhältnis auf 1:2
Verminderung des PEEP auf ≤ 5
II) Schrittweise Zurücknahme
der Beatmung
III) Schrittweise Steigerung
der Spontanatmung
z.B. SIMV/ASB
1.
Beatmungsfrequenz:
SIMV 10/ ASB 20
SIMV 8 / ASB 20
SIMV 6 / ASB 20
SIMV 4 / ASB 20
2.
Druckunterstützung:
SIMV 4/ ASB 18
SIMV 4/ ASB 16
SIMV 4/ ASB 14
SIMV 4/ ASB 12
Spontanatmungsversuche:
1 Stunde
2 Stunden
4 Stunden
6 Stunden
8 Stunden
10 Stunden
12 Stunden
16 Stunden
20 Stunden
Entwöhnungsbeurteilung
24 Stunden
vor und nach einem
Spontanatmungsversuch
Spontanatmungsversuch
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Spontanatmung mit kontinuierlichem positivem
Atemwegsdruck (High flow CPAP)
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T-Stück-Versuch
ASB/PSV mit niedriger inspiratorischer Druckunterstützung
Dauer: ½ Stunde bis 2 Stunden
Zeichen der Erschöpfung der Atempumpe:
Î Tachypnoe f = > 35/min
Î Paradoxe Atmung („Schaukelatmung“)
Î RSBI > 100 (f/VT)
Î Verschlechterung der Blutgasanalyse
Wichtige Entwöhnungs-Voraussetzungen
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Motivation und psychologische Führung des
Patienten
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Mobilisation
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Ausreichender Ernährungszustand
Ausgeglichene Flüssigkeitsbilanz
Ausgeglichener Elektrolyt- und
Säure-Basen-Haushalt
Gute Magen-Darmfunktion
Überwachung und Führung des Patienten in der
Entwöhnungsphase
9 Kontinuierliches Monitoring der Atemfrequenz
9 Beobachtung der Atemmechanik und des Atemrhythmus
9 Anpassung der Analgosedierung an den jeweiligen Zustand des
9
9
9
9
Patienten
Mobilisation und Physiotherapie
Gründliche Mund-, Rachen- und Bronchialtoilette
Aufrechterhaltung eines Tag-Nacht-Rhythmus
Ausschalten von zusätzlichen Stressfaktoren (Lärm, Stuhlsorge,
unnötige Pflegetätigkeiten)
Î Dem Patienten das Gefühl der Sicherheit geben!
Atemhilfe – Strategie
(„step by step approach“)
Atemtherapie, Physiotherapie
Atemhilfe ohne mechanische Ventilationshilfe
(CPAP)
nicht invasiv/invasiv
Atemhilfe mit mechanische Ventilationshilfe
(z.B.: PSV/ASB, BIPAP, SIMV)
nicht invasiv/invasiv
Maschinelle Beatmung mit Steigerung
der Invasivität der Beatmung
1. PEEP↑
2. I:E
3. FiO2 ↑
Zusammenfassung
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Standards in der Beatmungstherapie sind notwendig zur
Qualitätssicherung
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Erleichtern die Ausbildung von ÄrztInnen und Pflegepersonal
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Einfache Dokumentation mit Hilfe von Checklisten
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Auswahl weniger Beatmungsgerätetypen und weniger Beatmungsformen in einer Behandlungseinheit erhöht die Sicherheit des
Personals in der Handhabung der Geräte und verbessert den
Therapieerfolg
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Gute Kommunikation und Koordination aller an der Betreuung des
Patienten beteiligter Berufsgruppen