kesselsand - Bundesverband Kraftwerksnebenprodukte eV

ANWENDUNGSBERICHT
KESSELSAND
Leichtzuschlag für den Einsatz in Beton
Die Anforderungen an Beton sind so vielfältig wie seine
Einsatzgebiete. Er soll aber immer tragfähig sein, dauerhaft,
bauphysikalisch vorteilhaft und wirtschaftlich. Kesselsand
kann hier als Leichtzuschlag für Beton in vielen Fällen einen
wichtigen Beitrag zur Lösung der gestellten Aufgaben leisten. Kesselsand ist ein umweltverträglicher mineralischer
Rohstoff, der in Steinkohlekraftwerken als Nebenprodukt
hergestellt wird und durch seine porige Struktur eine geringe Rohdichte aufweist. Der Einsatz von Kesselsand in Beton
verbessert die Wärmedämmeigenschaften und verringert
das Eigengewicht des Frisch- und Festbetons. Die guten
Wärmedämmeigenschaften haben dazu geführt, dass sich
der Einsatz von Kesselsand bei der Produktion von Leichtbeton-Mauerwerk und Leichtmörtel seit Jahrzehnten bewährt hat.
Als leichte Gesteinskörnung in konstruktivem Leichtbeton
sorgt Kesselsand für ein geringes Eigengewicht der Konstruktion, die dann entsprechend mehr Verkehrslast aufnehmen bzw. größere Spannweiten überbrücken kann.
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Bei der Entwicklung selbstverdichtender Leichtbetone am
KIT [1] zeigte sich, dass bei gleichzeitiger Verwendung von
Flugasche und Kesselsand eine deutliche Absenkung der
Mörtelrohdichte des Leichtbetons erzielt wird und die geringere Dichte des Leims die Neigung zum Aufschwimmen
der leichten Gesteinskörnung vermindert. Betonzusammensetzungen dieser Art haben sich bei der Entwicklung
von selbstverdichtendem Leichtbeton (SVLB) als vorteilhaft erwiesen.
Die geringere Rohdichte des Frischbetons sorgt in der
Ortbetonbauweise auch dafür, dass das im Fahrmischer zu
transportierende Gewicht geringer ausfällt bzw. mehr Kubikmeter Beton bei gleichem Gewicht transportiert werden können. Das entlastet die Straßen und optimiert die
Versandlogistik.
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ANWENDUNGSBERICHT – KESSELSAND IM BETON
HERSTELLUNG
Steinkohle wird in Kraftwerken zunächst zu Kohlenstaub
gemahlen und dann mit der Verbrennungsluft in den Feuerraum gefördert, wo die organischen Bestandteile der Kohle
unter Wärmefreisetzung verbrannt werden. Die nichtbrennbaren mineralischen Bestandteile agglomerieren zum
Teil zu gröberen Partikeln und sammeln sich in Trockenfeuerungskesseln (1.100 °C bis 1.300 °C) am Kesselboden als
Kesselsand. Dort werden sie über eine Sammelrinne abgezogen und auf Haufwerken gelagert.
Produktionsprozess im Kraftwerk
EIGENSCHAFTEN
Kesselsand hat eine Kornrohdichte von ca. 1.000 bis ca.
1.600 kg/m³ und eine Schüttdichte von ca. 500 bis ca.
900 kg/m³. Die Körnung (0/16) kann je nach Anwendung
auf das erforderliche Kornband abgesiebt werden. Die Kornoberflächen sind aufgebrochen/rau. Kesselsand ist praktisch inert und wird als Leichtsand nach DIN EN 13055-1
[2] für Leichtbeton-Mauerwerk, Leichtmörtel und Beton
eingesetzt.
Das Material besteht im Wesentlichen aus Alumosilikaten,
die auch Hauptbestandteile der Erdkruste sind. Die genaue
Zusammensetzung hängt von der Herkunft der verbrannten Kohle und den Verbrennungsbedingungen ab, die im
Kraftwerk im Hinblick auf das Nebenprodukt optimiert
werden.
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Die Voraussetzungen für den Einsatz von Kesselsand als
Leichtsand sind in DIN EN 13055-1 [2] festgelegt.
Die in den Steinkohlekraftwerken produzierten Kesselsande unterliegen einer strengen Güteüberwachung, die eine
gleichmäßig hohe Qualität gewährleistet.
Kesselsand unterscheidet sich von den Sanden aus der Kiesgrube im Wesentlichen durch:
·· seine geringere Rohdichte (1.000 bis 1.600 kg/m³ gegenüber Sand mit ca. 2.650 kg/m³) und damit verbundenen besseren bauphysikalischen Eigenschaften und
geringerem Transportgewicht bei gleichem Volumen,
·· die Schonung der natürlichen Ressourcen,
·· eine rauere Kornoberfläche,
·· die höhere Wasseraufnahme (ca. 25 M-% gegenüber
Sand mit ca. 0,7 M-%).
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ANWENDUNGSBERICHT – KESSELSAND IM BETON
Bei der Entwicklung der Betonzusammensetzung sind aufgrund der rauen Kornoberfläche ggf. ein höherer Leimbedarf und die höhere Wasseraufnahme/Eigenfeuchte zu
berücksichtigen – eine betontechnologische Aufgabe, die
einfach zu lösen ist. Die hohe Wasserspeicherfähigkeit verbessert die innere Nachbehandlung des Betons.
Die Einzelkörner sind in etwa vergleichbar mit denen einer
geblähten leichten Gesteinskörnung, wobei aber ein Blähtonsand 0/2 eine höhere Rohdichte (z. B. 1.730 kg/m³) aufweist und höhere Kosten verursacht.
ZEMENTART UND FESTIGKEITSKLASSE
CEM II/A-LL 32,5 R
Zement z [kg/m³]
330
Flugasche f [kg/m³]
230
Anmachwasser [kg/m³]
164
Kernfeuchte [kg/m³]
151
w/(z + 0,4 f)
Zusatzmittel Art/Menge [kg/m³]
0,44
FM (PCE)/ST: 5,0
ST: 1,3
Kesselsand [kg/m³]
296
Blähton 2/10 [kg/m³]
393
Frischbetonrohdichte [kg/m³]
1570
Druckfestigkeit im Alter von 28 Tagen
[N/mm²]
Bild 3: Bei der Autobahnkapelle im Hegau an der Autobahn A81 kam ein Leichtbeton
mit Kesselsand als Ortbeton zum Einsatz.
(Planer: Architekt Wolf R. Bürhaus; Foto: Trägerverein Autobahnkapelle im Hegau e.V.)
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Tafel 1: Beispielhafte Zusammensetzungen eines Selbstverdichtenden Leichtbetons
(SLVB) mit Flugasche und Kesselsand nach [1]
POTENZIAL IM TRANSPORTBETON
Zu den Herausforderungen an einen Transportbetonhersteller gehört nicht nur die Herstellung des Betons in der
vom Auftraggeber geforderten Qualität. Gleichzeitig ist er
auch Logistikunternehmer, der seine Produkte termingerecht und wirtschaftlich zur Baustelle befördern muss. Er
wird daher bestrebt sein, ein möglichst großes Betonvolumen in möglichst wenig Touren zu transportieren. Das zulässige Gesamtgewicht von 32 t für LKW und die zulässigen
Achslasten setzen hier enge Grenzen.
Einzelachslast
(nichtangetrieben/angetrieben)
9,5 t
zul. Gesamtgewicht für Fahrzeuge mit
nicht mehr als 2 Achsen
18 t
zul. Gesamtgewicht für Fahrzeuge mit
mehr als 3 Achsen
32 t
Tafel 2: Zulässige Achslassen und Gewichte für LKW in Deutschland
Hier lassen sich auch bei Normalbeton (Rohdichte > 2.000
kg/m³ und ≤ 2.600 kg/m³) Gewichtsvorteile erreichen,
wenn ein Teil Sand im Beton durch Kesselsand ersetzt wird.
Ein (vereinfachtes) Rechenbeispiel für einen Beton C30/37
mit der Konsistenz F3 für ein Außenbauteil zeigt auf, dass
bei Ersatz des Sands 0/2 durch Kesselsand mehr als 1 m³
Transportbeton mehr in einer Fahrt transportiert werden
könnte. Das würde nicht nur den Transport bzw. den Transportbeton wirtschaftlicher machen, sondern für weniger
Verkehr auf den Straßen und eine Entlastung der Umwelt
sorgen.
Bild 4: Eine geringere Rohdichte des Frischbetons erhöht das transportierbare Betonvolumen pro Fahrmischerfahrt und reduziert damit die Zahl der Fahrten.
(Foto: Betonbild)
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ANWENDUNGSBERICHT – KESSELSAND IM BETON
BETON C30/37 F3
EINHEIT
ROHDICHTE
MISCHUNG 1
MISCHUNG 2
Zement CEM III/A 42,5 N
kg/m³
3.000
282
282
Zusatzstoff Flugasche
kg/m³
2.320
40
40
Wasser
kg/m³
1.000
158
158
Sand 0/2
kg/m³
2.610
704
Kesselsand 0/2
kg/m³
1.400
Kiessand, Kies: 2/8 mm
kg/m³
2.650
408
408
Kies: 8/16 mm
kg/m³
2.580
741
741
Rohdichte des Frischbetons
kg/m³
2.333
2.007
kg
18.664
16.056
Zusatzmittel BV 0,5 % v. z
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FAHRMISCHER (VIERACHSER)
Frischbetongewicht bei Nennfüllung 8 m³
Tafel 3: Vergleich des Gesamtgewichts eines Fahrmischers bei gleichem Ladevolumen, aber mit Kesselsand anstelle von Sand
KESSELSAND FÜR LEICHTBETON-MAUERWERK
Mit Leichtbeton-Mauerwerk lassen sich die strengen Anforderungen der EnEV 2014 [3] in der seit 1.1.2016 geltenden
Fassung monolithisch, d. h. ohne zusätzliche Wärmedämmschicht, einhalten. Dazu werden Ausgangsstoffe verwendet, die eine sehr geringe Rohdichte und einen hohen Wärmedurchgangswiderstand besitzen. Für die gröbere leichte
Gesteinskörnung sind das z. B. der Bims, geblähter Ton und
im Sandbereich mit zahlreichen produktionstechnischen
Vorteilen zunehmend Kesselsand.
Bild 5: Kesselsand wird bei der Herstellung von Leichtbeton-Mauerwerk eingesetzt.
(Foto: Bundesverband Leichtbeton e. V.)
KESSELSAND FÜR LEICHTMAUERMÖRTEL
Ungewollte Wärmebrücken im Fugenbereich von hochdämmendem Mauerwerk lassen sich durch den Einsatz
von Leichtmauermörtel sicher vermeiden. Leichtmauermörtel (LM) sind Werk-Trocken- oder Werk-Frischmörtel
mit leichten Gesteinskörnungen ggf. auch mit Anteilen
von Gesteinskörnungen mit dichtem Gefüge. Die in DIN
EN 998-2 [4] nach 28 Tagen geforderte Trockenrohdichte für Leichtmauermörtel der Klasse LM 21 von höchstens
700 kg/m³ und für Leichtmauermörtel der Klasse LM 36
von höchstens 1.000 kg/m³ lassen sich mit Kesselsand wirtschaftlich erreichen. Bei Einhaltung dieser Werte gelten die
Anforderungen an die Wärmeleitfähigkeit des Leichtmauermörtels ohne weitere Nachweise als erfüllt. Das große
Wasserspeichervermögen des Kesselsands sorgt bei den
dünnen Mauerwerksfugen für eine innere Nachbehandlung
des Mörtels.
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Bild 6: Auftrag eines leichten Unterputzes mit einer sehr niedrigen Wärmeleitfähigkeit,
entwickelt speziell für hoch wärmedämmendes einschaliges Ziegelmauerwerk.
(Foto: Saint-Gobain Weber GmbH)
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ANWENDUNGSBERICHT – KESSELSAND IM BETON
BAUOBJEKT: VOLKSWAGEN ARENA WOLFSBURG
Titelbild:
Um die dynamischen Belastungen der Tribünenträger der
Volkswagen Arena in Wolfsburg z. B. bei Pop-Konzerten zu
verringern, mussten die Einzellasten auf den Kragarmen
möglichst gering gehalten werden. Gleichzeitig war für fast
alle Flächen Sichtbetonqualität gefordert. Deswegen wur-
den als oberer und unterer Abschluss der oberen Tribüne
Betonfertigteile aus gefügedichtem, selbstverdichtendem
Leichtbeton LC 25 / 28 D 1,6 mit Kesselsand eingebaut.
Planer: HPP Hentrich Petschnigg & Partner KG, Düsseldorf
Foto: Manfred Hanisch
HOCHWERTIGER BAUSTOFF MIT SERVICE
Die Hersteller und Anbieter für Kesselsand verfügen über
eine hohe Kompetenz und langjährige Erfahrung bezüglich
der Anwendungsbereiche ihres Produkts als Baustoff. Ihre
technischen Berater stehen für Fragen zum jeweiligen Anwendungszweck zur Verfügung. Die geplante Bauaufgabe
sollte mit dem Baustoffanbieter im Detail durchgesprochen werden, um die Eigenschaften des vorgesehenen Kesselsands und die technologischen, umweltgerechten oder
wirtschaftlichen Anforderungen im gegebenen Einzelfall
optimal aufeinander abzustimmen.
LITERATURNACHWEISE
[1]Müller, H.S.; Mechtcherine, V.; Haist, M.: Entwicklung
selbstverdichtender Leichtbetone. Forschungsbericht.
Institut für Massivbau und Baustofftechnologie, Universität Karlsruhe (TH) 2002
[2]DIN EN 13055-1:2002-08 „Leichte Gesteinskörnungen – Teil 1: Leichte Gesteinskörnungen für Beton,
Mörtel und Einpressmörtel“
[3]Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und
energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden (Energieeinsparverordnung – EnEV 2014); zuletzt geändert
durch Art. 3 V v. 24.10.2015 I 1789
Anschrift Tannenstraße 2, 40476 Düsseldorf
Telefon 0211 4578341
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Hinweis: Diese Informationen sind mit großer Sorgfalt und nach bestem Wissen
zusammengestellt, eine Haftung kann jedoch nicht übernommen werden.
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AB_KESSELSAND-IM-BETON_08/2016
[4]DIN EN 998-2:2010-12 „Festlegungen für Mörtel im
Mauerwerksbau – Teil 2: Mauermörtel“