Engagement Genossenschafter arbeiten auch

MARGHERITA ANGELI
Engagierte Mitglieder: Aus Anlass des 100-Jahr-Jubiläums versammelt sich die Allgemeinen Baugenossenschaft Zurich (ABZ) unter freien Himmel. (25. Juni 2016)
Gemeinsam
weiterkommen
Engagement
Genossenschafter arbeiten
auch für das Gemeinwohl 5
Globale Bewegung
Hilfe zur Selbsthilfe
als Gründungsmotto 6
Täglicher Bedarf
Im Handel sind Migros und
Coop die starken Kräfte 10
Was beschäftigt Sie?
Lebenssituationen ändern sich. Neue Fragen
ergeben sich. Ständig. Wir finden Antworten.
Das braucht Wissen, Sorgfalt und persönliche
Beratung. Dafür nehmen wir uns Zeit.
Sprechen Sie mit uns an unserem Hauptsitz in
St. Gallen oder unter 071 242 50 00.
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4. September 2016
Ostschweiz am Sonntag
Alpgenossenschaften als Ursprung: An der traditionellen «Chaesteilet» im Justistal im Kanton Bern nehmen jedes Jahr mehrere tausend Menschen teil. (Sigriswil, 18. September 2015)
VertrauenistKapital
Die Genossenschaft als Unternehmensform geniesst in der Öffentlichkeit hohes Ansehen. Gründe dafür
sind das gesellschaftliche Engagement der Firmen und ihre Gewinnverteilung. Von David Strohm
D
enkt man hierzulande
an die Genossenschaft,
die es als verbindendes
Glied in den Namen der
Willensnation gebracht
hat, sind die Bezüge
rasch zur Hand: In der
Landwirtschaft, von wo vor rund 1500
Jahren die Form der gemeinsamen Bewirtschaftung von Allmenden ausging,
ist die Genossenschaft bis heute eine
prägende Rechtsform. Die Bauern zu
Berg und Tal wussten: Gemeinsam geht
es besser.
Eine starke Stellung besitzen Genossenschaften, hervorgegangen aus Konsumvereinen und dem Wunsch nach der
Versorgung mit günstigeren Lebensmitteln, auch im Handel. Die beiden dominanten Grossverteiler geniessen ebenso
wie Wohnbaugenossenschaften, genossenschaftliche Vertreter des Finanzsektors wie die Mobiliar-Versicherung und
lokal verwurzelte Banken der RaiffeisenGruppe Ansehen, und zwar über die
eigene Kundschaft hinaus. Nicht zuletzt,
weil die grossen und erfolgreichen Unternehmen mit dieser Rechtsform sich
durch ein besonderes gesellschaftliches
und ideelles Engagement in Kultur und
Gesellschaft, im Sport oder in der Ausbildung junger Berufsleute hervortun.
senschaften, die sich insbesondere in
Märkten mit wenig oder atomisiertem
Wettbewerb erfolgreich halten können.
Alpgenossenschaften, Einkaufsgemeinschaften oder Zusammenschlüsse von
Taxihaltern sind Beispiele hierfür. Andere nutzen das Gesellschaftskleid, um
sich als neue Anbieter zu etablieren, wie
dies regionale Versorger tun, die auf
nachhaltige Energieformen setzen und
versuchen, die Bevölkerung in solche
Projekte einzubinden.
So gross ihr Einfluss in einzelnen
Sektoren sein mag, so bescheiden sind
in der Unternehmenslandschaft die absoluten Zahlen. 8200 aktive Firmen dieser Rechtsform sind im Handelsregister
eingetragen, aber 200 000 Aktiengesellschaften, 165 000 GmbH und 150 000
Einzelfirmen (Grafik links). Auch bei den
Neugründungen, 71 waren es in den ersten sieben Monaten dieses Jahres, bleibt
die Genossenschaft unter «ferner liefen».
Ihrem Selbstverständnis entsprechend soll die Zusammenarbeit von mehreren Kosten sparen und der Gemein-
schaft Mehrwert bringen. Die Selbsthilfe
war und ist deshalb in den Gründerjahren jeder Genossenschaft ein wichtiger
Antrieb. Dazu gehört auch, dass sich der
Einfluss, wie im Politischen, an der Person und nicht am Kapital ausrichtet. «Ein
Mitglied, eine Stimme», lautet das Prinzip, unabhängig von der Zahl der Anteilscheine, während im Kreis von Aktionären nur die Finanzkraft zählt.
Dies trägt alles dazu bei, dass Genossenschaften in vielen Bereichen verantwortungsbewusst und massvoll, zugleich volksnah und mit lokalem Bezug
agieren – und auch so wahrgenommen
werden. Deshalb schenkt man ihnen Vertrauen, obwohl gewisse Defizite in der
Transparenz – etwa bei der Rechnungslegung – zu bemängeln wären. Mehr als
90% der Bevölkerung zeichnen von der
Genossenschaft als solcher ein positives
Bild, wie eine Umfrage der Universität
Luzern ergab.
Die Kooperative als das international
bekannte Pendant zur Genossenschaft
besitzt in vielen Ländern eine grosse
AG als beliebteste Rechtsform
Aus der Selbsthilfe gewachsen
Im Handelsregister eingetragene
Organisationen (Stand: 31. 7. 2016)
Die 10 grössten Genossenschaften in der Schweiz
Leistungen für die Mitglieder
Genossenschaft 8199
Gemeinsam ist ihnen, dass sie nicht für
den maximalen Gewinn arbeiten, sondern für nachhaltige Leistungen ihren
Mitgliedern gegenüber: den Genossenschafterinnen und Genossenschaftern.
Einige lassen ihre Anteilseigner sogar am
Ertrag teilhaben. Umgekehrt sehen manche Statuten im Fall einer finanziellen
Schieflage die Nachschusspflicht der Genossenschafter vor.
Neben den erwähnten Grossfirmen
existiert eine Vielzahl kleinerer Genos-
Kollektivges.
11 035
Einzelfirma
154 691
Firma
Übrige
AG
199 679
580 000
GmbH
164 893
Quelle: Wirtschaftsinformationsdienst Bisnode D&B
Migros
Coop
Fenaco
Mobiliar
Raiffeisen
KPT
Pax
Reka
Swisslos
ESA
Der Einfluss der
Mitglieder richtet
sich, wie im
Politischen, an der
Person und nicht am
Kapital aus.
In der Gemeinschaft stark
Umsatz
in Mio. Fr.
Beschäftigte
Gründung
27 400
26 900
6200
3500
3000
1655
768
694
519
334
86 000
80 000
9000
4000
11 000
570
300
616
183
500
1941
1895
1916
1826
1902
1890
1876
1939
1937
1930
Quelle: Wirtschaftsinformationsdienst Bisnode D&B
Bedeutung. Die Zusammenschlüsse der
Landbevölkerung fördern den Wohlstand breiter Kreise und geben Millionen
von Menschen Hoffnung und Arbeit.
Zwischen 100 und 250 Mio. Menschen
sind weltweit in Genossenschaften beschäftigt. Die erste Zahl beruht auf Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), die zweite auf Erhebungen des Internationalen Genossenschaftsbunds (ICA). Im ostafrikanischen
Land Kenya tragen Genossenschaften
fast die Hälfte zum Bruttoinlandprodukt
(BIP) bei, in Neuseeland ist es fast ein
Viertel. in der Schweiz wird der BIP-Anteil auf etwa 16% hochgerechnet.
Branche
Hauptsitz
Detailhandel
Detailhandel
Agrarhandel
Versicherung
Bank
Versicherung
Versicherung
Finanzen
Lotterie
Autogewerbe
Zürich
Basel
Bern
Bern
St. Gallen
Bern
Basel
Bern
Basel
Selzach
Was die Ideen der Pioniere der Genossenschaftsbewegung bis heute bewirken,
zeigt sich besonders im Finanzsektor:
Friedrich Wilhelm Raiffeisen etwa, der
Spargelder des einfachen Volkes annahm
und Kredite zu günstigen Konditionen
verlieh, sagte: «Nur in der Gemeinschaft
sind wir stark.» Schon vor ihm betrieb
der Schriftsteller Heinrich Zschokke ähnliche Ideen voran. 1812 nahm auf sein Betreiben hin die «Zinstragende Ersparniskasse für die Einwohner des Kantons
Aargau» ihren Betrieb auf. Heute zählen
Finanzgenossenschaften weltweit über
850 Mio. Kunden, was etwa 12% der
Weltbevölkerung entspricht. Allein in
Europa gibt es über 4000 Sparkassen
und regionale Banken, die ihrerseits zusammen etwa 150 Mio. Kunden zählen.
Aus schweizerischer Sicht sei die Genossenschaft ein Erfolgsmodell, sagte
einmal Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Die Eidgenossenschaft selbst sei
eine Art Prototyp einer Genossenschaft –
mit der Selbsthilfe ihrer Bewohner als Ursprung und demokratischen Prinzipien
als ausgleichendem Fundament –, ausgerichtet auf das Gemeinwohl aller.
Helvetia Schweiz
Raiffeisen Schweiz
Kooperation
Raiffeisen –
Helvetia
Zwei Partner, ein Ziel.
Raiffeisen und Helvetia sind seit 1999 Partner und arbeiten mit viel Dynamik an einer erfolgreichen Kooperation. Für Helvetia ist die Raiffeisen Gruppe ein starker Partner für erstklassige Bankdienstleistungen.
Ihre Schweizer Versicherung.
4. September 2016
Ostschweiz am Sonntag
Zusammen Banken
und Versicherungen
besitzen, Häuser
bauen und Firmen
führen: Fünf
Genossenschafter
erzählen, warum
sie sich gerne für
die Gemeinschaft
einsetzen. Von
Vanessa Sadecky
MOBILITY GENOSSENSCHAFT
13GründefüreineIdee
Güter und Dienstleistungen mit anderen zu teilen, liegt im Trend: Die Mobility-Genossenschaft stellt, wie hier in Zollikon, Fahrzeuge für jeden Bedarf zur Verfügung.
Janine Blum,
Mitarbeiterin
in der Abteilung
Standorte
bei Mobility in
Luzern.
1
Was macht den Reiz aus, für eine
Genossenschaft zu arbeiten?
Unsere Kunden, insbesondere die Genossenschafter unter ihnen, identifizieren
sich stark mit Mobility. Tagtäglich kommen sie mit vielfältigen Ideen und Wünschen auf mich und andere Mitarbeitende zu. Ein spannender Austausch, der
dazu beiträgt, unsere Dienstleistungen
weiter zu verbessern und voranzutreiben.
2
Wie wird der Genossenschaftsgedanke in Ihrer Firma gelebt?
Erstens werden Projekte langfristig und
nachhaltig angelegt, gewinnmaximierende Hauruck-Aktionen gibt es nicht.
Zweitens schätze ich die Du-Kultur und
den direkten, unkomplizierten Austausch über alle Hierarchiestufen hinweg; und drittens sind wir über unsere
19 Sektionen in der ganzen Schweiz verankert und somit nahe am Kunden.
3
Was für persönliche Vorteile erleben Sie bei der Arbeit?
Wir wollen gemeinsam Ziele erreichen.
Das ist bei Mobility keine leere Phrase,
sondern wird tatsächlich so gelebt, was
sich aus meiner Sicht positiv auf das Arbeitsklima auswirkt. Ich schätze unsere
unkomplizierte, offene Kultur und dass
soziale Aspekte einen hohen Stellenwert
einnehmen. Zudem ermöglicht mir die
flexible Arbeitszeitgestaltung eine gute
Work-Life-Balance.
senschafterin zu sein? Als Unternehmerin kann ich mitbestimmen. Bei der jährlichen Generalversammlung legt die
Bank nicht nur ihren Geschäftsbericht
vor, es wird auch über wichtige strategische Schritte informiert. Eine direkte Demokratie, wie wir sie als Schweizer kennen. Als Unternehmerin will ich meinen
Partner kennen. Ohne Vertrauen gibt es
keine Geschäftsbeziehung.
5
Jason Hegetschweiler, Inhaber
einer Kreativagentur und
Genossenschafter
der Siedlungsgenossenschaft
Sunnige Hof in
Zürich.
Wie leben Sie den Genossenschaftsgedanken?
Die WIR Gruppe Zürich hat das Ziel, ihre
Mitglieder mit dem Gedanken des WIRSystems vertraut zu machen, das Verrechnungssystem zu fördern und die
persönlichen Beziehungen untereinander zu vertiefen. Rund ein Drittel der
Mitglieder sind auch Genossenschafter.
Im Mai organisiert der Verein jeweils
zwei Cars für unsere Mitglieder, um an
die Generalversammlung in Basel zu
fahren. Bereits während der Anreise
wird über Traktanden diskutiert, es werden Meinungen gebildet. Ich bin jeweils
vor Ort und stimme selber an der Generalversammlung ab.
6
schäftslauf werde ich mit einer Dividendenausschüttung belohnt.
Was für persönliche Vorteile erleben Sie als Genossenschafterin?
Ich kenne jeden Verwaltungsrat und die
Geschäftsleitung der WIR Bank persönlich. Ich weiss also, von wem die WIR
Bank Genossenschaft gesteuert wird,
schliesslich sind es Personen, die sich für
eine Genossenschaft einsetzen. Bei direkten Gesprächen spüre ich die Absichten des Unternehmens. Je stärker wir als
Unternehmer von der Bankleitung gehört werden, desto erfolgreicher kann
diese Produkte und Dienstleistungen für
uns Unternehmer kreieren. In einer Genossenschaft bin ich gut aufgehoben. Sie
gibt mir Sicherheit, und bei gutem Ge-
7
Woran zeigt sich der Genossenschaftsgedanke in Ihrer Siedlung?
Der Genossenschaftsgedanke zeigt sich
in vielen Facetten – sei dies darin, gemeinsam Feste zu organisieren, Ausflüge
zu unternehmen oder einfach füreinander da zu sein, in guten wie schlechten
Zeiten. Und als Botschafter biete ich gerne mein Wissen an. Es ist dieses Gefühl
von Zusammengehörigkeit, welches in
unserer Genossenschaft ganz natürlich
ist. Der Hausmeister ist genauso Freund
wie Nachbar, und ich fühle mich im Sunnige Hof wirklich zu Hause.
Welche Vorteile gibt es, in einer
Genossenschaft zu wohnen?
Es ist schön, zu sehen, wie wir uns in der
Siedlung gegenseitig unterstützen. Zudem ist die Genossenschaft immer darum bemüht, das Leben von uns Genossenschaftern zu verbessern. Der Vorstand und die Geschäftsstelle kümmern
sich tatsächlich um jeden Einzelnen von
uns, und das mit viel Leidenschaft. Für
mich ist unsere Genossenschaft wie eine
Art eigene Stadt in der Stadt, die sich stetig weiterentwickelt und wächst. Zum
Beispiel haben wir seit neuestem eigene
Mobility-Fahrzeuge vor der Haustüre,
wovon eines sogar ein Elektro-Auto ist.
8
9
Gibt es für Wohngenossenschafter
besondere Pflichten?
Zu den Pflichten gehört meiner Meinung
nach, auf Mitgenossenschafter acht zu
geben und einander unter die Arme zu
greifen. Ich helfe gerne und bin darum
als sogenannter «Siedlungs-Botschafter»
unterwegs in unserer Siedlung in Albisrieden – jede Siedlung in unserer Genossenschaft hat Botschafter, welche gewisse Sprechstunden wahrnehmen. Zum
Beispiel dann, wenn eine ältere Person
Hilfe braucht.
Patrik Gisel,
Vorsitzender der
Geschäftsleitung
der RaiffeisenGruppe in
St. Gallen.
10
Weshalb ist für die RaiffeisenGruppe die Organisation als
Genossenschaft die beste?
Die genossenschaftliche Unternehmensform ist nicht nur ein Differenzierungsmerkmal von Raiffeisen, sondern der
zentrale Baustein unserer DNA. Dieser
spiegelt sich in unseren vier Grundwerten – Glaubwürdigkeit, Nachhaltigkeit,
Nähe und Unternehmertum. Wir sind als
Genossenschaft wie keine andere Bank
lokal verankert, weil die Mitglieder
gleichzeitig auch Mitbesitzer ihrer Raiffeisenbank sind. Wir sind nicht von kurzfristigen wirtschaftlichen Schwankungen abhängig und klar auf den langfristigen Unternehmenserfolg ausgerichtet.
Der Entscheidungsfindungsprozess mag
Selbsthilfe als Zweck
Myrta Zumstein,
Mitinhaberin der
Zumstein
Insektengitter
GmbH und
Präsidentin WIRGruppe Zürich.
4
Warum ist es für Sie etwas Besonderes, Genossenschafterin zu sein?
Vor sieben Jahren war die Zumstein
Insektengitter GmbH ein Startup. In dieser Phase suchten wir nach einer Bank,
die sich für KMU einsetzt und eine Genossenschaft ist. In der WIR Bank Genossenschaft fanden wir den geeigneten
Partner. Was ich daran schätze, Genos-
Sieben auf einen Streich
Eine Genossenschaft mit nur einem
Genossenschafter ist undenkbar. Der
Zweck dieser Rechtsform liegt in der
gemeinsamen Selbsthilfe. Das setzt
eine Mehrzahl von Personen voraus,
darum hat der Schweizer Gesetzgeber
bei einer Reform im Jahr 2008 die
Mindestzahl auch bei sieben belassen,
während eine GmbH oder AG auch mit
nur einer Person funktioniert.
In Deutschland gilt hingegen die
Zahl drei als Mindestgrenze. Die Genossenschaft gilt als personenbezogene
Gesellschaftsform. In ihr soll «ein Stück
der wirtschaftlichen Persönlichkeit»
des Genossenschafters selbst aufgehen, wie es ein Lehrbuch formuliert,
nicht nur «ein Stück Vermögen» wie
bei einem Aktionär. Abgestimmt
wird nach Köpfen, in demokratischer
Manier, nicht nach der Höhe des investierten Kapitals wie bei einer Aktiengesellschaft. Genossenschaftsanteile
können verzinst werden, was sie gegebenenfalls im jeweiligen Zinsumfeld zu
einer attraktiven Geldanlage macht.
Per Ende Juli waren gemäss Angaben des Informationsdienstes Bisnode
D&B in der Schweiz 8199 Genossenschaften im Handelsregister eingetragen. Anfang 2012 waren es noch 9980.
Die sinkende Zahl der Genossenschaften ist aber kein Zeichen dafür, dass die
Rechtsform unattraktiv geworden ist,
sondern Ausdruck des Strukturwandels in der Landwirtschaft. Es sind vor
allem kleine Viehzucht- und Käsereigenossenschaften, die in grösseren
Strukturen aufgehen. (est.)
zwar etwas länger dauern, dafür sind die
Resultate tragfähiger. Vertrauen und Sicherheit sind zentral. Diese Organisationsform eignet sich auch darum besonders gut, weil sie Transparenz und Langfristigkeit in der Geschäftstätigkeit und
der strategischen Ausrichtung sicherstellt. Dies ist für ein sehr sensibles Geschäft der Schlüssel für das Vertrauen
des Kunden zur Bank.
11
Was schätzen Sie persönlich an
Ihrer Tätigkeit Job als Leiter einer
Genossenschaft im Finanzsektor?
Das oberste Organ unserer Organisation
ist die Delegiertenversammlung. Diese
quasi «umgekehrte Hierarchie» führt
dazu, dass wir intensiv und ständig
miteinander sprechen müssen. Zudem
bringt uns dies auch näher an den Kunden, was ich persönlich sehr schätze.
Positiv scheint mir auch der langfristige
Planungshorizont, der sich aus der Stabilität des genossenschaftlichen Modells
ergibt. Dies ist für ein sehr sensibles Geschäft der Schlüssel für das Vertrauen
zwischen Kunde und Bank. Durch die
Möglichkeit der Mitbestimmung und die
Vorteile für Genossenschafter steht das
Modell darum auch in der Bevölkerung
sehr hoch im Kurs.
Joos Sutter,
Vorsitzender der
Geschäftsleitung
der Coop-Gruppe
in Basel.
12
Coop ist als ein inzwischen international tätiges Handelsunternehmen immer noch als eine Genossenschaft organisiert. Ergibt das in der
heutigen Zeit noch Sinn?
Die Organisation als Genossenschaft hat
bei Coop Tradition. Als Genossenschaft
sind wir regional und in der Bevölkerung
stark verankert, wir sind nahe bei den
Menschen, und wir wissen, was unsere
Kundinnen und Kunden von uns wünschen und erwarten.
13
Was schätzen Sie an der Position
als Gesamtleiter einer grossen
Genossenschaft?
Als Leiter einer Genossenschaft bin ich
sehr nahe bei unserer Kundschaft und
bei unseren Mitarbeitern. In einer Genossenschaft können auch langfristige Ziele
verfolgt werden. So engagiert sich Coop
sehr stark für Nachhaltigkeit, was mich
auch persönlich sehr freut.
4. September 2016
Ostschweiz am Sonntag
ALAMY
Format
ohne
Grenzen
EinwenigDemokratie
fürdieWirtschaft
Um gemeinsam grosse
Aufgaben zu bewältigen,
organisieren sich Menschen
seit je in Genossenschaften.
Im 19. Jahrhundert federten
sie für viele die Folgen der
Industrialisierung ab.
Ist eine Aufgabe zu gross für den Einzel­
nen, schliesst er sich mit Schicksals­
genossen zusammen und teilt Aufwand
und Ertrag. Dieses Prinzip begleitet die
Menschheit, seit sie in Sippen auf die
Mammutjagd ging. Im Mittelalter began­
nen sich solche natürlichen Schicksals­
gemeinschaften, die auf Familienbezie­
hungen beruhten, zu wirtschaftlichen
Interessenverbünden zu verfestigen.
Überall dort, wo Kräfte gebündelt wer­
den mussten, entstanden erste Formen
von Genossenschaften: Die Hanse in
Norddeutschland sicherte den Seehan­
del, die Zünfte regulierten das Handwerk
in den Städten. Im Norden dienten Ge­
nossenschaften zum Beispiel dazu, Dei­
che zu unterhalten, im Alpenraum regel­
ten sie die gemeinschaftliche Nutzung
der Allmenden.
Die International Co-operative Alliance
zählt zu den wenigen Weltverbänden,
die beide Weltkriege überstanden
haben. Das spricht für die Tragfähigkeit
der Genossenschaftsidee.
Von Marius Leutenegger
Wege, Brücken und die Fürsorge
Frühe Genossenschaften funktionierten
oft bereits nach dem Mehrheitsprinzip
und wirkten gemeinschaftsbildend.
Nach und nach erweiterten sich ihre Auf­
R
und um den Globus arbei­
ten 250 Mio. Menschen in
Genossenschaften. Die 300
grössten Genossenschaf­
ten der Erde erwirtschaften
zusammen umgerechnet
einen Umsatz von rund 2200 Mrd. Fr.
Angesichts solcher Zahlen ist es wenig
erstaunlich, dass die Genossenschafts­
bewegung über eine starke interna­
tionale Stimme verfügt – die Internatio­
nal Co­operative Alliance (ICA), auf
Deutsch: der Internationale Genossen­
schaftsbund (IGB).
Dem Verbund gehören 292 Mitglieds­
organisationen aus 95 Ländern an; diese
repräsentieren rund 1 Mrd. Genossen­
schafter. Mitglieder der ICA sind Genos­
senschaften und Verbände aus allen
Sektoren, in denen diese Rechtsform
verbreitet ist – Landwirtschaft, Banking,
Industrie, Versicherung, Wohnbauten,
Gesundheit, Tourismus.
Marx fand lobende Worte
schaften bis heute von anderen wirt­
schaftlichen Körperschaften unterschei­
det: ein Mann, eine Stimme.
Während Produzenten von Skalen­
effekten in der industriellen Massen­
fertigung profitierten, wollten sie sich
als Konsumenten durch den genossen­
schaftlichen Zusammenschluss mehr
Marktmacht sichern. Dies galt nicht nur
für Waren, sondern auch für Kredite.
Gierige Raubtiere, mattes Wild
Friedrich Wilhelm Raiffeisen stellte fest:
«Wie das gierige Raubtier auf das gehetz­
te und abgemattete Wild, so stürzen sich
die gewissenlosen und habgierigen Blut­
sauger auf die hilfsbedürftigen und ih­
nen gegenüber wehrlosen Landleute, de­
ren Unerfahrenheit und Not ausbeutend,
um sich allmählich in den Besitz ihres
ganzen Vermögens zu setzen.»
Er gründete 1862 in Deutschland den
«Heddesdorfer Darlehnskassenverein»,
die erste genossenschaftliche Bank. Die­
se stiess auch in der Arbeiterbewegung
auf Interesse. In der Schweiz unterstütz­
te sie die Genossenschaften und entwi­
ckelte das Dreisäulenmodell von «Partei,
Gewerkschaften und Genossenschaf­
ten». 1895 nahm die Sozialdemokrati­
sche Partei der Schweiz (SPS) die Förde­
rung von Genossenschaften in ihr Pro­
gramm auf, doch sie setzte programma­
tisch zunächst weiter auf Verstaatlichung
statt Vergesellschaftung. Ihre erste Blüte
erlangte die Genossenschaftsidee dann
in der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts.
Benjamin Gygax
Die Gründung des Internationalen Genossenschaftsbunds auf einer Gedenkmarke aus Grossbritannien. (1970)
In seiner Inauguraladresse der Interna­
tionalen Arbeiterassoziation feierte Karl
Marx 1864 das Genossenschaftswesen
als «Sieg der politischen Ökonomie der
Arbeit über die politische Ökonomie des
Kapitals». Genossenschaften galten als
Alternative zum Kapitalismus, und sie
waren daher lange Zeit nicht überall gern
gesehen.
Als die französische Kreditgenossen­
schaft Crédit du Travail anlässlich der
Pariser Weltausstellung 1867 zu einem
internationalen Kongress der Bewegung
lud, wurde dieser von den französischen
Behörden kurzerhand verboten. Die Teil­
nehmer trafen sich dennoch, allerdings
im Geheimen. Sie bekräftigten, trotz
allem einen Weltverband gründen zu
wollen, was dem damaligen Trend zum
Internationalismus entsprach.
1895 war es schliesslich so weit: An
einem Kongress in London riefen 200
Teilnehmer aus 14 Ländern die ICA ins
Leben. Die Vereinigung sollte vor allem
dem Wissensaustausch, dem Handel und
der Definition der Genossenschaftlichkeit
dienen; das hat sich bis heute eigentlich
nicht geändert. Als Vorbilder galten die
sogenannten Rochdale­Pioniere. 1844
hatten in der britischen Industriestadt
Rochdale 28 Weber eine erfolgreiche Ge­
nossenschaft gegründet, die zwar nicht
CHRISTOPH RUCKSTUHL / NZZ
Heute ist die ICA ein Schwergewicht un­
ter den Nichtregierungsorganisationen
(NGO) bei den Vereinten Nationen. Ihre
Anfänge waren aber bescheiden und fast
etwas klandestin. Die internationale Ge­
nossenschaftsbewegung war ursprüng­
lich eng mit jener der Arbeiter verknüpft.
gaben auch darauf, Wege, Brücken und
Infrastruktur zu unterhalten, die Für­
sorge zu organisieren oder Recht zu
sprechen. Zunächst waren die Regeln der
Genossenschaften gewohnheitsrechtlich
bestimmt, ab dem 13. Jahrhundert wur­
den sie schriftlich festgehalten.
Eine weitere Entwicklungsstufe er­
klommen die Genossenschaften mit der
Industrialisierung. Sie boten Antworten
auf die drängende Frage: Wie können
die Arbeits­ und Lebensbedingungen der
Industriearbeiter menschenwürdiger ge­
staltet werden? Der britische Unterneh­
mer und Frühsozialist Robert Owen re­
agierte 1799 auf die schrecklichen Zu­
stände in den Fabriken. Er bekämpfte in
seiner Baumwollspinnerei im schotti­
schen New Lanark den Alkoholkonsum
und die Kinderarbeit, senkte die Arbeits­
zeit, schuf Kranken­ und Altersversiche­
rungen, günstigen Wohnraum und einen
Konsumladen – und war mit seinem Kon­
zept auch wirtschaftlich erfolgreich. Die
Produktivität stieg stark an.
Seine Lebens­ und Arbeitsgemein­
schaft beschrieb er als «Vereinigung einer
besonderen Art, die sich mehr auf Perso­
nen als auf Kapital stützt, nicht nur ein fi­
nanzielles, sondern auch ein moralisches
Ziel hat». Damit lieferte er die Definition
einer Genossenschaft.
Dem Vorbild Owens folgten 28 Arbei­
ter einer nordenglischen Baumwollspin­
nerei. Sie gründeten 1844 die «Rochdale
Society of Equitable Pioneers» als Kon­
sum­ und Spargenossenschaft und for­
mulierten den Grundsatz, der Genossen­
Ziel der Gäste aus aller Welt: Das Kultur- und Kongresszentrum (KKL) in Luzern.
Die ICA bietet auch
121 Jahre nach der
Entstehung das, was
die Gründer wollten:
Den Austausch über
die Grenzen hinweg.
die erste ihrer Art, aber besonders inno­
vativ und gut reglementiert war. Ihre Be­
stimmungen sind noch heute vorbildlich
für Genossenschaften und fliessen wei­
terhin in die Prinzipien der ICA ein. Ge­
fordert werden etwa die freiwillige und
offene Mitgliedschaft, eine demokrati­
sche Kontrolle durch die Mitglieder und
deren wirtschaftliche Partizipation.
Für eine bessere Welt
Wichtigste Instrumente, um ihre Ziele zu
erreichen, waren für die ICA zu Beginn
die alle zwei bis drei Jahre stattfindenden
Kongresse. Die Tagungen sollten auch
den grenzüberschreitenden Handel för­
dern, denn die Genossenschafter waren
überzeugt, dass ihre Bewegung generell
zu einer besseren Welt beitragen könne.
Der Ausschuss der ICA formulierte den
Traum von einem «genossenschaftlichen
Weltreich, das auf den Gedanken der
Solidarität der Interessen aller Menschen
und der Gleichheit der Rechte aller»
beruhe und dessen «Weltparlament» die
ICA darstelle. Die meisten führenden
Genossenschafter waren begeisterte An­
hänger des Freihandels und verstanden
den internationalen genossenschaftli­
chen und nicht wettbewerbsorientierten
Markt auch als Garant für Frieden. Diese
Haltung mag wesentlich dazu beigetra­
gen haben, dass Genossenschaften bis
heute viel Sympathie entgegengebracht
wird.
Tatsächlich gehört die ICA zu jenen
wenigen Weltorganisationen, die den
Ersten und Zweiten Weltkrieg überstan­
den – und auch den Kalten Krieg: Genos­
senschaften aus dem Ostblock blieben
der Organisation auch nach dem Zweiten
Weltkrieg treu. 1946 erhielt der Bund als
erste Nichtregierungsorganisation von
der Uno den Konsultativstatus. Er er­
laubt, an offiziellen Diskussionen des
Wirtschafts­ und Sozialrats der Uno teil­
zunehmen und an begleitenden Veran­
staltungen zu lobbyieren.
Heute ist die ICA in die vier Regionen
Afrika, Europa, Asien/Pazifik und Ame­
rika aufgeteilt, sie verfügt über zahl­
reiche Unterorganisationen für einzelne
Branchen und wird von einem 20­köpfi­
gen Vorstand geleitet. Vizepräsident –
und Präsident der rechtlich selbständi­
gen europäischen Fraktion – ist der Deut­
sche Dirk J. Lehnhoff, der auch im Vor­
stand des Deutschen Genossenschafts­
und Raiffeisenverbands sitzt. Die ICA
verfolge vor allem das Ziel, das Genos­
senschaftswesen sichtbar zu machen,
sagt er. «Denn es ist viel weniger be­
kannt, als es angesichts seiner wirt­
schaftlichen Bedeutung sein müsste.»
Und auch angesichts seiner Erfolge.
Lehnhoff verweist darauf, dass Genos­
senschaften sicher durch die letzte Wirt­
schaftskrise kamen.
Grenzüberschreitende Modelle
«Genossenschaften sind von ihrem Mo­
dell her nachhaltig ausgerichtet – sie sind
eine Art Selbsthilfeorganisation ihrer
Mitglieder und vertreten deren langfris­
tige Interessen», sagt Lehnhoff. Zudem
seien sie in der Regel stark regional ver­
wurzelt, was sie auch zu zuverlässigen
Steuerzahlern mache, denn sie könnten
nicht einfach in den nächsten Steuer­
hafen ziehen. Dennoch ist der Vizeprä­
sident der ICA überzeugt, dass sich Ge­
nossenschaften verstärkt international
ausrichten müssen: «Ohne länderüber­
greifende Kooperation hat man heute
keine Chance mehr.»
Bereits seit zehn Jahren gibt es daher
im EU-Raum die Societas Cooperativa
Europaea (SCE) – die Europäische Genos­
senschaft. Die Rechtsform erlaubt Ge­
nossenschaften, in mehreren EU-Staaten
Niederlassungen zu gründen, und er­
leichtert ihnen die grenzüberschreitende
Tätigkeit. Damit erhalte die Genossen­
schaftsidee zusätzlichen Schub, ist Lehn­
hoff überzeugt – und diesen Schub brau­
che es angesichts der Globalisierung. «Ich
wünsche mir, dass die moderne Wirt­
schaft wieder verstärkt den Menschen im
Fokus hat. Wenn man sieht, welche Geld­
mengen heute per Mausklick bewegt
werden, muss man sagen: Das ist nicht
gesund. Wir brauchen Unternehmen, die
in dem Sinn bodenständig sind, dass sie
mit beiden Füssen auf dem Boden stehen
– und das sind die Genossenschaften,
denn sie werden von ihren Mitgliedern
und nicht von fremden Geldgebern kon­
trolliert.» Dies bekannter zu machen, sei
letztlich das Hauptziel der ICA.
Ein Mitglied der Weltorganisation ist
die Allgemeine Baugenossenschaft Zü­
rich (ABZ), die grösste ihrer Art in der
Schweiz. Präsident Peter Schmid sagt, mit
der Mitgliedschaft wolle die ABZ «die Ge­
nossenschaftsbewegung weltweit unter­
stützen. Wir sind Teil einer globalen Idee
eines gesellschaftlich verantwortlichen
Wirtschaftens.» Schmid engagiert sich im
Verband als Vorstandsmitglied der Sek­
tororganisation Co­operative Housing In­
ternational (CHI).
Dank der Mitgliedschaft eröffne sich
der ABZ «der Blick auf andere Länder und
andere Rahmenbedingungen». Die ICA
bietet also auch 121 Jahre nach ihrer Ent­
stehung genau das, was den Gründern
vorschwebte: Austausch über die Gren­
zen hinweg.
IGT-Kongress in Luzern
Vision 2020
1000 Teilnehmer am 18.Welttreffen erwartet
Die soziale Dimension gewinnt in der
Wirtschaft wieder an Gewicht. Der
Internationale Genossenschaftsbund
(ICA) will mit seiner Vision 2020, die in
Luzern präsentiert und erörtert wird,
auf den Errungenschaften der genos­
senschaftlichen Rechtsform aufbauen
und sich mit den Herausforderungen
der Gegenwart auseinandersetzen.
Dazu gehören unter anderem die
Entsolidarisierung, Umweltprobleme,
Effizienz­ und Preisdruck, Deindustria­
lisierung und Digitalisierung. (dst.)
Die «Internationalen Genossenschaftswissenschaftlichen Tagungen» (IGT)
finden seit 1954 statt – in jüngerer Zeit
im Vierjahresrhythmus. An der Konferenz tauschen sich Führungskräfte,
Politiker und Wissenschafter in Foren,
Referaten oder informellen Gesprächen über die Entwicklung von Genossenschaften aus. Die 18.Tagung steht
unter dem Titel «Identität und Wachstum». Sie findet vom 14. bis 16. September 2016 im KKL und an der Universität
Luzern statt. Nach 1978, als man sich an
der Universität Freiburg traf, wird die
Tagung damit zum zweiten Mal in der
Schweiz durchgeführt.
In Luzern werden an den drei Tagen
rund 1000 Wissenschafter, Genossenschaftspraktiker und Interessierte
erwartet. Träger der IGT sind die
Arbeitsgemeinschaft Genossenschaftswissenschaftlicher Institute (AGI),
das Institut für Unternehmensrecht
IFU/BLI der Universität Luzern und die
IG Genossenschaftsunternehmen
(IGG). Das Organisationskomitee wird
von Hilmar Gernet, Leiter Kommunikation & Politik bei Raiffeisen Schweiz,
präsidiert. «Der 2011 gegründeten IGG
gehören Mitglieder wie die Raiffeisen,
Mobiliar oder Fenaco an», sagt Gernet.
«Im Uno-Jahr der Genossenschaften
2012 führte die IG ihren ersten Kongress durch, und darauf ergab sich die
Chance, auch die IGT zu veranstalten.»
In Luzern dreht sich aber nicht alles
allein um Wissenschaft, versichert der
OK-Präsident. «Wir haben ein Parallelprogramm zusammengestellt, in dem
es um die genossenschaftliche Praxis
geht und an dem sich Vertreter der
wichtigsten Genossenschaften beteiligen.» Die Top-Shots der Schweizer
Genossenschaften und internationale
Koryphäen machen die Tagung auch
für ein breiteres Publikum attraktiv.
Die Durchsicht des Gesamtprogramms
könnte einem Kopfzerbrechen berei-
ten – denn das Angebot an Referaten
und Podien ist gewaltig. Gernet empfiehlt, ein individuelles Programm um
die halbtäglich stattfindenden Panels
zusammenzustellen. Auf besonders
viel Interesse dürfte das Angebot am
Freitagmorgen stossen, wenn die in
der Schweiz traditionell gut vertretenen Wohnbaugenossenschaften das
Thema setzen. Marius Leutenegger
Website: www.igt2016 ch
Die 13 Gründer der Rochdale Society of Equitable Pioneers, einer Spar- und Konsumgenossenschaft. (1844)
Zahlen und Fakten
250
Mio.
So viele Menschen arbeiten gemäss
Schätzungen weltweit in nach genos­
senschaftlichen Prinzipien organisierten
Firmen. In den Industrieländern sinkt die
Zahl, in Entwicklungsländern steigt sie.
2200
Mrd. Fr.
Diesen Umsatz erzielen, umgerechnet
in Franken, die 300 grössten Genossen­
schaften der Welt. Umsatzspitzenreiter
in der Schweiz sind die Handelsfirmen
Coop, Migros und Fenaco (siehe Seite 3).
6.
Jh.
In der Innerschweiz bilden sich erste
Tal­ und Alpgenossenschaften. Sie
dienen in erster Linie der bäuerlichen
Selbsthilfe und tragen dazu bei, Konflikte
um die Landnutzung zu vermeiden.
1291
Gründungsjahr der alten Eidgenossen­
schaft. Der Bundesbrief von August 1291
gilt als Gründungsurkunde. Erste Mitglie­
der waren Uri, Schwyz und Unterwalden.
1332 kam Luzern dazu, 1353 weitere Orte.
1826
In Bern wird die Schweizerische Gesell­
schaft zur gegenseitigen Versicherung
des Mobiliars gegen Brandschaden
gegründet. Die Mobiliar ist die älteste
private Versicherung der Schweiz.
1.
Sa.
Seit 1923 findet am 1. Samstag im Juli in
aller Welt der Genossenschaftstag statt.
Ins Leben gerufen wurde er vom Inter­
nationalen Genossenschaftsbund (ICA),
seit 1992 ruft ihn auch die Uno aus. (dst.)
IMPRESSUM: Eine Beilage der «NZZ am Sonntag», der «Ostschweiz am Sonntag» und der «Zentralschweiz am Sonntag». Chefredaktion: Felix E. Müller (fem.), Redaktionelle Leitung: David Strohm (dst.),
Art Direction: Hanspeter Hösli. Verlag: NZZ am Sonntag, Postfach, 8021 Zürich; Neue Luzerner Zeitung AG, Postfach, 6002 Luzern; St.Galler Tagblatt AG, Postfach, 9001 St.Gallen.
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4. September 2016
Ostschweiz am Sonntag
«DieeinzelnenMitglieder
bestimmendenKurs»
Genossenschaften sind praktisch schadlos durch die jüngste Wirtschaftskrise gekommen
und können – gut geführt – sehr erfolgreich sein. Ihr Konzept passt bestens zum heutigen
Zeitgeist, sagt der Luzerner Professor und Genossenschaftsexperte Franco Taisch
STEFANO SCHRÖTER
Coop, Migros oder Raiffeisen sind längst
gewinnorientierte Unternehmen. Ist die
Genossenschaftsform heute nicht ein
Feigenblatt?
Franco Taisch: Das kooperative,
genossenschaftliche Modell ist eine
wirtschaftliche und keine altruistische
Unternehmensform. Vereine oder Stif­
tungen sind dafür geeignetere Formen.
Genossenschaften hingegen sind nicht
in erster Linie gemeinnützig. Sie bewe­
gen sich in der genau gleichen unter­
nehmerischen Umwelt wie jede andere
Unternehmensform.
In der Literatur spielt der Altruismus als
Grundmotiv bei Genossenschaften trotzdem eine wichtige Rolle.
Geschichtlich betrachtet ist die
Genossenschaft stark ideologisiert
worden. Sie wurde oft benutzt, um
ideologische Gedanken in die Wirt­
schaft zu projizieren. Sowohl die Pro­
gramme linker Parteien wie auch solche
am rechten Spektrum propagieren das
Modell. Genossenschaften sind aber
nicht ideologisch, sie sind eine
Wirtschaftsplattform. Sie entstanden in
der neueren Zeit Mitte 18.Jahrhundert
aus Not und als Selbsthilfe und nicht
aus einer altruistischen Idee heraus. Das
ist nichts anderes als Unternehmertum.
Welche Bedeutung haben Genossenschaften heute weltweit?
3 bis 5 Prozent der Weltwirtschafts­
leistung stammen von Genossenschaf­
ten. Weltweit bestehen Tausende von
Genossenschaften mit noch mehr Mit­
gliedern und Arbeitnehmern in ver­
schiedensten Industrien.
Startups als Genossenschaften sind heute
allerdings eine Rarität.
Weil die Berater nur die Aktiengesell­
schaft (AG) oder die Gesellschaft mit
beschränkter Haftung (GmbH) kennen.
Das Wissen über Genossenschaften ist
gering, die Hürden sind zudem hoch: Es
braucht sieben Gründer, wohingegen
die anderen Unternehmensformen nur
einen benötigen.
Inwiefern passt das in den Zeitgeist?
Weil selbst der Chef des grössten
Nahrungsmittelkonzerns der Welt, Paul
Bulcke von Nestlé, kürzlich von einem
«Shared Value» sprach. Damit meint er,
dass mehrere Anspruchsgruppen in die
Unternehmenstätigkeit einbezogen
werden sollen – wie bei Genossen­
schaften. Das ist mit ein Grund, weshalb
Der Rechtsanwalt, Unternehmer, Verwaltungsrat und Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Luzern,
Franco Taisch, 57, befasst sich vor
allem mit Geschäfts- und GovernanceModellen von Unternehmen. Er hat
zahlreiche Publikationen zum Thema
Genossenschaften verfasst und ist
Autor des Buchs «Genossenschaftsgruppen und deren Steuerung».
Taisch ist unter anderem Verwaltungsrat bei der Raiffeisen-Gruppe und
Leiter der Interessengemeinschaft
Genossenschaftsunternehmen. (knu.)
In einer AG hat der Aktionär mit dem
grössten Kapitalanteil die meisten Stimmen. Bei der Genossenschaft gilt: Eine
Person, eine Stimme. Wo liegt der Vorteil?
In Genossenschaften entscheiden die
Personen unabhängig vom Kapital: One
Person, one vote. Es ist mit Wahlen und
Abstimmungen in der Schweiz ver­
gleichbar. Die Stossrichtung wird durch
die einzelnen Genossenschaftsmitglie­
der bestimmt, diese geben den Kurs vor.
Wer auf dieser demokratischen Basis die
Führung des Unternehmens – wie der
des Landes Schweiz – intelligent auf­
setzt, kann sehr erfolgreich sein.
Genossenschaften sind weltweit präsent.
Sie entstanden immer dann, wenn
sich fundamentale Veränderungen
abzeichneten. Mit Beginn der indus­
triellen Revolution oder der Digitalisie­
rung zum Beispiel. Auch die vermeint­
liche Geburtsstunde der Schweiz 1291
geht auf eine kooperative Genossen­
schaft der drei Bünde Uri, Schwyz und
Unterwalden zurück, die Eidgenossen­
schaft. Sie hatte den Ausbau des Gott­
hards als wichtigen Verkehrsweg zum
Ziel. In Grossbritannien waren Genos­
senschaften wichtige Vorwärtstreiber.
Bereits in der Renaissance, in Städten
mit Zünften, nahmen sie einen wichti­
gen Platz ein. So entstanden genossen­
schaftliche Versicherungen wie etwa
der Brandschutz.
Bestehende Genossenschaften haben sich
aber gut entwickelt...
... und sind zudem fast schadlos
durch die jüngste Wirtschaftskrise
gekommen. Die 20 grössten Schweizer
Genossenschaften steuern rund 12Pro­
zent zur Wirtschaftsleistung bei. Genos­
senschaften haben es geschafft, immer
etwas unter dem Radar zu bleiben. Es
gibt kaum Skandale, Genossenschaften
werden eher konservativ geführt. Sie
folgen keinem überspitzten Sharehol­
der­Value­Ansatz, sondern einem Stake­
holder­Ansatz, der den Interessen vieler
entgegenkommt. Das passt gut in den
heutigen Zeitgeist.
Franco Taisch
«Genossenschaften leben von ihrer Identität»: Franco Taisch, Professor für Wirtschaftsrecht. (Luzern, 22. August 2016)
Genossenschaften sowie Familienunter­
nehmen in der Gesellschaft ein positives
Image geniessen, während klassische
börsenkotierte Unternehmen eher am
Ende der Skala stehen.
Die Mobiliar-Versicherung schüttet bei
akkuratem Geschäftsverlauf einen Teil
ihres Gewinns an die Genossenschafter
aus. Das wäre doch auch ein Modell für
andere Genossenschaften?
Das tun viele Genossenschaften via
Dividende auf dem durch die Mitglieder
investierten Kapital. Die Mobiliar nutzt
aber eine weitere typisch genossen­
schaftliche Möglichkeit der Mitglieder­
beteiligung, nämlich eine Art Korrektur
des kalkulierten Preises für ihre Dienst­
leistung – quasi eine direkte Rückver­
gütung an die Mitglieder unter dem
Jahr. Die Verrechnung der Produktions­
kosten allein wäre keine sorgfältige und
nachhaltige Geschäftsführung. Es
braucht eine gewisse Marge, um sich als
Unternehmen weiter zu entwickeln, zu
wachsen und auch Reserven zu bilden.
Wenn diese Marge zu vorsichtig bemes­
sen wurde, kann dies das genossen­
schaftliche Geschäftsmodell korrigieren
und sogar einen Teil dieses Überschus­
ses direkt den einzelnen Genossen­
schaftern zurückgeben.
Das ist aber nicht die Regel.
Neben all diesen Beteiligungs­
möglichkeiten behalten Genossenschaf­
ten aber typischerweise, was sie erwirt­
schaftet haben, zum grössten Teil im
Unternehmen zurück und investieren es
wieder – in guten und schlechteren
Zeiten. Eine Maximierung der Dividen­
denausschüttung ist ihnen fremd.
Das kooperative
Geschäftsmodell ist
kein hierarchischer
Tanker. Es basiert
auf Netzwerken.
Im Konkursfall kann auf das Genossenschaftskapital zurückgegriffen werden?
Die Haftung der Mitglieder
beschränkt sich damit aber auch auf die
Zahlung des Anteilscheins. Es ist ver­
gleichbar mit einer Aktiengesellschaft.
Allerdings kann in einer Genossenschaft
die Haftung ausgeweitet werden, wenn
in den Statuten eine Art Nachschuss­
pflicht festgehalten ist. Wird es finan­
ziell eng, kann jedes Mitglied verpflich­
tet werden, nochmals einen vorher defi­
nierten Betrag einzuzahlen. Die Statu­
ten können darüber hinaus die Genos­
senschafter bis zu einem bestimmten
Grad auch persönlich haftbar machen.
Das kann bei kleineren Genossenschaf­
ten vorkommen, nicht aber bei grossen.
Im Extremfall kommt es zur persön­
lichen Haftung wie bei einem selbstän­
dig Erwerbenden.
Welche Zukunft prophezeien Sie dem
Genossenschaftsmodell?
Genossenschaften leben von der
Identität verschiedener Anspruchs­
gruppen. In Genossenschaften kommen
Kunden zusammen, aber auch Eigen­
tümer und Arbeitnehmer oder beides
in einem. Kunden können gleichzeitig
Mitglied und Lieferant oder Zulieferer
sein. Diese Doppel­ oder Trippel­
identitäten könnte man verstärkt in den
Innovationsprozess einbeziehen. Das
lässt für die Zukunft viel Raum nach
oben. Das kooperative Geschäftsmodell
basiert auf Netzwerken. Es ist nicht in
erster Linie ein rein hierarchischer
Tanker. Das heisst: Schliessen sich ver­
schiedene Genossenschaften zusam­
men, ergibt das einen Verbund von Flot­
tillen. Solche netzwerkartigen Gebilde
sind extrem krisenresistent.
Interview: Ueli Kneubühler
4. September 2016
Ostschweiz am Sonntag
Genossenschaften
spielen in einigen
Sektoren der
Wirtschaft eine
dominante Rolle.
Gemeinsam ist
ihnen der grosse
Einsatz für die
Gesellschaft
Detailhandel
Zwei Riesen für den
täglichen Bedarf
Es gibt in der Schweiz keine zweite Branche, die derart von Genossenschaften
dominiert wird wie der Detailhandel.
Rund die Hälfte des Umsatzes entfällt auf
Coop und Migros, die mit Abstand grössten Genossenschaften des Landes.
Im Detailhandel ist die Unternehmensform sehr beliebt, 377 haben dieses
Rechtskleid gewählt. In der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts entstanden die
ersten sogenannten Konsumvereine,
Vorläufer der Genossenschaften im Detailhandel. Arbeiter, Angestellte, Beamte
und Bauern schlossen sich zusammen,
um die Konsumenteninteressen durch
Vermittlung von Gütern des täglichen
Bedarfs zu fördern. Basis für die Konsumvereine war die offene Mitgliedschaft, die demokratische Verwaltung,
Rückvergütung, politische und konfessionelle Neutralität und Barzahlung.
Nach der ersten eigentlichen Genossenschaft, dem Konsumverein Zürich
(1851), folgte 1890 der Verband Schweizerischer Konsumvereine (VSK), der später
in der heutigen Coop-Gruppe aufging.
Als Genossenschaften streben Coop wie
Migros keine Gewinnmaximierung an.
Anders als Coop stülpte Migros-Gründer
Gottlieb Duttweiler dem Detailhändler
zunächst das Gewand einer Aktiengesellschaft über. Grund für den Wechsel zur
Genossenschaft war, dass das Unternehmen einen wesentlichen Beitrag zum Gemeinwohl habe leisten wollen und sich
so vor einer Übernahme schützte, heisst
es bei der Migros. Noch heute geht das
sogenannte Kulturprozent in einen Fördertopf, aus dem die Migros unzählige
kulturelle und gesellschaftliche Aktivitäten unterstützt. Ueli Kneubühler
Finanzen
Gewinnanteil für die
Genossenschafter
Sie locken mit Prämienreduktion und
Anteilen am Überschuss, vergünstigen
Ausflüge und Reisen und fördern Sportanlässe und lokale Festivitäten. Wie andere Banken und Versicherungen zeigen
sich auch die als Genossenschaften organisierten Institute und Anstalten kulant
im Umgang mit den eigenen Mitgliedern.
Die Mobiliar etwa als älteste private
Versicherung der Schweiz schüttet seit
1940 auf freiwilliger Basis Teile des Gewinns aus. In den letzten fünf Jahren
waren es immerhin 70Mio.Fr. An die
Genossenschafter denken auch die 270
eigenständigen Genossenschaften der
Raiffeisengruppe, die mit ihren 1,9 Mio.
Mitgliedern und fast 1000 Geschäftsstellen die drittgrösste Bankengruppe der
ALESSANDRO DELLA BELLA / KEYSTONE
Wosieden
Tonangeben
Schweiz darstellen. Als Sponsoringpartner engagiert sich die Bank auf lokaler
und nationaler Ebene für «eine vielfältige
und lebendige Schweiz», gibt Gelder für
die Freiwilligenarbeit von Vereinen und
unterstützt gemeinnützige Selbsthilfeprojekte und kulturelle Werke.
Die Rechtsform der Genossenschaft
findet sich auch bei Krankenkassen. Unter anderem für die 1890 als «KrankenKasse des Vereins Schweizerischer Eisenbahn Angestellter» gegründete heutige
KPT, für die wesentlich kleinere Krankenkasse Steffisburg oder für Kassen für
Ärzte und Lehrer hat sie sich als vorteilhaft erwiesen. David Strohm
Getreideimporte. In ganz Europa entstanden landwirtschaftliche Genossenschaften. Ziel war, sich für Einkauf und
Vermarktung effizienter zu organisieren.
Mit Volg trat ein Mitspieler auf den
Plan, der als Kämpfer für die kleineren
Bauern stand und der den Zwischenhandel ausschalten sollte. Heute ist Volg Teil
des Genossenschafts-Konglomerats Fenaco, das 1993 aus dem Zusammenschluss von sechs regionalen Verbänden
gegründet wurde. Das Prinzip ist gleich
geblieben: Günstiger einkaufen und faire
Preise für landwirtschaftliche Produkte
erzielen. Ueli Kneubühler
Energieversorgung
Erneuerbares in der
Gemeinschaft
Wohnungsbau
Tragbare Mieten und
Gemeinsames im Hof
Im Detailhandel ist die Genossenschaft
die beliebteste Rechtsform. Dorfladen
von Volg in Matt, Kanton Glarus.
Rund 1000 Wohnbaugenossenschaften
(WBG) mit etwa 130 000 Wohneinheiten
gibt es in der Schweiz. Ihr Anteil am Gesamtbestand liegt bei etwa 5%. Vor allem
in den Städten tragen sie mit ihrem Angebot dazu bei, die Nachfrage nach zahlbarem Wohnraum zumindest teilweise zu
befriedigen. Die ersten entstanden ab
1850 als Folge der schlechten Wohnbedingungen. Sie fassten Fuss in Städten
wie Basel, Bern, Biel, Zürich, Winterthur
und St. Gallen. Ab 1910 kam die eigentliche Genossenschaftsbewegung mit der
Gründung der ersten von den Bundesbetrieben unterstützten Eisenbahnergenossenschaft in Gang.
Eine zweite Gründungs- und Bauwelle
erlebte das Land während und nach dem
Zweiten Weltkrieg. Neben den WBG gehören zu den gemeinnützigen Wohnbauträgern Stiftungen, Vereine und AG mit
gleichem Zweck sowie der Wohnungsbau
der öffentlichen Hand. Die vom Staat in
unterschiedlicher Weise geförderten
WBG bieten ihren Mitgliedern zumeist
weitere Leistungen, darunter Gemeinschaftsräume und Mittagstische. Sie halten Flächen frei für Kindergärten, Schulen, Spitex und Arztpraxen, organisieren
Aktivitäten in Siedlungskommissionen
und Anwohnervereinen und bieten
Nachbarschaftshilfe. David Strohm
Landwirtschaft
Günstiger einkaufen
zu fairen Preisen
Der Detailhändler Volg ist ein Pionier. Er
war die erste moderne landwirtschaftliche Genossenschaft der Schweiz. 1886
entstand der Verband Ostschweizerischer Landwirtschaftlicher Genossenschaften, wie Volg ursprünglich hiess; er
galt als Vorläufer der modernen Genossenschaftsverbände. Ihm voraus gingen
Milch- und Käsereigenossenschaften, die
sich mit der Ausdehnung der Hartkäseproduktion von den Bergen ins Mittelland bildeten.
Im Unterland waren Strukturen nötig,
damit genügend Milch zur Verfügung
stand, um den Hartkäse zu produzieren.
Die ersten dieser Genossenschaften entstanden Ende des 18. und Anfang des
19.Jahrhunderts – auch wegen der industriellen Revolution. Eisenbahn und Handelsschifffahrt ermöglichten günstige
Genossenschaften
zeigen, dass es
möglich ist, Dinge zu
verändern, wenn man
sich gemeinsam für
eine Sache einsetzt.
128 Genossenschaften sind in der
Schweiz in der Energieversorgung tätig,
viele davon im Bereich der erneuerbaren
Energien. Die meisten operieren in kleinem Rahmen auf lokaler Ebene – wie
zum Beispiel die Genossenschaft Ägerital
Energie. Sie wurde 2014 gegründet und
konzentriert sich auf lokale Photovoltaik-Projekte. In der Zentralschweiz gibt
es für die Neugründung solcher Genossenschaften sogar Fördergelder von der
Albert-Koechlin-Stiftung. So sollen sich
in allen Gemeinden der Region Energiegenossenschaften etablieren können.
Für kleine Anbieter ist der Markt für
erneuerbare Energien aber hart, nicht
alle können sich halten. Immerhin leisten sie einen Beitrag zur Energiewende.
Andreas Appenzeller, Geschäftsleiter der
Energiegenossenschaft ADEV, sieht dies
ebenso: «Sie zeigen, dass es möglich ist,
Dinge zu verändern, wenn man sich gemeinsam für eine Sache und nicht nur für
Profit einsetzt.»
Die ADEV mit Sitz in Liestal und knapp
700 Genossenschaftern verfolgt ihre «Sache» – die Versorgung mit erneuerbaren
Energien – bereits seit 1985. Damals war
der Begriff Energiewende noch nicht in
aller Munde. «Die ADEV entstand aus der
Protestbewegung gegen das Kernkraftwerk Kaiseraugst heraus», sagt Appenzeller. Daraus erwuchsen die Beteiligung
an der ersten Schweizer Windkraftanlage
Sool, der Betrieb eines Blockheizkraftwerks in Sissach und vieles mehr.
Unüblich für eine Genossenschaft dieser Branche ist, dass die ADEV auch überregional und sogar international tätig ist.
Appenzeller: «Dies ergab sich ganz automatisch, weil immer mehr Darlehensgelder benötigt wurden.» Seit den frühen
Tagen geht es um das ADEV-Motto: «Wir
prägen die dezentrale Energieversorgung
– jeder Kleinkonsument soll Kleinproduzent werden!» Erik Brühlmann
Gesundheit und Soziales
Pflege im Alter und
kirchlicher Segen
Auch im Sozialwesen prägen kleine Genossenschaften wie die Genossenschaft
sozial-diakonischer Werke in Zürich oder
die Bürgschafts- und Darlehensgenossenschaft der reformierten Kirche Kanton Zug das Bild. Sie erbringen in beschränktem Rahmen soziale Dienste unterschiedlicher Art.
Zu ihnen gehörte auch die Genossenschaft Heilsarmee Sozialwerk mit Sitz in
Bern, die Anfang 2016 in die Rechtsform,
einer Stiftung überführt wurde. Einen
umgekehrten Weg ging die Spitex Genossenschaft Bern, die 2014 gegründet wurde und per Anfang dieses Jahres das operative Geschäft vom ehemaligen Verein
übernahm. «Als Genossenschaft können
wir besonders glaubhaft an den Solidaritätsgedanken in der Bevölkerung appellieren», sagt Präsidentin Rahel Gmür.
Alle Beschäftigten sind gleichzeitig Genossenschafter. «Spitex Bern plant jetzt
auch Kooperationen mit anderen Genossenschaften wie Raiffeisen», sagt Gmür.
Marius Leutenegger
1.
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GENOSSENSCHAFTLICH VEREINT:
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Michael Erismann,
Projektleiter Frey