Keypoints des Innovationsreports 2016 • Der Innovationsreport 2016 bewertet die 23 neuen Wirkstoffe bzw. Wirkstoffkombinationen des Jahres 2013. Erneut war wie im Vorjahr der Anteil onkologischer Präparate unter den Arzneimittelneuheiten (neun von 23) auffallend hoch. • Von den 23 bewerteten Präparaten erzielte nur eines die Bestnote ("grüne Gesamtampel"). Es handelt sich um das Brustkrebsmedikament Perjeta® mit dem Wirkstoff Pertuzumab. Für neun Präparate zeigte die Gesamtampel "gelb" und für 13 "rot". Somit konnte auch der dritte "AMNOG-Jahrgang" kaum mit echten therapeutischen Innovationen überzeugen. • Insgesamt schnitten die neuen Arzneimittel des Jahres 2013 in der Gesamtbewertung damit qualitativ ähnlich wertvoll ab wie der vorherige Jahrgang. Unverständlicherweise war jedoch der Preis pro Packung der neuen Arzneimittel des Jahres 2013 im Jahr nach der Markteinführung doppelt so hoch wie der Preis der neuen Arzneimittel des Jahres 2012 (1.418 € gegenüber 670 €). • Die neuen Arzneimittel des Jahres 2013 generierten im ersten Jahr nach ihrer Markteinführung mit 54,6 Mio. € zu Lasten der TK einen nahezu doppelt so hohen Umsatz wie die neuen Arzneimittel des Jahres 2012 in ihrem ersten Jahr nach Markteinführung – obwohl sie in der Bewertung nicht besser abschnitten. • Die onkologischen Präparate verursachten dabei im Jahr 2014 alleine bereits nahezu 60 Prozent des Gesamtumsatzes der neuen Arzneimittel des Jahres 2013 zu Lasten der TK. • Das im Jahr 2014 am häufigsten bei der TK verordnete neue Arzneimittel des Jahres 2013 war mit 13,2 Tsd. verschriebenen Packungen Elvanse® (Lisdexamfetamin), das zur Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit- Hyperaktivitäts-Störungen (ADHS) bei Kindern ab einem Alter von sechs Jahren zugelassen ist, wenn das Ansprechen auf eine zuvor erhaltene Behandlung mit Methylphenidat als klinisch unzureichend angesehen wird. Dieses Mittel wird allerdings als Arzneimittel ohne Zusatznutzen bewertet, die relativ häufige Anwendung ist daher schwer nachvollziehbar. • Mit Bosulif® (Wirkstoff Bosutinib), Imnovid® (Wirkstoff Pomalidomid) und Iclusig® (Wirkstoff Ponatinib) befanden sich drei Orphan Drugs unter den neuen Arzneimitteln des Jahres 2013. Der Gesamt-Score dieser Präparate zeigte "rot". Die Notwendigkeit, auch Orphan Drugs einer vollständigen Nutzenbewertung zu unterziehen, wird damit erneut unterstrichen. • Es gibt noch immer große regionale Unterschiede in der Verordnung neuer Arzneimittel, auch von Arzneimitteln, die mit einer roten (Nutzen) Ampel bewertet wurden. Deren Verordnungsquote lag in den neuen Bundesländern (außer Mecklenburg-Vorpommern) und Hamburg deutlich höher als in den übrigen Bundesländern. Es ist daher dringend erforderlich – wie auch bereits im Abschlussbericht zum Pharmadialog vorgesehen – Ärzten flächendeckend eine praxisnah aufbereitete Zusammenfassung der Bewertungsergebnisse des G-BA zur Verfügung zu stellen. Nur so kann das AMNOG endlich in der Arztpraxis ankommen. • Für manche neuen Arzneimittel wurden unerwünschte Wirkungen und Gesundheitsrisiken erst nach Markteinführung bekannt und entdeckt siehe vor allem die Rote-Hand-Briefe. Diese notwendigen Informationen zeigen, dass die AMNOGFrühbewertung häufig auf einer unzureichenden Nutzen-Schaden-Darstellung in den zur Verfügung stehenden Studien beruht hat. Eine Spätbewertung (z.B. nach drei Jahren Erfahrung in der Versorgung) ist bei vielen Arzneimitteln schon aus Patientensicherheitsaspekten notwendig. • In Folge der negativ ausgefallenen Nutzenbewertung des G-BA sind fünf der 23 neuen Wirkstoffe (Colestilan, Linaclotid, Lixisenatid, Lomitapid und Regorafenib) nicht mehr und ein weiterer (Pomalidomid) nicht mehr in allen Wirkstärken im deutschen Markt verfügbar. • 14 der 23 neuen Präparate fanden trotz der durchwachsenen Bewertungsergebnisse rasch, d.h. innerhalb von etwa zwei bis drei Jahren nach ihrer Markteinführung, Eingang in – internationale oder nationale ärztliche Therapieleitlinien. Es bedarf daher dringend einer Überprüfung und ggf. Anpassung des Leitlinienprozesses. • Das Sonderkapitel zu Versorgung mit medikamentösen Lipidsenkern geht der Frage nach: "Behandlung von Blutfettwerten oder von Patientenrisiken?". Wie so oft in der Medizin liegen Unter-, Über-und Fehlversorgung nah beieinander. So erhielt jeder vierte TK-Versicherte über 60 Jahre im Jahr 2015 mindestens eine Verordnung eines medikamentösen Lipidsenkers. Besonders auffällig waren dabei die Verordnungszahlen des ezetimib-haltiger Lipidsenker: Diese wurden zwar lediglich 5 Prozent der Patienten verordnet, er verursachte jedoch 34,8 Prozent der Ausgaben. Eine neue Wirkstoffklasse (PCSK-9-Inhibitoren) könnte zudem zukünftig die Ausgaben für Lipidsenker weiter erhöhen. • Im Sonderkapitel "Fünf Jahre AMNOG" wird gezeigt, dass die Kosten-NutzenBewertung neuer Arzneimittel noch immer unbefriedigend geregelt ist. Die Methode der Effizienzgrenze ist in diesem Zusammenhang zu ergänzen um gesundheitsökonomische Evaluation nach internationalem Standard. Dabei sind neben den direkten Kosten auch Krankheitskosten und indirekte Kosten zu berücksichtigen. Nur bei einer Weiterentwicklung des bisherigen deutschen „Sonderwegs“ ist zu erwarten, dass eine bessere Transparenz für die Preisgestaltung erreicht werden kann. • Eine Spätbewertung vieler neuer Arzneimittel (z.B. nach 3 Jahren) ist ebenso notwendig wie die „Nachbewertung“ umsatz- und verordnungsstarker Arzneimittel aus dem Bestandsmarkt (z.B. neue orale Antikoagulanzien/NOAKs). Auf diese Weise werden AMNOG-Bewertungen sicherer gemacht und Arzneimittel aus dem Bestandsmarkt nicht aufgrund der „Gnade der frühen Vermarktung“ vor einer Bewertung geschützt. Durch einen solchen Schritt könnte mehr Transparenz im Markt hergestellt und unberechtigte Marktvorteile durch eine unterlassene vergleichende Bewertung abgeschafft werden.
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