PDF - Chile Grüze

Simplify 2 – so gelassen!
4. September 2016, Chile Grüze, Manfredo Cörper
Am letzten Sonntag hat Christoph Candrian die Serie
Simplify – weniger ist mehr, mit dem Besuch Jesus bei
Martha & Maria eröffnet. Dort hat Jesus der Martha
erklärt, was wirklich wichtig ist im Leben: Den
Augenblick von Gottes Gegenwart wahrnehmen,
erfassen und geniessen.
Was ist Leben? Was ist ein Augenblick? Was ist
Gelassenheit?
Leben ist ein Atemzug: Einatmen – Pause –
Ausatmen. In dem Moment zwischen Ein- und Aus-,
ereignet sich Leben: Frischluft rein, alte Luft raus,
Zellaufbau, Umbau, Abbau. Unser gesamter
Organismus lebt aufgrund der Atmung. Unsere
Atmung ist unwillkürlich und wird vom zentralen
Nervensystem gesteuert. So ganz genau kann man
diesen komplexen Steuerungsprozess auch heute
noch nicht erklären. Sicher ist eins: Ein Genickbruch
führt zum unmittelbaren Tod, weil genau dort, im
verlängerten Rückenmark, der Medulla Oblongata, die
Haupteinsatzzentrale unserer Atmung verortet ist.
Wenn diese Verbindung, wie auch immer, gekappt
wird, sind wir sofort mausetot. Ist unsere Verbindung
zu Gott, dem Geber des Atems und Nehmer des
Lebens intakt oder gestört? Wie erlebst du
lebendige Atmung, innigste Einheit, tiefste
Verbundenheit? Wir wissen! Aber was nehmen wir
tatsächlich wahr? Wie spürst, fühlst und empfindest du
Leben, das lebt? Was ist dir wirklich wichtig, wofür
gibst du alles? Wie pflegst du deine Bezogenheit auf
Gott? Und was ist es dir wert, alltäglich, diesen Hauch
der Liebe zu atmen? Maria hat‘s einfach gemacht:
Hingehockt und zugehört. Jedes Wort aufgesogen,
jede Regung, jeder Blick von ihrem geliebten Jesus.
Diese Frau war vollgefüllt mit Liebe.
Mit der Erschaffung des Menschen hat Gott sich
einen grossen Wunsch erfüllt: Er hat uns sich selber
ähnlich, zu etwas ganz Besonderem gestaltet. Gedicht
von Anton Rotzetter:
„Am Anfang war Gott allein. Doch er wollte nicht allein
sein. Er wollte lieben und geliebt werden. So rief er die
Erde und den Himmel – und die Liebe fiel auf die Erde
und sie keimte und grünte zum Himmel zurück Er rief
die Sonne und den Mond - und sie strahlten von Liebe,
die Sonne am Tag und der Mond in der Nacht - Er rief
das Wasser und es sprudelte Liebe hinunter in die
Täler. Er rief das Feuer und es loderte und brannte die
Liebe hinauf. Er rief die Luft und sie hauchte und
wehte Liebe, geradeso wie sie wollte. Und dann
hauchte Gott Vögel in die Luft und sie flatterten. Er
legte Fische ins Wasser und sie taumelten von Liebe
zu Liebe. Und anderen Tieren zeichnete er ganz
persönlich Augen, Mund, Nase und Ohren, damit sie
ein liebliches Gesicht hätten und dem Wesen glichen,
das er ganz zuletzt mit besonderer Hingabe formte.
Gott beugte sich tief hinunter zur Erde. Er nahm vom
Acker eine Handvoll Erde. Er schloss die Augen, um
ganz bei sich zu sein. Und dann begann er zu kneten
und zu formen, was er in sich selbst gesehen hatte. Er
gab seine Zärtlichkeit hinein in die Hände und in die
Finger. Er knetete und knetete und schaute und
schaute und formte und formte den Menschen. Als er
zufrieden war mit seinem Werk, nahm er allen Atem,
den er in sich hatte, und hauchte ihn warm und liebend
an: die Füsse, die Beine, die Brust, das Gesicht. Und
dann legte er seine Lippen auf die Lippen des
Menschen und küsste und hauchte, bis der Mensch
sich bewegte und die Augen aufschlug. Und Gott
wurde innerlich entflammt von seiner Liebe und
schaute Adam in die Augen und sagte: Mensch, Du
mein Ebenbild! Ich will, dass Du mich vertrittst in der
Liebe, die ich habe für Sonne und Mond, für Himmel
und Erde, für Feuer und Wasser, für Luft und für alles,
was lebt – und gegenüber allen, die Menschen sind
wie Du. Und dann nahm Gott den Menschen in die
Arme. Er drückte ihn ans Herz, ganz lange – und liess
ihn dann los, damit er seinen Weg gehen konnte.“
Dieses Geschenk des Lebens sollen wir bewahren,
schützen, verstehen, weitergeben und auch
verantwortlich geniessen.
Alles hat Zeit und Ort. Am Anfang war’s der schöne
Garten, wo der Mensch mit seinem Gott das Leben
genoss. Dann kam der Rauswurf. Aus der Traum.
Beherrschen, unterdrücken, ausbeuten, ausnutzen,
immer mehr, immer schneller, gierig verschlingen.
Zerstören, was mich stört, Vernichten, ausradieren,
was mir und meiner Zielerreichung im Weg steht. Das
ist heute die Norm, die vernünftige Alternative, seitdem
der Mensch, sich selber aufgeklärt und als sein
eigener Herr und Gott inthronisiert hat.
Wo ist die eingehauchte Liebe abgeblieben? Unser
Scheitern in Sachen Liebe ist ja allzu offensichtlich.
Die
Leserbriefargumente
der
Winterthurer
Freidenkergesellschaft im Landboten, Monat August,
kann ich gut nachvollziehen. Verstand wird
eingefordert, Vernunft propagiert und dieser
blutrünstige Gott muss endlich abgeschafft werden. Da
stimme ich den Atheisten vollumfänglich zu. Doch ich
übe mich in Gelassenheit. Gelassen, cool mit dem
Gott meines Lebens in innigster Beziehung zusammen
sein.
In den Sommerferien bin ich mit einem 125er Roller
von Seuzach nach Assisi und zurückgefahren. Den
Pilgerweg hatte ich auf Nebenstrassen, mit Google,
auf dem Handy geplant. Jeden Abend bin ich diesen
Weg, in Gedanken gefahren und hab mir so die
Strecken eingeprägt. Trotzdem hab ich mich öfter
Verfahren und bin auf Autobahnen gelandet.
Abenteuer pur. Doch ich bin angekommen, in Assisi
und auch wieder hier bei Euch. Dass für mich
Wesentliche hat sich während des Fahrens ereignet:
So etwa 13 Stunden pro Tag hatte ich die Strecke im
Blick. Hab Löcher umfahren, holprige Abschnitte, wie
beim Reiten, genommen und hatte dabei stets den
Eindruck: Gott sitzt hinter mir, er umarmt mich und
gibt mir Tipps. Ich hab erlebt: Gott ist mit mir, voll mit
dabei! Ein tiefes Erleben, über die ganzen 1600km
hinweg! Dafür hab ich keine Worte: Kilometer um
Kilometer, Schritt um Schritt, Atemzug um Atemzug:
Gott ist gegenwärtig.
„Mit Gott so, so normal reden wie mir zwei grad jetzt,
das würd ich auch gerne erleben“, sagte mir vor
Jahren ein lieber Freund: die erste Liebe, der Gottes
Atmung haucht noch immer. Doch wie es Anton
Rotzetter so treffend formulierte: Gott hat uns frei
laufen lassen und er will schauen, wie wir unseren
Weg gehen. Er hat uns in die vorwärtsbewegende
Energie seiner uns eingehauchten Liebe
hineingeschickt. Die Bedeutung dieser Sendung kann
ich nur durch und mit Jesus Christus begreifen lernen.
Er war der Erste, der dem innersten Wunsch des
Schöpfers entsprach. Was wir sein sollen und wie wir
unser Menschsein nach den Vorstellungen Gottes
verwirklichen, lernen wir von ihm. Die Evangelien
berichten von seinem Lebensstil: Beten, Arbeiten,
Feiern. Diese drei Bereiche hängen zusammen und
ergänzen sich gegenseitig: Beten belebt die
Gottesbeziehung, Arbeit beschäftigt unserer Sinne.
Feiern verbindet alles Miteinander.
Im Anfang ist alles enthalten: Wie beginne ich
meinen Tag? Entscheide ich über meine Zeit? Oder
beuge ich mich dem Zwang der Gegebenheiten?
Ich kann in die Agenda eintragen: Zeit für Gott, Zeit
für Familie, Zeit für mich selber, Zeit für
Nachbarschaft, Quartierverein und sonstige Hobbys:
Wenn die Prioritäten nicht angemessen gesetzt sind,
nutzt das reichlich wenig. Doch Gott zieht dich in seine
Gegenwart hinein, sobald du gelernt hast IHM zu
vertrauen. Wo bist du? So ruft der uns suchende
Gott. Die Antwort sind wir ihm schuldig. Versteckt und
vergraben bleiben, im Acker unseres Lebens, oder
wachsen und Früchte bringen? Das ist hier die Frage.
Wie lernt man Gott vertrauen und Liebe üben? Und
auch die erreichten Fortschritte erkennen, sich darüber
zu freuen und fröhlich zu feiern? ‚In Liebe fallen‘,
heisst es auf Englisch: ‚Sich in diesen Gott, der Liebe
pur ist, hineinfallen lassen. So verstehe ich
„Gelassenheit‘. Das kann man üben. Reden mit dem
„Vater unser“! Beten überhaupt führt uns ins vertraute
Zusammensein mit dem höchsten, wichtigsten, dem
Gott unseres Lebens. Und dann kann es geschehen,
dass wir ganz offen werden, hören und verstehen: Wo
bist du mein Schatz? Hier bin ich, bei Jesus, und da
will ich gerne bleiben.