OBS-Arbeitsheft 87 OBS-Arbeitsheft 87 OBS-Arbeitsheft 87 Otto, Köhler, Baars – „Die Griechen provozieren!“ Otto Brenner Stiftung „Die Griechen provozieren!“ Kim Otto, Andreas Köhler, Kristin Baars „Die Griechen provozieren!“ Die öffentlich-rechtliche Berichterstattung über die griechische Staatsschuldenkrise www.otto-brenner-stiftung.de Eine Studie der Otto Brenner Stiftung Frankfurt am Main 2016 Die Otto Brenner Stiftung … OBS-Arbeitsheft 87 ISSN-Print 1863-6934 ISSN-Online 2365-2314 ... ist die gemeinnützige Wissenschaftsstiftung der IG Metall. Sie hat ihren Sitz in Frankfurt am Main. Als Forum für gesellschaftliche Diskurse und Einrichtung der Forschungsförderung ist sie dem Ziel der sozialen Gerechtigkeit verpflichtet. Besonderes Augenmerk gilt dabei dem Ausgleich zwischen Ost und West. Herausgeber: Otto Brenner Stiftung Jupp Legrand Wilhelm-Leuschner-Straße 79 60329 Frankfurt am Main Tel.: 069 6693-2810 Fax: 069 6693-2786 E-Mail: [email protected] www.otto-brenner-stiftung.de ... initiiert den gesellschaftlichen Dialog durch Veranstaltungen, Workshops und Koopera tionsveranstaltungen (z. B. im Herbst die OBS-Jahrestagungen), organisiert internationale Konferenzen (Mittel-Ost-Europa-Tagungen im Frühjahr), lobt jährlich den „Brenner-Preis für kritischen Journalismus“ aus, fördert wissenschaftliche Untersuchungen zu sozialen, arbeitsmarkt- und gesellschaftspolitischen Themen, vergibt Kurzstudien und legt aktuelle Analysen vor. Autor*innen: Prof. Dr. Kim Otto Professor für Wirtschaftsjournalismus Universität Würzburg Kontakt: [email protected] ... macht die Ergebnisse der Projekte öffentlich zugänglich. Andreas Köhler, M. A. Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur für Wirtschaftsjournalismus Universität Würzburg Kontakt: [email protected] Kristin Baars, B. A. Wissenschaftliche Hilfskraft der Professur für Wirtschaftsjournalismus Universität Würzburg Redaktion: Benedikt Linden Otto Brenner Stiftung Lektorat: Dr. Sabine Giehle TEXT + FAKT, Mainz www.text-und-fakt.de Satz und Gestaltung: www.complot-mainz.de Titelbild: Collage: com.plot, Foto: Fotolia Druck: mww.druck und so ... GmbH, Mainz-Kastel Redaktionsschluss: 29. Juli 2016 ... veröffentlicht die Ergebnisse ihrer Forschungsförderung in der Reihe „OBS-Arbeitshefte“ oder als Arbeitspapiere (nur online). Die Arbeitshefte werden, wie auch alle anderen Publikationen der OBS, kostenlos abgegeben. Über die Homepage der Stiftung können sie auch elektronisch bestellt werden. Vergriffene Hefte halten wir als PDF zum Download bereit. ... freut sich über jede ideelle Unterstützung ihrer Arbeit. Aber wir sind auch sehr dankbar, wenn die Arbeit der OBS materiell gefördert wird. ... ist zuletzt durch Bescheid des Finanzamtes Frankfurt am Main V (-Höchst) vom 9. April 2015 als ausschließlich und unmittelbar gemeinnützig anerkannt worden. Aufgrund der Gemeinnützigkeit der Otto Brenner Stiftung sind Spenden steuerlich absetzbar bzw. begünstigt. Aktuelle Ergebnisse der Forschungsförderung in der Reihe „OBS-Arbeitshefte“ Hinweis zu den Nutzungsbedingungen: Dieses Arbeitsheft darf nur für nichtkommerzielle Zwecke im Bereich der wissenschaftlichen Forschung und Beratung und ausschließlich in der von der Otto Brenner Stiftung veröffentlichten Fassung – vollständig und unverändert – von Dritten weitergegeben sowie öffentlich zugänglich gemacht werden. In den Arbeitsheften werden die Ergebnisse der Forschungsförderung der Otto Brenner Stiftung dokumentiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Für die Inhalte sind die Autorinnen und Autoren verantwortlich. Bestellungen: Über die Internetseite der Otto Brenner Stiftung können weitere Exemplare dieses OBS-Arbeitsheftes kostenlos bezogen werden – solange der Vorrat reicht. Dort besteht auch die Möglichkeit, das vorliegende und weitere OBS-Arbeitshefte als pdf-Datei herunterzuladen. Die Texte der Otto Brenner Stiftung verwenden eine gendersensible Sprache. Es werden entweder geschlechtsneutrale Bezeichnungen gebraucht (z. B. Mitarbeitende) oder auf die Schreibweise mit Gender-Sternchen zurückgegriffen (z. B. Bürger*innen). Diese Schreibweise betont die soziale Konstruktion von Geschlecht und die Vielfältigkeit von Geschlechtsidentitäten. Spenden erfolgen nicht in den Vermögensstock der Stiftung, sie werden ausschließlich und zeitnah für die Durchführung der Projekte entsprechend dem Verwendungszweck genutzt. Bitte nutzen Sie folgende Spendenkonten: Für Spenden mit zweckgebundenem Verwendungszweck zur Förderung von Wissenschaft und Forschung zum Schwerpunkt: • Förderung der internationalen Gesinnung und des Völkerverständigungsgedankens Kim Otto, Andreas Köhler, Kristin Baars „Die Griechen provozieren!“ Die öffentlich-rechtliche Berichterstattung über die griechische Staatschuldenkrise OBS-Arbeitsheft 86 Lutz Frühbrodt Content Marketing Wie „Unternehmensjournalisten“ die öffentliche Meinung beeinflussen OBS-Arbeitsheft 85* Sabine Ferenschild, Julia Schniewind Folgen des Freihandels Das Ende des Welttextilabkommens und die Auswirkungen auf die Beschäftigten OBS-Arbeitsheft 84* Fritz Wolf „Wir sind das Publikum!“ Autoritätsverlust der Medien und Zwang zum Dialog OBS-Arbeitsheft 83 Thomas Goes, Stefan Schmalz, Marcel Thiel, Klaus Dörre Gewerkschaften im Aufwind? Unterstützen Sie unsere Arbeit, z. B. durch eine zweckgebundene Spende OBS-Arbeitsheft 87 Stärkung gewerkschaftlicher Organisationsmacht in Ostdeutschland OBS-Arbeitsheft 82 Silke Röbenack, Ingrid Artus Betriebsräte im Aufbruch? Vitalisierung betrieblicher Mitbestimmung in Ostdeutschland OBS-Arbeitsheft 81* Bernd Gäbler „... den Mächtigen unbequem sein“ Anspruch und Wirklichkeit der TV-Politikmagazine OBS-Arbeitsheft 80* Wolfgang Merkel Nur schöner Schein? Bank: IBAN: BIC: HELABA Frankfurt/Main DE11 5005 0000 0090 5460 03 HELA DE FF Für Spenden mit zweckgebundenem Verwendungszweck zur Förderung von Wissenschaft und Forschung zu den Schwerpunkten: • Angleichung der Arbeits- und Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland (einschließlich des Umweltschutzes) • Entwicklung demokratischer Arbeitsbeziehungen in Mittel- und Osteuropa • Verfolgung des Zieles der sozialen Gerechtigkeit Bank: IBAN: BIC: HELABA Frankfurt/Main DE86 5005 0000 0090 5460 11 HELA DE FF Geben Sie bitte Ihre vollständige Adresse auf dem Überweisungsträger an, damit wir Ihnen nach Eingang der Spende eine Spendenbescheinigung zusenden können. Oder bitten Sie in einem kurzen Schreiben an die Stiftung unter Angabe der Zahlungsmodalitäten um eine Spendenbescheinigung. Verwaltungsrat und Geschäftsführung der Otto Brenner Stiftung danken für die finanzielle Unterstützung und versichern, dass die Spenden ausschließlich für den gewünschten Verwendungszweck genutzt werden. Demokratische Innovationen in Theorie und Praxis OBS-Arbeitsheft 79* Fabian Virchow, Tanja Thomas, Elke Grittmann „Das Unwort erklärt die Untat“ Die Berichterstattung über die NSU-Morde – eine Medienkritik OBS-Arbeitsheft 78* Hans-Jürgen Arlt, Wolfgang Storz Missbrauchte Politik „Bild“ und „BamS“ im Bundestagswahlkampf 2013 OBS-Arbeitsheft 77* Werner Rügemer, Elmar Wigand Union-Busting in Deutschland Die Bekämpfung von Betriebsräten und Gewerkschaften als professionelle Dienstleistung * Printfassung leider vergriffen; Download weiterhin möglich. Diese und weitere Publikationen der OBS finden Sie unter www.otto-brenner-stiftung.de Otto Brenner Stiftung | Wilhelm-Leuschner-Straße 79 | D-60329 Frankfurt/Main Vorwort Vorwort „Die Halbstarken von Athen“ („WAZ“), „Keine weiteren Milliarden für die gierigen Griechen!“ („Bild“) – Schlagzeilen wie diese prägten den Sommer 2015. Der Streit zwischen der Linksregierung in Griechenland und ihren europäischen Gläubigern – vor allem der Bundesregierung – war voll entbrannt. Entsprechend prominent war das Thema in den deutschen Nachrichten präsent. Aber es regte sich auch schnell Kritik an der Art der Berichterstattung. Ein großer Teil der Bevölkerung stand der Berichterstattung vieler deutscher Medien zur griechischen Staatsschuldenkrise kritisch gegenüber und fühlte sich schlecht informiert. Als symptomatisch wurde angesehen, was der ARD-Korrespondent in Brüssel, Rolf-Dieter Krause, in einer Sendung bei Frank Plasberg („hart aber fair“) sagte: „Jetzt kommen aber diese Jungs von Syriza und führen Europa am Nasenring durch die Manege. (…) Wer so vorgeht, gehört zum Teufel gejagt.“ Der Vorwurf der einseitigen Darstellung eines so wichtigen politischen Ereignisses ist aus mehreren Gründen schwerwiegend: Erstens machen Krisen-Zeiten eine besonders kompetente Berichterstattung notwendig. Um sich eine eigene Meinung bilden zu können, müssen die Bürger*innen umfassend und ausgewogen über die Sachverhalte und die politischen Alternativen, die zur Entscheidung stehen, informiert werden. Zweitens reiht sich diese Kritik ein in den Kontext eines allgemeinen Verlustes des Vertrauens in die mediale Berichterstattung. Doch dieser Vertrauensverlust führt nicht nur zu fundierter, begründeter Kritik, die als Korrektiv der Entwicklung dienen könnte. Auch die „Lügenpresse“- und „Gleichschaltung“-Rufer – unerträglich historisch parallelisierend und pauschalisierend – bekommen damit neuen Auftrieb. Viele Redakteur*innen und Redaktionen reagieren mit Abwehr, ein Verhalten, das dann häufig selbst pauschal weiter gegen Kritik immunisiert. In dieser vertrackten Situation erscheint es der Otto Brenner Stiftung umso wichtiger, die Polarisierung in der Medienkritik zu durchbrechen: weder sollten bedenkliche Entwicklungen, verursacht durch persönliche Verfehlungen und strukturelle Defizite, in der Medienbranche eine pauschale Verurteilung der dort arbeitenden Menschen und „der“ Presse zur Folge haben. Noch darf die Lautstärke der rechtspopulistischen und verschwörungstheoretischen Rufer zum Verzicht auf (auch durchaus radikale) Medienkritik führen. Im Gegenteil: Mehr denn je bedarf es nun sachlicher und gut argumentierender Kritik, die auf der Sorge vor dem Verlust der für eine Demokratie so wichtigen Kontrollfunktion der Medien gegenüber den Mächtigen in Wirtschaft und Politik beruht. Nur so können Fehlentwicklungen präzise benannt, diejenigen in der Medienbranche, die tatsächlich keinerlei Verantwortung für Fehlleistungen trifft, vor pauschaler Kritik geschützt und notwendige Ansatzpunkte für Veränderung aufgezeigt werden. 1 „Die Griechen provozieren!” Vor diesem Hintergrund legt die OBS eine breit angelegte Untersuchung über die Berichterstattung der wichtigsten öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen im deutschen Fernsehen zur griechischen Staatsschuldenkrise im Jahr 2015 vor. Untersucht wurden die täglichen Hauptausgaben von „Tagesschau“ und „heute“ sowie die Sondersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ zum Thema Griechenland. Die Autor*innen unserer Studie haben bereits für die Hans-Böckler-Stiftung (HBS) die Berichterstattung zur griechischen Staatsschuldenkrise im ersten Halbjahr 2015 in wichtigen deutschen Tageszeitungen sowie im Internet-Portal Spiegel Online (SPON) untersucht. Ein Ergebnis: Die Berichterstattung zur griechischen Staatsschuldenkrise war wenig tiefgründig und stark wertend. Unsere OBS-Studie, die auf eine einzigartige Fülle an empirischem Material zurückgreifen kann, identifiziert ebenfalls erhebliche Probleme in der Qualität der TV-Berichterstattung. Während die Berichterstattung der Nachrichtensendungen die Relevanz des Themas angemessen widerspiegelte und hier auch das Kriterium der Vielfalt erfüllt wurde, zeigten sich Mängel bei den Kriterien der Neutralität, der Ausgewogenheit und der analytischen Qualität. Die Berichterstattung blieb im Untersuchungszeitraum auf ganz wenige Themen fokussiert, Journalist*innen ließen oft eigene Bewertungen in Nachrichten und Berichte einfließen und die Tonalität über alle Beiträge hinweg war deutlich zuungunsten der Position der griechischen Regierung. Der in vielen öffentlichen Debatten formulierte Eindruck der einseitigen Berichterstattung wird von der vorliegenden Studie also (teilweise) empirisch untermauert. Aufgrund der festgestellten Verfehlungen bei zentralen Qualitätskriterien müssen sich die öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen fragen lassen, ob sie immer ihrem gesetzlichen Auftrag nachkommen und ihrem journalistischen Anspruch gerecht werden. Ein funktionierender öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist für die gelebte Vielfalt einer engagierten Zivilgesellschaft und die Stabilität eines demokratischen Gemeinwesens von überragender Bedeutung. Ausgewogenheit, Neutralität und Tiefe in der Berichterstattung sind wichtig und müssen garantiert werden. Wir hoffen, dass unsere Studie einen Teil dazu beiträgt, dass über belegbare Defizite wieder fair gestritten wird und sie konstruktive Bemühungen unterstützt, aus erkannten Fehlern zu lernen und besser zu werden in der Berichterstattung – auch und besonders über Griechenland-Krise und Euro-Debatte hinaus. Jupp Legrand Geschäftsführer der OBS 2 Frankfurt am Main, im Juli 2016 Inhalt Inhalt 1Einleitung................................................................................................................. 5 2 Stand der Forschung................................................................................................. 9 2.1 Fernsehnachrichten und Qualität.....................................................................................9 2.2 Berichterstattung zu den jüngsten Finanz- und Schuldenkrisen.......................................11 3 Qualität in Fernsehnachrichten................................................................................ 14 3.1 Fernsehnachrichten in Deutschland............................................................................... 14 3.2 Qualitätskriterien für Fernsehnachrichten...................................................................... 16 4Forschungsdesign.................................................................................................. 26 4.1 Zielsetzung und Fragestellungen...................................................................................26 4.2Methode....................................................................................................................... 27 4.3 Operationalisierung/Erläuterung von Begrifflichkeiten und Konzepten........................... 27 4.4Materialbasis................................................................................................................ 31 4.5Durchführung................................................................................................................ 34 4.6 Reliabilität, Validität und Neutralität der Untersuchung.................................................. 34 5 Ergebnisse der Untersuchung..................................................................................37 5.1 Relevanz des Themas.................................................................................................... 37 5.2 Vielfalt der Akteure in der Berichterstattung................................................................... 45 5.3 Ausgewogenheit in der Berichterstattung...................................................................... 47 5.3.1Akteursausgewogenheit.................................................................................... 48 5.3.2Bewertungsausgewogenheit............................................................................... 57 5.4 Neutralität der Berichterstattung................................................................................... 77 5.5 Analytische Qualität der Darstellung der griechischen Reformagenda in der Berichterstattung................................................................................................. 83 5.5.1 Politikfelder in der Nachrichtenberichterstattung.................................................84 5.5.2 Berichterstattung über konkrete Reformvorschläge...............................................90 5.5.3 Andere Themen im Fokus der Berichterstattung.................................................... 97 3 „Die Griechen provozieren!” 6 Zusammenfassung der Ergebnisse......................................................................... 103 6.1 Ergebnisse für die gesamte Nachrichtenberichterstattung ............................................103 6.2 Vergleich der untersuchten Nachrichtensendungen...................................................... 106 6.3Schlussfolgerungen .....................................................................................................110 Anhang..................................................................................................................111 Literaturverzeichnis.............................................................................................................112 Tabellarischer Anhang......................................................................................................... 115 Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen............................................................................123 Hinweise zu den Autor*innen.............................................................................................. 126 4 Einleitung 1Einleitung Die griechische Staatsschuldenkrise war im tios 2015: 82). Die Regierung in Athen musste Jahr 2015 eines der zentralen Themen der Fern- sich jedoch, um weitere Hilfen zu bekommen, sehberichterstattung in Deutschland. Nach der zu Spar- und Reformauflagen sowie zur wei- Flüchtlingskrise wurde über kein Thema so in- teren Zusammenarbeit mit EU, EZB und IWF tensiv berichtet (Krüger/Zapf-Schramm 2016: bekennen. Am 24. Februar reichte die griechi- 85). In mehr als jeder dritten Nachrichtensen- sche Regierung eine Liste mit Reformen bei dung von ARD und ZDF wurde die griechische der EU ein, die grünes Licht für weitere Kre- Staatsschuldenkrise thematisiert. In über 19 ditauszahlungen bis Ende Juni gab. Bis dahin Stunden befassten sich die Nachrichtensen- musste die griechische Regierung die Regie- dungen im Jahr 2015 mit dem Thema. Daran rungen der EU-Staaten und den IWF von einer ist die hohe Relevanz der griechischen Staats- Verlängerung der Finanzhilfen überzeugen. In schuldenkrise für die Berichterstattung in der der Nacht zum 27. Juni 2015 brach Regierungs- deutschen Nachrichtenberichterstattung er- chef Alexis Tsipras die Verhandlungen ab und kennbar. Das lag sicher auch an den Ereignis- setzte ein Referendum an. Die Griech*innen sen in Griechenland. sollten über einen Reformentwurf der Institu- Nachdem Griechenland aufgrund seiner tionen EU, IWF und EZB abstimmen. In diesem hohen Staatsverschuldung und eines hohen Referendum wurde, bei einer Wahlbeteiligung Haushaltsdefizites von über zwölf Prozent im von 62,5 Prozent, der Vorschlag mit 61,3 Pro- Jahr 2009 die Zahlungsunfähigkeit drohte, be- zent der gültigen Stimmen abgelehnt. In Folge antragte das Land im Jahr 2010 Finanzhilfen des Abbruchs der Verhandlungen und der sich internationaler Geldgeber. Daraufhin wurden verschärfenden wirtschaftlichen Lage wurden von der Europäischen Zentralbank (EZB), der Kapitalverkehrskontrollen mit deutlichen Be- EU und dem Internationalen Währungsfonds lastungen der griechischen Bevölkerung und (IWF) (auch „Troika“ oder „Institutionen“ ge- Wirtschaft eingeführt. Am 12. Juli 2015 einigten nannt) in den folgenden Jahren Kredite und sich die Staats- und Regierungschefs und -che- Bürgschaften im Umfang von mehreren Hun- finnen der Eurozone schließlich einstimmig auf dert Milliarden Euro vergeben. Diese Finanzhil- Rahmenbedingungen für ein drittes Programm. fen waren an strenge Sparauflagen geknüpft. Einige Mitglieder des Syriza-Bündnisses tru- Am 25. Januar 2015 wurden in Griechenland gen den neuen Spar- und Reformkurs von ein neues Parlament und eine neue Regierung Alexis Tsipras jedoch nicht mit. Er trat am 20. gewählt. Das Linksbündnis Syriza um Partei- August 2015 von seinem Amt zurück. Am 20. chef Alexis Tsipras gewann die Wahl. Alexis September 2015 kam es zu Neuwahlen, wel- Tsipras wollte die Sparauflagen der internatio- che wiederum das von Alexis Tsipras geführte nalen Geldgeber lockern, die Austeritätspolitik Syriza-Bündnis gewann. beenden, Privatisierungen zurückfahren und Deutschland nahm als größter Geldgeber die Kreditvereinbarungen neu verhandeln (Ko- innerhalb der Eurogruppe eine besondere Rol- 5 „Die Griechen provozieren!” le im Konflikt mit Griechenland ein. Im zweiten len für das ZDF-Politbarometer (Forschungs- Hilfspaket wurden 142,7 Milliarden Euro an gruppe Wahlen 2015). 70 Prozent der Befragten Griechenland ausgezahlt. 11,8 Milliarden da- waren im Juni 2015 gegen weitere Zugeständ- von kamen vom IWF, die restlichen 130,9 Milli- nisse der EU an Griechenland. Betrachtet man arden von dem europäischen Rettungsschirm. Demoskopie als Messinstrument der öffentli- Nachdem Griechenland, Irland und Portugal als chen Meinung (vgl. Otto 2001: 59; Raupp 2007: Bürgen ausfielen, stieg der deutsche Anteil auf 53), so ist während des ersten Halbjahres die etwa 29 Prozent – im Fall des zweiten Griechen- Zustimmung zu finanziellen Hilfen für Grie- land-Pakets entspricht das knapp 38 Milliarden chenland in der öffentlichen Meinung stark zu- Euro (Bundesministerium der Finanzen 2015). rückgegangen. Die Akteure des Wirtschaftssys- In den Verhandlungen trat die deutsche tems, insbesondere aus der Finanzwirtschaft, Regierung hart für eine Reduzierung der und die Akteure aus dem politischen System Staatsverschuldung durch Einsparungen, Pri- verloren an Vertrauen in der Bevölkerung. vatisierungen und Steuererhöhungen ein. Fi- Die öffentliche Meinung wird durch Mas- nanzminister Schäuble drohte zeitweise mit senmedien maßgeblich beeinflusst. Verunsi- einem Euro-Austritt Griechenlands auf Zeit. Die cherung in der Bevölkerung kann ihre Ursache Mehrheit der Eurostaaten im Minister*innenrat demnach auch in der massenmedialen Bericht- folgte der politischen Linie der deutschen Re- erstattung haben. Nachrichtensendungen gel- gierung, die zur Lösung der Staatsschulden- ten als Herzstück der Informationssendungen krise auf Austeritätspolitik setzte. Die EU-Kom- im Fernsehen. Ihnen wird ein hohes Maß an mission und auch die französische Regierung Glaubwürdigkeit und größte Beachtung von der wollten Griechenland auf jeden Fall im Euro Öffentlichkeit entgegengebracht. Ihr „offiziöser halten und waren dementsprechend stärker zu Nimbus“ suggeriere eine neutrale und vollstän- Zugeständnissen bereit. Der IWF trat hart und dige Berichterstattung (vgl. Faulstich 2008: 78). streng gegenüber der griechischen Regierung Über die Fernsehnachrichten wird ein wesent- auf und forderte weitreichende Strukturrefor- licher Teil der Öffentlichkeit hergestellt, durch men als Grundlage für weitere Kredite. welche die Bürger*innen am öffentlichen Dis- Meinungsumschwung Während des Jahres 2015 konnte ein Mei- kurs beteiligt werden und sich eine Meinung im Jahr 2015 nungsumschwung in der deutschen Bevöl- über die relevanten Themen bilden können. kerung beobachtet werden. Waren im Januar Verbunden sind damit die Forderungen nach 55 Prozent der Deutschen für einen Verbleib der Trennung von Nachrichten und Meinung, Griechenlands im Euro und 33 Prozent dage- nach Verständlichkeit, kritischer Distanz, Hin- gen, so wollten im Juni nur noch 41 Prozent, tergrundberichterstattung, Vielfalt und Ausge- dass Griechenland den Euro behält, 51 Prozent wogenheit, denn Fernsehnachrichten gelten als waren dagegen. Diesen Meinungsumschwung Teil der alltäglichen Kommunikationskultur (vgl. zeigen Umfragen der Forschungsgruppe Wah- Meckel/Kamps 1998: 11; Faulstich 2008: 79). 6 Einleitung Flaggschiffe der Nachrichtensendungen lierten Leistungsvorgaben sind die Grundlage in Deutschland sind die „Tagesschau“ in der seiner Existenzberechtigung. Der öffentlich- öffentlich-rechtlichen ARD sowie die Sendung rechtliche Rundfunk ist zur Ausgewogenheit „heute“ des öffentlich-rechtlichen ZDF. Die bei- verpflichtet. Dazu gehören das Gebot einer den Nachrichtensendungen erreichen täglich fairen und unabhängigen Berichterstattung fast 13 Millionen Zuschauer*innen. und die Verpflichtung zur Überparteilichkeit. Die Berichterstattung der ARD stand in Wirt- Die Abbildung verschiedener Meinungen im schaftskrisen zuletzt in der Kritik. „Es mangelt Programm soll insgesamt ausgewogen sein. nach unseren Analysen an der Einhaltung von Diese Vorgaben gelten in besonderem Maße journalistischen Grundfertigkeiten“, fassten für Nachrichten und politische Sendungen. Au- Arlt und Storz (2010: 151) ihre Untersuchung ßerdem sind die Nachrichtensendungen dem der ARD-Berichterstattung zu Krisenereignis- Gebot der Neutralität verpflichtet und sollen sen zusammen. Gäbler (2015) kritisierte die den Bürger*innen wesentliche Hintergrundin- politischen Magazine in der ARD und dem ZDF formationen zur Meinungsbildung liefern. und forderte mehr Hintergrundinformation und mehr Meinungsdebatten. Im Mittelpunkt dieser Studie steht daher die Frage, wie über die griechische Staats- Dabei geht es für den öffentlich-rechtlichen schuldenkrise in den Nachrichtensendungen Rundfunk um die für ihn wesentliche Frage, ob des öffentlich-rechtlichen Rundfunks berichtet er seinen gesetzlichen Auftrag erfüllt. Die Leis- wurde. Hierzu zählen die Sendungen „Tages- tungsanforderungen an den öffentlich-rechtli- schau“ und „heute“ sowie die Sondersendun- chen Rundfunk sind mehr oder weniger explizit gen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“, die bei in den Rechtsgrundlagen für den Rundfunk in besonderen Ereignissen die Hauptnachrich- der Bundesrepublik Deutschland formuliert: in tensendungen ergänzen. Untersucht wird, ob der Verfassung, in den Landesrundfunkgeset- die Anforderungen an Neutralität, Ausgewo- zen und Rundfunkstaatsverträgen und in der genheit, Vielfalt und Hintergrundberichterstat- Rechtsprechung des Bundesverfassungsge- tung eingehalten wurden. richts. Der Rundfunk wird dabei als Medium Dieser Ergebnisbericht führt zunächst in und Faktor der öffentlichen Meinungsbildung den Stand der Forschung zur Qualität von Fern- betrachtet, der eine Reihe von Anforderungen sehnachrichten ein. Anschließend werden die erfüllen muss. Die Funktion der Meinungsbil- relevanten Kriterien für Qualität im Fernsehen dung sieht der Gesetzgeber nur dann erfüllt, herausgearbeitet und erläutert. Als Grundlage wenn die angebotenen Informationen „breit“, wird zudem die Bedeutung von Fernsehnach- „vollständig“ und „ausgewogen“ sind (BVerfGE richten für Öffentlichkeit und Gesellschaft be- 12, 205). schrieben. Darauf aufbauend werden die Ziel- Die gesetzlichen Vorgaben für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die darin formu- Leistungsanforderungen an den Rundfunk setzung und die Forschungsfragen der Studie detaillierter dargelegt. 7 „Die Griechen provozieren!” Anschließend daran werden das Untersu- Vermittlung von Meinungen und die Thema- chungsdesign und das methodische Vorgehen tisierung der griechischen Reformpolitik. Im der Studie erläutert. Den größten Teil dieser abschließenden Fazit werden die Erkenntnisse Studie nimmt die Ergebnisdarstellung ein. Sie hinsichtlich der Fragestellungen systematisch orientiert sich an den zentralen Forschungs- zusammengefasst und die Bedeutung der Er- fragen und beleuchtet die Berichterstattungs- gebnisse interpretiert und diskutiert. intensität, die Darstellung von Akteuren, die 8 Stand der Forschung 2 Stand der Forschung Im Folgenden soll der Stand der wissenschaft- die Professionalität, die auf inhaltlicher lichen Forschung zum Untersuchungsobjekt Ebene insbesondere journalistische Pro- dieser Studie, den Fernsehnachrichten, und fessionalität meint und somit u. a. Sachge- zum Untersuchungsgegenstand, der Berichter- rechtigkeit, Ausgewogenheit, analytische stattung zur griechischen Staatsschuldenkri- Qualität und Neutralität beinhaltet. se, dargestellt werden. Dabei werden jeweils Studien und Ergebnisse herausgestellt, die Eine Reihe von Studien baut auf diesem Ansatz die Qualität der Berichterstattung in den Fo- auf (vgl. Daschmann 2009). Eine Auswahl soll kus nehmen. im Folgenden kurz vorgestellt werden. Eine Inhaltsanalyse der gesamten Nachrich- 2.1 Fernsehnachrichten und Qualität tenangebote von ARD, ZDF, RTL und Sat.1 in zwei Kalenderwochen der Jahre 1992, 1998 Die kommunikations- und politikwissenschaft- und 2001 auf Grundlage der von Schatz und liche Forschung hat kaum ein anderes journa- Schulz aufgestellten Kriterien von Qualität listisches Produkt so intensiv beforscht wie die führte Maurer (2005) durch. Er kam zum Fernsehnachrichten. Sie gelten als die Gattung Ergebnis, dass der Nachrichtenanteil, die mit der höchsten Reputation und der größten Programm-, Format- und Themenvielfalt bei sozialen Relevanz. Das führte zu einem norma- den öffentlich-rechtlichen Sendern erheb- tiven Erwartungsdruck seitens der politischen lich höher ist als bei den privaten Sendern. Öffentlichkeit, weil die Fernsehnachrichten Unter den Akteuren werden Regierungen den öffentlichen Diskurs mitbestimmen. Die und Regierungsparteien bevorzug. Bei den Frage nach der Qualität von Fernsehnachrich- Nachrichten von ARD und ZDF stammen je- ten wurde zu einem Hauptthema der wissen- weils 62 Prozent der O-Töne aus dem Re- schaftlichen Beschäftigung mit Journalismus gierungslager. Maurer überprüfte auch die im Fernsehen. Trennung von Nachricht und Meinung. Die- Zur Qualität von Fernsehprogrammen ent- se sei bei ARD und ZDF besser erfolgt als wickelten u. a. Schatz und Schulz (1992) als bei den privaten Fernsehsendern. In den Erste auf Grundlage einer Exegese von Geset- Hauptnachrichten der ARD wurden 2001 in zestexten und Urteilen eine Systematik rele- 16 Prozent der analysierten Beiträge expli- vanter Qualitätskriterien für den öffentlich- zite Bewertungen durch Journalist*innen rechtlichen Rundfunk. Zentral sind die vorgenommen, im ZDF in 29 Prozent der Vielfalt des Programms, die auf Strukturen, Inhalte, Akteure und Themen abzielt Intensiv beforscht Fälle. Krüger (2015) untersuchte regelmäßig im die Relevanz des Programms und der aus- Auftrag der ARD/ZDF-Medienkommission gewählten mediatisierten Botschaften so- die Programme von ARD, ZDF, RTL, Sat.1 wie und Pro Sieben und wertete die Programm- 9 „Die Griechen provozieren!” schemata aus. Er maß den Nachrichten- cinkowski (1997) in einer Langzeitstudie anteil, aber auch die Anteile von Politik, von 1986 bis 1994. Im Mittelpunkt ihrer Un- Konvergenz und Sport, Boulevard und anderen Themen im tersuchung standen Präsentationsweisen Boulevardisierung Programm. Er kommt dabei zu dem Befund, von Information wie Attraktivität, Sprache, dass die öffentlich-rechtlichen Sender ihren Zuschauer*innennähe, Sendungsaufbau Politikanteil langsam verringern und den und Filmsprache. Trotz der Etablierung privaten Sendern angleichen – der Anteil des privaten Rundfunks konnten sie eine der Politikberichterstattung ist jedoch auch Angleichung (Konvergenz) und Entpolitisie- weiterhin dominierend bei ARD und ZDF. rung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Eine ähnlich angelegte Studie erfolgt seit nicht feststellen. Eine Boulevardisierung 1997 regelmäßig durch Weiß et al., die im von Informationssendungen finde im öf- Auftrag der Arbeitsgemeinschaft der Lan- fentlich-rechtlichen Rundfunk nicht statt, desmedienanstalten (vgl. ALM 2014) u. a. ist ihr Befund. Aspekte der Nachrichtenqualität öffentlichrechtlicher und privater Fernsehsender ver- öffentlich-rechtlichen gleichen. Auch hier stehen Programmsche- gramme und einem damit verbundenen mata und Themengebiete im Mittelpunkt Qualitätsverlust stand zuletzt häufiger im der Untersuchung, verglichen werden u. a. Fokus der Forschung. Donsbach und Bütt- die Anteile von „politischer Publizistik“. Sie ner (2005) untersuchten Boulevardisie- kommen zum Ergebnis, dass die politische rungstrends in Nachrichtensendungen von Fernsehpublizistik im Ersten Programm der ARD und ZDF zu den Bundestagswahlen in ARD ein deutlich größeres Gewicht hat als den Jahren 1983, 1990 und 1998. Sie un- im ZDF. Die Differenz zwischen beiden Pro- tersuchten, ob die Nachrichtensendungen grammen beträgt fast eine Programmstun- zum Negativismus in der Berichterstattung de pro Tag. In beiden öffentlich-rechtlichen tendieren, noch angemessene Hintergrund- Sendern ist der Anteil politischer Fernsehin- berichterstattung liefern, dem Gebot der formationen am Programm jedoch erkenn- Neutralität folgen und Nachricht und Mei- bar höher als in den privaten Programmen. nung nicht vermischen. Eine geringere Hin- Analysen und Bewertungen zu Qualitäts- tergrundberichterstattung konnten sie für kriterien, wie der Ausgewogenheit von Ak- ARD und ZDF nicht feststellen ebenso we- teuren, Themen, analytischen Qualität und nig wie einen Trend zum verstärkten Nega- Neutralität, auf Beitragsebene werden je- tivismus, also zur Darstellung von Themen doch nicht vorgenommen. mit negativer Valenz. Sie schließen daraus, Die thematische und inhaltliche Struktur politischer 10 Die Frage einer Boulevardisierung der Informationssendungen Nachrichtenpro- dass hoher Negativismus keine Entwicklung im im Untersuchungszeitraum sei. Feststellen Fernsehen untersuchten Bruns und Mar- konnten sie hingegen einen signifikanten Stand der Forschung Anstieg der Beiträge, in denen Nachricht prüfen ist, ob diese Befunde – eine vielfältige, und Meinung vermischt wurden, und damit ausgewogene, hintergründige Nachrichtenbe- eine Verletzung des Neutralitätsgebotes. richterstattung der öffentlich-rechtlichen Pro- Im ZDF enthielten 1998 immerhin 17 Prozent gramme, die jedoch Mängel in der Neutralität der Meldungen wertende Aussagen (Dons- aufweist – auch auf die Berichterstattung zur bach/Büttner 2005: 34 f.). griechischen Staatsschuldenkrise zutreffen. Leidenberger (2015: 292) untersuchte zu- Bisherige Studien zur Qualität untersu- letzt die Nachrichtensendungen Deutsch- chen vielfach komplette Programmstrukturen lands und Frankreichs im Vergleich hin- und Sendungen. Analysen zur Qualität auf Bei- sichtlich Boulevardisierungstendenzen und tragsebene sind indes selten und zeichnen, konnte erhebliche Unterschiede der Sen- wie die oben dargestellte Erhebung von Dons- dung „heute“ zur „Tagesschau“ feststellen. bach und Büttner (2005), ein ambivalenteres Themen, Stil und Aufmachung von „heute“ Bild der Nachrichten im öffentlich-rechtlichen ähneln stark den privaten TV-Nachrichten Rundfunk. Untersuchungen, wie jenseits der und weisen einen Trend zur Boulevardisie- Wahlberichte mit Qualitätskriterien in Beiträ- rung auf. gen zu politischen und wirtschaftlichen Krisen umgegangen wird, fehlen indes. Anhand der Bisherige Studien lassen also erkennen, dass Analyse der Berichterstattung zur griechischen die Qualität von Nachrichtensendungen im Staatsschuldenkrise in den Fernsehnachrich- öffentlich-rechtlichen Rundfunk höher ist als tensendungen „Tagesschau“ und „heute“ so- bei den privaten Programmen. Der Anteil po- wie den Sondersendungen „ZDF spezial“ und litischer Informationen ist höher als bei den „Brennpunkt“ soll diese Forschungslücke ge- privaten Sendern, was für eine intensivere schlossen werden. Hintergrundberichterstattung spricht. Die Nachrichten von ARD und ZDF gelten als ausgewogen und beziehen vielfältige Akteure mit ein. Sie fokussieren jedoch auf Regierungsak- 2.2 Berichterstattung zu den jüngsten Finanz- und Schuldenkrisen teure. Kritisch kann hingegen die festgestellte Neben dem Objekt dieser Untersuchung – den Vermischung von Nachricht und Meinung gese- Fernsehnachrichten von ARD und ZDF – soll hen werden, die in mehreren Studien auch bei auch der Stand der Forschung zum Gegen- Verstöße gegen den Nachrichten von ARD und ZDF festgestellt stand – der Berichterstattung zur griechischen Neutralitätsgebot wurde. Diese Verstöße gegen das Neutralitäts- Staatsschuldenkrise – dargestellt werden. Bis- gebot treten in den öffentlich-rechtlichen Pro- her gibt es vereinzelte wissenschaftliche Un- grammen zwar seltener auf als bei den priva- tersuchungen zur medialen Berichterstattung ten, widersprechen aber dennoch der gebote- zu den jüngsten Finanz- und Schuldenkrisen nen journalistischen Professionalität. Zu über- in der deutschen Öffentlichkeit aus verschie- 11 „Die Griechen provozieren!” denen Perspektiven. Die meisten Erhebungen Ebenfalls um Ausgewogenheit und Vielfalt bezogen sich auf die Eurokrise 2010 oder die der Berichterstattung ging es in einer Studie Finanzkrise in davorliegenden Jahren (vgl. von Arlt und Storz (2010). Sie untersuchten Schlosser 2013; Schranz/Eisenegger 2011; die Berichterstattung vor und während der Schranz et al. 2010; Seiffert/Fähnrich 2012). globalen Krise der großen Spekulation an- Für diese Studie relevant sind insbesondere Er- hand 16 verschiedener Einzelereignisse – kenntnisse zur Qualität der Berichterstattung, vom Rücktritt Oskar Lafontaines als Finanz- die im Folgenden kurz benannt werden. Die- minister im März 1999 bis zum G20-Gipfel se Aspekte finden sich kaum in den zentralen in Pittsburgh im September 2009 – und be- Fragestellungen bisheriger Studien, werden fassten sich auch mit Qualitätsmerkmalen. jedoch in einigen Untersuchungen mit aufge- Sie zeigten, dass die tagesaktuellen Mas- griffen. senmedien über Jahre hinweg das Thema Bach, Weber und Quiring (2012) untersuch- Finanzmärkte und Finanzmarktpolitik igno- ten Deutungsmuster in der Finanzkrise riert haben und damit ihrer Rolle als Früh- 2008 in deutschen Tageszeitungen mittels warnsystem der Gesellschaft nicht gerecht qualitativer und quantitativer Inhaltsana- wurden. Die Journalist*innen haben sich lyse. Die traditionellen Qualitätszeitungen meist intensiv um die Perspektive der Anbie- (vor allem „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ ter von Finanzmarktprodukten und der An- und „Süddeutsche Zeitung“) orientierten leger gekümmert. Die volkswirtschaftliche sich dabei wechselseitig an der Krisendeu- und finanzmarktpolitische Dimension wur- tung der jeweils anderen. Erkennbar war de dagegen stark vernachlässigt. Die Studie eine Themenhomogenität, die Ausdruck zeigt außerdem, dass die Journalist*innen mangelnder Hintergrundberichterstattung in den Redaktionen perspektivenarm arbei- ist. teten, sich weitestgehend auf Regierungen Schlosser (2013) befasste sich mit der Be- 12 und BankenVertreter*innen fokussierten. richterstattung in der Eurokrise 2010 und Schranz et al. (2010) untersuchten die Wirt- fragte u. a. nach dem Ausmaß der Bezü- schaftsberichterstattung in der „Neuen ge zu Griechenland. Sie stellte fest, dass Zürcher Zeitung“, dem „Tages-Anzeiger“ Griechenland die Berichterstattung in der und der Boulevardzeitung „Blick“ und Eurokrise auch in den Qualitätsmedien schlussfolgern: „Die seismografische Funk- dominierte. Die Schuldigen für die Eurokri- tion, frühzeitig vor der Finanzmarktkrise zu se wurden in Griechenland gesucht. Dem warnen, wurde von den Schweizer Medien Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ konnte nicht erfüllt“ (Schranz et al. 2010: 2). Die Schlosser eine Einseitigkeit der Berichter- Journalist*innen vertrauten zu stark den stattung und somit einen Mangel an Ausge- Selbstheilungskräften des Marktes, wo- wogenheit nachweisen. durch eine differenzierte Reflexion über die Stand der Forschung Balance zwischen Regulation, Deregulation Prozent der Fälle auch in den untersuchten und Ordnungspolitik in der Wirtschaftsbe- Nachrichten und kürzeren Berichten. Als richterstattung in den Hintergrund geraten objektive Darstellungsformen sollten Nach- sei. Die Wirtschaftsberichterstattung sei richten und Berichte frei von Meinungen ihrer Analyse zufolge nicht in der Lage ge- der Journalist*innen sein. Die Ergebnisse wesen, die globale Wirtschaftskrise reflexiv sprechen für eine Auflösung der berufs- adäquat zu begleiten. Der Wirtschaftsjour- ethischen Trennungsnorm von Nachricht Trennung von nalismus orientiere sich zu stark an spek- und Meinung in einer Vielzahl von Beiträ- Nachricht und Meinung takulären Einzelereignissen und Perso- gen zur griechischen Staatsschuldenkrise. löst sich auf nenskandalen und befasse sich zu wenig Die Berichterstattung war auch in ihrer Ge- mit Hintergründen komplexer Wirtschafts- samtheit nicht ausgewogen zwischen un- prozesse, insbesondere deren Ursachen terschiedlichen Positionen und Meinungen. und Folgen. Es fehlt demnach vor allem an Spezifische Reformvorschläge und -ziele der analytischen Qualität. wurden indes nur selten aufgegriffen. Viel- In einem Forschungsprojekt in Zusammen- fach fand eine differenzierte Hintergrund- arbeit mit dem Institut für Makroökonomie berichterstattung zu den Reformvorhaben und Konjunkturforschung (IMK) der Hans- der griechischen Regierung nicht statt. Die Böckler-Stiftung untersuchten Otto und Reformvorschläge wurden nur oberflächlich Köhler (2016) von Juli bis September 2015 und nicht ausführlich behandelt. in einer Vollerhebung die Berichterstattung deutscher Tageszeitungen zur griechischen Auf der Grundlage der referierten Studien kann Staatsschuldenkrise im ersten Halbjahr die Frage abgeleitet werden, ob die festgestell- 2015. Es wurden bei der Boulevardzeitung ten Phänomene – fehlende Trennung von Nach- „Bild“, aber auch bei den untersuchten richt und Meinung, fehlende Ausgewogenheit, Qualitätsmedien „Süddeutsche Zeitung“, geringe Hintergrundberichterstattung und so- „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Welt“ mit Mängel in der analytischen Qualität sowie und „taz“ sowie beim Online-Portal „Spie- eingeschränkte Akteursvielfalt – sich auch in gel Online“ eine mehrheitlich meinungs- anderen zentralen Mediengattungen wie den orientierte und wertende Berichterstattung Fernsehnachrichten wiederfinden. Hierzu gibt vorgefunden. Journalist*innen nahmen es in Bezug auf die griechische Staatsschul- dabei auch selbst eine Position ein, in 28 denkrise bislang keine Befunde. 13 „Die Griechen provozieren!” 3 Qualität in Fernsehnachrichten Im folgenden Abschnitt soll die Bedeutung der täglichen Kommunikationskultur (vgl. Meckel/ Fernsehnachrichten in Deutschland erläutert Kamps 1998: 11). Dies gilt auch noch in Zeiten werden. Daran anschließend wird die wissen- von Internet und Social Media, wie die steigen- schaftliche Diskussion über Qualität in Fern- den Zuschauer*innenzahlen der Nachrichten- sehnachrichten abgebildet und für die Unter- sendungen „Tagesschau“ und „heute“ zeigen suchung relevante Qualitätskriterien erläutert. (vgl. Tabelle 1). In Westdeutschland ging am 20. Dezember 3.1 Fernsehnachrichten in Deutschland 14 1952 erstmals die „Tagesschau“, produziert vom Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR), auf Fernsehnachrichten erfüllen wichtige Funktio- Sendung. Heute wird die Sendung vom Nord- nen in einer Demokratie. Diese ergeben sich deutschen Rundfunk (NDR) für alle Anstalten aus der Zielformulierung für den öffentlich- der ARD produziert. Sie läuft parallel um 20 Uhr rechtlichen Rundfunk des Bundesverfassungs- im Programm der ARD und auf allen dritten Pro- gerichts und den Gesetzesgrundlagen. Sie grammen sowie auf Phoenix und 3sat. Mit der dokumentieren, archivieren, ordnen und ver- „Tagesschau“ ist die Hauptausgabe um 20 Uhr mitteln tagesaktuelle Informationen für ihre gemeint. Darüber hinaus gibt es weitere Aus- Zuschauer*innen und erfüllen damit maßgeb- gaben im Tagesverlauf und seit 1997 mehrmals lich eine Informationsaufgabe für die Gesell- pro Stunde bei tagesschau24 (vormals EinsEx- schaft. Nachrichten werden Ereignisse erst, tra). Die „Tagesschau“ ist die Nachrichtensen- wenn sie aus einer Gesamtheit an Geschehnis- dung mit der stärksten Reichweite in Deutsch- sen zur Berichterstattung ausgewählt wurden. land. Sie erreichte 2015 im Jahresdurchschnitt Selektion von Sie sind also Ergebnis eines Selektionsprozes- täglich 9,11 Millionen Zuschauer*innen und er- Informationen ses und damit Ausdruck einer sozialen Kons- zielte damit einen Marktanteil von 32 Prozent. truktion von Wirklichkeit (vgl. Weischenberg/ An zweiter Stelle unter den Nachrichtensen- Scholl 1998). Fernsehnachrichten selektieren dungen in Deutschland steht die Sendung „heu- Informationen, tragen zur Meinungsbildung te“ des ZDF. Sie kam 1963 im neu gegründeten bei und schaffen so einen Orientierungsrah- Zweiten Deutschen Fernsehen ins Programm. men für die Gesellschaft. Sie üben darüber hi- „heute“ erreichte im Jahr 2015 im Durchschnitt naus eine Kritik- und Kontrollfunktion, eine In- täglich 3,8 Millionen Zuschauer*innen und er- tegrations-, eine Bildungs- und eine Unterhal- zielte dabei einen Marktanteil von 17 Prozent. tungsfunktion aus. Gemessen an Kontinuität Sie ist damit die zweitwichtigste Nachrich- der Zuschauer*innenzahlen und Bewertungen tensendung in Deutschland. Im Unterschied zum subjektiven Nutzen sind Fernsehnach- zur „Tagesschau“ ist die Sendung „heute“ richten die Formate, die den Informationsbe- mehr auf die Unterhaltungsbedürfnisse der dürfnissen der Bevölkerung am ehesten nach- Zuschauer*innen ausgerichtet. Die Nachrich- kommen. Fernsehnachrichten sind Teil der all- ten werden nicht von Sprecher*innen, sondern Qualität in Fernsehnachrichten Tabelle 1: Zuschauer*innen und Marktanteile der Fernsehnachrichten in Deutschland 2013 20142015 Zuschauer*innen Marktanteile Zuschauer*innen Marktanteile Zuschauer*innen Marktanteile in Mio. in % in Mio. in % in Mio. in % Tagesschau 8,87 31,9 8,96 32,09,12 32,7 heute 3,69 16,6 3,79 17,13,84 17,3 RTL aktuell 3,46 16,6 3,25 15,6 3,14 15,1 Sat.1 Nachrichten 1,63 6,0 1,47 5,4 1,36 5,0 ProSieben Newstime 0,81 5,0 0,80 5,0 0,80 4,9 „Tagesschau“ einschließlich Dritte Programme, 3sat und Phoenix; „heute“ einschließlich 3sat Quelle: Zubayr/Heinz 2016: 148. von Redakteur*innen im Studio präsentiert, Standardisiert sind folgende Elemente in um auf diese Weise journalistische Professio- Nachrichtensendungen zu finden (vgl. Faul- nalität zu vermitteln (vgl. Plake 2004: 103 f.). stich 2008: 83 f.): Mit der Einführung des dualen Rundfunk- Sprecher*innenmeldungen (im Studio von systems etablierten sich mehrere private Sprecher*innen gesprochene Wortnach- Fernsehsender und nahmen ebenfalls Nach- richten, unterlegt teilweise mit Bewegtbild, richtensendungen („RTL aktuell“ und „Sat.1 dann „Nachricht im Film“ genannt) Nachrichten“) ins Programm, die inhaltlich Filmberichte (Film, nachträglich betextet) und formal andere Akzente setzten als die Kommentare (Meinungsäußerungen vor der öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen Kamera, erkennbar abgegrenzt von Nach- (z. B. einen stärkeren Fokus auf Bilder und richten) Gespräche (mit Akteuren oder Reporter*in- Soft News wie Berichte über das Privatleben nen vor Ort) von Prominenten). Sie erreichen jedoch nicht so viele Zuschauer*innen wie die etablierten öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen Es handelt sich bei Fernsehnachrichten heute Ähnliche „Tagesschau“ und „heute“, weshalb Letztere um Formate, die weltweit ähnliche Präsentati- Präsentationsformen auch im Fokus dieser Studie stehen. onsformen nutzen. Die Dramaturgie ist gekenn- 15 „Die Griechen provozieren!” zeichnet durch einen Wechsel von Wortmeldun- der Absturz eines „Germanwings“-Flugzeugs gen, kurzen Nachrichten im Film (NiF), Schal- in den Alpen und die Flüchtlingskrise in Eu- ten und längeren (Reporter*innen-) Beiträgen ropa. Die griechische Staatsschuldenkrise war (Meckel 1997). Die strenge Formalisierung der Thema in 7 Sendungen des „Brennpunkts“ und „Tagesschau“ vermittelt Sicherheit. Stilisier- in 10 „ZDF spezial“-Sendungen. te Seriosität soll professionelle Gründlichkeit und journalistische Objektivität ausdrücken. Der Aufbau von Bild- und Wortnachrichten folgt dem Muster abfallender Spannung. Das Wich- 16 3.2 Qualitätskriterien für Fernsehnachrichten tigste kommt zuerst und die nach Einschätzung Die Qualitätsdebatte im Journalismus dauert in der Redaktion am wenigsten wichtigen Infor- Wissenschaft, Politik und Journalismus schon mationen zuletzt. In „heute“ findet auch ein seit mehreren Dekaden an. Zentraler Gegen- Wechsel zwischen harten und soften Themen stand der Debatte um journalistische Qualität statt (vgl. Plake 2004: 102, 104). ist in der Wissenschaft weniger der Qualitätsbe- Die Sender ARD und ZDF haben zudem er- griff als vielmehr seine Operationalisierung – gänzend zu ihren Hauptnachrichtensendungen das meint vor allen Dingen seine messbaren „Tagesschau“ und „heute“ Formate entwickelt, Bestandteile (vgl. Daschmann 2009: 257). So die bei besonderen Ereignissen ausgestrahlt gab es bereits eine Vielzahl an Versuchen, Qua- werden und die Nachrichtensendungen ergän- lität im deutschen Journalismus zu definieren zen. In der ARD handelt es sich um die Sendung und so messbar und vergleichbar zu machen. „Brennpunkt“ und im ZDF um die Sendung Schatz und Schulz (1992) systematisierten „ZDF spezial“. Um das Informationsbedürfnis als Erste im deutschsprachigen Raum einen der Zuschauer*innen ausreichend zu befrie- Kriterienkatalog für Medienqualität. Anlass digen, kommen diese Formate dann zum Ein- waren Befürchtungen, die Qualität des Fern satz, wenn ein aktuelles Ereignis ausführlicher sehens leide unter der Einführung des privaten dargestellt werden soll, als es der Zeitrahmen Rundfunks. Diese Arbeit war Start- und Refe- der Hauptnachrichtensendungen zulässt. Sie renzpunkt für weiterführende Auseinander- widmen sich nur einem einzigen Thema. Diese setzungen mit der Qualität im Journalismus. Nachrichten-Ergänzungen werden in der Regel Da Qualität eine normative Bewertung sei, direkt im Anschluss an die Hauptnachrichten- müsse sie aus einem normativen Wertesystem sendung ausgestrahlt und haben einen Umfang abgeleitet werden (Schatz/Schulz 1992: 690). von ca. 10 bis 30 Minuten. Im Jahr 2015 gab es Hierfür bilden die Urteile des Bundesverfas- 43 „Brennpunkte“ und an 37 Tagen wurde ein sungsgerichtes, das Grundgesetz, die Rund- „ZDF spezial“ ausgestrahlt. Anlässe für diese funkstaatsverträge und die Landesmedien- Sondersendungen im Jahr 2015 waren u. a. bzw. Landesrundfunkgesetze die Grundlage. Terroranschläge in Paris, der Ukraine-Konflikt, Aus den gesetzlichen Bestimmungen und der Qualität in Fernsehnachrichten Exegese von Gesetzestexten leiteten Schatz Kommunikationsprozess. Die Kommunikati- und Schulz fünf grundlegende Dimensionen onsprinzipien lauten: Kooperationsprinzip, von Qualität ab: Vielfalt, Relevanz, gestalteri- Maxime der Qualität, Maxime der Quantität, sche und inhaltliche Professionalität, Akzep- Maxime der Relation und Maxime der Mo- Wertesysteme im tanz durch das Publikum und Rechtmäßigkeit dalität. Daraus leitete Bucher die Kriterien Bezug zu Qualität (Schatz/Schulz 1992). Aktualität, Verlässlichkeit, Vielfältigkeit, Re- Es folgten in der Wissenschaft weitere Ableitungen für unterschiedliche Bezugssysteme und aus verschiedenen Wertesystemen: levanz und Verständlichkeit ab. Bezogen auf Nachrichtenagenturen erstellte Hagen (1995) einen Kriterienkatalog zur Rager (1994) erstellte einen Kriterienka- Messung der Informationsqualität. Diese talog für Qualität in Zeitungen und leitete Kriterien bauen stark auf den von Schatz diese aus der Funktion der Medien in der und Schulz (1992) benannten Dimensionen Demokratie ab (Rager 1994: 190). Als Krite- auf und operationalisieren diese für eine rien journalistischer Qualität, die allesamt Anwendung auf den Agenturjournalismus. der Vielfalt dienten, benannte er Aktualität, Arnold (2009) leitete Qualitätskriterien für Relevanz, Richtigkeit und Vermittlung. Zeitungsjournalismus aus verschiedenen Pöttker (2000) leitete zehn Kriterien jour- Ebenen ab: der funktional-systemorientier- nalistischer Qualität aus der Funktion des ten Ebene, der normativ-demokratietheo- Journalismus für die Gesellschaft ab. Dieser retischen Ebene und der nutzerbezogenen- müsse möglichst viele Teile der Gesellschaft handlungsbezogenen Ebene. Er integriert über Kommunikation miteinander vernetzen damit verschiedene Herleitungswege in ein (Pöttker 2000: 388). Es gibt gegenstands- Modell. Auf einer funktional-systemorien- bezogene Kriterien (Richtigkeit, Vollständig- tierten Ebene von Qualität stehen die Funk- keit, Wahrhaftigkeit und Verschiedenheit), tionen und professionellen Aufgaben des publikumsbezogene Kriterien (Unabhängig- Journalismus im Mittelpunkt. Der Journalis- keit, Zeitigkeit, Verständlichkeit und Unter- mus soll auf einer Makroebene eine Selbst- haltsamkeit) und kommunikatorbezogene beobachtung der Gesellschaft ermögli- Kriterien (Wechselseitigkeit und Sorgfalt bei chen. Dies erfolgt durch die Reduzierung der Thematisierung). von Komplexität und die Übertragung von Die Grice’schen Kommunikationsmaximen Erfahrungswissen in offene Sphären, die waren Grundlagen der von Bucher (2003) be- für jedermann zugänglich sind (vgl. Pött- nannten Kriterien journalistischer Qualität. ker 2000: 378). Daraus können die Quali- Journalistische Qualitätsstandards werden tätsmerkmale Vielfalt, Aktualität, Relevanz, dabei aus Prinzipien abgeleitet, die für alle Glaubwürdigkeit, Unabhängigkeit, Recher- Kommunikationsprozesse gelten sollen. che, Kritik, Zugänglichkeit, Hintergrund- Grundlage der Herleitung ist hier also der berichterstattung sowie regionaler/lokaler 17 „Die Griechen provozieren!” Bezug abgeleitet werden (Arnold 2008: 502, Die genannten Qualitätskriterien über- Arnold 2012: 79). Auf der normativ-demokra- schneiden sich vielfach, weisen aber vor allem tietheoretischen Ebene werden die Funkti- Unterschiede in ihren Bezugsfeldern und Be- onen des Journalismus von seiner Rolle in griffen auf (vgl. Tabelle 2). Rolle des Journalismus der Demokratie abgeleitet. Qualitätskriteri- Der Ansatz von Schatz und Schulz (1992) in der Demokratie en werden hier also nicht mit einer Funktion ist dabei der einzige, der Qualität im Rund- begründet, die durch ein gesellschaftliches funk als Bezugsfeld benennt und sich aus den Problem entstanden ist, sondern mit funda- formulierten Aufgaben und Funktionen des mentalen Werten einer demokratisch-plu- öffentlich-rechtlichen Rundfunks ableitet. Für ralistischen Gesellschaft. Grundlage sind die hier geplante Analyse von Fernseh-Nach- medienrelevante normative Regelungen wie richtensendungen ist dieser Ansatz daher am Kodizes oder Gesetze, in denen gesellschaft- ehesten anwendbar. Die anderen Ansätze liche Normen festgelegt sind. Ausgewogen- fokussieren auf den Zeitungsjournalismus, heit, Neutralität/Trennung von Nachrichten weshalb sie hier nicht weiterverfolgt werden. und Meinung sowie Achtung der Persönlich- Kriterien und auch Operationalisierungen stim- keit sind Qualitätskriterien, die sich daraus men jedoch teilweise überein und werden bei ergeben (Arnold 2008: 502 f.). In einer drit- Klärungsbedarf herangezogen. 18 ten Ebene, der publikumsbezogenen-hand- Medienangebote empirisch intersubjek- lungsorientierten Ebene, geht es darum, tiv fassbar zu machen, war ein zentrales An- dass journalistische Produkte, die funktio- liegen des Ansatzes „Qualität von Fernseh- nal sind und den Werten der demokratischen programmen“ von Schatz und Schulz (1992). Gesellschaft entsprechen, auch für das Pu- Aufbauend auf den Urteilen des Bundesver- blikum nutzbar sind. Unterhaltsamkeit, An- fassungsgerichtes, dem Grundgesetz, den wendbarkeit und Gestaltung werden hier als Rundfunkstaatsverträgen und den Landes- Qualitätskriterien zugeordnet (Arnold 2008: medien- bzw. Landesrundfunkgesetzen als 503). Die Qualitätsvorstellungen des Publi- Grundlage haben sie einen Orientierungsrah- kums bestimmen auch über den Markterfolg men für die Beurteilung von Programmquali- eines journalistischen Produkts und geben tät herausgearbeitet. Allgemeine Begriffe der so zentrale Leitlinien vor (Arnold 2012: 80). Rechtstexte werden von ihnen konkretisiert Die von Arnold benannten Kriterien werden und operationalisierbar erläutert. Ihre Über- aus der Funktion der Zeitung und für die jour- legungen zur Analyse von Programmen sind nalistische Arbeit für Zeitungen abgeleitet, auch auf die Analyse von Fernsehnachrichten beinhalten jedoch weitestgehend Qualitäts- übertragbar (Daschmann 2009: 257). Die von kriterien, die Schatz und Schulz (1992) als ihnen identifizierten fünf Dimensionen von Bestandteile ihrer Qualitätsdimensionen Qualität – Vielfalt, Relevanz, Professiona- benennen. lität, Akzeptanz und Rechtmäßigkeit – sind Qualität in Fernsehnachrichten Tabelle 2: Forschungsansätze zu Qualitätskriterien Ansatz Schatz/Schulz Rager Hagen Pöttker Bucher Arnold 1992 1994 1995 2000 2003 2009 Bezugsfeld Rundfunk Zeitungsbericht- Nachrichten- Journalismus Journalismus erstattungagenturen allgemein allgemein Qualitäts- Vielfalt kriterien Vielfalt Verschiedenheit VielfaltVielfalt RelevanzRelevanzRelevanz RelevanzRelevanz AktualitätAktualität Zeitgeist Aktualität Aktualität ProfessionalitätRichtigkeit Zeitungen Vermittlung Richtigkeit Richtigkeit Verlässlichkeit Recherche Verständlichkeit VerständlichkeitVerständlichkeitGestaltung AusgewogenheitAusgewogenheit Sachlichkeit TransparenzTrennung von Nachricht und Meinung Hintergrundberichterstattung AkzeptanzZugänglichkeit Anwendbarkeit Rechtmäßigkeit Quelle: eigene Darstellung, basierend auf Beck/Reineck/Schubert 2010: 24 f. teilweise miteinander verwoben. Sie sollen im von Medienangeboten gilt in pluralistischen Folgenden vorgestellt werden: Gesellschaften mit konkurrierender Willensbildung für die Funktionalität der Demokratie Vielfalt als unerlässlich. Vielfalt kann strukturell und Schatz und Schulz lehnen ihre Definition von inhaltlich betrachtet werden. Auf struktureller Vielfalt an die Auffassung des Bundesverfas- Ebene gelten Sparten, Genres, Gestaltungs- sungsgerichtes an. Demnach ist für den deut- elemente und Darstellungsformen als Indika- schen Rundfunk ein Angebot gleichwertig viel- toren von Vielfalt. Auf inhaltlicher Ebene des fältiger Informationen verbindlich. Die Vielfalt Programms kann die Vielfalt von Ereignissen, 19 „Die Griechen provozieren!” von Räumen, von Themen und von Interessen auf die Berichterstattung zu einem einzelnen betrachtet werden. Operationalisiert wird dies Thema, nicht auf die komplette Berichterstat- durch eine Vielfalt von Themen und Akteuren. tung eines Programms. Neutralität als zweite Dies bedeutet, dass möglichst alle relevanten Komponente der Unparteilichkeit kann durch Positionen und Akteure berücksichtigt werden die Einhaltung der Grundregel, dass Nachricht sollen (vgl. Schatz/Schulz 1992: 693 ff., 704). und Meinung strikt zu trennen sind und Kommentare als solche zu kennzeichnen sind, er- Professionalität fasst werden. Dies geht aus Rechtstexten für Die Rechtsgrundlagen für den öffentlich-recht- den Rundfunk, aber auch aus Regeln der jour- lichen und privaten Rundfunk fordern eine pro- nalistischen Praxis hervor (vgl. Schatz/Schulz fessionelle Qualität der gesamten Programme. 1992: 703 ff.). Die Ausgewogenheit zwischen Das Gebot der journalistischen Professionali- unterschiedlichen Interessen, die Trennung tät hat seinerseits ebenfalls mehrere Dimen- von Nachricht und Meinung (Neutralität) und sionen. Auch hier kann zunächst zwischen in- die analytische Qualität sind Aspekte journa- haltlicher und gestalterischer Professionalität listischer Professionalität. unterschieden werden. Inhaltliche Professionalität wird auch als Relevanz ist relativ journalistische Professionalität bezeichnet Unter Relevanz wird die Bedeutsamkeit von In- und unterschieden hinsichtlich analytischer formationen verstanden. Um die Komplexität und deskriptiver Qualität. Die Anforderungen von Informationen und die Informationsflut zu an analytische Qualität werden aus der Kritik- mindern, werden Themen nach dem Kriterium und Kontrollfunktion des Rundfunks abgelei- der Relevanz durch Journalist*innen selektiert, tet. Dieses Qualitätskriterium gilt vor allem für wodurch dieses ein bedeutender Maßstab hin- Nachrichten und Magazine. Diese haben dann sichtlich der Qualität von Selektionsentschei- analytische Qualität, wenn sie u. a. Hintergrün- dungen wird (Wyss 2002: 131). de aktueller Ereignisse beleuchten und Fakten interpretieren. Schatz und Schulz verstehen Relevanz als „relationalen Begriff“. Vorgänge bzw. Sach- Neben der analytischen Qualität lässt sich verhalte seien nie an sich bedeutsam, son- journalistische Professionalität im öffentlich- dern erlangten ihre Relevanz ausschließlich rechtlichen Rundfunk auch anhand der de- aus der realen oder zu erwartenden Wirkung skriptiven Qualität des Programms bestimmen. auf einzelne Individuen, soziale Gruppen oder Dazu zählt auf der einen Seite die Sachgerech- die Gesamtgesellschaft. Diese „soziale Rele- tigkeit der Berichterstattung, auf der anderen vanz“ eines Medienprodukts gliedere sich Seite die Unparteilichkeit. Zur Unparteilichkeit in drei Relevanzebenen (vgl. Schatz/Schulz gehören die Elemente Ausgewogenheit und 1992: 696 f.): Neutralität. Ausgewogenheit bezieht sich hier 20 Relevanz Qualität in Fernsehnachrichten die Individual- bzw. Mikroebene Um zu überprüfen, ob die Relevanz eines die Mesoebene, mit der einerseits sozia- Themas adäquat wiedergegeben wird, wie es in le Gruppen und Institutionen, aber auch dieser Studie der Fall ist, muss der Blick auf eine gesellschaftliche Subsysteme, wie Politik, andere Ebene von Relevanz fallen: die Attribu- Wirtschaft und Wissenschaft, gemeint sind, toren-Relevanz. Es geht hierbei um die Frage, und wie die Relevanz eines Themas von Gruppen die Makroebene, repräsentiert durch die Gesamtgesellschaft oder sozialen Systemen beurteilt wird, die somit die soziale Relevanz bestätigen. Dies kann Demnach hat derselbe Vorgang für Teile der Öf- beispielsweise durch die öffentliche Meinung, fentlichkeit unterschiedliche Relevanz. die aktive Öffentlichkeit, die mediale Öffentlichkeit, die wissenschaftliche Öffentlichkeit Weiter differenzieren Schatz und Schulz in- oder die Film- und Fernsehkritik erfolgen (vgl. nerhalb der verschiedenen gesellschaftlichen Schatz/Schulz 1992: 696 ff.). Subsysteme (Wirtschaft, Politik etc.) zwischen den „leistungserbringenden Funktionseliten“ Akzeptanz und Rechtmäßigkeit (Manager*innen, Politiker*innen etc.) und Darüber hinaus werden die Dimensionen Ak- den dazugehörigen „Leistungsabnehmern“ zeptanz und Rechtmäßigkeit beschrieben. (Konsument*innen, Regierte etc.). Sie gehen Akzeptanz erfasst Motive und angestrebten davon aus, dass die durch eine Medienaussa- Nutzen der Mediennutzung von Seiten der Re- ge bei den Funktionseliten erzeugte Betroffen- zipienten. Die Anforderungen an die Rechts- heit bzw. Wirkung durch die positionsbeding- mäßigkeit für den Rundfunk ergeben sich aus te Multiplikatorwirkung eine größere „soziale drei Rechtsbezügen: der verfassungsmäßigen Relevanz“ erlangt als bei Erreichen derselben Ordnung, den allgemeinen Gesetzen und den Anzahl von Leistungsabnehmer*innen. rundfunkrechtlichen Vorschriften. Der Bezug Des Weiteren steige die Relevanz, wenn sich auf die verfassungsmäßige Ordnung und die ein gesellschaftliches Subsystem in einer Krise allgemeinen Gesetze findet sich analog im befinde, z. B. das Subsystem Wirtschaft bei ei- Rundfunkstaatsvertrag und den Landesrund- ner Meldung über die Finanzkrise (vgl. Schatz/ funk- und Landesmediengesetzen wieder. Schulz 1992: 697). Zu den quantitativen Kriteri- Qualität ist somit ein multidimensionaler en, anhand derer man die Relevanz eines Ereig- Begriff (vgl. Abbildung 1). Untersucht werden nisses bestimmen und abgleichen kann, zählt können nur ausgewählte Dimensionen und As- zum einen die Anzahl tatsächlich oder potenzi- pekte. Die Bildung von Qualitätsindizes setzt Qualität: ell betroffener Personen eines Vorganges. Zum immer eine Gewichtung einzelner Qualitätsas- Ein multidimensionaler anderen ist bei potenziellen Auswirkungen die pekte gegenüber anderen voraus. Eine solche Begriff Eintrittswahrscheinlichkeit eines Sachverhaltes Gewichtung ist jedoch in hohem Maße subjek- ausschlaggebend für seine Bedeutsamkeit. tiv, weshalb hier keine Qualitätsindizes gebil- 21 „Die Griechen provozieren!” Abbildung 1: Qualitätsdimensionen und -kriterien Meinungsvielfalt Akteursvielfalt Inhaltlich Vielfalt Informationsvielfalt Interessen Soziale Einheiten Strukturell Aktualität Analytische Qualität Sachgerechtigkeit Inhaltlich Vollständigkeit Deskriptive Qualität Professionalität Richtigkeit Gestalterisch Ausgewogenheit Unparteilichkeit Ebene Aktive Öffentlichkeit Relevanz Neutralität Niveau Mediale Öffentlichkeit Attributoren Wissenschaftliche Öffentlichkeit Verfassung Rechtmäßigkeit Allgemeine Gesetze Akzeptanz Rundfunkrecht Film- und Fernsehkritik Farblich markiert sind die Qualitätsdimensionen (dunkelblau) bzw. die jeweils dazugehörigen Qualitätskriterien (hellblau), die im Folgenden untersucht werden Quelle: eigene Darstellung. 22 Qualität in Fernsehnachrichten det werden sollen. Stattdessen wird die Qua- Neutralität lität der Berichterstattung hinsichtlich ausge- Neutralität als Komponente der Unparteilich- wählter und definierter Aspekte beschrieben. keit wird in einschlägigen Rechtstexten für Einzelne Aspekte der Qualitätsdimensi- den Rundfunk gefordert. Sie basiert auf der onen Relevanz, Vielfalt und journalistischer Grundregel, Nachricht und Kommentar strikt Professionalität sollen in dieser Studie für die zu trennen (Schatz/Schulz 1992: 704). Über Nachrichtensendungen des öffentlich-rechtli- das Rundfunkrecht hinaus wird die Trennung chen Rundfunks analysiert werden (in Abbil- von Nachricht und Meinung mit den vielfältigen dung 1 hellblau markiert): analytische Qualität Funktionszuschreibungen an den Journalismus (synonym wird der Begriff Hintergrundbericht- begründet. An dieser Stelle sind zwei Funkti- erstattung verwendet), Neutralität, Akteurs- onen besonders relevant: Auf der einen Seite vielfalt, Ausgewogenheit und Attributoren- steht die Informations- und Chronistenfunkti- relevanz der medialen Öffentlichkeit. Andere on, auf der anderen Seite die Mitwirkung an der Aspekte dieser und anderer Dimensionen Meinungsbildung. werden dadurch bewusst ausgeklammert. Es Auch Arnold (2009: 198) versteht unter Neut- wird daher keine umfassende Beurteilung der ralität den Verzicht auf explizite Wertungen und Qualität von Nachrichtensendungen in dieser Spekulationen in nachrichtlichen Textformen. Studie erfolgen, sondern es werden einzelne In Fernsehnachrichten und Nachrichtenmaga- Qualitätsaspekte untersucht und beurteilt, die zinen hat sich – wie in Zeitungen – mit dem Untersuchung einzelner Rückschlüsse auf mögliche Einschränkungen Kommentar ein Genre ausdifferenziert, in dem Qualitätsaspekte von Qualität erlauben. Meinungsäußerung legitim und erwünscht ist (Eilders/Lüter 1998: 2). Wenn Nachrichten und Analytische Qualität Meinungen eindeutig gekennzeichnet sind, Analytische Qualität leiten Schatz und Schulz wissen die Zuschauer*innen, welcher Inter- (1992: 704) aus der Kritik- und Kontrollfunkti- pretationsrahmen angemessen ist. So könne on der Medien ab. Fernsehprogramme haben der Verdacht einer verdeckten Einflussnahme dann analytische Qualität, wenn sie die Hin- zerstreut werden (vgl. Neuberger 2013: 135). tergründe von Ereignissen beleuchten, Fakten benennen und kommentieren und dies auf Vielfalt eigener, aktiver und intensiver Recherche be- Vielfalt der Akteure meint für Schatz und Schulz ruht. Dieses Qualitätskriterium bezieht sich (1992: 694) die Berücksichtigung verschiede- auf den journalistischen Prozess und ist am ner gesellschaftlicher und politischer Interes- journalistischen Produkt nur schwer ablesbar. sen. Diese sind in den meisten Fällen organi- Schatz und Schulz sehen die Beleuchtung von siert in Akteuren wie Organisationen, Parteien Hintergründen als einen Indikator, der in Fern- oder auch gewählten Regierungen. Als Akteure sehsendungen erkannt werden kann. werden im Sinne von Schatz und Schulz (1992: 23 „Die Griechen provozieren!” 695) individuelle oder soziale Einheiten und Das impliziert, dass die jeweiligen Akteure, deren Repräsentant*innen verstanden. Das die diese Standpunkte repräsentieren, zu Auftreten von Akteuren in Nachrichtensendun- Wort kommen (Schatz/Schulz 1992: 704). Bei gen erfolgt durch Nennungen, Auftreten in Bil- Kontroversen sollen Befürworter*innen und dern und mit O-Tönen und gibt Aufschluss über Gegner*innen bzw. ihre Positionen in etwa in die Vielfalt der jeweiligen Sendung. einem ausgewogenen Verhältnis zu Wort kommen. Die Vielfalt an Meinungen und Interessen Ausgewogenheit muss gleichgewichtig zum Ausdruck kommen. Ausgewogenheit Eng damit verbunden ist der Begriff der Ausge- Arnold (2009: 196) spezifiziert, damit sei nicht durch gleichgewichtige wogenheit. Dieses Gebot geht auch aus dem gemeint, dass alle möglichen Positionen, Grup- Darstellung Rundfunkstaatsverstrag (§11) hervor, in dem es pen und Akteure genannt werden müssen, je- in Absatz 2 heißt: „Die öffentlich-rechtlichen doch mindestens zwei zentrale gegensätzliche Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ih- Richtungen und Positionen. Die gleichmäßige res Auftrags die Grundsätze der Objektivität Berücksichtigung von Befürworter*innen und und Unparteilichkeit der Berichterstattung, Gegner*innen in einer Kontroverse sieht auch die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewo- Hagen (1995: 120) als Kern der Ausgewogen- genheit ihrer Angebote zu berücksichtigen“ heit. Die Messung von Ausgewogenheit bzw. (Die Medienanstalten 2013). Das Bundesver- der Abweichung von Ausgewogenheit gibt auch fassungsgericht benutzte die Formulierung Aufschluss über die Einseitigkeit eines Medi- „gleichgewichtige Vielfalt“ (vgl. BVerfGE 73, ums und seiner Berichterstattung (vgl. Hagen 118 und BVerfGE 83, 238). Diese leite sich aus 1995: 122). der Funktion der Information und Mitwirkung 24 an der Meinungsbildung ab, die dann erfüllt Relevanz werde, wenn möglichst breit, ausgewogen und Journalist*innen sind zur Selektion von Ereig- vollständig informiert werde (Schatz/Schulz nissen gezwungen. Die Auswahl von wichtigen 1992: 694). Themen ist ein Schlüsselkriterium der Qualität. Ausgewogenheit ist aber auch ein Quali- Damit verbunden ist die Frage, welche Rele- tätskriterium für die Qualitätsdimension der vanz Journalist*innen einem Thema geben. Die journalistischen Professionalität. Eine ausge- Relevanz eines Sachverhaltes ergibt sich aus wogene Darbietung liege dann vor, wenn alle dessen potenzieller oder realer Wirkung bzw. in der öffentlichen Diskussion vorgetragenen deren Wahrnehmung durch Attributoren, wie Argumente und Standpunkte ähnlich umfang- z. B. der medialen Öffentlichkeit (s. o.). Diese reich berücksichtigt werden. Mit der Forderung wird abgeglichen mit der Relevanz, die in der nach einem ähnlichen Umfang geht das Krite- Berichterstattung einem Sachverhalt beigemes- rium der Ausgewogenheit erkennbar über die sen wird. Mit der Qualitätsdimension Relevanz Forderungen des Kriteriums Vielfalt hinaus. sollen dadurch Selektionsentscheidungen der Qualität in Fernsehnachrichten Medien, u. a. auf Nachrichtenebene erklärt wer- mediale Öffentlichkeit) dem Thema zuwiesen, den (vgl. Daschmann 2009: 258). Es geht also bewertet werden, ob diese Darstellung ange- darum, zu erfassen, wie intensiv, d. h. in welcher messen war. Häufigkeit, in welchem Umfang und in welcher Position, über ein Thema berichtet wurde. Die Operationalisierung dieser Qualitätskriterien für die Analyse von Beiträgen in der In dieser Studie wurde von der Relevanz griechischen Staatsschuldenkrise wird im Zu- des Themas griechische Staatsschuldenkrise sammenhang mit dem methodischen Vorge- ausgegangen. Daher soll anhand der Relevanz, hen in dieser Studie in den folgenden Kapiteln die Attributoren (hier speziell die untersuchte dargestellt. 25 „Die Griechen provozieren!” 4Forschungsdesign Im folgenden Kapitel werden die Ziele der Er- krise zu erfassen, soll untersucht werden, hebung, das methodische Vorgehen und das ob die zentralen Positionen der wichtigsten Erhebungsdesign der Studie erläutert, um dar- Akteure in der griechischen Staatsschul- zustellen, wie die Forschungsfragen beantwor- denkrise dargestellt wurden. tet werden sollen. Zunächst wird die gewählte Die Einhaltung des Gebots der journalis- Methode dargestellt und die Operationalisie- tischen Professionalität in der Berichter- rung der zu untersuchenden Qualitätskriterien stattung über die griechische Staatsschul- erläutert. Die Umsetzung im Kategoriensystem denkrise soll durch das Ausmaß der Hin- wird anschließend dargelegt. Es folgt die Be- tergrundberichterstattung sowie durch die schreibung der Materialbasis durch die Festle- Ausgewogenheit und die Neutralität der gung von Untersuchungszeitraum und -objek- Beiträge erfasst werden. ten. Schließlich wird die Durchführung erklärt Um die Einhaltung des Gebots der Rele- und beschrieben, wie Reliabilität und Validität vanz in der Berichterstattung über die in der Erhebung gesichert wurden. griechische Staatsschuldenkrise zu erfassen, soll die Attributoren-Relevanz der 4.1 Zielsetzung und Fragestellungen Medienöffentlichkeit untersucht werden und gezeigt werden, welche Relevanz die Die Berichterstattung der öffentlich-rechtli- untersuchten Nachrichtensendungen dem chen Nachrichtensendungen von ARD und ZDF Thema beimaßen. über die griechische Staatsschuldenkrise im Jahr 2015 soll in dieser Studie analysiert wer- Die zentrale Forschungsfrage „Entspricht die den. Es soll dabei untersucht werden, ob der Berichterstattung über die griechische Staats- öffentlich-rechtliche Rundfunk den an ihn ge- schuldenkrise in Nachrichtensendungen des stellten Qualitätsanforderungen gerecht wird. öffentlich-rechtlichen Rundfunks den journa- Quantitative Im Mittelpunkt steht die Untersuchung der listischen Qualitätskriterien?“ soll, um eine Inhaltsanalyse Beiträge auf Kriterien journalistischer Quali- systematische Beantwortung zu ermöglichen, tät (insb. Vielfalt, Ausgewogenheit, Neutralität in fünf zentrale Unterfragen aufgegliedert und analytische Qualität, d. h. Hintergrundbe- werden. Sie sollen durch eine systematische, richterstattung; vgl. Kapitel 4.3). Wie wird über quantitative, empirische Inhaltsanalyse beant- die griechische Staatsschuldenkrise in Nach- wortet werden: richtensendungen des öffentlich-rechtlichen 1. Wie relevant ist die griechische Staats- Rundfunks berichtet? Um die Einhaltung des Gebots der Vielfalt in den Nachrichtensendungen des öffentlich- 26 schuldenkrise für die Berichterstattung in den öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen? rechtlichen Rundfunks in der Berichterstat- 2. Wie vielfältig ist die Berichterstattung über tung über die griechische Staatsschulden- die griechische Staatsschuldenkrise in den Forschungsdesign öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendun- aus der Operationalisierung der gewählten gen? Qualitätskriterien und wurden in einem Kate- 3. Wie ausgewogen ist die Berichterstattung goriensystem und einem Codebuch festgelegt. über die griechische Staatsschuldenkrise in den öffentlich-rechtlichen Nachrichtsendungen? 4. Wie neutral ist die Berichterstattung über die 4.3 Operationalisierung/Erläuterung von Begrifflichkeiten und Konzepten griechische Staatsschuldenkrise in den öf- Die Operationalisierung und Auswahl relevan- fentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen? ter Qualitätskriterien für die Fernsehbericht- 5. Wie viel Hintergrundberichterstattung zur erstattung folgte den von Schatz und Schulz griechischen Staatsschuldenkrise liefern (1992) formulierten Kriterien zur Beurteilung die öffentliche-rechtlichen Nachrichtensen- von Programmqualität. Diese Studie rekurriert dungen? auf die Qualitätsdimensionen Relevanz, Vielfalt und Professionalität (vgl. Abbildung 1) und Zudem soll zwischen den zu untersuchenden konkreter auf die Qualitätskriterien Attributo- Sendungen „Tagesschau“, „heute“, „Brenn- ren-Relevanz, Akteursvielfalt, Ausgewogen- Relevanz, Vielfalt, punkt“ und „ZDF spezial“ differenziert werden. heit, Neutralität und analytische Qualität. Im Professionalität Dabei soll geklärt werden, welche Sendung der Folgenden wird dargestellt, wie diese Kriterien griechischen Staatsschuldenkrise die größte gemessen wurden. Zwischenschritte bei der Relevanz beimisst, welche Sendung ausgewo- Messung waren die Definition von Indikatoren gener, neutraler, vielfältiger und analytischer und die Erstellung eines Kategoriensystems, berichtet als andere. welches die Indikatoren als relevante Variablen und ihre möglichen Ausprägungen beinhaltet. 4.2Methode Relevanz Die Analyse erfolgte durch eine systemati- Die Relevanz, die dem Thema griechische sche quantitative Inhaltsanalyse (vgl. Kromrey Staatsschuldenkrise in der Nachrichtenbe- 2009). In der Systematik Mertens (1995: 88) richterstattung von den Medien als relevanten handelt es sich um eine deskriptive Inhalts- Attributoren beigemessen wurde, zeigt sich an analyse, die auf die Fernsehberichterstattung der Intensität der Berichterstattung über das ausgerichtet ist und diese hinsichtlich Themen, Thema. Die Intensität der Berichterstattung Kategorien und journalistischer Qualität unter- über die griechische Staatsschuldenkrise ist sucht. Sie erfolgt in großen Teilen denotativ-se- ein Indikator der Attributoren-Relevanz. Es mantisch, d. h. dass bestimmte Begriffe Ober- soll also ermittelt werden, wie häufig über die gegriffen und Kategorien zugeordnet werden. griechische Staatsschuldenkrise in den unter- Die zu analysierenden Merkmale resultieren suchten Sendungen berichtet wurde. Dabei 27 „Die Griechen provozieren!” wird auch durch Vergleiche untersucht, ob die wird hier von Bewertungsausgewogenheit und verschiedenen untersuchten Sendungen dem Akteursausgewogenheit gesprochen. Thema die gleiche Relevanz beimaßen. Ein wei- Akteursausgewogenheit soll hier an drei In- Indikatoren von terer Indikator ist die Position eines Beitrags dikatoren festgestellt werden: der Häufigkeit Ausgewogenheit zur griechischen Staatsschuldenkrise inner- der Nennung und Darstellung von Akteuren, halb einer Sendung. Eine vordere Position ist der Darstellung von Akteuren als Adressaten Ausdruck hoher Relevanz des Themas. und Sender von Aussagen und dem Auftreten von Akteuren in O-Tönen. Akteursvielfalt Die Nennung und Darstellung ist ein erster Um die Akteursvielfalt der Berichterstattung be- Indikator zur Feststellung der Akteursaus- urteilen zu können, soll untersucht werden, ob gewogenheit. Um die gleichgewichtige Ver- alle relevanten Akteure beachtet wurden. Dies teilung der Akteure in der Berichterstattung soll hier wie folgt operationalisiert werden: zu beurteilen, wird erfasst, wie häufig zent- Es wird analysiert, welche Akteure in der rale Akteure genannt oder gezeigt wurden. Berichterstattung durch O-Töne zu Wort ka- Der Indikator ist das Verhältnis der Häufig- men. Kamen verschiedene Akteure zu Wort, keiten der Nennung und Darstellung von Ak- erlaubt dies eine Aussage darüber, ob Akteure teuren. Eine ausgewogene Darstellung liegt dargestellt wurden, die für verschiedene Posi- vor, wenn alle zentralen Akteure in gleichem tionen stehen. In diesem Fall kann die Bericht- Verhältnis auftreten. Ist beispielsweise das erstattung auf der Akteursebene als vielfältig Verhältnis von griechischer Regierung und betrachtet werden. Es geht hierbei also vor anderen Akteuren, wie der deutschen Re- allem um die Zahl der verschiedenen Akteure gierung, gleichgewichtig, kann von einer innerhalb der Beiträge und über die Beiträge ausgewogenen Darstellung von Akteuren einer Sendung hinweg, nicht um deren antei- gesprochen werden. liges Verhältnis. Letzteres steht für das Quali- Das Verhältnis der Häufigkeit der Darstel- tätskriterium der Ausgewogenheit. Der Indika- lung von Akteuren als Adressaten und Sen- tor der Akteursvielfalt ist also hier die Anzahl der von Aussagen ist ein weiterer Indikator verschiedener O-Ton-Geber*innen innerhalb für die Akteursausgewogenheit in der Be- eines Beitrags. Kamen mehrere verschiedene richterstattung. Es geht hierbei um die Frage, O-Ton-Geber*innen zu Wort, kann die Bericht- welche Akteure wie häufig in Beiträgen zur erstattung als vielfältig beurteilt werden. griechischen Staatsschuldenkrise Aussagen über andere Akteure trafen. Dabei gibt 28 Ausgewogenheit es Sender von Aussagen und Adressaten Ausgewogenheit wurde als gleichgewichtige (Empfänger) von Aussagen. Der Indikator Verteilung von Positionen und Akteuren defi- ist das Verhältnis der Akteure hinsichtlich niert. Von diesen beiden Ebenen ausgehend der Frage, wie oft sie Aussagen senden oder Forschungsdesign empfangen. Ausgewogenheit liegt vor, wenn schen Regierung. Wie oben dargestellt, gibt es relevante Akteure in ähnlichem Umfang Aus- Darstellungsformen, in denen Journalist*innen sagen treffen können und von Aussagen ad- einordnen und Wertungen vornehmen können ressiert werden. Indikator ist also zum einen (z. B. in Schalten vor der Kamera) und ande- das Verhältnis der Akteure zueinander und re, in denen das nicht der Fall sein sollte (z. B. zum anderen das Verhältnis von Empfang in Off-Texten von Nachrichten und Berich- und Sendung von Aussagen eines Akteurs. ten). Da den Journalist*innen als neutralen Ein dritter Indikator der Akteursausgewo- Beobachter*innen eine besondere Rolle zu- genheit soll das Verhältnis des Umfangs kommt, sollen ihre Bewertungen der griechi- des Auftretens der Akteure in O-Tönen sein. schen und der deutschen Regierung separat O-Töne spielen eine zentrale Rolle in Fern- ausgewiesen werden. sehnachrichten. Hier haben Akteure die Liegt beim Indikator Verhältnis der Häufig- Möglichkeit, sich direkt in Wort und Bild keit der Bewertungen von Akteuren durch zu äußern. Ein ausgeglichenes Verhältnis Journalist*innen ein ausgeglichenes Ver- zwischen den zentralen Akteuren beim Um- hältnis hinsichtlich der Häufigkeit der Be- fang der O-Töne wäre Ausdruck von Ausge- wertung der griechischen und der deut- wogenheit. Ist ein Akteur in den O-Tönen schen Regierung vor – wurden also griechi- unterrepräsentiert, so mangelt es an Aus- sche und deutsche Regierung in gleicher gewogenheit. Häufigkeit von Journalist*innen bewertet –, kann hier von Ausgewogenheit gesprochen Neben der Akteursausgewogenheit sollten werden. auch die Positionen in der Berichterstattung Als weiterer Indikator wird das Verhält- ausgewogen sein. Hier soll der Begriff der Be- nis der Häufigkeiten von positiven und wertungsausgewogenheit ausgeführt werden. negativ wertenden Beiträgen zur griechi- Auf der Ebene der Bewertungen sollen die Wer- schen und zur deutschen Regierung durch tungen durch Journalist*innen, die Wertungen Journalist*innen untersucht. Waren posi- durch dargestellte Akteure und explizit die tive und negative Wertungen gleich ver- Wertungen durch O-Ton-Geber*innen als Indi- teilt oder kamen ausgewogene Wertungen Ausgewogenheit katoren benannt werden. durch Journalist*innen innerhalb der Bei- der Wertungen Die Ausgewogenheit der Wertungen durch Journalist*innen soll durch zwei Indikatoren träge in gleichem Verhältnis vor, kann hier von Ausgewogenheit gesprochen werden. festgestellt werden: Das Verhältnis der Häufigkeit der Bewertungen von Akteuren durch Die Ausgewogenheit der dargestellten Wertun- Journalist*innen und das Verhältnis der Aus- gen durch Akteure soll ebenfalls am Verhält- prägungen der Bewertungen der griechischen nis der Häufigkeit der Bewertung der Akteure Regierung und im Vergleich hierzu der deut- durch andere Akteure und im Verhältnis der 29 „Die Griechen provozieren!” Tonalitätsausprägungen der Bewertungen er- wogene Berichterstattung hinsichtlich der kennbar werden. dargestellten Wertungen durch Akteure. Erfasst wird als erster Indikator, wie in welchem Verhältnis Wertungen der griechi- Neutralität schen und der deutschen Akteure auftraten, Neutralität kann ermittelt werden durch die die von dargestellten Akteuren in den Sen- Prüfung, ob in Nachrichten und Berichten auch dungen ausgingen. Für eine ausgewogene Meinungen artikuliert werden. Hierbei geht es Berichterstattung sollten diese im Verhält- um die Trennung von Nachricht und Meinung. nis gleichgewichtig verteilt sein. Dafür werden die Darstellungsformen (z. B. Eine gleichgewichtige Verteilung von Positionen betrifft auch die dargestellten Po- Nachricht, Bericht, Korrespondent*innen- Schalte) der Beiträge erfasst. sitionen, die von Akteuren eingenommen Wenn im Off-Text von Nachricht und Bericht werden. Dafür gilt es zu erfassen, welche Wertungen durch Journalist*innen erfolgen, Position in Aussagen von Akteuren einge- entspricht dies nicht dem Qualitätsanspruch nommen wird. Daher soll als zweiter Indika- an Neutralität. Sind Berichte und Nachrichten tor zu diesem Merkmal das Verhältnis posi- frei von Wertungen durch Journalist*innen, so tiver, negativer und neutraler Bewertungen kann von einer neutralen Berichterstattung ge- von Akteuren gemessen und zwischen den sprochen werden. Das heißt, dass Nachricht Akteuren verglichen werden. Ist das Ver- und Meinung getrennt werden. Als Wertungen hältnis bei allen untersuchten Akteuren werden Adjektive, Substantive oder Verben ähnlich, kann von einer ausgewogenen Be- angesehen, die andere Akteure beschreiben. richterstattung gesprochen werden. Die Ausrichtung der Wertung ist für die Frage Bewertung der Spezifischer sollen zudem die Wertungen nach der Neutralität unerheblich. Der Indika- griechischen Regierung der griechischen Regierung erfasst wer- tor für die Neutralität der Berichterstattung ist in O-Tönen den, die in O-Tönen erfolgten. Als Indika- also der Anteil der Nachrichten und Berichte, tor der Bewertungsausgewogenheit soll in denen Wertungen durch Journalist*innen im hier gemessen werden, ob das Verhältnis Off-Text vorkommen. Ist dieser Anteil größer positiver, neutraler und negativer Wertun- als null, so wurde das Gebot der Neutralität gen der griechischen Regierung durch O- verletzt. Ton-Geber*innen gleichgewichtig ist. Auch 30 hier wäre eine gleichgewichtige Verteilung Analytische Qualität positiver und negativer Wertungen inner- Analytische Qualität wird hier als die Beleuch- halb eines Beitrags oder zumindest eine tung von Hintergründen verstanden und soll gleichgewichtige Verteilung positiver und auf die griechische Reformpolitik bezogen wer- negativer Wertungen über alle Beiträge ei- den. Es geht also um die Frage, wie hintergrün- ner Sendung Voraussetzung für eine ausge- dig über die griechische Reformpolitik und die Forschungsdesign vorgeschlagenen Reformen und Politikfelder lichst viele Politikfelder und Reformvorschläge berichtet wurde. Im Fokus steht, in welchem thematisierte. Andere Aspekte der journalisti- Ausmaß Politikfelder der griechischen Reform- schen Analyse, wie z. B. der zeitliche Umfang, politik sowie einzelne Reformen thematisiert mit dem sich einer spezifischen Reform ge- Reformen stehen wurden. widmet wurde, werden somit bewusst ausge- im Fokus Ein erster Indikator ist das Verhältnis der schlossen. Häufigkeit der Befassung mit Politikfeldern Um erfassen zu können, ob über einzel- der griechischen Reformpolitik. Es wird ver- ne Politikfelder und Reformen berichtet wur- glichen, wie häufig und in welchem Umfang de, wurden 139 Reformen und 16 Politikfel- diese Politikfelder in der Berichterstattung der anhand von vier zentralen Dokumenten thematisiert wurden. Eine hohe analytische ausgewählt: Qualität kann attestiert werden, wenn viele 1.Reformliste der griechischen Regierung Politikfelder in der Berichterstattung thematisiert wurden. Ein zweiter Indikator ist das Verhältnis der vom 24. Februar 2015 2. Griechisches Regierungsprogramm 3. Fortschrittsbericht der EU Häufigkeit der Befassung mit einzelnen Re- 4.Kompromisspapier über ein neues ESM- formen der griechischen Reformpolitik. Es Programm des Eurogipfels in Brüssel vom wird verglichen, wie häufig die einzelnen 12. Juli 2015 Reformen in der Berichterstattung thematisiert wurden. Eine hohe analytische Qua- Diese Dokumente lagen in deutsche Überset- lität kann attestiert werden, wenn viele zung vor (Deutscher Bundestag 2015a; Deut- Reformen in der Berichterstattung thema- scher Bundestag 2015b; Ernst 2015). Nach der tisiert wurden, eine geringe analytische ersten Sichtung des Materials wurde die Dis- Qualität wird attestiert, wenn die Mehrzahl kussion um einen Grexit zusätzlich als Thema der Reformen gar nicht thematisiert wurde. ergänzt. Interessant ist dabei natürlich auch, welche Die zu untersuchenden Qualitätskriterien Politikfelder und Reformen bei der journa- und ihre Operationalisierung im Kategorien- listischen Analyse im Mittelpunkt standen. system der Erhebung werden in Abbildung 2 zusammenfassend dargestellt. Die Operationalisierung der analytischen Qualität erfolgt also durch die Messung der Häufigkeit, mit der sich die Beiträge mit Politikfel- 4.4Materialbasis dern und Reformen beschäftigten. Dies erlaubt Der Untersuchungszeitraum reicht vom 1. Janu- eine Aussage über die Breite der Analyse. Der ar 2015 bis zum 31. Dezember 2015. Die Unter- Berichterstattung wird dann eine hohe analy- suchung zielt damit bewusst auf die Bericht- tische Qualität zugesprochen, wenn sie mög- erstattung über die Regierung Alexis Tsipras, 31 „Die Griechen provozieren!” Abbildung 2: Operationalisierung der Qualitätsdimensionen und -kriterien Qualitätsdimensionen Qualitätskriterien Relevanz Vielfalt Attributoren-Relevanz der medialen Öffentlichkeit Akteursvielfalt Ausgewogenheit Akteursausgewogenheit Indikatoren Relative Häufigkeit der Beiträge zum Thema Position der Beiträge zum Thema innerhalb der Sendung Nennung und Darstellung von Akteuren Akteure als Adressaten und Sender von Aussagen Gleichgewichtiges Verhältnis der Häufigkeiten der Nennungen und Darstellung von Akteuren Gleichgewichtiges Verhältnis der Akteure als Sender und Empfänger von Aussagen Häufigkeit der Beiträge mit verschiedenen Akteuren als O-Ton-Geber*in Gleichgewichtiges Verhältnis der Akteure als Sender von Aussagen Gleichgewichtiges Verhältnis der Akteure als Empfänger von Aussagen 32 O-Töne Gleichgewichtiges Verhältnis des Umfangs der O-Töne verschiedener Akteure Forschungsdesign Professionalität Neutralität Analytische Qualität Anteil der Wertungen durch Journalist*innen im Off-Text von Nachrichten und Berichten Verhältnis der Häufigkeit der Befassung mit Politikfeldern der griechischen Reformpolitik Bewertungsausgewogenheit Wertungen durch Journalist*innen Wertungen durch Akteure in berichteten Aussagen Wertungen der Akteure in O-Tönen Gleichgewichtiges Verhältnis der Häufigkeit der Wertungen der griechischen und deutschen Regierung durch Journalist*innen Gleichgewichtiges Verhältnis der Häufigkeit der Wertungen der griechischen und deutschen Regierung durch dargestellte Akteure Gleichgewichtiges Verhältnis der Ausprägung der Tonalität in Wertungen der griechischen Regierung durch O-Töne Gleichgewichtiges Verhältnis der Ausprägung der Tonalität in Wertungen der griechischen und deutschen Regierung durch Journalist*innen Gleichgewichtiges Verhältnis der Ausprägung der Tonalität in Wertungen der griechischen und deutschen Regierung durch dargestellte Akteure Verhältnis der Häufigkeit der Befassung mit Reformvorschlägen der griechischen Reformpolitik Anzahl der nicht-thematisierten Reformvorschläge Quelle: eigene Darstellung. 33 „Die Griechen provozieren!” welche am 25. Januar 2015 gewählt wurde, und Länge der Sendungen und der Anzahl der Bei- ihre Arbeit während des zweiten Griechenland- träge analysiert. Anschließend erfolgte ebenso Hilfsprogrammes, die Verhandlungen und Vor- wie bei den Hauptnachrichtensendungen eine bereitungen des dritten Hilfsprogrammes so- vertiefte Analyse auf Beitragsebene. wie die Umsetzung der in diesen Verhandlungen genannten Reformen durch die griechische Regierung. 12 Millionen Zuschauer 4.5Durchführung Untersucht wurden die Beiträge der tägli- Alle Untersuchungsobjekte wurden vor Beginn chen Hauptnachrichtensendungen im öffent- der Erhebung über eine Download-Funktion der lich-rechtlichen Rundfunk: die „Tagesschau“ Internet-Mediatheken von ARD und ZDF gesi- der ARD um 20 Uhr und „heute“ des ZDF um chert und den Codierer*innen digital zur Ver- 19 Uhr. Die beiden Sendungen zusammen er- fügung gestellt. reichen im Durchschnitt über zwölf Millionen Die Auswertung anhand des Codebuchs Fernsehzuschauer*innen täglich. Die Nachrich- erfolgte durch geschulte Codierer*innen im tensendungen werden täglich ausgestrahlt, es Januar und Februar 2016. Die Sendungen wur- handelt sich demnach um 730 Sendungen im den komplett durchgesehen. Die Merkmale der Jahr 2015. Es wurden alle Sendungen komplett Sendungen (Sender, Titel, Länge, Anzahl der erfasst hinsichtlich Länge und Anzahl der Bei- Beiträge mit Bezug zur griechischen Staats- träge mit einem Bezug zur griechischen Staats- schuldenkrise) wurden in einem separaten schuldenkrise. Die Beiträge, die einen solchen Codebogen erfasst. Die Beiträge mit Bezug zur Bezug aufweisen, wurden vertieft analysiert. griechischen Staatsschuldenkrise wurden von Die Beiträge sind die Untersuchungseinhei- den Codierer*innen durchgesehen. Während ten der Analyse. Als Beitrag ist eine thematisch- der Durchsicht wurden in Zehn-Sekunden- inhaltlich geschlossene Einheit einer Sendung Abständen die zu untersuchenden Merkmale definiert, die sich einem Thema widmet, von erfasst und notiert und anschließend in einen An- und/oder Abmoderation umschlossen sein Codebogen eingetragen. Alle Beiträge wurden kann und nicht durch eine Moderation unter- transkribiert, um Reliabilität und intersubjekti- brochen wird. ve Nachvollziehbarkeit zu erhöhen. Hinzu kommen die Sondersendungen „Brennpunkt“ der ARD und „ZDF spezial“ des ZDF zur griechischen Staatsschuldenkrise. Von den 43 „Brennpunkten“ im Jahr 2015 und 37 34 4.6 Reliabilität, Validität und Neutralität der Untersuchung „ZDF spezial“ befassten sich 7 „Brennpunk- Reliabilität gibt an, ob bei Messwiederholungen te“ und 10 „ZDF spezial“ mit der griechischen durch gleiche Codierer*innen (Intracoder-Reli- Staatsschuldenkrise. Auch diese Sendungen abilität) oder unterschiedliche Codierer*innen wurden auf Sendungsebene hinsichtlich der (Intercoder-Reliabilität) gleiche Messergebnis- Forschungsdesign se ermittelt werden. Daran zeigt sich die Ein- wert von CR=0,96; bei der Einordnung von Mei- deutigkeit der Kategorien und Codiervorgaben nungen und Positionen ergab sich ein Wert von (Früh 2011: 188). Im Vorfeld der Erhebung er- CR=0,82, für die Zuordnung von Akteuren ein folgte durch zwei Codierer*innen ein Pretest Wert von CR=0,87. Zudem konnte durch meh- anhand von fünf Sendungen, um die Anwend- rere Abgabezeiträume, in denen die Zwischen- barkeit des Codebuchs zu überprüfen. Die Co- ergebnisse geprüft wurden, die Sorgfältigkeit dierung erfolgte anschließend durch sechs von der Codierung sichergestellt werden. der Projektleitung geschulte Codierer*innen. Mit Validität ist die Gültigkeit der Messin- Diese nahmen zu Projektbeginn eine parallele strumente gemeint. Es handelt sich dabei um Codierung von Beiträgen vor, so dass 24 Co- einen inhaltsanalytischen Qualitätsstandard, dierungen gegenübergestellt werden konnten. der angibt, ob das gemessen wurde, was ge- Auf dieser Grundlage erfolgte ein Reliabi- messen werden sollte. Es geht dabei zum ei- litätstest für jede einzelne Variable. Berech- nen um die Frage, ob die erhobenen Daten dem net wurde ein Reliabilitätskoeffizient nach zu Grunde gelegten theoretischen Konstrukt Holsti (1969) für alle Codierer*innen. Der entsprechen. Koeffizient misst die Übereinstimmung der Es gibt verschiedene Aspekte von Validität. Codierer*innen. Dieser betrug über alle Vari- Inhaltsvalidität ist gegeben, da das Kategorien- ablen hinweg CR=0,94. Dieser Wert kann als system alle Aspekte berücksichtigt, die in der sehr gut bezeichnet werden (vgl. Neuendorf Fragestellung enthalten sind. Die Beziehung 2002: 143). Für die zu codierenden Reformen zwischen den codierten Daten und der For- und Politikfelder zeigte sich ebenso wie für schungsfrage wurde begründbar und plausibel die Formalkategorien ein nahezu perfekter in der Operationalisierung des theoretischen Reliabilitätskoeffizient, für die zu codierenden Konstrukts Qualität dargestellt (siehe Kap. 4.3). Akteure ergab sich ein Wert von CR=0,81; für Die Rede ist auch von „face-validity“ (Früh die Variablen, bei denen Meinungen und Posi- 2011: 196). Die vom Forschenden als valide be- tionen einzuordnen waren, ergab sich ein Wert trachtete Operationalisierung muss zudem von von CR=0,75. den Codierer*innen adäquat umgesetzt wer- Durch gemeinsame Codier-Sitzungen den. Die Forscher*innen-Codierer*innen-Vali- der Codierer*innen mit der Projektleitung in dität kann durch Messung der Forscher*innen- den ersten Phasen der Erhebung und weite- Codierer*innen-Reliabilität festgestellt wer- re Konkretisierungen der Codieranweisungen den. Gemessen wird hier die Übereinstimmung zu einzelnen Variablen mit geringen Überein- der Codierer*innen mit dem Forschenden. Eine stimmungswerten konnten Zweifelsfälle aus- Messung anhand von zehn Stichproben über geräumt werden. Ein zweiter Reliabilitätstest alle 214 Variablen ergab auch hier einen Wert im Anschluss an diese Schulung zeigte eine von CR=0,93. Dieser Wert ist wie ein Reliabili- Steigerung der Reliabilität auf einen Gesamt- tätskoeffizient zu bewerten (s. o.). 35 „Die Griechen provozieren!” Kriteriumsvalidität als weiterer Aspekt von standardisierten Kategoriensystem und Code- Validität kann nur sinnvoll im Nachgang die- buch. Ein hohes Maß an Standardisierung ser Studie durch einen Vergleich mit anderen (vorgegebene Kategorien zu möglichen Merk- (bisher noch nicht vorliegenden) Studien zum malsausprägungen) und der Zugriff auf nicht- gleichen Untersuchungsgegenstand bewertet reaktive Daten (Inhalte, die sich nicht während werden (vgl. Früh 2011: 196 ff.). des Erhebungsverfahrens ändern) sichern Ob- Die Neutralität einer Untersuchung wird 36 jektivität (Behnke/Baur/Behnke 2010: 125 f.). durch Objektivität sichergestellt. Eine Messung Objektivität wird zudem durch die statis- gilt dann als objektiv, wenn sie unabhängig tische Auswertung der Daten sichergestellt. von der Person, die diese Messung vornimmt, Offene Kategorien, die interpretiert werden zum selben Ergebnis führt. Durch die Anlage müssten, liegen in der vorgenommenen Unter- der Untersuchung und die Wahl der Methode suchung nicht vor. Die gewählte Methode un- kann Objektivität hergestellt werden. Bei der terstützt durch ihr hohes Maß an Standardisie- in dieser Studie gewählten Methode handelt rung eine objektive und neutrale Untersuchung es sich um eine Inhaltsanalyse mit einem stark der Fragestellung. Ergebnisse der Untersuchung 5 Ergebnisse der Untersuchung In den folgenden Abschnitten werden die Er- In 459 Nachrichtensendungen kamen keine gebnisse der Inhaltsanalyse hinsichtlich der Beiträge zur griechischen Staatsschuldenkrise Relevanz des Themas griechische Staats- vor. 282 Sendungen hatten einen oder meh- schuldenkrise, der Vielfalt der Akteure in der rere Beiträge zu diesem Thema. 139 Sendun- Berichterstattung, der Ausgewogenheit, der gen waren es in der „Tagesschau“, was 38,1 Neutralität und der analytischen Qualität der Prozent aller „Tagesschau“-Sendungen im Jahr Berichterstattung dargestellt. Die Erkenntnisse 2015 entspricht. In der Sendung „heute“ wurde werden jeweils am Ende eines Abschnitts zu- in 126 Nachrichtensendungen die griechische sammengefasst. Alle folgenden Darstellungen Staatsschuldenkrise thematisiert. Das ent- sind eigene Anfertigungen aus dem erhobenen spricht 34,5 Prozent aller „heute“-Sendungen empirischen Material. im Jahr 2015. Also war in mehr als jeder dritten Nachrichtensendung von ARD und ZDF die grie- 5.1 Relevanz des Themas chische Staatsschuldenkrise ein Thema. Insgesamt wurden 615 Beiträge zur griechi- Im Folgenden wird gezeigt, wie relevant das schen Staatsschuldenkrise erfasst. Sie haben Thema der griechischen Staatsschuldenkri- eine Gesamtlänge von mehr als 19 Stunden. se für die Nachrichtensendung von ARD und Obwohl die Nachrichtensendung „heute“ in we- ZDF war. Im Untersuchungszeitraum, dem niger Sendungen über die griechische Staats- gesamten Jahr 2015, wurden 747 Nachrich- schuldenkrise berichtete als die „Tagesschau“, tensendungen analysiert. Darunter sind 365 erfolgte die Berichterstattung in mehr Beiträgen. Sendungen der „Tagesschau“, 365 Sendun- In der „Tagesschau“ sind es 229 Beiträge, gen von „heute“ sowie 7 „Brennpunkte“ der die sich auf die griechische Staatsschuldenkri- ARD und 10 „ZDF spezial“. Bei „Brennpunkt“ se bezogen, in „heute“ sind es 252 Beiträge. 49 und „ZDF spezial“ handelt es sich jeweils um Beiträge konnten in den „Brennpunkten“ der Sondersendungen. Analysiert wurden jene, ARD gezählt werden, 85 Beiträge in den Sen- die sich auf die griechische Staatsschulden- dungen von „ZDF spezial“ (vgl. Abbildung 3). krise bezogen haben. Im Jahr 2015 gab es 43 Insgesamt berichtete die „Tagesschau“ über „Brennpunkt“-Sendungen. 16,3 Prozent da- eine Länge von 386 Minuten und 36 Sekun- von bezogen sich auf die griechische Staats- den über die griechische Staatsschuldenkrise, „heute“ berichtet schuldenkrise. Im gleichen Zeitraum gab es die Sendung „heute“ sendete über eine Dauer am längsten 60 „ZDF spezial“, 16,7 Prozent davon bezogen von 413 Minuten und 24 Sekunden Beiträge zu zu Griechenland sich auf die griechische Staatsschuldenkrise. diesem Thema. 132 Minuten und 33 Sekunden Insgesamt wurde Material im Umfang von wiesen die Beiträge zur griechischen Staats- mehr als 206 Stunden daraufhin gesichtet, ob schuldenkrise im „Brennpunkt“ und 257 Minu- ein Beitrag mit Bezug zur griechischen Staats- ten und 54 Sekunden in „ZDF spezial“ in ihrer schuldenkrise enthalten ist. Summe auf. 37 „Die Griechen provozieren!” Abbildung 3: Anzahl der Beiträge in den Nachrichtensendungen 300 250 252 Anzahl der Beiträge 229 200 150 100 85 50 49 0 Tagesschau heute Brennpunkt ZDF spezial Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung. Die durchschnittliche Länge der Beiträge unterscheidet sich zwischen „Tagesschau“ und 38 Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise auf den Untersuchungszeitraum verteilen. „heute“ kaum. Sie beträgt in der „Tagesschau“ Die Beiträge verteilen sich sehr unter- eine Minute und 41 Sekunden und in „heute“ schiedlich auf den Untersuchungszeitraum. Im eine Minute und 38 Sekunden. Die Sondersen- Verlauf ist erkennbar, dass die Anzahl der Bei- dungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ zeig- träge von Januar auf Februar stieg, dann folgte ten auch längere Beiträge. Die durchschnitt- ein Rückgang der Berichterstattung im März, liche Länge der Beiträge liegt beim „Brenn- April und Mai. Im Juni kam es dann mit 25,53 punkt“ bei 2 Minuten und 42 Sekunden, bei Prozent aller Beiträge zu einem starken Anstieg „ZDF spezial“ bei 3 Minuten und 2 Sekunden der Berichterstattung. Der Höhepunkt war im (vgl. Abbildung 4). Juli mit 33,82 Prozent aller Beiträge zur grie- Auch wenn dies kein Indikator zur Bewer- chischen Staatsschuldenkrise. Ab September tung der Relevanz ist, soll hier dennoch auch spielte das Thema kaum noch eine Rolle (vgl. beschrieben werden, wie sich die Beiträge mit Abbildung 5). Ergebnisse der Untersuchung Abbildung 4: Durchschnittliche Länge der Beiträge in den Nachrichtensendungen 3:30 Durchschnittliche Länge der Beiträge in Minuten 3:00 3:02 2:30 2:42 2:00 1:30 1:41 1:38 1:00 0:30 0 Tagesschau heute Brennpunkt ZDF spezial Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung. Diese Entwicklung und insbesondere die Euro-Finanzminister*innen am 11. und am 20. Steigerung der Berichterstattung in einigen Februar und ein EU-Gipfel der Staats- und Re- wenigen zeitlichen Abschnitten kann auf ein- gierungschefs und chefinnen waren der Anlass zelne Ereignisse im Verlauf der Krise zurückge- für eine intensive Berichterstattung zur grie- führt werden: Insbesondere die Treffen vor Aus- chischen Staatsschuldenkrise. Nach der Vor- laufen einer Stufe des Hilfspaketes im Februar lage einer Reformliste durch den griechischen und im Juni 2015 zogen große Aufmerksamkeit Finanzminister Yanis Varoufakis am 24. Februar auf sich und verstärkten die Berichterstattung. und der Zustimmung des Bundestages zur Ver- Diese Gipfel standen bei ablaufenden Fristen längerung des zweiten Hilfspakets Ende Febru- in engem zeitlichem Zusammenhang mit einer ar 2015 verlor das Thema an Relevanz. intensiven Berichterstattung zur griechischen Staatsschuldenkrise. Die Frist für das Auslaufen des zweiten Hilfspaketes wurde auf den 30. Juni 2015 fest- Am 28. Februar sollte das zweite Grie- gesetzt. Auch im Vorfeld dieser Frist kam es chenland-Hilfspaket auslaufen. Treffen der zu einer Reihe von Gipfeltreffen, die Anlass für 39 „Die Griechen provozieren!” Abbildung 5: Anteil der Beiträge in den Untersuchungsmonaten im zeitlichen Verlauf 40% 33,82 % 35 % 30 % Anteil der Beiträge 25,53 % 25 % 20 % 15 % 11,38 % 10 % 7,48 % 7,32 % 5,69 % 4,88 % 5 % 1,46 % 1,46 % 0 Jan. Febr. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. 0,49 % 0,16 % 0,16 % Okt. Nov. Dez. Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung. eine intensive Berichterstattung waren. Das 2015 für einen massiven Anstieg der Bericht- Treffen der Euro-Finanzminister*innen am 18. erstattungsintensität. Das Referendum am 5. Juni, ein Sondergipfel der EU-Staats- und Re- Juli, die Schließung griechischer Banken, das gierungschefs und -chefinnen am 21. und 22. Treffen der Euro-Finanzminister*innen und Re- Anstieg der Juni, ein Treffen der Euro-Finanzminister*innen gierungschefs und -chefinnen am 7. Juli sowie Berichterstattung am 24. Juni und schließlich der Gipfel der die Verhandlungen um ein neues Hilfspaket nach Scheitern EU-Staats- und Regierungschefs und -che- waren im Juli Ereignisse, die eine sehr starke der Verhandlungen finnen waren Anlass für eine Steigerung der Berichterstattung beförderten. Nachdem eine Berichterstattungsintensität. Einigung am 12. Juli bei einem Gipfel der Euro- Das Scheitern dieser Verhandlungen und die Ankündigung eines Referendums durch 40 Staaten zustande kam, ließ die Berichterstattung im August erheblich nach. den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Die Berichterstattungsintensität zur grie- Tsipras am 27. Juni sorgten im Zusammenhang chischen Staatsschuldenkrise ist in den unter- mit der Frist für das zweite Hilfspaket Ende Juni suchten Nachrichtensendungen im zeitlichen Ergebnisse der Untersuchung Abbildung 6: Anzahl der Beiträge nach Sendungen im zeitlichen Verlauf 80 70 Anzahl der Beiträge 60 50 40 30 20 10 0 Jan. Febr. März Apr. Tagesschau Mai Juni heute Juli Aug. Brennpunkt Sept. Okt. Nov. Dez. ZDF spezial Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung. Verlauf weitestgehend ähnlich und verläuft hepunkt der Krise im Juli berichtete die „Ta- zwischen den Hauptnachrichtensendungen gesschau“ in 66 und „heute“ in 69 Beiträgen. „Tagesschau“ und „heute“ nahezu synchron. Auffällig ist, dass die Sendung „heute“ ab Au- Die „Tagesschau“ startete das Jahr 2015 gust 2015 erstmals erkennbar seltener als die im Januar mit 16 Beiträgen zur griechischen „Tagesschau“ auf das Thema einging. So sind Staatsschuldenkrise, „heute“ mit 24. In den es in „heute“ 15 Beiträge, während sich in der Folgemonaten gab es in der Regel in „heute“ „Tagesschau“ 20 Beiträge finden lassen. Im 3 bis 8 Beiträge zur griechischen Staatsschul- September zeigte „heute“ lediglich vier Beiträ- denkrise mehr als in der „Tagesschau“. Beide ge, danach gar keine mehr (vgl. Abbildung 6). Hauptnachrichtensendungen steigerten sich Die Berichterstattungsintensität ist in den im Februar – die „Tagesschau“ auf 32 Beiträge, Sondersendungen „ZDF spezial“ höher als in „heute“ auf 39 Beiträge. In den Folgemonaten den „Brennpunkten“ der ARD. Es gab zum ei- nahm die Berichterstattungsintensität ab und nen mehr „ZDF spezial“-Sendungen und zum erlebte ihren ersten Tiefpunkt im Mai. Zum Hö- anderen auch mehr Beiträge in den einzelnen 41 „Die Griechen provozieren!” Abbildung 7: Durchschnittliche Anzahl der Beiträge in den Nachrichtensendungen Durchschnittliche Anzahl der Beiträge pro Sendung 9 8,50 8 7 7,00 6 5 4 3 2 1 0 0,66 Tagesschau 0,67 heute Brennpunkt ZDF spezial Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung. Sendungen. Es wurden 10 „ZDF spezial“ zur Sendung, bei den ARD-„Brennpunkten“ waren griechischen Staatsschuldenkrise mit einer es 7 Beiträge pro Sendung. Die Nachrichten- durchschnittlichen Länge von 15 Minuten und sendungen „heute“ und „Tagesschau“ sende- 14 Sekunden ausgestrahlt und 7 „Brennpunk- ten in etwa gleich viele Beiträge pro Sendung. te“ mit einer durchschnittlichen Länge von 0,67 Beiträge waren es pro „heute“-Sendung 6 Minuten und 41 Sekunden. Die Sonderbe- und 0,66 Beiträge waren es pro „Tagesschau“- richterstattung des ZDF war also erkennbar Sendung (vgl. Abbildung 7). intensiver. 42 Die griechische Staatsschuldenkrise war Diese Sondersendungen befassten sich im Jahr 2015 eines der zentralen Themen in ausschließlich mit der griechischen Staats- den Fernsehnachrichten der ARD und des ZDF. schuldenkrise und dementsprechend hoch ist Dies lässt sich daran erkennen, dass 22,6 Pro- hier auch die Zahl der Beiträge pro Sendung. Die zent der Beiträge mit Bezug zur griechischen durchschnittliche Anzahl der Beiträge lag in den Staatsschuldenkrise an der ersten Stelle ei- „ZDF spezial“-Sendungen bei 8,5 Beiträgen pro ner Sendung positioniert waren, folglich als Ergebnisse der Untersuchung Abbildung 8: Positionierung von Beiträgen in den Nachrichtensendungen 30 % Anteil der Beiträge 25 % 24,6 % 22,6 % 20 % 16,7 % 15 % 12,2 % 10 % 8,8 % 5,9 % 5 % 3,1 % 1,6 % 1,1 % 1,3 % 0,7 % 0,7 % 0,3 % 0,3 % 0,2 % 8 9 10 11 12 13 14 15 0 1 2 3 4 5 6 7 Positionierung in der Nachrichtensendung Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung. „Aufmacher“ gelten. Die Positionierung ist krise zu Beginn der Nachrichtensendungen, Ausdruck der Relevanz eines Themas. Je be- was bei der „Tagesschau“ 26,6 Prozent und bei deutsamer ein Thema den Journalist*innen „heute“ 24,2 Prozent der Beiträge entspricht. erscheint, desto weiter an den Anfang einer Diese hohe Relevanz zeigte sich bereits zu Nachrichtensendung wird es platziert. 24,6 Jahresbeginn im Januar mit elf Beiträgen an Prozent der Beiträge befanden sich an zweiter erster Position und im Februar mit 16 Beiträgen und 16,7 Prozent an dritter Stelle. Somit sind an erster Position. Im März fiel die Relevanz, im 64 Prozent aller Beiträge zum Thema griechi- Mai war kein Beitrag zur griechischen Staats- sche Staatsschuldenkrise unter den ersten drei schuldenkrise zu Beginn einer Nachrichtensen- Höhepunkt im Juni Beiträgen einer Sendung zu finden (vgl. Abbil- dung platziert. Ihren Höhepunkt hatte die Rele- und Juli 2015 dung 8). Zwischen „Tagesschau“ und „heute“ vanz des Themas im Juni und Juli, wo 39 bzw. 47 gibt es hinsichtlich der Positionierung kaum Beiträge zur griechischen Staatsschuldenkrise Unterschiede. Beide Sendungen positionierten die erste Position der Nachrichtensendungen 61 Beiträge zur griechischen Staatsschulden- innehatten. In den Folgemonaten sank die 43 „Die Griechen provozieren!” Abbildung 9: Beiträge an erster Position der Nachrichtensendungen im zeitlichen Verlauf 50 47 Anzahl der Beiträge an erster Position 45 39 40 35 30 25 20 16 15 12 11 10 7 6 5 0 Jan. Febr. März Apr. 0 Mai 1 Juni Juli Aug. Sept. 0 Okt. 0 Nov. 0 Dez. Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=139, 2015 Quelle: eigene Darstellung. Hohe Relevanz 44 Relevanz stark, im August waren nur noch 7 zent der Beiträge mit Bezug zur griechischen Beiträge als erste innerhalb der Nachrichten- Staatsschuldenkrise als Aufmacher für die sendungen platziert, im September noch einer. Nachrichtensendungen genutzt. „Tagesschau“ Danach schaffte es das Thema nicht mehr auf und „heute“ unterschieden sich in ihrer Be- die erste Position (vgl. Abbildung 9). richterstattungsintensität kaum. Ein Großteil Zusammenfassend lässt sich feststel- der Berichterstattung von „Tagesschau“ und len, dass die Nachrichtensendungen „Tages- „heute“ fand in den Monaten Februar, Juni schau“ und „heute“ das Thema griechische und Juli 2015 statt. Nach einer Einigung zwi- Staatsschuldenkrise als sehr relevant angese- schen den Konfliktparteien im Juli verlor das hen haben. Im Jahr 2015 war in 38 Prozent der Thema massiv an Relevanz: „Tagesschau“ und „Tagesschau“-Sendungen und 34 Prozent der „heute“ berichteten dann kaum noch über das „heute“-Sendungen mindestens ein Beitrag Thema. Insgesamt strahlte das ZDF im Jahr zur griechischen Staatsschuldenkrise vertre- 2015 mehr Sondersendungen zur griechischen ten. Außerdem wurde das Thema in 22,6 Pro- Staatsschuldenkrise aus als die ARD. Ergebnisse der Untersuchung Abbildung 10: Anteil der Beiträge differenziert nach Vielfalt der O-Ton-Geber*innen 37 % 36 % 35,6 % Anteil der Beiträge 35 % 34 % 33 % 32,4 % 32 % 32,0 % 31 % 30 % Kein O-Ton Eine O-Ton-Geber-Gruppe Mehr als eine O-Ton-Geber-Gruppe Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung. 5.2 Vielfalt der Akteure in der Berichterstattung die Akteursvielfalt der Beiträge aus. Hierfür wurden die O-Töne der Beiträge betrachtet. Es wurde untersucht, wie viele unterschiedliche Die Vielfalt als Qualitätsmerkmal wurde auch Akteure zu Wort gekommen sind und ihre Aus- auf der Akteursebene operationalisiert. Zu un- sagen direkt senden konnten. tersuchen war, ob alle relevanten politischen Dabei wurden kollektive Akteure, wie die Akteure beachtet und ihre Positionen wieder- griechische Regierung, die deutsche Regie- gegeben wurden. Dafür wurde untersucht, rung, Vertreter*innen der EU (EU-Kommissi- welche politischen Akteure in O-Tönen zu Wort on, Vertreter*innen des Europaparlaments kamen. Dies erlaubt eine Aussage darüber, ob und der Präsident des Europäischen Rates), politische Akteure dargestellt wurden, die für Vertreter*innen der Eurogruppe und andere verschiedene Positionen stehen. Akteure jeweils kollektiv als ein Akteur gezählt, Die Anzahl der Akteure, die in einem Bei- da sie in der Regel für eine Position stehen. Für trag direkt zu Wort kommen, sagt etwas über die folgende Analyse wurde zusammengezählt, 45 „Die Griechen provozieren!” Abbildung 11: Anteil der Beiträge differenziert nach Vielfalt der O-Ton-Geber*innen und Sendung 80 % 75,3 % Anteil der Beiträge 70 % 60 % 53,1 % 50 % 40 % 30 % 40,2 % 36,7 % 44,0 % 34,5 % 23,1 % 30,6 % 21,4 % 20 % 16,3 % 10,6 % 10 % 14,1 % 0 Tagesschau Kein O-Ton heute Eine O-Ton-Geber-Gruppe Brennpunkt ZDF spezial Mehr als eine O-Ton-Geber-Gruppe Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung. wie viele dieser Akteursgruppen in O-Tönen in wurden vielfältige Akteure durch O-Töne dar- den Beiträgen auftraten. Daran ist feststellbar, gestellt (vgl. Abbildung 10). wie vielfältig die Positionen in O-Tönen sein können. Es zeigt sich, dass in den meisten Beiträ- 46 Im Folgenden sollen diese Ergebnisse zwischen den untersuchten Sendungen vergleichend dargestellt werden. gen, in denen O-Töne vorkommen, mehr als nur Im Vergleich zwischen den untersuchten eine O-Ton-Geber*innen-Gruppe dargestellt Sendungen fällt auf, dass in den Hauptnach- wurde. Eine O-Ton-Geber*innen-Gruppe findet richtensendungen „Tagesschau“ und „heu- sich in 32,0 Prozent der Beiträge. So wurden te“ in mehr Beiträgen mehr als eine O-Ton- beispielsweise innerhalb eines Beitrags nur Geber*innen-Gruppe zu Wort kam. Dies ist in Vertreter*innen der EU in O-Tönen dargestellt der „Tagesschau“ in 40,2 Prozent der Beiträge und andere Vertreter*innen nicht. Mehr als der Fall, in „heute“ in 34,5 Prozent. Dies spricht eine O-Ton-Geber*innen-Gruppe findet sich für Akteursvielfalt bei O-Tönen in diesen Sen- hingegen in 32,4 Prozent der Beiträge. Hier dungen. Nur eine O-Ton-Geber*innen-Gruppe Ergebnisse der Untersuchung findet sich in beiden Sendungen ähnlich sel- eine Akteursgruppe zu Wort. In „Tagesschau“ ten: in der „Tagesschau“ in 23,1 Prozent der und „heute“ wurde auf Beitragsebene stärker Beiträge, in „heute“ in 21,4 Prozent (vgl. Ab- auf die Vielfalt der Akteure geachtet als in den bildung 11). Sondersendungen. Über alle Beiträge hinweg Vielfältige Akteure kamen jedoch bei allen Sendungen vielfältige kommen zu Wort In den Sondersendungen ist es erheblich häufiger der Fall, dass nur eine Gruppe von O- Akteure zu Wort. Ton-Geber*innen zu Wort kam. Dies ist in 53,1 Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge der Fall und in 75,3 Prozent der „ZDF spezial“-Beiträge. Diese Sendungen weisen demnach eine geringere 5.3 Ausgewogenheit in der Berichterstattung Vielfalt von O-Ton-Geber*innen innerhalb eines Im Folgenden soll die Ausgewogenheit der Beitrags auf. Dies ist auch auf die Verwendung Berichterstattung zur griechischen Staats- der Darstellungsform Interview in Sondersen- schuldenkrise in den Nachrichtensendungen dungen zurückzuführen, bei der häufig nur ein „Tagesschau“, „heute“ und in den Sondersen- Akteur zu Wort kommt. dungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ unter- Insgesamt und über alle Beiträge hinweg sucht werden. sind die O-Töne jedoch auf vielfältige Akteu- Anhand des Auftretens der politischen re verteilt. Es wurden insgesamt 126 unter- Akteure kann eine Aussage über die Ausge- schiedliche andere Akteure gezählt, die in wogenheit der Nachrichtenberichterstattung O-Tönen zu Wort kamen. Darunter sind u. a. getroffen werden. Eine ausgewogene Bericht- Barack Obama, Christine Lagarde, Ökono- erstattung liegt dann vor, wenn alle in der öf- men wie Marcel Fratzscher, Clemens Fuest fentlichen Diskussion vorgetragenen Argumen- oder Peter Bofinger, griechische Politik- und te und Standpunkte berücksichtigt werden und Sozialwissenschaftler*innen, Zentralbänker die jeweiligen politischen Akteure, die diese wie Mario Draghi, Syriza-Abgeordnete wie bei- Standpunkte repräsentieren, gleichgewichtig spielsweise Nikos Manios, deutsche Politiker zu Wort kommen. Daher wurde erfasst, wie wie Bernd Riexinger, Wolfgang Bosbach, Ma- häufig die griechische und deutsche Regierung nuel Sarrazin oder Thomas Oppermann. Die und andere politische Akteure auftraten. Es Vielfalt der Akteure, welche in den Nachrich- geht hierbei um die Akteursausgewogenheit. tensendungen durch O-Töne zu Wort kamen, ist So kann bestimmt werden, ob alle politischen dementsprechend breit. Akteure angemessen zu Wort kamen. Zusätzfestgehalten lich soll anhand der Bewertungsausgewogen- werden, dass über alle Beiträge hinweg Ak- heit gezeigt werden, ob Bewertungen dieser teursvielfalt gegeben ist, da unterschiedliche Akteure in der Berichterstattung ausgewogen Akteure Anlass der Berichterstattung waren. waren. Akteursausgewogenheit und Bewer- Auf Beitragsebene kamen zumeist mehr als tungsausgewogenheit der Berichterstattung Zusammenfassend kann 47 „Die Griechen provozieren!” zur griechischen Staatsschuldenkrise werden Prozent aller Beiträge genannt oder gezeigt. in den folgenden Abschnitten analysiert. Demgegenüber war die deutsche Regierung deutlich seltener in der Berichterstattung 5.3.1Akteursausgewogenheit vertreten. In 41,6 Prozent der Beiträge wur- In den folgenden Abschnitten geht es darum den Kanzlerin Angela Merkel oder Finanz- festzustellen, ob die zentralen Akteure in ei- minister Wolfgang Schäuble genannt oder nem gleichgewichtigen Verhältnis in der Be- gezeigt. Andere Entscheidungsträger*innen richterstattung zur griechischen Staatsschul- wie Vertreter*innen der EU-Kommission, des denkrise dargestellt wurden, ob sie in gleichem Internationalen Währungsfonds oder der Eu- Verhältnis Aussagen senden konnten und emp- rogruppe wurden in 42,1 Prozent aller Beiträge fangen haben und ob sie in gleichem Umfang in namentlich erwähnt bzw. im Bild gezeigt (vgl. O-Tönen zu Wort gekommen sind. Abbildung 12). Im Folgenden wird das Auftreten dieser Akteure differenziert nach den Sendun- Ausgewogenheit der Nennung und Darstellung von Akteuren gen betrachtet. Hinsichtlich einer Differenzierung zwischen Im Folgenden soll nun dargestellt werden, wie den einzelnen Sendungen lässt sich feststel- hoch der Anteil der Beiträge mit einem Auf- len, dass in der Sendung „heute“ die griechi- treten von Akteuren – gemessen an der Ge- schen Regierungsakteure in 72,5 Prozent aller samtanzahl der Beiträge – ist, um im weiteren Beiträge genannt wurden, während der Wert Verlauf aufzuzeigen, wie häufig politische Ak- bei der „Tagesschau“ bei 66,4 Prozent lag. teure in den Beiträgen namentlich genannt und Beim „Brennpunkt“ lag der Anteil bei 69,3 Pro- wie häufig sie auf Bildebene gezeigt wurden. zent, bei „ZDF spezial“ bei 52,9 Prozent. Die Die Analyse soll Aufschluss über die Ausgewo- deutsche Regierung wurde in allen untersuch- genheit der Berichterstattung zur griechischen ten Sendungen seltener genannt oder gezeigt. Staatsschuldenkrise liefern. Sie kam nur in 21,3 Prozent der „Tagesschau“- Griechische Akteure der griechischen und deutschen Beiträge vor und in 43 Prozent der „heute“-Bei- Regierung im Fokus Regierung wurden in den untersuchten Bei- träge. Im „Brennpunkt“ war sie in 46,9 Prozent trägen, unabhängig von einer möglichen der Beiträge vertreten und in „ZDF spezial“ in Personalisierung, genannt oder gezeigt. Es 37,6 Prozent. 48 liegen aber deutliche Unterschiede hinsicht- Dies verdeutlicht, dass griechische Regie- lich der Regierungen beider Länder in Bezug rungsakteure in allen untersuchten Nachrich- auf die Häufigkeit vor. Über alle Sendungen tensendungen häufiger in Beiträgen genannt hinweg wurde die griechische Regierung mit und gezeigt wurden als deutsche Regierungs- Ministerpräsident Alexis Tsipras und Finanz- akteure. Allerdings ist die Differenz bei den minister Yanis Varoufakis oder dessen Nach- untersuchten Nachrichtensendungen unter- folger, Euklid Tsakalotos, in insgesamt 67,3 schiedlich groß. Die „Tagesschau“ weist mit Ergebnisse der Untersuchung Abbildung 12: Anteil der Beiträge mit Nennung oder Darstellung von Akteuren 42,1 % Andere Entscheidungsträger Deutsche Regierung 41,6 % Griechische Regierung 67,3 % 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % Anteil der Beiträge Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, Mehrfachnennungen, 2015 Quelle: eigene Darstellung. 45,1 Prozent die größte Differenz auf, während auffällig, dass die Differenz in der „Tages- diese bei „heute“ bei nur 29,5 Prozent liegt. schau“ größer ist als in der Sendung „heute“. In den untersuchten Sondersendungen ist die Differenz deutlich geringer. So beträgt sie beim Ausgewogenheit der Akteure als „Brennpunkt“ 22,4 Prozent und 15,3 Prozent Adressaten und Sender von Aussagen bei „ZDF spezial“ (vgl. Abbildung 13). Innerhalb der untersuchten Beiträge werden Zusammenfassend kann festgestellt wer- aber auch Aussagen über kollektive und indi- den, dass Akteure der griechischen Regierung viduelle Akteure getroffen, welche im Folgen- häufiger Berichterstattungsgegenstand waren den Attribuierungen genannt werden. Gemeint als andere Akteure. Gleiches gilt auch für die sind hier Aussagen von Akteuren über Akteu- Häufigkeit der Erwähnung auf Text- oder Bild- re, wie z. B. Zuschreibungen von Ursachen und ebene in den untersuchten Beiträgen. Über die Wirkungen oder Wertungen von politischen deutsche Regierung wurde demzufolge insge- Akteuren. Im Folgenden wird gefragt, ob diese samt weniger berichtet. Hierbei ist allerdings Adressierungen ausgewogen in der Berichter- 49 „Die Griechen provozieren!” Abbildung 13: Anteil der Beiträge mit Nennung oder Darstellung der griechischen und deutschen Regierung 80 % 72,6 % Anteil der Beiträge 70 % 69,3 % 66,4 % 60 % 52,9 % 50 % 45,1 % 46,9 % 42,8 % 37,6 % 40 % 29,8 % 30 % 22,4 % 21,3 % 15,3 % 20 % 10 % 0 Tagesschau heute Griechische Regierung Brennpunkt Deutsche Regierung ZDF spezial Differenz Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung. 50 stattung zur griechischen Staatsschuldenkrise andere politische Akteure analysiert, worun- waren. ter u. a. Vertreter*innen der EU-Kommission, Erfasst wurden in vorliegender Forschungs- der Eurogruppe, der Europäischen Zentral- arbeit Attribuierungen, die durch Direkt-Zitate bank, des Internationalen Währungsfonds und Alle reden über (z. B. in Form von O-Tönen), aber auch durch indi- Vertreter*innen von Parlamenten fallen. Die die griechische rekte Zitate (von anderen wiedergegebene Aus- gewonnenen Daten sollen im Folgenden dar- Regierung … sagen, z. B. von einem Korrespondent*innen gestellt werden. oder Nachrichtensprecher*innen) erfolgten. Die griechische Regierung war mit Abstand Dies geschah sowohl für die deutsche und die häufigster Attribuierungsadressat. Bei 41,5 griechische Regierung im Allgemeinen als auch Prozent der Beiträge wurden von anderen Ak- im Speziellen. Das heißt, die Beiträge wurden teuren Aussagen über sie getroffen, welche auch hinsichtlich Attribuierungen einzelner sich aber vielfach auf sie im Allgemeinen be- politischer Akteure untersucht. Darüber hi- schränkten. In 17,1 Prozent der Beiträge wurden naus wurden diese Attribuierungen auch für auch Aussagen über Ministerpräsident Alexis Ergebnisse der Untersuchung Abbildung 14: Anteil der Beiträge mit politischen Akteuren als Adressaten bzw. Sendern von Aussagen 11,4 % Griechische Regierung 11,2 % Alexis Tsipras 17,1 % 5,4 % 4,7 % Yanis Varoufakis Euklid Tsakalotos 41,5 % 0,5 % 0,2 % 10,9 % 11,2 % Deutsche Regierung 6,0 % 6,7 % Angela Merkel Wolfgang Schäuble 4,1 % 8,1 % Andere 42,1 % 15,6 % 0 % 5 % 10 % 15 % 20 % 25 % 30 % 35 % 40 % 45 % Anteil der Beiträge Sender Adressat Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, Mehrfachantworten, 2015 Quelle: eigene Darstellung. Tsipras getroffen und 4,7 Prozent der Beiträge attribuiert, Finanzminister Wolfgang Schäuble beinhalteten Attribuierungen von Finanzmi- mit 4,1 Prozent etwas weniger. Zuvor darge- nister Yanis Varoufakis. Sein Nachfolger Euklid stellte Ergebnisse weisen eine Gemeinsamkeit Tsakalotos spielte indes keine große Rolle in beider Regierungen auf: Die Regierungschefs der medialen Berichterstattung. Nur in einem und -chefinnen wurden häufiger mit Aussagen Fall lassen sich Aussagen über ihn finden (vgl. adressiert als die Finanzminister*innen der je- Abbildung 14). weiligen Länder. Attribuierungen der deutschen Regierung Betrachtet man dem gegenübergestellt, ließen sich gegenüber solchen der griechi- wer in den untersuchten Beiträgen Aussagen schen Regierung erheblich seltener finden. über andere Akteure traf, fällt auf, dass die … doch sie selbst Nur 11,2 Prozent der Beiträge beinhalteten Aus- griechische Regierung nur in 11,4 Prozent der kommt kaum zu Wort sagen von Akteuren über die deutsche Regie- Beiträge als Sender von Attributionen auftrat. rung. Personenbezogen wurde Bundeskanzle- Während in 41,5 Prozent der Beiträge über die rin Angela Merkel in 6,7 Prozent der Beiträge griechische Regierung Aussagen getroffen wur- 51 „Die Griechen provozieren!” Tabelle 3: Anteil der Beiträge mit Attribuierungen von politischen Akteuren Sender Adressaten Griechische Regierung Alexis Tsipras Yanis Varoufakis Euklid Tsakalotos Deutsche Regierung Angela Merkel Wolfgang Schäuble Andere Griechische Regierung 7,3 % 7,5 % 3,6 % 0,3 % 8,8 % 5,2 % 6,8 % 33,5 % Alexis Tsipras 3,3 % 4,6 % 1,0 % 0,2 % 2,9 % 2,6 % 1,3 % 13,8 % Yanis Varoufakis 1,6 % 0,8 % 1,5 % 0,0 % 1,5 % 0,5 % 2,0 % 3,9 % Euklid Tsakalotos 0,0 % 0,0 % 0,0 % 0,0 % 0,0 % 0,0 % 0,2 % 0,2 % Deutsche Regierung 2,6 % 2,4 % 0,5 % 0,2 % 2,9 % 1,5 % 1,0 % 8,8 % Angela Merkel 1,5 % 1,6 % 0,3 % 0,0 % 2,0 % 1,3 % 0,3 % 5,0 % Wolfgang Schäuble 0,7 % 0,5 % 0,3 % 0,2 % 1,5 % 0,3 % 0,8 % 3,1 % Andere 5,2 % 5,7 % 3,3 % 0,2 % 2,9 % 1,1 % 2,4 % 11,7 % Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, Mehrfachantworten, 2015 Quelle: eigene Darstellung. den, trat sie erheblich seltener als Sender auf. in 5,4 Prozent der Beiträge Attributionen aus, Hier zeigt sich ein Ungleichgewicht. Bei der Angela Merkel in 6 Prozent. Andere Akteure deutschen Regierung findet sich ein solches waren in 42,1 Prozent der Beiträge Sender von Ungleichgewicht nicht: Sie trat in 10,9 Prozent Aussagen. Diese Gruppe wurde nicht näher er- der Beiträge als Sender auf, während sie in fasst. Hierzu zählen beispielsweise alle euro- 11,2 Prozent der Beiträge adressiert wurde. Die päischen Akteure, Oppositionspolitiker*innen Diskrepanz ist erheblich geringer. und Vertreter*innen Bei den individuellen Akteuren trat Alexis 52 des Internationalen Währungsfonds. Tsipras am häufigsten als Sender auf, nämlich Beim Blick darauf, wessen Attributionssen- in 11,2 Prozent der Beiträge. Am zweithäufigs- dungen und -adressierungen zusammenfallen, ten, in 8,1 Prozent der Beiträge, wurden Attri- fällt auf, dass die griechische Regierung häu- butionen von Wolfgang Schäuble in den Bei- fig Aussagen empfing, wenn sie auch sendete. trägen gesendet. Er war somit doppelt so oft Dies ist in 7,3 Prozent der Beiträge der Fall. Es Sender als Adressat. Yanis Varoufakis sendete sind vielfach Beiträge, in denen die griechische Ergebnisse der Untersuchung Abbildung 15: Länge der O-Töne der politischen Akteure in den Nachrichtenbeiträgen 210:00 Länge der O-Töne in Minuten 180:00 179:18 150:00 120:00 90:00 80:12 60:00 30:00 36:03 29:48 10:38 0:00 Griechische Regierung Deutsche Regierung EU-Vertreter Euro-GruppenVertreter Andere Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung. Regierung ihre eigenen Leistungen beurteilte gierung dargestellt. Am häufigsten unter den oder ihre Ziele definierte. So hieß es beispiels- näher bestimmten Akteuren – in 8,8 Prozent weise in einem O-Ton von Alexis Tsipras in der der Beiträge – trafen die deutsche Regierung Sendung „heute“ am 9. April 2015 „Das Ziel als Sender und die griechische Regierung als unserer Regierung ist, Griechenland in der Adressat zusammen. Die Gruppe der anderen Eurozone zu halten. Wir sind überzeugt, dass Akteure trat bei allen Adressaten am häufigs- unsere Probleme Probleme von ganz Europa ten als Sender auf. Während die griechische sind.“ Und am 8. Februar 2015 in der „Tages- Regierung am häufigsten als Sender und als schau“: „Der neue griechische Ministerpräsi- Adressat gleichzeitig auftrat, was auch für Ale- dent Tsipras ist überzeugt, dass sein Land mit xis Tsipras und Yanis Varoufakis in Bezug auf den Partnern der Eurozone eine Übereinkunft die griechische Regierung gilt, trat die deut- zur Lösung der Schuldenkrise erreichen wird.“ sche Regierung dann am häufigsten als Sender Hier wurde eine Aussage des griechischen auf, wenn die griechische Regierung adressiert Ministerpräsidenten über die griechische Re- wurde. Dieses Phänomen ist auch bei Angela 53 „Die Griechen provozieren!” Merkel und Wolfgang Schäuble als Sender fest- 12 Sekunden in O-Tönen in den untersuchten stellbar (vgl. Tabelle 3). Nachrichtensendungen zur griechischen Staats- Zusammenfassend lässt sich festhalten, schuldenkrise sprach. Vertreter*innen der EU, dass die griechische Regierung häufig durch worunter die EU-Kommission, das Europaparla- Aussagen anderer Akteure adressiert wurde, ment und der Präsident des Europäischen Rates nämlich in 41,5 Prozent der Beiträge. Aber gezählt wurden (also beispielsweise Jean-Clau- deutlich seltener wurden Aussagen der grie- de Juncker, Martin Schulz oder Donald Tusk), chischen Regierung in den untersuchten Bei- sprachen 29 Minuten und 48 Sekunden in O- trägen gesendet, nämlich nur in 11,4 Prozent Tönen, Vertreter*innen der Eurogruppe in 10 Mi- der Beiträge. Eine solche Diskrepanz fand sich nuten und 38 Sekunden. Alle anderen Akteure, bei der deutschen Regierung nicht: Aussagen z. B. Parlamentarier*innen und Expert*innen, über sie wurden in gleichem Umfang gesen- sprachen zusammengezählt in 179 Minuten und Fehlende det wie Aussagen von ihr. Dies spricht für eine 18 Sekunden (siehe Abbildung 15). Ausgewogenheit in fehlende Ausgewogenheit der Berichterstat- Der Anteil der griechischen Regierung an Akteursaussagen tung in der Berichterstattung zur griechischen den O-Tönen lag bei gerade einmal 10,7 Prozent. Staatsschuldenkrise. Der Anteil der deutschen Regierung lag bei 23,8 Prozent. Die untersuchten Nachrichtensendun- Ausgewogenheit des Umfangs der O-Töne gen ließen demnach in ihrer Berichterstattung von Akteuren zur griechischen Staatsschuldenkrise die deut- Politische Akteure senden Aussagen in Beiträ- sche Regierung erheblich häufiger und länger gen der untersuchten Nachrichtensendungen zu Wort kommen als die griechische Regierung auch durch O-Töne in Form von wörtlicher Rede. (vgl. Abbildung 15 und Anhang 1). Die Auswahl Die Frage ist, ob die unterschiedlichen Akteure der O-Ton-Geber war demnach weitestgehend in einem ausgewogenen Verhältnis in der Be- vielfältig über die Beiträge hinweg, in ihren Um- richterstattung zur griechischen Staatsschul- fang jedoch nicht ausgewogen. denkrise zu Wort kamen. 54 Dies zeigt sich auch in der durchschnitt- Insgesamt kamen in 390 Beiträgen Akteu- lichen Länge der O-Töne der verschiedenen re durch O-Töne zu Wort. Das entspricht 63,4 politischen Akteure. Im Durchschnitt kam die Prozent aller Beiträge. Insgesamt wurden im griechische Regierung pro Sendung, in der sie Untersuchungszeitraum 5 Stunden und 36 Mi- mit einem O-Ton vertreten war, 12 Sekunden nuten O-Töne gesendet. zu Wort, die deutsche Regierung jedoch 26 Die Aufteilung dieser „Redezeit“ auf die Sekunden. Auch Vertreter*innen der EU (EU- einzelnen politischen Akteure ist jedoch sehr Kommission, Europaparlament, Präsident des unterschiedlich: Die griechische Regierung kam Europäischen Rates) durften im Durchschnitt nur in 36 Minuten und 3 Sekunden zu Wort, wäh- länger sprechen, nämlich 15 Sekunden (vgl. rend die deutsche Regierung in 80 Minuten und Anhang 1). Ergebnisse der Untersuchung Im Vergleich zwischen den untersuchten im Durchschnitt 10 Sekunden zu Wort kam, Nachrichtensendungen zeigen sich kaum Un- sind es in „heute“ 11 Sekunden. Während die terschiede zwischen „Tagesschau“ und „heu- deutsche Regierung in der „Tagesschau“ 21 te“. Die griechische Regierung kam in der Sekunden sprechen konnte, sind es in „heute“ „Tagesschau“ in 16 Minuten und 31 Sekunden 27 Sekunden. Auch bei den Vertreter*innen der direkt zu Wort, in „heute“ in 15 Minuten und EU (EU-Kommission, Europaparlament, Rats- 18 Sekunden. Die deutsche Regierung kam in vorsitz) und bei anderen Akteuren wurden zwi- der „Tagesschau“ über 31 Minuten und 39 Se- schen den beiden Hauptnachrichtensendungen kunden zu Wort, in „heute“ über 35 Minuten wenige Unterschiede beim O-Ton-Einsatz von und 9 Sekunden. Die Differenz der Sprechzei- Akteuren gemacht. Die durchschnittliche Län- ten von griechischer und deutscher Regierung ge der O-Töne der griechischen Regierung im liegt in der Berichterstattung zur griechischen „Brennpunkt“ lag bei einer Minute und 43 Se- Staatsschuldenkrise über den gesamten Unter- kunden. In „ZDF spezial“ waren es nur 15 Sekun- suchungszeitraum in der „Tagesschau“ bei 15 den durchschnittliche Redezeit. Die Redezeit Minuten und 8 Sekunden und in „heute“ bei 19 der deutschen Regierung lag im Durchschnitt im Die deutsche Minuten und 51 Sekunden. Die beiden Nachrich- „Brennpunkt“ bei 47 Sekunden. In „ZDF spezi- Regierung kommt tensendungen unterschieden sich im Ungleich- al“ kam die deutsche Regierung im Durchschnitt länger zu Wort gewicht der O-Ton-Zeit zwischen deutscher und 26 Sekunden zu Wort (vgl. Anhang 2). griechischer Regierung demnach kaum. Die lange Redezeit in den Sondersendun- Größere Unterschiede zeigten sich bei den gen kann auf den Einsatz der Darstellungsform Sondersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF Interview zurückgeführt werden: Im „Brenn- spezial“. Die griechische Regierung kam in punkt“ war mehr als zwei Drittel der Zeit, in „Brennpunkten“ erheblich länger zu Wort als der politische Akteure direkt zu Wort kamen, in „ZDF spezial“-Sendungen. Insgesamt wur- der Darstellungsform Interview zugeordnet den im „Brennpunkt“ in 3 Minuten und 27 (32:25 von 45:10 Minuten), in „ZDF spezial“ Sekunden O-Töne der griechischen Regierung war es etwas mehr als die Hälfte (53:48 von gesendet, in „ZDF spezial“ waren es nur 47 100:01 Minuten). In langen Interviews kamen Sekunden. Die deutsche Regierung kam im jedoch kaum griechische Akteure zu Wort. Dies „Brennpunkt“ in 7 Minuten und 57 Sekunden ist in gerade einmal 3 Minuten und 12 Sekun- zu Wort und in „ZDF spezial“ in 5 Minuten und den beim „Brennpunkt“ der Fall. Stattdessen 25 Sekunden (vgl. Abbildung 16 und Anhang 2). sprechen deutsche, europäische und andere Das gleiche Bild zeigte sich auch an den Akteure sowie Expert*innen. Die Verteilung der durchschnittlichen Längen der O-Töne. Zwi- Redezeit in O-Tönen und speziell in Interviews schen „Tagesschau“ und „heute“ lagen oft nur war in den Sondersendungen zwischen der sehr wenige Sekunden Unterschied: Während griechischen Regierung und anderen Akteuren die griechische Regierung in der „Tagesschau“ nicht ausgewogen. Auffällig ist bei „ZDF spezi- 55 „Die Griechen provozieren!” Abbildung 16: Länge der O-Töne der politischen Akteure in den Nachrichtensendungen 90:00 83:29 80:00 Länge der O-Töne in Minuten 70:00 60:00 50:00 40:00 36:02 35:09 32:26 31:39 30:00 20:00 10:00 27:18 16:31 15:18 5:46 7:50 4:49 5:14 7:57 3:27 10:00 6:12 5:25 0:16 0:00 Tagesschau Griechische Regierung heute Deutsche Regierung Brennpunkt EU-Vertreter 0:47 0:18 ZDF spezial Euro-Gruppen-Vertreter Andere Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung. al“ auch der hohe O-Ton-Anteil anderer Akteu- Die griechische Regierung trat nur in 11,4 re mit fast 42 Minuten. Die Sondersendungen Prozent der Beiträge als Sender von Aussa- wurden vielfach genutzt, um Expert*innen und gen auf, in 41,5 Prozent der Beiträge wurden Akteure der Opposition zu Wort kommen zu las- Aussagen über sie getroffen. sen (vgl. Abbildung 17). 56 Es wurde erkennbar häufiger über die grie- Zusammenfassend kann nach Analyse der chische Regierung gesprochen, als dass O-Töne der Akteure festgehalten werden, dass diese in der Berichterstattung selbst mit die Anteile der zentralen Akteure an O-Tönen in Aussagen vertreten war. Dies zeigt sich be- Beiträgen zur griechischen Staatsschuldenkri- sonders deutlich in den O-Tönen – der Mög- se unausgewogen waren. lichkeit, durch wörtliche Rede direkt seine Ergebnisse der Untersuchung Abbildung 17: Länge der Redezeit in Interviews in den Sondersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ 45:00 41:42 40:00 Länge der Redezeiten in Minuten 35:00 30:00 25:00 20:00 18:07 15:00 9:06 10:00 6:03 5:00 5:03 3:12 3:00 0:00 0:00 0:00 Brennpunkt Griechische Regierung 0:00 ZDF spezial Deutsche Regierung EU-Vertreter Euro-Gruppen-Vertreter Andere Interviews mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=43, 2015 Quelle: eigene Darstellung. Positionen wiederzugeben. Die griechische sich der deutschen Regierung zuordnen. Regierung kam im Vergleich zu anderen Dies spricht für ein fehlendes Gleichgewicht Akteuren in „Tagesschau“ und „heute“ sel- bei der Behandlung von Akteuren und für tener zu Wort. Gerade einmal 10,7 Prozent eine Unausgewogenheit bei den Redezeiten Unausgewogene des Umfangs der O-Töne wurden durch die zu Ungunsten der griechischen Regierung. Redezeiten griechische Regierung besetzt. Die deutsche Regierung war in allen unter- 5.3.2 Bewertungsausgewogenheit suchten Sendungen in Beiträgen zur grie- In den folgenden Abschnitten soll dargestellt chischen Staatsschuldenkrise erheblich werden, wie das Verhältnis der Bewertung der präsenter. 23,8 Prozent der O-Töne lassen griechischen und der deutschen Regierung hin- 57 „Die Griechen provozieren!” sichtlich der Häufigkeit von Bewertungen und sche Regierung in gleichem Umfang betreffen, deren Tonalität in der Berichterstattung zur grie- also beide Akteure in gleichgewichtigem Um- chischen Staatsschuldenkrise war. Untersucht fang bewerten. wurden Wertungen durch Journalist*innen, Insgesamt nahmen Journalist*innen in durch berichtete Aussagen und durch O-Töne. 20,3 Prozent aller Beiträge zur griechischen Staatsschuldenkrise über alle Darstellungs- Ausgewogenheit der Wertungen formen hinweg Wertungen der griechischen durch Journalist*innen in Beiträgen oder deutschen Regierung vor. In 18,4 Prozent In diesem Abschnitt werden die Ergebnis- der Beiträge wurde die griechische Regierung se hinsichtlich der Wertungen, die durch durch Journalist*innen bewertet, während die Journalist*innen in den Beiträgen zur griechi- deutsche Regierung nur in 7,8 Prozent der Fälle schen Staatsschuldenkrise vorgenommen wur- von Journalist*innen bewertet wurde (vgl. An- den, dargestellt. Dabei geht es um die Frage, hang 3). Journalist*innen welche Position Journalist*innen in den unter- Die griechische Regierung wurde in 11,9 kritisieren die suchten Nachrichtensendungen einnahmen – Prozent der Beiträge durch Journalist*innen griechische Regierung unabhängig davon, ob das Gebot der Neutrali- negativ bewertet, nur in 1,1 Prozent positiv. Die tät eingehalten wurde (vgl. Kap. 5.4). deutsche Regierung wurde nur in 2,1 Prozent Da den Journalist*innen als neutralen der Beiträge negativ durch Journalist*innen Beobachter*innen eine besondere Rolle zu- bewertet, in 1,5 Prozent aller Beiträge positiv. kommt, sollen ihre Bewertungen der griechi- Die griechische Regierung wurde somit erheb- schen und der deutschen Regierung hier sepa- lich häufiger durch Journalist*innen negativ rat ausgewiesen werden. Ein ausgeglichenes bewertet als die deutsche Regierung und sel- Verhältnis hinsichtlich der Häufigkeit der Be- tener positiv. wertung der griechischen und der deutschen 58 Regierung und hinsichtlich der Tonalität der Be- Wertungen durch Journalist*innen in wertungen wird als Voraussetzung für eine aus- „Tagesschau“ und „heute“ gewogene Berichterstattung angesehen. Das Die im folgenden Abschnitt dargestellten Er- heißt: Innerhalb der Beiträge spricht ein aus- gebnisse zeigen, dass die griechische und geglichenes Verhältnis von positiven und ne- deutsche Regierung innerhalb der untersuch- gativen Wertungen für Ausgewogenheit. Über ten Sendungen in unterschiedlicher Intensität alle Beiträge hinweg sollten sich zudem positi- mit wertenden Attributen von Journalist*innen ve und negative Wertungen die Waage halten, belegt wurden. damit Wertungen durch Journalist*innen als So ist – übergeordnet betrachtet – der ausgewogen betrachtet werden können. Beide Anteil der Beiträge, die Wertungen in Bezug Aspekte sollen hier berücksichtigt werden. Sie auf die griechische Regierung aufweisen, sollten zudem die griechische und die deut- höher als der Anteil der Beiträge mit Wertun- Ergebnisse der Untersuchung Abbildung 18: Anteil der Beiträge mit Bewertungen der deutschen und der griechischen Regierung durch Journalist*innen in den Nachrichtensendungen „Tagesschau” und „heute” 25 % 21,4 % Anteil der Beiträge 20 % 17,0 % 15 % 10 % 4,8 % 5 % 2,0 % 0 % Tagesschau heute Bewertungen griechische Regierung Bewertungen deutsche Regierung Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Tagesschau“ n=229, „heute“ n=252, 2015 Quelle: eigene Darstellung. gen, die die deutsche Regierung betreffen. In größer als in der „Tagesschau“ der ARD (vgl. 17 Prozent der „Tagesschau“-Beiträge ließen Abbildung 18 und Anhang 3). sich Bewertungen der griechischen Regierung Darüber hinaus lässt sich feststellen, dass von Journalist*innen finden, hingegen nur in die griechische Regierung innerhalb der jewei- 4,8 Prozent der Fälle der deutschen Regierung. ligen Beiträge von „Tagesschau“ und „heute“ In „heute“ wiesen 21,4 Prozent der Beiträge deutlich häufiger negativ als positiv durch die Bewertungen der griechischen Regierung auf, Journalist*innen bewertet wurde. So sind in während dieser Wert hinsichtlich der deut- 11,8 Prozent der „Tagesschau“-Beiträge Ne- schen Regierung bei zwei Prozent lag. Dem- gativwertungen der griechischen Regierung nach wurde die griechische Regierung in den durch Journalist*innen vorgenommen worden. Nachrichtensendungen der öffentlich-recht- Bei „heute“ ist dieser Wert nahezu identisch lichen Sender sehr viel häufiger bewertet als – 11,9 Prozent der Beiträge weisen negative die deutsche Regierung. Auch ist die Differenz Wertungen von Griechenlands Regierung durch hinsichtlich beider Regierungen in „heute“ Journalist*innen auf. Positiv berichtet wurde 59 „Die Griechen provozieren!” demzufolge deutlich weniger. Nur in 1,3 Prozent der Wertung erklärt. So wurde die deutsche der „Tagesschau“-Beiträge erfolgte eine positi- Regierung in 0,8 Prozent der Beiträge negativ ve Wertung der griechischen Regierung durch und in nur 0,4 Prozent positiv bewertet. Den Journalist*innen. Ähnlich wie bei der Nachrich- Ergebnissen zufolge war der Anteil der Beiträ- tensendung der ARD liegt der Wert bei der Sen- ge mit negativen Bewertungen der deutschen dung „heute“ bei 1,2 Prozent (vgl. Abbildung Regierung durch Journalist*innen geringer als 19). Es kann also festgehalten werden, dass in- der der griechischen Regierung (vgl. Abbildung nerhalb beider öffentlich-rechtlicher Nachrich- 19). Das heißt, dass die deutsche Regierung in tensendungen der griechischen Regierung deut- Beiträgen zur griechischen Staatsschuldenkri- lich mehr negative als positive Attribute durch se deutlich seltener kritisch bewertet wurde als den Journalist*innen zugeschrieben wurden. die griechische Regierung. In Schalten, Aufsagern und Interviews Für die Nachrichtensendungen des öffent- wurden auch neutrale bzw. ausgewogene lich-rechtlichen Fernsehens kann festgehalten Positionierungen erfasst. Das heißt, dass werden, dass kaum Unterschiede zwischen in diesen Fällen in der Bewertung durch die „Tagesschau“ und „heute“ zu erkennen sind: Journalist*innen positive und negative Bewer- In beiden Sendungen wurde, sofern eine Wer- tungen gleichermaßen stark vertreten waren. tung stattfindet, überwiegend negativ über die Eine Einordnung durch Journalist*innen, die griechische Regierung berichtet, während sich Pro- und Contra-Argumente beinhalteten, wur- für die deutsche Regierung seltener eine nega- de so bei Schalten, Aufsagern und Interviews tive Berichterstattung finden lässt. Das spricht berücksichtigt. Ein solches Abwägen wurde in dafür, dass die Berichterstattung von „Tages- Nachrichten und Berichten nicht ermittelt. Eine schau“ und „heute“ hinsichtlich der durch ausgewogene Bewertung der griechischen Re- Journalist*innen vorgenommenen Wertungen gierung findet sich in 8,3 Prozent der Beiträge der griechischen und der deutschen Regierung der Sendung „heute“ und 3,9 Prozent der Bei- nicht durchgängig ausgewogen war. träge der „Tagesschau“. Die Untersuchung zu Bewertungen der Re- Auch die Auch die deutsche Regierung wurde durch gierungen durch Journalist*innen fand, über deutsche Regierung die Journalist*innen häufiger mit negativen die Nachrichtensendungen hinaus, auch für wird kritisiert als mit positiven Attributen belegt. In 2,6 Pro- die Sondersendungen der ARD und des ZDF zent der Beiträge der „Tagesschau“ bewerte- statt. Im folgenden Abschnitt werden hierfür ten Journalist*innen die deutsche Regierung die Forschungsergebnisse dargestellt. negativ, positive Wertungen fanden sich hier 60 nur in 1,3 Prozent der Fälle. In den „heute“- Wertungen durch Journalist*innen in den Son- Beiträgen wurde die deutsche Regierung ins- dersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ gesamt weniger häufig attribuiert, was auch Zwischen den Sondersendungen „Brenn- die niedrigen Werte hinsichtlich der Richtung punkt“ und „heute“ liegt ein deutlicher Unter- Ergebnisse der Untersuchung Abbildung 19: Anteil der Beiträge mit unterschiedlichen Bewertungen der deutschen oder der griechischen Regierung durch Journalist*innen in den Nachrichtensendungen „Tagesschau” und „heute” 14 % Anteil der Beiträge 11,9 % 11,8 % 12 % 10 % 8,3 % 8 % 6 % 3,9 % 4 % 2 % 0 2,6 % 1,3 % 1,3 % 0,9 % 0,4 % Bewertungen griechische Regierung Bewertungen deutsche Regierung 0,8 % 1,2 % 0,8 % Bewertungen deutsche Regierung Tagesschau Bewertungen griechische Regierung heute positiv ausgewogen negativ Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Tagesschau“ n=229, „heute“ n=252, 2015 Quelle: eigene Darstellung. schied bei der Häufigkeit der Wertungen durch dungen von ARD und ZDF festgehalten wer- Journalist*innen vor. den, dass diese mehrheitlich negativ war. So So beinhalteten der beinhalteten 20,8 Prozent aller Beiträge des „Brennpunkt“-Beiträge Bewertungen der grie- „Brennpunkts“ Negativ-Attribuierungen der chischen Regierung durch Journalist*innen, griechischen Regierung. Nur in 4,2 Prozent der während dies bei „ZDF spezial“ nur in 7,1 Prozent „Brennpunkt“-Beiträge lag eine ausgewogene aller Beiträge der Fall war. Die deutsche Regie- Wertung und in nur 2,1 Prozent eine positive rung wurde in 20,8 Prozent der „Brennpunkt“- Berichterstattung vor. In „ZDF spezial“ bewer- Beiträge durch Journalist*innen bewertet, in teten Journalist*innen in nur in 7,1 Prozent aller „ZDF spezial“ gar nicht (vgl. Abbildung 20). Beiträge die griechische Regierung. Allerdings Hinsichtlich der 27,1 Prozent Position, die von waren diese alle negativ (vgl. Abbildung 21). Journalist*innen gegenüber der griechischen Negative Bewertungen der griechischen Regie- Regierung in der Berichterstattung eingenom- rung dominierten demnach bei beiden Sonder- men wurde, kann auch für die Sondersen- sendungen deutlich. 61 „Die Griechen provozieren!” Abbildung 20: Anteil der Beiträge mit Bewertungen der deutschen oder der griechischen Regierung durch Journalist*innen in den Sendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial” 30 % 27,1 % 25 % 20,8 % Anteil der Beiträge 20 % 15 % 10 % 7,1 % 5 % 0,0 % 0 % Brennpunkt Bewertungen griechische Regierung ZDF spezial Bewertungen deutsche Regierung Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Brennpunkt“ n=49, „ZDF spezial“ n=85, 2015 Quelle: eigene Darstellung. Im Hinblick auf die deutsche Regierung ist festzustellen, dass diese innerhalb der „ZDF gen belegt wurde, als dies bei der deutschen Regierung der Fall war. spezial“-Beiträge gar nicht von Journalist*innen Zusammengefasst ist für die Sondersen- attribuiert wurde. Beim „Brennpunkt“ hin- dungen von ARD und ZDF festzustellen, dass gegen wurde die deutsche Regierung in 20,8 analog zu den Hauptnachrichtensendungen Prozent aller Beiträge bewertet. Dabei gab es die griechische Regierung mehrheitlich negativ genauso viele negative wie positive Zuschrei- bewertet wurde. Bewertungen der deutschen bungen durch Journalist*innen, jeweils in 10,4 Regierung fanden seltener statt und waren zu- Prozent der Beiträge der Sendung. Insgesamt dem seltener negativ. Diese Erkenntnisse ma- Mehr Lob für lässt sich folglich festhalten, dass die deutsche chen deutlich, dass auch in den Sondersen- deutsche Regierung im Regierung im „Brennpunkt“ häufiger positiv dungen in Berichten nicht ausgewogen über „Brennpunkt“ bewertet wurde als die griechische Regierung, beide Akteure berichtet wurde. 62 und in beiden Sondersendungen die griechi- Die Ergebnisse im Hinblick auf die Wertun- sche Regierung häufiger mit negativen Wertun- gen von Journalist*innen in den untersuchten Ergebnisse der Untersuchung Abbildung 21: Anteil der Beiträge mit unterschiedlichen Bewertungen der deutschen und der griechischen Regierung durch Journalist*innen in den Sendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial” 25 % 20,8 % Anteil der Beiträge 20 % 15 % 10 % 10,4 % 10,4 % 7,1 % 4,2 % 5 % 2,1 % 0,0 % 0 0,0 % Bewertungen deutsche Regierung Bewertungen griechische Regierung 0,0 % 0,0 % Bewertungen deutsche Regierung Brennpunkt 0,0 % 0,0 % Bewertungen griechische Regierung ZDF spezial positiv ausgewogen negativ Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Brennpunkt“ n=49, „ZDF spezial“ n=85, 2015 Quelle: eigene Darstellung. Beiträgen lassen sich abschließend wie folgt einem üblichen Maße Bewertungen durch zusammenfassen: Journalist*innen auf. Insgesamt zeigt sich, dass Wertungen durch Die durch diese Forschungsarbeit ermit- Journalist*innen in mehr als 20 Prozent al- telten Bewertungen sind hinsichtlich ih- ler Beiträge vorhanden sind. Maurer (2005) rer Ausrichtungen nicht ausgewogen: fand in einer Analyse von Hauptnachrichten- Journalist*innen der Nachrichtensendun- sendungen 2001 bei der ARD in 16 Prozent gen der ARD und des ZDF äußerten sich und beim ZDF in 29 Prozent der Beiträge ex- überwiegend negativ über die griechische plizite Wertungen durch Journalist*innen. Regierung. Demnach liegt der hier festgestellte Anteil Im Vergleich dazu wurde die deutsche Re- von 20,3 Prozent der Beiträge im Rahmen gierung häufiger positiv oder ausgewogen der Vergleichswerte aus dem Jahr 2001. Die bewertet. Hierin zeigt sich eine fehlende Nachrichtenberichterstattung zur griechi- Ausgewogenheit der Berichterstattung. schen Staatsschuldenkrise weist somit in 63 „Die Griechen provozieren!” Analog zu den Hauptnachrichtensendun- aller Fernsehberichte sogar im Vergleich zur gen wurde auch bei den Sondersendungen deutschen Regierung häufiger mit Attributen beider Sender die griechische Regierung belegt wurden. Unter „andere Akteure“ wer- überwiegend negativ bewertet. Darüber den im Folgenden jene verstanden, die nicht hinaus fanden hinsichtlich der deutschen zur griechischen oder deutschen Regierung Regierung in den Beiträgen der Sondersen- gehören. Dies können Akteure auf EU-Ebene, dung seltener Bewertungen statt und diese wie z. B. der EU-Kommissionspräsident Jean- waren auch nur in einzelnen Fällen negativ. Claude Juncker, Regierungen anderer Länder, Expert*innen, aber auch Bürger*innen der EU Ausgewogenheit der Wertungen in berichteten Akteursaussagen sein. 20,8 Prozent der Beiträge beinhalten ne- Journalistische Beiträge beinhalten aber nicht gative Wertungen der griechischen Regierung. nur Attribuierungen, die von Journalist*innen Positiv wird diese in nur 4,4 Prozent aller unter- vorgenommen werden. So umfasst die Dar- suchten Beiträge von Akteuren attribuiert und in stellung von Konflikten darüber hinaus auch 9,1 Prozent der Beiträge sind die Bewertungen immer die Wiedergabe der gegensätzlichen neutral bzw. ausgewogen (vgl. Abbildung 22). Auffassungen, die von Akteuren vertreten wer- Hinsichtlich einzelner Personen ist festzu- Alexis Tsipras am den. Aussagen, die von Akteuren über andere stellen, dass Griechenlands Regierungschef häufigsten bewertet Akteure getroffen werden, können somit die To- Alexis Tsipras von allen hier untersuchten po- nalität und Wertung eines Beitrags determinie- litischen Akteuren mit 16,3 Prozent aller Bei- ren. Um die Ausgewogenheit in der Berichter- träge am häufigsten durch Akteure bewertet stattung zur griechischen Staatsschuldenkrise wurde. Über Yanis Varoufakis hingegen lassen daraufhin zu beleuchten, werden im folgenden sich nur in 4,2 Prozent der Beiträge Wertungen Abschnitt die von Akteuren getroffenen und in finden. Beide eint allerdings, dass sie primär die Berichterstattung aufgenommenen Aus- mit kritischen Wertungen belegt wurden. Dies sagen hinsichtlich ihrer Positionierung analy- ist für Ministerpräsident Alexis Tsipras in 9,1 siert. Dies erfolgt zum einen auf der Ebene der Prozent der Beiträge so und für Finanzminister indirekten Aussagen im Text und zum anderen Yanis Varoufakis in 3,4 Prozent der untersuch- auf der Ebene der direkten Aussagen durch Zi- ten Beiträge (vgl. Abbildung 22). tate oder O-Töne. 64 Positive Bewertungen von Ministerpräsi- In 34,3 Prozent aller Fernsehbeiträge trafen dent Tsipras konnten in 3,1 Prozent der Bei- Akteure wertende Aussagen über die griechi- träge gefunden werden und für den Finanzmi- sche Regierung. Im Unterschied dazu wurde nister Yanis Varoufakis in nur 0,2 Prozent aller die deutsche Regierung in nur 9,1 Prozent aller Beiträge. Neutrale Attribuierungen betrafen Beiträge mit Aussagen von Akteuren attribu- den griechischen Regierungschef in 4,1 Pro- iert, während andere Akteure mit 14,9 Prozent zent und den Finanzminister Griechenlands in Ergebnisse der Untersuchung Abbildung 22: Anteil der Beiträge mit Wertungen von Akteuren 40 % 35 % Anteil der Beiträge 30 % 20,8 % 25 % 20 % 15 % 9,1 % 10 % 9,1 % 5 % 5,7 % 4,1 % 4,4 % 0 % Griechische Regierung 3,1 % Alexis Tsipras 3,4 % Yanis Varoufakis Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 4,7 % 2,0 % Deutsche Regierung positiv 3,4 % Angela Merkel neutral Wolfgang Schäuble negativ Quelle: eigene Darstellung. 0,7 Prozent aller untersuchten Beiträge (vgl. Beiträgen, in denen sie durch Akteure bewer- Abbildung 22). tet wurde, ebenfalls mehr negative als positive Finanzminister Euklid Tskalotos wurde Äußerungen finden. 5,7 Prozent aller Beiträge gerade einmal in einem Beitrag attribuiert – wiesen eine kritische Bewertung der deutschen neutral. Dieser Sachverhalt zeigt, dass er als Regierung auf, zwei Prozent waren neutral und Finanzminister nach dem Rücktritt von Yanis mit 1,5 Prozent positiven Beiträgen wurde sie Varoufakis in der Berichterstattung kaum eine weniger häufig positiv attribuiert als die grie- Rolle gespielt hat. chische Regierung (4,4 Prozent). Bezogen auf Die deutsche Regierung wurde in 9,2 Prozent die einzelnen deutschen Regierungsakteure der Beiträge durch Akteure bewertet. Hinsicht- wurde Kanzlerin Angela Merkel mit sechs Pro- lich der deutschen Regierung lassen sich in den zent aller Beiträge am häufigsten durch andere 65 „Die Griechen provozieren!” Kaum positive Aussagen Akteure bewertet. 3,7 Prozent der gesamten Wertungen in berichteten Akteursaussagen hier untersuchten Berichterstattung wiesen in den Hauptnachrichtensendungen Bewertungen von Finanzminister Wolfgang „Tagesschau“ und „heute“ Schäuble auf. Beide deutschen Regierungs- Allgemein betrachtet kann für die Nachrichten- akteure wurden häufiger kritisch betrachtet, sendungen „Tagesschau“ und „heute“ festge- als dass ihnen Positiv-Wertungen zugeschrie- stellt werden, dass das Verhältnis der durch ben wurden. So wurde Bundeskanzlerin Ange- Akteure vorgebrachten Wertungen der griechi- la Merkel in 4,7 Prozent der Beiträge negativ schen Regierung bei beiden Sendungen nahe- von anderen Personen(kreisen) bewertet, in zu gleich ist. 0,8 Prozent positiv und in 0,5 Prozent neutral. So wurde in 37,1 Prozent der Beiträge der In 3,4 Prozent der Beiträge wurde Finanzmi- „Tagesschau“ und in 24,2 Prozent der Beiträge nister Wolfgang Schäuble negativ von Akteu- von „heute“ die griechische Regierung von Ak- ren bewertet, in nur 0,2 Prozent positiv sowie teuren bewertet; wobei hier nicht unterschieden in 0,2 Prozent der Beiträge neutral. wird, ob dies durch direkte oder indirekte Zitate Zusammengefasst zeigen die Ergebnis- geschah. In beiden Nachrichtensendungen do- se, dass Griechenlands Regierung mit rund minierte eine negative Tonalität hinsichtlich der 34 Prozent der Beiträge deutlich häufiger von Attribuierungen. Denn 18,8 Prozent der Beiträge Akteuren bewertet wurde als die deutsche der „Tagesschau“ und 12,7 Prozent der Beiträ- Regierung mit rund 9 Prozent. In nahezu 21 ge von „heute“ wiesen kritische Bewertungen Prozent der Beiträge waren die Wertungen ge- der griechischen Regierung durch Akteure auf. genüber der griechischen Regierung negativ Im Vergleich dazu wurde diese in der „Tages- ausgerichtet, während dies für Deutschlands schau“ in nur 5,7 Prozent und in „heute“ in gera- Regierung nur in rund 6 Prozent der Beiträ- de einmal 3,2 Prozent der Beiträge mit positiven ge der Fall war. Es wurden also dreimal so Wertungen belegt. Eine neutrale Bewertung der häufig negative Akteursaussagen über die griechischen Regierung fand sich in 12,7 Pro- griechische Regierung gesendet wie über die zent der „Tagesschau“- und in 8,3 Prozent der deutsche. Positive Wertungen durch Akteure „heute“-Beiträge (vgl. Abbildung 23). fanden sich in der gesamten Berichterstattung für beide Regierungen kaum. Bezogen auf einzelne Personen der griechischen Regierung wurde Ministerpräsident Im Folgenden soll nun für die untersuchten AlexisTsipras in beiden Nachrichtensendungen Nachrichtensendungen und Sondersendungen am häufigsten durch andere Akteure bewertet. der ARD und des ZDF gezeigt werden, wie häu- Dies war in 16,2 Prozent der „Tagesschau“-Bei- fig Wertungen der griechischen Regierung in O- träge und in 16,7 Prozent der „heute“-Beiträge Tönen auftreten und welche Ausrichtung diese der Fall. Hiervon beinhalteten 7,9 Prozent der annehmen. „Tagesschau“-Beiträge und 8,3 Prozent der „heute“-Beiträge negative Zuschreibungen in 66 Ergebnisse der Untersuchung Abbildung 23: Anteil der Beiträge mit Wertungen von Akteuren in den Sendungen „Tagesschau” und „heute” 40 % 35 % 30 % 18,8 % Anteil der Beiträge 25 % 20 % 12,7 % 15 % 12,7 % 7,9 % 8,3 % 10 % 8,3 % 4,8 % 4,8 % 5 % 3,5 % 5,7 % 3,5 % 0 % Alexis Tsipras 4,4 % 4,4 % 3,1 % 1,7 % Yanis Varoufakis 4,4 % 4,4 % 0,9 % Griechische Regierung 4,4 % 3,9 % Deutsche Regierung 3,2 % 4,0 % Griechische Regierung Alexis Tsipras 0,9 % Angela Merkel Wolfgang Schäuble 2,4 % 0,8 % Yanis Varoufakis Tagesschau 2,8 % 4,4 % Deutsche Regierung 2,8 % Angela Merkel Wolfgang Schäuble heute positiv neutral negativ Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Tagesschau“ n=229, „heute“ n=252, 2015 Quelle: eigene Darstellung. 67 „Die Griechen provozieren!” Bezug auf den Ministerpräsidenten. Positive mein ist aber beiden Regierungen, dass diese Zuschreibungen fanden sich in 3,5 Prozent der Wertungen mehrheitlich negativ waren. Denn „Tagesschau“- und in 4,0 Prozent der „heute“- 3,5 Prozent der „Tagesschau“-Beiträge und 4,4 Beiträge. Neutrale Attribuierungen waren in Prozent der „heute“-Beiträge beinhalteten Ne- beiden Nachrichtensendungen ähnlich häufig gativ-Wertungen der Regierung Deutschlands. vorhanden – in der ARD in 4,8 Prozent der Fälle Im Vergleich zu den Negativ-Wertungen wiesen und im ZDF in 4,4 Prozent der Fälle (vgl. Abbil- nur 0,4 Prozent der Beiträge beider Sendungen dung 23). positive Zuschreibungen auf. Neutrale Wertun- Finanzminister Yanis Varoufakis wurde gen der deutschen Regierungen durch Akteure insgesamt bei beiden Nachrichtensendungen ließen sich in 1,7 Prozent der „Tagesschau“- erkennbar seltener bewertet. So wiesen 3,9 Beiträge und in 2,4 Prozent der „heute“-Beiträ- Prozent der Beiträge der „Tagesschau“ und ge finden. Die Anzahl der Negativ-Wertungen 4,4 Prozent der „heute“-Beiträge Negativ-Wer- der deutschen Regierung ist somit zwar gerin- tungen auf. Positive ließen sich bei den ARD- ger als die der griechischen Regierung. Relativ Nachrichten nur in 0,9 Prozent der Fälle und bei betrachtet wurde sie jedoch deutlich kritischer den ZDF-Nachrichten in 0,4 Prozent der Fälle fin- bewertet (vgl. Abbildung 23). den. Neutrale Wertungen hingegen waren in der Hinsichtlich der Bewertung einzelner Re- „Tagesschau“ mit 3,1 Prozent der Beiträge fast gierungsmitglieder ist festzustellen, dass Bun- genauso oft vertreten wie Negativ-Wertungen. desfinanzminister Wolfgang Schäuble insge- Im Vergleich dazu waren neutrale Wertungen samt sogar etwas häufiger als Bundeskanzlerin des griechischen Finanzministers nur selten in Angela Merkel durch Akteure bewertet wurde. Wolfgang Schäuble „heute“ vorzufinden. Hier wiesen gerade einmal Mit Bezug zur Ausrichtung der Wertungen ist zu häufiger bewertet als 0,8 Prozent der Beiträge neutrale Wertungen erkennen, dass der deutschen Bundeskanzle- durch Akteure auf (vgl. Abbildung 23). rin sowohl in den „Tagesschau“-Beiträgen als die Kanzlerin 68 In Anlehnung an zuvor referierte For- auch in den „heute“-Beiträgen mit jeweils 0,4 schungsergebnisse sollen nun die Ergebnisse Prozent sehr selten Positiv-Wertungen durch hinsichtlich der deutschen Regierung vorge- Akteure zugeschrieben wurden. Die Wertung stellt werden. der deutschen Kanzlerin in der Berichterstat- Wertungen der deutschen Regierung durch tung durch Akteure ist somit primär kritisch. So Akteure lassen sich bei beiden Nachrichten- wiesen 4,4 Prozent der „Tagesschau“-Beiträge sendungen des öffentlich-rechtlichen Fernse- und 4,8 Prozent der „heute“-Beiträge negati- hens deutlich seltener finden als solche der ve Äußerungen über Bundeskanzlerin Angela griechischen Regierung. So wiesen nur 5,6 Pro- Merkel auf. Neutrale Wertung ließen sich – zent der untersuchten „Tagesschau“- und 7,2 ähnlich wie positive – in nur 0,9 Prozent der Prozent der „heute“-Beiträge Wertungen der „Tagesschau“- und 0,4 Prozent der „heute“- deutschen Regierung durch Akteure auf. Ge- Beiträge finden. Ergebnisse der Untersuchung In Bezug auf Finanzminister Wolfgang spezial“ vorgestellt. Es geht hier zunächst um Schäuble sind die Ergebnisse insofern auffällig, Bewertungen, die von Akteuren direkt oder in- als dass relativ große Unterschiede in den Wer- direkt ausgingen. tungen zwischen den Nachrichtensendungen In 55,5 Prozent der Beiträge der Sonder- „Tagesschau“ und „heute“ erkennbar sind. So sendung „Brennpunkt“ und in 47,1 Prozent der wurde dieser in 4,8 Prozent der „Tagesschau“- Beiträge des „ZDF spezial“ wurde die griechi- Beiträge negativ bewertet, hingegen in nur 0,4 sche Regierung von Akteuren bewertet. Somit Prozent der „heute“-Beiträge. Folglich waren ist der Anteil von Beiträgen mit Bewertungen auch die Werte hinsichtlich der Positiv-Bewer- der griechischen Regierung an der Gesamtzahl tung gegensätzlich. So wurde der Finanzminister der Beiträge in den Sondersendungen höher In den Sonder- in nur 0,4 Prozent der „Tagesschau“-Beiträge, als in den regulären Nachrichtensendungen. In sendungen noch aber in 2,8 Prozent der „heute-Beiträge positiv der „Tagesschau“ liegt der Anteil der Beiträge mehr Wertungen bewertet. In 4,4 Prozent der „Tagesschau“-Bei- mit Wertungen, die die griechische Regierung träge und in 2,8 Prozent der „heute“-Beiträge betreffen, nur bei 37 Prozent und in „heute“ fanden sich neutrale Wertungen (vgl. Abbildung sogar nur bei 24 Prozent. Demzufolge kam es 23). So lässt sich feststellen, dass der Bundes- in den Sondersendungen in Relation häufiger finanzminister in der „Tagesschau“ durch dar- zu wertenden Aussagen über die griechische gestellte Akteursaussagen kritischer bewertet Regierung als in den Hauptnachrichtensendun- wurde als in „heute“. gen (vgl. Abbildung 24). Abschließend betrachtet zeigt sich, dass in Die meisten dieser wertenden Aussagen beiden Nachrichtensendungen Bewertungen, sind in ihrer Ausrichtung analog zu den Haupt- die Akteure in den Beiträgen über die Regierun- nachrichtensendungen negativ. 44,4 Prozent gen vornahmen, mehrheitlich die griechische der Beiträge im „Brennpunkt“ und 38,8 Pro- Regierung betrafen. In ihrer Tendenz sind die zent der Beiträge in „ZDF spezial“ wiesen dem- Ergebnisse dahingehend einheitlich, dass die nach negative Bewertungen der griechischen griechische Regierung, sofern Akteure Wertun- Regierung durch Akteure auf. Eine neutrale Be- gen vornehmen, eher negativ als positiv be- wertung der griechischen Regierung findet sich wertet wurde. in 2,2 Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge und in 5,9 Prozent der „ZDF spezial“-Beiträge. Eine Wertungen in berichteten Akteursaussagen positive Wertung gegenüber der griechischen in den Sondersendungen „Brennpunkt“ Regierung fand in 8,9 Prozent der Beiträge der und „ZDF spezial“ ARD-Sondersendung und in 2,4 Prozent der Im folgenden Abschnitt werden nun die Ergeb- Beiträge der ZDF-Sondersendung statt. nisse hinsichtlich der von Akteuren vorgenom- Hinsichtlich der Regierungsmitglieder lässt menen Bewertungen innerhalb der Beiträge sich feststellen, dass der griechische Minister- der Sondersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF präsident Alexis Tsipras in beiden Sondersen- 69 „Die Griechen provozieren!” Abbildung 24: Anteil der Beiträge mit Wertungen von Akteuren in den Sondersendungen „Brennpunkt” und „ZDF spezial” 60 % 50 % 40 % Anteil der Beiträge 44,4 % 38,8 % 30 % 20 % 10 % 13,3 % 17,8 % 4,4 % 2,2 % 11,8 % 8,9 % 8,9 % 4,4 % 0 % Griechische Regierung 2,2 % 2,2 % Alexis Tsipras Yanis Varoufakis 4,4 % 4,4 % Deutsche Regierung Angela Merkel 5,9 % 10,6 % 5,9 % 2,2 % 2,2 % 2,4 % Wolfgang Schäuble Griechische Regierung 1,2 % Alexis Tsipras 2,4 % Yanis Varoufakis Brennpunkt 3,5 % Deutsche Regierung 1,2 % Angela Merkel 3,5 % Wolfgang Schäuble ZDF spezial positiv neutral negativ Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Brennpunkt“ n=49, „ZDF spezial“ n=85, 2015 Quelle: eigene Darstellung. 70 Ergebnisse der Untersuchung dungen am häufigsten durch andere Akteure Prozent der „ZDF spezial“-Beiträge negativ be- bewertet wurde. Allerdings liegen hier hin- wertet. Im „Brennpunkt“ ließen sich in 4,4 Pro- sichtlich der Ausrichtung der Wertung teilweise zent der Fälle neutrale Wertungen finden, was Unterschiede zwischen den beiden Sondersen- in „ZDF spezial“ gar nicht der Fall war. Relativ dungen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens hoch war beim „Brennpunkt“ die Anzahl der vor. So beinhalteten 2,2 Prozent der Beiträge Beiträge, die positive Wertungen gegenüber des „Brennpunkts“ positive Wertungen des Mi- der deutschen Regierung aufweisen. Dies ist nisterpräsidenten Alexis Tsipras, während die- in 8,9 Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge der Deutsche Regierung se in „ZDF spezial“ gar nicht vorkamen. Auch Fall. In „ZDF spezial“ wurde die deutsche Re- im „Brennpunkt“ finden sich neutrale Wertungen Tsipras‘ zwar gierung in nur 3,5 Prozent der Beiträge positiv positiver bewertet als in 4,4 Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge, aber bewertet (vgl. Abbildung 24). in „ZDF spezial“ nur in 1,2 Prozent der „ZDF spezial“-Beiträge. Dieses Ergebnis spiegelt sich auch in den Im Verhältnis ähnlich fallen hingegen die Ne- Akteursbewertungen in Bezug auf deutsche gativ-Wertungen des Ministerpräsidenten bei Regierungsmitglieder wider. 4,4 Prozent der beiden Sendern aus. So ließen sich kritische „Brennpunkt“-Beiträge beinhalteten Negativ- Wertungen in 17,8 Prozent der Beiträge des Wertungen der Bundeskanzlerin Angela Merkel „Brennpunkt“ und in 10,6 Prozent der „ZDF von Akteuren, 5,9 Prozent waren dies in den spezial“-Beiträge finden (vgl. Abbildung 24). „ZDF spezial“-Beiträgen. Positive Äußerun- In Bezug auf den griechischen Finanzmi- gen über die Kanzlerin wiesen 4,4 Prozent der nister Yanis Varoufakis ist hervorzuheben, „Brennpunkt“-Beiträge und 1,2 Prozent der dass dieser sowohl im „Brennpunkt“ als auch „ZDF spezial“-Beiträge auf. Neutrale Wertun- in „ZDF spezial“ nur äußerst selten bewertet gen fanden sich in beiden Sendungen gar nicht. wurde. Hinsichtlich der Ausrichtung der Wer- Bundesfinanzminister Wolfgang Schäub- tungen sind demzufolge die Zahlen niedrig: le wurde in den Sondersendungen insgesamt 2,2 Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge und 2,4 seltener bewertet als Bundeskanzlerin Angela Prozent der „ZDF spezial“-Beiträge beinhalte- Merkel. Aber auch er wurde primär negativ von ten Negativ-Bewertungen des griechischen Fi- den Akteuren bewertet. Denn 2,2 Prozent der nanzministers. Neutrale oder gar positive Wer- Beiträge des „Brennpunkts“ und 3,5 Prozent tungen lagen für ihn bei beiden untersuchten der „ZDF spezial“-Beiträge wiesen Negativ- Sondersendungen gar nicht vor (vgl. Abbildung Wertungen des deutschen Finanzministers auf. 24). Positive Wertungen von Akteuren fanden sich Die deutsche Regierung wurde in beiden in 2,2 Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge, bei Sondersendungen seltener bewertet, aller- „ZDF spezial“ hingegen gar nicht. Auch waren dings – wie die griechische Regierung auch in beiden Sondersendungen keine neutralen – überwiegend negativ. So wurde sie in 13,3 Wertungen des Finanzministers Schäuble von Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge und in 11,8 Akteuren zu finden (vgl. Abbildung 24). 71 „Die Griechen provozieren!” Für die Sondersendungen „Brennpunkt“ Geber*innen kritisch über die griechischen und „ZDF spezial“ lässt sich festhalten, dass Regierung, während eine positive Wertung nur Akteure mit Wertungen insgesamt häufiger vor- in 5,5 Prozent aller Beiträge der Fall war (vgl. für zufinden waren als in den Nachrichtensendun- eine detailliertere Verteilung der Wertungspo- gen „Tagesschau“ und „heute“. Wertungen der sitionen auf verschiedenen Akteure Anhang 4). griechischen Regierung waren deutlich öfter negativ als positiv, was darin begründet liegen Wertungen in O-Tönen in „Tagesschau“ könnte, dass griechische Akteure generell in und „heute“ der Berichterstattung eher unterrepräsentiert In „Tagesschau“ und „heute“ dominierte ein waren. ausgeglichenes Verhältnis der Positionen zur griechischen Regierung innerhalb der durch Ausgewogenheit der Wertungen in O-Tönen O-Töne ausgedrückten Wertungen. Die Vertei- Ausgewogene O-Töne Im Folgenden sollen nun die Bewertung der lung war zwischen „Tagesschau“ und „heute“ dominieren griechischen Regierung in O-Tönen von Akteu- nahezu kongruent. In „heute” wiesen nahezu ren untersucht werden. Hierbei wird auch auf- 55 Minuten der O-Töne ein ausgeglichenes gezeigt, inwiefern eine positive oder negative Verhältnis zwischen positiven, negativen oder Wertung innerhalb dieser O-Töne vorzufinden neutralen Wertungen der griechischen Regie- war. Es wurde auch erfasst, ob in den O-Tönen rung auf. Annähernd 15 Minuten beinhalteten eines Beitrags sowohl kritische als auch akriti- Negativ-Wertungen und ca. 7 Minuten Positiv- sche Aussagen in gleichen Anteilen auftraten. Wertungen. Für die „Tagesschau” sind die Er- In diesen Fällen wird von einem „ausgegliche- gebnisse ähnlich. So waren ca. 52 Minuten der nen“ Verhältnis gesprochen. Sind die O-Töne O-Töne ausgewogen in ihrer Bewertung der innerhalb der Beiträge nicht ausgeglichen, so griechischen Regierung, ca. 20 Minuten nega- sollten sie über alle Beiträge hinweg zumin- tiv und ca. 9 Minuten positiv (vgl. Abbildung dest in gleichem Umfang positive wie negative 25). Bewertungen der griechischen Regierung enthalten. 72 Auch die Anzahl der Beiträge mit Wertungen der griechischen Regierung durch O- In insgesamt 63,4 Prozent aller Beiträge ka- Ton-Geber*innen bestätigt dieses Ergebnis. men Akteure direkt vor der Kamera mit O-Tönen In 32,8 Prozent der „Tagesschau“-Beiträge zu Wort. Hierbei wurde in 49,9 Prozent aller wiesen O-Töne sowohl kritische als auch akri- Beiträge die griechische Regierung bewertet, tische Bewertungen der griechischen Regie- wobei die Beiträge ein überwiegend ausgegli- rung auf und können daher als ausgeglichen chenes Verhältnis hinsichtlich der Wertung der bezeichnet werden. 14,8 Prozent der Beiträge griechischen Regierung aufwiesen. Dies war wiesen O-Töne mit negativen Wertungen der in 26,5 Prozent aller Beiträge der Fall. In 17,8 griechischen Regierung auf, 6,1 Prozent waren Prozent aller Beiträge äußerten sich O-Ton- positiv. In 23,6 Prozent der „heute“-Beiträge Ergebnisse der Untersuchung Abbildung 25: Länge der O-Töne mit Wertungen der griechischen Regierung in den Sendungen „heute” und „Tagesschau” heute 6:33 54:43 8:43 Tagesschau 0 :00 14:53 51:50 19:35 5:00 10:00 15:00 20:00 25:00 30:00 35:00 40:00 45 :00 50:00 55:00 60:00 65:00 70:00 75:00 80:00 positiv neutral negativ Länge in Minuten Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Tagesschau“ n=229, „heute“ n=252, 2015 Quelle: eigene Darstellung. wiesen O-Töne sowohl kritische als auch akri- festgestellt werden, dass sich beide Redakti- tische Bewertungen der griechischen Regie- onen um ein ausgewogenes Verhältnis positi- rung auf und können daher als ausgeglichen ver und negativer Wertungen durch O-Töne in bezeichnet werden. 11,5 Prozent der Beiträge Nachrichten sowie in Berichten bemühten. Die wiesen O-Töne mit negativen Wertungen der Verteilung von O-Tönen auf politische Akteure griechischen Regierung auf, 6,7 Prozent waren war in beiden Nachrichtensendungen kongru- positiv. ent. Diese waren mehrheitlich ausgeglichen, So kann abschließend festgehalten werden, dass in „Tagesschau“ und „heute“ aus- wobei positive Wertungen jedoch seltener zu finden waren als negative. gewogene O-Töne überwogen, negative Äußerungen zur griechischen Regierung kamen Wertungen in O-Tönen in den Sonder- jedoch in beiden Sendungen in einem erkenn- sendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ bar größeren zeitlichen Umfang vor als positi- Im Folgenden sollen die Ergebnisse hinsicht- ve – jeweils mehr als doppelt so oft. Es kann lich der Bewertung der griechischen Regierung 73 „Die Griechen provozieren!” in O-Tönen in den Sondersendungen „Brenn- Prozent der Beiträge im „Brennpunkt“ bewer- punkt“ und „ZDF spezial“ unterschieden wer- teten Akteure in O-Tönen die griechische Re- den. gierung negativ, in 10,2 Prozent positiv, in 28,6 O-Töne in Der zeitliche Umfang von O-Tönen mit Prozent der Beiträge fand sich ein ausgegliche- Sondersendungen Bewertungen der griechischen Regierung in nes Verhältnis. In 41,2 Prozent der Beiträge in häufiger Beiträgen der untersuchten Sondersendun- „ZDF spezial“ bewerteten Akteure in O-Tönen unausgewogen gen macht deutlich, dass auch hier erkennbar die griechische Regierung negativ, in 2,4 Pro- mehr Negativ-Bewertungen der griechischen zent positiv, in 18,8 Prozent der Beiträge fand Regierung vorliegen, als positive Wertungen sich ein ausgeglichenes Verhältnis. vorkamen. Dies ist im Verhältnis betrachtet Zusammenfassend lässt sich festhalten, insbesondere bei der Sendung „ZDF spezial“ dass der „Brennpunkt“ zwar unter den unter- der Fall. suchten Sendungen häufiger positiv wertende So wurden in „ZDF spezial“ rund 53 Minu- O-Töne zu Griechenlands Regierung beinhalte- ten negative und nur rund 3 Minuten 30 Se- te als das „ZDF spezial“, jedoch auch zweimal kunden positive Äußerungen gesendet. Der so viel Negativ- wie Positiv-Wertungen aufwies. zeitliche Umfang hinsichtlich neutraler O-Töne Die Sondersendungen setzten O-Töne nicht in lag bei in „ZDF spezial“ bei 16 Minuten und einem ausgeglichenen Verhältnis ein. Das Er- 32 Sekunden. Dies erscheint mit Blick auf den gebnis zur Sendung „ZDF spezial“ zeigt dies gesamten Zeitumfang (ca. 75 Minuten), in dem sehr deutlich. So sendete das „ZDF spezial“ Wertungen in Form von O-Tönen enthalten sind, rund 53 Minuten Negativ-Äußerungen und nur erstaunlich wenig. rund 4 Minuten Positiv-Äußerungen über die Auch bei den „Brennpunkt“-Beiträgen sind mit 22 Minuten und 51 Sekunden mehr Negativ- 74 griechische Regierung, also mehr als 13-mal so viel Negativ- wie Positiv-Wertungen. Äußerungen vorhanden, als sich positive Be- In diesem Abschnitt stand die Ausgewo- wertungen der griechischen Regierung finden genheit der Berichterstattung im Mittelpunkt. lassen. So weist die ARD-Sondersendung nur Untersucht wurde, ob die Darstellung von Ak- insgesamt 10 Minuten und 16 Sekunden O-Töne teuren und die dargestellten Wertungen und mit positiven Wertungen der griechischen Re- Meinungen von Akteuren, Journalist*innen und gierung auf. O-Töne mit ausgeglichenen Posi- O-Ton-Geber*innen in einem ausgewogenen tionen gegenüber der griechischen Regierung Verhältnis zueinander standen. Die zentralen konnten in insgesamt 12 Minuten und 4 Se- Ergebnisse der Analyse im Hinblick auf die kunden der „Brennpunkt“-Beiträge festgestellt Wertungen durch Akteure in den untersuchten werden (vgl. Abbildung 26). Beiträgen lassen sich folgendermaßen zusam- Auch die Anzahl der Beiträge mit Wertun- menfassen. Zunächst sollen die Ergebnisse gen der griechischen Regierung durch O-Ton- hinsichtlich der Akteursausgewogenheit dar- Geber*innen bestätigt dieses Ergebnis. In 30,6 gestellt werden: Ergebnisse der Untersuchung Abbildung 26: Länge der O-Töne mit Wertungen der griechischen Regierung in den Sondersendungen „ZDF spezial” und „Brennpunkt” ZDF spezial 3:37 16:32 10:16 Brennpunkt 0 :00 53:01 12:04 22:51 5:00 10:00 15:00 20:00 25:00 30:00 35:00 40:00 45 :00 50:00 55:00 60:00 65:00 70:00 75:00 80:00 positiv neutral negativ Länge in Minuten Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Brennpunkt“ n=49, „ZDF spezial“ n=85, 2015 Quelle: eigene Darstellung. Die griechische Regierung wurde häufiger erkennbar häufiger über die griechische genannt oder gezeigt als andere Akteure. Regierung gesprochen, als dass diese in Die griechische Regierung trat aber nur in der Berichterstattung selbst mit Aussagen 11,4 Prozent der Beiträge als Sender von vertreten war. Dies zeigt sich besonders Aussagen auf, in 41,5 Prozent der Beiträge deutlich in den O-Tönen, der Möglichkeit, wurden Aussagen über sie getroffen. durch wörtliche Rede direkt seine Positio- Fehlende Ausgewogenheit lässt sich auch nen wiederzugeben. Die griechische Regie- bei den direkt zu Wort kommenden Akteu- rung kam im Vergleich zu anderen Akteuren ren feststellen. Die deutsche Regierung in „Tagesschau“ und „heute“ seltener zu sprach in O-Tönen fast mehr als doppelt so Wort. Gerade einmal 10,7 Prozent des Um- lang zur Staatsschuldenkrise in Griechen- fangs der O-Töne wurden durch die griechi- land als die griechische Regierung. Das sche Regierung besetzt. Verhältnis der Redeanteile zwischen beiden Die deutsche Regierung war in allen unter- Akteuren ist nicht ausgewogen. Es wurde suchten Sendungen in Beiträgen zur grie- 75 „Die Griechen provozieren!” chischen Staatsschuldenkrise erheblich In O-Tönen und indirekten Aussagen über präsenter. 23,8 Prozent der O-Töne lassen Akteure in der hier untersuchten Berichter- sich der deutschen Regierung zuordnen. stattung zur griechischen Staatsschulden- Dies spricht für ein fehlendes Gleichgewicht krise zeigten sich in hohem Maße Meinun- bei der Behandlung von Akteuren und für gen und Bewertungen. In fast vier von fünf eine Unausgewogenheit bei den Redezeiten Beiträgen, in denen ein O-Ton enthalten zu Ungunsten der griechischen Regierung. war, wurde die griechische Regierung bewertet. Auch bei berichteten Aussagen und Die Ergebnisse der Untersuchung der Bewer- O-Tönen zeigte sich dieses Missverhältnis, tungsausgewogenheit zeigen ebenfalls Defizi- die griechische Regierung wurde häufiger te auf: bewertet als andere. In 34,3 Prozent aller Die griechische Regierung wurde sehr häu- Beiträge trafen Akteure wertende Aussagen fig durch Journalist*innen und Akteure in- über die griechische Regierung. Über die nerhalb der untersuchten Beiträge bewertet deutsche Regierung wurden in nur 9,1 Pro- – erkennbar häufiger als andere Akteure. In zent der Beiträge wertende Aussagen von 20,3 Prozent der Beiträge zur griechischen Akteuren getroffen. Dies spricht auch hier Staatsschuldenkrise wurden Wertungen für fehlende Ausgewogenheit der Bewer- der griechischen und/oder der deutschen tungen. Regierung von Journalist*innen vorgenommen. In 18,4 Prozent der Beiträge betrafen Wenn Journalist*innen Wertungen vornehmen, diese Wertungen die griechische Regierung. positionierten sie sich mehrheitlich kritisch In nur 7,8 Prozent der Beiträge wurde die gegenüber der griechischen Regierung. Ein deutsche Regierung von Journalist*innen Mangel an Ausgewogenheit in der Bewertung Wertungen durch bewertet. Das Ausmaß der Wertungen durch Journalist*innen zeigt sich im Vergleich: Journalist*innen durch Journalist*innen ist in einem erwar- Positive Aspekte wurden bei der griechischen in jedem fünften teten Umfang: Etwa jeder fünfte Beitrag be- Regierung im Gegensatz zur deutschen Regie- Beitrag inhaltet Wertungen durch Journalist*innen. rung kaum herausgestellt. Die vorgefundenen Maurer (2005) fand in einer Analyse von Wertungen sind demnach nicht ausgewogen. 76 Hauptnachrichtensendungen 2001 bei der Die griechische Regierung wurde in be- ARD in 16 Prozent und beim ZDF in 29 Pro- richteten Akteursaussagen häufiger negativ zent der Beiträge explizite Wertungen bewertet als positiv. Jedoch wurden über alle durch Journalist*innen. Das Verhältnis ist Akteure, die bewertet wurden, mehrheitlich ne- allerdings nicht ausgeglichen, die griechi- gative bzw. kritische Aussagen getroffen. sche Regierung wurde häufiger bewertet als Die Bewertungen der griechischen Regie- andere. Dies spricht für fehlende Ausgewo- rung durch Akteure waren in den Hauptnach- genheit der Bewertungen. richtensendungen mehrheitlich ausgeglichen, Ergebnisse der Untersuchung in den untersuchten Sondersendungen mehr- sprechend nicht in Off-Texten von Nachrich- heitlich negativ. In 17,8 Prozent aller Beiträge ten oder Berichten stattfinden. Innerhalb von insgesamt äußerten sich O-Ton-Geber*innen Aufsagern und Korrespondent*innen-Schalten kritisch gegenüber der griechischen Regierung, sind Wertungen hingegen möglich, da bei bei- während eine positive Wertung nur in 5,5 Pro- den für den Rezipienten erkennbar ist, dass Rezipient*innen zent aller Beiträge der Fall war. Während sich es sich um eine Meinung des Journalist*innen sollen Meinung die Journalist*innen in den Hauptnachrichten- handelt, weil dieser im Bild zu sehen ist. erkennen können sendungen um eine ausgewogene Bewertung Bei 16,8 Prozent der Beiträge handelte es der griechischen Regierung bei der Zusammen- sich um einfache Nachrichtenmeldungen, die stellung der O-Töne bemühten, tendierte die von den Nachrichtensprecher*innen gelesen Mehrheit der O-Töne in den Sondersendungen wurden. 43,9 Prozent dieser vorgelesenen zu einer kritischen Position gegenüber der Meldungen wurden mit Bewegtbild hinter- griechischen Regierung. Die in O-Tönen darge- legt. Die häufigste Darstellungsform waren stellten Meinungen waren in Sondersendun- mit 50,9 Prozent Berichte. An dritter Stelle gen demnach weniger ausgewogen als in den standen Korrespondent*innen-Schalten der Hauptnachrichtensendungen. Reporter*innen mit 23,6 Prozent aller Beiträge. Es wurden zudem in 7,8 Prozent der Beiträge 5.4 Neutralität der Berichterstattung Insbesondere für Aufsager in Nachrichten und Berichten identifiziert (in Abbildung 27 hellblau markiert). Bei Nachrichtensendungen 8,1 Prozent aller Beiträge handelte es sich um ist die Trennung von Nachricht und Mei- Interviews. Diese kamen jedoch nahezu aus- nung ein zentraler Aspekt der Unparteilich- schließlich in den untersuchten Sondersen- keit. Zunächst wird daher im folgenden Ab- dungen vor. schnitt dargestellt, in welchem Ausmaß und Unterscheidet man zwischen den verwende- in welcher Ausrichtung Wertungen durch ten Darstellungsformen (vgl. Abbildung 28), ist Journalist*innen in den Fernsehnachrichten feststellbar, dass die Nachricht weitestgehend zur griechischen Staatsschuldenkrise vorge- frei von Bewertungen durch Journalist*innen nommen wurden. war. Nur in 3,9 Prozent der Beiträge fanden sich Es geht insbesondere um die Frage, ob positive oder negative Wertungen der griechi- Journalist*innen in den untersuchten Nachrich- schen oder der deutschen Regierung durch tensendungen eine Position einnahmen. Hie- Journalist*innen im Off-Text. In Bezug auf die raus können Rückschlüsse gezogen werden, Darstellungsform des Berichtes war dieser An- inwiefern die Berichterstattung dem Kriterium teil schon erkennbar höher: 10,2 Prozent der der Neutralität entspricht. hier untersuchten Berichte wiesen Wertungen Wertungen durch Journalist*innen sollten durch Journalist*innen im Off-Text auf. So hieß dem Qualitätskriterium der Neutralität ent- es beispielsweise im Off-Text eines Berichtes 77 „Die Griechen provozieren!” Abbildung 27: Anteil der Beiträge nach Darstellungsform 60 % Anteil der Beiträge 50 % 50,9 % 40 % 30 % 20 % 23,6 % 16,7 % 10 % 8,1 % 0,7 % MIT AUFSAGER 0 % Nachricht Bericht Interview Korrespondent*innenSchalte Sonstige Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung. „Nur er hier hat ein Dauergrinsen“ 78 der „Tagesschau“ vom 18. September 2015 sich im Gegensatz zu Nachrichten und Be- über Ministerpräsident Alexis Tsipras: „Doch richten deutlich häufiger Bewertungen durch er hat an Strahlkraft verloren.“ Oder in der Journalist*innen. So wiesen 39,4 Prozent aller „heute“-Sendung vom 4. April 2015: „Politi- Korrespondent*innen-Schalten und Aufsager sche Kapriolen in Athen sorgen auch bei der Wertungen der griechischen oder deutschen SPD für Stirnrunzeln.“ Aber auch in der Sonder- Regierung durch Journalist*innen auf. Bei der sendung „ZDF spezial“ (29. Juni 2015) ließen Darstellungsform des Interviews war dies nur sich derartige Beispiele für Kommentierungen in 8 Prozent aller Fälle so. Ein Beispiel für eine von Journalist*innen im Off-Text finden. Über durch Journalist*innen vorgenommene Mei- den griechischen Finanzminister findet man nungsäußerung während eines Interviews fin- den Satz: „Nur er hier hat ein Dauergrinsen. det sich im „Brennpunkt“ vom 29. Juni 2015: Die Griechen provozieren.“ „Darf ich noch eine Frage stellen? Jahrelang In den für Kommentierungen vorgese- sind ja Reformen verschleppt worden in diesem henen Berichterstattungsbereichen fanden Land (...)“ Daran zeigt sich, dass auch in Inter- Ergebnisse der Untersuchung Abbildung 28: Anteil der Beiträge mit Bewertungen der griechischen oder der deutschen Regierung durch Journalist*innen nach Darstellungsform 8,0 % Interview Schalten und Aufsager 39,4 % Bericht 10,2 % Nachricht 3,9 % 0 % 5 % 10 % 15 % 20 % 25 % 30 % 35 % 40 % 45 % Anteil der Beiträge Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, Nachricht: n=103, Bericht: n=313, Schalten u. Aufsager: n=193, Interview: n=50, 2015 Quelle: eigene Darstellung. viewfragen Wertungen durch Journalist*innen in 36,7 Prozent der Beiträge Wertungen von vorgenommen wurden. Journalist*innen finden, wobei solche in „ZDF Hinsichtlich meinungsorientierter Äußerungen durch Journalist*innen zeigen sich spezial“ nur in rund 7 Prozent der Fälle zu finden waren (vgl. Abbildung 29). zwischen den Nachrichtensendungen bei- Im folgenden Abschnitt findet eine weiter- der öffentlich-rechtlicher Sender nur gerin- gehende Differenzierung der Ergebnisse statt. ge Unterschiede. So wurden in 19,7 Prozent So soll dargestellt werden, inwieweit Wertun- der „Tagesschau“-Beiträge Wertungen von gen der griechischen und deutschen Regierung Journalist*innen vorgenommen, in „heute“ in den untersuchten Sendungen zu finden wa- lag dieser Wert bei 22,2 Prozent. Bei den Son- ren und welche Unterschiede zwischen den dersendungen hingegen war ein deutlicher Nachrichtensendungen und Sondersendungen Unterschied in Bezug auf eine meinungsori- festgestellt werden konnten. entierte Berichterstattung erkennbar. Denn in Im Weiteren sollen nun die Ergebnisse der ARD-Sendung „Brennpunkt“ ließen sich hinsichtlich der Wertungen mit Bezug zu den 79 „Die Griechen provozieren!” Abbildung 29: Anteil der Beiträge mit Wertungen durch Journalist*innen ZDF spezial 7,1 % 92,9 % Brennpunkt 36,7 % 63,3 % 22,2 % heute 77,8 % 19,7 % Tagesschau 0 % 10 % 80,3 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 % Anteil der Beiträge Beiträge mit Wertungen der griechischen oder der deutschen Regierung Beiträge ohne Wertungen der griechischen oder der deutschen Regierung Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Tagesschau“: n=229, „heute“: n=252, „Brennpunkt“: n= 49, „ZDF spezial“: n= 85, 2015 Quelle: eigene Darstellung. 80 unterschiedlichen Darstellungsformen diffe- Prozent aller Korrespondent*innen-Schalten renziert werden. und Aufsager von „heute“ Meinungen von In der „Tagesschau“ fanden in 3 Prozent Journalist*innen finden; wohingegen in der der Beiträge Wertungen durch Journalist*innen „Tagesschau“ mit 37,3 Prozent diese Berichter- statt, in „heute“ waren diese in 5,6 Prozent stattungsformen etwas weniger für Wertungen der Beiträge zu finden. Die Darstellungs- genutzt wurden (vgl. Abbildung 30). Zusam- form Bericht wurde von den „Tagesschau“- menfassend lässt sich also feststellen, dass Redakteur*innen in 7,2 Prozent der Fälle für alle Darstellungsformen im Vergleich beider Wertungen genutzt. Im Vergleich dazu lag die- Sender ähnlich intensiv für Wertungen durch ser Wert bei den „heute“-Berichten bei 8,5 Pro- Journalist*innen genutzt wurden. zent. Die Korrespondent*innen-Schalten und Die Darstellungsformen wurden auch in den Aufsager beinhalteten die meisten Wertungen Sondersendungen unterschiedlich intensiv für von Journalist*innen. Hier ließen sich bei 41,8 Bewertungen durch Journalist*innen genutzt. Ergebnisse der Untersuchung Abbildung 30: Anteil der Beiträge mit Wertungen durch Journalist*innen nach Darstellungsform in den Sendungen „heute” und „Tagesschau” Interview 0,0 % 41,8 % Korrespondent*innen- Schalten und Aufsager 37,3 % 8,5 % Bericht 7,2 % 5,6 % Nachricht 3,0 % heute Tagesschau 0 % 5 % 10 % 15 % 20 % 25 % 30 % 35 % 40 % 45 % Anteil der Beiträge Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise; „Tagesschau“: Nachricht: n=67, Bericht: n=111, Schalten und Aufsager: n=83, Interview: n=0; „heute“: Nachricht: n=36, Bericht: n=129, Schalten und Aufsager: n=91, Interview: n=0; 2015 Quelle: eigene Darstellung. Wie zuvor beschrieben, bewerteten die Journalist*innen im „Brennpunkt“ insgesamt dungen und somit das Postulat der Neutralität verletzt wurde. erkennbar häufiger. So fanden in der Darstel- Vor der Kamera bewerteten Journalist*innen lungsform Bericht beim „Brennpunkt“ in 28 die griechische oder deutsche Regierung in 54,5 Prozent der Fälle Bewertungen statt, während Prozent der Korrespondent*innen-Schalten und dies für das „ZDF spezial“ nur bei 12,5 Prozent Aufsager sowie in 21,4 Prozent der Interviews der Berichte der Fall war. Betrachtet man diese der Sendung „Brennpunkt“. In „ZDF spezial“ Ergebnisse für die Darstellungsform Bericht wurden, abgesehen von den Berichten, in kei- im Vergleich zu den Nachrichtensendungen ner weiteren Darstellungsform Wertungen der Neutralität in allen der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, so griechischen oder deutschen Regierung durch Sendungen verletzt fällt auf, dass in den Sondersendungen häufi- Journalist*innen gefunden (vgl. Abbildung 31). ger die Trennung von Nachricht und Meinung Die Neutralität der Berichterstattung, also missachtet wurde als in den Nachrichtensen- die die Trennung von Nachricht und Meinung, 81 „Die Griechen provozieren!” Abbildung 31: Anteil der Beiträge mit Wertungen durch Journalist*innen nach Darstellungsform in den Sondersendungen „ZDF spezial” und „Brennpunkt” 0,0 % Interview 21,4 % 0,0 % Korrespondent*innen-Schalten und Aufsager 54,5 % 12,5 % Bericht 28,0 % 0,0 % Nachricht „ZDF spezial“ „Brennpunkt“ 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % Anteil der Beiträge Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise; „Brennpunkt“: Nachricht: n=0, Bericht: n=25, Schalten und Aufsager: n=11, Interview: n=14; „ZDF spezial“: Nachricht: n=0, Bericht: n=48, Schalten und Aufsager: n=8, Interview: n=29; 2015 Quelle: eigene Darstellung. ist ein zentrales Kriterium journalistischer Pro- gative Bewertungen der griechischen oder fessionalität. Dieses wichtige Qualitätskriteri- der deutschen Regierung vor. Off-Texte um wurde in der Berichterstattung zur griechi- von Berichten wurden in den untersuchten schen Staatsschuldenkrise nicht durchgängig Nachrichtensendungen also in jedem zehn- eingehalten: ten Fall für Wertungen genutzt. Damit wurde Klassische Nachrichten waren weitestgehend frei von Bewertungen durch 82 das Gebot der Neutralität sowohl in Nachrichten als auch in Berichten verletzt. Journalist*innen. In 3,9 Prozent der Nach- 3,0 Prozent der Nachrichten und 7,2 Prozent richten fanden sich positive oder negative der Berichte in der „Tagesschau“ enthielten Wertungen der griechischen oder der deut- Wertungen der griechischen oder der deut- schen Regierung durch Journalist*innen. schen Regierung durch Journalist*innen In 10,2 Prozent der Berichte nahmen im Off-Text. In „heute“ wurden häufiger Journalist*innen jedoch positive oder ne- als in der „Tagesschau“ auch in Nach- Ergebnisse der Untersuchung richten und Berichten Bewertungen von Journalist*innen vorgenommen. 5,6 Prozent der Nachrichten und 8,5 Prozent der Berichte in „heute“ enthielten Wertungen der griechischen oder der deutschen Regierung durch Journalist*innen im Off-Text. Damit wurde in beiden Hauptnachrichtensendungen das Gebot der Neutralität von Nachrichten und Berichten in Einzelfällen verletzt. Da keine Vergleichszahlen zu Neutralitätsverletzungen in den Darstellungsformen Nachricht und Bericht zu anderen Themen vorliegen, kann das Ausmaß der Neutralitätsverletzung hier nur zwischen den untersuchten Sendungen vergleichend bewertet und eingeordnet werden. Unter den untersuchten Sendungen wurde im „Brennpunkt“ am häufigsten auch in Berichten Bewertungen durch Journalist*innen vorgenommen. 28 Prozent der Berichte im „Brennpunkt“ enthielten Wertungen der griechischen oder der deutschen Regierung durch Journalist*innen im Off-Text. In „ZDF spezial“ wurden seltener als im „Brennpunkt“, aber häufiger als in den Hauptnachrichtensendungen „Tagesschau“ und „heute“, auch in Berichten Bewertungen durch Journalist*innen vorgenommen. 12,5 Prozent der Berichte in „ZDF spezial“ enthielten Wertungen der griechischen oder der deutschen Regierung durch Journalist*innen im Off-Text. Damit wurde das Gebot der Neutralität von Nachrichten und Berichten im „Brennpunkt“ und im ZDF spezial“ verletzt. 5.5 Analytische Qualität der Darstellung der griechischen Reformagenda in der Berichterstattung In diesem Abschnitt steht die Frage im Mittepunkt, wie viel Hintergrundberichterstattung zur griechischen Staatsschuldenkrise die öffentlichen-rechtlichen Nachrichtensendungen lieferten. Damit kann die analytische Qualität der öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen beurteilt werde. Dazu wurde erhoben, ob die Berichterstattung sachorientiert war, über welche Politikfelder der griechischen Reform- Reformvorschläge und politik und über welche konkreten Reformen Politikfelder berichtet wurde. Um erfassen zu können, über welche Politikfelder und Reformen berichtet wurde, wurden zuvor 139 Reformen und 16 Politikfelder aus den folgenden vier zentralen Dokumenten ausgewählt: der Reformliste der griechischen Regierung vom 24. Februar 2015, dem griechischen Regierungsprogramm, dem Fortschrittsbericht der EU und dem Kompromisspapier über ein neues ESM-Programm des Eurogipfels in Brüssel vom 12. Juli 2015. Darüber hinaus wurden weitere Diskussionen, die am Rande der Reformpolitik und der Staatsschuldenkrise auftauchten, ebenfalls erfasst, wie beispielsweise die Diskussionen über deutsche Reparationszahlungen an Griechenland, das Privatleben politischer Akteure oder die Diskussion über einen griechischen Euro-Austritt. 83 „Die Griechen provozieren!” Im folgenden Abschnitt wird beleuchtet, wie sich die Berichterstattung mit zentralen Rechtspolitik und Medienpolitik Politikfeldern befasste. Im darauffolgenden zugeordnet. Einzelne weitere Themen (z. B. Abschnitt soll es um die Berichterstattung über Grexit, Reparationszahlungen) wurden darüber konkrete Reformvorschläge gehen. Anschlie- hinaus separat untersucht. ßend wird das Ausmaß der Berichterstattung über andere Themen dargestellt. Die Analyse zeigt, dass sich 51,1 Prozent aller Beiträge mit Haushaltspolitik befassten (vgl. Abbildung 32). Dieses Politikfeld nahm Haushaltspolitik dominiert 5.5.1 Politikfelder in der demnach eine herausgehobene Stellung in der Nachrichtenberichterstattung Berichterstattung ein. Hierzu zählen beispiels- Im Folgenden geht es um die Frage, wie in- weise Vorschläge wie ein Schuldenschnitt oder tensiv über welche Politikfelder während der erlass und der vielfach thematisierte Staats- griechischen Staatsschuldenkrise berichtet bankrott Griechenlands. Es folgte mit großem wurde. Dadurch lassen sich Erkenntnisse dar- Abstand das Politikfeld der Steuer- und Fi- über gewinnen, welche Politikfelder im Fokus nanzpolitik mit 21,5 Prozent der Beiträge. Zu der Berichterstattung standen und welche diesem Politikfeld wurden – unter anderem – vollständig oder weitestgehend ausgeklam- alle Diskussionen über Steuereinnahmen und mert wurden. Steuererhöhungen gezählt, aber auch die Ver- Die in der Berichterstattung in der griechi- folgung von Steuerhinterziehung oder der Vor- schen Staatsschuldenkrise thematisierten Re- schlag einer Modernisierung der griechischen formvorschläge wurden den Politikfeldern Finanzverwaltung. Haushaltspolitik Steuer- und Finanzpolitik zug zur Wirtschaftspolitik thematisiert – dies Geld- und Währungspolitik geschah nur in 13,7 Prozent aller Beiträge. Die- Wirtschaftspolitik sem Politikfeld werden z. B. Diskussionen über Arbeitsmarktpolitik Privatisierungen von Staatsbetrieben sowie Tarif- und Lohnpolitik Themen der Wirtschaftsförderung und einzelne Infrastrukturpolitik Reformen des Wettbewerbsrechts zugeordnet. Energiepolitik Es folgten die Rentenpolitik als viert- Sozialpolitik wichtigstes Thema mit 12,8 Prozent und die Rentenpolitik gesellschaftliche und politische Ordnung in Gesundheitspolitik Griechenland mit 11,7 Prozent. Hierzu wurden Wohnungsbau Vorschläge zur Bekämpfung der Korruption im gesellschaftliche und Staatsapparat und zur Reduzierung der Zahl politische Ordnung der Beamten, aber auch Diskussionen über Verteidigungspolitik 84 Noch seltener wurden Sachverhalte mit Be- Neuwahlen gezählt. Ergebnisse der Untersuchung Abbildung 32: Anteil der Beiträge differenziert nach Politikfeldern 60 % 55 % 51,1 % 50 % Anteil der Beiträge 45 % 40 % 35 % 30 % 25 % 21,5 % 20 % 15 % 13,7 % 12,8 % 11,7 % 10 % 9,8 % 5,0 % 5,0 % 5 % 2,1 % 2,0 % 1,8 % 1,6 % 1,1 % 0,5 % 0,0 % 0,0 % Ha St us eu ha er -u lts nd p Ge Fin oliti k se an W lls zp irt ch ol sc af iti ha tli k fts ch e p ol un Re iti d nt k po en Ge lit po is ld lit ch -u ik e nd Or W dn äh un ru g ng sp ol Ar iti be k its po lit So ik Ve zia rte l po id lit ig Ta u ik n rif g -u sp ol nd iti Lo k hn po lit Re ik ch Ge t sp su ol nd iti he k its po En lit er ik gi ep ol M iti ed W k oh ie np nu o ng lit sb ik In a up fra ol st iti ru k kt ur po lit ik 0 % Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, Mehrfachnennungen, 2015 Quelle: eigene Darstellung. Themen mit Bezug zur Geld- und Währungs- zug zur Tarif- und Lohn-, Rechts- und Gesund- politik spielten mit 9,8 Prozent aller Beiträge heitspolitik sowie Energie- und Medienpolitik. nur eine untergeordnete Rolle in der Nachrich- Beiträge, in denen die Themen Wohnungsbau tenberichterstattung. Aber auch Sachverhalte und Infrastrukturpolitik angesprochen wurden, hinsichtlich der Arbeits-, Sozial- und Verteidi- ließen sich in den untersuchten Sendungen gar gungspolitik ließen sich in den Beiträgen nur nicht finden (vgl. Abbildung 32). Diesen Politik- selten finden. Gleiches gilt für Themen mit Be- feldern wurde z. B. das Programm zur Siche- 85 „Die Griechen provozieren!” rung von Wohnraum, das geplante Aussetzen dem Hintergrund, dass in Griechenland in al- der Versteigerung von Hauptwohnungen oder len 16 Politikfeldern 139 Reformen diskutiert Reformen im Bereich Landnutzung, Raumord- und teilweise umgesetzt wurden, fehlte es nung und Katasterwesen zugeordnet. an analytischer Qualität in der Berichterstat- Die geringe Präsenz dieser Politikfelder in den Nachrichtensendungen von ARD und ZDF tung über die Breite des Reformprozesses in Griechenland. ist insofern erstaunlich, da in allen genannten Zwischen den untersuchten Sendungen Politikfeldern in Griechenland Reformen dis- gab es Unterschiede hinsichtlich der Politik- kutiert und sogar teilweise durchgeführten felder, über die berichtet wurde. Im Folgenden wurden. So wurde zum Beispiel das Insolvenz- soll zwischen den Hauptnachrichtensendun- recht reformiert, um Firmenneugründungen zu gen und den Sondersendungen noch einmal erleichtern. Dies wurde gar nicht thematisiert unterschieden werden: wurde. Rechtspolitische Reformen, wie z. B. eine Zivilrechtsreform, wurden nur in 1,8 Pro- Politikfelder in den Hauptnachrichten- zent der Beiträge zum Thema. Außerdem wurde sendungen „Tagesschau“ und „heute“ die Unabhängigkeit der griechischen Statistik- Die behörde gestärkt. In nur einem Beitrag wurde schau“ und „heute“ wiesen kaum Unterschie- darauf eingegangen. de in der Berichterstattung über verschiedene Wie intensiv einzelne Politikfelder in den Nachrichtensendungen im Mittelpunkt stan- Breite des Reform- 86 Hauptnachrichtensendungen „Tages- Politikfelder in der griechischen Staatsschuldenkrise auf. den, ist zudem an der Zeit, in der über sie be- Das Thema Haushaltspolitik war in beiden richtet wurde, erkennbar. So ließen sich zur Sendungen das wichtigste Politikfeld. In der Haushaltspolitik ca. 80 Minuten Sendungsma- „Tagesschau“ wurde dieses Politikfeld in 51,9 terial finden, zur Steuer- und Finanzpolitik ca. Prozent aller Beiträge thematisiert, in „heute“ 35 Minuten, zur gesellschaftlichen und politi- in 46,8 Prozent der Beiträge. Auch das Politik- schen Ordnung ca. 28 Minuten sowie zur Wirt- feld Steuer- und Finanzpolitik fand in nahezu schaftspolitik ca. 25 Minuten. Über die Geld- identischem Ausmaß Berücksichtigung in bei- und Währungspolitik wurde insgesamt nur ca. den Sendungen: in der „Tagesschau“ in 18,8 13 Minuten lang berichtet; die Thematisierung Prozent, in „heute“ in 15,8 Prozent der Bei- aller weiteren Politikfelder blieb jeweils unter träge. Die Rentenpolitik wurde in der „Tages- zehn Minuten (vgl. Anhang 5). schau“ mit 15,3 Prozent der Beiträge häufiger prozesses nicht Zusammenfassend stand mit fast jedem thematisiert als in „heute“, wo es nur 9,9 Pro- abgebildet zweiten Beitrag die Haushaltspolitik im Mit- zent waren. Dafür wurde die Geld- und Wäh- telpunkt der Berichterstattung. Es folgten mit rungspolitik in „heute“ häufiger in Beiträgen weitem Abstand das Politikfeld Steuer- und thematisiert (11,5 Prozent) als in der „Tages- Finanzpolitik sowie die Wirtschaftspolitik. Vor schau“ (6,6 Prozent). Sozialpolitik wurde in der Ergebnisse der Untersuchung Abbildung 33: Anteil der Beiträge differenziert nach Politikfeldern in „heute“ und „Tagesschau“ heute 0,4 % Medienpolitik 1,6 % 1,6 % 2,0 % Energiepolitik Verteidigungspolitik Tarif- und Lohnpolitik 0,8 % 1,6 % Gesundheitspolitik Rechtspolitik 6,0 % Arbeitspolitik 11,5 % Geld- und Währungspolitik 2,8 % Sozialpolitik 13,1 % Gesellschaftliche und politische Ordnung 11,1 % 9,9 % Wirtschaftspolitik Rentenpolitik 15,9 % Steuer- und Finanzpolitik 46,8 % Haushaltspolitik Tagesschau Medienpolitik Energiepolitik Verteidigungspolitik Tarif- und Lohnpolitik Gesundheitspolitik Rechtspolitik Arbeitspolitik Geld- und Währungspolitik Sozialpolitik 0,0 % 1,3 % 1,7 % 1,7 % 1,7 % 2,6 % 3,5 % 6,6 % 7,4 % 12,7 % 13,1 % 15,3 % Gesellschaftliche und politische Ordnung Wirtschaftspolitik Rentenpolitik 18,8 % Steuer- und Finanzpolitik 52,0 % Haushaltspolitik 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % Anteil der Beiträge Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „heute“: n=252, „Tagesschau“: n=229, Mehrfachnennungen, 2015 Quelle: eigene Darstellung. „Tagesschau“ mehr als doppelt so oft (7,4 Pro- fang in die Berichterstattung einbezogen (vgl. zent) zum Thema als in „heute“ (2,8 Prozent). Abbildung 33). In diesen Politikfeldern lagen jedoch schon die Das heißt, die Hauptnachrichtensendun- deutlichsten Unterschiede. Alle weiteren Poli- gen „Tagesschau“ und „heute“ unterscheiden tikfelder wurden in nahezu identischem Um- sich kaum in der Intensität, in der sie über 87 „Die Griechen provozieren!” Die gleichen Politikfelder im Fokus verschiedene Politikfelder in der griechischen in den Hauptnachrichtensendungen. Dies hat Staatsschuldenkrise berichteten. Sie haben auch zur Folge, dass einzelne spezifische Poli- die gleichen Politikfelder verstärkt in den Fo- tikfelder wie Energiepolitik, Medienpolitik und kus genommen (Haushaltspolitik, Steuer- und Rechtspolitik hier in geringerem Umfang oder Finanzpolitik) und andere in gleichem Maße gar nicht vorkamen. vernachlässigt (Medienpolitik, Energiepolitik, Gesundheitspolitik und Rechtspolitik). Unterschiede zwischen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ resultieren vielfach aus der un- Zusammenfassend gibt es kaum Unter- terschiedlichen Anzahl der Sendungen und schiede zwischen den Nachrichtsendungen: Beiträge der beiden Formate. Auffällig ist je- Sowohl die „Tagesschau“ als auch die „heute“- doch, dass das „ZDF spezial“ Rentenpolitik Sendung berichteten in rund jedem zweiten sowie die Steuer- und Finanzpolitik häufiger Beitrag über das Politikfeld Haushaltspolitik. thematisierte als der „Brennpunkt“. Relativiert Es folgten mit weitem Abstand die Steuer- und an der Gesamtzahl der Beiträge in diesen Sen- Finanzpolitik. In der „Tagesschau“ wurden drei dungen waren die Anteile jedoch ähnlich: Bei Politikfelder gar nicht thematisiert: Medienpo- der Rentenpolitik lag der Anteil in „ZDF spezial“ litik, Infrastrukturpolitik und Wohnungsbau. In bei 15,3 Prozent, im „Brennpunkt“ bei 12,2 Pro- „heute“ wurden Infrastrukturpolitik und Woh- zent. Bei der Steuer- und Finanzpolitik lag der nungsbau nicht angesprochen. Damit kann Anteil in „ZDF spezial“ bei 38,8 Prozent, im nicht von einer ausreichenden Hintergrund- „Brennpunkt“ bei 32,3 Prozent. Der „Brenn- berichterstattung in den Sendungen „Tages- punkt“ berichtete dafür erheblich häufiger schau“ und „heute“ über die Reformprozesse über das Politikfeld Geld- und Währungspoli- in Griechenland gesprochen werden. tik als das „ZDF spezial“. Die gesellschaftliche Im Folgenden soll zwischen den Sondersendungen noch einmal unterschieden werden. und politische Ordnung war in „ZDF spezial“ ebenfalls häufiger Thema, was daran liegen mag, dass es hier bereits eine Sondersendung 88 Politikfelder in den Sondersendungen zur Wahl von Syriza am 26. Januar gab, jedoch „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ keinen „Brennpunkt“ (vgl. Abbildung 34). Die Thematisierung der Politikfelder in der So bleibt festzuhalten, dass in allen Sen- Berichterstattung unterschied sich zwischen dungen rund jeder zweite Beitrag das Politik- Sondersendungen Hauptnachrichten- feld Haushaltspolitik thematisierte. Darunter sendungen kaum: Die Haushaltspolitik domi- fällt etwa ein Schuldenschnitt oder auch der nierte, Steuer-, Finanz-, Wirtschafts- und Ren- Staatsbankrott Griechenlands. In allen Sendun- tenpolitik folgten auch hier. Die Sondersen- gen folgten mit weitem Abstand die Politikfelder dungen wurden nur zu bestimmten Anlässen Steuer- und Finanzpolitik sowie die Wirtschafts- ausgestrahlt, die Anzahl der Beiträge ist daher politik. Das gilt im Besonderen für die Sonder- geringer und die Anlässe sind begrenzter als sendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“, und Ergebnisse der Untersuchung Abbildung 34: Anteil der Beiträge differenziert nach Politikfeldern in „ZDF spezial“ und „Brennpunkt“ ZDF spezial Medienpolitik Energiepolitik 1,2 % 0,0 % 4,7 % Verteidigungspolitik Tarif- und Lohnpolitik Gesundheitspolitik Rechtspolitik 1,2 % 2,4 % 1,2 % 7,1 % Arbeitspolitik Geld- und Währungspolitik Sozialpolitik 0,0 % 4,7 % 10,6 % Gesellschaftliche und politische Ordnung 15,3 % 15,3 % Wirtschaftspolitik Rentenpolitik 38,8 % Steuer- und Finanzpolitik 58,8 % Haushaltspolitik Brennpunkt Medienpolitik Energiepolitik Verteidigungspolitik Tarif- und Lohnpolitik Gesundheitspolitik Rechtspolitik Arbeitspolitik 2,0 % 0,0 % 2,0 % 4,1 % 4,1 % 0,0 % 4,1 % 32,7 % Geld- und Währungspolitik 6,1 % Sozialpolitik Gesellschaftliche und politische Ordnung 2,0 % 26,5 % Wirtschaftspolitik 12,2 % Rentenpolitik 32,7 % Steuer- und Finanzpolitik 55,1 % Haushaltspolitik 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % Anteil der Beiträge Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „ZDF spezial“: n=85, „Brennpunkt“: n=49, Mehrfachnennungen, 2015 Quelle: eigene Darstellung. die sehr stark auf Haushalts- und Finanzpolitik Breite abbilden. Es ist jedoch erkennbar, dass eingingen. Natürlich kann von Sondersendun- viele Themen in der Berichterstattung ausgelas- gen nicht erwartet werden, dass sie auf alle Po- sen wurden. Über viele Politikfelder wie Arbeits- litikfelder der griechischen Reformpolitik einge- politik, Tarif- und Lohnpolitik, Sozialpolitik oder hen und den Reformprozess in seiner ganzen Rechtspolitik wurde nur marginal berichtet; 89 „Die Griechen provozieren!” Abbildung 35: Thematisierung von Reformen Reformen im Beitrag thematisiert 39,8 % 60,2 % Keine Reformen im Beitrag thematisiert Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung. 90 über andere Politikfelder, wie Infrastrukturpoli- 5.5.2 Berichterstattung über konkrete tik, gar nicht. In Griechenland wurden in 16 Poli- Reformvorschläge tikfeldern Reformen diskutiert und zum Teil um- Die griechische Regierung hat an mehreren gesetzt. Vor diesem Hintergrund kann nicht von Stellen konkrete Reformvorschläge gemacht, einer intensiven Hintergrundberichterstattung u. a. in einer Reformliste vom 24. Februar 2015 der untersuchten Nachrichtsendungen über sowie in ihrem Regierungsprogramm. Auch den Reformprozess der griechischen Regierung im Fortschrittsbericht der EU und dem Kom- in der Staatsschuldenkrise gesprochen werden. promisspapier über ein neues ESM-Programm Damit fehlte der Berichterstattung in den unter- des Eurogipfels in Brüssel vom 12. Juli 2015 suchten Nachrichtensendungen die geforderte finden sich einzelne Reformvorschläge der analytische Qualität. griechischen Regierung und anderer politi- Im Folgenden wird die Berichterstattung zu schen Akteure. Insgesamt konnten aus diesen konkreten Reformvorschlägen in der griechi- Dokumenten 139 Reformvorschläge ermittelt schen Staatsschuldenkrise genauer betrachtet. werden. Um das Ausmaß der Hintergrundbe- Ergebnisse der Untersuchung Abbildung 36: Anteil der Beiträge mit Thematisierung einzelner Reformen 11,4 % Erlass des Schuldenbetrags 8,1 % Privatisierung 6,5 % Kapitalverkehrskontrollen 5,0 % Rückführung der Staatsverschuldung 4,7 % Wirtschaftsförderung allgemein 4,6 % Reform des Rentensystems 3,7 % Mehrwertsteuerreform allgemein 3,6 % Bekämpfung von Steuerhinterziehung 3,4 % Erhöhung der Mehrwertsteuer allgemein 2,8 % Rekapitalisierung der Banken 2,1 % Reform der öffentlichen Verwaltung 2,0 % Militärausgaben senken 2,0 % Gesetzliches Renteneintrittsalter mit 67 0 % 2 % 4 % 6 % 8 % 10 % 12 % Anteil der Beiträge Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, Mehrfachnennungen, 2015 Quelle: eigene Darstellung. richterstattung und damit die analytische Qua- formen wie intensiv berichtet wurde und über lität der Berichterstattung der untersuchten welche nicht. Sendungen zur griechischen Staatsschulden- Nur wenige Beiträge befassten sich mit krise beurteilen zu können, soll im folgenden konkreten Reformen. In 60,2 Prozent aller Abschnitt untersucht werden, über welche Re- Beiträge wurde kein einziger Reformvorschlag 91 „Die Griechen provozieren!” Schuldenschnitt und Privatisierungen 92 aufgegriffen (vgl. Abbildung 35). Noch am häu- träge thematisiert. In 4,7 Prozent aller Beiträ- figsten wurde über den Vorschlag eines Schul- ge wurden Vorschläge zur Wirtschaftsförde- denschnitts berichtet (vgl. Abbildung 36). 11,4 rung thematisiert. Ähnlich häufig, nämlich in Prozent der Beiträge thematisierten einen 4,6 Prozent der Beiträge, ging es um die Re- Schuldenschnitt. Alexis Tsipras forderte einen form des Rentensystems. Auch eine Erhöhung Schuldenschnitt von Beginn seiner Amtszeit der Mehrwertsteuer (3,4 Prozent) und eine an. Die Geldgeber, insbesondere die deutsche allgemeine Mehrwertsteuerreform (3,7 Pro- Regierung, lehnten dies ab. In 8,1 Prozent der zent) sowie konkrete Reformvorschläge zum Beiträge wurde die Privatisierung von Staats- Thema Mehrwertsteuer, wie Ausnahmen für betrieben als Reformvorschlag genannt. In der Inseln (0,6 Prozent) und Erhöhungen für Gas- Nachrichtenberichterstattung wurden dem- tronomie und Tourismus (0,8 Prozent), wurden nach Privatisierungen von Staatbetrieben als in der Nachrichtenberichterstattung selten Ausweg und Lösung der Krise vergleichsweise thematisiert. häufig aufgegriffen und thematisiert. Weitere Reformen und Lösungsoptionen An dritter Stelle, in 6,5 Prozent der Beiträ- wurden weniger häufig thematisiert: in 3,6 Pro- ge, wurden Kapitalverkehrskontrollen themati- zent der Beiträge die Bekämpfung von Steu- siert. Am 28. Juni 2015 wurden in Griechenland erhinterziehung, in 2,1 Prozent der Beiträge Kapitalverkehrskontrollen eingeführt, gefor- die Reform der öffentlichen Verwaltung oder dert wurden sie bereits vorher. Um das Banken- in 2,0 Prozent der Beiträge die Erhöhung des system zu stabilisieren, führte die griechische Renteneintrittsalters. In den Beiträgen zur grie- Regierung Kapitalverkehrskontrollen ein. Dies chischen Staatsschuldenkrise ging es jedoch führte zu Begrenzungen von Bargeldabhebun- nur sehr selten um andere zentrale Reform- gen und Schlangen an den Geldautomaten. vorschläge wie die Einführung einer Großver- Die Medien berichteten darüber sehr umfang- mögenssteuer (1,1 Prozent), die Bekämpfung reich, schließlich waren dies sichtbare Folgen von Korruption (1,3 Prozent), die Bekämpfung der Staatsschuldenkrise in Griechenland. Erst von Schwarzhandel und Schmuggel (0,6 Pro- nach der Einigung Griechenlands mit den Gläu- zent), eine Unternehmenssteuerreform (0,5 bigern über ein neues Rettungspaket öffneten Prozent), die Kontrolle von Gesundheitsaus- die Banken am 22. Juli 2015 nach dreiwöchi- gaben (0,3 Prozent), die Reform der Besteu- ger Bankenschließung wieder. Kontoinhaber erung griechischer Reeder (0,2 Prozent) oder konnten dann pro Woche 420 Euro abheben. die Bekämpfung von Schwarzarbeit (0,2 Pro- Die Kapitalverkehrskontrollen wurden in den zent). Hinzu kommen einzelne Reformvor- folgenden Monaten schrittweise gelockert, je- schläge der griechischen Regierung, die gar doch nicht aufgehoben. nicht thematisiert wurden, u. a. eine Reform Maßnahmen zur Rückführung der Staats- der Gehaltsstrukturen im öffentlichen Sektor, verschuldung wurden in 5,0 Prozent der Bei- eine Reform der Wettbewerbsbedingungen, Ergebnisse der Untersuchung eine Grundsteuerreform, eine Einkommens- richterstattung als Ausdruck der analytischen steuerreform oder die Reform der Steuer- und Qualität der Sendungen zu gewinnen. Finanzverwaltung. Die Berichterstattung beschränkte sich Spezifische Reformen in den Hauptnachrichten- erkennbar auf wenige Lösungsoptionen der sendungen „Tagesschau“ und „heute“ Staatsschuldenkrise: „Tagesschau“ und „heute“ unterschieden sich Kapitalverkehrskontrollen möglicherwei- – wie bei den thematisierten Politikfeldern – in se aufgrund ihrer Visualisierbarkeit in den der Thematisierung spezifischer Reformen in Schlangen vor den Geldautomaten; ihrer Berichterstattung kaum. Die Hauptnach- Mehrwertsteuererhöhungen, weil Steuererhöhung zur Rückführung von Schulden eingesetzt werden; richtensendungen wählten weitestgehend gleich aus. Am häufigsten wurde über einen Schulden- Privatisierungen, weil der Staat Besitz ver- schnitt in beiden Sendungen gesprochen. In äußern soll, um Schulden bei den Gläubi- der „Tagesschau“ in 13,5 Prozent aller Beiträge gern zu begleichen. der Sendung, in „heute“ in 10,3 Prozent. Auf den vorderen Plätzen waren bei beiden Haupt- Zusammenfassend wurden von 139 Reformen nachrichtensendungen auch die Reform des nur 63 in der Berichterstattung zur griechi- Rentensystems, die Rückführung der Staats- schen Staatsschuldenkrise thematisiert. Das verschuldung und Privatisierungen (vgl. Abbil- entspricht 45,3 Prozent. In 60,2 Prozent der dung 37 und für eine vollständige Auflistung Beiträge wurde keine einzige Reform themati- der Reformen Anhang 6). siert. Am häufigsten wurde in 11,3 Prozent der Auffällig ist im Vergleich zwischen den Sen- Beiträge der Schuldenschnitt thematisiert, es dungen, dass in der „Tagesschau“ 9,6 Prozent „Tagesschau“ präsenter folgte mit 8,1 Prozent die Privatisierung von der Beiträge Privatisierungen von Staatsbetrie- als in „heute“ Staatsbetrieben, danach mit 6,5 Prozent die ben thematisierten, in „heute“ nur 4,8 Prozent. Kapitalverkehrskontrolle. Von einer gründli- Der Privatisierungen von Staatsbetrieben wur- chen Hintergrundberichterstattung zu dem de in der „Tagesschau“ demnach eine höhere griechischen Reformprozess in den Nachrich- Bedeutung zugemessen als in „heute“. Ähnlich tensendungen von ARD und ZDF kann also nicht verhält es sich mit Vorschlägen zur Wirtschafts- gesprochen werden. förderung – auch sie wurden häufiger in der Im Folgenden soll zwischen den Hauptnach- „Tagesschau“ thematisiert als in „heute“. Die richtensendungen und den Sondersendungen Fallzahlen sind bei allen Sendungen sehr ge- noch einmal unterschieden werden. Es soll ge- ring, die meisten Reformvorschläge wurden zeigt werden, welche spezifischen Reformen nur selten thematisiert. besonders fokussiert wurden, um so einen ver- Die Sendung „heute“ bezog sich etwas gleichenden Überblick über die Hintergrundbe- häufiger als die „Tagesschau“ auf einzelne Privatisierungen in der 93 „Die Griechen provozieren!” Abbildung 37: Anteil der Beiträge mit Thematisierung einzelner Reformen in „heute“ und „Tagesschau“ heute 2,0 % Rekapitalisierung der Banken Einführung von Bürgerentscheiden 0,0 % 1,2 % 1,2 % Reform der öffentlichen Verwaltung Korruption bekämpfen 2,4 % Kapitalverkehrskontrollen 1,2 % Gesetzliches Renteneintrittsalter mit 67 2,8 % 2,8 % 3,2 % Erhöhung der Mehrwertsteuer allgemein Bekämpfung von Steuerhinterziehung Mehrwertsteuerreform allgemein Wirtschaftsförderung allgemein 1,2 % 6,0 % Rückführung der Staatsverschuldung 4,0 % 4,8 % Reform des Rentensystems Privatisierung 10,3 % Erlass des Schuldenbetrags Tagesschau Rekapitalisierung der Banken 0,4 % 1,7 % 1,7 % 1,7 % 2,2 % 2,6 % Einführung von Bürgerentscheiden Reform der öffentlichen Verwaltung Korruption bekämpfen Kapitalverkehrskontrollen Gesetzliches Renteneintrittsalter mit 67 3,5 % 3,9 % 3,9 % 4,4 % 4,4 % Erhöhung der Mehrwertsteuer allgemein Bekämpfung von Steuerhinterziehung Mehrwertsteuerreform allgemein Wirtschaftsförderung allgemein Rückführung der Staatsverschuldung 5,7 % Reform des Rentensystems 9,6 % Privatisierung 13,5 % Erlass des Schuldenbetrags 0 % 2 % 4 % 6 % Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, 8 % 10 % 12 % 14 % 16 % Anteil der Beiträge „Tagesschau“: n=229, „heute“: n=252, Mehrfachnennungen, 2015 Quelle: eigene Darstellung. 94 Initiativen der griechischen Regierung, ihre Bücher, Theater und Medikamente oder das Bürger*innen zu entlasten oder nicht zu stark Programm zur Bewältigung der humanitären zu belasten: Eine Anhebung des Mindestlohns, Krise in Griechenland wurden von „heute“ häu- eine kostenfreie medizinische Versorgung, figer thematisiert, wobei auch hier die Fallzah- Ausnahmen von der Mehrwertsteuerreform für len sehr gering sind (vgl. Anhang 6). Ergebnisse der Untersuchung Das Thema Kapitalverkehrskontrollen spielte in den Hauptnachrichten über den gesamten Spezifische Reformen in den Sondersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ Untersuchungszeitraum hinweg eine erkenn- Die Sondersendungen konzentrierten sich bar geringere Rolle als in den Sondersendun- noch seltener als die Hauptnachrichtensen- gen. Kapitalverkehrskontrollen wurden nur dungen auf die spezifischen diskutierten Re- in 2,2 Prozent der Beiträge der „Tagesschau“ formvorschläge. Die Vielfalt der thematisier- Nur wenige Reformen und in 2,4 Prozent der Beiträge von „heute“ ten Reformen war hier begrenzt – auch durch in Sondersendungen (2,4 Prozent) thematisiert. Bei den Sonder- die wenigen Sendetermine zu einzelnen Ereig- thematisiert sendungen waren es 26,5 Prozent im „Brenn- nissen, wie dem Scheitern des EU-Gipfels am punkt“ und 18,8 Prozent der Beiträge in „ZDF 29. Juni 2015 oder dem Referendum in Grie- spezial“. Die Ursache wird darin gesehen, dass chenland am 5. Juli 2015. diese Sondersendungen zum Höhepunkt der Am häufigsten trat das Thema Kapital- Krise, zu dem auch die Kapitalverkehrskont- verkehrskontrollen in den Sondersendungen rollen eingeführt wurden, ausgestrahlt wurden auf (vgl. Abbildung 38). Es wurde im „Brenn- und sich daher viel stärker als die Hauptnach- punkt“ in 26,5 Prozent der Sendungen the- richtensendungen auf die Kapitalverkehrskon- matisiert, in „ZDF spezial“ in 18,8 Prozent. trollen als Symbol der Krise fokussierten. Bei den weiteren Themen setzten die beiden Zusammenfassend ist im Hinblick auf die Hintergrundberichterstattung Sondersendungen unterschiedliche Schwer- festzuhalten, punkte. Das „ZDF spezial“ befasste sich mit dass in der „Tagesschau“ in 62,2 Prozent der einigen Reformen intensiver als der „Brenn- Beiträge keine Reformen aufgegriffen wurden. punkt“, u. a. mit dem Schuldenschnitt in In „heute“ waren es 65,1 Prozent der Beiträ- 11,8 Prozent der Beiträge, während es beim ge. Von 139 Reformen wurden in der „Tages- „Brennpunkt“ nur 6,1 Prozent waren. Auch die schau“ nur 53 thematisiert, was 38,1 Prozent Reform der öffentlichen Verwaltung wurde in entspricht. In der „heute“-Sendung waren es „ZDF spezial“ häufiger (7,6 Prozent) themati- 40 Reformen, über die berichtet wurde, was siert als im „Brennpunkt“ (0 Prozent). Dafür 28,8 Prozent entspricht. Am häufigsten wurde befasste sich der „Brennpunkt“ häufiger mit über einen Schuldenschnitt in beiden Sendun- der Rekapitalisierung der Banken. Dies war in gen gesprochen. In der „Tagesschau“ in 13,5 22,5 Prozent der Beiträge der Fall, in „heute“ Prozent aller Beiträge der Sendung, in „heute“ gar nicht. Auch Privatisierungen spielten im in 10,3 Prozent. Insgesamt haben die beiden „Brennpunkt“ eine größere Rolle. Sie wurden Nachrichtensendungen „Tagesschau“ und hier in 20,4 Prozent der Beiträge thematisiert, „heute“ nur wenig Hintergründe zu einzelnen in „heute“ nur in 7,1 Prozent. Reformen geliefert. Nur 25 Reformvorschläge wurden im Im Folgenden soll noch einmal zwischen „Brennpunkt“ thematisiert, 27 in „ZDF spezi- den Sondersendungen unterschieden werden. al“. Eine ganze Reihe von Reformvorschlägen 95 „Die Griechen provozieren!” Abbildung 38: Anteil der Beiträge mit Thematisierung einzelner Reformen in „ZDF spezial” und „Brennpunkt” ZDF spezial 0,0 % 0,0 % Rekapitalisierung der Banken Einführung von Bürgerentscheiden 7,1 % Reform der öffentlichen Verwaltung 1,2 % Korruption bekämpfen 18,8 % Kapitalverkehrskontrollen 1,2 % Gesetzliches Renteneintrittsalter mit 67 3,5 % Erhöhung der Mehrwertsteuer allgemein 5,9 % Bekämpfung von Steuerhinterziehung 2,4 % Mehrwertsteuerreform allgemein 11,8 % Wirtschaftsförderung allgemein 1,2 % Rückführung der Staatsverschuldung 4,7 % 4,7 % Reform des Rentensystems Privatisierung 11,8 % Erlass des Schuldenbetrags Brennpunkt 22,4 % Rekapitalisierung der Banken 0,0 % 0,0 % 0,0 % Einführung von Bürgerentscheiden Reform der öffentlichen Verwaltung Korruption bekämpfen 26,5 % Kapitalverkehrskontrollen 4,1 % Gesetzliches Renteneintrittsalter mit 67 6,1 % Erhöhung der Mehrwertsteuer allgemein 2,0 % Bekämpfung von Steuerhinterziehung 8,2 % Mehrwertsteuerreform allgemein 12,2 % 10,2 % Wirtschaftsförderung allgemein Rückführung der Staatsverschuldung 2,0 % Reform des Rentensystems 10,2 % Privatisierung 6,1 % Erlass des Schuldenbetrags 0 % 5 % 10 % Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, „Brennpunkt“: n=49, „ZDF spezial“: n=85, Mehrfachnennungen, 2015 15 % 20 % 25 % 30 % Anteil der Beiträge Quelle: eigene Darstellung. wurde in Sondersendungen gar nicht thema- Subventionen, die Besteuerung griechischer tisiert – dies war hier erheblich öfter der Fall Reeder, die Reform des Haushaltsrahmenge- als in den Hauptnachrichtensendungen. Bei- setzes oder Vorschläge zur Verbesserung des spielsweise wurden der Kampf gegen Korrup- Schuldenmanagements nicht thematisiert. tion in der Verwaltung, die Abschaffung von 96 Ergebnisse der Untersuchung Zusammenfassend berichteten die Sondersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ formagenda in der griechischen Staatsschuldenkrise berichtet wurde. noch seltener als die Hauptnachrichtensendun- In einer hohen Zahl von Beiträgen wurde gen „Tagesschau“ und „heute“ über einzelne nur allgemein von „den Reformen“ gesprochen. Reformen. Im „Brennpunkt“ wurde in 44,9 Pro- Dies war in 36,7 Prozent der Beiträge der Fall. zent der Beiträge keine konkrete Reform thema- So hieß es beispielsweise „Tsipras habe […] tisiert, in „ZDF spezial“ war dies in 49,4 Prozent einen neuen Reformplan vorgelegt“ („Tages- der Beiträge der Fall. Von 139 Reformen wurde schau“, 2. Juni 2015), „Die Regierung in Athen im „Brennpunkt“ nur über 25 Reformen be- verhandelt derzeit mit den internationalen richtet, was 17,9 Prozent der Reformvorschläge Geldgebern über weitere finanzielle Unterstüt- entspricht. In der Sendung „ZDF spezial“ wurde zung. Bedingung dafür sind Reformen“ („Tages- über 27 Reformen berichtet, was 19,4 Prozent schau“, 5. Mai 2015), „Griechenland will jetzt der Reformvorschläge entspricht. Der Schwer- mit konkreten Reformvorschlägen die Einigung punkt der Sondersendung „Brennpunkt“ lag mit im Schuldenstreit mit den Europartnern besie- 26,5 Prozent der Beiträge bei Kapitalverkehrs- geln“ („Tagesschau“, 22. Februar 2015) oder kontrollen. In „heute“ wurden in 18,8 Prozent „Die Eurogruppe fordert weiter substantielle der Beiträge ebenfalls Kapitalverkehrskontrol- Reformen von Athen, bevor weitere Hilfsgelder len am häufigsten thematisiert. Die Möglichkeit, fließen können“ („heute“, 20. März 2015). durch zusätzliche Sendezeit eine breitere jour- Die Berichterstattung der Nachrichtensen- nalistische Analyse zu betreiben und auf mehr dungen blieb somit an der Oberfläche und be- Reformen, aber nichts Reformen und Reformvorschläge für Griechen- nannte nur in geringer Fallzahl, um was es kon- Konkretes land einzugehen und über diese zu berichten, kret ging. Selbst der am häufigsten genannte wurde demnach nicht genutzt. Reformvorschlag – ein Schuldenschnitt – kam nur in 11,3 Prozent der Beiträge vor. Die Dar- 5.5.3 Andere Themen im Fokus der stellung des öffentlichen Konfliktes zur griechi- Berichterstattung schen Staatsschuldenkrise folgte folgendem Spezifische Reformvorschläge wurden in der Muster: Die Gläubiger fordern Reformen, die Berichterstattung zur griechischen Staats- griechische Regierung legt Reformvorschläge schuldenkrise nur selten thematisiert. Im fol- vor und dann wird darüber befunden, ob diese genden Abschnitt soll daher aufgezeigt wer- Reformvorschläge ausreichen. Konkrete Refor- den, mit welchen Themen sich die Nachrich- men oder Reformvorschläge wurden in der Be- tenberichterstattung der öffentlich-rechtlichen richterstattung selten thematisiert, wie oben Rundfunksender stattdessen beschäftigten. dargestellt wurde. Daran soll erkennbar werden, worauf der Fokus Die politische und auch die mediale Dis- der Nachrichtenberichterstattung lag und mit kussion drehten sich zudem in weiten Teilen welchem Hintergrund über die griechische Re- um Hilfsprogramme für die griechische Regie- 97 „Die Griechen provozieren!” An der Oberfläche 98 rung. In 38,5 Prozent der Beiträge ging es all- nannt wurden, dafür jedoch sehr oft eine mög- gemein um Hilfsprogramme für die griechische liche Konsequenz des Scheiterns von Verhand- Regierung. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob lungen: der Grexit. Der Begriff setzt sich aus Hilfsprogramme verlängert werden und welche den Wörtern Griechenland und Exit zusammen Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen. und meint einen Austritt Griechenlands aus So hieß es beispielsweise „Varoufakis ist seit der Währungsunion und somit ein Verlassen Tagen bemüht, das Programm aufzuweichen“ der Währung „Euro“. Das „Schreckensszena- („Tagesschau“, 5. Februar 2015), „Die Zustim- rio“ Euro-Austritt wurde von den untersuchten mung zum Gesamtpaket gilt auch heute als si- Nachrichtensendungen in 31,7 Prozent aller cher“ („heute“, 22. Juli 2015), „Aber in 53 Stun- Beiträge aufgegriffen. 58 Minuten und 33 Se- den endet das zweite Hilfspaket und vielleicht kunden beschäftigten sich die untersuchten der europäische Gedanke“ („ZDF spezial“, 28. Nachrichtensendungen mit einem Euro-Aus- Juni 2015). Die Berichterstattung beschränk- tritt. Zum Vergleich: Mit Wirtschaftspolitik te sich auf die Darstellung eines politischen beschäftigten sich die Sendungen nur etwa Konflikts, bei dem es um die Frage geht, ob 25 Minuten, mit Steuer- und Finanzpolitik nur ein Hilfspaket verlängert werden kann oder ein ca. 35 Minuten. neues Hilfsprogramm zustande kommt. Eine Der Dramatik eines Scheiterns der Ver- tiefergehende Darstellung der Forderungen handlungen um Hilfspakete wurde durch die und der Vorschläge fand indes kaum statt. Konsequenz eines Grexits in der Berichter- So bleibt festzuhalten, dass die Bericht- stattung eine erhöhte Dramatik verliehen. erstattung vielfach an der Oberfläche blieb. So hieß es in einem „Brennpunkt“ am 5. Juli Sie fokussierte in einer hohen Anzahl an Bei- 2015: „Die griechische Bevölkerung hat ent- trägen nicht auf konkrete Reformvorschläge, schieden. Ist dem Kurs der eigenen Regierung sondern auf die politische Diskussion um die gefolgt. Und hat beim Referendum heute wohl Fortführung der europäischen Hilfspakete und mehrheitlich mit Nein gestimmt. Nein zu ei- die hierfür eingeforderten Reformen. Welche nem Sparkurs. Aber vielleicht auch Nein zur Reformvorschläge hierfür eingefordert und Eurogruppe. Der Grexit: Er droht. Wie geht es gemacht wurden, wurde kaum thematisiert – jetzt in Griechenland weiter?“ Und in einem diese Tiefe wurde nicht erreicht. Dies spricht „Brennpunkt“ am 27. Juni 2015 „Ja, es ist heu- für eine geringe analytische Qualität der te noch nicht abzusehen, wie sich die Grie- Nachrichtenberichterstattung. chenlandkrise weiterentwickeln wird. Alles Die Analyse der Nachrichtenberichterstat- scheint möglich: die Pleite des Landes, ein tung zur griechischen Staatsschuldenkrise Euro-Austritt des Landes, möglicherweise das zeigte, dass in vielen Beiträgen die Inhalte völlige Chaos.“ und Reformen, über die zwischen Griechenland Im zeitlichen Verlauf (vgl. Abbildung 39). und den Geldgebern gestritten wurde, nicht be- zeigt sich, dass der Anteil des Themas Euro- Ergebnisse der Untersuchung Abbildung 39: Anteil der Beiträge mit dem Thema Grexit im Zeitverlauf 50% 46,6 % 45 % 38,2 % 40% 33,3 % Anteil der Beiträge 35 % 33,3 % 30 % 25 % 20 % 17,4 % 15,6 % 17,1 % 12,9 % 15 % 11,1 % 10,0 % 10 % 5 % 0 Jan. Febr. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. 0,0 % 0,0 % Nov. Dez. Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung. Austritt an der Berichterstattung bis April nur in Mit der Einigung zwischen Griechenland einem geringen Umfang stieg. Mit dem Auslau- und den Geldgebern am 13. Juli 2015, bei de- fen des zweiten Hilfspaketes Ende Juni 2015, nen die Nachricht verbreitet wurde „Dramati- dem Scheitern der Verhandlungen um ein neu- scher ging’s kaum. Ein Gipfel in Rekordlänge. es Hilfsprogramm und den dann eingeführten Rechnen, verhandeln und ein Ergebnis: ‚Grexit Kapitalverkehrskontrollen gewann das Szena- is definitely off the table‘ [Jean Claude Juncker]. rio Grexit massiv an Bedeutung in der Bericht- Grexit vom Tisch“, verlor das Thema im August erstattung. Im Juni befassten sich 38,2 Prozent an Bedeutung. der Beiträge mit dem Grexit, im Juli 2015 sogar fast jeder zweite Beitrag (46,6 Prozent). Zwischen den Hauptnachrichtensendungen und den Sondersendungen gibt es auch 99 „Die Griechen provozieren!” Abbildung 40: Anteil der Beiträge zum Thema Grexit in den Nachrichtensendungen 70 % Anteil der Beiträge pro Sendung 60 % 61,2 % 50 % 40 % 40,0 % 30 % 27,1 % 27,4 % 20 % 10 % 0 % Tagesschau heute Brennpunkt ZDF spezial Beiträge mit Bezug zur griechischen Staatsschuldenkrise, n=615, 2015 Quelle: eigene Darstellung. 100 einen erkennbaren Unterschied im Ausmaß in 40,0 Prozent der Beiträge des „ZDF spezi- der Berichterstattung über einen Euro-Austritt al“ (vgl. Abbildung 40). Die Sondersendungen Griechenlands. Während „Tagesschau“ und verbreiteten somit das Szenario eines Euro- „heute“ in nahezu gleichem Ausmaß in 27,1 Austritt Griechenlands relativiert an der Anzahl bzw. 27,4 Prozent ihrer Beiträge über einen ihrer Beiträge besonders intensiv. Euro-Austritt berichteten, spielte das Thema in Es kann daher zusammenfassend festge- den Sondersendungen eine größere Rolle. Da stellt werden, dass die untersuchten Sendun- diese nur zu den Höhepunkten der Krise gesen- gen vergleichsweise intensiv über einen mög- det wurden, wurde hier das Schreckensszena- lichen Euro-Austritt Griechenlands berichteten rio Grexit besonders intensiv aufgegriffen: In und dieses Szenario eines Ausgangs der grie- 61,2 Prozent der „Brennpunkt“-Beiträge und chischen Staatsschuldenkrise oft und gerne Ergebnisse der Untersuchung bemühten. Dies trifft auf die Sondersendungen Nur wenige Beiträge befassten sich mit „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ in besonde- konkreten Reformvorschlägen. In 60,2 Prozent rem Maße zu. Die Auseinandersetzung mit den aller Beiträge wurde kein einziger Reformvor- Konsequenzen der Krise nahm größeren Raum schlag aufgegriffen. Von 139 Reformen wurden ein als die mit den meisten Lösungsansätzen nur 63 Reformen in der Berichterstattung zur der Reformvorschläge. Der Grexit als Sinnbild griechischen Staatsschuldenkrise themati- des Schreckens und des Chaos war als The- siert. Das entspricht 45,3 Prozent. Dies spricht ma damit auch Ausdruck eines Negativismus, für eine geringe analytische Qualität der unter- dem sich die Nachrichtenberichterstattung ein suchten Sendungen. Die Nachrichtenberichter- Stück weit hingegeben hatte. Vor allem vor dem stattung fokussierte in einer hohen Anzahl an Hintergrund, dass dieses Szenario erheblich Beiträgen auf die politische Diskussion um die häufiger thematisiert wurde als die meisten Fortführung der europäischen Hilfspakete und Politikfelder und Reformvorschläge. die hierfür eingeforderten Reformen. Dabei Die Ergebnisse dieses Analyseabschnitts beantworten die Forschungsfrage, wie inten- blieb sie allgemein und benannte Reformvorschläge und -forderungen kaum. siv über welche Politikfelder und welche kon- Die Berichterstattung beschränkte sich kreten Reformvorschläge im Zusammenhang erkennbar auf wenige Lösungsoptionen der mit der griechischen Staatsschuldenkrise be- Staatsschuldenkrise, die sich dem Ziel der Aus- richtet wurde. Dies gibt Aufschluss über die teritätspolitik zuordnen lassen. Die untersuch- analytische Qualität der Berichterstattung. Im ten Sendungen konzentrierten sich stark auf Folgenden werden die Ergebnisse vergleichend Vorschläge wie Mehrwertsteuererhöhungen, und differenziert zusammengefasst: Privatisierungen und Rentenkürzungen als Mit fast jedem zweiten Beitrag stand die Antworten auf die Staatsschuldenkrise. Nach- Haushaltspolitik im Mittelpunkt der Bericht- frageorientierte Lösungsansätze wurden nur erstattung. Es folgte mit weitem Abstand das selten verfolgt und dargestellt. Diese mono- Politikfeld Steuer- und Finanzpolitik sowie die thematische Darstellung von Reformen ist Aus- Wirtschaftspolitik. Einige Politikfelder wie die druck einer begrenzten Vielfalt von Positionen. Tarif- und Lohnpolitik, die Arbeitspolitik oder Stattdessen wurde intensiv über einen die Sozialpolitik waren stark unterrepräsen- möglichen Euro-Austritt Griechenlands berich- Grexit dominiert tiert, Infrastrukturpolitik und Wohnungsbau tet. Das Schreckensszenario „Grexit“ dominier- Debatte wurden gar nicht thematisiert. Vor dem Hinter- te die Berichterstattung im Sommer 2015. Dies grund, dass in Griechenland in 16 Politikfeldern trifft insbesondere auf die Sondersendungen Reformen diskutiert und teilweise umgesetzt „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ zu. Die in ei- wurden, kann nicht von einer intensiven Hin- nigen Teilen hysterische Auseinandersetzung tergrundberichterstattung über den Reform- mit den Konsequenzen der Krise in Form eines prozess in Griechenland gesprochen werden. möglichen Euro-Austritts Griechenlands nahm 101 „Die Griechen provozieren!” größeren Raum ein als die Befassung mit den spricht dafür, dass einer Auseinandersetzung meisten Lösungsansätzen der Reformvorschlä- mit der Umsetzung von Reformvorschlägen von ge. Hier wurde mehr auf Hysterie und Panik den Redaktionen keine hohe Relevanz beige- gesetzt als auf Analyse und Lösung. messen wurde und stattdessen auf eine Dar- Die Reformpolitik wurde im März und April 2015 als Thema der Nachrichtenberichterstat- 102 stellung des Konflikts zwischen Deutschland und Griechenland fokussiert wurde. tung zur griechischen Staatsschuldenkrise von Insgesamt kann nur von einer einge- Randthemen wie der Diskussion über Forde- schränkten Hintergrundberichterstattung zur rungen Griechenlands nach Reparationszah- griechischen Staatsschuldenkrise gesprochen lungen für Schäden, die Griechenland im Zwei- werden und damit fehlt es der Berichterstat- ten Weltkrieg zugefügt wurden, verdrängt. Dies tung zum Teil an analytischer Qualität. Zusammenfassung der Ergebnisse 6 Zusammenfassung der Ergebnisse Die Leistungsanforderungen an den öffentlich- rechtliche Rundfunk den an ihn gestellten rechtlichen Rundfunk sind mehr oder weni- Qualitätsanforderungen gerecht wird. Im Mit- ger explizit in den Rechtsgrundlagen für den telpunkt standen die Relevanz des Themas für Rundfunk in der Bundesrepublik Deutschland die untersuchten Sendungen, die analytische formuliert: in der Verfassung, in den Landes- Qualität, die Ausgewogenheit, die Vielfalt und rundfunkgesetzen und Rundfunkstaatsverträ- die Neutralität der Berichterstattung. gen und in der Rechtsprechung des Bundes- Zur Beantwortung der Fragestellung wur- verfassungsgerichts. Der Rundfunk wird dabei den im Untersuchungszeitraum – dem gesam- als Medium und Faktor der öffentlichen Mei- ten Jahr 2015 – 747 Sendungen der Hauptnach- nungsbildung betrachtet, der eine Reihe von richtensendungen „Tagesschau“ und „heute“ Anforderungen erfüllen muss. Die Funktion der und der Sondersendungen „Brennpunkt“ und Meinungsbildung sieht der Gesetzgeber nur „ZDF spezial“ analysiert. Insgesamt wurden dann erfüllt, wenn die angebotenen Informati- 615 Beiträge zur griechischen Staatsschul- onen „breit“, „vollständig“ und „ausgewogen“ denkrise in 282 Sendungen erfasst und auf sind (BVerfGE 12, 205). Beitragsebene analysiert. Die Beiträge zur Die gesetzlichen Vorgaben für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die darin formu- griechischen Staatsschuldenkrise haben eine Gesamtlänge von mehr als 19 Stunden. lierten Leistungsvorgaben sind die Grundlagen Die Ergebnisse werden im Folgenden struk- seiner Existenzberechtigung. Der öffentlich- turiert anhand der zentralen zu untersuchen- rechtliche Rundfunk ist zur Ausgewogenheit den Qualitätskriterien, übergreifend und sen- verpflichtet. Dazu gehören das Gebot einer dungsspezifisch vergleichend dargestellt: fairen und unabhängigen Berichterstattung und die Verpflichtung zur Überparteilichkeit. Die Abbildung verschiedener Meinungen im 6.1 Ergebnisse für die gesamte Nach richtenberichterstattung Programm soll insgesamt ausgewogen sein. Diese Vorgaben gelten in besonderem Maße für Nachrichtensendungen. Außerdem sind die Relevanz des Themas Die untersuchten Nachrichtensendun- Nachrichtensendungen dem Gebot der Neutra- gen haben das Thema griechische Staats- lität verpflichtet und sollen den Bürger*innen schuldenkrise als sehr relevant angese- wesentliche Hintergrundinformationen (analy- hen. Im Jahr 2015 waren in 38 Prozent der tische Qualität) zur Meinungsbildung liefern. „Tagesschau“-Sendungen und 34 Prozent Diese Studie hatte das Ziel herauszufinden, der „heute“-Sendungen mindestens ein Bei- wie über die griechische Staatsschuldenkrise trag zur griechischen Staatsschuldenkrise in den Nachrichtensendungen des öffentlich- vertreten. rechtlichen Rundfunks berichtet wurde. Es Außerdem wurde in 22,6 Prozent der Beiträ- wurde dabei untersucht, ob der öffentlich- ge mit Bezug zur griechischen Staatsschul- 103 „Die Griechen provozieren!” denkrise das Thema als Aufmacher für die Die griechische Regierung trat nur in Nachrichtensendungen genutzt. „Tages- 11,4 Prozent der Beiträge als Sender von schau“ und „heute“ unterschieden sich in Aussagen auf, in 41,5 Prozent der Beiträge ihrer Berichterstattungsintensität kaum. wurden Aussagen über sie getroffen. Ein Großteil der Berichterstattung fand in Der Anteil der griechischen Regierung an den Monaten Februar, Juni und Juli 2015 den O-Tönen lag gerade einmal bei 10,7 Pro- statt. zent, der Anteil der deutschen Regierung Fazit: Der griechischen Staatsschuldenkrise wurde in allen untersuchten Sendungen Relevanz beigemessen. Vielfalt Es zeigt sich, dass in den meisten Beiträgen, in denen O-Töne vorkommen, mehr als nur eine O-Ton-Geber*innen-Gruppe dargestellt wurde. Mehr als eine O-TonGeber*innen-Gruppe fand sich in 32,4 Prozent der Beiträge. Es wurden innerhalb der Beiträge also mehrheitlich vielfältige Akteure durch O-Töne dargestellt. bei 23,8 Prozent. Das Auftreten der Akteure als O-Ton-Geber*innen war nicht ausgewogen: Die griechische Regierung kam deutlich seltener zu Wort als die deutsche Regierung. Die Wertungen, die in der Berichterstattung vorgenommen wurden, waren ebenfalls nicht ausgewogen: In 20,3 Prozent der Beiträge zur griechischen Staatsschuldenkrise wurden Wertungen der griechischen und/oder der deutschen Regierung von Journalist*innen vorgenommen. In 18,4 Prozent der Bei- Fazit: Es wurden in den Beiträgen mehrheitlich träge betrafen diese Wertungen die grie- vielfältige Akteure dargestellt, das Kriterium chische Regierung. In nur 7,8 Prozent der der Vielfalt wurde daher mehrheitlich erfüllt. Beiträge wurde die deutsche Regierung von Journalist*innen bewertet. Die griechische Darstellungen und Wertungen von Akteuren nicht ausgewogen 104 Ausgewogenheit Regierung wurde in 11,9 Prozent der Bei- Die Darstellung der Akteure in der Berichter- träge durch Journalist*innen negativ bewer- stattung war nicht ausgewogen: tet, nur in 1,1 Prozent positiv. Die deutsche Die griechische Regierung wurde in 67,3 Pro- Regierung wurde nur in 2,1 Prozent der zent der Beiträge gezeigt oder genannt, die Beiträge negativ durch Journalist*innen deutsche Regierung nur in 41,6 Prozent der bewertet, in 1,5 Prozent aller Beiträge posi- Beiträge. Die Nennung und Darstellung der tiv. Journalist*innen bewerteten demnach Akteure war daher nicht gleichgewichtig nicht ausgewogen: Die griechische Regie- und demnach auch nicht ausgewogen: Die rung wurde somit erheblich häufiger durch griechische Regierung wurde häufiger ge- Journalist*innen negativ bewertet als die zeigt oder genannt. deutsche Regierung und seltener positiv. Zusammenfassung der Ergebnisse In 34,3 Prozent aller Beiträge trafen Akteure wertende Aussagen über die griechische ten und Berichten stattfinden, sondern vor der Kamera in Schalten und Aufsagern. Regierung. Über die deutsche Regierung Klassische Nachrichten waren weitest- wurden in nur 9,1 Prozent der Beiträge gehend frei von Bewertungen durch wertende Aussagen von Akteuren getrof- Journalist*innen. In 3,9 Prozent der Nach- fen. In 20,8 Prozent der Beiträge fanden richten fanden sich positive oder negative sich negative Bewertungen von Akteuren Wertungen der griechischen oder der deut- über die griechische Regierung. Die deut- schen Regierung durch Journalist*innen. sche Regierung wurde nur in 5,7 Prozent In 10,2 Prozent der Berichte nahmen der Beiträge negativ von anderen Akteuren Journalist*innen jedoch positive oder ne- beurteilt. Die griechische Regierung wurde gative Bewertungen der griechischen oder erheblich häufiger negativ bewertet als die der deutschen Regierung vor. deutsche. Die Darstellung von Bewertungen durch Akteure war also nicht ausgewogen. In 26,5 Prozent aller Beiträge wurde die griechische Regierung in O-Tönen ausgewo- Fazit: Berichte wurden in den untersuchten Wertungen durch Nachrichtensendungen in jedem zehnten Fall Journalist*innen für Wertungen genutzt. Damit wurde das Gebot in jedem zehnten der Neutralität in Berichten verletzt. Bericht gen bewertet. In 17,8 Prozent aller Beiträge äußerten sich O-Ton-Geber*innen kritisch Analytische Qualität/ über die griechische Regierung, während Hintergrundberichterstattung eine positive Wertung nur in 5,5 Prozent al- Mit fast jedem zweiten Beitrag stand die ler Beiträge der Fall war. Die Bewertung der Haushaltspolitik im Mittelpunkt der Be- griechischen Regierung durch O-Töne inner- richterstattung. Es folgte mit weitem Ab- halb der Beiträge ist nicht ausgewogen: Es stand das Politikfeld Steuer- und Finanz- fanden häufiger negative als positive Be- politik sowie die Wirtschaftspolitik. Einige wertungen durch O-Töne statt. Politikfelder wie die Tarif- und Lohnpolitik, Fazit: Insgesamt war die Berichterstattung im Hinblick auf die griechische Regierung unausgewogen. Sie kam weniger zu Wort und wurde kritischer beurteilt als die deutsche Regierung. die Arbeitspolitik und die Sozialpolitik waren stark unterrepräsentiert; Infrastrukturpolitik und Wohnungsbau wurden gar nicht thematisiert. Vor dem Hintergrund, dass in Griechenland in 16 Politikfeldern Reformen diskutiert und teilweise umgesetzt Neutralität wurden, kann nicht von einer intensiven Wertungen durch Journalist*innen sollten in Hintergrundberichterstattung über den Re- Nachrichtensendungen dem Qualitätskriteri- formprozess in Griechenland gesprochen um der Neutralität folgend nicht in Nachrich- werden. 105 „Die Griechen provozieren!” Von 139 Reformen wurden nur 63 in der tergrundberichterstattung zur griechischen Berichterstattung zur griechischen Staats- Staatsschuldenkrise gesprochen werden. Da- schuldenkrise thematisiert. Das entspricht mit fehlte es der Berichterstattung zum Teil an 45,3 Prozent. In 60,2 Prozent der Beiträge analytischer Qualität. wurde keine einzige Reform thematisiert. Am häufigsten wurde in 11,3 Prozent der Beiträge der Schuldenschnitt thematisiert, es folgte mit 8,1 Prozent die Privatisierung 6.2 Vergleich der untersuchten Nachrichtensendungen von Staatsbetrieben, danach mit 6,5 Prozent die Kapitalverkehrskontrolle. Von einer Relevanz des Themas gründlichen Hintergrundberichterstattung Die Sendung „heute“ maß der griechi- zu dem griechischen Reformprozess in den schen Staatsschuldenkrise im Jahr 2015 Nachrichtensendungen von ARD und ZDF die höchste Relevanz bei. 252 Beiträge kann nicht gesprochen werden. zur griechischen Staatsschuldenkrise Das „Schreckensszenario“ Euro-Austritt konnten in „heute“ gezählt werden. Das wurde von den untersuchten Nachrichten- sind 23 Beiträge mehr als in der „Tages- sendungen in 31,7 Prozent aller Beiträge schau“. Die Sondersendung „Brennpunkt“ aufgegriffen. 58 Minuten und 33 Sekunden erschien 7 Mal mit Bezug zur griechischen beschäftigten sich die untersuchten Nach- Staatsschuldenkrise im Jahr 2015. 49 Bei- richtensendungen mit einem Euro-Austritt. träge zur griechischen Staatsschuldenkri- Zum Vergleich: Mit Wirtschaftspolitik be- se konnten in diesen „Brennpunkt“-Sen- schäftigten sich die Sendungen nur etwa dungen gezählt werden. Das sind weniger 25 Minuten, mit Steuer- und Finanzpolitik Sendungen und auch weniger Beiträge als nur ca. 35 Minuten. Dieses Szenario wurde in der Sondersendung des ZDF, dem „ZDF somit erheblich häufiger thematisiert als spezial“. Die ARD hat demnach in „Tages- die meisten Politikfelder und Reformvor- schau“ und „Brennpunkt“ in geringerer In- schläge. Vor allem vor diesem Hintergrund tensität über die griechische Staatsschul- kann festgehalten werden, dass die Ausei- denkrise berichtet und somit dem Thema nandersetzung mit den Konsequenzen der eine geringere Relevanz beigemessen als Reformvorschläge kaum Krise größeren Raum einnahm als die Be- das ZDF. thematisiert fassung mit den meisten Lösungsansätzen der vorgeschlagenen Reformen. Fazit: Die Nachrichtensendungen „Tagesschau“ und „Brennpunkt“ der ARD berichteten 106 Fazit: In einem Großteil der Berichterstattung in geringerem Ausmaß als die ZDF-Sendungen wurde keine Reform thematisiert. Insgesamt „heute“ und „ZDF spezial“ über die griechische kann nur von einer eingeschränkten Hin- Staatsschuldenkrise. Zusammenfassung der Ergebnisse Vielfalt Bei der Nennung und Darstellung der Akteu- In der „Tagesschau“ kam in der Mehrzahl der re zeigte sich bereits ein Ungleichgewicht: Beiträge mehr als eine O-Ton-Geber*innen- In der „Tagesschau“ wurde die griechische Gruppe zu Wort kommt. Dies war in der „Ta- Regierung in 66,4 Prozent der Beiträge ge- gesschau“ in 40,2 Prozent der Beiträge der zeigt oder genannt, die deutsche Regierung Fall, mehr als in den anderen untersuchten nur in 21,3 Prozent der Beiträge. In „heute“ Sendungen. Dies spricht für Akteursvielfalt war beides häufiger der Fall. In den Sonder- bei O-Tönen in der „Tagesschau“. In der sendungen wurde die deutsche Regierung ZDF-Nachrichtensendung „heute“ kamen in häufiger genannt und gezeigt, das Verhält- 34,5 Prozent der Beiträge mehrere O-Ton- nis war jedoch auch hier nicht gleichgewich- Geber*innen-Gruppen zu Wort. tig. Die Darstellung der beiden Akteure war In den Sondersendungen war es erheblich in beiden Sendungen nicht ausgewogen. häufiger als in den Hauptnachrichtensen- Auch die O-Töne waren nicht gleichgewich- dungen der Fall, dass nur eine Gruppe von tig unter den untersuchten Akteuren verteilt. O-Ton-Geber*innen zu Wort kam. Das liegt Während die griechische Regierung in allen im Wesentlichen am Einsatz der Darstel- Sendungen häufiger gezeigt und genannt lungsform Interview. In der Sondersen- wurde als andere Akteure, kam sie doch er- dung „ZDF spezial“ kam in 75,3 Prozent der kennbar seltener zu Wort. Die griechische Beiträge nur eine Gruppe von Akteuren als Regierung kam in der „Tagesschau“ in ca. 17 O-Ton-Geber*innen vor. Das „ZDF spezial“ Minuten direkt zu Wort, die deutsche Regie- wies demnach eine geringere Vielfalt von O- rung in ca. 32 Minuten. In „heute“ kam die Ton-Geber*innen innerhalb eines Beitrags griechische Regierung noch etwas seltener auf als andere Sendungen. zu Wort, die deutsche Regierung hingegen Fazit: In den Hauptnachrichtensendungen „Tagesschau“ und „heute“ kamen vielfältige Akteure in O-Tönen zu Wort. In den Sondersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“ war die Vielfalt durch den Einsatz von Interviews eingeschränkt. Ausgewogenheit Hinsichtlich der Akteursausgewogenheit fällt auf, dass diese in allen untersuchten Sendungen nicht erfüllt wird: in größerem Umfang. Die Diskrepanz ist also noch größer. Am seltensten kam die griechische Regierung in „ZDF spezial“ zu Wort, nämlich nur in ca. einer Minute. Die Verteilung der O-Töne ist in allen untersuchten Nachrichtensendungen ungleichgewichtig und somit auch unausgewogen: Die griechische Regierung kam erheblich seltener zu Wort als andere Akteure. Neben der Akteursausgewogenheit zeigen sich auch Besonderheiten in der Bewertungsausgewogenheit im Vergleich zwischen den Sendungen: 107 „Die Griechen provozieren!” Die griechische Regierung wurde in der „Ta- deutsche Regierung wurde in 11,8 Prozent gesschau“ durch Journalist*innen in 11,8 der Beiträge des „ZDF spezial“ negativ von Prozent der Beiträge negativ bewertet. Die Akteuren beurteilt. Alle untersuchten Sen- deutsche Regierung wurde nur in 2,6 Pro- dungen wiesen bei den dargestellten Wer- zent der Beiträge negativ bewertet. In „heu- tungen der Akteure ein Ungleichgewicht auf: te“ wurde die griechische Regierung durch Die griechische Regierung wurde erheblich Journalist*innen ebenso häufig negativ be- häufiger negativ bewertet als die deutsche wertet wie in der „Tagesschau“, die deut- Regierung. Dies spricht für eine Unausgewo- sche Regierung jedoch nur in 0,8 Prozent genheit der dargestellten Positionen. der Beiträge. Im „Brennpunkt“ zeigte sich Diese setzt sich teilweise in den O-Tönen dieses Missverhältnis ebenfalls, in „ZDF der Sendungen fort. In 32,8 Prozent der spezial“ wurde die deutsche Regierung gar „Tagesschau“-Beiträge waren die O-Töne nicht bewertet. Negative Wertungen über- ausgewogen. 14,8 Prozent der Beiträge wie- wogen also bei der griechischen Regierung, sen O-Töne mit negativen Wertungen der das Verhältnis war nicht ausgewogen. griechischen Regierung auf, 6,1 Prozent wa- Auch die Wertungen, die von dargestellten ren positiv. Auch in „heute“ ist das Verhält- Akteuren ausgingen, waren unausgewogen nis ähnlich: Die Mehrzahl der O-Töne mit zu Ungunsten der griechischen Regierung. Bewertungen der griechischen Regierung, In der „Tagesschau“ fanden sich in 18,8 Pro- nämlich 23,6 Prozent, waren ausgewogen. Kritik trifft vor allem die zent der Beiträge negative Bewertungen der Die Sondersendungen hingegen folgten griechische Regierung griechischen Regierung durch dargestellte dieser Ausrichtung nicht. Die Mehrzahl Akteuren. Die deutsche Regierung wurde in der O-Töne in „ZDF spezial“ bewertete die 3,5 Prozent der Beiträge negativ von ande- griechische Regierung negativ – dies ist in ren Akteuren beurteilt. Dargestellte Akteure 41,2 Prozent der Beiträge der Fall, nur in 2,4 bewerteten in „heute“ die griechische Re- Prozent gab es positiv wertende O-Töne, nur gierung in 24,2 Prozent der Beiträge, die in 18,8 Prozent ein ausgeglichenes Verhält- deutsche Regierung nur in 7,2 Prozent. Im nis. Auch im „Brennpunkt“ überwogen ne- „Brennpunkt“ wurde die deutsche Regie- gativ wertende O-Töne, wenn auch nicht so rung häufiger negativ bewertet, nämlich in stark wie in „ZDF spezial“. Während also die 13,3 Prozent der Beiträge – die griechische Hauptnachrichtensendungen zumindest in Regierung hingegen in 44 Prozent der Bei- den gesendeten O-Tönen auf ein ausge- träge. In der Sendung „ZDF spezial“ war glichenes Verhältnis der Bewertungen der die Differenz geringer als im „Brennpunkt“, griechischen Regierung achteten, war dies hier fanden sich in 38,8 Prozent der Beiträ- in den Sondersendungen nicht der Fall. Hier ge negative Bewertungen der griechischen sind die Bewertungen nicht ausgewogen. Regierung durch dargestellte Akteuren. Die 108 Zusammenfassung der Ergebnisse Fazit: Die Darstellung und Bewertung der griechi- Fazit: In allen untersuchten Sendungen wurde schen und der deutschen Regierung in den Nach- das Gebot der Neutralität verletzt, am stärks- richtenbeiträgen zur griechischen Staatsschul- ten in den Sondersendungen „Brennpunkt“ denkrise war in allen untersuchten Sendungen und „ZDF spezial“. unausgewogen. Die griechische Regierung wurde in allen Sendungen erheblich häufiger nega- Analytische Qualität/ tiv bewertet als die deutsche Regierung. Hintergrundberichterstattung Es kann nicht von einer ausreichenden Hinter- Neutralität In allen untersuchten Sendungen wurde das Gebot der Neutralität verletzt. In der grundberichterstattung in den untersuchten Nachrichtensendungen über die Reformprozesse in Griechenland gesprochen werden. „Tagesschau“ wurde das Gebot der Neut- Alle untersuchten Nachrichtensendungen ralität seltener verletzt als in den anderen berichteten am häufigsten über das Politik- untersuchten Sendungen. 3,0 Prozent der feld Haushaltspolitik, andere Politikfelder Nachrichten und 7,2 Prozent der Berichte wurden erheblich seltener aufgegriffen. in der „Tagesschau“ enthielten Wertungen Erst mit weitem Abstand folgte die Steuer- der griechischen oder der deutschen Re- und Finanzpolitik. In der „Tagesschau“ wur- gierung durch Journalist*innen im Off-Text. den drei, in „heute“ zwei“ Politikfelder gar Insgesamt wurde in „heute“ etwas häufi- nicht thematisiert. Über viele Politikfelder ger als in der „Tagesschau“ auch in Nach- wie Arbeitspolitik, Tarif- und Lohnpolitik, richten und Berichten Bewertungen von Sozialpolitik oder Rechtspolitik wurde im Journalist*innen vorgenommen und damit „Brennpunkt“ nur marginal berichtet, über das Gebot der Neutralität verletzt. 5,6 Pro- andere Politikfelder wie Infrastrukturpoli- zent der Nachrichten und 8,5 Prozent der tik gar nicht. In „ZDF spezial“ wurden u. a. Berichte in „heute“ enthielten Wertungen Energiepolitik sowie Geld- und Währungs- der griechischen oder der deutschen Regie- politik nicht thematisiert. rung durch Journalist*innen im Off-Text. Am In der „Tagesschau“ wurden in 62,2 Pro- stärksten wurde das Gebot der Neutralität zent der Beiträge keine Reformen aufge- in den Sondersendungen verletzt. 12,5 Pro- griffen, in „heute“ waren es 65,1 Prozent zent der Berichte in „ZDF spezial“ enthielten der Beiträge. Von 139 Reformen wurden in Wertungen der griechischen oder der deut- der „Tagesschau“ nur 53 thematisiert, in schen Regierung durch Journalist*innen im „heute“ sogar nur 40. Am häufigsten wur- Off-Text, 28 Prozent waren es beim „Brenn- de in „Tagesschau“ und „heute“ ein Schul- punkt“. Damit wurde das Gebot der Neu- denschnitt für Griechenland thematisiert. tralität von Nachrichten und Berichten im Die Sondersendungen „Brennpunkt“ und „Brennpunkt“ am häufigsten verletzt. „ZDF spezial“ berichteten noch seltener 109 „Die Griechen provozieren!” als die Hauptnachrichtensendungen „Ta- litätsanforderungen also nur teilweise erfüllt. gesschau“ und „heute“ über einzelne Re- Die festgestellten Verletzungen zentraler Qua- formen. Im „Brennpunkt“ wurde in 44,9 litätskriterien, wie Neutralität, Ausgewogen- Prozent der Beiträge keine konkrete Reform heit und Hintergrundberichterstattung, in der thematisiert. Von 139 Reformen wurde im Berichterstattung der Nachrichtensendungen „Brennpunkt“ nur über 25 Reformen berich- zur griechischen Staatsschuldenkrise weisen tet, was 17,9 Prozent der Reformvorschläge auf Mängel in der journalistischen Professio- entspricht. In „ZDF spezial“ wurde über 27 nalität hin. Reformen berichtet, was 19,4 Prozent der Eine differenzierte Betrachtung, wie sie 139 Reformvorschläge entspricht. In beiden oben vorgenommen wurde, lässt auch Unter- Sondersendungen wurden Kapitalverkehrs- schiede zwischen den Sendungen, insbeson- kontrollen am häufigsten thematisiert. Na- dere zwischen den Hauptnachrichtensendun- türlich kann von Sondersendungen nicht im gen und den Sondersendungen, erkennen. Die gleichen Maße wie von Hauptnachrichten- Sondersendungen verletzten die Qualitätskri- sendungen erwartet werden, den griechi- terien der Ausgewogenheit und der Neutralität schen Reformprozess abzubilden. Die enge stärker als die Hauptnachrichtensendungen. Fokussierung auf die Haushaltspolitik zeigt Als Konsequenz aus diesen Erkenntnissen jedoch, dass viele Politikfelder und Refor- sollten die öffentlich-rechtlichen Programme men nicht in der Berichterstattung themati- noch stärker darauf achten, die strengen Quali- siert und analysiert wurden. tätskriterien, die für die Hauptnachrichtensendungen gelten, auch auf die Sondersendungen Fazit: Insgesamt kann nur von einer einge- anzuwenden. Die Trennung von Nachricht und schränkten Hintergrundberichterstattung der Meinung muss konsequenter beachtet werden, untersuchten Nachrichtensendungen zur griechi- insbesondere in Off-Texten von Berichten. schen Staatsschuldenkrise gesprochen werden. Die Berichterstattung über die griechische In einem großen Teil der Beiträge wurde keine Reformpolitik und die Fixierung auf einen Gre- konkrete Reform aufgegriffen und wenn, dann xit als Szenario für einen Ausgang der Krise beschränkte sich die Berichterstattung auf weni- zeigen, dass die Berichterstattung einen en- ge diskutierte Reformen. Damit fehlte es der Be- gen Blick auf wenige Lösungen aufwies. Die richterstattung zum Teil an analytischer Qualität. Journalist*innen sollten stärker darauf achten, verschiedene Lösungsoptionen in die Bericht- 6.3Schlussfolgerungen erstattung einzubeziehen. Bei der Auswahl von O-Tönen und Interviewpartnern sollte insbe- Qualitätskriterien Die Journalist*innen der untersuchten Nach- sondere in den Sondersendungen stärker auf konsequenter richtensendungen des öffentlich-rechtlichen die Ausgewogenheit geachtet und alle Konflikt- anwenden Rundfunks haben die an sie gestellten Qua- parteien einbezogen werden. 110 Anhang Anhang Literaturverzeichnis................................................................................... 112 Tabellarischer Anhang................................................................................ 115 Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen..................................................123 Hinweise zu den Autor*innen .....................................................................126 111 „Die Griechen provozieren!” Literaturverzeichnis ALM – Die Medienanstalten (2014) (Hrsg.): Programmbericht 2014. Fernsehen in Deutschland. Programmforschung und Programmdiskurs, Leipzig: Vistas. 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Anhang 2: Gesamtlänge aller O-Töne und durchschnittliche Länge der einzelnen O-Töne von Akteuren in Nachrichtensendungen 2015 im Vergleich zwischen den Sendungen (in Minuten, n=615) Griechische Deutsche EU-Vertreter*innenEuro-Gruppen- Regierung Regierung Vertreter*innen Andere Tageschau Durchschnittliche Länge der O-Töne Gesamtlänge 0:13 0:29 16:3031:40 0:15 0:13 0:20 5:46 4:49 0:15 0:15 7:51 5:15 0:53 0:08 32:26 heute Durchschnittliche Länge der O-Töne Gesamtlänge 0:13 0:39 15:1935:10 0:24 36:01 Brennpunkt Durchschnittliche Länge der O-Töne 1:43 Gesamtlänge 3:277:57 6:12 0:16 Durchschnittliche Länge der O-Töne 0:15 1:25 0:18 Gesamtlänge 0:475:26 0:47 1:05 27:18 ZDF spezial 0:32 10:00 1:12 0:18 83:30 Quelle: eigene Darstellung. 115 „Die Griechen provozieren!” Anhang 3: Anzahl der Wertungen durch Journalist*innen nach Sendungen in 2015 Wertungen der griechichen Regierung Tagesschau heute positiv 3 Brennpunkt 3 ZDF spezial Gesamt 10 7 ausgewogen9 21 2 0 32 negativ27 30 10 6 73 Gesamt39 54 13 6 112 Wertungen der deutschen Regierung Tagesschau heute Brennpunkt ZDF spezial Gesamt positiv 3 1 50 9 ausgewogen2 2 0 negativ6 2 5 013 Gesamt11 5 10 0 26 0 4 Quelle: eigene Darstellung. Anhang 4: Anzahl und Tonalität der O-Töne zur griechischen Regierung in Beiträgen 2015, unterschieden nach Beteiligung von O-Ton-Geber*innen an diesen O-Tönen Gesamt* Griechische Deutsche EU-Vertreter*innen Euro-Gruppen- Andere Regierung Regierung Vertreter*innen positiv 19 1155 22 34* ausgeglichen 70 66 32 17 113163* negativ 27 35 23 14 82110* Gesamt 116 112 60 36 217307* * Die Gesamtzahl in der Randsumme rechts ist nicht die Summe der Spalten. O-Ton-Geber*innen sind Mehrfachnennungen Quelle: eigene Darstellung. 116 Anhang Anhang 5: Länge der Berichterstattung in 2015 über einzelne Politikfelder (in Minuten, n=615) Haushaltspolitik 79:47 Finanzpolitik 34:36 Gesellschaftliche und politische Ordnung 27:54 Wirtschaftspolitik 24:28 Geld- und Währungspolitik 12:42 Rentenpolitik 7:33 Sozialpolitik 6:13 Gesundheitspolitik 5:37 Arbeitspolitik 2:19 Rechtspolitik 1:50 Verteidigungspolitik 1:30 Energiepolitik 1:09 Tarif- und Lohnpolitik 0:58 Medienpolitik 0:20 Quelle: eigene Darstellung. Anhang 6: Anzahl der Beiträge mit spezifischen Reformvorschlägen zur griechischen Staatsschuldenkrise bzw. deren Anteil an allen Beiträgen der Sendungen in 2015 (Tagesschau: n=229, heute: n=252, Brennpunkt: n=49, ZDF spezial: n=85) Reformvorschläge Erlass des Schuldbetrags Kapitalverkehrskontrollen Rückführung der Staatsverschuldung Wirtschaftsförderung allgemein Tagesschau 31 heute 26 Brennpunkt ZDF spezial 3 Gesamt 10 13,54%10,32%6,12%11,76% 5 2,18% 10 4,37% 10 4,37% 6 13 16 2,38%26,53% 18,82% 15 5 5,95%10,20% 3 6 1 1,18% 10 1,19%12,24% 11,76% 70 – 40 – 31 – 29 – 117 „Die Griechen provozieren!” Anhang 6: Fortsetzung Reformvorschläge Reform des Rentensystems Privatisierung allgemein Mehrwertsteuerreform allgemein Bekämpfung von Steuerhinterziehung Erhöhung der Mehrwertsteuer allgemein Rekapitalisierung der Banken Reform der öffentlichen Verwaltung Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf 67 Jahre Militärausgaben senken Einrichtung eines Fonds Programm zur Bewältigung der humanitären Krise Privatisierung von Hafenkonzessionen Korruption bekämpfen 118 Tagesschau 13 heute 10 Brennpunkt ZDF spezial 1 Gesamt 4 5,68% 3,97%2,04% 4,71% 12 6 5 5,24% 2,38%10,20% 9 8 4 4 4,71% 2 3,93% 3,17%8,16% 2,35% 9 7 1 5 3,93% 2,78%2,04% 5,88% 8 7 3 3 3,49% 2,78%6,12% 3,53% 1 0,44% 4 5 11 0 1,98%22,45% 0,00% 3 0 6 1,75% 1,19%0,00% 7,06% 6 3 2 1 2,62% 1,19%4,08% 1,18% 4 3 1 4 1,75% 1,19%2,04% 4,71% 1 5 2 3 0,44% 1,98%4,08% 3,53% 2 3 2 2 0,87% 1,19%4,08% 2,35% 3 3 2 1 1,31% 1,19%4,08% 1,18% 4 3 0 1 1,75% 1,19%0,00% 1,18% 28 – 27 – 23 – 22 – 21 – 17 – 13 – 12 – 12 – 11 – 9 – 9 – 8 – Anhang Anhang 6: Fortsetzung Reformvorschläge Tagesschau Konzentrierung der Prüftätigkeit auf internationale Steuerhinterziehung Einführung einer Großvermögenssteuer Privatisierung der Flughäfen Modernisierung der Steuer- und Finanzverwaltung Mindestlohn anheben Erhöhung der Mehrwertsteuer für Gastronomie/Tourismus Verbesserung des Schulden- und Liquiditätsmanagements Steuerrabatte/Subventionen für Landwirte (z. B. Diesel) Reform des Bankensektors allgemein Einführung von Bürger*innenentscheiden Bekämpfung von Schwarzhandel/Schmuggel Kampf gegen Korruption in der Verwaltung 2 heute 4 Brennpunkt 1 ZDF spezial Gesamt 0 0,87% 1,59%2,04% 0,00% 3 1 0 3 1,31% 0,40%0,00% 3,53% 2 2 1 1 0,87% 0,79%2,04% 1,18% 3 1 0 2 1,31% 0,40%0,00% 2,35% 1 3 0 1 0,44% 1,19%0,00% 1,18% 3 2 0 0 1,31% 0,79%0,00% 0,00% 2 3 0 0 0,87% 1,19%0,00% 0,00% 3 2 0 0 1,31% 0,79%0,00% 0,00% 3 0 1 0 1,31% 0,00%2,04% 0,00% 4 0 0 0 1,75% 0,00%0,00% 0,00% 1 2 0 1 0,44% 0,79%0,00% 1,18% 3 1 0 0 1,31% 0,40%0,00% 0,00% 7 – 7 – 6 – 6 – 5 – 5 – 5 – 5 – 4 – 4 – 4 – 4 – 119 „Die Griechen provozieren!” Anhang 6: Fortsetzung Reformvorschläge Ausnahmen von der Mehrwertsteuererhöhung für Inseln Privatisierung der Eisenbahnbetriebe Privatisierung der Stromversorgung Steuerrabatte/Subventionen abschaffen Nahrungsmittelhilfe durch Lebensmittelgutscheine Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten Unternehmens- und Körperschaftssteuerreform Reform des Haushaltsrahmengesetzes Reform der Zusatzaltersvorsorge Reform des Energiemarktes Beschäftigungsanreize für kleine und mittelständische Unternehmen Anzahl der Ministerien auf 10 reduzieren 120 Tagesschau 2 heute 1 Brennpunkt 0 ZDF spezial Gesamt 1 0,87% 0,40%0,00% 1,18% 2 1 1 0 0,87% 0,40%2,04% 0,00% 3 0 0 0 1,31% 0,00%0,00% 0,00% 2 1 0 0 0,87% 0,40%0,00% 0,00% 3 0 0 0 1,31% 0,00%0,00% 0,00% 2 1 0 0 0,87% 0,40%0,00% 0,00% 1 1 0 1 0,44% 0,40%0,00% 1,18% 1 2 0 0 0,44% 0,79%0,00% 0,00% 1 1 0 0 0,44% 0,40%0,00% 0,00% 2 0 0 0 0,87% 0,00%0,00% 0,00% 1 0 1 0 0,44% 0,00%2,04% 0,00% 1 1 0 0 0,44% 0,40%0,00% 0,00% 4 – 4 – 3 – 3 – 3 – 3 – 3 – 3 – 2 – 2 – 2 – 2 – Anhang Anhang 6: Fortsetzung Reformvorschläge Tagesschau Kostenfreie medizinische Versorgung Rückgabe eines Großteils der vom EFSF für die Rekapitalisierung der Banken gehaltenen Anleihen Verbesserung der Gesetzgebung zur Rückzahlung von Steuern Ausnahmen von der Mehrwertsteuererhöhung für Essen, Hotelgewerbe und Wasser Steuererhöhung für Glücksspiel und Lotterie Besteuerung griechischer Reeder/Tonnagesteuer Elektronischen Zahlungsverkehr ausbauen Reform des Verwaltungsaufwands Reform der Bagatellgebühren Progressive Erhöhung der Renten Vereinheitlichung aller Pensionsfonds 0 heute 1 Brennpunkt 0 ZDF spezial Gesamt 1 0,00% 0,40%0,00% 1,18% 0 0 2 0 0,00% 0,00%4,08% 0,00% 1 0 0 0 0,44% 0,00%0,00% 0,00% 1 0 0 0 0,44% 0,00%0,00% 0,00% 1 0 0 0 0,44% 0,00%0,00% 0,00% 1 0 0 0 0,44% 0,00%0,00% 0,00% 1 0 0 0 0,44% 0,00%0,00% 0,00% 1 0 0 0 0,44% 0,00%0,00% 0,00% 1 0 0 0 0,44% 0,00%0,00% 0,00% 1 0 0 0 0,44% 0,00%0,00% 0,00% 1 0 0 0 0,44% 0,00%0,00% 0,00% 2 – 2 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 121 „Die Griechen provozieren!” Anhang 6: Fortsetzung Reformvorschläge Tagesschau Entlastung von Arbeitslosen, Niedriglohnempfängern, Niedrigrentnern, Kleineigentümern, Kleinaktionären und kleinen Anleihegläubigern Sonderkarte zur kostenfreien Beförderung Ausnahmen von der Mehrwertsteuer für Bücher, Medikamente und Theater Einführung einer Großgrundsteuer (FMAP) Modernisierung der Bankrottgesetze Privatisierung der Staatslotterie Reform des Rechtsrahmens für Massenentlassungen Schwarzarbeit bekämpfen Pfändungsregelungen ändern Unabhängigkeit für ELSTAT 1 heute 0 Brennpunkt 0 ZDF spezial Gesamt 0 0,44% 0,00%0,00% 0,00% 1 0 0 0 0,44% 0,00%0,00% 0,00% 0 1 0 0 0,00% 0,40%0,00% 0,00% 0 0 1 0 0,00% 0,00%2,04% 0,00% 0 0 1 0 0,00% 0,00%2,04% 0,00% 0 0 1 0 0,00% 0,00%2,04% 0,00% 0 1 0 0 0,00% 0,40%0,00% 0,00% 0 0 0 1 0,00% 0,00%0,00% 1,18% 0 1 0 0 0,00% 0,40%0,00% 0,00% 0 0 0 1 0,00% 0,00%0,00% 1,18% 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – Quelle: eigene Darstellung. 122 Ausschreibung Otto Brenner Preis 2016 Anhang Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen Tabelle 1: Zuschauer*innen und Marktanteile der Fernsehnachrichten in Deutschland........................................................................................... 15 Tabelle 2: Forschungsansätze zu Qualitätskriterien..................................................... 19 Tabelle 3: Anteil der Beiträge mit Attribuierungen von politischen Akteuren.................. 52 Abbildung 1: Qualitätsdimensionen und -kriterien...........................................................22 Abbildung 2: Operationalisierung der Qualitätsdimensionen und -kriterien....................... 32 Abbildung 3: Anzahl der Beiträge in den Nachrichtensendungen.......................................38 Abbildung 4: Durchschnittliche Länge der Beiträge in den Nachrichtensendungen............. 39 Abbildung 5: Anteil der Beiträge in den Untersuchungsmonaten im zeitlichen Verlauf........ 40 Abbildung 6: Anzahl der Beiträge nach Sendungen im zeitlichen Verlauf............................ 41 Abbildung 7: Durchschnittliche Anzahl der Beiträge in den Nachrichtensendungen............42 Abbildung 8: Positionierung von Beiträgen in den Nachrichtensendungen......................... 43 Abbildung 9: Beiträge an erster Position der Nachrichtensendungen im zeitlichen Verlauf...................................................................................44 Abbildung 10: Anteil der Beiträge differenziert nach Vielfalt der O-Ton-Geber*innen............. 45 Abbildung 11: Anteil der Beiträge differenziert nach Vielfalt der O-Ton-Geber*innen und Sendung.............................................................................................46 Abbildung 12: Anteil der Beiträge mit Nennung oder Darstellung von Akteuren....................49 Abbildung 13: Anteil der Beiträge mit Nennung oder Darstellung der griechischen und deutschen Regierung.................................................. 50 Abbildung 14: Anteil der Beiträge mit politischen Akteuren als Adressaten bzw. Sendern von Aussagen............................................................................... 51 Abbildung 15: Länge der O-Töne der politischen Akteure in den Nachrichtenbeiträgen......... 53 Abbildung 16: Länge der O-Töne der politischen Akteure in den Nachrichtensendungen....... 56 Abbildung 17: Länge der Redezeit in Interviews in den Sondersendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial“................................................................. 57 123 „Die Griechen provozieren!” Abbildung 18: Anteil der Beiträge mit Bewertungen der deutschen und der griechischen Regierung durch Journalist*innen in den Nachrichtensendungen „Tagesschau” und „heute”............................ 59 Abbildung 19: Anteil der Beiträge mit unterschiedlichen Bewertungen der deutschen oder der griechischen Regierung durch Journalist*innen in den Nachrichtensendungen „Tagesschau” und „heute”............................ 61 Abbildung 20: Anteil der Beiträge mit Bewertungen der deutschen oder der griechischen Regierung durch Journalist*innen in den Sendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial”.........................................62 Abbildung 21: Anteil der Beiträge mit unterschiedlichen Bewertungen der deutschen und der griechischen Regierung durch Journalist*innen in den Sendungen „Brennpunkt“ und „ZDF spezial”..................................... 63 Abbildung 22: Anteil der Beiträge mit Wertungen von Akteuren........................................... 65 Abbildung 23: Anteil der Beiträge mit Wertungen von Akteuren in den Sendungen „Tagesschau” und „heute”.............................................. 67 Abbildung 24: Anteil der Beiträge mit Wertungen von Akteuren in den Sondersendungen „Brennpunkt” und „ZDF spezial”........................... 70 Abbildung 25: Länge der O-Töne mit Wertungen der griechischen Regierung in den Sendungen „heute” und „Tagesschau”.............................................. 73 Abbildung 26: Länge der O-Töne mit Wertungen der griechischen Regierung in den Sondersendungen „ZDF spezial” und „Brennpunkt”........................... 75 Abbildung 27: Anteil der Beiträge nach Darstellungsform................................................... 78 Abbildung 28: Anteil der Beiträge mit Bewertungen der griechischen oder der deutschen Regierung durch Journalist*innen nach Darstellungsform............. 79 Abbildung 29: Anteil der Beiträge mit Wertungen durch Journalist*innen ........................... 80 Abbildung 30: Anteil der Beiträge mit Wertungen durch Journalist*innen nach Darstellungsform in den Sendungen „heute” und „Tagesschau”................... 81 Abbildung 31: Anteil der Beiträge mit Wertungen durch Journalist*innen 124 nach Darstellungsform in den Sondersendungen „ZDF spezial” und „Brennpunkt”......................................................................................82 Anhang Abbildung 32: Anteil der Beiträge differenziert nach Politikfeldern...................................... 85 Abbildung 33: Anteil der Beiträge differenziert nach Politikfeldern in „heute“ und „Tagesschau“...................................................................................... 87 Abbildung 34: Anteil der Beiträge differenziert nach Politikfeldern in „ZDF spezial“ und „Brennpunkt“......................................................................................89 Abbildung 35: Thematisierung von Reformen.....................................................................90 Abbildung 36: Anteil der Beiträge mit Thematisierung einzelner Reformen........................... 91 Abbildung 37: Anteil der Beiträge mit Thematisierung einzelner Reformen in „heute“ und „Tagesschau“......................................................................................94 Abbildung 38: Anteil der Beiträge mit Thematisierung einzelner Reformen in „ZDF spezial” und „Brennpunkt”.............................................................96 Abbildung 39: Anteil der Beiträge mit dem Thema Grexit im Zeitverlauf...............................99 Abbildung 40: Anteil der Beiträge zum Thema Grexit in den Nachrichtensendungen........... 100 Anhang 1: Gesamtlänge aller O-Töne und durchschnittliche Länge der einzelnen O-Töne von Akteuren in Nachrichtensendungen 2015................................... 115 Anhang 2: Gesamtlänge aller O-Töne und durchschnittliche Länge der einzelnen O-Töne von Akteuren in Nachrichtensendungen 2015 im Vergleich zwischen den Sendungen ......................................................................... 115 Anhang 3: Anzahl der Wertungen durch Journalist*innen nach Sendungen in 2015........116 Anhang 4: Anzahl und Tonalität der O-Töne zur griechischen Regierung in Beiträgen 2015, unterschieden nach Beteiligung von O-Ton-Geber*innen an dieses O-Tönen........................................................116 Anhang 5: Länge der Berichterstattung in 2015 über einzelne Politikfelder ................... 117 Anhang 6: Anzahl der Beiträge mit spezifischen Reformvorschlägen zur griechischen Staatsschuldenkrise bzw. deren Anteil an allen Beiträgen der Sendungen in 2015.................................................. 117 125 „Die Griechen provozieren!” Hinweise zu den Autor*innen Prof. Dr. Kim Otto ist Professor für Wirtschaftsjournalismus an der Universität Würzburg und forscht dort u. a. zur Qualität im wirtschaftspolitischen Journalismus. Als Journalist arbeitet er für das ARD-Politikmagazin „Monitor“ sowie für die Reihe „die story“. 2007 wurde er mit dem AdolfGrimme-Preis ausgezeichnet. Er studierte Politikwissenschaft, Rechtswissenschaften und VWL in Duisburg und promovierte in Journalistik in Dortmund. Andreas Köhler, M. A. ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur für Wirtschaftsjournalismus an der Universität Würzburg und forscht in den Bereichen Journalismus, politische Kommunikation und Social Media. Er studierte Politikwissenschaft, Medienwissenschaften und Soziologie an der Technischen Universität Braunschweig und ist Doktorand an der Universität der Bundeswehr in München. Kristin Baars, B. A. ist wissenschaftliche Hilfskraft der Professur für Wirtschaftsjournalismus an der Universität Würzburg. Sie studierte Journalistik an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen. 126 127 „DieJochen Griechen provozieren!” Roose OBS-Arbeitspapiere 128 Der junge Osten: Aktiv und Selbstständig Infos und Download: www.otto-brenner-stiftung.de Nr. 23 Informationsfreiheit – Mehr Transparenz für mehr Demokratie (Arne Semsrott) Nr. 22 Journalist oder Animateur – ein Beruf im Umbruch. Thesen, Analysen und Materialien zur Journalismusdebatte (Hans-Jürgen Arlt und Wolfgang Storz) Nr. 21 Ausverkauf des Journalismus? – Medienverlage und Lobbyorganisationen als Kooperationspartner (Marvin Oppong) Nr. 20 Die AfD vor den Landtagswahlen 2016 – Programme, Profile und Potenziale (Alexander Hensel, Lars Geiges, Robert Pausch und Julika Förster) Nr. 19 Bürgerbeteiligung im Fernsehen – Town Hall Meetings als neues TV-Format? (Nils Heisterhagen) Nr. 18 „Querfront“ – Karriere eines politisch-publizistischen Netzwerks (Wolfgang Storz) Nr. 17 Information oder Unterhaltung? – Eine Programmanalyse von WDR und MDR (Joachim Trebbe, Anne Beier und Matthias Wagner) Nr. 16 Politische Beteiligung: Lage und Trends (Rudolf Speth) Nr. 15 Der junge Osten: Aktiv und Selbstständig – Engagement Jugendlicher in Ostdeutschland (Jochen Roose) Nr. 14 Wettbewerbspopulismus – Die Alternative für Deutschland und die Rolle der Ökonomen (David Bebnowski und Lisa Julika Förster) Nr. 13 Aufstocker im Bundestag – Nebeneinkünfte und Nebentätigkeiten der Abgeordneten zu Beginn der 18. Wahlperiode (Herbert Hönigsberger) Nr. 12 Zwischen Boulevard und Ratgeber-TV. Eine vergleichende Programmanalyse von SWR und NDR (Joachim Trebbe) Nr. 11 Die sechste Fraktion. Nebenverdiener im Deutschen Bundestag (Herbert Hönigsberger) Nr. 10 Chancen der Photovoltaik-Industrie in Deutschland (Armin Räuber, Werner Warmuth, Johannes Farian) Nr. 9 Logistik- und Entwicklungsdienstleister in der deutschen Automobilindustrie – Neue Herausforderungen für die Gestaltung der Arbeitsbeziehungen (Heinz-Rudolf Meißner) Nr. 8 Wirtschaftsförderung und Gute Arbeit – Neue Herausforderungen und Handlungsansätze (Martin Grundmann und Susanne Voss unter Mitarbeit von Frank Gerlach) Nr. 7 Wahlkampf im medialen Tunnel – Trends vor der Bundestagswahl 2013 (Thomas Leif und Gerd Mielke) Nr. 6 Wer sind die 99%? Eine empirische Analyse der Occupy-Proteste (Ulrich Brinkmann, Oliver Nachtwey und Fabienne Décieux) Nr. 5 Wie sozial sind die Piraten? (Herbert Hönigsberger und Sven Osterberg) Nr. 4 Solarindustrie: Photovoltaik. Boom – Krise – Potentiale – Fallbeispiele (Ulrich Bochum und Heinz-Rudolf Meißner) Nr. 3 Gewerkschaftliche Netzwerke stärken und ausbauen (Anton Wundrak) Nr. 2 Werkverträge in der Arbeitswelt (Andreas Koch) Nr. 1 Soziale Ungleichheit und politische Partizipation in Deutschland (Sebastian Bödeker) Die Otto Brenner Stiftung … OBS-Arbeitsheft 87 ISSN-Print 1863-6934 ISSN-Online 2365-2314 ... ist die gemeinnützige Wissenschaftsstiftung der IG Metall. Sie hat ihren Sitz in Frankfurt am Main. Als Forum für gesellschaftliche Diskurse und Einrichtung der Forschungsförderung ist sie dem Ziel der sozialen Gerechtigkeit verpflichtet. Besonderes Augenmerk gilt dabei dem Ausgleich zwischen Ost und West. Herausgeber: Otto Brenner Stiftung Jupp Legrand Wilhelm-Leuschner-Straße 79 60329 Frankfurt am Main Tel.: 069 6693-2810 Fax: 069 6693-2786 E-Mail: [email protected] www.otto-brenner-stiftung.de ... initiiert den gesellschaftlichen Dialog durch Veranstaltungen, Workshops und Koopera tionsveranstaltungen (z. B. im Herbst die OBS-Jahrestagungen), organisiert internationale Konferenzen (Mittel-Ost-Europa-Tagungen im Frühjahr), lobt jährlich den „Brenner-Preis für kritischen Journalismus“ aus, fördert wissenschaftliche Untersuchungen zu sozialen, arbeitsmarkt- und gesellschaftspolitischen Themen, vergibt Kurzstudien und legt aktuelle Analysen vor. Autor*innen: Prof. Dr. Kim Otto Professor für Wirtschaftsjournalismus Universität Würzburg Kontakt: [email protected] ... macht die Ergebnisse der Projekte öffentlich zugänglich. Andreas Köhler, M. A. Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur für Wirtschaftsjournalismus Universität Würzburg Kontakt: [email protected] Kristin Baars, B. A. Wissenschaftliche Hilfskraft der Professur für Wirtschaftsjournalismus Universität Würzburg Redaktion: Benedikt Linden Otto Brenner Stiftung Lektorat: Dr. Sabine Giehle TEXT + FAKT, Mainz www.text-und-fakt.de Satz und Gestaltung: www.complot-mainz.de Titelbild: Collage: com.plot, Foto: Fotolia Druck: mww.druck und so ... GmbH, Mainz-Kastel Redaktionsschluss: 29. Juli 2016 ... veröffentlicht die Ergebnisse ihrer Forschungsförderung in der Reihe „OBS-Arbeitshefte“ oder als Arbeitspapiere (nur online). Die Arbeitshefte werden, wie auch alle anderen Publikationen der OBS, kostenlos abgegeben. Über die Homepage der Stiftung können sie auch elektronisch bestellt werden. Vergriffene Hefte halten wir als PDF zum Download bereit. ... freut sich über jede ideelle Unterstützung ihrer Arbeit. Aber wir sind auch sehr dankbar, wenn die Arbeit der OBS materiell gefördert wird. ... ist zuletzt durch Bescheid des Finanzamtes Frankfurt am Main V (-Höchst) vom 9. April 2015 als ausschließlich und unmittelbar gemeinnützig anerkannt worden. Aufgrund der Gemeinnützigkeit der Otto Brenner Stiftung sind Spenden steuerlich absetzbar bzw. begünstigt. Aktuelle Ergebnisse der Forschungsförderung in der Reihe „OBS-Arbeitshefte“ Hinweis zu den Nutzungsbedingungen: Dieses Arbeitsheft darf nur für nichtkommerzielle Zwecke im Bereich der wissenschaftlichen Forschung und Beratung und ausschließlich in der von der Otto Brenner Stiftung veröffentlichten Fassung – vollständig und unverändert – von Dritten weitergegeben sowie öffentlich zugänglich gemacht werden. In den Arbeitsheften werden die Ergebnisse der Forschungsförderung der Otto Brenner Stiftung dokumentiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Für die Inhalte sind die Autorinnen und Autoren verantwortlich. Bestellungen: Über die Internetseite der Otto Brenner Stiftung können weitere Exemplare dieses OBS-Arbeitsheftes kostenlos bezogen werden – solange der Vorrat reicht. Dort besteht auch die Möglichkeit, das vorliegende und weitere OBS-Arbeitshefte als pdf-Datei herunterzuladen. Die Texte der Otto Brenner Stiftung verwenden eine gendersensible Sprache. Es werden entweder geschlechtsneutrale Bezeichnungen gebraucht (z. B. Mitarbeitende) oder auf die Schreibweise mit Gender-Sternchen zurückgegriffen (z. B. Bürger*innen). Diese Schreibweise betont die soziale Konstruktion von Geschlecht und die Vielfältigkeit von Geschlechtsidentitäten. Spenden erfolgen nicht in den Vermögensstock der Stiftung, sie werden ausschließlich und zeitnah für die Durchführung der Projekte entsprechend dem Verwendungszweck genutzt. Bitte nutzen Sie folgende Spendenkonten: Für Spenden mit zweckgebundenem Verwendungszweck zur Förderung von Wissenschaft und Forschung zum Schwerpunkt: • Förderung der internationalen Gesinnung und des Völkerverständigungsgedankens Kim Otto, Andreas Köhler, Kristin Baars „Die Griechen provozieren!“ Die öffentlich-rechtliche Berichterstattung über die griechische Staatsschuldenkrise OBS-Arbeitsheft 86 Lutz Frühbrodt Content Marketing Wie „Unternehmensjournalisten“ die öffentliche Meinung beeinflussen OBS-Arbeitsheft 85* Sabine Ferenschild, Julia Schniewind Folgen des Freihandels Das Ende des Welttextilabkommens und die Auswirkungen auf die Beschäftigten OBS-Arbeitsheft 84* Fritz Wolf „Wir sind das Publikum!“ Autoritätsverlust der Medien und Zwang zum Dialog OBS-Arbeitsheft 83 Thomas Goes, Stefan Schmalz, Marcel Thiel, Klaus Dörre Gewerkschaften im Aufwind? Unterstützen Sie unsere Arbeit, z. B. durch eine zweckgebundene Spende OBS-Arbeitsheft 87 Stärkung gewerkschaftlicher Organisationsmacht in Ostdeutschland OBS-Arbeitsheft 82 Silke Röbenack, Ingrid Artus Betriebsräte im Aufbruch? Vitalisierung betrieblicher Mitbestimmung in Ostdeutschland OBS-Arbeitsheft 81* Bernd Gäbler „... den Mächtigen unbequem sein“ Anspruch und Wirklichkeit der TV-Politikmagazine OBS-Arbeitsheft 80* Wolfgang Merkel Nur schöner Schein? Bank: IBAN: BIC: HELABA Frankfurt/Main DE11 5005 0000 0090 5460 03 HELA DE FF Für Spenden mit zweckgebundenem Verwendungszweck zur Förderung von Wissenschaft und Forschung zu den Schwerpunkten: • Angleichung der Arbeits- und Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland (einschließlich des Umweltschutzes) • Entwicklung demokratischer Arbeitsbeziehungen in Mittel- und Osteuropa • Verfolgung des Zieles der sozialen Gerechtigkeit Bank: IBAN: BIC: HELABA Frankfurt/Main DE86 5005 0000 0090 5460 11 HELA DE FF Geben Sie bitte Ihre vollständige Adresse auf dem Überweisungsträger an, damit wir Ihnen nach Eingang der Spende eine Spendenbescheinigung zusenden können. Oder bitten Sie in einem kurzen Schreiben an die Stiftung unter Angabe der Zahlungsmodalitäten um eine Spendenbescheinigung. Verwaltungsrat und Geschäftsführung der Otto Brenner Stiftung danken für die finanzielle Unterstützung und versichern, dass die Spenden ausschließlich für den gewünschten Verwendungszweck genutzt werden. Demokratische Innovationen in Theorie und Praxis OBS-Arbeitsheft 79* Fabian Virchow, Tanja Thomas, Elke Grittmann „Das Unwort erklärt die Untat“ Die Berichterstattung über die NSU-Morde – eine Medienkritik OBS-Arbeitsheft 78* Hans-Jürgen Arlt, Wolfgang Storz Missbrauchte Politik „Bild“ und „BamS“ im Bundestagswahlkampf 2013 OBS-Arbeitsheft 77* Werner Rügemer, Elmar Wigand Union-Busting in Deutschland Die Bekämpfung von Betriebsräten und Gewerkschaften als professionelle Dienstleistung * Printfassung leider vergriffen; Download weiterhin möglich. Diese und weitere Publikationen der OBS finden Sie unter www.otto-brenner-stiftung.de Otto Brenner Stiftung | Wilhelm-Leuschner-Straße 79 | D-60329 Frankfurt/Main OBS-Arbeitsheft 87 OBS-Arbeitsheft 87 OBS-Arbeitsheft 87 Otto, Köhler, Baars – „Die Griechen provozieren!“ Otto Brenner Stiftung „Die Griechen provozieren!“ Kim Otto, Andreas Köhler, Kristin Baars „Die Griechen provozieren!“ Die öffentlich-rechtliche Berichterstattung über die griechische Staatschuldenkrise www.otto-brenner-stiftung.de Eine Studie der Otto Brenner Stiftung Frankfurt am Main 2016
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