Die kleine Andacht in der Landeszeitung vom 3. September 2016

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Vor 25 Jahren
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Dienstag, 3. September 1991
Jahrelang wurden die Touristen auf engstem Raum von den
Mitarbeitern des Lüneburger
Werbe- und Verkehrsamtes betreut und beraten. Jetzt ist der
lang erwartete, 510 000 Mark teure Umbau am Markt abgeschlossen, gilt das Verkehrsamt endlich
als gute Visitenkarte Lüneburgs.
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■ Das Freibad Hagen hat seine
Öffnungszeiten gekürzt. Bis einschließlich Sonntag, 11. September, ist täglich von 13 bis 19.30
Uhr geöffnet, danach beginnt die
Winterpause. Das Frühschwimmen findet ab sofort täglich von
6.30 bis 9 Uhr im Sportbad an der
Uelzener Straße statt.
■ Zum Klönschnack am Montag,
5. September, in der Zeit von 15
bis 17 Uhr im Hotel Scheffler an
der Bardowicker Straße lädt der
Kneipp-Verein ein. Am Dienstag,
6. September steht dann eine
Radtour auf dem Programm.
Treffpunkt um 14 Uhr ist der Kurpark-Haupteingang an der Uelzener Straße.
■ Die Lüneburger Kirchentanz-
gruppe lädt ein zu einer „bewegten Andacht“ am Mittwoch, 7.
September, um 16 Uhr in der St.Nicolaikirche. Aus der Reihe
„Heilige Frauen“ wird die Heilige
Katharina von Alexandrien das
Thema sein.
■ Der
Volkshochschulkursus
„Die Zeichensprache der Blumen“ gibt Einblicke in die Pflanzenwelt aus Sicht des Zeichners.
Er beginnt am Mittwoch, 7. September, um 18.30 Uhr. Anmeldungen:
(0 41 31) 1 56 60.
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■ Im Seniorenclub St. Stephanus im Ökumenischen Gemeindezentrum in Kaltenmoor wird
am Freitag, 9. September, ab 16
Uhr Bingo gespielt.
■ Der Arbeiter-Samariter-Bund
bietet am Dienstag, 13. September, in der Zeit von 9 bis 17 Uhr
in seinen Räumen am Moldenweg einen Erste-Hilfe-Lehrgang
an. Kosten: 35 Euro. Anmeldungen:
(0 41 31) 20 86 60.
☎
Der Massenrausch von Handeloh
Vor einem Jahr winden sich 29 Menschen nach Drogenexperiment am Boden – Bis heute keine Anklage
VON PEER KÖRNER
Handeloh. Reetgedeckte Fachwerkhäuser, drumherum viel Rasen im Schatten großer Bäume:
Schon kurz nach dem Großeinsatz der Rettungskräfte sieht es
wieder so idyllisch aus wie zuvor,
keine Spur mehr vom 4. September 2015. Notärzte kämpften vor
genau einem Jahr auf dem Gelände eines Tagungszentrums in
Handeloh um das Überleben der
29 Seminarteilnehmer, mehr als
160 Rettungskräfte waren beteiligt. Dicht an dicht standen die
Krankenwagen, auch ein Hubschrauber kam. Mit Wahnvorstellungen, Atemnot und Herzrasen werden die Betroffenen in
Kliniken gebracht. Erst herrscht
Rätselraten, dann stellt sich heraus: Drogen waren die Ursache.
In zwei Kapseln wird die verbotene Psychodroge 2C-E nachgewiesen. Ein Experiment mit Sekten-Hintergrund?
Steckt eine Sekte
hinter dem Vorfall?
Eine Heilpraktikerin und ein Psychologe aus der Region Aachen
haben die Veranstaltung organisiert. Sie befassen sich auch mit
der sogenannten Psycholyse. Dabei soll mit Hilfe von Drogen eine
Art Bewusstseinserweiterung erreicht werden. Bei Durchsuchungen im Kreis Harburg und im
Raum Aachen sei Beweismaterial sichergestellt worden, melden
Polizei und Staatsanwaltschaft
wenige Tage später.
Fast ein Jahr danach wird
noch immer wegen Drogenmissbrauchs ermittelt. „Die Untersuchungen sind noch nicht abge-
Feuerwehrmänner, Rettungskräfte und Rettungsfahrzeuge vor einem Jahr am Tagungszentrum in Handeloh: Nach dem Massenrausch bei einem Heilpraktikerseminar ermitteln Staatsanwaltschaft und Polizei weiter wegen Drogenmissbrauchs.
Foto: köhlbrandt
schlossen“, sagt Oberstaatsanwalt Kai Thomas Breas in Stade.
„Wir haben bis zum 31. August
eine Stellungnahme der Verteidiger der Beschuldigten erwartet.
Die ist allerdings nicht eingegangen, so dass beabsichtigt ist, in
den nächsten Wochen Anklage
zu erheben.“ Im Fokus stünden
die beiden Organisatoren sowie
zwei Helfer. Die Ermittlungsverfahren gegen die übrigen 25 Teilnehmer – Heilpraktiker, Ärzte,
Homöopathen und Psychologen
– waren eingestellt worden. „Sie
haben damals die Droge nach unseren Erkenntnissen nur zum sofortigen Konsum erhalten“, sagt
Breas.
Die Geschäftsführerin des Tagungszentrums sagte drei Wochen nach dem Vorfall, noch immer fassungslos: „Ich bin froh,
■ Lüneburg. Die Situation an der
Kasse eskalierte, als der junge
Mann im Discount-Markt an der
Hindenburgstraße seinen Ausweis vorzeigen sollte – die Mit-
Kirschblütengemeinschaft
spricht von Rufmord
Der Schweizer „Tagesanzeiger“
meldet kurz nach dem Vorfall,
dass der Organisator ein enger
Vertrauter des Schweizer Therapeuten Samuel Widmer sei, auch
deutsche Medien berichten über
einen möglichen Psycholyse-Zusammenhang. Widmers Kirschblütengemeinschaft wird von der
Zentralstelle für Weltanschauungsfragen der Evangelischen
Kirche als „problematisch“ eingestuft, Kritiker sprechen von einer Sekte.
Die Sprecherin der Gruppe ist
nicht zu erreichen. „Natürlich haben wir auch hier in der Schweiz
von den Geschehnissen um die
Heilpraktiker in Handeloh gehört“, heißt es auf der InternetSeite der Kirschblütengemeinschaft. „Obwohl uns noch gar
nicht bekannt ist, wer die betroffenen Personen in Handeloh
sind, wird ein Schüler von Samuel Widmer darunter vermutet.
Hier wird somit nicht nur versucht, eine Therapiemethode zu
diskreditieren, sondern ein Rufmord an Menschen riskiert, die
einfach anders leben wollen.“
Mit Psychotherapie und Me-
dizin habe die sogenannte Psycholyse nichts zu tun, heißt es
dagegen bei der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und
Psychotherapie, Psychosomatik
und Nervenheilkunde. Der Einsatz illegaler Drogen sei eine
Straftat, es drohe zudem Machtmissbrauch durch den Therapeuten.
„Psycholyse hat nichts mit
psychologischer Arbeit zu tun,
sondern ist ein Versprechen auf
schnelle Heilung, das therapeutisch nicht eingelöst werden
kann“, sagt auch Prof. Michael
Utsch von der Zentralstelle für
Weltanschauungsfragen
der
Evangelischen Kirche.
„Ein möglicher Sektenhintergrund ist nicht Gegenstand der
Ermittlungen“, sagt hingegen
Oberstaatsanwalt Breas.
Immer wieder verschwinden in Stadt und Landkreis Koi-Karpfen
Barendorf. Immer wieder haben es
Täter auf teure Koi-Karpfen abgesehen. In der Nacht zu Mittwoch stahlen Unbekannte aus einem Teich am Wacholderweg
fünf Tiere. Schaden laut Eigentümer: mehrere Tausend Euro.
Seit Jahresbeginn gab es mehrere ähnliche Taten. Laut Polizei
griffen Täter im Mai in Kirchgellersen zu, Mitte Juni in Gifkendorf, im Juli wurde die Gartenkolonie am Moorweg in Lüneburg zum Tatort. Ob ein Zusam-
Sparkasse in Vögelsen heimgesucht – Blutiger Streit mit vier Promille
☎
dass alle überlebt haben.“ Sie
habe kein Verständnis für Drogen, auch nicht zur Bewusstseinserweiterung. Der Veranstalter habe nur die Räume gemietet, betonte sie, für die Inhalte
des Seminars sei sie nicht zuständig. „Hier geht es um Ruhe in einer idyllischen Umgebung, um
Bewegung und Tanz. Wir fühlen
uns missbraucht.“
Lukrative Beute aus dem Gartenteich
Täter wollen
Geldautomaten sprengen
Vögelsen. Unbekannte haben in
der Nacht zu gestern im Vorraum
der Sparkassenfiliale an der Lüneburger Straße in Vögelsen versucht, den Geldautomaten zu
sprengen. Laut Polizei misslang
das, doch der Sachschaden sei
hoch. Die Ermittler vermuten,
dass ein Unfall mit der Tat in Zusammenhang steht. Denn zwischen Mechtersen und Radbruch
entdeckte am frühen Morgen ein
Autofahrer einen Audi, der offensichtlich aus einer Kurve geflogen und im Graben gelandet war.
Das Fahrzeug war im Bereich
Hamburg als gestohlen gemeldet
worden, gleiches gilt für die
Kennzeichen.
Hinweise:
(0 41 31) 83 06 22 15.
Sonnabend, 3. September 2016 · Nr. 207
arbeiterin hielt ihn für zu jung
für ein paar Büchsen Bier. Der
Kunde pöbelte rum und wollte
mit dem Bier davonlaufen. Als
Zeugen ihn festhielten, schlug er
um sich. Eine Polizeistreife bändigte ihn und schaute in den Ausweis des jungen Mannes: Er ist
24 Jahre alt.
Polizeibericht
■ Lüneburg. Zu einem Unfall kam
es am Donnerstag auf der Ostumgehung in Höhe Adendorf.
Der Fahrer eines Jaguars fuhr auf
die Schnellstraße auf und wollte
gleich überholen. Dabei übersah
der 50-Jährige den Audi eines
35-Jährigen. Der wich aus und
prallte gegen die Leitplanke. Niemand verletzt. Sachschaden:
10 000 Euro.
■ Artlenburg. Bereits am Mitt-
woch haben Unbekannte am
Parkplatz der Schule an der Straße Im Dorfe einen Opel zerkratzt, ein Schaden von mehreren Hundert Euro.
■ Lüchow. Einen blutigen Streit
lieferten sich am Donnerstagabend zwei Männer in Lüchow,
dabei soll ein 35-Jähriger einem
32-Jährigen mehrfach ein Messer in den Rücken gerammt haben. Offenbar ging der Schwerverletzte weg, kehrte aber wieder zurück. Schließlich kam die
Polizei. Beide Männer kamen in
Kliniken, Lebensgefahr bestehe
nicht, hieß es gestern. Möglicherweise handele es sich bei der
Messerattacke um Notwehr. Der
35-Jährige pustete mehr als vier
Promille, beim Jüngeren liege
noch kein Alkoholwert vor. Die
Tatvorwürfe der Polizei lauten
aktuell auf Körperverletzung
und versuchten Totschlag. ca
menhang besteht, ist für die
Ermittler unklar.
In Barendorf ist die bestohlene Familie traurig über den Verlust: Es gehe weniger um den materiellen Wert. Die Fische seien
sehr zutraulich, sie seien ange-
schwommen gekommen, um sich
streicheln zu lassen. Die Barendorfer haben keinen Verdacht,
wer hinter der Tat stecken könnte. Einzige Idee: „Wir hatten vorher Sperrmüll, vielleicht hat jemand unser Grundstück ausge-
späht.“ Dass tierische Täter, etwa
Reiher, die Kois als Beute verputzt haben, halten die Fischfreunde für unwahrscheinlich.
Die Vögel hätten zu wenig Platz
auf dem Areal, um zu landen und
abzuheben. ca
Die
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Schaffen
wir das?
„Wer nur den lieben Gott lässt
walten.“ Dieses Lied mit der Nr.
369 im Evangelischen Gesangbuch wird morgen in vielen Kirchen gesungen. Vermutlich
kennt die Pastorentochter Angela Merkel dieses Lied auch. Ob
sie manchmal daran gedacht hat,
seit sie fast auf den Tag genau
vor einem Jahr einen ihrer meistbeachtesten Sätze sagte? „Wir
schaffen das!“ Für diese Worte
hat sie viel Zustimmung, aber
auch viel niederschmetternde
Kritik erhalten. Ich finde, sie hat
sehr menschlich und visionär zugleich auf die bewegenden Ereignisse im Sommer letzten Jahres
reagiert. Ohne hemmende politische Vorsicht hat sie nicht um
den heißen Brei geredet, sondern
überraschend klar. So wie ich mir
das von Politikern und Verantwortlichen immer wieder wünsche. Genau dafür ist sie aber
auch gescholten worden. Den-
noch ist der Satz in den Ereignissen während eines durchaus
wechselhaften Jahres mitgeklungen: von Zeiten der Willkommenskultur und Hilfsbereitschaft über Zeiten der Verunsicherung und Bedrohung.
„Wer nur den lieben Gott lässt
walten.“ Etwas in Gottes Hand zu
legen, meint nicht die eigenen
Hände in den Schoß zu legen.
„Sing, bet und geh auf Gottes Wegen, verricht’ das Deine nur getreu“, heißt es in der letzten Strophe des Liedes. Gehen müssen
wir schon selbst. Singen und beten können da gute Wegbegleiter sein, wenn wir Visionen und
Mut brauchen. Vieles will bedacht sein. Alles kann man nicht
bedenken. Und manches hemmt
nur. Dann ist es gut, wenn man
sich einfach etwas traut. Gegenwind und Stolpersteine kommen
irgendwann von ganz alleine.
Und wenn die menschenfreund-
Olaf Ideker-Harr, Schulpastor an
den Berufsbildenden Schulen I in
Lüneburg, ist telefonisch erreichbar unter (0172) 4372963. Foto: nh
lichen und positiven Visionen
schwächeln, dann helfen so fröhliche, ermutigende Feste wie vor
einer Woche auf dem Lüneburger Marktplatz. Wo sich so viele
Hiesige, Geflüchtete, Zugezogene
und Alteingesessene begegnen
und miteinander essen, war zu
spüren, was möglich ist. Oder wie
es das Kirchenlied sagt: „...trau
des Himmels reichem Segen.“
Die Bundeskanzlerin übrigens
wurde vergangene Woche in einem Zeitungsinterview gefragt,
ob der berühmte Satz noch gut
und richtig ist. „Ja. Selbstverständlich“ hat sie geantwortet.
Olaf Ideker-Harr