Ressource Gesundheit September 2016 SONDERVERÖFFENTLICHUNG DER BAYER-STIFTUNGEN FLÜCHTLINGSHILFE Der Medizinstudent Simon Link hat eine ambulante Versorgungsstation für Notunterkünfte aufgebaut. SEITE II KREBS BEKÄMPFEN Warum Chemieprofessor Dirk Trauner Licht mag. SEITE III SCHÜLER FORSCHEN Immer mehr Schulen bringen das Thema Gesundheit über Projekte ins Klassenzimmer. SEITE IV Geld, Erfolg, gute Noten? Nein – für viele ist Gesundheit das Wichtigste im Leben. Auf ihr baut alles andere auf. Sie zu schützen, ist eine wichtige Aufgabe. T uberkulose. In Deutsch- die Firma zu erhalten. Er wollte individuellen Gesundheit hängt land erschreckt diese vor allem soziale Verantwor- zum Beispiel auch ab, welchen schwere Krankheit dank tung als Arbeitgeber überneh- Beruf wir ausüben können. Antibiotika und guter medi- men. Heutzutage steht bereits Und der wiederum schaff t die zinischer Versorgung kaum im Gesetz, dass Unternehmen wirtschaftliche Grundlage, noch jemanden. Im 19. Jahr- die Gesundheit ihrer Arbeitneh- am gesellschaftlichen hundert war das mer schützen Leben teilzunehmen. noch ganz an- „Jeder hat das Recht müssen. Viele Gesundheitsförders. Wer sich auf einen Lebensstan- Firmen haben derung hat deshalb ansteckte, starb dard, der seine und sei- dazu sogar spe- in Deutschland einen mit hoher Wahr- ner Familie Gesundheit zielle Gesund- hohen Stellenwert. gewährleistet.“ s c h e inli c hke i t. heitsprogramme Das merken auch Vor allem die är- Artikel 25 der Menschenrechtscharta aufgelegt. Die Schüler: Regelmäßig mere Bevölkerung wurde Op- Inhalte reichen von Grippeimp- kommt etwa der Zahnarzt fer der „weißen Pest“. Friedrich fungen über Rückenschulen zu Besuch, es gibt gesundes Bayer wollte das ändern. Eines bis zu Sportkursen. Schulfrühstück, im Sportunterder ersten Stiftungsprogram„Gesundheit ist die wich- richt finden Motoriktests statt me, das der Bayer-Gründer tigste Ressource, oder in Projekt1879 ins Leben rief, hatte daher die wir haben“, sagt Nach aktuellen Um- wochen Suchtdas Ziel, seine Mitarbeiter und Thimo Schmitt- fragen ist Jugend- prävention. Mit der Förderen Kinder besser vor Tuber- Lord, Leiter der lichen Gesundheit sehr wichtig. derung von Gekulose zu schützen. Bayer-Stif tungen. Bayer ging es dabei nicht Klar – nur, wer gesund ist, fühlt sundheit sind viele Menschen nur darum, die Arbeitskraft für sich auch wohl. Doch von der beschäftigt. Dazu zählen Me- www.bayer-stiftungen.de diziner und Wissenschaftler genauso wie Mitarbeiter in Behörden, Lehrer oder innovative Unternehmer. Die Bayer-Stiftungen wollen diese Menschen unterstützen. Einige Beispiele stellen wir auf den folgenden Seiten vor. Gründer Friedrich Bayer schrieb Gesundheitsvorsorge groß. IMPRESSUM Bayer-Stiftungen Kaiser-Wilhelm-Allee 1 51368 Leverkusen www.bayer-stiftungen.de Die Kontaktaufnahme zu den in dieser Beilage porträtierten Forschern oder Initiativen ist über die Bayer-Stiftungen möglich: [email protected] Layout: Sandra Janzsó Illustration: Designed by Freepik.com II GESUNDHEITSFÖRDERER in Ehrenamt und Sozialunternehmen Lücke geschlossen GESUNDHEITSFÖRDERER in der Wissenschaft III Bedarf erkannt Der Medizinstudent Simon Link (24) hat während seiner Tätigkeit beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) eine medizinische Versorgungsstation für Flüchtlinge in Berlin aufgebaut. Das Start-up RSO Shift hat ein solarbetriebenes Aufbereitungsgerät entwickelt, das OP-Besteck reinigt, desinfiziert und sterilisiert. In Entwicklungsländern kann es wertvolle Hilfe leisten. D Simon Link Wie kann man sich Ihre Versorgungsstation vorstellen? Wir haben einen Raum in einer Notunterkunft, einer Turnhalle in Berlin-Steglitz, so eingerichtet, dass er einer Hausarztpraxis ähnelt. Mithilfe von Spenden entstand ein Grundstock an Medikamenten, Infusionen oder Verbandsmaterial. Ärzte des DRK und aus der Umgebung halten ehrenamtlich Sprechstunden ab. Außerdem haben wir einen 24-Stunden-Hintergrunddienst eingerichtet, den nicht medizinisch geschulte Flüchtlingsbetreuer immer um Rat fragen können. Was war der Anstoß für diese Idee? Ich bin seit sechs Jahren Helfer beim DRK in Berlin-Steglitz. Daher war ich auch zu Beginn der Flüchtlingswelle im Sommer 2015 in der Notunterkunft im Einsatz. Wir haben schnell gemerkt, dass es eine Lücke in der medizinischen Versorgung der Menschen gibt. In echten Notsituationen erhalten sie natürlich immer Hilfe, ein Besuch beim Hausarzt ist aber mit hohen bürokratischen Hürden verbunden. Wer also etwa eine Erkältung, kleinere Wunden, Fieber oder Durchfall hat, weiß nicht wirklich, wohin. Diese Lücke wollten wir schließen. www.bayer-stiftungen.de Viele Notunterkünfte werden derzeit wieder geschlossen. Wie wird es mit Ihrem Projekt weitergehen? Wir wollen unser Konzept zu einer Art mobiler Versorgungsstation ausbauen. Es lässt sich schließlich immer einsetzen, wenn plötzlich viele Menschen in einer Notunterkunft zusammenkommen, etwa bei der Betreuung von Obdachlosen in harten Wintern oder bei längeren Evakuierungen. Und natürlich bei einer nächsten Flüchtlingswelle. Was haben Sie aus dem Projekt gelernt? Ich habe zum einen viele Tätigkeiten kennengelernt, die bislang weder zu meinem Alltag als DRK-Helfer noch als Medizinstudent gehört haben. Da ich zudem viel Organisatorisches im Hintergrund geregelt habe, konnte ich einiges über das medizinische System in Deutschland erfahren. Vor allem aber habe ich erlebt, wie wertvoll Pragmatismus in Notsituationen ist. Wir haben eine Lücke erkannt und ohne lange zu überlegen begonnen, daran etwas zu ändern. Wir haben uns durchgefragt, nicht lockergelassen und Kontakte geknüpft. Dass wir den Menschen, die so viel durchgemacht haben, auf diese Weise helfen, ist ein schönes Gefühl. i e E n e rg i e t e c h n i k - I n g e n i e u r e Philip p Od er nheimer ( 28) und Raphael Schönweitz (29) und der Wirtschaftswissenschaftler Martin Reh (34) teilen eine ziemlich gute Eigenschaft: Sie wollen einen Missstand ändern, wenn sie ihn erkennen. In ihrem Fall geht es um die medizinische Versorgung in Entwicklungs- und Schwellenländern. „Während eines Studienaufenthaltes in Afrika habe ich erlebt, wie oft Ärzte und Pflegekräfte vor allem auf dem Land improvisieren müssen“, erzählt Schönweitz. Da ländliche Gesundheitsstationen oft an kein stabiles Stromnetz angeschlossen sind, müssen Ärzte ihr Operationsbesteck zum Beispiel in Töpfen mit heißem Wasser über Holzfeuer reinigen. Das kann schlimme Folgen haben – Wundinfektionen etwa oder die Übertragung schwerer Krankheiten. Die Männer begannen, zu planen, und entwickelten die Idee für den LifeShift Sterilizer. Das 1,20 Meter hohe, mobile Gerät kann Medizinprodukte reinigen, desinfizieren und sterilisieren. Eine Wasseraufbereitungsanlage, die Wasser vor Ort destilliert, ist integriert. Vor allem aber ist das Gerät solarbetrieben und daher in sonnenreichen Regionen unabhängig von Stromnetzen. Mit dem Prototyp startet das Kasseler Unternehmen bald Feldtests in Afrika. „Wir schauen uns an, ob die Menschen dort gut klarkommen mit dem Gerät oder ob wir noch etwas verbessern müssen“, erklärt Martin Reh. 2017 soll der LifeShift Sterilizer in Serienproduktion gehen. Fotos: ©Andreas Licht; RSO Shift Synthetische Lichtschalter entwickelt Der Chemieprofessor Dirk Trauner ist Vorreiter auf dem Gebiet der Optogenetik. Seine Forschungen könnten Ärzten später einmal helfen, schwere Krankheiten gezielter zu bekämpfen. Z u seiner Leidenschaft Chemie ist Dirk Trauner erst über Umwege gekommen. In der Schule war Kunst immer sein Lieblingsfach. Und ja, auch für Biologie konnte er sich in der Oberstufe begeistern. Nach dem Abschluss überlegte der gebürtige Linzer dennoch zunächst, der Kunst treu zu bleiben und Architektur zu studieren. „Kurzfristig habe mich dann doch für ein Biostudium entschieden“, erzählt der 49-Jährige. Ein Chemiepraktikum im zweiten Semester hat dann schließlich alle ursprünglichen Pläne über den Haufen geworfen. „Es ging um Synthese, also den Versuch, aus bestehenden Stoffen künstlich völlig neue herzustellen. Das hat mich auf Anhieb fasziniert“, erinnert sich der heutige Chemieprofessor an der Uni München. Er brach seine Zelte in Österreich ab und schrieb sich für ein Chemiestudium in Berlin ein. Das war 1992. Kurz zuvor war die Mauer gefallen. „Irgendwie passte das alles gut zusammen – in Berlin entstand eine völlig neue Stadt, und im Studium beschäftigte ich mich ebenfalls damit, Neues zu erschaffen“, schmunzelt er. Dabei ist er geblieben, mit großem Erfolg. Trauner gilt als einer der Vorreiter auf den Gebieten Photopharmakologie und Optogenetik. Seine Ergebnisse sollen Ärz- Chemieprofessor Dirk Trauner ten später einmal helfen, schwere Krankheiten wie Blindheit oder Krebs zu heilen. Aber der Reihe nach: Was macht Dirk Trauner genau? „Einfach übersetzt, haben wir eine Art synthetischen Lichtschalter entwickelt, der biologische Prozesse im Körper durch Licht steuerbar macht“, erklärt der Wissenschaftler. Beispiel Erblindung: Ein Schalter könnte direkt in die Netzhaut eingepflanzt werden und das Auge wieder lichtempfindlich machen. Der Patient sieht dann wieder. „Und bei Krebserkankungen ist denkbar, dass man mithilfe der Schalter durch gezielten Lichteinfluss von außen die Zellteilung verlangsamt oder gar stoppt“, sagt Trauner. In Form von speziellen Medikamenten würden die Schalter im Körper genau an die Stelle gelangen, wo später das Licht wirken müsste. „Das wäre eine viel präzisere Form der Krebsbehandlung, die mit weniger Nebenwirkungen verbunden wäre als zum Beispiel eine Chemotherapie“, weiß der Forscher. Die Möglichkeiten der Optogenetik sind extrem vielfältig. Trauner glaubt, dass sich damit sogar völlig neue Sinnesempfindungen herstellen lassen. Genau das fesselt ihn so sehr an Naturwissenschaften. „Wir dürfen auch Unvorstellbares erdenken und daran arbeiten, es vorstellbar zu machen.“ Schülern kann er die Fächer Biologie oder Chemie nur empfehlen. „Viele große Umwälzungen und Erfindungen kommen aus dem Bereich. Außerdem bekommt man ein tiefes Verständnis vom Leben und von der Welt.“ Und irgendwie ist Professor Trauner am Ende auch Künstler geworden. In seinen Laboren entsteht schließlich regelmäßig Neues. Für seine Forschung erhielt Dirk Trauner in diesem Jahr den Otto-Bayer-Preis der Bayer-Stiftungen. Die Verleihung fand im Juni auf dem Alumni-Dialog der Stiftungen in Berlin statt. Bei dieser Konferenz treffen sich einmal im Jahr aktuelle und ehemalige (Alumni) Stipendiaten und Preisträger, um sich untereinander und mit Bayer-Experten auszutauschen. „Die Welt ist mit Wissenschaft besser“, lautete dieses Jahr das Oberthema. Dabei ging es auch darum, welche Rolle Wissenschaft bei der Gesundheitsvorsorge spielt. www.bayer-stiftungen.de Fotos: Bayer-Stiftungen IV GESUNDHEITSFÖRDERER in der Schule Gesundheit auf dem Stundenplan Berliner Schüler im Simulations-Operationssaal des Deutschen Herzzentrums tern. Mithilfe eines modernen Ergometers überprüfen die Jugendlichen zuerst ie Stundenpläne sind pickepacke- ihre eigene körperliche Leistungsfähigkeit. voll. Mathe, Deutsch, Sprachen, Ge- Anschließend erstellen sie einen individuellen sellschafts- und Naturwissenschaf- Trainingsplan. Später messen sie wieder und ten, Kunst und Musik. Für Gesundheit und stellen die körperlichen Veränderungen fest. Medizin bleibt da oft nur am Rande Raum. „Bei den Tests lernen die Schüler unter ande„Dabei ist es die Aufgabe der gesamten rem, wie Organe und der Stoffwechsel funktiSchule und nicht nur des Biologieunter- onieren“, erklärt Biolehrer Ulrich Stauch. richts, gesundheitsförderliches Verhalten Die Humboldt-Schule in Kiel will ab dieund Selbstbestimmung zu unterstützen“, sem Schuljahr das Alter für Schüler erfahrbar sagt Annette Upmeier zu machen. „Angesichts des Belzen, Biologieprofesso- Die Gesundheit ist zwar nicht demografischen Wandels rin und Jurymitglied des alles, aber ohne Gesundheit wird es immer mehr älteSchulförderprogramms re Menschen geben, die ist alles nichts. der Bayer-Stiftungen. Je unter altersbedingten BeArthur Schopenhauer, deutscher Philosoph mehr Jugendliche darüber einträchtigungen leiden“, wissen, desto bewusstere Entscheidungen begründet Projektleiter Manuel Raschke. können sie über ihr eigenes Gesundheits- Die Jugendlichen schlüpfen unter anderem verhalten treffen. Zudem lernen sie Berufe im Sportunterricht in Alterssimulationsanzüaus der Gesundheitswelt kennen. Zuneh- ge, über die sie altersbedingte Defizite nachmend ergreifen Schulen daher eigene Initi- spüren können. Im Matheunterricht werten ative und stellen Projekte auf die Beine, die Schüler die Ergebnisse aus, und wieder ansich diesen Themen widmen. dere Projektteilnehmer versuchen in MINTDazu gehört etwa das Städtische Gym- oder Informatikkursen, medizintechnische nasium Bergkamen. Hier wollen die Lehrer Lösungen und Alltagshilfen für Senioren zu ihre Schüler über Sport für Medizin begeis- entwickeln. Immer mehr Schulen entdecken Medizin und Gesundheit als Projektthema für den Unterricht. D www.bayer-stiftungen.de Eine ganz spezielle Medizin-Tour bietet das Schülerlabor-Netzwerk GenaU Berliner und Brandenburger Schülern mit dem Angebot „Experimente mit Herz“. Im Rahmen von Projektwochen zum Ende des ersten Halbjahrs besuchen Schülergruppen der Sekundarstufe II jeden Tag ein anderes Schülerlabor oder Berliner Unternehmen und lernen so das Herz aus verschiedenen Blickwinkeln kennen. Im Deutschen Herzzentrum zum Beispiel dürfen die Teilnehmer eine Herz-OP simulieren, und im Carl Zeiss Mikroskopierzentrum geht es um die Evolution der Blutkreisläufe. „Wir haben jegliches Zeitgefühl verloren und tauchten nachmittags aus einer Welt auf, die uns informiert, beruflich geprägt und beeindruckt hat“, schwärmte die Berliner Schülerin Lina Below. Bayer-Schulförderung Die Bayer-Stiftungen unterstützen Lehrer im Umfeld der Bayer-Standorte, die den medizinisch-naturwissenschaftlichen Unterricht durch innovative Projekte attraktiver machen möchten. Jedes Jahr stehen insgesamt 500 000 Euro für die Förderung bereit. Die aktuelle Bewerbungsrunde endet im Februar 2017. Mehr Infos: bayer-stiftungen.de -> Science@School Fotos: ©GenaU
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