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Lebenszyklus von Cryptosporidium parvum
(Kryptosporidiose)
Der Parasit vermehrt
sich im Dünndarm und
teilweise im Dickdarm.
Dauerstadien (Oozysten)
werden gebildet.
Die Infektionsstadien
(Sporozoiten) schlüpfen
im Dünndarm.
Infektiöse Oozysten
werden über den Kot des
Wirtes ausgeschieden.
Neue Wirte werden befallen, indem sie die Oozysten über Wasser oder
Futtermittel aufnehmen, die mit Fäkalien verunreinigt sind.
Abb. 17
Abb. 18
Abb. 19
Abb. 17: Lebenszyklus von Cryptosporidium parvum
(Krypotosporidiose).
Abb. 18: Entwicklungsstadien von Cryptosporidium
parvum im Darm (großes Bild: Längsschnitt,
kleines Bild: Querschnitt).
Abb. 19: Entwicklungsstadien von Cryptosporidium
parvum im Bürstensaum der Dünndarmepithelzellen (elektronenmikroskopische Aufnahme).
Abb. 20: Durchfall nach einer Infektion mit Cryptosporidium parvum.
Abb. 21: Beschaffenheit des Kots nach einer Infektion mit Cryptosporidium parvum (typisch:
gelblich-grüne Farbe).
Abb. 20
Abb. 21
Kryptosporidiose
Erreger, Wirtsspektrum
und Verbreitung
Die Kryptosporidien sind sehr ursprüngliche Protozoen (Einzeller),
die im Magen-Darm-Trakt von Wirbeltieren vorkommen. Sie sind nur
wenig wirtsspezifisch. Beim Menschen und bei zahlreichen Säugetieren kommen zwei unterschiedliche Arten vor, Cryptosporidium
parvum im Dünndarm und Cryptosporidium muris im Magen. Für das
Rind ist vor allem die pathogene
Art C. parvum von Bedeutung. C.
parvum bildet kugelförmige, im
Mittel 5,0 x 4,5 µm große Dauerstadien (Oozysten), die mit dem
Kot der Wirte in die Umwelt ausgeschieden werden. C. -muris Oozysten sind im Mittel 7,4 x 5,6
µm groß. In der Oozyste befinden
sich vier infektiöse Stadien (Sporozoiten), die etwa 5,5 µm lang und
bananenförmig sind, sowie ein kristalliner Restkörper.
Kryptosporidien sind weltweit verbreitet. Die Befallsraten sind besonders hoch bei Kindern und
Jungtieren. Kälber können bis zu
100 % befallen sein, wobei es jedoch von Betrieb zu Betrieb zu
starken Schwankungen kommt.
Bei Durchfallkälbern ist die Befallsrate höher als bei Kälbern mit normalem Kotabsatz, bei Kühen liegt
sie bei 8 %. Bei anderen Nutztie-
ren (Schaf, Pferd) variieren die
Befallsraten je nach Alter und
Haltungsbedingungen zwischen 7
und 70 %, bei Hunden und Katzen
liegen sie um 20 %.
Entwicklung und Epidemiologie
Die Kryptosporidien haben einen
einwirtigen Lebenszyklus. Die Infektion des Wirts erfolgt durch die
orale Aufnahme von Oozysten aus
der Umwelt. Je nach Art schlüpfen die Sporozoiten in unterschiedlichen Bereichen des MagenDarm-Traktes. Die gesamte Entwicklung der Parasiten erfolgt
oberflächlich in den Epithelzellen
des Magen-Darm-Traktes, wobei
verschiedene, etwa 5 µm große
Entwicklungsstadien gebildet werden.
Die Entwicklungsstadien von C.
parvum liegen im Bürstensaum
der Epithelzellen des hinteren
Dünndarmbereiches
sowie
teilweise auch im Dickdarm. Dabei kommt es zunächst zu einer
ungeschlechtlichen Vermehrungsphase (Schizogonie) bei der zunächst die sog. Schizonten des
Typs 1 mit acht bananenförmigen
Merozoiten entstehen. Aus diesen
Merozoiten entwickeln sich entweder erneut Schizonten des Typs 1
oder Schizonten des Typs 2, in
denen sich nur vier Merozoiten bilden. Wahrscheinlich können nur die
Merozoiten aus den Typ-2-Schizonten eine geschlechtliche Entwicklungsphase (Gamogonie) einleiten. Anschließend kommt es zu
einer Sporulation, in deren Folge
bereits ab dem 3.-6. Infektionstag
Oozysten ausgeschieden werden,
die sofort infektiös sind. Aus einigen dieser Oozysten können die
Sporozoiten noch vor dem Verlassen des Wirts freigesetzt werden
und so zu einer neuen Infektion der
Epithelzellen führen (Autoinfektion).
tigkeit überleben sie bis zu 6 Monate, bei Zimmertemperatur sind
sie nach 4 Monaten noch infektiös. Bei -18 °C oder bei Temperaturen über 65 °C sterben sie dagegen in kurzer Zeit ab.
Die Entwicklung von C. muris erfolgt in der Schleimhaut des Labmagens. C.-muris-Oozysten werden über mehrere Monate mit dem
Kot ausgeschieden.
Klinische, durch C. parvum bedingte Erkrankungen treten häufig
als Bestandsproblem auf. Die meisten C.-parvum-Oozysten werden
innerhalb von 1-2 Wochen ausgeschieden, in einigen Fällen kann
die Ausscheidungsperiode jedoch
auch mehrere Wochen andauern.
Das Ausscheidungsmaximum von
Oozysten wird bei 11 Tage alten
Kälbern beobachtet. Zu diesem
Zeitpunkt können bis zu 107 Oozysten pro Gramm Kot ausgeschieden werden. Die Infektion erfolgt
vornehmlich in den mit Oozysten
kontaminierten Kälberboxen, in
einzelnen Betrieben auch erst in
den größeren Sammelboxen. Bereits 10-100 Oozysten können bei
Jungtieren zu einer klinischen
Kryptosporidiose führen. Die
Oozysten sind gegenüber äußeren
Einflüssen sehr widerstandsfähig.
Bei 4 °C und ausreichender Feuch-
Im Bereich ihrer Anheftungszone
verdrängen die Entwicklungsstadien von C. parvum den Bürstensaum der Epithelzelle, der bei starkem Befall verloren geht. Die Funktion der Darmschleimhaut wird
gestört und die Aktivität der Verdauungsenzyme herabgesetzt. Es
kommt zu einer Verkürzung und
Verklebung der Darmzotten, wodurch die Darmoberfläche verkleinert wird. Die Folge ist eine schlechtere Futteraufnahme und –verwertung. Bei der Sektion fällt eine
Entzündung des Darms mit hyperämischer Schleimhaut auf. Bakterielle oder virale Begleitinfektionen
verschlimmern den Krankheitsverlauf.
Die Kryptosporidiose ist eine typische Jungtiererkrankung, Kälber
erkranken vorwiegend in der 1.-4.
Lebenswoche, meist im Alter von
5-14 Tagen. Dabei kommt es zu
Erscheinungsbild
Kryptosporidiose
21
22
Abb. 22
Abb. 22: Dauerstadien (Zysten) einer Cryptosporidium-Art aus dem Kot eines
Wirtstieres.
Abb. 23: Dauerstadien (Zysten) einer Cryptosporidium-Art aus dem Kot eines
Wirtstieres nach Gegenfärbung mit Karbolfuchsin.
Abb. 23
starkem fauligen oder wäßrigen
Durchfall, der über 2-14 Tage anhält und mit hohem Gewichtsverlust und fortschreitender Austrocknung einhergeht. Typisch ist die
gelblich-grüne Farbe des Durchfalls. Die Freßlust bleibt meist erhalten. Bei über 4 Wochen alten
Tieren sind die Symptome weniger ausgeprägt.
C. muris verursacht eine Verdikkung der Labmagenwand mit erweiterten Drüsen und Veränderung
des Epithels. Klinische Symptome
treten meist nicht auf.
Diagnose
Die Diagnose erfolgt durch den
Nachweis der Oozysten im Kot. Da
die Oozysten der Kryptosporidien
sehr klein sind, wurden verschiedene Spezialmethoden entwickelt,
von denen sich besonders die
Karbolfuchsinmethode bewährt
hat. Beim verendeten Kalb lassen
sich die Entwicklungsstadien von
C. parvum in gefärbten Tupfpräparaten der Dünndarmschleimhaut
(Ileum) oder im histologischen
Schnitt nachweisen.
Prophylaxe
Passiv erworbene maternale Antikörper begrenzen die Vermehrung
der Kryptosporidien. Sie schützen
zwar nicht vor einer Infektion, führen jedoch zu einem wesentlich
milderen Krankheitsverlauf. Daher
sollten Kälber frühzeitig und in
ausreichender Menge Kolostrum
erhalten. Durch hygienische Maßnahmen (saubere Abkalbe- und
Kälberboxen, Absonderung infizierter Tiere u. a.) kann die Infektion von Neugeborenen verhindert
werden. Zur Desinfektion eignet
sich die Reinigung mit Dampfstrahl
(130 kg/cm3). Auch durch Trockenheit werden die Oozysten abgetötet.
Therapie
In der EU und in der Schweiz ist
Halofuginon (Halocur®) als Chemotherapeutikum bei Kälbern zugelassen. Die Behandlung sollte
innerhalb von 24 Stunden nach
dem Einsetzen der ersten Symptome beginnen und über 7 Tage fortgesetzt werden. Bei Halofuginon
ist die sehr geringe therapeutische
Breite zu beachten. Daher sollte
eine Dosis von 0,1 mg/kg KGW
tägl. nicht überschritten werden.
Die Substanz muß in mindestens
500 ml Milch oder Milchaustauscher verabreicht werden. Die Wartezeit für eßbares Gewebe beträgt
13 Tage. Bei laktierenden Tieren ist
Halofuginon verboten.
Bedeutung für den Menschen
Kryptosporidien gelten als Erreger
von Zoonosen. Gefährdet sind vor
allem Kinder und Patienten mit
Immunschwächen, z. B. AIDSPatienten. Letztere sollten den
Kontakt mit Kälbern und anderen
Jungtieren meiden. Da die
Oozysten der Kryptosporidien sehr
klein sind, können sie auch in das
Trinkwasser für Menschen gelangen, und zwar besonders dann,
wenn Rinder in Wassergewinnungsgebieten gehalten werden.
Aufgrund der hohen Oozystenausscheidungsraten sollten vor
allem Kälber aus diesen Gebieten
entfernt werden.
Giardiose
Erreger, Wirtsspektrum
und Verbreitung
Die Giardien sind Protozoen (Einzeller) aus der Gruppe der
Flagellaten. Bei ihnen gibt es zwei
Entwicklungsstadien. Die Vermehrungsstadien (Trophozoiten) sind
11-19 µm lang, bilateral symmetrisch und an der Unterseite mit
einer großen Haftscheibe ausgestattet. Die Dauerstadien (Zysten)
sind 10-15 µm lang und ovoid.
Die Giardien haben ein breites
Wirtsspektrum. Sie kommen bei
Hund, Katze, Wiederkäuern, Pferd,
Schwein, Kaninchen, Nagetieren
und Menschen vor. Die beim Rind
vorkommenden Giardien gehören
zum Giardia-duodenalis-Komplex,
bei dem verschiedene Genotypen
bekannt sind. Ob es sich dabei um
verschiedene Arten oder um Vertreter derselben Art handelt wird
zur Zeit diskutiert.
Giardien sind weltweit verbreitet.
Eine besondere Bedeutung haben
sie bei Jungtieren und Kindern. In
Mitteleuropa scheiden 2-7 % der
Hunde und Katzen Giardienzysten
aus. Die kumulative Befallsrate bei
Wiederkäuern beträgt regional bis
zu 100 %.
Kryptosporidiose/Giardiose
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