Begrüßungsworte 200. Sitzung des Stiftungsrates

Begrüßungsworte
200. Sitzung des Stiftungsrates der Stiftung Wohlfahrtspflege
30. August 2016, 16.30 Uhr, Clubraum Rheinland im Landtag
Herr Vorsitzender Günter Garbrecht,
Frau Ministerin Barbara Steffens,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
verehrte Gäste und Freunde der Stiftung Wohlfahrtspflege!
I.
Wohlfahrt – der Begriff stammt aus dem 19 Jahrhundert, also
aus einer Zeit, die geprägt war von Massennotständen, vor allem
aber
durch
die
negativen
sozialen
Folgen
der ersten
Industrialisierungsphase.
Wohlfahrt - das
klingt
immer
noch
ein
wenig
nach
Bismarck’scher Sozialgesetzgebung. Und es schwingt noch ein
Stigma mit: „Bloß nicht von der Wohlfahrt abhängig sein...“
Die einzige gesetzliche Definition der Wohlfahrtspflege ist nicht etwa
in einem großen sozialen Gesetzeswerk
finden,
sondern
ausgerechnet im Steuerrecht. In § 66 der Abgabenordnung
heißt es:
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„Wohlfahrtspflege ist die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit
und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für notleidende
oder gefährdete Mitmenschen. Die Sorge kann sich auf das
gesundheitliche, sittliche, erzieherische oder wirtschaftliche Wohl
erstrecken und Vorbeugung oder Abhilfe bezwecken.“
Wenn wir heute zu einer kleinen Feierstunde anlässlich der 200.
Sitzung
des
Stiftungsrates
der
Stiftung
Wohlfahrtspflege
zusammenkommen, dann bietet das die wunderbare Gelegenheit,
die segensreiche Arbeit dieser Stiftung in den 42 Jahren ihres
Bestehens zu würdigen. Hierzu begrüße ich Sie sehr herzlich und
danke für Ihr Kommen.
II.
Wir erinnern uns:
Die Stiftung Wohlfahrtspflege wurde ins Leben gerufen in
Verbindung
mit
der
Zulassung
öffentlicher
Spielbanken
in
Nordrhein-Westfalen durch das Spielbankgesetz von 1974. Mit
knapper Mehrheit von 83 zu 80 bei 6 Enthaltungen wurde das
Gesetz verabschiedet.
Befürworter und Gegner standen damals in allen politischen Lagern
des Parlaments.
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Die vorausgegangene Diskussion war ethisch äußerst brisant
gewesen, weil die Zulassung der Spielbanken verknüpft wurde mit
der
Moralität
Kernproblematik
staatlichen
Handelns.
öffentlicher
Viele
Zulassung
und
waren
von
Kontrolle
der
von
Glücksspiel in NRW bewegt.
Sie drückte sich zugespitzt in der ethisch-moralischen Fragestellung
aus, ob der Staat sich am Glücksspiel der Bürger bereichern dürfe?
Die Zulassung der Spielbanken mit dieser dünnen Mehrheit kam
1974 zweifellos nur deshalb zustande, weil schließlich die
Errichtung der gemeinnützigen Stiftung des Landes NordrheinWestfalen für Wohlfahrtspflege in das Gesetz mit aufgenommen
worden war.
III.
Der CDU-Abgeordnete Peter Giesen, dem ich vor drei Wochen
noch zum 95. Geburtstag gratuliert habe, führte damals im ersten
Stiftungsrat 1976 auch die Wahl der Vorsitzenden durch. Doris
Altewischer, Abgeordnete aus Dortmund, besetzte diese Funktion
zum ersten Mal.
Die
Aufgabe
des
Stiftungsrates
bestand
zunächst
grundsätzliche Orientierung für die Projektförderung zu finden.
darin,
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Zwei große Bereiche galt es im Sinne der neuen Stiftung zu
strukturieren: die Altenarbeit und die Arbeit mit und zugunsten von
Menschen mit Behinderung.
Die
verfügbaren
Einnahmen
der
ersten
Jahre
flossen
im
Schwerpunkt in Investitionsmaßnahmen.
So wurden der Bau, der Umbau sowie die Modernisierung von
Altenzentren, Altenheimen, Altentagesstätten gefördert. Es wurden
Gebäude
für
Behindertenwohnheime
Sonderkindergärten,
und
sogar
Frühförderstellen,
Behindertenwerkstätten
unterstützt. Auch Projekte des Alten- und Behindertensports, also
Tunhallen,
Bewegungsbäder
und
Therapieräume,
konnten
Fördermittel der Stiftung erhalten.
Wenn wir uns heute im Rückblick ansehen, wie der erste
Stiftungsrat die sehr offene Aufgabe der Selbstdefinition der Stiftung
Wohlfahrtspflege gemeistert hat, so kann man das Vorgehen der
Frauen
und
Männer
dieser
ersten
Zeit
als
„konstruktiven
in
der
Pragmatismus“ bezeichnen.
Parteiprogrammatische
Vorgaben
hatten
Stiftung
offensichtlich keine Chance. Erst recht nicht politische Ideologien.
Der Einzelfall des beantragten Projektes stand im Vordergrund der
Aufmerksamkeit, seine fachliche Gewichtung und seine Bedeutung
für die Zielgruppe, der es Nutzen bringen sollte.
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Manch einer wird kritisch anmerken: „Die haben damals selbst nicht
so genau gewusst, wie Stiftung geht!“
Mag sein. Ich halte es aber vielmehr für eine Stärke der damals
Beteiligten, offen zu sein und Spielräume zu nutzen, die gleichsam
Kreativität
sowohl
der
Projekte
als
auch
der
Stiftungsratsentscheidungen zuließen.
Diese frühe Grundeinstellung ist zum Glücksfall für die Stiftung
geworden. Der erste Stiftungsrat legte den Grundstein für den die
Stiftung heute immer noch tragenden Konsens der Mitwirkenden in
der Stiftung.
IV.
Verehrte Gäste, die Stiftung Wohlfahrtspflege hat sich seit Ihrer
Gründung immer als „Parlamentsstiftung“ verstanden. Auch wenn
das de jure nicht zutrifft, so lag und liegt dieses Selbstverständnis
immer
daran,
dass
die
Hälfte
der
Stiftungsratsmitglieder
Landtagsabgeordnete sind, die Vorsitzenden sowieso.
Immer
waren
und
sind
es
ausgewiesene
und
anerkannte
Sozialpolitiker: Doris Altewischer habe ich schon genannt. Ihr
folgten als Vorsitzende Fritz Wirtz, Uli Schmidt, Wolfram Kuschke,
Horst Vöge, Ursula Monheim, Karl-Josef Laumann und schließlich
aktuell Günter Garbrecht.
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V.
Im Laufe der Zeit sind die Mittel der Stiftung gestiegen und die
Aufgabenpalette hat sich vergrößert. Bislang hat die Stiftung rund
800 Millionen Euro ausgeschüttet, die rund 5.800 Vorhaben zugute
gekommen sind.
Ich will nur einen Bruchteil nennen:
 Alten- und Behindertensport,
 die Verbesserung der Betreuung demenziell erkrankter
Menschen,
 die
Förderung
der
Selbständigkeit
des
Wohnens
von
Menschen mit Behinderung,
 die
Unterstützung
zukunftsweisender
Ansätze
in
der
Betreuung von Menschen mit Autismus,
 Frühförderung von Kindern,
 Früherkennung in der Kinderneurologie,
 Weiterentwicklung der Palliativpflege.
Und nicht zuletzt: Was wäre NRW ohne die Hospiz-Förderung der
Stiftung Wohlfahrtspflege? Ein unvorstellbarer Gedanke.
Mein Fazit lautet:
In der Stiftungslandschaft ist die Stiftung Wohlfahrtspflege NRW
eine Besonderheit und einmalig in Deutschland.
200. Stiftungsratssitzung in 42 Jahren Stiftung Wohlfahrtspflege –
ich kann nur sagen:
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Gäbe es die Stiftung Wohlfahrtspflege nicht, wir müssten sie noch
heute erfinden.
VI.
Verehrte
Gäste,
der
langjährige
geschäftsführende
Stiftungsvorstand Helmut König hat die Stiftung Wohlfahrtspflege in
ihrer Anfangsphase einmal charakterisiert als ein „Pflänzchen, das
im Verborgenen blüht“.
Was bis 1979 sicher noch ein Pflänzchen im Verborgenen war,
brauchte sich später nicht länger verbergen und konnte dann von
Jahr zu Jahr nicht länger im Verborgenen bleiben. So groß und
wichtig war die Arbeit der Stiftung geworden.
Und deshalb wünsche ich Ihnen, die Sie sich in und für die Stiftung
Wohlfahrtspflege engagieren, für die kommenden 200 Sitzungen
weiterhin Freude bei Ihrer segensreichen Arbeit zum Wohle ganz
vieler Menschen in NRW, die Hilfe bedürfen.
Herzlichen Dank dafür.