Artikel aus der Aargauer Zeitung vom 29. August 2016

LENZBURG-SEETAL 21
AARGAUER ZEITUNG
MONTAG, 29. AUGUST 2016
Einweggrills richten grossen Schaden an
Hallwilersee Gemeindemitarbeiter leisten an Wochenenden Sonderschichten, um Seebäder sauber zu halten
VON SIBYLLE HALTINER (TEXT UND FOTOS)
Am Samstagmorgen um sieben Uhr ist
es noch ruhig am Hallwilersee, Nebelfetzen hängen über dem Wasser, eine bezaubernde Idylle. Ein paar Hundehalter
und Jogger sind unterwegs, einige frühe
Schwimmer haben bereits das kühle
Nass genossen. Doch einer ist zum Arbeiten an den Strand gekommen: Bruno
Siegrist vom Gemeindewerk Seengen. Er
hat Wochenenddienst und besucht die
fünf Badeplätze zweimal täglich, um die
Kübel zu leeren, Abfall aufzulesen und
die Toiletten zu putzen.
Gemeinden arbeiten zusammen
«Die Saison ist schon fast vorbei. Am
meisten zu tun haben wir vor den Sommerferien», berichtet Siegrist. Obwohl
überall Kehrichteimer stehen, auch Kübel für Glas, PET und Alu, wird längst
nicht aller Abfall richtig entsorgt. Um
das Naherholungsgebiet und die Badeplätze sauber und attraktiv zu halten,
schieben Bruno Siegrist und seine Kollegen von Frühling bis Herbst Wochenenddienst. Man hat sich mit Meisterschwanden zusammengetan, so kommt
jeder Mitarbeiter etwa alle fünf Wochen
zum Sondereinsatz.
Arbeitsbeginn fünf Uhr früh
In der Hochsaison beginnt Bruno Siegrist seine Samstagstour bereits um fünf
Uhr morgens, gegen Ende der Saison
fängt er ein bisschen später an. Im Frauenbad putzt er auch die Toiletten und
kontrolliert die Umkleideräume. Ein Kinderbadekleid liegt auf dem Holzrost. «Solche Sachen lassen wir einen bis zwei Tage
hier und schauen, ob sie abgeholt werden. Ansonsten werden sie entsorgt», erzählt Siegrist.
Mit dem Laubbläser befreit Bruno Siegrist frühmorgens den Steg von den Blättern, die der Wind hier deponiert hat.
«Solche Sachen lassen wir einen bis zwei Tage hier und
schauen, ob sie abgeholt werden. Ansonsten werden sie
entsorgt.»
Sorge bereiten den Gemeindemitarbeitern auch die Einweggrills. Nicht nur,
wenn sie nicht korrekt entsorgt werden,
sondern auch, weil sie oft Löcher ins Gras
brennen. «Sogar auf den Holzdielen im
Frauen- und Männerbad wurden sie schon
angezündet und haben dort irreparable
Schäden angerichtet», berichtet Siegrist.
Bruno Siegrist
Mitarbeiter Gemeindewerk Seengen
Im Männerbad fanden am Freitagabend anscheinend einige Partys statt.
Neben der Feuerstelle liegen Dosen, eine
volle ging bei der Kühlung im See vergessen. Bruno Siegrist sammelt die Abfälle
mit seiner Greifzange ein. Noch wilder
ging es wohl im Badehäuschen zu und
her, sogar eine Holzdiele wurde herausgeschlagen. Siegrist deckt das Loch provi-
sorisch mit einem Brett ab, nächste Woche wird er eine neue Latte einsetzen.
Löcher im Gras und in Holzdielen
Reden miteinander
Viele Seebesucher verhalten sich allerdings vorbildlich und entsorgen auch den
Abfall in den aufgestellten Kübeln. Doch
was soll man tun, wenn man Leute beobachtet, die ihre Hinterlassenschaften
nicht wegräumen? «Am besten ist es,
man spricht sie direkt darauf an», rät
Siegrist. «Das ist effizienter, als die Polizei
oder die Ranger zu rufen.»
400
Kilogramm Abfall kommen
an schönen Sommerwochenenden in den Seebädern und
Picknickstellen von Seengen
und Meisterschwanden etwa
zusammen. Die Gemeindearbeiter sammeln den Müll ein
und trennen ihn auch. Glas,
PET und Alu werden separat
entsorgt.
Weitere Fotos unter www.aargauerzeitung.ch
Einweggrills brennen richtige Löcher ins
Gras – oder beschädigen Holzdielen.
Am Wochenende bleibt viel Dreck am
Hallwilersee liegen.
AZ, 29.08.16
«In der Schweiz kann man mit
den Behörden reden»
Lenzburg Zum zweiten Mal
innert 10 Tagen besuchte Regierungsrat Urs Hofmann einen Betrieb im Bezirk: Nach
den Hauri-Kiesgruben war die
Reihe diesmal an der Messer
Schweiz AG, der «Suurstoffi».
VON FRITZ THUT
Regierungsrat Urs Hofmann lässt sich von Messer-Schweiz-Geschäftsführer Hans
ALEX SPICHALE
Michael Kellner den Betrieb zeigen.
Die Anlagen und Gebäude des Industriegase-Spezialisten liegen an der Seonerstrasse in Lenzburg; durch Bäume
weitgehend von der Kantonsstrasse abgeschirmt. Zusammen mit einigen
Chefbeamten wollte sich Volkswirtschaftsminister Hofmann vor Ort ein
Bild der Firma machen.
Seit 105 Jahren wird hier der für das
damals neu aufgekommene Metallschweissen benötigte Sauerstoff produziert. Die im Volksmund «Suurstoffi»
genannte Fabrik, wurde vor elf Jahren
in die Messer Schweiz AG umbenannt.
Nun die Tochterfirma einer deutschen
Holding, produziert Messer Schweiz AG
heute bei weitem nicht mehr nur industriell nutzbaren Sauerstoff, sondern
eine ganze Palette von rund 700 verschiedenen Spezialgasen. «Nahezu
überall in der Industrie werden Gase
von uns verwendet», so Hans Michael
Kellner, der Geschäftsführer der Messer
Schweiz AG. Als besonders anschauliches Beispiel für die Omnipräsenz von
Gasen im täglichen Leben erwähnt Kellner, die Cellophanhüllen des Grossverteiler-Salats, die mit Stickstoff gefüllt
sind, um vorzeitiges Verderben des
Grünzeugs zu verhindern.
Hofmann wollte als Erstes wissen,
wie es um die Sicherheit steht: «Sind
Sie sicher, dass die Fabrik hier nicht in
die Luft fliegen kann?» Kellner konnte
den Regierungsrat und damit die Öffentlichkeit beruhigen: «Die Gasindustrie ist viel sicherer als alle andere Industriesparten.» Die oft gehörte Frage
basiert auf einer Ungewissheit: Gase
sieht und schmeckt man meist nicht.
Unsicherheit durch Unsichtbarkeit.
Ausbau ist geplant
So sah die Gruppe um Hofmann auf
dem anschliessenden Betriebsrund-
gang Gas nur indirekt – in teilweise riesigen Stahlflaschen. «Ich bin sehr beeindruckt, dass hier die ganze Produktionskette vorhanden ist», so Hofmann,
«und dass dies so bleiben soll.» Die
Messer Schweiz AG will in Lenzburg
bleiben und aktuell sind sogar weitere
Ausbauschritte für total rund drei Millionen Franken vorgesehen. Eine neue
Produktionshalle für den stetig wichtiger werdenden Bereich «Homecare» ist
kurz vor der Vollendung. Ein neues Bürogebäude soll bald folgen.
Beim Gedankenaustausch mit den
Behördenvertretern gab CEO Kellner
seinem Unmut über immer mehr Auflagen Ausdruck: Bei einer Gasrückgewinnungsanlage würden die Anlagenkosten von 870 000 Franken wegen Auflagen mehr als verdoppelt.
Doch der Deutsche an der MesserSpitze sieht hier einen Unterschied zu
andern Regionen der Gesamtfirma: «In
der Schweiz kann man mit den Behörden reden.» Dies bestätigte auch der
Lenzburger Stadtammann Daniel Mosimann: «Beim Arealumbau wollen wir
Hand bieten, um gemeinsam die beste
Lösung zu finden.»