Zehn Millionen für Roma Die Berner Gemeinde Meinisberg wehrt sich gegen einen Standplatz für Fahrende auf ihrem Territorium. Dass die Bevölkerung schlecht auf herumziehende Ausländer zu sprechen ist, erstaunt nicht: Diese geniessen Sonderrechte und halten sich kaum je an Abmachungen. Von Alex Reichmuth und Schmutz, dazu Angst um die eigene Sicherheit.» Die Befürchtungen sind nicht aus der Luft gegriffen. Ein Teil der ausländischen Fahrenden, insbesondere Roma-Clans, sorgt, wo immer er sich niederlässt, regelmässig für Ärger bei der ansässigen Bevölkerung. Die ausländischen Fahrenden benutzen keine Toiletten und hinterlassen überall Fäkalien. Viele von ihnen respektieren keine Abmachungen und fallen durch Lärm auf, auch mitten in der Nacht. Zudem sind sie für ihr mitunter bedrohliches Auftreten berüchtigt. Auch von Diebstählen ist immer wieder die Rede. «Wir kennen diese Leute», sagt Boulhaut. «Sie kommen schon heute regelmässig bei uns vorbei, um zu hausieren. Sie sind aufdringlich und aggressiv.» Weder Gewerbepolizei noch Suva «Wir kennen diese Leute». Die Organisatoren des «Wehrt-euch!»-Festes in Meinisberg im Berner Seeland vom letzten Sonntag setzten auf Symbolik. Sie stellten einen überdimensionalen Hut auf. «Wir Seeländer grüssen den Gesslerhut nicht», verkündeten Referenten dann vor mehreren hundert Teilnehmern, die sich zur Kundgebung gegen den geplanten Standplatz für ausländische Fahrende eingefunden hatten. So wie einst Wilhelm Tell gegen den herrischen Vogt Gessler sollten sich die Bewohner gegen das Diktat aus Bern wehren. So viel Militanz ist ungewöhnlich im sonst friedlichen Berner Seeland. Doch auch der Gemeinderat von Meinisberg kämpft gegen einen Standplatz, seit der Kanton entsprechende Pläne präsentiert hat. Und Behördenvertreter umliegender Gemeinden haben an der Protestveranstaltung ihre Solidarität mit dem 1300-Seelen-Dorf bekundet. Angst um die Sicherheit Für die Demonstranten gibt es kaum einen Ort, der ungeeigneter ist für einen Standplatz als die Wiese bei der Autobahn A5. Der Platz, der für bis zu 200 Fahrende vorgesehen ist, würde in einer archäologischen Schutzzone gebaut. Vor der Inbetriebnahme wären darum umfangreiche Sicherungsgrabungen nötig. Auch läge der Platz hinter dem Kugelfang einer Schiessanlage. Vom Bau einer vierzig Meter langen 44 Mauer ist die Rede, um die entsprechenden Gefahren zu begrenzen. Auch ist der vorgesehene Ort heute bestes Landwirtschaftsland und grenzt an eine Natur- und Gewässerschutzzone. Als «klar rechtswidrig» bezeichnet der parteilose Christian Sahli, Vize-Gemeindepräsident von Meinisberg, die Baupläne des Kantons. Die Opposition gegen den Standplatz fiele wohl verhaltener aus, wenn dieser nicht explizit für ausländische Fahrende vorgesehen wäre. Im Gegensatz dazu stehen fast alle anderen Plätze inländischen Jenischen offen, oft sogar ausschliesslich. Diese haben einen roten Pass, sind als ethnische Minderheit anerkannt und verfassungsmässig vor Diskriminierung geschützt. Die Schweiz hat sich aber im Rahmen eines europäischen Abkommens verpflichtet, auch für durchreisende Fahrende aus dem Ausland Standplätze bereitzustellen. Der Platz in Meinisberg wäre schweizweit erst der dritte, der für Ausländer vorgesehen ist. «Wenn der Platz kommt, verkaufen wir unser Haus und ziehen weg», sagt Daniel Boulhaut. Er ist einer der beiden direkten Anwohner des Terrains. Boulhaut droht, den Kanton haftbar zu machen, sollte er mit Verlust verkaufen müssen. Er und seine Familie fürchten, dass sich ihre Lebensqualität mit den neuen Nachbarn drastisch verschlechtern würde: «Lärm zu allen Tages- und Nachtzeiten, überall Dreck Erfahrungen, die die Einwohner mehrerer Seeländer Gemeinden in diesem Sommer gemacht haben, scheinen Boulhaut recht zu geben. Eine Gruppe von Roma aus Frankreich liess sich hintereinander an mehreren Orten nieder. Fast überall führten ihr Auftreten und ihre Hinterlassenschaft zu Wut bei den Anwohnern. Aus Sicht des zuständigen Regierungsrats Christoph Neuhaus (SVP) sind aber gerade solche Vorkommnisse ein Argument für den Bau des Standplatzes in Meinisberg. Denn nur mit einem offiziellen Angebot liessen sich wilde Camps verhindern. Die Berner Regierung will darum tief in die ziemlich leeren Kassen des Kantons greifen: Fast zehn Millionen Franken soll der neue Platz kosten. Ein offizieller Standplatz könnte aber auch zu einem Magneten werden und noch mehr ausländische Fahrende ins Seeland locken. Der Platz wäre dann schnell besetzt, was möglicherweise zu noch mehr wilden Camps in der Umgebung führte. Die sesshafte Bevölkerung stört sich aber nicht nur an Belästigungen, sondern an faktischen Sonderrechten, die ausländische Fahrende besitzen. Diese verdienen sich ihren Lebensunterhalt meist mit kleingewerblichen Tätigkeiten wie Fassadenreinigung, Ablaugearbeiten oder Altmetallhandel und konkurrenzieren dabei nicht selten lokale Anbieter. Im Gegensatz zu diesen übertreten durchreisende Fahrende aber folgenlos Gewässerschutzbestimmungen und Naturschutzgesetze. Sie können Sicherheitsbestimmungen missachten und sich Mehrwertsteuerzahlungen sparen. Denn bei ihnen schaut kaum je die g Gewerbepolizei oder die Suva vorbei. Weltwoche Nr. 34.16 Bild: Anne-Camille Vaucher
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