AWO|INKLUSIV – Praxisbeispiele für eine inklusivere Gesellschaft Mitten im Leben und Teil der Gesellschaft Die Offenen Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene mit Behinderung der AWO in Kulmbach Die Idee Genauso wie andere Jugendliche wünschen sich auch viele Jugendliche mit Behinderung ein eigenes Leben und einen eigenen Freundes- und Bekanntenkreis jenseits der Familie. Die Offene Behindertenarbeit (OBA) der AWO in Kulmbach hat ihre Angebote besonders auf diese Bedürfnisse ausgerichtet. Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Behinderung wird über das Programm der OBA die Möglichkeit geboten, außerhalb der Familie aber trotzdem in einem sicheren und unterstützenden Rahmen aktiv zu sein und Erfahrungen zu sammeln. »Die brauchen genauso ihren Freundeskreis wie alle anderen auch. (…) Das Leben findet doch nicht zuhause statt!« Die Mutter eines Jugendlichen mit Behinderung im Interview OBA in der Praxis Die Angebote der Offenen Behindertenarbeit sind darauf angelegt, Menschen mit Behinderung den Zugang zu den unterschiedlichsten Bereichen des sozialen und kulturellen Lebens zu ermöglichen. Die Teilnehmer werden dabei von Mitarbeitenden mit pädagogischer Ausbildung und Menschen ohne Behinderung begleitet. Wichtiger als die jeweiligen Rollen als Unterstützender oder Unterstützter ist dabei das gemeinsame Erleben und Gestalten der zusammen verbrachten Zeit. Die OBA-Dienste stellen entsprechend der Interessen und Bedürfnisse der Teilnehmenden Programme zusammen, an denen alle Interessierten im Einzugsbereich teilnehmen können. Die OBA der AWO in Kulmbach hat sich dabei auf die Gruppe der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Behinderung spezialisiert. Der Schwerpunkt des Angebots für die Jugendlichen liegt auf alterstypischen Aktivitäten wie Ausflüge in Schwimmbäder, Kinobesuche, Bowlingabende oder gemeinsame Abende in Lokalen mit einem jungen Publikum. Innerhalb des Teilnehmendenkreises haben sich im Laufe der Zeit viele Freundschaften entwickelt. Einige der Jugendlichen kennen sich auch schon aus der Schule oder Ausbildung. Entsprechend bilden die OBA-Gruppen bei den gemeinsamen Aktivitäten nicht nur eine Zufallsgemeinschaft, sondern eine Clique von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit ähnlichen Alltagserfahrungen, die sich entsprechend gut in die Situation des jeweils anderen einfühlen können und sich daher auch viel zu erzählen haben. Die Themen sind dabei dieselben wie in anderen Gruppen von Jugendlichen: es geht um Fußball, Smartphone-Apps und die aktuellen Erlebnisse in Schule und Ausbildung. 1 »Ich treffe meine eigenen Entscheidungen (…) – ich gehe mit Freunden weg wie jeder andere auch. So nehmen die Teilnehmer die Angebote wahr.« Manuela Maisel, OBA AWO Kulmbach Die OBA in Kulmbach als Beispiel inklusiver Praxis Der Wunsch, sich zumindest teilweise von der eigenen Familie abzunabeln, ist eine natürliche Begleiterscheinung des Übergangs vom Kindesalter in ein Leben als Jugendlicher und junger Erwachsener. Das gilt für Menschen mit einer Behinderung genauso wie für Menschen ohne Behinderung. Allerdings sind Jugendliche mit Behinderung in dieser Entwicklungsphase auch bei der Verselbständigung auf Unterstützung durch andere angewiesen. Die Mitarbeitenden in der Offenen Behindertenarbeit in Kulmbach versuchen mit ihrem Programm, diesen Spagat praktisch möglich zu machen. Die Angebote stellen einen Rahmen dar, in dem die Jugendlichen mit der Unterstützung ihrer Betreuer normale altersentsprechende Aktivitäten erleben können. Wenn sie die nötige Sicherheit erworben haben, trauen sich manche der Jugendlichen dann auch gemeinsame Aktivitäten ohne einen Betreuer zu. Aber auch für die anderen bildet das OBA-Angebot einen Lebensbereich, den sie anders erleben als das Leben in der Familie oder in institutionellen Betreuungseinrichtungen. Über die Angebote der OBA können die Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Behinderung Erfahrungen sammeln und einen eigenständigen Lebensbereich pflegen, was häufig auch mit einem Zuwachs an Selbstvertrauen und Selbstständigkeit verbunden ist. Auf der anderen Seite leisten die Aktivitäten der Jugendlichen aber auch einen Beitrag zu einem veränderten Bild von Behinderung in der Öffentlichkeit: Sie machen deutlich, dass ein Leben mit Behinderung nicht mit Passivität und Ausschluss aus dem gesellschaftlichen Leben einhergehen muss sondern aktiv und unterhaltsam gestalten werden und dabei schlicht Spaß machen kann. »Ohne Mama, Papa, Bruder – er unternimmt etwas. Und das macht er auch total gerne, das ist das Schöne.« Die Mutter eines Jugendlichen mit Behinderung im Interview Weiter gedacht Die Angebote der Offenen Behindertenarbeit in Kulmbach ermöglichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Behinderung den Zugang zu vielen Bereichen des öffentlichen Lebens. Für die Teilnehmenden ist das mittlerweile zur Normalität geworden. Für diejenigen, die ihnen dabei begegnen, allerdings oft immer noch nicht. Deutlich wird das nicht zuletzt daran, dass viele Menschen nach wie vor die Straßenseite wechseln, wenn sie einer Gruppe von Menschen mit Behinderung begegnen. Der Grund dafür ist in den allermeisten Fällen keine grundsätzlich Ablehnung von Menschen mit Behinderung, sondern Unsicherheit und mangelnde Erfahrung im Umgang mit ihnen. Dieser Umgang kann in den unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft nur dann zu einer Selbstverständlichkeit werden, wenn es noch stärker als bisher selbstverständlich wird, dass Menschen mit Behinderung Teil des öffentlichen Lebens sind und denselben Aktivitäten nachgehen wie alle anderen. Auch in einer offenen Gesellschaft wie der unseren ist das Zusammenleben mit Menschen mit Behinderung noch in vielen Bereichen alles andere als „normal“. Dabei könnte diese Normalität die Erfahrungswelt für alle Beteiligten erweitern und auf diese Weise das Leben für alle noch reicher und bunter machen. 2 Kontakt Familienentlastender Dienst / Offene Behindertenarbeit Kulmbach Manuela Maisel Telefon: 09221 / 65669 Hannes-Strehly-Str. 1 95326 Kulmbach E-Mail: [email protected] AWO Kreisverband Kulmbach e.V. www.awo-kulmbach.de 3
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