Pressedienst _______________________________________ 24. August 2016 Stadtmuseum bietet Einblicke in Naegelis Schaffenswelt Es werden nicht nur die Werke des internationalen Künstlers präsentiert, sondern auch seine Arbeitsstätte Der Künstler Harald Naegeli gilt international als Vorläufer der Street Art: Nun widmet sich die Ausstellung "Harald Naegeli Der Prozess" im Stadtmuseum Düsseldorf vom 26. August 2016 bis zum 1. Januar 2017 Harald Naegelis Schaffensprozess von seinem Frühwerk bis heute. Erstmals zeigt ein Museum sein umfangreiches Werk in der Stadt, in der er seit 1984 im Exil lebt. Das Atelier des Künstlers wurde für die Ausstellung eigens ins Museum übertragen und wird von ihm während der Ausstellung genutzt. Der Prozess seiner SprayZeichnungen kann an Hand seiner Performance an verschiedenen Orten im Museum live miterlebt werden. Die Ausstellung beschreibt auch seine Gerichtsprozesse und seine Verhaftung und dokumentiert sie mit zahlreichen Polizeifotos. Der Künstler Der Künstler Harald Naegeli ist international der Pionier der Street Art. Durch seine gesprayten Zeichnungen auf Mauern in Zürich, Düsseldorf, Köln oder Venedig wurde er weltberühmt. Dazu haben natürlich auch der Prozess und seine Gefängnisstrafe 1979 in der Schweiz und die internationale Solidarität durch Künstler wie Chillida, Tapiès, Beuys und Böll sowie Politiker wie Willy Brandt beigetragen. Aber Harald Naegeli, der seit 1984 im Exil in Düsseldorf lebt, ist nicht bloß auf den Sprayer festzulegen. Die Ausstellung im Stadtmuseum zeigt ihn auch von seiner zeichnerischen Seite und verlegt sogar sein Atelier mitten in diese öffentliche Ausstellung. In den Federzeichnungen seiner unendlichen "Wolkenbilder" hat Naegeli einen Gegenpol gefunden: Statt extrem schneller Zeichnung aus der Bewegung und in großer Dimension, eine meditative Übung der Langsamkeit. In seinen Improvisationen, Papierarbeiten mit Tusche und Kohle, entwickelt Naegeli seine eigene Formensprache, die auch in seinen Graffiti wiederzuerkennen ist. :DÜSSELDORF 8959_203 Stadtmuseum bietet Einblicke in Naegelis Schaffenswelt Seite 2 Der Prozess "Der Angeklagte hat es verstanden, über Jahre hinweg die Einwohner von Zürich zu verunsichern und ihren Glauben an die Unverletzlichkeit des Eigentums zu erschüttern" - am 19. Juni 1981 verurteilte die II. Strafkammer des Obergerichts im Kanton Zürich Harald Naegeli wegen fortgesetzter Sachbeschädigung an 192 öffentlichen und privaten Gebäuden zu neun Monaten Haft ohne Bewährung. Im Juni 1979 bei der ersten Festnahme wurde das Phantom "Sprayer von Zürich" enttarnt. In erster Instanz vom Bezirksgericht noch zu sechs Monaten verurteilt, reiste Naegeli nach Deutschland aus. In Stuttgart wurde er 1981 beim wilden Sprayen erneut festgenommen und musste eine Nacht im Stammheimer Gefängnis verbringen. Infolge seiner fortgesetzten Sprayaktionen erhöhte die Berufungsinstanz die Strafe auf neun Monate ohne Bewährung und eine Geldstrafe von über 100.000 Franken. Naegeli entzog sich vorerst der Strafe. 1982 erging ein internationaler Haftbefehl. Im April 1984 stellte sich Naegeli freiwillig. Er saß vier Monate im Hochsicherheitstrakt in Winterthur ab, dann im offenen Vollzug. Danach taucht er in Düsseldorf unter. Mit der Restaurierung der "Undine" an einem Gebäude der Universität Zürich rehabilitierte der Kanton Zürich 2004 den international anerkannten Künstler. Der Stadtspaziergang Die Künstler erobern die Stadt zurück: Die City wird heute von Architektur, Straßen, Verkehrszeichen und Werbung kommerziell dominiert. Mit Street Art haben die Künstler ihre Ateliers verlassen und bringen ihre Kunst auf Mauern und Betonwände auf. Harald Naegeli begann 1977 als ein Pionier der Street Art aus Protest gegen die Beton-Welt nachts heimlich mit der Spraydose auf Mauern in Zürich zu sprayen. Vor einem Prozess floh er zunächst nach Düsseldorf. Dort fand er in Joseph Beuys einen wichtigen Unterstützer. Auch in Düsseldorf und anderswo setzte Naegeli seine Arbeit im öffentlichen Raum fort und wurde für die ganze Szene zum Vorbild. Fotografien von Wolfgang Spiller dokumentieren über Jahre die Aktivitäten der sekundenschnellen, "nachtblinden" Zeichnungen im Stadtgebiet. Sie sind nicht signiert, also anonym. Im Stadtraum selber sind sie bereits vielfach übermalt und verschwunden. Passanten und Autofahrer nehmen sie, wenn überhaupt, sekundenschnell und aus der Bewegung heraus wahr. Durch die Fotos werden :DÜSSELDORF 8959_203 Stadtmuseum bietet Einblicke in Naegelis Schaffenswelt Seite 3 sie jetzt ins Museum und zur ausgiebigen Betrachtung geholt. Die Wolkenbilder Wenn sich Harald Naegeli gern als wiedergeborener frühgeschichtlicher Höhlenmaler sieht, bezieht er sich auf die oft archaisch anmutenden Figuren seiner Street Art. Aus dem Sprayen entwickelte er als eine eigene Gegenwelt seine Utopie der Urwolke. Von den schnellen Sprayzeichnungen fand er 1990 für sich zu extremer Langsamkeit. Mit unzählbaren kleinen Punkten, Kringeln und Strichen entsteht seit vielen Jahren eine "endlose Zeichnung", die er "Urwolke" nennt. Das Ganze wird nie abgeschlossen und so auch nur in Teilen sichtbar sein. Mehrere hundert Teilstücke aus Papierbögen (jeweils immer 108 x 75 und 100 x 70 Zentimeter) erklären lediglich die Konzeption, die Harald Naegeli als eine "Utopie einer unendlichen Ausdehnung bei sich ständig intensivierender Dynamik" benennt. Der individuelle Ausdruck ordnet sich dem Gleichgewicht von Bewegung und Raum unter. Für den Künstler ist die Urwolke ein lebenslanger Zyklus von "Nachdenken, Sinnen und vor allem der Anschauung". Für den Betrachter eröffnet sie einen spannenden Einblick in die Innenwelt des Künstlers und gleichzeitig einen Ausblick in den Kosmos. Das Atelier Viele Künstler kostet es immer wieder große Überwindung, die geschätzte Intimität des Ateliers zu verlassen und sich beim Schaffensprozess "wie im Zoo" über die Schulter schauen zu lassen. Harald Naegeli, der im Verlauf dieser Ausstellung 77 Jahre alt wird, hat sich dazu bewegen lassen, sein Atelier in diese öffentliche Ausstellung zu verlegen und dort auch zu arbeiten. Er bringt dazu die nötige Gelassenheit mit. Seine abstrahierten Sprayzeichnungen von Menschen und Tieren entstanden im öffentlichen Raum. Der anonyme "Sprayer von Zürich" arbeitete illegal. Nachdem er ertappt worden war, machte der Kanton Zürich ihm wegen fortgesetzter Sachbeschädigung den Prozess. Heute ist er in der Sprayerszene und in der internationalen Kunstwelt eine Berühmtheit. In der Öffentlichkeit bekannt und geschätzt, setzt er sich nun auch als Künstlerperson dem öffentlichen Interesse aus. Aus dem Atelier stammen viele Zeichnungen und Drucke, in denen seine Liebe zur Natur - zur Landschaft und den Menschen - sichtbar wird. :DÜSSELDORF 8959_203 Stadtmuseum bietet Einblicke in Naegelis Schaffenswelt Seite 4 Die Entwicklung Harald Naegeli, am 4. Dezember 1939 als Sohn eines Schweizer Psychiaters und einer norwegischen Künstlerin in Zürich geboren, hat schon als Kind zusammen mit seinem Bruder gezeichnet. Von 1956 bis 1960 besuchte er die Züricher Kunstgewerbeschule. In dieser Zeit unternahm er tägliche Streifzüge durch die Natur, es entstanden so Skizzenbücher mit 30.000 Zeichnungen von Menschen, Tieren und Natur. Besonders interessierten ihn die Grafiken von Albrecht Dürer und Altdorfer. 1964 ging er nach Paris an die École des Beaux Arts. Noch mehr studierte er im Louvre, im Cabinet des Dessins, die Zeichnungen alter Meister. Zurück in Zürich entstanden dann zahlreiche Collagen, mit denen er bereits sehr bekannt wurde. Der Dadaist Kurt Schwitters war dabei sein großes Vorbild. In Paris begann 1963 Gérard Zlotykamien Strichfiguren auf Wände zu malen, als seine Auseinandersetzung mit den Hiroshima-Toten und dem Holocaust. 1965 erschien das Buch "Von der Unwirtlichkeit unserer Städte" von Alexander Mitscherlich. 1977 begann Naegeli seine illegalen Sprayaktionen in Zürich, noch vor Keith Haring in den 1980er Jahren in New York. Naegelis Naturnähe mündet so in einen Protest gegen die zunehmende Urbanisierung, ist aber auch anarchischer Widerstand gegen die "heile Welt". Das Heine Haus Die Idee zur Ausstellung "Harald Naegeli Der Prozess" im Stadtmuseum entstand anlässlich des 10-jährigen Bestehens des Heine Hauses. Serlinde Böhm und Rudolf Müller vom Heine Haus verbindet eine 30-jährige Freundschaft mit Harald Naegeli. Er hat bereits mehrfach im Heine Haus ausgestellt. Im Hof befinden sich Werke des Künstlers. Das Haus Bolkerstraße 53 ist das Zentrum für Literatur. Am 17. Februar 2006 wurde Heinrich Heines Geburtshaus nach Kernsanierung und erfolgreichem Umbau zum Literaturhaus, dem "Heine Haus". Die etwa 50 Veranstaltungen pro Jahr werden von Selinde Böhm und Rudolf Müller gemeinsam mit dem Verein zur Förderung des Heinrich-Heine-Geburtshauses inhaltlich verantwortet und organisiert. Das Programm wird vom Kulturamt der Landeshauptstadt unterstützt. :DÜSSELDORF 8959_203 Stadtmuseum bietet Einblicke in Naegelis Schaffenswelt Seite 5 Zu Ihrer redaktionellen Verwendung stellen wir Ihnen folgendes Material zum Download zur Verfügung: Der Künstler Harald Naegeli im Stadtmuseum, ©Landeshauptstadt Düsseldorf/Melanie Zanin https://www2.duesseldorf.de/fileadmin/Amt13/pressebilder/160824naegeli.jpg Textversion: https://www2.duesseldorf.de/fileadmin/Amt13/pld/txt/20160824-203_26.txt Kontakt: Meissner, Valentina [email protected], Telefon +49.211.89-93131 Herausgegeben von der Landeshauptstadt Düsseldorf Amt für Kommunikation Telefon +49. 211. 89 - 93131 Telefax +49. 211. 89 - 94179 Medienkanäle www2.duesseldorf.de/medienportal www.facebook.com/duesseldorf www.twitter.com/duesseldorf www.instagram/duesseldorf www.youtube.com/stadtduesseldorf :DÜSSELDORF 8959_203
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