Drucksache 6/2506 - Freistaat Thüringen

Thüringer Landtag
6. Wahlperiode
Gesetzentwurf
der Landesregierung
Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes
über das Versorgungswerk der Rechtsanwälte
A. Problem und Regelungsbedürfnis
Das Versorgungswerk der Rechtsanwälte praktiziert seit vielen Jahren
bei der Wahl der Vertreterversammlung und des Vorstands das Regionalprinzip, nach dem die jeweilige Wahl getrennt nach Wahlbezirken erfolgt. Dieses Prinzip soll sicherstellen, dass aus jedem Landgerichtsbezirk ein Mitglied in der Vertreterversammlung und im Vorstand vertreten
ist, um lokale Ansprechpartner und insgesamt eine höhere Akzeptanz
in der Rechtsanwaltschaft zu gewährleisten.
Durch Artikel 3 des Thüringer Gesetzes zur Zusammenfassung der Regelungen der Versicherungsaufsicht über die Versorgungswerke der Freien Berufe, die Zusatzversorgungskasse sowie die Feuerwehrkasse vom
13. März 2014 (GVBl. S. 84) wurde unter anderem mit § 4 Abs. 1 Satz 3
des Thüringer Gesetzes über das Versorgungswerk der Rechtsanwälte (ThürRAVG vom 31. Mai 1996 [GVBl. S. 70] in der jeweils geltenden
Fassung) eine Öffnungsklausel implementiert, nach der durch Satzung
bestimmt werden kann, dass aus jedem Landgerichtsbezirk Vertreter gewählt werden. In § 5 Abs. 1 Satz 3 ThürRAVG wurde ergänzend vorgesehen, dass durch Satzung bestimmt werden kann, dass die Vorstandsmitglieder aus jedem Landgerichtsbezirk gewählt werden. Mit dieser
Gesetzesänderung sollte die rechtliche Unsicherheit bei der bisherigen
Verfahrensweise, die Wahlen zur Vertreterversammlung und zum Vorstand lediglich aufgrund von Regelungen in der Geschäfts- und Wahlordnung nach dem Regionalitätsprinzip durchzuführen, beseitigt werden.
Durch Artikel 4 des Thüringer Gesetzes zur Änderung von Rechtsvorschriften im Bereich der Thüringer Justiz vom 8. August 2014 (GVBl.
S. 527) wurde § 4 Abs. 1 ThürRAVG vollständig neu gefasst, ohne dass
die Öffnungsklausel des bisherigen § 4 Abs. 1 Satz 3 ThürRAVG übernommen wurde. Hierbei handelt es sich um ein redaktionelles Versehen. Denn die Regelung sollte gerade nicht abgeschafft werden. Die
Neufassung des § 4 Abs. 1 ThürRAVG sollte ausschließlich der Stärkung der Selbstverwaltung des Versorgungswerks sowie der Klarstellung, dass die Wahl selbst dann ordnungsgemäß ist, wenn zwar weniger
als die im Gesetz oder in der Satzung vorgesehene Mitgliederzahl, mindestens aber neun Mitglieder, gewählt werden, dienen. Absatz 1 wurde
lediglich dem Umstand angepasst, dass die Vertreterversammlung aus
weniger Mitgliedern besteht, als vom Gesetz vorgeschrieben. Durch die
Druck: Thüringer Landtag, 22. August 2016
2506
Drucksache 6/
11.08.2016
Drucksache 6/
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fehlende Beibehaltung der Öffnungsklausel besteht erneut die Rechtsunsicherheit, die mit den Gesetzesänderungen beseitigt werden sollte.
Bei einer Auslegung des Gesetzeswortlauts könnte nunmehr der Schluss
gezogen werden, dass der Gesetzgeber mit dem Verzicht auf die bisherige Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 3 ThürRAVG die Abschaffung des Regionalprinzips für die Vertreterversammlung bezweckt hat. Dies war jedoch nicht der Fall.
Daneben wurde durch Artikel 1 des Thüringer Gesetzes zur Zusammenfassung der Regelungen der Versicherungsaufsicht über die Versorgungswerke der Freien Berufe, die Zusatzversorgungskasse sowie
die Feuerwehrkasse in § 6 des Thüringer Versicherungsaufsichtsgesetzes (ThürVAG vom 13. März 2014 [GVBl. S. 84] in der jeweils geltenden
Fassung) eine Regelung betreffend die Geschäftsleiter geschaffen. Der
nach Artikel 5 Satz 2 des Mantelgesetzes vom 13. März 2014 (GVBl.
S. 84) erst zum 1. Januar 2017 in Kraft tretende § 6 Abs. 4 ThürVAG
bestimmt für den Fall der ausschließlich ehrenamtlichen Besetzung der
Geschäftsleitung einer beaufsichtigten Einrichtung, dass mindestens ein
Mitglied des Geschäftsleitungsorgans die Geschäfte der beaufsichtigten, einer anderen beaufsichtigten oder einer vergleichbaren Einrichtung
hauptberuflich führen muss. Für dieses Mitglied gilt § 6 Abs. 2 ThürVAG
entsprechend. Der hauptamtlich Tätige muss danach zuverlässig und
fachlich geeignet sein. Fachliche Eignung setzt berufliche Qualifikationen, Kenntnisse und Erfahrungen voraus, die eine solide und umsichtige Leitung der beaufsichtigten Einrichtung gewährleisten. Dies erfordert
angemessene theoretische und praktische Kenntnisse in Versicherungsgeschäften und der Vermögensanlage sowie ausreichende Leitungserfahrung. Diese Anforderungen kann nach der Gesetzesbegründung zu
§ 6 Abs. 4 ThürVAG auch der Geschäftsführer des Versorgungswerks erfüllen, welcher das Tagesgeschäft leitet, ohne bisher selbst Mitglied des
Geschäftsleitungsorgans zu sein. Soweit aufgrund dieser Bestimmung
jedoch der Geschäftsführer neben der Wahl der übrigen Vorstandsmitglieder zum weiteren Vorstandsmitglied ernannt wird, kann an dem bisher
praktizierten Regionalprinzip aufgrund der Sitzverteilung in Anlehnung
an das d'hondtsche Verfahren nicht mehr festgehalten werden. Anstatt
der bisher im Gesetz vorgeschriebenen Mitgliederzahl von fünf würde
der Vorstand aus mindestens sechs Mitgliedern bestehen.
B. Lösung
Um die bestehende Rechtsunsicherheit zu beseitigen, soll durch den Erlass eines Änderungsgesetzes eine entsprechende Klarstellung im Thüringer Gesetz über das Versorgungswerk der Rechtsanwälte erfolgen,
dass für die Wahlen der Vertreterversammlung in der Satzung das Regionalprinzip bestimmt werden kann.
Mit der Einführung einer bloßen Mindestmitgliederzahl wird dem Versorgungswerk der Rechtsanwälte die Möglichkeit eröffnet, die Mitgliederzahl im Vorstand auf über fünf zu erhöhen und den Erfordernissen
des § 6 Abs. 4 ThürVAG unter Beibehaltung des bisherigen Wahlverfahrens zu entsprechen.
C. Alternativen
keine
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D. Kosten
keine
E. Zuständigkeit
Federführend ist das Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz.
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FREISTAAT THÜRINGEN
DER MINISTERPRÄSIDENT
An den
Präsidenten des Thüringer Landtags
Herrn Christian Carius
Jürgen-Fuchs-Straße 1
99096 Erfurt
Erfurt, den 10. August 2016
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit überreiche ich den von der Landesregierung beschlossenen
Entwurf des
"Ersten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Gesetzes über das
Versorgungswerk der Rechtsanwälte"
mit der Bitte um Beratung durch den Landtag in den Plenarsitzungen
am 30. August/1./2. September 2016.
Mit freundlichen Grüßen
Bodo Ramelow
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Erstes Gesetz
zur Änderung des Thüringer Gesetzes über das Versorgungswerk der Rechtsanwälte
Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Das Thüringer Gesetz über das Versorgungswerk der
Rechtsanwälte vom 31. Mai 1996 (GVBl. S. 70), zuletzt
geändert durch Artikel 4 des Gesetzes zur Änderung von
Rechtsvorschriften im Bereich der Thüringer Justiz vom
8. August 2014 (GVBl. S. 527), wird wie folgt geändert:
1. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 wird folgender Satz eingefügt:
"In der Satzung kann bestimmt werden, dass aus jedem Landgerichtsbezirk Vertreter gewählt werden."
2. § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 erhalten folgende Fassung:
"Der Vorstand besteht aus mindestens fünf Mitgliedern;
die genaue Mitgliederzahl regelt die Satzung. Sie werden von der Vertreterversammlung für die Dauer ihrer
Amtszeit (§ 4 Abs. 1 Satz 4 und 6) gewählt."
Artikel 2
Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
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Begründung:
A. Allgemeines
Die Änderungen im Rahmen des vorliegenden Änderungsgesetzes tragen dem Erfordernis der Rechtssicherheit und -klarheit Rechnung und
dienen der Anpassung an geänderte gesetzliche Rahmenbedingungen.
B. Zu den einzelnen Bestimmungen
Zu Artikel 1
Durch Artikel 1 wird im Thüringer Gesetz über das Versorgungswerk der
Rechtsanwälte vom 31. Mai 1996 (GVBl. S. 70) in der jeweils geltenden
Fassung klargestellt, dass in der Satzung des Versorgungswerks für die
Wahlen der Vertreterversammlung das bereits bisher praktizierte Regionalprinzip festgelegt werden kann. Für die Vorstandswahlen wird unter
Berücksichtigung der durch das Thüringer Versicherungsaufsichtsgesetz (ThürVAG) vom 13. März 2014 (GVBl. S. 84) in der jeweils geltenden Fassung geänderten gesetzlichen Rahmenbedingungen eine Satzungskompetenz zur Festlegung der Mitgliederzahl geschaffen.
Zu Nummer 1 (§ 4 Abs. 1)
Mit der Einfügung des Satzes 3 wird die Rechtslage wieder hergestellt,
die bereits mit Artikel 3 des Thüringer Gesetzes zur Zusammenfassung
der Regelungen der Versicherungsaufsicht über die Versorgungswerke
der Freien Berufe, die Zusatzversorgungskassen sowie die Feuerwehrkassen vom 13. März 2014 (GVBl. S. 84) geschaffen und später durch
ein redaktionelles Versehen beseitigt wurde. Bei den Wahlen zur Vertreterversammlung kann derzeit erneut lediglich auf der Basis der Regelungen in ihrer Geschäfts- und Wahlordnung nach dem Regionalitätsprinzip verfahren werden. Mit der Neuregelung wird die Möglichkeit
gesetzlich verankert, die Wahlen zur Vertreterversammlung nach dem
Regionalitätsprinzip durchzuführen. Die Entscheidung, ob weiter nach
diesem Prinzip gewählt werden soll oder nicht, ist eine Zweckmäßigkeitsfrage, die durch das Versorgungswerk im Rahmen der Selbstverwaltung getroffen werden kann.
Zu Nummer 2 (§ 5 Abs. 1)
Mit der Abschaffung der bisher fixen Mitgliederzahl in § 5 Abs. 1 Satz 1
wird dem Vorstand ein höherer Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Zusammensetzung der Vorstandsmitglieder gewährt. Sollen entsprechend
§ 5 Abs. 1 Satz 3 in Anlehnung an das d'hondtsche Verfahren aus jedem Landgerichtsbezirk Vorstandsmitglieder gewählt werden, ist bereits
die Mitgliederzahl von fünf erreicht. Durch die Möglichkeit zur Erweiterung der Mitgliederzahl kann zusätzlich ein weiteres Vorstandsmitglied
gewählt werden, das den Anforderungen des § 6 Abs. 4 und 2 ThürVAG entspricht, ohne dass das Regionalprinzip aus § 5 Abs. 1 Satz 3
beschnitten wird.
§ 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 gewährleistet, dass die Mitgliederanzahl
durch eine weitere Konkretisierung in der Satzung hinreichend bestimmt ist.
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§ 5 Abs. 1 wird an die Änderungen des § 4 Abs. 1 durch das Thüringer
Gesetz zur Änderung von Rechtsvorschriften im Bereich der Thüringer
Justiz vom 8. August 2014 (GVBl. S. 527) und Nummer 1 angepasst.
Zu Artikel 2
Geregelt wird das Inkrafttreten des Änderungsgesetzes.
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