Joliot-Curie-Platz: Zusatzschilder erinnern an die

Joliot-Curie-Platz: Zusatzschilder
erinnern an die Namensgeber
Der Name Curie ist weit bekannt, aber Joliot-Curie …? Irène Curie, Tochter
der zweifachen
Nobelpreisträgerin Marie Curie, und ihr Ehemann Jean-Frédéric Joliot hatten
für ihre
Entdeckung der künstlichen Radioaktivität 1935 den Chemienobelpreis erhalten.
Neben ihrer
forschenden Tätigkeit waren beide auch politisch engagiert und hatten hohe
politische
Ämter inne. Irène setzte sich für mehr Rechte der Frauen ein, Frédéric war
Präsident des
Weltfriedensrates.
Am Donnerstag nun erhielt der Joliot-Curie-Platz im Rahmen des Projekts
„Bildung im Vorübergehen“ der Bürgerstiftung Zusatzschilder, die über die
Namensgeber informieren. Die Schilder wurden gespendet von KUTSCHER
Rechtsanwälte und vom Trothaer Kreis (Prof. Dr. Egon Fanghänel, Prof. Dr.
Wolfgang Fratzscher, Dipl.-Ing. Hartmut Koch, Prof. Dr. Ernst- Otto Reher,
Prof. Dr. Rudolf Taube).
Jean Frédéric Joliot-Curie (1900-1958) und Irène Joliot-Curie (1897-1956)
Die Stadt Halle möchte mit dem Joliot-Curie-Platz an das Ehepaar Frédéric und
Irène Joliot-Curie erinnern, die 1935 den Chemienobelpreis für die Entdeckung
der „künstlichen Radioaktivität“ erhalten hatten. Sie hatten mit alphaTeilchen, das sind de facto Heliumatome, natürliche Elemente beschossen und
so Isotope von Elementen erzeugt, die radioaktiv waren, also eine radioaktive
Strahlung abgaben. Beide hatten sich kennen gelernt am Institut du Radium,
das von der Mutter von Irène, der Nobelpreisträgerin Marie Curie, geleitet
wurde. Sie heirateten 1926. Frédéric wurde am 19. März 1900 in Paris geboren.
Nach dem Studium kam er an das Institut von Marie Curie als Assistent. 1937
ging er als Professor an das College de France. 1956 übernahm er nach dem
Tode seiner Frau deren Professur an der Sorbonne. Am 14. August 1958 ist er
gestorben.
Irène wurde am 12. September 1897 in Paris geboren. Nach dem Studium
arbeitete sie am Institut ihrer Mutter zunächst als unbezahlte
wissenschaftliche Mitarbeiterin und später als Unterassistentin. 1937 wurde
sie als Professorin an die Sorbonne berufen. Irène starb 1956 an Leukämie.
Seit 1928 arbeiteten Frédéric und Irène zusammen und beschäftigten sich mit
Phänomenen der radioaktiven Strahlung. Sie hatten die Messgeräte zur
Erfassung dieser Strahlung, die sog. Nebelkammern, weiterentwickelt. Damit
konnten sie qualitative und quantitative Aussagen zu den Effekten dieser
Strahlung machen. So gelang ihnen auch eine gültige Deutung der von ihnen
erzeugten „künstlichen Radioaktivität“, die dann mit dem Nobelpreis
ausgezeichnet wurde. Die Bedeutung ihrer Entdeckung lässt sich kaum
überbewerten. In der Biologie werden radioaktive Isotope verwendet, um
Stoffwechselwege aufzuklären. In der Medizin dienen sie zur Diagnose und
Therapie, z.B. zur Überprüfung der Schilddrüsenfunktion. Mit ihren Arbeiten
erreichten sie ein tieferes Verständnis für Kernreaktionen überhaupt. So
erkannten sie sofort nach der Entdeckung der Kernspaltung durch Hahn und
Strassmann, welche großen Energiemengen dabei frei werden können. Sie
begannen unmittelbar danach mit entsprechenden Experimenten.
Beide waren neben ihrer fachlichen Arbeit auch politisch stark engagiert.
1934 beteiligten sie sich an einem Aktionskomitee antifaschistischer
Intellektueller. Und als 1936 die Volksfront unter Leon Blum die Wahlen
gewann, trat Irène als Staatssekretärin für Wissenschaft und Forschung in die
Regierung ein. Sie blieb nur drei Monate in diesem Amt. Es ging ihr aber
darum, auf die Rechte der Frauen in Frankreich hinzuweisen, die damals noch
nicht einmal das Wahlrecht hatten. Auch Frédéric war politisch
außerordentlich aktiv. Er nahm seit 1940 aktiv am Widerstand der Résistence
teil und schmuggelte seine Forschungsergebnisse über die Kernspaltung nach
England. 1941 wurde er Präsident der nationalen Front des Widerstandes. Nach
dem Krieg wurde Frédéric Forschungsdirektor beim Centre national de la
scientifique und 1946 Hochkommissar für Atomenergie. Irène wurde eine von
drei Kommissaren des Hochkommissariats. 1948 leitete Frédéric den Bau des
ersten französischen Atomreaktors. Diese Position musste er bald aufgeben,
weil er sich zusammen mit seinem ganzen Team weigerte, am Bau einer
französischen Atombombe mitzuwirken.
1950 wurde der Weltfriedensrat gegründet. Eine Institution, die sich der
Erhaltung des Weltfriedens und der atomaren Abrüstung widmete. Der
Weltfriedensrat hatte mehrere hundert Mitglieder aus allen Teilen der Erde.
Frédéric wurde Präsident des Weltfriedensrates und nahm dieses Amt bis zu
seinem Tode 1958 wahr. So war wohl auch der Anlass der Umbenennung des
Universitätsplatzes in Joliot-Curie-Platz am 5.11.1954, also am Vortag des
Jubiläums der Oktoberrevolution, vordergründig ein politischer.
Frédéric und Irène sind vielfach ausgezeichnet worden. Sie sind mehrfache
Träger von Ehrendoktoraten und Mitglieder einer Anzahl wissenschaftlicher
Akademien. Über die Mutter von Irène lässt sich auch eine Verbindung zu Halle
herstellen, denn Marie Curie wurde 1932 zum Mitglied der Leopoldina gewählt.
Marie Curie hatte 1903 gemeinsam mit ihrem Mann Pierre den Nobelpreis für
Physik erhalten. Sie hatten die von Bequerel entdeckte Strahlung des Urans
untersucht und dabei die Elemente Polonium und Radium aus einer großen Menge
von Pechblende isoliert und insbesondere deren Strahlung ermittelt. Marie
Curie prägte dafür den Begriff radioaktiv. Die weitere Untersuchung dieser
Elemente und insbesondere die Herstellung von metallischem Radium waren
Anlass, Marie Curie im Jahre 1911 den Nobelpreis für Chemie zuzuerkennen. Sie
ist damit eine von vier Mehrfachnobelpreisträgern.
Im Namen des Trothaer Kreises: Wolfgang Fratzscher