Der Fall Christopher Ochoa und Richard D[...]

Kein Strafverfahren gegen die Ermittler in den USA: Ohne Grund der
Freiheit beraubt und psychiatriereif weggesperrt
Die US-Amerikanerin Nancy de Priest arbeitete im Jahr 1988 in einer Pizzeria in
Austin Texas. Sie hatte Nachtschicht. Am darauffolgenden Morgen wurde sie in
der Toilette des Lokales, mit ihrem BH an die Wasserleitung gefesselt,
vorgefunden. Wie sich herausstellte war sie zusätzlich auch noch vergewaltigt
und ihr in den Kopf geschossen worden. Als die Polizei sie fand, war sie noch
am Leben, konnte jedoch nicht mehr gerettet werden und verstarb in der
darauffolgenden Nacht an ihren schweren Verletzungen. Zudem kam noch der
Fakt, dass die Pizzeria auch noch ausgeraubt wurde.
Die Exekutive vertrat die Ermittlungstheorie, dass es sich beim Täter um einen
Beschäftigten der Pizzeria gehandelt haben musste, da ihrer Ansicht nach ein
Generalschlüssel verwendet worden war, um später in das Lokal gelangen zu
können.
Die beiden Mitarbeiter der Pizzeria Christopher Ochoa und Richard Danziger
hielten sich in der Nacht vor dem Mord noch im Lokal auf, tranken Bier,
bestellten sich bei Nancy de Priest noch einen Toast und blieben bis zur
Sperrstunde.
In der Folge wurden Ochoa und Danziger vorgeladen und zum Vorabend
verhört. Schließlich wurden sie zu den Hauptverdächtigen und die Ermittler
gelangten zur Auffassung, dass Danziger viel über das Verbrechen zu wissen
schien, was nicht öffentlich bekannt war. Ochoa, der von Danziger getrennt
befragt wurde gab zu Protokoll, dass letzterer die Pizzeria ausgeraubt und de
Priest erschossen habe, er wäre aber an der Tat beteiligt gewesen.
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Alsdann begann das Ganze unseriös zu werden. Der Bezirksstaatsanwalt bot
Ochoa ein „Geschäft“ in der Weise an, dass er gegen Danziger wegen des
Mordes aussage und sich zur Beteiligung an der Tat bekenne und dadurch sein
Leben retten könne, weil er nicht zum Tode verurteilt werde. Seine Bestrafung
wäre dann lebenslänglich. Wie sich später herausstellte, hatten die Ermittler ein
Bild von der Todeskammer aufgestellt, das sich hinter einem Vorhang befand.
Dieses Bild wurde Ochoa im Laufe der Befragungen immer wieder gezeigt und
dann wieder verdeckt. In den Achtzigern des vorigen Jahrhunderts wurden
Verhöre nicht aufgezeichnet und sogar heute ist dies in manchen USBundesstaaten immer noch nicht Usus.
Auch der Anwalt von Ochoa riet ihm zu dieser Vorgangsweise und dazu, dieses
„unseriöse Geschäft mit seinem Leben“ anzunehmen. Unter diesem Druck nahm
Ochoa dieses „Geschäft“ dann an.
Aber dann kam alles anders, als sich dies Ermittler und Bezirksanwalt
vorstellten. Ochoa änderte im Laufe der Verhandlung seine Darstellung und
änderte sie dahingehend, dass er de Priest erschossen hätte, weil sie ihn erkannt
habe. Danziger wurde daraufhin nicht des Mordes, sondern lediglich wegen der
Vergewaltigung schuldig gesprochen.
Er sagte aus, dass beide geplant hätten, die Pizzeria auszurauben, dabei Nancy
zu fesseln und anschließend zu vergewaltigen. Völlig entrüstet präsentierte
Danziger daraufhin ein Alibi. Er wäre mit seiner Freundin die ganze Nacht aus
gewesen und es könne keinen Grund geben, warum ihn Ochoa belasten solle.
Laut Bezirksanwaltschaft bestünde ein Beweis in der Form, dass forensische
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Fakten nach einer mikroskopischen Untersuchung belägten, dass sich ein
Schamhaar Danzigers in der Nähe des Blutes befunden habe.
Obwohl Samenproben vorlagen, berichtete das Labor, dass die Mengen zu klein
gewesen seien, um verwertet werden zu können. Obwohl kein Expert aussagte,
dass die Samenproben mit Danziger in Verbindung gebracht werden konnten,
behauptete ein Sachverständiger dass sie mit Ochoa kompatibel waren. Beide
Männer wurden jeweils zu lebenslanger Haft verurteilt.
Jahre später wurden Briefe an die Polizei geschickt, dann an Gouverneur Bushs
Büro und an das Büro des Bezirksstaatsanwalts. Diese enthüllten detaillierte
Kenntnis des Verbrechens. Der Autor der Briefe, Achim Marino, war im
Gefängnis und aufgrund anderer Tötungsdelikte zu dreimal lebenslanger Haft
verurteilt worden. Er hatte offenbar eine religiöse Bekehrung erfahren, während
er an einem Alcoholics / Narcotics Anonymous Programm teilnahm. Dabei
wurde er verpflichtet, seine Verantwortung für den de Priest-Mord zu gestehen.
Er schrieb auch, dass er und nicht etwa Ochoa oder Danziger die Tat begangen
hätten und er nicht wüsste, warum sie sich zu diesem Verbrechen bekennen
würden, das er begangen hatte. Marino erklärte auch, dass er Geständnisse zu
anderen Büros geschickt hatte, einschließlich zu einer Zeitung und der ACLU,
aber dass sein Schreiben nicht beantwortet worden war. Nachdem die Polizei
einen weiteren Brief von Marino erhalten hat, der eine detaillierte Beschreibung
der Verbrechen enthielt, begann sie, den Fall erneut zu untersuchen. Marinos
Brief erzählte ihnen, wo die Gegenstände zu finden waren, die von der Pizzeria
gestohlen wurden. Die Ermittler vernahmen beide wieder, sowohl Danziger und
Ochoa. Danziger hatte, während er im Gefängnis war, Verletzungen am Kopf
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erlitten und wurde in einer psychiatrischen Anstalt untergebracht. Ochoa
erzählte ihnen aus Todesangst heraus, die gleiche Geschichte, welche er bei der
Verhandlung ausgesagt hatte.
Daraufhin aber kontaktierte er das Wisconsin Innocence Project, von Keith
Findley und John Pray. Die Studenten dort begannen seine Behauptung der
Unschuld zu untersuchen. Die Staatsanwaltschaft erhielt einige Beweise, die
Ochoa und Danziger ausschlossen und Marino belasteten. Die Nachweise
wurden in der Prüfung kontaminiert.
Die Forensic Science Associates, einem privaten kriminaltechnischen Labor in
Kalifornien, führte nun neuere Testmethoden durch und war in der Lage, sowohl
Ochoa als auch Danziger als Quellen der Spermatozoen auszuschließen. Chris
Ochoa und Richard Danziger wurden 2002 entlastet.
Ochoa und Danziger wurden vor der Haftanstalt von den Wisconsin Innocence
Project-Mitarbeitern und seinen Studenten begrüßt, die ihnen halfen, ihre
Unschuld zu beweisen. Ochoa sagt nun, dass sein Geständnis und die Einlassung
von Danziger die Ergebnisse des polizeilichen Drucks und die Angst vor der
Todesstrafe waren, Sie hatten ihn schikaniert und bedroht, sollte er nicht
gestehen.
Das Ergebnis dieser Vorgangsweise: Viele verlorene Lebensjahre in Freiheit
und ein psychisch schwerkranker Mann. Eine Bestrafung der Ermittler ist bis
heute nicht bekanntgeworden. Wir stellen es euch als FRIK-Freaks anheim,
darüber zu urteilen, wenn die Bestrafung nicht lebenslang sondern den Tod
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bedeutet hätte. Vielleicht wird dann die Gegnerschaft der grausamen Todesstrafe
ein bisschen mehr verständlich.