Rechtslastig AXEL HEIMKEN/DPA Der Wahlkampf in MecklenburgVorpommern geht in die heiße Phase. Vor allem nicht wahlberechtigte Touristen werden mit »patriotischen« Floskeln bombardiert. In den Umfragen liegt die CDU vorn vor der AfD. Von Rocko Allwerth SEITE 3 GEGRÜNDET 1947 · MONTAG, 22. AUGUST 2016 · NR. 195 · 1,50 EURO (DE), 1,70 EURO (AT), 2,20 CHF (CH) · PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT WWW.JUNGEWELT.DE Ökonomischer Zwang Sklavensystem Konzernherrschaft Mörderische Jagd 5 6 8 9 US-Gefangene planen am 9. September landesweiten Streik in den Knästen. Von Jürgen Heiser Libyen: Der Westen will sich vor allem den Zugang zu Erdölvorkommen sichern. Ein Interview Artenschutzkonferenz in Südafrika: Streit um Elfenbeinhandel entbrennt erneut Attacke in Gaziantep Dutzende Tote nach Anschlag auf kurdische Hochzeit in Südosttürkei. Söldner bereiten Einmarsch in Nordsyrien vor. Von Nick Brauns OSMAN ORSAL/REUTERS B ei einem Terroranschlag in der Südosttürkei wurden in der Nacht zum Sonntag mehr als 50 Teilnehmer einer Hochzeitsgesellschaft getötet und rund 100 zum Teil lebensgefährlich verletzt. Der offenbar von einem Selbstmordattentäter ausgeführte Anschlag ereignete sich auf einer Straße im vorwiegend von Kurden bewohnten Viertel Beybahce der 60 Kilometer nördlich der Grenze zu Syrien gelegenen Millionenstadt Gaziantep. Bei dem Brautpaar und vielen Gästen habe es sich um ihre Mitglieder gehandelt, teilte die linke, prokurdische Demokratische Partei der Völker (HDP) nach der Bluttat mit. Deren Kovorsitzender Selahattin Demirtas warnte: »Der Anschlag in Antep richtet sich gegen Kurden. Jemand versucht, einen Bürgerkrieg zu provozieren.« Erst vergangene Woche war eine Einschätzung des Bundesnachrichtendienstes an die Öffentlichkeit gelangt, wonach sich die Türkei unter Präsident Recep Tayyip Erdogan zu einer »Aktionsplattform islamistischer Gruppierungen« entwickelt habe. Insbesondere Gaziantep dient dabei als Durchgangsstation für Dschihadisten aus aller Welt, die sich dort vor ihrem Einsatz in Syrien mit Waffen eindecken oder nach Verwundungen in Krankenhäusern behandeln lassen. Die türkische Regierung machte den »Islamischen Staat« (IS) für die Attacke verantwortlich. So waren im Mai bei Yunus Durmaz, einem »Emir« des IS, Pläne zu Anschlägen auf kurdische Hochzeitsfeiern gefunden worden. Durmaz, der sich bei einer Polizeirazzia selbst in die Luft sprengte, gilt als der Planer der Massaker in Suruc und Ankara, bei denen im vergangenen Jahr rund 130 HDP-Anhänger und Sozia- Attentat auf Kurden: Zwei Frauen trauern am Sonntag vor einem Krankenhaus in Gaziantep listen getötet wurden. Die Attentäter gehörten zu einer unter den Augen der Behörden in der südosttürkischen Provinz Adiyaman aufgebauten IS-Zelle, deren Mitglieder auf einer der Regierung vorliegenden Liste potentieller Selbstmordattentäter namentlich verzeichnet waren. Erdogan verurteilte am Sonntag zwar den Anschlag auf die Hochzeitsgesellschaft. Doch mit der Feststellung, es gäbe »keinen Unterschied« zwischen dem IS, der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und der nach Ansicht der Regierung für den gescheiterten Putsch verantwortlichen GülenBewegung, verwischte Erdogan die Unterschiede zwischen Opfern und Tätern. Erst am Samstag hatte die PKK ihre Bereitschaft zu neuen Friedensverhandlungen mit der AKP-Regierung erklärt. Nun beschuldigte die PKK-Führung die AKP-Regierung, für das Massaker an der Hochzeitsgesellschaft verantwortlich zu sein. Die AKP benutze den IS als Mittel der Provokation, um einen Grund für eine Militärintervention in Nordsyrien zu schaffen und so die weitere Ausbreitung der ausgerufenen »Rojava-Revolution« zu verhindern. Am Samstag hatte der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim eine »aktivere Rolle« seines Landes im Krieg in Syrien angekündigt. Vergangene Woche konnten sich Hunderte IS-Kämpfer und ihre Familien im Schatten des Vormarsches der von den USA unterstützten kurdisch-arabischen Syrischen Demokratischen Kräfte im Norden Syriens aus der Grenzstadt Dscharablus in die Türkei absetzen. Truppen der von Ankara und anderen NATO-Staaten unterstützten Freien Syrischen Armee (FSA) ständen nun bereit, Dscharablus von türkischer Seite her einzunehmen, kündigte am Sonntag ein FSA-Kommandeur gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters an. So solle verhindert werden, dass die Stadt unter Kontrolle der kurdischen Milizen falle. Innenminister heiß auf Bundeswehr-Einsätze Übungen der Truppe für »Antiterrormaßnahmen« im Innern können noch dieses Jahr beginnen D ie Länderinnenminister forcieren eine Ausweitung der Bundeswehr-Einsätze im Inneren auf »Antiterrormaßnahmen«. Die entsprechenden Trainings könnten nach Einschätzung des Vorsitzenden der Innenministerkonferenz bereits im November beginnen. »Ich erwarte, dass Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Bundesinnenminister Thomas de Maizière am 31. August grünes Licht für die Übungen geben«, sagte der saarländische Ressortchef Klaus Bouillon (CDU) der Rheinischen Post (Wochenendausgabe). Über Bundeswehr-Einsätze im Inneren wird seit Jahren gestritten. CDU/ CSU und SPD hatten sich im Juli im neuen »Weißbuch« zur Sicherheitspolitik darauf verständigt, dass die Bundeswehr bei größeren Anschlägen auch ohne Grundgesetzänderung herangezogen werden kann. Trotz des Streits finden Einsätze der Bundeswehr im Inneren längst regelmäßig statt, zum Beispiel in der Katastrophenhilfe oder zur Absicherung von Großereignissen wie Wirtschaftsgipfeln. Dies erlaubt das Grundgesetz. Auf Terroranschläge wird aber kein Bezug genommen. CDU und CSU sind deswegen für eine Änderung der Verfassung, haben aber nicht die notwendige Zweidrittelmehrheit. Das Bundesverfassungsgericht hat 2012 entschieden, dass ein Einsatz der Bundeswehr auch bei großen Terroranschlägen möglich ist. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat angeboten, dass die Übung im November im Südwesten stattfinden kann. Zunächst solle es eine sogenannte Stabsrahmenübung geben, sagte ein Ministeriumssprecher. Dabei gehe es um die Zusammenarbeit von Führungsstäben wie etwa in einem Planspiel. Es handele sich noch nicht um eine Übung im Gelände. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) schlägt in einem Brief an Bouillon vor, unter Federführung der Polizei und auf Basis der geltenden Rechtslage die Zusammenarbeit flächendeckend zu testen, wie das »Redaktionsnetzwerk Deutschland«, die zentrale Redaktion der MadsackMediengruppe, am Sonnabend berichtete. (dpa/jW) Erneut Tote nach Kämpfen im Donbass EPA/IRINA GORBASYOVA/DPA-BILDFUNK DGB-Düsseldorf: Immer mehr Angestellte benötigen geringfügige Beschäftigung als Zweitjob Kiew. Am Wochenende sind im Donbass bei Kämpfen zwischen der ukrainischen Armee und Aufständischen mehrere Menschen getötet worden. Die Militärführung in Kiew berichtete von einem getöteten und sechs verletzten Soldaten. Offizielle der »Volksrepublik Donezk« teilten am Sonntag mit, einer ihrer Kämpfer und ein Zivilist seien bei Beschuss durch Regierungstruppen ums Leben gekommen. Außerdem seien fünf Zivilisten verletzt worden. Unabhängige Bestätigungen für die Darstellungen lagen zunächst nicht vor. Den Beobachtern der Organisa tion für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zufolge ging die Zahl der Verstöße gegen die Waffenruhe leicht zurück. Dennoch blieben die Spannungen bestehen. Aufständische hätten einem Beobachterteam den Zugang zu einem Dorf verweigert, teilte die OSZEMission in Kiew mit. (dpa/jW) Noch schärfere Kontrollen gegen Hartz-IV-Bezieher Nürnberg. Die Jobcenter können Informationen etwa zu Einkommen und Vermögen in Hartz-IV-Haushalten noch engmaschiger prüfen. Statt des automatischen Datenabgleichs einmal im Quartal sei nun auch ein monatlicher Abgleich möglich, sagte eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit (BA) am Wochenende der Nachrichtenagentur AFP. Eine entsprechende »fachliche Weisung« wurde demnach an die Jobcenter verschickt und auf der Internetseite der BA veröffentlicht. Die Jobcenter können bei anderen Behörden Daten abfragen, um die Ansprüche der Bezieher von Arbeitslosengeld II zu überprüfen. Unter anderem werden die Rentenversicherung und das Bundeszentralamt für Steuern einbezogen. Dabei können auch Informationen über Menschen eingeholt werden, die mit dem Hartz-IV-Bezieher in einem Haushalt leben, aber selbst keine Leistungen erhalten. (AFP/jW) wird herausgegeben von 1.867 Genossinnen und Genossen (Stand 12.8.2016) n www.jungewelt.de/lpg
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