Forschen lernen ist wie Schwimmen lernen Prof. Dr. Stefanie Hiß

URL: http://www.uni-jena.de/Mitteilungen/PM160826_Lehrpreis_Hiss.pdf
Forschen lernen ist wie Schwimmen lernen
Prof. Dr. Stefanie Hiß und Hanna Schulte erhalten Lehrpreis 2016
Wie lernt man forschen? Mit dieser Frage setzen sich Studierende der Soziologie an der
Friedrich-Schiller-Universität Jena in den Lehrforschungen von Prof. Dr. Stefanie Hiß und Hanna
Schulte seit mehr als vier Jahren in jeweils zwei Semestern auseinander. In Projektgruppen von
drei bis sechs Studierenden absolvieren sie eigenverantwortlich einen kompletten
Forschungsprozess vom Finden des Themas bis zur Präsentation. Für ihr didaktisches Konzept
erhalten sie in diesem Jahr einen der beiden allgemeinen Lehrpreise der Universität. Die mit 1.500
Euro dotierte Auszeichnung wird am 25. Oktober verliehen.
"Forschen lernen ist wie Schwimmen lernen: Bei beiden reicht nicht, es theoretisch zu
beherrschen, man muss es selbst praktisch lernen", beschreibt Prof. Hiß das Vorgehen. "Wir
zeigen den Studierenden, wie es geht, schubsen sie manchmal auch ins kalte Wasser, sind aber
immer bereit, ihnen dort oder vom Beckenrand aus zu zeigen, was sie wie besser machen
können." Dabei verstünden sich beide nicht als Dozentinnen, sondern als Lernbegleiterinnen,
verweist Hanna Schulte auf eine Besonderheit. Sie ist seit Beginn dabei - zunächst als
wissenschaftliche Hilfskraft, nun als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Beide beraten die
Studierenden, sprechen mit ihnen einzeln oder in der Gruppe, geben ihnen aber auch regelmäßig
ein schriftliches Feedback zum Lern- und Arbeitsfortschritt. Genau auf diese besondere Art der
Betreuung führen beide den Erfolg dieser Lehrveranstaltung zurück - und die Bilanz gibt ihnen
Recht: drei abgeschlossene Jahrgänge mit insgesamt 16 Gruppen und über 60 Studierenden; der
vierte Jahrgang läuft bereits.
Dreiphasiges Lehrkonzept
Das Lehrkonzept basiert auf drei Phasen. Zunächst erarbeiten Studierende und Lehrende
gemeinsam die theoretischen und methodischen Grundlagen und lernen sich gegenseitig kennen.
Dann suchen sich die Studierenden ein Thema, formulieren dazu eine Forschungsfrage und
erarbeiten einen Forschungsantrag ähnlich den Vorgaben der Deutschen Forschungsgemeinschaft
(DFG). Im dritten Teil führen sie das Projekt durch, indem sie empirische Daten erheben und
auswerten, verfassen einen 80 bis 100 Seiten umfassenden Forschungsbericht und präsentieren
das Ergebnis mit einem eigens dafür erstellten wissenschaftlichen Poster. Thematisch drehte sich
dabei bislang alles um Nachhaltigkeit, das jedoch mit spezifischen Ausrichtungen auf
Organisationen, Märkte und Stadt sowie die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen.
Didaktisch ist dieser Prozess sehr abwechslungsreich gestaltet, reicht u. a. von Präsenz-Unterricht
und dem Nutzen von Online-Lernplattformen, über eigenbestimmte Arbeit in und zwischen den
Gruppen, individueller Beratung durch die Dozentinnen bis zum Vorstellen im Plenum.
Eingebunden sind auch Alumni, die den jeweils aktuellen Jahrgang beraten, gern über ihre
Forschen lernen ist wie Schwimmen lernen
1
eigenen Erfahrungen berichten und Fragen der "Neuen" beantworten. Auf diese Weise erwerben
die Studierenden Kompetenzen - etwa Selbstorganisation, Gruppenarbeit, Moderation,
Zeitmanagement - die sie auch für die Bachelorarbeit, ein Masterstudium oder den Berufseinstieg
nutzen können.
Freiräume lassen
"Wir geben in diesem ganzen Prozess zwar eine klare Struktur vor und stellen begleitende
Materialien bereit, lassen den Studierenden jedoch viele Freiräume, damit sich ihre Interessen
entfalten können. Wir nehmen sie ernst, vertrauen ihnen und begegnen ihnen auf Augenhöhe",
machen die Wissenschaftlerinnen deutlich. Die Lernatmosphäre sei von Anfang an "von
gegenseitigen Respekt und Wissbegier aller gekennzeichnet" gewesen, meint dazu Studentin
Laura Boemke. Und Simon Buch schwärmt auch nach zwei Jahren noch, dass die Lehrforschung
"auf jeden Fall zu den fachlichen Highlights" seines Studiums gehört. Die "außergewöhnlich gute
und inspirierende Arbeitsatmosphäre" hat Jan-Ole Brandt noch in guter Erinnerung. Ihm sei die
Erfahrung nicht nur bei seiner Bachelorarbeit zugutegekommen, sondern auch in darauffolgenden
Forschungsprojekten bei seinem Master-Studium an der Universität im schwedischen Uppsala.
Das Lehrkonzept werde durch halbjährliche Evaluationen stetig weiterentwickelt, betonen Prof.
Stefanie Hiß und Hanna Schulte. Zudem präsentieren sie es innerhalb der Universität Jena bei
Workshops in deren hochschuldidaktischer Servicestelle "LehreLernen" und nach außen auf
einschlägigen Fachtagungen. Außerdem wird es im Herbst im "Neuen Handbuch Hochschullehre",
dem Standardwerk für Hochschuldidaktik, veröffentlicht.
Kontakt:
Prof. Dr. Stefanie Hiß, Hanna Schulte
Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Bachstraße 18k, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 945821 oder 945824
E-Mail: [email protected]; [email protected]
www.sozmog.uni-jena.de
Meldung vom: 26.08.2016 10:00 Uhr
Prof. Dr. Stefanie Hiß und Hanna Schulte erhalten Lehrpreis 2016
2