KPMG-Mitteilungen August/September 2016

KPMG-Mitteilungen
Neuigkeiten und Entwicklungen im Steuerrecht
sowie im Zoll- und Außenwirtschaftsrecht
August/September 2016
Inhalt (Auszug)
Editorial
2
Steuerrecht
3
Sofortabzug eines Disagios
4
Verfassungsmäßigkeit der Verlustausgleichs- und
-abzugsbeschränkung des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG
5
Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens
im Rahmen einer Liquidation
7
Unionsrechtswidrigkeit von § 2 Abs. 3 ErbStG
trotz Antragsoption
7
Auskunftsgebühr bei doppelter Antragstellung durch
Organträgerin und Organgesellschaft
9
Kein vorläufiger Rechtsschutz gegen die Festsetzung des
Solidaritätszuschlags
10
Einwerbung von Kapital durch eine Holdinggesellschaft
13
Vorsteuerabzug bei einem gemischt genutzten Gebäude
14
Zoll- und Außenwirtschaftsrecht
Zollrechtliche Perspektiven des Brexit für deutsche
Unternehmen
17
17
Literaturtipps
18
KPMG-Veranstaltungen
19
Impressum
20
Editorial
Nun ist es also passiert: Die Deadline für die Erbschaftsteuerreform
ist abgelaufen – Änderungen und Anpassungen sind jedoch nicht ­
erfolgt. Obwohl das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) dem Gesetzgeber mit dem Urteil vom 14.12.2014 eine feste Frist bis zum
30.6.2016 für die Neuregelung des verfassungswidrigen Erbschaftsteuergesetzes vorgab, wurde der Termin versäumt.
Die verfassungsrechtliche Frage, welche Folgen sich aus dem Fristversäumnis des Gesetzgebers ergeben, wird derzeit intensiv diskutiert. Das BVerfG hat angekündigt, sich im Herbst 2016 erneut mit
dem Gesetzgebungsverfahren zur Erbschaftsteuer zu befassen. Hier
dürfte es nicht nur für Juristen spannend sein, wie das Gericht auf
das Fristversäumnis des Gesetzgebers reagiert. Für alle Betroffenen
– und das ist das Entscheidende – ist das politische Vakuum nervenzehrend, da bis zu einer Neuregelung erhebliche Rechtsunsicherheit
besteht. Zu einer verlässlichen Entscheidung kann es im besten Fall
frühestens Ende September kommen, wenn die parlamentarische
Sommerpause beendet ist.
Bis zur Neuregelung herrschen derzeit unterschiedliche Auffassungen
zum Rechtszustand vor. Das BVerfG scheint trotz der gesetzten Frist
für die Interimszeit von einer Fortgeltung des alten Rechts auszugehen. Denkbar wäre aber auch, dass der Gesetzgeber eine rückwirkende Anwendung des geltenden Rechts zum 1.7.2016 anordnet.
Äußerstenfalls könnte sogar das BVerfG im Rahmen der angekündigten Beratung über das weitere Vorgehen Ende September eine
Steuerpause verhängen. Unternehmer, die eine Nachfolgeregelung
erwägen, sollten daher die Entwicklung aufmerksam verfolgen und
potenzielle Auswirkungen für ihre individuelle Situation prüfen.
KPMG steht Ihnen bei Fragen zum Gesetzgebungsverfahren sowie
zur Unternehmens- und Vermögensnachfolge mit einem Team von
erfahrenen Fachleuten gerne zur Verfügung.
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Kay Klöpping
Tax, Bielefeld
Der Bundestag hat zwar nach langen politischen Querelen am
24.6.2016 ein Anpassungsgesetz beschlossen, mit dem die umfangreichen Steuerbefreiungen von Betriebsvermögen, die durch das
BVerfG kritisiert werden, berücksichtigt werden sollen. Zugleich sind
aber neue Wahlmöglichkeiten und Abschläge bei der Bewertung in
das Gesetz eingefügt worden. So sollen demnach Erben von Betriebsvermögen unter anderem die Möglichkeit erhalten, die Steuerschuld
auf Antrag zehn Jahre zinsfrei stunden zu lassen. Auch diese Neuerung
nahm der Bundesrat am 8.7.2016 zum Anlass, die Beschlussvorlage
des Bundestags als unzureichend zu erklären. Der Bundesrat verweigerte dementsprechend dem Gesetz seine Zustimmung und rief
den Vermittlungsausschuss an – mit dem Auftrag einer grundlegenden
Überarbeitung.
Steuerrecht
Erst-/Zweitausbildung bei Aufnahme eines
Studiums nach Berufstätigkeit
Gemäß §§ 62, 63 Abs. 1 in Verbindung mit § 32
Abs. 4 EStG besteht ein Anspruch auf Kindergeld
– beziehungsweise Kinderfreibetrag – unter anderem für Kinder, die das 18. Lebensjahr, aber noch
nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben und für
einen Beruf ausgebildet werden. Nach Abschluss
einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines
Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des § 32
Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG nur berücksichtigt, wenn
es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht (Satz 2).
Unschädlich sind allerdings eine Erwerbstätigkeit
mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher
Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder
ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im
Sinne der §§ 8 und 8a des SGB IV (Satz 3).
Das BFH-Urteil vom 4.2.2016 (DStR 2016 S. 1259)
betraf den Fall der 1991 geborenen Tochter des
Klägers. Diese schloss im Anschluss an das Abitur
eine Ausbildung zur Kauffrau im Gesundheitswesen im Jahr 2014 erfolgreich ab und wurde ­
anschließend bei einer Klinik als Angestellte tätig.
Entsprechend einem Angebot der Arbeitgeberin
begann sie im September 2014 berufsbegleitend
ein Studium an der Verwaltungsakademie mit der
Fachrichtung „Betriebswirt (VWA)“. Für diesen
Studiengang waren eine kaufmännische Berufs­
ausbildung und eine einjährige Berufstätigkeit
Voraussetzung. Obwohl sie Letzteres noch nicht
erfüllte, wurde sie zunächst vorläufig immatrikuliert. Ihre Wochenarbeitszeit reduzierte sie auf
30 Stunden. Der Rechtsstreit ging darum, ob das
Studium als Teil einer einheitlichen Erstausbildung
zu beurteilen sei. Der BFH verneinte dies.
Maßgeblich ist, ob bereits der erste (objektiv) berufsqualifizierende Abschluss in einem öffentlichrechtlich geordneten Ausbildungsgang zum Verbrauch der Erstausbildung führt oder ob bei einer
mehraktigen Ausbildung auch ein nachfolgender
Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten
Ausbildungsgang Teil der Erstausbildung sein kann.
Zur Beurteilung ist darauf abzustellen, ob sich der
erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines
einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt. Die Ausbildungsabschnitte müssen in einem engen sachlichen Zusammenhang (zum Beispiel dieselbe Be-
rufssparte, derselbe fachliche Bereich) zueinander
stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang
durchgeführt werden. Erforderlich ist auch, dass
aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar
wird, dass das Kind die für sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem
ersten Abschluss beendet hat. Im Streitfall stellten
die kaufmännische Ausbildung und das Studium
keine Ausbildungseinheit dar. Das Studium setzt
eine berufspraktische Erfahrung von in der Regel
einem Jahr voraus. Es ist somit als ein die berufliche Erfahrung berücksichtigender Weiterbildungsstudiengang, mithin als Zweitausbildung anzusehen.
Die erforderliche Berufstätigkeit führt zu einem
Einschnitt, der den notwendigen engen Zusammenhang entfallen lässt.
Schließlich war im Streitfall aufgrund objektiver
Beweisanzeichen nicht erkennbar, dass die Tochter
nach Abschluss ihrer kaufmännischen Ausbildung
zur Kauffrau im Gesundheitswesen noch eine weiterführende Ausbildung als Teil einer Erstausbildung
anstrebte. Damit war ein Anspruch auf Kindergeld
zu dem Zeitpunkt ausgeschlossen, als die Tochter
ihre erstmalige Berufsausbildung erfolgreich beendet hatte und während ihrer nachfolgenden
(Zweit-)Ausbildung mehr als 20 Stunden in der
Woche arbeitete. Aufwendungen für gemischt genutzte
Nebenräume nicht abzugsfähig
Das BFH-Urteil vom 17.2.2016 (DStR 2016 S. 1359)
betraf die Frage, ob Aufwendungen für Nebenräume wie Küche, Bad und Flur, die sich im häuslichen Bereich befinden und zu einem nicht uner­
heblichen Teil auch privat genutzt werden, auch
dann nicht abgezogen werden können, wenn ein
berücksichtigungsfähiges Arbeitszimmer besteht.
Im Streitfall betrieb die Klägerin als Lebensberaterin
einen Gewerbebetrieb, den sie ausschließlich in
einem Zimmer ihrer Mietwohnung ausübte. Die Aufwendungen für dieses Zimmer wurden als Kosten
eines häuslichen Arbeitszimmers nach Maßgabe
des Flächenanteils als Betriebsausgaben berücksichtigt. Die Klägerin hatte außerdem die hälftigen
Kosten für die Küche, das Bad und den Flur als ­
Betriebsausgaben geltend gemacht. Der BFH
wies die Klage ab.
Aufwendungen für einen in die häusliche Sphäre
des Steuerpflichtigen eingebundenen Raum, der
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Einkommensteuer
Steuerrecht
Im Streitfall war nur zu beurteilen, ob der der Fläche
der streitigen Räume entsprechende Anteil an den
allgemeinen Wohnungskosten steuerlich zu erfassen
ist. Der BFH ließ die davon zu unterscheidende
Frage unbeantwortet, inwieweit Renovierungsund Umbaukosten, die sich auf derartige Nebenräume beziehen, ihrerseits Eingang in die allge­
meinen Werbungskosten finden. Insoweit könnten
mittelbar die zu berücksichtigenden Aufwendungen
des häuslichen Arbeitszimmers steigen.
Die Klägerin hatte eingewandt, die Aufwendungen
für entsprechende Nebenräume wären abziehbar
gewesen, wenn sie einen entsprechenden Bürotrakt angemietet hätte. Dieser Einwand rechtfertigt
jedoch keine abweichende Beurteilung. Derartige
Räume wären bereits aufgrund ihrer räumlichen
Trennung von der eigenen Wohnung tatsächlich
lediglich betrieblich genutzt. Hypothekendarlehen aufgenommen zu einem Fest­
zins von 2,85 % mit Zinsbindung von zehn Jahren
und dem Disagio von 10 %. Das Finanzamt und das
Finanzgericht beurteilten das Disagio als nicht marktüblich, soweit es 5 % überstieg, und verteilten den
Abzug des übersteigenden Teils auf den Zinsbindungszeitraum von zehn Jahren. Da das Disagio
5 % überstieg, könne die Vereinfachungsregelung
nach dem BMF-Schreiben vom 20.10.2003 (BStBl. I
2003 S. 546) nicht angewandt werden. Der BFH
hob das Urteil des Finanzgerichts auf und verwies
den Rechtsstreit zurück.
Disagio ist der Unterschiedsbetrag zwischen Nennund Verfügungsbetrag des aufgenommenen Darlehens. Es fungiert im Ergebnis als Ausgleich für einen
niedrigeren Nominalzinssatz und ist damit als Vor­
auszahlung eines Teils der Zinsen anzusehen. Die
Besonderheit des Disagios liegt darin, dass es
zwar wirtschaftlich (Teil-)Entgelt für die Darlehensüberlassung darstellt, aber gleichzeitig den Nutzungsvorteil mindert, da das Darlehen in dieser
Höhe nicht ausgezahlt wird. Bezogen auf die Funktion des Disagios ergibt sich die Marktüblichkeit
aus der Höhe des Disagios im Verhältnis zur Laufzeit und Höhe des Kredits sowie dessen Zinssatz –
dies in Relation zu den aktuellen Verhältnissen auf
dem Kreditmarkt. Die Marktüblichkeit kann nicht
wie in der Vereinfachungsregelung an einen festen
Zinssatz gekoppelt werden. Ferner trifft die Vereinfachungsregelung auch keine Aussage zu Konstellationen, in denen das Disagio – wie im Streitfall –
5 % übersteigt.
Sofortabzug eines Disagios
Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG sind Ausgaben für
das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet
wurden. Werden Ausgaben für Nutzungsüberlassungen von mehr als 5 Jahren im Voraus getätigt,
sind sie gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG insgesamt
auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den
die Vorauszahlung erfolgt ist. Nach § 11 Abs. 2
Satz 4 EStG ist diese Regelung auf ein Disagio
nicht anzuwenden, wenn und soweit es marktüblich ist. Danach ist ein marktübliches Disagio,
das für einen Kredit über eine Laufzeit von mehr
als fünf Jahren gezahlt wird, nicht auf die Laufzeit
zu verteilen, sondern kann im Jahr der Zahlung voll
zum Abzug gebracht werden.
Wird eine Zins- und Disagiovereinbarung mit einer
Geschäftsbank wie unter fremden Dritten geschlossen, indiziert dies die Marktüblichkeit. Angesichts
der Pflicht von Geschäftsbanken zur Risikokontrolle
sind die mit einer Geschäftsbank vereinbarten Zinsgestaltungen regelmäßig als im Rahmen des im
Kreditmarkt Üblichen anzusehen. Diese Vermutung
kann widerlegt werden, wenn besondere Umstände
vorliegen. Hierzu zählen beispielsweise die Kreditunwürdigkeit des Darlehensnehmers, besondere
persönliche Beziehungen der Beteiligten oder ganz
atypische Vertragsgestaltungen. Weiterhin enthält
die Vereinfachungsregelung keine Aussage für den
Fall, dass der Disagio-Satz 5 % übersteigt. Daher
kann sie die Vermutung der Marktüblichkeit bei
Verträgen mit Geschäftsbanken nicht widerlegen.
Dabei kann dahinstehen, ob die Nichtbeanstandungsgrenze die Marktüblichkeit zutreffend ­
typisiert.
Im Fall des BFH-Urteils vom 8.3.2016 (DStR 2016
S. 1408) war streitig, ob das geleistete Disagio von
10 % marktüblich sei. Die Kläger hatten zum Erwerb
eines Miethauses von einer Geschäftsbank ein ­
Das Finanzgericht hat im Streitfall keine Feststellungen darüber getroffen, ob besondere Einzelumstände des Streitfalls gegen die durch den Vertragsschluss mit einer Geschäftsbank indizierte
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sowohl zur Erzielung von Einkünften als auch – in
mehr als nur untergeordnetem Umfang – zu privaten
Zwecken dient, sind – auch nach § 4 Abs. 5 Satz 1
Nr. 6b EStG – nicht abziehbar (so der Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 27.7.2015 – DStR
2016 S. 210). Nach den Feststellungen des Finanzgerichts nutzte die Klägerin die streitbefangenen
Räume zu einem nicht unerheblichen Anteil auch
privat. Die Voraussetzung der (nahezu) ausschließlichen betrieblichen Nutzung muss im häuslichen
Bereich für jeden abgeschlossenen Raum gesondert vorliegen. Diese Voraussetzung wird aber
auch dann nicht für die streitbefangenen Räume
erfüllt, wenn sie als Nebenräume des häuslichen
Arbeitszimmers angesehen werden. Der Grundsatz
der Aufteilung bei gemischter Nutzung ist bei Räumlichkeiten im häuslichen Bereich nicht anwendbar.
Steuerrecht
Verfassungsmäßigkeit der Verlustausgleichsund -abzugsbeschränkung des § 15 Abs. 4
Satz 3 EStG
Im Fall des BFH-Urteils vom 28.4.2016 (DStR 2016
S. 1462) ging es um die Beantwortung der Frage,
ob die Ausgleichs- und Abzugsbeschränkung für
Verluste aus betrieblichen Termingeschäften in
§ 15 Abs. 4 Satz 3 EStG als verfassungsgemäß zu
qualifizieren ist. Der Kläger ist als ehemaliger und
einziger Kommanditist prozessualer Rechtsnachfolger der während des Vorverfahrens im Jahr
2011 vollbeendeten A-KG. In der Feststellungserklärung für das Streitjahr 2009 erklärte die KG
nach Abzug von Verlusten aus Swap-Geschäften
(243.575 Euro) einen Gewinn aus Gewerbebetrieb
von 28.527 Euro. Im Feststellungsbescheid 2009
vom 11.3.2011 stellte das Finanzamt Einkünfte aus
Gewerbebetrieb von 272.102 Euro sowie darin enthaltene negative Einkünfte aus Termingeschäften
nach § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG von 243.575 Euro fest.
Einspruch und finanzgerichtliche Klage blieben erfolglos.
Nach Auffassung des BFH ist das Finanzgericht zu
Recht davon ausgegangen, dass § 15 Abs. 4 Satz 3
EStG verfassungsgemäß ist und die in den gewerblichen Einkünften der KG enthaltenen Einkünfte aus
Termingeschäften im angegriffenen Feststellungsbescheid gesondert festzustellen sind. Nach Satz 3
der Norm besteht für Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder
Vorteil erlangt, eine bestimmte Verlustausgleichsund -abzugsbeschränkung. Die im Streitfall getätigten Zins-Währungs-Swaps sind davon betroffen.
Nach den in den Sätzen 1 und 2 der Vorschrift geregelten Verlustausgleichsmechanismen dürfen
solche Verluste weder mit anderen Einkünften aus
Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen
Einkunftsarten ausgeglichen werden. Auch dürfen
sie nicht nach § 10d EStG abgezogen werden.
Diese Verluste mindern jedoch nach § 10d EStG
die entsprechenden Gewinne aus derselben Einkunftskategorie, die der Steuerpflichtige in dem
unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren erzielt hat oder erzielt.
– wie im Streitfall die Versagung des vertikalen
Verlustausgleichs – ist hingegen erst bei der Veranlagung der Gesellschafter zur Einkommensteuer
zu treffen. Dabei gelangt der BFH zu dem Ergebnis,
dass die genannte Verlustausgleichs- und -abzugsbeschränkung verfassungsgemäß ist, solange es
nicht zu einer Definitivbelastung kommt. In diesem
Fall verstößt die Vorschrift nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Im Streitfall kommt es nicht zu einer Definitivbelastung in der Weise, dass eine Nutzung der Verluste
aus Termingeschäften endgültig nicht mehr möglich
ist. Dabei spielt es keine Rolle, dass die KG nicht
bereits im Streitjahr, sondern erst im Jahr 2011
vollbeendet wurde. Denn für die Frage, ob eine
Definitivbelastung entsteht, kommt es nicht auf
die KG, sondern auf den Kläger als (ehemaligen)
Gesellschafter der KG an. Entscheidend ist, ob
dieser­als Steuersubjekt der Einkommensteuer die
auf ihn entfallenden Verluste aus Termingeschäften
bei seiner Veranlagung zur Einkommensteuer noch
nutzen kann. Im Streitfall hat der Kläger die Möglichkeit, die auf ihn entfallenden Verluste aus ­
Termingeschäften zu Lebzeiten mit von ihm allein
oder aus einer Beteiligung erzielten positiven Einkünften aus Termingeschäften auszugleichen.
Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip vor, wenn negative Einkünfte
aus Termingeschäften nur noch nach § 10d EStG
mit positiven Einkünften aus derartigen Termingeschäften verrechnet werden dürfen. Die Ungleichbehandlung von Verlusten aus Termingeschäften
gegenüber sonstigen betrieblichen Verlusten ist
sachlich gerechtfertigt. Die sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung besteht zunächst
darin, dass es sich bei solchen Termingeschäften
um besonders risikogeneigte Geschäfte handelt und
der Eintritt von Verlusten bei solchen Geschäften
deutlich wahrscheinlicher ist als bei sonstigen ­
betrieblichen Tätigkeiten. Darüber hinaus ist die
Vorschrift des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG aber auch
deshalb sachlich gerechtfertigt, weil ohne eine ­
solche Regelung ein Anreiz geschaffen würde,
risikogeneigte Geschäfte wie Termingeschäfte
vom privaten in den betrieblichen Bereich zu ­
verlagern. Mit der Qualifizierung von gewerblichen Einkünften
als solche aus Termingeschäften wird im Feststellungsbescheid für sämtliche Beteiligte übereinstimmend darüber entschieden, dass diese Einkünfte
den entsprechenden Ausgleichs- und Abzugsbeschränkungen zu unterwerfen sind. Die Entscheidung über die daran geknüpften Rechtsfolgen
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Marktüblichkeit sprachen. Deshalb verwies der
BFH den Rechtsstreit zurück. Steuerrecht
Besteuerung von Sonderbetriebseinnahmen
nach DBA Spanien 1966 und Rückfallklausel
des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG
Im Fall des BFH-Urteils vom 21.1.2016 (DStR 2016
S. 1310) war eine GmbH & Co. KG (KG) in den Streitjahren 2003 und 2004 zu rund 70 % an einer spanischen Personengesellschaft in der Rechtsform
der Sociedad en Comandita (O SC) und zu 70 % an
deren Komplementärin, einer spanischen Kapital­
gesellschaft in der Rechtsform einer Sociedad de
Responsabilidad Limitada (O SL), beteiligt. An der
KG (Klägerin) waren über verschiedene Obergesellschaften mittelbar im Inland ansässige natürliche
Personen beteiligt. Sowohl die O SC als auch die
O SL unterhielten allein in Spanien Betriebsstätten.
Die O SL schüttete an die Klägerin in den Streitjahren die in den Vorjahren aufgelaufenen Gewinne
aus. Diese wurden dabei nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1
Halbsatz 2 Buchst. a Alternative 2 des DBA Spanien
1966 mit einem ermäßigten Quellensteuersatz von
10 % besteuert. Die Klägerin ging davon aus, dass
die Dividenden Teil der Unternehmensgewinne der
O SC und damit nach Art. 10 Abs. 5 in Verbindung
mit Art. 7 DBA Spanien von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen
seien. Hingegen unterstellte das Finanzamt, dass
die Beteiligung an der O SL nicht der spanischen
Betriebsstätte zugerechnet werden könne. Da keine
Unternehmensgewinne nach Art. 7 DBA Spanien
vorlägen, sei lediglich die spanische Quellensteuer
grundsätzlich in Deutschland anzu­rechnen. Die
Klage gegen die für die Streitjahre ergangenen ­
Bescheide über die gesonderten und einheitlichen
Feststellungen war erfolgreich.
Nach Auffassung des BFH hatte das Finanzgericht
zu Recht angenommen, dass nach dem DBA Spanien das Besteuerungsrecht an den Dividenden
Spanien zusteht. Nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a
Satz 1 DBA Spanien werden dann bei einer in
Deutschland (nach Art. 4 Abs. 1 DBA Spanien) ansässigen Person die Einkünfte aus Quellen innerhalb Spaniens von der Bemessungsgrundlage der
deutschen Steuer ausgenommen. Im Streitfall handelte es sich um Dividenden aus spanischen Quellen, die unter den sogenannten Betriebsstättenvorbehalt des Art. 10 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 7
DBA Spanien unterfielen. Die O SC wird zwar in
Spanien wie eine Kapitalgesellschaft besteuert.
Aus Sicht des maßgeblichen deutschen Steuerrechts sind jedoch nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
Satz 1 EStG die Gesellschafter der O SC als Unternehmer zu qualifizieren. Da die O SC auch aus
Abkommens­sicht als transparente Personengesell-
schaft zu behandeln ist, kann sie ihren Gesell­
schaftern jeweils eine in Spanien gelegene Betriebsstätte vermitteln. Das Besteuerungsrecht
für dieser Betriebsstätte zuzuweisende Einkünfte
steht nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 DBA
Spanien zu. Dies gilt unter den Bedingungen des
Streitfalls ebenfalls für die von der O SL ausge­
schütteten Dividenden. Diesem Auslegungsergebnis
steht auch nicht die Ansässigkeitsfiktion für die
­Gesellschafter von spanischen Personengesellschaften nach Art. 4 Abs. 4 DBA Spanien entgegen. Die Norm betrifft nur die Verteilungsartikel,
nicht aber den Methodenartikel in Art. 23 DBA
Spanien.
Nach § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002/2007
wird die vereinbarte Freistellung von Einkünften
eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nicht gewährt, wenn der andere Staat die Bestimmungen
des Abkommens so anwendet, dass die Einkünfte
in diesem Staat von der Besteuerung auszunehmen
sind oder nur zu einem durch das Abkommen ­
begrenzten Steuersatz besteuert werden können.
Die unilaterale Rückfallregelung war im Streitfall
wirkungslos. Entscheidend ist, dass Spanien die
Einkünfte der in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtigen aus der spanischen Personen­gesell­
schaft (O SC) in Übereinstimmung mit dem DBA
weder von der Besteuerung ausnimmt noch nur zu
einem durch das Abkommen begrenzten Steuersatz besteuert (und besteuern kann). Auch wird die
Rückfallklausel des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG
nicht dadurch ausgelöst, dass die Einkünfte aus
der O SC infolge der spanischen Intransparenz­
behandlung als Dividenden nach Art. 10 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 4 Abs. 4 DBA Spanien qualifiziert werden. Denn der angeordnete unilaterale
Besteuerungsrückfall wird tatbestandlich nur dann
erfüllt, „wenn“ (nicht aber „soweit“) abkommensrechtlich freigestellte Einkünfte aus Gründen der
Unabgestimmtheit der Qualifikation im anderen
Vertragsstaat nicht oder nur zu einem durch das
Abkommen begrenzten Steuersatz besteuert ­
werden können. Die von der O SL ausgeschütteten
Dividenden sind somit aus deutscher Sicht als ­Ein­
künfte nach § 15 EStG zu qualifizieren – mit der
Folge, dass sich eine Zuweisung der Besteuerung
nach Art. 7 Abs. 1 DBA Spanien ergibt. Da im
Streitfall die Einkünfte teilweise (soweit sie von
der O SC herrühren) in Spanien uneingeschränkt
besteuert wurden, kann kein unilateraler Besteuerungsrückfall greifen. KPMG-Mitteilungen | August/September 20166
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Doppelbesteuerungsabkommen/
Einkommensteuer
Steuerrecht
Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens
im Rahmen einer Liquidation
Im Fall des BFH-Urteils vom 2.2.2016 (DStR 2016
S. 1260) stritten die Beteiligten über die verfassungsrechtliche Beurteilung des Untergangs von
Körperschaftsteuerguthaben im Zuge einer Liquidation. Die Klägerin (GmbH) wurde durch Gesellschafterbeschluss mit Wirkung zum 1.7.2005 aufgelöst. Die Schlussverteilung des Vermögens der
Klägerin in Höhe von 1.138.491 Euro erfolgte am
24.8.2006. Das Finanzamt erließ entsprechende
Bescheide über die gesonderte Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen zum 24.8.2006 sowie
über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag
für das Jahr 2006.
Die am 15.8.2011 geänderten Bescheide waren
auf die Neuregelung zur Umgliederung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals (vEK)
durch das Jahressteuergesetz 2010 in § 36 Abs. 6a
und § 37 Abs. 1 KStG 2002 zurückzuführen. Dabei
ermittelte das Finanzamt das zum 31.12.2004 gesondert festgestellte Körperschaftsteuerguthaben
in Höhe von 282.979 Euro. In den geänderten Bescheiden für 2006 ging das Finanzamt allerdings
davon aus, dass das Körperschaftsteuerguthaben
lediglich in Höhe von einem Sechstel des bei der
Schlussverteilung ausgekehrten Betrags (189.749
Euro = 1.138.491 Euro * 1/6) zu einer Erstattung
der Körperschaftsteuer führen könne und im
Übrigen verfalle. Einspruch und erstinstanzliche
Klage blieben erfolglos. Mit ihrer Revision machte
die Klägerin geltend, dass aus verfassungsrechtlicher Sicht das gesamte im Zeitpunkt der Systemumstellung vorhandene Körperschaftsteuerguthaben
für Zwecke der Körperschaftsteuererstattung zu
erfassen sei.
Nach Auffassung des BFH ist die Entscheidung
des Finanzgerichts, keine weitergehende Körperschaftsteuererstattung zu gewähren, weder
einfach­gesetzlich noch verfassungsrechtlich zu
beanstanden­. Die Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens ist im Fall einer Liquidation nach
§ 40 Abs. 4 KStG 2002 zu beurteilen. Danach kommt
es zu einer Minderung der Körperschaftsteuer und
gegebenenfalls auch zu einer Körperschaftsteuer­
erstattung, wenn das Vermögen einer Körperschaft
im Rahmen einer Liquidation verteilt wird. Die Minderung der Körperschaftsteuer ist für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Liquidation endet. Dabei bewirken die Regelungen der
§§ 37, 40 KStG 2002 aufgrund der Gewinnausschüttungsfiktion eine Gleichstellung der Verteilung des Vermögens im Rahmen einer Liquidation
mit einer Ausschüttung. Diese Ausschüttungs­
fiktion zwingt dazu, die Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens davon abhängig zu machen,
ob ein aus­reichendes Kapital der Körperschaft
vorhanden ist. Nach dem Gesetzeswortlaut der
§§ 37, 40 KStG 2002 ist die Höhe der Körperschaftsteuerminderung auf ein Sechstel des Betrags
der ausschüttungsgleichen Vermögensverteilung
­beschränkt und eine höhere Auszahlung des Gut­
habens nicht zulässig.
Der bei einer Liquidationsbesteuerung mögliche
Verlust eines Körperschaftsteuerguthabens verstößt weder gegen den Gleichheitsgrundsatz des
Art. 3 GG noch gegen das in Art. 14 GG verankerte
Eigentumsrecht. Im Hinblick auf den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ist es nicht zu beanstanden, dass dieser die Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens ausschüttungsabhängig
ausgestaltet hat. Die im Wege einer gesetzlichen
Fiktion bewirkte Gleichstellung der Vermögensauskehrung bei einer Liquidation mit einer offenen
Gewinnausschüttung erscheint ohnehin sachlich
geboten. Dies bedeutet aber auch, dass eine ­
solche Vermögensauskehrung gegenüber einer
offenen Gewinnausschüttung nicht zu privilegieren ist. Denn konnten Gewinnausschüttungen
„mangels Masse“ nicht innerhalb des gesetzlichen
Übergangszeitraums getätigt werden, verfiel ebenfalls das Guthaben mit Ablauf des Übergangszeitraums.
Im Streitfall verursachte die unzureichende Kapitalausstattung der Klägerin den entsprechenden Verlust der Realisierung des Körperschaftsteuergut­
habens. Der Eintritt dieser Rechtsfolge ist in einem
zulässigerweise vom Gesetzgeber gewählten System einer ausschüttungsabhängigen Realisierung
des Körperschaftsteuerguthabens sachlich nachvollziehbar. Mithin kam keine Vorlage des Verfahrens an das BVerfG in Betracht. Erbschaftsteuer/Unionsrecht
Unionsrechtswidrigkeit von § 2 Abs. 3 ErbStG
trotz Antragsoption
Der EuGH beschäftigte sich in seinem Urteil vom
8.6.2016 (DStR 2016 S. 1360) mit einem Vorabentscheidungsersuchen des Finanzgerichts Düsseldorf
vom 22.10.2014. Das Urteil betraf die Frage des
verlängerten Zeitraums hinsichtlich des Steuerfreibetrags bei Schenkungen unter Gebietsfremden im
Rahmen des Antragsrechts nach § 2 Abs. 3 ErbStG.
Die Klägerin (Frau Hünnebeck – H) und ihre beiden
Töchter sind deutsche Staatsangehörige und haben
ihren Wohnsitz im Vereinigten Königreich. H übertrug mit notariell beurkundetem Vertrag im Jahr
2011 ihren 50 %igen Anteil als Miteigentümerin
KPMG-Mitteilungen | August/September 20167
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Körperschaftsteuer
Steuerrecht
Nach § 2 Abs. 3 ErbStG werden auf Antrag des
Erwerbers bestimmte Vermögensanfälle insgesamt
als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt, wenn
der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung
der Steuer seinen Wohnsitz in einem EU-/EWRStaat hat. In diesem Fall sind auch mehrere Er­
werbe, die innerhalb von zehn Jahren vor dem Vermögensanfall und innerhalb von zehn Jahren nach
dem Vermögensanfall von derselben Person anfallen, als unbeschränkt steuerpflichtig zu behandeln und nach § 14 ErbStG zusammenzurechnen.
Die Norm des § 2 Abs. 3 ErbStG beruht auf der
Reaktion des Gesetzgebers auf das EuGH-Urteil
vom 22.4.2010 in der Rechtssache Mattner (DStR
2010 S. 861) zur Einstufung des niedrigeren Freibetrags für beschränkt Steuerpflichtige als nicht
gerechtfertigte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs.
Nach Ansicht des EuGH beinhaltet die Vorschrift
des § 2 Abs. 3 ErbStG eine unzulässige Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 und Art.
65 AEUV). Dies beruht bereits darauf, dass nach
dieser Regelung bei Schenkungen unter Gebietsfremden die Steuer unter Anwendung eines niedrigeren Steuerfreibetrags berechnet wird, wenn
der Erwerber keinen spezifischen Antrag stellt.
Darüber­hinaus sieht der EuGH in der genannten
Norm eine Unvereinbarkeit mit Unionsrecht, da
die Zusammenrechnung bei Schenkungen unter
Gebietsfremden einen längeren Zeitraum erfasst
als bei Schenkungen unter Beteiligung zumindest
eines Gebietsansässigen.
In diesen Konstellationen besteht das Risiko, dass
sich der Freibetrag auf eine höhere Bemessungsgrundlage bezieht und damit solche Schenkungen
einer höheren Schenkungsteuer unterliegen. Die
Situation wird bei Schenkungen unter Gebietsfremden noch dadurch verschärft, dass die Zusammenrechnung der Erwerbe auch diejenigen erfasst, die
innerhalb von zehn Jahren nach der betreffenden
Schenkung erfolgen. Mithin wissen die Erwerber
nicht, in welcher Höhe die Schenkungsteuer später
zu entrichten ist.
Der EuGH sieht auch keine erlaubte Ungleichbehandlung nach Art. 65 Abs. 1 AEUV. Dies wäre nur
dann zulässig, wenn die unterschiedliche Behandlung Situationen betrifft, die objektiv nicht miteinander vergleichbar sind, oder wenn sie durch
zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. Der bei der Anwendung des Freibetrags berücksichtigte Zeitraum ist jedoch nicht
von der Höhe der Steuerbemessungsgrundlage
abhängig, sondern gilt für den Schenkungsempfänger aufgrund seiner Eigenschaft als Steuerpflichtiger. Die im Streitfall für die Töchter der
Klägerin­vorliegende Situation ist somit objektiv
vergleichbar mit der Situation jedes Schenkungsempfängers, der eine in Deutschland belegene
Immobilie von einer im Inland ansässigen Person
erhält, zu der er in einem Eltern-Kind-Verhältnis
steht. Schließlich vermochte die deutsche Regierung keine hinreichenden Gründe des Allgemeininteresses vorzutragen, die zu einer Rechtfertigung
der Beschränkung in Form der weniger günstigen
Behandlung Gebietsfremder führen. Kapitalverkehrsfreiheit und Erbschaftsteuerermäßigung nach § 27 ErbStG
Der EuGH befasste sich in seinem Urteil vom
30.6.2016 (BeckRS 2016, 81407) mit einem Vorabentscheidungsersuchen des BFH vom 20.1.2015.
Dabei ging es um die Beantwortung der Frage, ob
die Regelung des § 27 ErbStG zur Erbschaftsteuer­
ermäßigung einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit darstellt. Nach dem Sachverhalt ist
der in Deutschland wohnende Herr Feilen (F)
Alleinerbe seiner zuletzt in diesem Mitgliedstaat
wohnenden Mutter (M). Sie war im Jahr 2007 ­
verstorben. Ihr Nachlass bestand insbesondere
aus ihrem Anteil am Nachlass ihrer im Jahr 2004
in Öster­reich verstorbenen Tochter (T). Beide ­
hatten bis zum Tod der T in Österreich gewohnt.
Deren Nachlass wurde erst nach dem Tod der M
verteilt und die hierfür anfallenden Steuern wurden
von F entrichtet. Das Finanzamt zog im Erbschaftsteuerbescheid vom 28.10.2009 die in Österreich
entrichtete Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit von der Steuerbemessungsgrundlage ab.
Allerdings lehnte es den Antrag auf Gewährung
einer erbschaftsteuerlichen Ermäßigung ab. Einspruch und finanzgerichtliche Klage blieben erfolglos. Hingegen hegte der BFH als Revisionsinstanz
Zweifel an der Vereinbarkeit von § 27 ErbStG mit
dem Unionsrecht.
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eines in Düsseldorf belegenen Grundstücks zu
jeweils 50 % auf ihre Töchter. Etwaig anfallende
Schenkungsteuer sollte H selbst übernehmen. Mit
zwei Bescheiden setzte das Finanzamt Schenkungsteuer fest. Bei der Berechnung der Steuer zog es
jeweils von dem Wert des Erwerbs den persönlichen Freibetrag für beschränkt Steuerpflichtige
in Höhe von 2.000 Euro ab. Der Einspruch mit dem
Ziel der Gewährung des persönlichen Freibetrags
von 400.000 Euro für unbeschränkt steuerpflichtige
Personen nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG wurde
zurück­gewiesen. Im Klageverfahren machte H
geltend­, dass sie keinen Antrag nach § 2 Abs. 3
ErbStG gestellt habe, da damit auch frühere un­
entgeltliche Erwerbe berücksichtigt würden.
Steuerrecht
Der EuGH sieht in der Regelung des § 27 ErbStG
eine Beschränkung des Kapitalverkehrs nach Art.
63 Abs. 1 AEUV. Allerdings eröffnet Art. 65 AEUV
den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zur Rechtfertigung einer Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit. Im Ergebnis sieht der EuGH im Ausgangsverfahren Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV als erfüllt
an. Danach bleibt den Mitgliedstaaten das Recht,
die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts
anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln. Nur für die Anwendung der Ermäßigung der Erbschaftsteuer nach § 27 Abs. 1 ErbStG
behandelt die Regelung Gebietsansässige und Ge­
biets­fremde unterschiedlich. Dabei ist entscheidend,
ob sich die fraglichen Vermögensgegenstände bei
dem Vorerwerb im nationalen Hoheitsgebiet befunden haben und ob die Beteiligten in diesem Gebiet
wohnten. Mithin betrifft die unterschiedliche Behandlung durch die bezeichnete Regelung Situationen, die objektiv vergleichbar sind, sodass
insoweit kein Grund zur Rechtfertigung vorliegen
würde. In einem zweiten Prüfschritt stellte der
EuGH jedoch fest, dass die Regelung des § 27
ErbStG durch einen zwingenden Grund des All­­ge­
meininteresses wie der Notwendigkeit der Wahrung der Kohärenz des Steuersystems objektiv ­
gerechtfertigt werden kann.
Der mit der Ermäßigung der Erbschaftsteuer nach
§ 27 Abs. 1 ErbStG verbundene Vorteil hängt damit
zusammen, dass schon für den Vorerwerb desselben Vermögens von Todes wegen Erbschaftsteuer
erhoben worden ist. Die Vorenthaltung der Ermäßigung der Steuer bei einem Vorerwerb, der nur im
Ausland besteuert worden ist, hängt objektiv damit
zusammen, dass Deutschland diesen Erwerb nicht
habe besteuern können. Die Ausgestaltung der
fraglichen Steuervergünstigung lässt erkennen,
dass die Steuerermäßigung nur Personen zugutekommen soll, denen von Todes wegen Vermögen
anfällt, für das bei einem vorherigen Erbfall eine
solche Steuer in Deutschland erhoben wurde. Folglich besteht in dieser Regelung der Erbschaftsteuer­
ermäßigung ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem fraglichen Steuervorteil und der früheren
Besteuerung. Verfahren
Auskunftsgebühr bei doppelter Antragstellung
durch Organträgerin und Organgesellschaft
Im Fall des BFH-Urteils vom 9.3.2016 (DStR 2016
S. 1416) bestand aufgrund des im Jahr 1992 beste­
henden Ergebnisabführungsvertrags eine ertragsteuerliche Organschaft mit der S-GmbH als
Organ­trägerin und einer AG (Klägerin) als Organ­
gesellschaft. Mit dem Schreiben vom 20.3.2009
stellten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin
„namens und im Auftrag“ der S-GmbH und der
Klägerin einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft. Mit verbindlicher Auskunft vom
16.4.2009 bestätigte das Finanzamt die im Antrag
dargelegte Rechtsauffassung. Letzteres setzte mit
separaten Bescheiden vom 23.4.2009 eine Gebühr
für die Bearbeitung der Anträge auf verbindliche
Auskunft nach § 89 Abs. 3 bis 5 AO in Höhe von
jeweils 5.056 Euro sowohl gegenüber der Klägerin
als auch gegenüber der S-GmbH fest. Nach erfolglosem Einspruch hob das Finanzgericht den gegen
die Klägerin gerichteten Gebührenbescheid auf.
Richtiger Gebührenschuldner sei nur die Organ­
trägerin.
Der BFH kam entgegen der Ansicht der Vorinstanz
zum Ergebnis, dass die Festsetzung der Gebühren
gegenüber der Klägerin weder dem Grunde noch der
Höhe nach zu beanstanden ist. Beantragen sowohl
Organträger als auch Organgesellschaft einer
ertragsteuerlichen Organschaft eine verbindliche
Auskunft in Bezug auf den gleichen Sachverhalt,
fällt bei beiden Antragstellern eine Auskunftsgebühr an. Nach § 89 Abs. 2 AO können Finanzämter auf Antrag verbindliche Auskünfte über die
steuerliche Beurteilung von bestimmten, noch
nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn
daran hinsichtlich der steuerlichen Auswirkungen
ein besonderes Interesse besteht. Für die Bearbeitung von Anträgen auf Erteilung einer verbindlichen
Auskunft wird eine Gebühr erhoben (§ 89 Abs. 3
AO). Die Gebühren werden nach § 89 Abs. 4 AO
grundsätzlich nach dem Gegenstandswert berechnet und bestimmen sich dann in entsprechender
Anwendung des § 34 GKG (§ 89 Abs. 5 AO).
Die Gebührenpflicht knüpft an die Bearbeitung
eines Antrags auf verbindliche Auskunft an und
trifft den Antragsteller als Gebührenschuldner. ­
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Die Vorschrift des § 27 ErbStG ermöglicht eine
Steuerermäßigung für einen Erwerb von Todes
wegen durch Personen der Steuerklasse I, wenn
dieses Vermögen in den letzten zehn Jahren vor
dem Erwerb bereits von Personen dieser Steuerklasse erworben worden ist und für den Vorerwerb
Erbschaftsteuer in Deutschland zu erheben war.
Dabei wird die Ermäßigung der Erbschaftsteuer
unter der Voraussetzung gewährt, dass sich das
betreffende Vermögen bei dem Vorerwerb in
Deutschland befand oder dass mindestens einer
der an diesem Erwerb Beteiligten in Deutschland
wohnte, wenn das Vermögen im Ausland belegen
war. Aufgrund des grenzüberschreitenden Bezugs
wurde F die zuvor bezeichnete Steuerermäßigung
­versagt.
Dabei ist als Antragsteller diejenige Person anzu­
sehen, in deren Namen ein Antrag gestellt ist. Die
Klägerin ist – neben der Organträgerin – Antragstellerin eines vom Finanzamt bearbeiteten Antrags
auf verbindliche Auskunft. Der Auskunftsantrag ist
ausdrücklich namens beider Gesellschaften gestellt worden. Zudem wurden beide in die Darlegung des steuerlichen Interesses des Antragstellers einbezogen. Für beide wurde die Versicherung
abgegeben, keinen anderweitigen Antrag in der
Sache gestellt zu haben. Für verschiedene Steuerpflichtige besteht im Hinblick auf die Steuerfest­
setzung durch Verwaltungsakt ein selbstständiges
Interesse an der Bindungswirkung einer Auskunft.
Die verbindliche Auskunft ist ebenso als Verwaltungsakt ausgestaltet. Damit ist gegenüber jedem
Antragsteller eine Gebühr festzusetzen, die sich
nach dem Wert der Auskunft für den individuellen
Antragsteller bemisst. Dabei bietet die gesetzliche
Regelung keine Handhabe für eine Reduktion oder
einen Wegfall des gesetzlich fest­gelegten Gebührenanspruchs.
Die Finanzverwaltung vertritt in AEAO Nr. 4.1.3 zu
§ 89 AO die Auffassung, dass es sich nur um einen
Antrag handele, soweit sich die rechtliche Beurteilung eines Sachverhalts auf einen Steuerpflichtigen beziehe. Diese Aussage ist für den Streitfall
nicht von Belang. Denn Organträger und Organ­
gesellschaft sind selbstständige, voneinander verschiedene Steuersubjekte. Die Norm des § 178a
AO regelt die Gebührenpflicht von Anträgen auf
Durchführung eines Vorabverständigungsverfahrens. Dabei ordnet § 178a Abs. 2 Satz 1 AO an, dass
für jeden Antrag eine Gebühr entsteht. Jedoch gilt
der Antrag eines Organträgers nach § 14 Abs. 1
KStG, der Geschäfte seiner Organgesellschaften
umfasst, als ein Antrag. Aufgrund der abweichenden Ausgestaltung der Gebührentatbestände in
beiden Regelungsbereichen kann diese Sonderregelung nicht für die verbindliche Auskunft nach
§ 89 AO herangezogen werden.
Die Festsetzung der Gebühr auf 5.056 Euro entspricht § 89 Abs. 5 Satz 1 AO in Verbindung mit
§ 34 GKG. Im Streitfall richtete sich das Auskunftsbegehren der Klägerin auf die Annahme eines Organschaftsverhältnisses – mit der Konsequenz, dass
ihr Einkommen nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG der
S-GmbH zuzurechnen wäre und sie nach § 2 Abs. 2
Satz 2 GewStG gewerbesteuerrechtlich als Betriebsstätte der S-GmbH anzusehen wäre. Die hieraus
resultierende Gegenüberstellung der steuerlichen
Auswirkungen war nicht zu beanstanden. Kein vorläufiger Rechtsschutz gegen die
Festsetzung des Solidaritätszuschlags
Der Beschluss des BFH vom 15.6.2016 (DStR
2016 S. 1522) betraf die Frage, ob vorläufiger
Rechtsschutz gegen die Festsetzung des Solida­
ritätszuschlags zu gewähren ist. Es handelt sich
bei den Antragstellern um Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden.
Das Finanzamt setzte gegenüber ihnen zuletzt im
Änderungsbescheid vom 31.1.2014 den Solidaritätszuschlag 2012 auf 738,04 Euro fest. Nach ­
Anrechnung der Steuerabzugsbeträge von 714,72
Euro verblieb eine Nachzahlung von 23,32 Euro.
Die Ehegatten legten Einspruch gegen die Fest­
setzung des Solidaritätszuschlags ein und ver­
wiesen zur Begründung auf den Beschluss des
Finanzgerichts Niedersachsen vom 21.8.2013
(DStRE 2014 S. 534), mit dem das SolZG dem
BVerfG zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit ­
vorgelegt wurde. Über den Einspruch hat das
Finanzamt noch nicht entschieden. Letzteres
lehnte den Antrag auf Aufhebung der Vollziehung
des Bescheids über den Solidaritätszuschlag ab.
Hingegen war der beim Finanzgericht gestellte ­
Antrag auf Aus­setzung der Vollziehung erfolgreich.
Mit der vom Finanzgericht zugelassenen Beschwerde machte das Finanzamt geltend, dass ­
vorläufiger Rechtsschutz nicht zu gewähren sei.
Der BFH hob die Vorentscheidung auf und lehnte
den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des
Bescheids über den Solidaritätszuschlag 2012 ab.
Bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit
eines angefochtenen Verwaltungsakts, so hat das
Finanzgericht regelmäßig dessen Vollziehung auszusetzen oder im Fall eines bereits vollzogenen Verwaltungsakts die Vollziehung wieder aufzuheben
(§ 69 FGO). Beruhen die ernstlichen Zweifel an der
Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts auf Bedenken
gegen die Verfassungsmäßigkeit einer dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Gesetzesvorschrift,
müssen weitere Voraussetzungen vorliegen, um
die Aussetzung der Vollziehung zu gewähren. In
diesem Fall muss ein besonderes berechtigtes
Interesse des Antragstellers an der Gewährung
vorläufigen Rechtsschutzes bestehen, dem der
Vorrang gegenüber dem öffentlichen Interesse am
Vollzug des Gesetzes zukommt. Im Streitfall war
das öffentliche Interesse am Vollzug des SolZG
gegen­über dem Interesse des Antragstellers an
einer Aufhebung der Vollziehung vorrangig.
Im Streitfall konnte dahinstehen, ob sich aufgrund
der Vorlage des Finanzgerichts überhaupt ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des
SolZG ergeben könnten. Das SolZG ist formell ordnungsgemäß zustande gekommen und kann daher
bis zu einer Entscheidung des BVerfG Geltung be-
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Steuerrecht
Steuerrecht
Schließlich kam im Streitfall hinzu, dass nach ­
Anrechnung der Steuerabzugsbeträge nur ein zu
entrichtender Solidaritätszuschlag von 23,32 Euro
verblieb­und diese Zahlung zu keiner signifikanten
Belastung der Antragsteller führte. Eine Aufhebung
der Vollziehung des Bescheids über den Solidaritätszuschlag 2012 hinsichtlich der anzurechnenden
Steuerabzugsbeträge von 714,72 Euro war auch
deshalb ausgeschlossen, weil sie nicht zur Abwendung wesentlicher Nachteile nach § 69 Abs. 2 Satz
8 FGO nötig erschien. Die in dieser Norm festgelegte Beschränkung der Aussetzung oder Aufhebung
der Vollziehung bei anzurechnenden Steuerabzugsbeträgen oder Vorauszahlungen ist mit dem Grundgesetz vereinbar und nicht im Wege verfassungskonformer Auslegung zu korrigieren. Gemeinnützigkeit
Steuerfreiheit der Beteiligungserträge
gemeinnütziger Körperschaften aus gewerblich geprägten Personengesellschaften
Im Fall des BFH-Urteils vom 18.2.2016 (DStR 2016
S. 1264) war strittig, ob die Beteiligung einer g
­ e­
meinnützigen Stiftung an einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG zu einem wirtschaftlichen ­
Geschäftsbetrieb führt. Eine als gemeinnützig
an­­erkannte rechtsfähige Stiftung (Klägerin) war
von den Eheleuten B gegründet worden. Nach
dem Tod der Frau B erbte die Klägerin deren Kommanditanteil (100 %) an der B-GmbH & Co. KG und
alle Anteile an der Komplementär-GmbH.
Die KG betrieb ursprünglich einen Gewerbebetrieb
in mehreren Filialen. Seit dem Jahr 1986 nutzte die
KG ihr Betriebsgrundstück in der Filiale A nicht mehr
für den Gewerbebetrieb, sondern vermietete es an
einen Dritten. Zum 30.6.2006 beendete die KG ihre
gewerbliche Tätigkeit und veräußerte alle Filialen.
Im Betriebsvermögen verblieb lediglich das Wohnund Geschäftshaus in A. Eine (ehemalige) Wohnung wurde nunmehr als Büroraum für die KG und
die Klägerin genutzt. Die übrigen Räume vermietete
die KG an Dritte. Die Veräußerung der Filialen im
Jahr 2006 wurde als Teilbetriebsveräußerung nach
§§ 16, 34 EStG qualifiziert. Die Klägerin behandelte
ihre Beteiligung an der KG seit dem Jahr 2006 zunächst als steuerpflichtigen wirtschaftlichen Ge-
schäftsbetrieb. Im Streitjahr 2011 wandte sich die
Klägerin gegen den entsprechenden Körperschaftsteuerbescheid und machte mit ihrem Einspruch
die Steuerfreiheit der Beteiligungseinkünfte geltend. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hob
das Finanzgericht die Körperschaftsteuerfestsetzung für 2011 auf.
Nach Auffassung des BFH hat das Finanzgericht
zutreffend keine Körperschaftsteuer für das Streitjahr festgesetzt. Denn die Klägerin ist nach § 5
Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer ­
befreit. Die Befreiung ist auch nicht nach Satz 2
der genannten Vorschrift ausgeschlossen, da die
Klägerin mit ihrer Beteiligung an der KG keinen
wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält. Zwar
begründet die Beteiligung einer steuerbefreiten
Körperschaft an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft grundsätzlich einen wirtschaftlichen
Geschäftsbetrieb. Beteiligt sich eine gemeinnützige Stiftung hingegen an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaft
(§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG), liegt kein wirtschaftlicher
Geschäftsbetrieb vor.
Im Streitfall führte die Veräußerung wesentlicher
Teile des Betriebsvermögens zu einer Betriebs­
aufgabe – mit der Folge, dass die verpachteten ­
Gegenstände dem Privatvermögen zuzurechnen
waren. Es lagen auch nicht die Voraussetzungen
einer Betriebsverpachtung vor. Denn das Grundstück in A diente bereits seit 1986 nicht mehr dem
Gewerbebetrieb, sondern wurde an Dritte vermietet. Bei der Veräußerung der Filialen bildete somit
dieses Grundstück keine wesentliche Betriebsgrundlage. Dieser Beurteilung steht auch nicht ­
entgegen, dass die gewerblich geprägte Personengesellschaft zuvor (bis 2006) originär gewerblich
tätig war. Daraus folgt nicht, dass die Beteiligungserträge einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb
so lange zuzu­rechnen und zu besteuern sind, bis
die während der gewerblichen Tätigkeit der KG gebildeten stillen Reserven des Betriebsvermögens
aufgedeckt und der Besteuerung zugeführt sind.
Schließlich hätte auch eine gewerblich tätige KG
ihr im Betriebsvermögen gehaltenes Grundstück
zum Buchwert entnehmen und auf eine nach § 5
Abs. 1 Nr. 9 KStG begünstigte Körperschaft zur ­
Verwendung für steuerbegünstigte Zwecke übertragen können (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG). KPMG-Mitteilungen | August/September 201611
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anspruchen. Am Vollzug des SolZG besteht wegen
der Sicherung einer geordneten Haushaltsführung
ein öffentliches Interesse. Eine Aussetzung oder
Aufhebung der Vollziehung der Bescheide über
den Solidaritätszuschlag würde zu einer faktischen
Außerkraftsetzung des SolZG führen. Denn der
vorläufige Rechtsschutz könnte nicht auf einzelne
Steuerpflichtige oder Jahre beschränkt werden.
Steuerrecht
Umsatzsteuerfreie Betreuungsleistungen
Das Urteil des BFH vom 6.4.2016 (DStR 2016
S. 1206) betrifft die Frage der Umsatzsteuerfreiheit
von Betreuungsleistungen gegenüber Kindern und
Jugendlichen im Jahr 2007.
Im Streitfall verfolgt eine GmbH nach ihrem Gesellschaftszweck ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Diese bestehen unter anderem
in der Förderung der Jugend in Bildung und Er­zie­
hung sowie der Jugendhilfe nach §§ 27 ff. des ­
Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG). Der Satzungszweck wird insbesondere verwirklicht durch
die Unterhaltung einer Kinder- und Jugendhilfe­
einrichtung in der Rechtsform einer GbR. Zu deren
Aufgaben zählen stationäre und ambulante Hilfen,
die Bekämpfung der Verwahrlosung, unter anderem
bei Drogenmissbrauch sowie körperlicher und seeli­
scher Misshandlung. Hierzu erbringt die GmbH unter
anderem Betreuungsleistungen der Kinder- und
Jugendhilfe nach dem Achten Buch Sozial­gesetz­
buch (SGB VIII). Die für entsprechende Einrichtungen (Wohnheime) erforderlichen Betriebserlaubnisse sind ihr gemäß § 45 SGB VIII erteilt worden.
Die für ihre Betreuungsleistungen geschuldeten Entgelte stellte die GmbH der – als Trägerin der freien
Jugendhilfe nach § 75 in Verbindung mit § 45 SGB
VIII anerkannten – GbR in Rechnung. Diese rechnete die unter Einschaltung der Klägerin erbrachten
Leistungen mit den öffentlichen Trägern der Kinderund Jugendhilfe ab.
Die von der GmbH erbrachten Leistungen waren
nicht nach § 4 Nr. 25 UStG a. F. steuerfrei. Insbe­
sondere fielen die Betreuungsleistungen der GmbH
weder unter die in Buchstabe a bezeichneten Tätigkeiten noch unter die in Buchstabe b bezeichneten
Leistungen des § 4 Nr. 25 UStG a. F. Zu den Tätigkeiten im Sinne dieser Regelung gehören die Durchführung von Lehrgängen, Freizeiten, Zeltlagern,
Fahrten und Treffen sowie von Veranstaltungen,
die dem Sport oder der Erholung dienen. Zu den
Leistungen des Buchstaben b zählen Beherbergung, Beköstigung und übliche Naturalleistungen,
die den Jugendlichen und Mitarbeitern gewährt
werden.
Des Weiteren konnte auch keine Steuerbefreiung
unter dem Aspekt der Durchführung von kulturellen
und sportlichen Veranstaltungen im Rahmen der
Jugendhilfe erfolgen (§ 4 Nr. 25 Buchst. c UStG
a. F.). Schließlich führt auch die Erweiterung des
sachlichen Anwendungsbereichs des § 4 Nr. 25
UStG durch das Jahressteuergesetz 2008 zu ­
keinem anderen­Ergebnis. Zwar können nunmehr
neben Trägern der Jugendhilfe auch andere Ein-
richtungen mit sozialem Charakter begünstigt sein.
Dies trifft auf die GmbH zu, da sie für ihre Leistungen eine Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII ­
besitzt. Eine Steuerbefreiung der erbrachten Leistungen scheidet im Streitfall dennoch aus, weil die
Neufassung des § 4 Nr. 25 UStG erst für Umsätze
gilt, die ab dem 1.1.2008 ausgeführt werden.
Streitig ist deshalb, ob sich die GmbH für die Steuerbefreiung ihrer Leistungen auf das Unionsrecht ­
berufen kann. Der BFH bejaht dies. Steuerfrei sind
nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL eng
mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundene
Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts
oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat
als Einrichtungen mit sozialem Charakter aner­
kannte Einrichtungen. Die Leistungen der GmbH
sind vorliegend eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbunden. Die GmbH betreibt ein Wohnheim, in dem psychisch und seelisch kranke Kinder
und Jugendliche untergebracht sind und behandelt
werden. Damit wird sie gegenüber dem Jugend­
amt im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe (§§ 27
bis 41 SGB VIII) tätig. Laut BFH ist die GmbH nach
einer Gesamtwürdigung auch als Einrichtung mit
sozialem Charakter anerkannt.
Für die Anerkennung der GmbH spricht insbesondere die Erteilung der Betriebserlaubnis nach § 45
SGB VIII. Dabei handelt es sich um eine spezifi­sche
Vorschrift im Bereich der sozialen Sicherheit. Maßgeblich dafür ist, dass § 45 Abs. 2 SGB VIII der im
Streitjahr geltenden Fassung eine Versagung der
Erlaubnis vorsieht, wenn „die Betreuung der Kinder
oder der Jugendlichen durch ‚geeignete Kräfte‘
nicht gesichert ist“ oder „in sonstiger Weise das
Wohl der Kinder oder der Jugendlichen in der Einrichtung nicht gewährleistet ist“. An der Tätigkeit
der GmbH im Bereich der Kinder- und Jugendbetreuung besteht auch ein besonderes Gemein­
wohlinteresse. Zu berücksichtigen ist schließlich
die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen
durch Einrichtungen der sozialen Sicherheit. Auch
eine mittelbare oder durchgeleitete Kostentragung
erfüllt das Merkmal der Kostenübernahme. Bescheinigung für umsatzsteuerfreie
Postdienstleistungen erfordert Leistungsangebot an allen Werktagen
Das Urteil des BFH vom 2.3.2016 (DStR 2016
S. 1204) betrifft die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Unternehmen für erbrachte Post­
dienstleistungen einen Anspruch auf Erteilung
einer Bescheinigung im Sinne von § 4 Nr. 11b Satz
2 UStG gegenüber dem Bundeszentralamt für
Steuern (BZSt) hat.
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Umsatzsteuer
Steuerrecht
Auch der BFH verneint im Rahmen des Revisionsverfahrens den Anspruch auf Erteilung einer Bescheinigung gemäß § 4 Nr. 11b Satz 2 UStG. Eine
solche Bescheinigung setzt voraus, dass sich der
Unternehmer gegenüber dem BZSt verpflichtet
hat, flächendeckend in ganz Deutschland die ­
Gesamtheit oder einen Teilbereich der Universaldienstleistungen nach § 4 Nr. 11b Satz 1 UStG ­
anzubieten. Postdienstleistungen sind nach dieser
Vorschrift steuerfrei, wenn Universaldienstleistungen nach Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 97/67/EG
erbracht werden. Die Steuerbefreiung gilt nicht
für Leistungen, die der Unternehmer aufgrund
individuell ausgehandelter Vereinbarungen erbringt.
Ebenfalls nicht steuerbefreit sind Leistungen, die
auf allge­meinen Geschäftsbedingungen zu abweichenden Qualitätsbedingungen beruhen oder zu
günstigeren Preisen als den nach den allgemein für
jedermann zugänglichen Tarifen oder als den nach
§ 19 Post­gesetz genehmigten Entgelten erfolgen
(siehe § 4 Nr. 11b Satz 3 UStG).
Der Universaldienst umfasst nach Art. 3 Abs. 4
Richtlinie 97/67/EG die Abholung, das Sortieren,
den Transport und die Zustellungen von Postsendungen bis 2 kg und von Postpaketen bis 10 kg,
ferner die Dienste für Einschreib- und Wertsendungen. Der Universaldienst soll nach Art. 3 Abs. 3
Richtlinie 97/67/EG an mindestens fünf Arbeitstagen stattfinden. Der BFH kommt zum Ergebnis,
dass ein Mitgliedstaat im durch diese Richtlinie
vorgegebenen Rahmen einen Umsetzungs- und
Präzisierungsspielraum hat. Ein Mitgliedstaat muss
nur den Mindestzeitraum einhalten, er darf aber
auch darüber hinausgehen. Gemäß den nationalen
postgesetzlichen Bestimmungen hat die Zustellung
mindestens einmal werktäglich zu erfolgen. Als
Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonnoder gesetzliche Feiertage sind. Somit ist regel-
mäßig eine Zustellung an sechs Tagen pro Woche
erforderlich. Daran fehlt es im Streitfall. Einwerbung von Kapital durch eine
Holdinggesellschaft
Das Urteil des BFH vom 6.4.2016 (DStR 2016
S. 1366) betrifft den Vorsteuerabzug einer Holdinggesellschaft bei Einwerbung von Kapital für einen
Beteiligungserwerb.
Im Streitfall widmet sich ein geschlossener Fonds
in der Rechtsform einer KG der Forstwirtschaft in
einem Drittland. Die Vermarktung erfolgt durch
eine GmbH. Die KG hat zwei Tochtergesellschaften
im Drittland. Die eine Tochtergesellschaft ist Eigentümerin der Grundstücke und des Waldes. Die andere Tochtergesellschaft betreibt die Aufforstung,
Pflege und Ernte des Waldes. Letztere ist mit einem
Stammkapital von 10.000 US-Dollar ausgestattet
und b
­ esitzt ansonsten kein Vermögen. Der bilanzierte Wertansatz der Beteiligungen ­beträgt insgesamt circa 1.100.000 Euro.
Die KG erbringt an ihre Tochtergesellschaften kaufmännische Dienst- beziehungsweise Beratungsleistungen und erhält hierfür jeweils ein pauschales
Honorar in Höhe von 10.000 Euro jährlich. Durch die
Aufnahme von weiteren Gesellschaftern wurde das
Kommanditkapital von 862.500 Euro auf 7.800.000
Euro erhöht. Die GmbH ist für die KG auf der Grundlage einer Vertriebsvereinbarung zur Vermittlung
der Kommanditanteile sowie eines Projektentwicklungsvertrags tätig. Die KG wiederum vermietet an
die GmbH steuerfrei Büroräume. Streitig ist der Vorsteuerabzug aus dem Bezug von Projektentwicklungsleistungen und der Einwerbung von Kapital
durch die GmbH sowie anteilige Vorsteuern aus
sonstigen Leistungsbezügen.
Der BFH bejaht zunächst die unternehmerische
Tätigkeit der KG als Holdinggesellschaft aufgrund
ihrer entgeltlichen Dienstleistungen gegenüber den
Tochtergesellschaften. Unter Berücksichtigung des
EuGH-Urteils vom 16.7.2015 in den verbundenen
Rechtssachen C-108/14 – Larentia + Minerva – und
C-109/14 – Marenave (DStR 2015 S. 1673; KPMGMitteilungen Oktober 2015 S. 12) ist eine unternehmerisch tätige Holdinggesellschaft grundsätzlich
zum Vorsteuerabzug aus Leistungsbezügen für die
Einwerbung von Kapital berechtigt, da die Kosten
der wirtschaftlichen Tätigkeit zuzuordnen sind.
An dem erforderlichen Zusammenhang mit dem
Beteiligungserwerb fehlt es jedoch, wenn das eingeworbene Kapital – wie im Streitfall – in keinem
Verhältnis zu dem Beteiligungserwerb steht. Die
Kosten für die Einwerbung von Kapital in der vor­
liegenden Größenordnung (Kapitaleinlage der
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Im Streitfall bietet ein Postdienstleistungsunter­
nehmen einen bundesweiten Briefversand und
einen EU-weiten Paketversand an. Das Unternehmen stellt die Briefe selbst nur in einem Teil von
Deutschland zu; in den anderen Teilen erfolgt die
Beförderung durch Kooperationspartner. Die Zustellung wird an fünf Tagen die Woche erbracht,
nämlich dienstags bis samstags. Montag ist ein
zustellfreier Tag. Das Unternehmen begehrte vom
BZSt die Erteilung einer Bescheinigung für umsatzsteuerfreie Postdienstleitungen gemäß § 4 Nr. 11b
Satz 2 UStG, was das BZSt ablehnte. Das Unternehmen sei nicht vollumfänglich in der Lage, seine
Verpflichtungserklärung zum flächendeckenden
Anbieten von Postuniversaldienstleistungen tatsächlich zu erfüllen. Die gegen die Entscheidung
des BZSt g
­ erichtete Klage beim Finanzgericht blieb
erfolglos.
Steuerrecht
Die KG hat nicht dargelegt, dass beziehungsweise
welche der übrigen von ihr bezogenen Leistungen
(einschließlich Projektentwicklungsvertrag) ausschließlich ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zuzuordnen sind. Da somit davon auszugehen ist, dass
die KG die übrigen Leistungen sowohl für ihre wirtschaftliche als auch für ihre nicht wirtschaftliche
Tätigkeit verwendet hat, ist eine Vorsteueraufteilung analog § 15 Abs. 4 UStG vorzunehmen. Das
Finanzgericht hatte erstinstanzlich aufgrund einer
Schätzung einen anteiligen Vorsteuerabzug von 25 %
bejaht. Das wird vom BFH nicht beanstandet. Der
BFH lässt dabei wie in seinem Urteil vom 9.12.2012
(DStR 2012 S. 518) offen, ob die Steuer auf Leistungsentgelte – sofern keine Investitions- oder
Fehlmaßnahmen vorliegen – eine Obergrenze für
den Vorsteuerabzug darstellt. Vorsteuerabzug bei einem gemischt genutzten
Gebäude
Der EuGH hat mit Urteil vom 9.6.2016 – Rs. C-332/14 –
Wolfgang und Dr. Wilfried Rey Grundstücksgemeinschaft (DStR 2016 S. 1370) zur Vorsteueraufteilung
aus Eingangsleistungen für ein gemischt genutztes
Gebäude sowie zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs Stellung genommen. Dem Urteil liegt eine
Vorlage des BFH vom 5.6.2014 (DStR 2014 S. 1438;
KPMG-Mitteilungen Oktober 2014 S. 12) zugrunde.
Der Streitfall betrifft die Höhe des Vorsteuerabzugs
aus Baukosten sowie aus laufenden Kosten für ein
Gebäude, mit dem eine GbR sowohl steuerfreie als
auch steuerpflichtige Vermietungsumsätze auszuführen beabsichtigte. Den Anteil der abziehbaren
Vorsteuerbeträge ermittelte die GbR nach dem
Verhältnis der voraussichtlichen steuerpflichtigen
Ausgangsumsätze zu den voraussichtlichen steuerfreien Ausgangsumsätzen (sogenannter objektbezogener Umsatzschlüssel). Seit 1.1.2004 ist nach
§ 15 Abs. 4 Satz 3 UStG ein Umsatzschlüssel nur
zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist.
Entsprechend erkennt die Finanzverwaltung grundsätzlich nur noch einen Flächenschlüssel an. Dabei
sind laufende Kosten den unterschiedlich genutzten
Gebäudeteilen zuzuordnen, sodass der Flächenschlüssel nur bei gemischt genutzten Gebäudeteilen
(zum Beispiel Treppenhaus) in Betracht kommt.
Dagegen soll bei sämtlichen Baukosten eines ­
Gebäudes einheitlich der Flächenschlüssel gelten.
Der EuGH kommt zum Ergebnis, dass bei einem
gemischt genutzten Gebäude aufgrund der unterschiedlichen Höhe des Vorsteuerabzugs grundsätzlich zunächst eine Zuordnung der Eingangsleistungen
zu den verschiedenen bezweckten Ausgangsumsätzen erforderlich ist. Das vorlegende Gericht
hat zu ermitteln, ob sich eine solche Zuordnung in
der Praxis als zu komplex und somit schwer durchführbar erweist. Dies gilt laut EuGH sowohl für die
Anschaffung oder Errichtung als auch für die Nutzung, Erhaltung oder Unterhaltung eines gemischt
genutzten Gebäudes. Der EuGH mutmaßt, dass in
den letztgenannten Fällen eine direkte Zuordnung
in der Praxis allgemein leicht durchführbar zu sein
scheint.
Ist keine direkte Zuordnung möglich, wird die Vorsteueraufteilung nach dem Unionsrecht prinzipiell
auf der Grundlage eines Gesamtumsatzschlüssels
vorgenommen. Die Mitgliedstaaten können jedoch
eine andere Berechnungsmethode unter Beachtung
der unionsrechtlichen Wahlmöglichkeiten anwenden.
Die herangezogene Methode muss eine präzisere
Bestimmung des Vorsteuerschlüssels als der Gesamtumsatzschlüssel gewährleisten. Die Methode
muss aber nicht die genauest mögliche sein. Folglich hat das vorlegende Gericht zu prüfen, ob ein
Flächenschlüssel zu einem präziseren Ergebnis
führen kann als die Berechnung anhand des Umsatzschlüssels.
Der EuGH bejaht schließlich die Frage, ob es aufgrund der Einführung von § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG
zum 1.1.2004 zu einer Vorsteuerberichtigung in
Bezug auf Baukosten aus den Vorjahren kommen
kann, wenn nunmehr statt eines Umsatzschlüssels
ein Flächenschlüssel für die Vorsteueraufteilung
maßgeblich ist. Dem stehen die Grundsätze der
Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes nicht
entgegen. Rundung des Vorsteuerschlüssels
Das Urteil des EuGH vom 16.6.2016 – Rs. C-186/15
– Kreissparkasse Wiedenbrück (DStR 2016 S. 1413)
betrifft ein Vorabentscheidungsersuchen des Finanzgerichts Münster zur Frage der Zulässigkeit der
Aufrundung eines Vorsteuerschlüssels auf einen
vollen Prozentsatz, wenn kein Gesamtumsatzschlüssel nach Art. 175 Abs. 1 MwstSystRL zur ­
Anwendung kommt.
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Gründungs­kommanditisten: 862.500 Euro; bilanzierte Beteiligungswertansätze 1.100.000 Euro;
Erhöhung des Kommanditkapitals auf 7.800.000
Euro) sind laut BFH Kosten, die nicht im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen an
Tochtergesellschaften mit einem Stammkapital von
10.000 US-Dollar stehen, weil es des eingeworbenen Kapitals jedenfalls nicht in dieser Größenordnung bedurfte. Hinzu kommt für den BFH, dass die
Beteiligungen an den Tochtergesellschaften schon
vor der Ausgabe der Kommanditanteile bestanden.
Steuerrecht
Der EuGH kommt zum Ergebnis, dass es den
Mitglied­staaten freisteht, eine Aufrundung des ­
Vorsteuerschlüssels auf einen Prozentpunkt vorzunehmen, wenn der Vorsteuerschlüssel nicht gesamtumsatzbezogen (Art. 175 Abs. 1 MwStSystRL),
sondern nach einer der alternativen bereichs- und
gegenstandsbezogenen Methoden (Art. 173 Abs. 2
MwStSystRL) berechnet wird. Eine Verpflichtung
besteht nicht. Ebenso hatte der EuGH bereits mit
Urteil vom 18.12.2008 – Rs. C-488/07 – Royal Bank
of Scotland (DStRE 2009 S. 305) entschieden. Im
Fall einer späteren Vorsteuerberichtigung sind die
Mitgliedstaaten nur dann verpflichtet, eine Aufrundung auf einen Prozentpunkt bei der Vorsteuerberichtigung anzu­wenden, wenn bereits der
ursprüngliche Vorsteuerschlüssel auf einen Prozentpunkt nach dem Mitgliedstaat aufgerundet
wurde. Steuerermäßigung für
Beherbergungsleistungen
Der BFH hat mit Urteil vom 1.3.2016 (DStR 2016
S. 1466) zur Reichweite der Steuersatzermäßigung
(7 %) für Beherbergungsleistungen (§ 12 Abs. 2
Nr. 11 Satz 1 UStG) Stellung genommen.
Ein Unternehmer betrieb im Jahr 2010 ein Hotel mit
Restaurants sowie Wellness-, Beauty- und Fitnessbereichen. Für die Gäste standen ‒ unabhängig da­
von, ob diese im Hotel übernachteten oder nur das
Restaurant oder den Sauna- und Wellnessbereich
besuchten ‒ am Hotel zahlreiche Parkmöglichkeiten
zur Verfügung. Die von dem Unternehmer vorgehaltenen Parkmöglichkeiten reichten bei voller Belegung des Hotels für die Hälfte der Hotelgäste aus.
Die mit einem Kfz angereisten Hotelgäste durften
freie Parkplätze belegen, ohne dass hierüber mit
dem Unternehmer eine Vereinbarung getroffen
wurde. Letzterer prüfte nicht, ob ein Hotelgast mit
einem Kfz angereist war und ob er einen der hoteleigenen Parkplätze nutzte. Dementsprechend wurde
eine Parkplatznutzung nicht in Rechnung gestellt.
Der Unternehmer setzte in seiner Umsatzsteuer­
erklärung 2010 seine Umsätze aus Beherbergungsleistungen mit dem ermäßigten Steuersatz nach
§ 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG an. Die (kalkulatorischen) Kosten für das Frühstück sowie für die
Nutzung der Fitness- und Saunaeinrichtungen unterwarf er dem Regelsteuersatz von 19 %. Dagegen
nahm er für die Nutzung der hoteleigenen Parkplätze
keine Abgrenzung vor. Das Finanzamt vertrat jedoch
die Auffassung, dass die Einräumung von Parkmöglichkeiten mit dem Regelsteuersatz von 19 %
zu versteuern sei und schätzte die kalkulatorischen
Kosten hierfür mit 1,50 EUR (netto) pro Hotelgast.
Das Finanzgericht stufte allerdings das Vorhalten
der Parkplätze als Nebenleistung zu den Beherbergungsleistungen ein und gab der Klage statt.
Die Revision des Finanzamts hatte Erfolg. Der BFH
weist zunächst darauf hin, dass nach überwiegender
Auffassung (einschließlich Finanzverwaltung) keine
steuerermäßigte Beherbergungsleistung vorliegt,
wenn die Überlassung von Parkplätzen – anders als
im Streitfall ‒ zwischen Gast und Hotelier gesondert vereinbart worden ist. Ist die Überlassung von
Parkplätzen – wie im Streitfall – nicht gesondert
vereinbart, so ist umstritten, ob die Steuerermäßigung zur Anwendung kommt. Die Finanzverwaltung beanstandet es aus Vereinfachungsgründen
nicht, wenn unter anderem die Überlassung von
Parkplätzen in der Rechnung zu einem Sammelposten für in einem Pauschalangebot enthaltene,
nicht steuerbegünstigte Leistungen zusammengefasst wird (Abschn. 12.16 Abs. 12 UStAE). Die
Finanzverwaltung geht also davon aus, dass auch
die nicht gesondert vereinbarte Überlassung von
Parkplätzen dem Regelsteuersatz unterliegt.
Der BFH hat bereits mit Urteil vom 24.4.2013
(DStR 2013 S. 2689; KPMG-Mitteilungen März
2014 S. 14) entschieden, dass von einem Hotelier
im Zusammenhang mit der Beherbergung erbrachte
Frühstücksservices Leistungen sind, die nicht
unmittelbar der Vermietung dienen, und deshalb
von der Steuerermäßigung ausgenommen sind.
Das Angebot eines Frühstücks stehe neben der
reinen Vermietungs- beziehungsweise Beherbergungsleistung. Wohn- und Schlafräume zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden (insbesondere Hotelzimmer) könnten auch ohne Frühstück
bewohnt werden und würden in der Praxis auch
ohne Frühstück angeboten und genutzt. Dass Frühstücksleistungen üblicherweise ergänzend zu Beherbergungsleistungen (insbesondere im Hotelgewerbe) erbracht und ausschließlich in Kombination
mit der Übernachtung angeboten würden, ändere
an dieser Beurteilung nichts. Laut BFH gilt für die
im Streitfall erfolgte Einräumung von Parkmöglichkeiten nichts anderes.
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Im Streitfall ermittelte ein Kreditinstitut für die von
ihr erworbenen gemischt genutzten Gegenstände
und Dienstleistungen für das Steuerjahr 2009 einen
Vorsteuerabzug in Höhe von 13,55 % und für das
Steuerjahr 2010 in Höhe von 13,18 %. Diese Sätze
rundete das Kreditinstitut jeweils auf 14 % auf. Bei
der Berechnung der Höhe der Berichtigungen für
die genannten Steuerjahre, die es nach § 15a UStG
aufgrund des Verzichts auf die Steuerfreiheit seiner
Umsätze im gewerblichen Kundengeschäft vornehmen musste, wandte das Kreditinstitut zu seinen
Gunsten ebenfalls Vorsteuerschlüssel an, die es
auf 14 % aufrundete.
Steuerrecht
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KPMG-Mitteilungen | August/September 201616
© 2016 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ein Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative
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Schließlich hat der BFH die Sache an das Finanz­
gericht zur weiteren Sachaufklärung zurückverwiesen. Das Finanzgericht muss prüfen, ob die Schätzung durch das Finanzamt rechtmäßig ist. Der BFH
weist darauf hin, dass bei der Schätzung auch zu
berücksichtigen ist, dass die hoteleigenen Parkplätze nicht ausschließlich von Hotelgästen, sondern
ebenfalls von Gästen des Restaurants oder des
Sauna- und Wellnessbereichs genutzt worden sind. Zoll- und Außenwirtschaftsrecht
Großbritannien gilt dann nicht länger als EU-Mitgliedstaat, sondern als Drittland. Warenexporte
nach Großbritannien sind demnach nicht mehr als
innergemeinschaftliche Lieferungen, sondern als
Ausfuhrlieferungen anzusehen und Warenimporte
aus Großbritannien stellen keine innergemeinschaftlichen Erwerbe mehr dar, sondern gelten als Einfuhren aus einem Drittland, für die damit grundsätzlich Zoll anfällt. Zudem würde die Verordnung
(EU) Nr. 952/2013 (Unionszollkodex – UZK) in Großbritannien ihre ­Gültigkeit verlieren und müsste
durch ein neues britisches Zollrecht ersetzt ­
werden.
Sämtliche Lieferungen aus Großbritannien in die
EU beziehungsweise von der EU nach Großbritannien sind zollrechtlich als Ein- beziehungsweise
Ausfuhren abzuwickeln. Entsprechende Zollanmeldungen müssen erstellt werden.
Die Zollsätze könnten sich unter dem neuen britischen Recht ändern, wodurch für die Unternehmen ein zusätzlicher finanzieller Aufwand entstehen würde. Eine dramatische Kursänderung wird
fürs Erste zwar als unwahrscheinlich angenommen,
jedoch sollten betroffene Unternehmen, die Handel
mit britischen Unternehmen betreiben, gut vorbe­
reitet sein, um zu gegebener Zeit adäquat reagieren
zu können.
Wie die künftigen Beziehungen zwischen der EU
und Großbritannien aussehen werden, ist derzeit
noch unklar. Bei Zugrundelegung von aktuellen ­
Beziehungen der EU mit europäischen Nichtmitgliedern ergeben sich insbesondere folgende ­
mögliche präferenzrechtliche Szenarien:
Großbritannien könnte – ähnlich wie die Schweiz –
Mitglied der Europäischen Freihandelsorganisation
(EFTA) werden. Die Wirtschaftsbeziehungen mit
Großbritannien würden dann in Abkommen geregelt, die einen direkten Zugang zu wichtigen ­
Teilen des EU-Binnenmarkts ermöglichen könnten.
Ein weiteres Szenario wäre die Mitgliedschaft
im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Dabei
könnte sich Norwegen als Beispiel eignen. Die
Modalitäten einer EWR-Mitgliedschaft sind bereits
vorgefertigt, womit der zollfreie Zugang zum EUBinnenmarkt gewährleistet wäre. Jedoch ist dabei
zu beachten, dass auch bei Einordung als EFTAbeziehungsweise EWR-Vertragsstaat trotz Zollfreiheit Zollpapiere erstellt werden müssten. Dies kann
gegebenenfalls mit einem erheblichen administrativen Aufwand verbunden sein.
Alternativ könnte Großbritannien mit der EU in ­
Gespräche über ein bilaterales Handelsabkommen
treten. Dadurch würden Zölle und nicht tarifäre
Handelsbeschränkungen bis zur Unterzeichnung
eines Abkommens auf Basis der Welthandelsorganisation (WTO) wieder eingeführt werden. Wie die
Beispiele Kanada und USA zeigen, können sich diese
Verhandlungen jedoch über Jahre hinziehen. Zudem
sind die Konditionen, die bei den Verhandlungen
mit der EU erzielt werden können, weitgehend
unklar. Zwar behalten zollrechtliche Bewilligungen zunächst
ihre Gültigkeit. Mit dem endgültigen Austritt von
Großbritannien aus der EU verlieren die nach EUZollrecht (Zollkodex, UZK) erteilten Bewilligungen
jedoch ihre Gültigkeit (zum Beispiel der „zugelassene Wirtschaftsbeteiligte“ – Authorised Economic
Operator, Bewilligungen für Zollverfahren, einzige/
grenzüberschreitende Bewilligungen etc.).
KPMG-Mitteilungen | August/September 201617
© 2016 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ein Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative
(„KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Zollrechtliche Auswirkungen des Brexit
für deutsche Unternehmen
Beim Referendum über den Verbleib von Groß­
britannien in der Europäischen Union (EU) am
23.6.2016 haben die britischen­Bürger für einen
Aus­tritt gestimmt. Mit dem endgültigen Austritt,
dessen Zeitpunkt noch nicht beschlossen ist, ­
gehört Großbritannien nicht mehr zum Gemeinschaftsgebiet und somit nicht mehr zum Zollgebiet
der Europäischen Union. Hierdurch ergeben sich
grundlegende Änderungen mit erheblichen zollrechtlichen Auswirkungen.
Literaturtipps
Audit Committee
Quarterly
ii / 2016
das magazin für corporate governance
Destination:
Zukunft
Tatort
Deutschland
Ergebnisse einer weltweiten Befragung von
CEOs zur Rolle des CFO
Wirtschaftskriminalität in Deutschland 2016
Studie
Gefördert durch
audit committee
institute e.v.
Passt die Personal- zur
Unternehmensstrategie?
Audit Committee
Quarterly
ex t ra
das magazin für corporate governance
Gefördert durch
audit committee
institute e.v.
Qualität der Internen Revision
Das Three Lines of Defense-Modell
ATTRAKTIV
füR den
nAchwuchs
34 56789
9
CFO
Governing Body / Board / Audit Committee
Senior Management
1st Line
2nd Line
3rd Line
Management
Controls
2016
Internal Control
Measures
Financial Control
Security
Risk Management
Quality
Regulator
Internal Audit
Inspection
Compliance
CFO-Studie
das ErgEbnis unsErEr umfr agE
www.kpmg.de
Destination Zukunft – Ergebnisse
einer weltweiten Befragung von
CEOs zur Rolle des CFO
Tatort Deutschland –
Wirtschaftskriminalität in
Deutschland 2016
Audit Committee Quarterly
II/2016 und Quarterly – extra
„Qualität der Internen Revision“
Die Erwartungen an Chief Executive
Officer (CEOs) sind hoch – gerade in
Zeiten geopolitischer Unsicherheiten,
rasanten technischen Fortschritts,
zunehmender Regulierung und veränderten Kundenverhaltens. Bei der
Bewältigung der Herausforderungen
suchen die CEOs Unterstützung bei
ihrem Chief Financial Officer (CFO).
Die KPMG-Studie nimmt weltweit
die Rolle dieser Funktion in den Blick
und untersucht detailliert den Auf­
gabenbereich des CFO sowie dessen
Wahrnehmung innerhalb des Unternehmens.
Nahezu jedes zweite große Unternehmen in Deutschland musste sich
in den letzten beiden Jahren mit
wirtschaftskriminellen Handlungen
im eigenen Haus auseinandersetzen:
Während 45 % der Firmen mit einem
Umsatz von mehr als drei Milliarden
Euro mit entsprechenden Vorfällen
konfrontiert waren, sind es insgesamt 36 % aller deutschen Unternehmen – mehr als jede dritte. So
lautet eines der Ergebnisse der diesjährigen Studie zur Wirtschaftskriminalität in Deutschland.
Im Zeitalter der Digitalisierung
kommt dem Personalwesen eine
Schlüsselrolle im Unternehmen zu.
Aufsichtsräte müssen diese Entwicklung im Blick haben, dem operativen
Management die Umsetzung einer
zukunftsorientierten Personalpolitik
abverlangen und die Frage stellen
„Passt die Personal- zur Unter­
nehmens­strategie? Das aktuelle
Quarterly informiert – zugeschnitten
auf die Perspektive des Aufsichtsrats – über Herausforderungen, die
sich im ­Personalwesen der Unternehmen als Folge der Digitalisierung
ergeben. Praxisberichte aus verschiedenen Branchen geben zudem
spannende Antworten auf die Frage,
wie eine spezifisch auf die Organisation zugeschnittene Personalstrategie
aussehen kann.
Dabei ergibt sich ein sehr unterschiedliches Bild: In Deutschland
wird der CFO teilweise als zweiter
Mann (bzw. als „Stellvertreter“) hinter dem CEO gesehen, in anderen
Organisationen teilweise aber auch
auf eine reine „Herr der ZahlenFunktion“ reduziert. Zudem zeichnet
sich hierzulande aktuell eine Entwicklung ab, die wegführt vom klassischen Ressortzuschnitt – hin zu
einem weiteren, relativ neuen Verständnis des CFO und stärkeren ­
C-Level-Rollen wie etwa dem Chief
Digital Officer, Chief Innovation
Officer oder Chief Markets Officer.
International wird aus Sicht des CEO
die CFO-Rolle als die zukünftig wichtigste Rolle im Unternehmen gehandelt. Teilweise gibt es sogar erste
Unternehmen, die andere Rollen
– wie etwa die des COO – mit der
Funktion des CFO verbinden, um die
Schlagkraft des Managements durch
eine enge, ­vertrauensvolle Zusammenarbeit im kleinen Team zwischen
CEO und CFO zu erhöhen.
Seit 17 Jahren untersucht KPMG
wirtschaftskriminelle Aktivitäten in
Deutschland; die Ergebnisse werden
alle zwei Jahre in einer repräsentativen Studie veröffentlicht. Für die
aktuelle Analyse hat KPMG in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut TNS Emnid Befragungen in
über 500 deutschen Unternehmen
durchgeführt. Damit gewährt die
vorliegende Studie einen profunden
Einblick in die Situation hiesiger Firmenlenker, die sich mit Wirtschaftskriminalität beschäftigen müssen –
in der eigenen Organisation und in
der ihrer Geschäftspartner.
Kostenfreier Download unter https://
assets.kpmg.com/content/dam/kpmg/
pdf/2016/07/wirtschaftskriminalitaet-­
2016-2-KPMG.pdf
Welchen Beitrag leistet die Interne
Revision für Vorstand und Aufsichtsrat? Dieser Frage geht das Quarterly
– extra „Qualität der Internen Revi­
sion“ nach und beleuchtet die verschiedenen Perspektiven. Das Ergebnis einer Umfrage mit 30 Fragen
zur Beurteilung der Qualität der
eigenen Revision ist ebenfalls enthalten.
Kostenfreier Download unter
https://audit-committee-institute.de/
23607.htm
Kostenfreier Download unter http://
hub.klardenker.kpmg.de/was-ceosueber-cfos-sagen-eine-studie
KPMG-Mitteilungen | August/September 201618
© 2016 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ein Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative
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34 5678
External Audit
012
012
KPMG-Veranstaltungen*
Ihre Ansprechpartnerin:
Angela Heinrich
T +49 30 2068-1510
[email protected]
Alternative Financing –
neue G
­ eschäftsmodelle für ein
neues Banking
6. September 2016 in Frankfurt a. M.
Ihre Ansprechpartnerin:
Lena Streckert
T +49 69 9587-1336
[email protected]
Gesellschaftsrecht 2016 –
Rückblick und Ausblick
7. September 2016 in Dresden
Ihre Ansprechpartnerin:
Birgit Müller
T +49 30 2068-4763
[email protected]
Fit für BEPS! – Auswirkungen des
­BEPS-Projekts der OECD und der
EU a
­ uf deutsche Unternehmen
7. September 2016 in Düsseldorf
13. September 2016 in Frankfurt a. M.
14. September 2016 in Hamburg
30. September 2016 in Berlin
5. Oktober 2016 in München
11. Oktober 2016 in Stuttgart
Ihre Ansprechpartnerin:
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T +49 30 2068-2684
[email protected]
InstitutsVergV 3.0: Vergütungssysteme von Instituten
8. September 2016 in Frankfurt a. M.
15. September 2016 in Hamburg
20. September 2016 in Düsseldorf
22. September 2016 in München
Ihre Ansprechpartnerin:
Angela Heinrich
T +40 30 2068-1510
[email protected]
Klardenker live – Live-Sendung
zum Thema: Die Zukunft der ­
Banken – Wie Technologie den
Finanzsektor verändert
13. September 2016 in Hamburg
Ihre Ansprechpartnerin:
Sabine Kiefer
T +49 40 32015-5309
[email protected]
Tax Accounting IAS 12 – Fallstricke
(Kostenpflichtige Veranstaltung)
13. September 2016 in Berlin
14. September 2016 in Frankfurt a. M.
27. September 2016 in Hamburg
28. September 2016 in Düsseldorf
10. November 2016 in München
Ihre Ansprechpartnerin:
Angela Heinrich
T +49 30 2068-1510
[email protected]
Immo-Lounge
15. September 2016 in München
Ihre Ansprechpartnerin:
Melanie Gierten
T +49 89 9282-1756
[email protected]
Bereit für den Abschluss?
Trends für Versicherer
(Kostenpflichtige Veranstaltung)
20. September 2016 in Stuttgart
21. September 2016 in Köln
24. Oktober 2016 in Hannover
27. Oktober 2016 in München
Ihre Ansprechpartnerin:
Angela Heinrich
T +49 30 2068-1510
[email protected]
Auf Trab – Aktuelle ­
Entwicklungen bei Alternative
Investments/Real Estate
20. September 2016 in Frankfurt a. M.
23. September 2016 in München
5. Energietreffen ­
Mitteldeutschland
21. September 2016 in Leipzig
Ihre Ansprechpartnerin:
Birgit Müller
T +49 30 2068-4763
[email protected]
7. Financial Services Regional
Forum
22. September 2016 in Berlin
Ihre Ansprechpartnerin:
Berit Fechner
T +49 30 2068-1306
[email protected]
6. KLÖNschnack:
Regulierte Investment-Fonds
22. September 2016 in Hamburg
Ihre Ansprechpartnerin:
Sabine Kiefer
T +49 40 32015-5309
[email protected]
Der Verband 4.0 –
Wieviel Digitalisierung braucht
die Interessenvertretung?
11. Oktober 2016 in Berlin
Ihre Ansprechpartnerin:
Berit Fechner
T +49 30 2068-1306
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21. November 2016 in Hamburg
30. November 2016 in Frankfurt a. M.
7. Dezember 2016 in München
Ihre Ansprechpartnerin:
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T +49 30 2068-1510
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