Rechtsschutzversicherung Streit zwischen Arag und Anwälten um VW-Abgas-Skandal Um den Abgas-Skandal des Autobauers VW und daraus entstandenen Schäden ist ein Streit zwischen dem Rechtsschutzversicherer Arag und vereinzelten Anwälten entbrannt. Die Anwälte der Rechtsanwaltsgesellschaft Dr. Stoll & Sauer werfen dem Versicherer vor, seine Kunden im Stich zu lassen. Die Arag wiederum vermutet hinter dem Vorgehen der Anwälte eine Methode, um neue Kunden zu gewinnen. Pfefferminzia stellt beide Positionen vor. Am Freitag, 12. August um 15.12 Uhr flatterte uns eine Pressemitteilung der Rechtsanwaltsgesellschaft Dr. Stoll & Sauer ins Email-Postfach. „Arag SE Rechtsschutzversicherung – eine schlechte Wahl für VW Geschädigte“ prangte als Überschrift über dem Text. Die Rechtsanwälte werfen in der Pressemitteilung dem Rechtsschutzversicherer Arag vor, geschädigten Kunden des Abgas-Skandals um den Autobauer Volkswagen die Deckung zu verweigern. Deshalb gebe es auch schon „zahlreiche Gerichtsverfahren und Ombudsmannverfahren vor dem Versicherungsombudsmann“. Werbung „Anstatt wie viele andere Rechtsschutzversicherungen den Kunden zur Seite zu stehen und diese bei der Durchsetzung der Ansprüche durch Übernahme der notwendigen Kosten zu unterstützen, lehnt die Arag SE die Kostendeckung bereits für die außergerichtliche Geltendmachung von Schadensersatz, Rückabwicklung des Kaufvertrages oder für die Durchsetzung von Neulieferungsansprüchen ab“, heißt es in der Pressemitteilung. Als Begründung gebe der Versicherer an, dass keine Erfolgsaussichten bestünden, weshalb die Versicherung nicht zahlen müsse. Dabei würde die Arag ignorieren, dass immer mehr Gerichte wie das Landgericht München I, das Landgericht Lüneburg und das Amtsgericht Lehrte, den VW-Geschädigten Recht gäben – Erfolgsaussichten also sehr wohl bestünden. Der Versicherer verstoße daher gegen die Der Pfefferminzia Newsletter ‐ für Versicherungsprofis www.pfefferminzia.de eigenen Vertragsbedingungen. „Diese sehen beispielsweise vor, dass im Falle der Ablehnung der Kostendeckung ein unabhängiger Schiedsgutachter über die Pflicht zur Kostendeckung entscheiden soll. Diese Entscheidung ist nach den Vertragsbedingungen der Arag SE für die Versicherung bindend. Dennoch lehnt die Arag diese eigentlich bindenden Schiedssprüche unabhängiger Schiedsgutachter ab, wenn diese die Pflicht zur Kostendeckung der Arag SE vorsehen, heißt es in der Pressemitteilung weiter. In einem aktuellen Fall habe der Versicherer einen ihm unangenehmen Schiedsspruch zurück gewiesen und die für den Fall zuständige Rechtsanwaltskammer Frankfurt gebeten, einen neuen Schiedsgutachter zu benennen. Die Rechtsanwaltskammer habe hierzu keine Veranlassung gesehen, weil der erteilte Schiedsspruch aus Sicht der Kammer abschließend war. Die Arag habe daraufhin dem Kunden mitgeteilt, dass das Verfahren damit erledigt sei und trotz des für den Kunden positiven Schiedsspruches keine Kostendeckung erfolgen werde. Alle Schiedssprüche zurückgewiesen „Die Arag hat bisher jeden einzelnen der ihr unangenehmen Schiedssprüche im Zusammenhang mit Geschädigten des VW Abgasskandals unserer Mandanten zurückgewiesen, obwohl die Versicherungsbedingungen eine Zurückweisung des Schiedsspruches gar nicht vorsehen“, zitiert die Pressemitteilung Rechtsanwalt Ralph Sauer. Der Arag Versicherungskonzern stehe im Familienbesitz und werde auch von Mitgliedern der Eigentümerfamilie geführt. Das bedeute, dass jeder Euro, der für einen Schaden bezahlt würde, unmittelbar das Einkommen der Eigentümerfamilie schmälere, schreibt die Rechtsanwaltskanzlei in der Pressemitteilung weiter. „Inwieweit dieser Zusammenhang die Entscheidungsfindung im Schadensfall beeinflusst, kann nur vermutet werden.“ Dabei lasse die Arag auch keinen Versuch aus, Anwälte zu diskreditieren. Wir wollten wissen, was die Arag zu diese Vorwürfen sagt, und baten um eine Stellungnahme, die uns per Email erreichte. In dieser Stellungnahme heißt es im O-Ton: Der Pfefferminzia Newsletter ‐ für Versicherungsprofis www.pfefferminzia.de Die Arag steht ihren versicherten Rechtsschutzkunden selbstverständlich auch rund um die Abgasthematik bei Dieselfahrzeugen zur Seite. So übernehmen wir die Kosten für eine anwaltliche Beratung und haben bereits mehreren hundert Kunden Kostenschutz für die Geltendmachung der Mängelbeseitigung erteilt. Vereinzelte Anwälte – darunter auch der Herausgeber der Pressemitteilung, auf die Sie Bezug nehmen – versuchen massiv im Internet VW-Kunden zu akquirieren. Dabei erwecken sie den Eindruck, VW-Kunden könnten direkt Ansprüche auf Schadenersatz oder gar auf einen Neuwagen geltend machen. In diesen Fällen lehnt die Arag in der Tat eine Kostenübernahme wegen mangelnder Erfolgsaussichten ab. Erst muss die Mängelbeseitigung ermöglicht werden Der Gesetzgeber sieht ganz klar vor, dass zuallererst eine Nachbesserungsmöglichkeit, das heißt Mängelbeseitigung eingeräumt werden muss, bevor später gegebenenfalls ein Rücktritt vom Kaufvertrag verlangt werden kann. Diese Rechtsauffassung wird durch eine Vielzahl landgerichtlicher Urteile unterstrichen, bei denen die Richter eine direkt geforderte Schadenersatzzahlung beziehungsweise den Anspruch auf einen Neuwagen – ohne vorher ermöglichte Mängelbeseitigung – abgewiesen haben. Auch viele Auto-Rechtsexperten teilen unsere Rechtsposition. Die in der Pressemitteilung erwähnten Gerichtsverfahren und Ombudsmannverfahren gegen die Arag stammen übrigens nahezu ausschließlich aus dem Kreis der oben genannten wenigen Anwälte. Damit soll offensichtlich massiv Druck auf unser Unternehmen ausgeübt werden. Über die aktuelle sowie weitere erschienene Pressemitteilungen wird zudem versucht, Zweifel an der Regulierungspraxis der Arag zu schüren. Sorgfältiger Umgang mit Geld der Versichertengemeinschaft Wir stellen in Frage, ob dieses Verhalten mit dem Berufsbild eines Rechtsanwalts als neutralem Organ der Rechtspflege noch vereinbar ist. Jedenfalls werden wir daran festhalten, mit den Beiträgen der Versichertengemeinschaft sorgfältig umzugehen, und nur erfolgversprechende Maßnahmen, die unseren Kunden nutzen, zu finanzieren. Seit dem Aufkommen der VW-Dieselthematik sind bereits einige Monate vergangen. Viele Fahrzeugmodelle wurden in dieser Zeit schon erfolgreich umgerüstet, weitere Freigaben des Kraftfahrtbundesamtes stehen kurz bevor. Fakt ist aber auch, dass die Umrüstung einzelner Modelle Der Pfefferminzia Newsletter ‐ für Versicherungsprofis www.pfefferminzia.de noch offen ist. Zunehmend Urteile zur Zumutbarkeit weiteren Abwartens Insoweit berücksichtigen wir natürlich auch, dass sich zunehmend Urteile mit der Zumutbarkeit eines weiteren Abwartens auf die Nachbesserung beschäftigen. Für Rechtsstreitigkeiten rund um die Mängelbeseitigung haben wir jedoch schon immer Kostenschutz erteilt, wenn die nötigen Voraussetzungen erfüllt sind. Dies gilt übrigens auch für die neuesten Deckungsanfragen des Herausgebers der Pressemitteilung – der vor wenigen Wochen ebenfalls dazu übergegangen ist, zuerst eine entsprechende Mängelbeseitigung zu fordern und nicht direkt einen Neuwagen oder Rückerstattung des Kaufpreises. Dieser Artikel erschien am 17.08.2016 unter folgendem Link: http://www.pfefferminzia.de/rechtsschutzversicherung-streit-zwischen-arag-und-anwaelten-um-vw-abgas-skandal-1471453798/ Der Pfefferminzia Newsletter ‐ für Versicherungsprofis www.pfefferminzia.de Powered by TCPDF (www.tcpdf.org)
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