Neue Pflanzenzüchtungstechniken : Fragen und Antworten Ergänzende Informationen des Forums Genforschung zum Swiss Academies Factsheet „Neue Pflanzenzüchtungstechniken für die Schweizer Landwirtschaft – grosses Potenzial, offene Zukunft“ Die Akademien der Wissenschaften Schweiz empfehlen, die neuen Züchtungsmethoden von der strengen Regulierung, wie sie zurzeit für GVO gilt, auszunehmen. Doch auch für die klassische Gentechnik wurde in der Vergangenheit eine weniger strenge Regulierung gewünscht. Sollte also das Gentechnikgesetz abgeschafft werden und nur noch die normale Sortenprüfung greifen? Wir wünschen uns, dass das geltende System überdenkt wird. Wir wissen heute, dass mit den Technologien grundsätzlich kein erhöhtes Risiko verbunden ist. Aus naturwissenschaftlicher Perspektive ist es daher nicht gerechtfertigt, diese Technologien zu benachteiligen. Alle Produkte, die zugelassen werden, müssen sicher sein – daran soll auch nichts geändert werden. Eine Regulierung, die sich am Produkt orientiert, wäre ein eleganter Ausweg aus der heutigen, unbefriedigenden Situation. Damit könnte gewährleistet werden, dass identische Produkte auch identisch reguliert werden, unabhängig von den verwendeten Züchtungstechniken. Besteht nicht die Gefahr, dass die Konsumenten getäuscht werden, wenn mit neuen Techniken gezüchtete Pflanzen nicht als GVO bezeichnet werden? Aus unserer Perspektive ist vielmehr die heutige Situation täuschend. Den Konsumenten wird vorgegaukelt, dass es einerseits die natürlich entstandenen, andererseits die im Labor hergestellten GV Sorten gibt. In Wahrheit ist diese Grenze aber alles andere als klar. Es ist legitim, dass gewisse Konsumenten informiert werden wollen, wenn in eine Pflanze beispielsweise ein Gen aus einen Bakterium eingeführt wurde. Aber warum sollen zwei Pflanzen, bei denen eine genetisch absolut identische Veränderung entweder mit Bestrahlung oder mit präziser Mutagenese erzeugt wurde, unterschiedlich gehandhabt werden? Nobelpreisträger haben kürzlich in einem offenen Brief von Greenpeace gefordert, ihre Kampagnen gegen die Gentechnik aufzugeben. Wie stehen die Akademien zu dieser Forderung? Greenpeace verfolgt mit ihrer Kampagne gegen Gentechnik eigene Interessen, denn sie bringt ihnen Aufmerksamkeit und Geld. Mit ihrer unwissenschaftlichne Ablehnung der Gentechnik tragen sie dazu bei, dass sinnvolle Entwicklungen wie der Golden Rice bis heute weltweit nirgends zugelassen wurden. Namhafte ehemalige Greenpeace-Mitglieder wie Patrick Moore oder Mark Lynas haben sich deswegen auch von Greenpeace abgewendet. Akademien der Wissenschaften Schweiz Haus der Akademien, Laupenstrasse 7, Postfach, 3001 Bern www.akademien-schweiz.ch t +41 31 306 92 20 e [email protected] Die neuen Züchtungstechniken sollen unter anderem eingesetzt werden, um den Verbrauch von Pflanzenschutzmitteln zu senken. Das gleiche Ziel wurde auch mit der klassischen Gentechnik verfolgt. Doch heute sind die häufigsten GV Pflanzen herbizidtolerant und werden zusammen mit Pflanzenschutzmitteln wie Glyphosat verkauft. Können die neuen Techniken daran etwas ändern? Der Verbrauch an Pflanzenschutzmitteln wäre ohne GV Pflanzen heute erwiesenermassen noch höher. Mit Resistenzen gegen Krankheiten und Schädlinge in Kombination mit verbesserter Anbaupraxis liesse sich der Verbrauch weiter senken. Die Entwicklung und Zulassung von GV Sorten rentiert sich heute finanziell praktisch nur für grosse Märkte. Daher ist insbesondere bei Baumwolle, Mais, Soja und Raps GV Saatgut verfügbar. Da die neuen Techniken einfacher und günstiger sind, ist es wahrscheinlich, dass auch andere Eigenschaften und Pflanzen interessant werden. Die neuen Techniken gelten zwar als höchst präzis, trotzdem ist es unbestritten, dass auch ungewollte Veränderungen im Erbgut entstehen können. Warum werden die neuen Techniken trotzdem als sicherer als die klassische Gentechnik eingeschätzt? Unbeabsichtigte Veränderungen kommen in der Pflanzenzüchtung immer vor. Am meisten solche Veränderungen gibt es beim Kreuzen durch die Rekombination des Erbguts. Auch bei der Mutagenese durch Bestrahlung oder Chemikalien gibt es sehr viele ungewollte Veränderungen. Es gibt aber etablierte Methoden in der Züchtung, die helfen, solche ungewollte Veränderungen wieder zu entfernen, ohne dass man sie erkennen muss (Rückkreuzung). Zudem könnten mit modernen Sequenzierungstechniken unbeabsichtigte Veränderungen identifiziert werden. Der globale Saatgutmarkt konzentriert sich immer mehr auf einige wenige Grosskonzerne. Braucht es nicht vermehrt eine Züchtung lokal angepasster Sorten als eine weitere Konzentration auf wenige Hightech-Sorten, um die Sortenvielfalt zu erhalten? Im Vergleich zur klassischen Gentechnik sind die neuen Techniken wesentlich einfacher und günstiger. Sie sind daher auch für kleinere und mittelgrosse Züchter interessant. Die Techniken könnten daher einen Beitrag leisten, dass Züchter vermehrt Saatgut für kleinere Märkte erzeugen. Auch öffentliche Züchtungs- und Forschungsinstitute könnten vermehrt interessante Eigenschaften entwickeln und sie dann konventionellen Züchtern zur Verfügung stellen, um sie in lokal angepasste und beliebte Sorten einzukreuzen. Viele der mit neuen Techniken gezüchteten Sorten werden voraussichtlich durch ein Patent geschützt werden. Wird dadurch nicht längerfristig die Züchtung behindert statt gefördert? Sorten werden immer häufiger patentiert, auch konventionell erzeugte. Die Entwicklung einer neuen Sorte ist langwierig und teuer. Es ist daher verständlich, dass Züchter ihre Investitionen wieder rückerstattet haben und verhindern wollen, dass ein anderer Züchter eine neue Eigenschaft einfach in eine andere Sorte einkreuzt und diese als neue Sorte registrieren lässt. Ob Patente der beste Weg sind, um die Innovation zu fördern, darüber lässt sich diskutieren. In anderen Märkten ist diese Lösung weniger umstritten. Akademien der Wissenschaften Schweiz Haus der Akademien, Laupenstrasse 7, Postfach, 3001 Bern www.akademien-schweiz.ch t +41 31 306 92 20 e [email protected]
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