Lernen aus Fehlern anderer - Berufsgenossenschaft Rohstoffe und

ROHSTOFFE – BAUSTOFFE . CHEMIE – PAPIER – ZUCKER . HANDWERK
7. Jahrgang . 7/8 Juli/August 2016
Zeitschrift für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie
Lernen aus Fehlern anderer
Individualprävention Lärm
Weiterbildungsseminar Nanomaterialien
Die BG RCI auf der Arbeitsschutz Aktuell in Hamburg
BG RCI.magazin 7/8 2016
BERICHTE UND INFORMATIONEN
EDITORIAL
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser!
Nicht erst seit den Enthüllungen von Edward
Snowden hat sich die Informations- bzw. Datensicherheit von einem Spezialthema für Sicherheitsexperten und Datenschützer zu einem Thema der allgemeinen Öffentlichkeit
gewandelt. Zu Recht machen wir uns – obwohl
viele sich nicht scheuen, für einen vermeintlichen Vorteil intimste Informationen aus dem
Privatleben preiszugeben – um die Sicherheit
unserer Daten große Sorgen.
Der Umgang der Berufsgenossenschaften mit
vertraulichen Unternehmens- und Versichertendaten ist streng reglementiert und zweckbezogen. Sie unterliegen dem Sozialgeheim-
nis, haben einen sehr hohen Schutzbedarf
und dürfen ausschließlich für die definierten
hoheitlichen Aufgaben der Unfallversiche-
2
rungsträger verwendet werden. Entsprechend
sorgsam geht die BG RCI mit diesen Daten um.
Basis für den Einsatz von Informations- und
Telekommunikationstechniken bei der BG RCI
sind neben dem Bundesdatenschutzgesetz
anerkannte Best Practice-Ansätze wie die
„IT Infrastructure Library“ (ITIL) sowie die Standards und Empfehlungen des Bundesamtes
für die Sicherheit in der Informationstechnik
(BSI). Durch den Einsatz moderner technischer Konzepte wie der Thin Client-Technologie erfolgt die Datenhaltung und -verarbeitung
in einem zentralen, redundant ausgelegten
Rechenzentrum. Die technische Ausstattung
am Bildschirmarbeitsplatz ist lediglich für die
Anzeige der Informationen zuständig. Auf diese Weise wird eine übersichtliche Datenhaltung erreicht, das Vorhalten kritischer Daten
an den lokalen Arbeitsplätzen vermieden und
eine automatische regelmäßige Sicherung aller relevanten Daten sowie die Wiederherstellung im Katastrophenfall mit geringem Aufwand ermöglicht.
Darüber hinaus unterstützt das „Corporate
Network“ der Unfallversicherungsträger
(CNUV) den sicheren Austausch von Informationen und elektronischen Dienstleistungen
zwischen den Unfallversicherungsträgern und
schützt durch einen gesondert gesicherten
Übergabepunkt auch den Zugang zum Internet. Eine Verschlüsselung der über Datenleitungen oder Datenträger transportierten Informationen nach dem aktuellen Stand der
Technik ist dabei Pflicht.
Mit dem Einsatz von Technik und organisatorischen Maßnahmen allein ist jedoch kein Optimum an Informationssicherheit zu erzielen.
Ein besonderes Augenmerk gilt daher auch
der Sensibilisierung der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter. Regelmäßige Schulungen
und Aufklärungsaktionen runden das Maßnahmenpaket ab.
Auf hohem Niveau tut die BG RCI alles, um die
von Ihnen zur Verfügung gestellten Informationen ausschließlich zweckgebunden einzusetzen und vor Missbrauch zu schützen.
Ihr
Hans-Jörg Piasecki
Mitglied der Geschäftsführung
7/8 2016 BG RCI.magazin
INHALT
Blickpunkt
Editorial
2
11. – 13. Oktober 2016
Die BG RCI auf der Arbeitsschutz Aktuell
4
„Uffbasse“ reicht nicht
Neue Unterweisungshilfen zu Gefahrstellen
und Sicherheitszeichen5
Neue IVSS-Broschüre: Gefahrstoffe am
Arbeitsplatz ermitteln und bewerten
16
Gefahrstoff-Kennzeichen videogestützt
unterweisen16
K+S Kali GmbH und BG RCI
„Vision Zero“-Kooperationsvereinbarung
17
Lernen aus Fehlern anderer
18
20
Individualprävention Lärm
6
BAVC, IG BCE und BG RCI starten gemeinsame
Initiative für noch mehr Arbeitssicherheit
Merkblätter zur Gefährdungsbeurteilung jetzt
auch auf Englisch
7
KLK OLEO, Düsseldorf
1.000 Tage ohne meldepflichtigen Arbeitsunfall 20
Forum protecT 2016/2017
„Menschen führen – auf festem Grund“
8
Neues Weiterbildungsseminar
Nanomaterialien – wie gefährlich
sind sie wirklich?
21
raumtex-Messen Süd und West
BG RCI auch 2016 wieder dabei
22
125 Jahre Verband der
Deutschen Lederindustrie
22
Gütesiegel für MicroDissect GmbH
24
Tagungen für Sicherheitsfachkräfte und
Betriebsärzte 2016/2017
Nordrhein-Westfalen
Baden- Würtemberg
Berlin und neue Bundesländer9
Weller-System
Modell zur Steuerung des Heilverfahrens
ausgezeichnet10
Top-Mediziner an BG-Kliniken
10
Berichte und Informationen
Förderpreise 2016
24
Aus der Praxis
BG RCI-Jahreskonferenz 2016
32
Einfach zu vermeiden: Absturz-Unfall aus
der Gitterbox
Tagungsbericht
Suchtprävention schafft Sicherheit
34
UV-Strahlung und Plattenepithelkarzinom
14. Forum für Sicherheitsfachkräfte und
Betriebsärzte12
Auszeichnung für beste Bachelor-Arbeit 2015
35
„Vision Zero“ in der Transport­betonindustrie
12
Impressum36
Mit dem Gütesiegel ausgezeichnet
13
11
Neue Arbeitsschutzkampagne im
Steinkohlenbergbau14
Sicherheitsfachkräfte-Tagung 2016
Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland36
Titelbild: Nanomaterailien – wie gefährlich sind sie wirklich? Die
DGUV Akademie in Dresden bietet hierzu ein neues Weiterbildungs­
seminar an (S. 21). Foto: fotoliaxrender - Fotolia.com
Veranstaltungshinweise/Termine
Beilagenhinweis: Dieser Ausgabe sind der Förderpreis-Bewerbungsbogen 2017 und der Tafelkalender 2017 beigefügt.
Damit sie beim Versand nicht herausfallen und Schaden verursachen, sind die Hefte für den Einzelversand foliert. Hefte
im Mehrfachversand werden ohne Folie verschickt.
3
BG RCI.magazin 7/8 2016
BLICKPUNKT
Der BG RCI-Überschlagsimulator – eines von zahlreichen Aktionsmodulen auf der diesjährigen Arbeitsschutz Aktuell in der Zeit vom 11. bis zum
13. Oktober 2016 in der Messe Hamburg.
Foto: bgrci/Thomas Hölken
11. – 13. Oktober 2016
Besuchen Sie die BG RCI auf der
Arbeitsschutz Aktuell in Hamburg!
Wertvolle Impulse – neue Ideen
Ob sichere Gestaltung von Arbeitsplätzen, Stressmanagement, Work-Life-Balance, betriebliche Gesundheitsvorsorge
oder die persönliche Ausstattung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – all diese Themen verlangen von den Unternehmen ein Höchstmaß an Verantwortung, Aufmerksamkeit für die Belange der Beschäftigten und Lösungen für die
tägliche Praxis.
Die Fachmesse „Arbeitsschutz Aktuell – das
Präventionsforum“ Mitte Oktober in Hamburg bietet solche Lösungen rund um alle
Themen der Sicherheit und Gesundheit am
Arbeitsplatz an. Auf dem angeschlossenen
Fachkongress vermitteln auch in diesem
Jahr hochkarätige Experten ihr Wissen zu
aktuellen Themen wie den neuen EU-Präventionsgesetzen oder der betrieblichen
Ausbildung im Arbeitsschutz.
Umfangreiche Informationen zur Fachmesse
und zum „Fachkongress Arbeitsschutz Aktuell“ mit seinen 16 Kongressblöcken sind unter www.arbeitsschutz-aktuell.de abrufbar.
Holen Sie sich die „Lizenz zum Schützen“
Die BG RCI wird in Hamburg auf dem Gemeinschaftsstand der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, der Unfallkassen
und der Berufsgenossenschaften vertreten
sein. Mehrmals am Tag verwandelt eine
Theater-Crew die aktuelle Arbeits- und Gesundheitsschutz-Thematik in ein spannendes James Bond-Abenteuer und verspricht,
zum Publikumsmagneten zu werden.
4
Die Besucher erwartet darüber hinaus ein
Mitmach-Parcours mit acht Aktionsmedien, vier davon aus dem Medienpool der
BG RCI: das Alterssimulations-Spiel, der
Überschlagsimulator, die GHS-Slotmaschine
und der Ergonomie-Werkzeugtisch. Hinzu
kommen von vier weiteren Berufsgenossenschaften der sogenannte S3 Check zur Erkennung von Defiziten des funktionellen Bewegungsapparats, eine Reaktionswand, das
Geschicklichkeitsspiel der „Heiße Draht“
sowie ein Modul zum Thema Ladungssicherung. Wer den Parcours mit seinen abwechslungsreichen Interaktionsmöglichkeiten erfolgreich absolviert, erhält als Anerkennung
die „Lizenz zum Schützen“.
Am Anlaufpunkt der BG RCI werden die Besucher mehr über die Angebote im Rahmen
der neuen Präventionsstrategie „Vision
Zero“ erfahren. Mit dieser Strategie verfolgt
die BG RCI das Ziel, das Risiko, einen meldepflichtigen Arbeitsunfall zu erleiden, bis
2024 um 30 Prozent zu senken. Im gleichen
Zeitraum soll die Anzahl der schweren sowie
der tödlichen Arbeitsunfälle um jeweils 50
Prozent zurückgeführt werden. Ähnliches
gilt für die Mehrzahl der erstmals zu entschädigenden Berufskrankheiten.
Mit ihrem Messeangebot spricht die BG RCI
Führungskräfte und Beschäftigte insbesondere aus Mitgliedsunternehmen an. Aber
auch Vertreter anderer Branchen sind herzlich willkommen, ebenso Hersteller, Institutionen und Behörden sowie Universitäten
und Schulen.
pr/nul
7/8 2016 BG RCI.magazin
BLICKPUNKT
„Uffbasse“ reicht nicht
Neue Unterweisungshilfen zu Gefahrstellen und Sicherheitszeichen
Mechanische Gefährdungen zählen zu den häufigsten Ursachen von Arbeitsunfällen. Eine neue Unterweisungshilfe
der IVSS-Sektion Chemie greift diesen Schwerpunkt auf. Sie thematisiert Gefahrstellen an Maschinen. Eine weitere
Unterweisungshilfe widmet sich den Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichen. Beide Unterweisungshilfen
können unter www.ivss-chemie.de kostenlos heruntergeladen werden.
stätten ASR A1.3 konkretisiert hierzu die
Anforderungen der Europäischen Richtlinie 92/58/EWG. Diese benennt Mindestvorschriften für die Kennzeichnung am
Arbeitsplatz und stellt verschiedene Kategorien von Zeichen dar. Die Unterweisung
„Sicherheitskennzeichnungen“, ebenfalls
in Lektionen gegliedert, greift aus jeder Kategorie ein Piktogramm heraus, um damit
einen Einstieg in die Diskussion zu den einzelnen Themen zu geben:
• Gebotszeichen
• Verbotszeichen
• Warnzeichen
• Rettungszeichen
• Brandschutzzeichen
•Welche Rettungs- und Brandschutzzeichen gibt es in unserem Betrieb?
• Führen sie in die richtige Richtung?
• Werden Brandschutzeinrichtungen und
Fluchtwege immer frei gehalten?
•Sind die Brandschutz- und Erste-Hilfe-Einrichtungen funktionsfähig und gewartet?
• Wer kann mit den entsprechenden Einrichtungen richtig umgehen?
Gefahr am laufenden Band!
Die Sicherheitsunterweisungen dienen nicht
nur der Erfüllung rechtlicher Vorgaben. Sie
lassen sich auch als Instrument für einen
kontinuierlichen Verbesserungsprozess im
Unternehmen nutzen.
Dr. Joachim Sommer, BG RCI, Heidelberg
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind
vor Arbeitsaufnahme und danach in regelmäßigen Zeitabständen über die Bedeutung
der eingesetzten Kennzeichen zu unterweisen. Folgende Aspekte können in der Unterweisung angesprochen werden:
•Welche Gebote, Verbote, Warnhinweise
gelten in unserem Betrieb?
• Warum gelten sie?
Illustration: bgrci
Gefahrstellen an Maschinen
Maschinen ermöglichen dem Bediener die
Verstärkung der eigenen Kraft und die Fertigung von Produkten in kürzerer Zeit. Gleichzeitig ergeben sich insbesondere durch die
Antriebssysteme und die mechanischen
Bewegungen neue Gefährdungen für die
Beschäftigten, die an und mit Maschinen
arbeiten. In der Sicherheitsunterweisung
„Gefahrstellen an Maschinen“ wird in humorvoller Weise auf verschiedene Gefahrstellen, die beim Umgang mit Maschinen
auftreten können, hingewiesen:
•Stichstellen an feststehenden und
bewegten Spitzen
•Quetschstellen an bewegten Flächen
•Schneidstellen an scharfen Kanten
•Scherstellen an schwenkbaren Kanten
•Fangstellen an drehenden Teilen
•Einzugstellen an gegenläufig
drehenden Walzen
•Anlaufende Maschinen, die sich unerwartet in Bewegung setzen
•Gespeicherte Energien durch angehobene Lasten, gespannte Federn oder unter
Druck stehende Apparate
Die Illustrationen zu den einzelnen Lektionen laden ein zur Diskussion darüber, ob
und wo es im eigenen Betrieb vergleichbare Fragestellungen gibt, welche konkreten
technischen und organisatorischen Maßnahmen bereits realisiert sind und welche
Lösungsansätze zur Verbesserung der Situation vor Ort angebracht wären.
Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichen
Wenn Risiken für Sicherheit und Gesundheit
nicht anders zu vermeiden oder ausreichend
zu minimieren sind, kommen nach § 3a der
Arbeitsstättenverordnung Sicherheits- und
Gesundheitsschutzkennzeichnungen zum
Einsatz. Die Technische Regel für Arbeits-
•Warum werden sie gegebenenfalls nicht
eingehalten?
•Gibt es Gefahrstellen, die nicht gekennzeichnet sind?
•Könnten technische Schutzmaßnahmen
statt der verhaltensbezogenen Hinweise
realisiert werden?
5
BG RCI.magazin 7/8 2016
BLICKPUNKT
Die Individualprävention Lärm will das Entstehen oder die Verschlimmerung arbeitslärmbedingter Hörverluste verhüten. Auch Lärmseminare helfen
oft weiter.
Fotos: ©industrieblick – Fotolia.de/br
Individualprävention Lärm
Lärm am Arbeitsplatz ist nach wie vor eines der Hauptprobleme im Arbeitsschutz
Etwa fünf Millionen Beschäftigte in Deutschland sind bei ihrer beruflichen Tätigkeit gesundheitsschädlichem Lärm
ausgesetzt. Lärmschwerhörigkeit ist unverändert der Spitzenreiter bei den Berufskrankheiten.
Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, ihre
Beschäftigten vor lärmbedingten Gesundheits- und Sicherheitsrisiken am Arbeitsplatz zu schützen. Aus Sicht des Arbeitsschutzes steht neben den Gehörschäden
auch das Unfallrisiko durch das Überhören
von Warnrufen oder Signalen im Fokus.
Welche Maßnahmen zu treffen sind, hängt
davon ab, ob der Tages-Lärmexpositions­
pegel – die durchschnittliche Lärmeinwirkung während einer Acht-Stunden-Schicht –
einen definierten Auslösewert erreicht oder
überschreitet. Er ist in der Verordnung zum
Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen
durch Lärm und Vibrationen festgelegt. So
hat der Arbeitgeber ab einem Tages-Lärmexpositionspegel von 85 dB (A) die Lärmbereiche in seinem Betrieb zu kennzeichnen. In
diesen Bereichen müssen die Beschäftigten
dann Gehörschutz tragen.
Maßnahmen zur Individualprävention
Wenn es konkrete Hinweise gibt, dass bei
einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter
im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit eine Lärmschwerhörigkeit entstehen
kann oder sich zu verschlimmern droht, haben die Unfallversicherungsträger dieser
Gefahr mit allen geeigneten technischen,
organisatorischen, persönlichen oder medizinischen Maßnahmen entgegenzuwirken.
Die BG RCI setzt dies in einem abgestuften
Verfahren im Rahmen der Individualprä-
6
vention Lärm („IP Lärm“) um. Im Berufskrankheitenverfahren ist es Aufgabe des
zuständigen BG RCI-Präventionsbereichs,
Arbeitsplätze zu beurteilen und Präventionsmaßnahmen zu initiieren.
Die in der „IP Lärm“ festgelegten Maßnahmen haben das Ziel, das Entstehen oder die
Verschlimmerung arbeitslärmbedingter Hörverluste mit allen geeigneten Mitteln zu verhüten. Dies betrifft insbesondere Personen,
die mit einer anerkannten Berufskrankheit
„Lärmschwerhörigkeit“ (BK 2301) weiterhin bei ihrer Tätigkeit gehörgefährdendem
Lärm ausgesetzt sind. Gegen den Verlust
des Hörvermögens gibt es keine medizinische Therapie.
Zur Vorbereitung und Umsetzung von Maßnahmen nach der „IP Lärm“ werden Gespräche mit der oder dem Betroffenen, dem betrieblich Verantwortlichen, dem Betriebsrat,
dem Betriebsarzt und der Fachkraft für Arbeitssicherheit geführt. Es kann sich um ein
Einzel- oder um ein gemeinsames Gespräch
handeln, das auch wiederholt stattfinden
kann. Für alle Maßnahmen ist die Einwilligung des Betroffenen erforderlich.
Nachdem die technischen und organisatorischen Maßnahmen am Arbeitsplatz
überprüft worden sind, ist eine individuelle
Beratung zum Tragen von Gehörschutz vorgesehen. Dabei wird insbesondere darauf
geachtet, ob im Betrieb individuell geeigneter Gehörschutz zur Verfügung steht und dieser bei dem Betroffenen Akzeptanz findet.
Falls sich bei der Erstberatung Möglichkeiten für Verbesserungen beim individuellen Gehörschutz zeigen, werden nach Ausschöpfen des betrieblichen Angebots auch
geeignete Alternativen vorgestellt. Die betroffene Person ist so direkt an der Auswahl
eines für sie besonders geeigneten Gehörschutzes beteiligt. Dieser ist grundsätzlich
vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen.
Auch das BG RCI-Lärmseminar ist
vielfach eine große Hilfe
Beschäftigten mit individuell erhöhtem Risiko gegenüber Lärm empfiehlt die BG RCI
das Seminar „Wissenswertes über Lärm“.
Es wird mehrmals im Jahr in den BG RCIBildungszentren Laubach und Maikammer
angeboten. Beschäftigte, die bereits als erkrankt gemeldet sind, laden die Bildungszentren über den jeweiligen Betrieb automatisch ein.
Teilnehmer, die von einer Hörminderung
betroffen sind, beurteilen die Seminare
als überaus lohnenswert. Sie empfehlen
anderen Betroffenen, das Angebot ebenfalls zu nutzen. Die Besuche beim Facharzt
und auch die Untersuchung beim Gutachter
hätten zwar gewisse Informationen vermittelt, im Seminar werde der gesamte Zusam-
7/8 2016 BG RCI.magazin
menhang aber erst richtig erkennbar. So gab
ein Teilnehmer an, dass ihm nun erst klar
sei, warum der arbeitsmedizinischen Vorsorge eine so große Bedeutung zukomme. Nur
durch sie sei er vor einer weiteren Verschlimmerung seiner Hörminderung bewahrt geblieben. Auch seien zahlreiche Aspekte zur
Auswahl und zum Einsatz des passenden
Gehörschutzes vermittelt worden. Schließlich habe sich erst im Seminar gezeigt, was
sich hinter einem dB-Wert verberge. So wurde angeregt, im Betrieb neben dem Gebotszeichen „Gehörschutz tragen“ künftig auch
die bei Lärmmessungen ermittelten TagesLärmexpositionspegel anzugeben.
Fast alle Teilnehmer sind sich einig, dass in
den Betrieben durch Unterweisungen die
Motivation zum Tragen von Gehörschutz
weiter gesteigert werden kann. Der betriebliche Standard im Arbeitsschutz sei zwar oft
recht hoch, die Vermittlung der Zusammenhänge zur Entstehung von Lärmschwerhörigkeit könne aber noch deutlich verbessert
werden, hieß es.
Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit
Der Verdacht auf eine Berufskrankheit ist
dann begründet, wenn Beschäftigte über
mehrere Jahre unter gehörgefährdenden
Lärmbedingungen tätig waren und die
Hörfunktionsstörung dem medizinischen
Bild einer lärmbedingten Schwerhörigkeit
entspricht. Schon die beginnende lärmbedingte Hörschädigung kann mittels Tonaudiogramm anhand eines typischen Hörverlusts im Frequenzbereich um 4.000 Hz – die
sogenannte C5-Senke – festgestellt werden.
Ein bestimmtes Ausmaß der Hörminderung
ist nicht Voraussetzung für den Verdacht auf
eine Berufskrankheit. Im anschließenden
Feststellungsverfahren geht es im Interesse der betroffenen Beschäftigten um eine
schnelle Entscheidung über Leistungsansprüche, wie etwa eine Hörgeräteversorgung
oder eine Tinnitus-Heilbehandlung, sowie
um eine wirkungsvolle individualpräventive Betreuung.
Burkhard Rehn, Andreas Brodkorb,
BG RCI, Mainz und Heidelberg
BLICKPUNKT
Merkblätter zur Gefährdungsbeurteilung
jetzt auch auf Englisch
Viele Mitgliedsunternehmen der BG RCI sind weltweit vertreten oder kooperieren auf internationaler Ebene. Um an allen Standorten einen einheitlichen
Standard in der Arbeitssicherheit und der Gesundheitsförderung zu erzielen,
entstand der Wunsch nach einer englischen Ausgabe der beiden zentralen
BG RCI-Publikationen „Gefährdungsbeurteilung – Sieben Schritte zum Ziel“
und „Gefährdungsbeurteilung – Gefährdungskatalog“. Sie liegen jetzt als
Merkblatt A 016e „Risk Assessment – Seven Steps to the Goal“ und Merkblatt
A 017e „Risk Assessment – Hazard Catalogue“ vor und können unter medien­
shop.bgrci.de bestellt werden.
Gefährdungsbeurteilungen sind das zen­
trale Instrument im Arbeitsschutz und der
Schlüssel zur Verringerung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Erkrankungen. Die Merkblätter wenden
sich branchenübergreifend an alle, die Gefährdungsbeurteilungen durchführen müssen oder daran beteiligt sind.
Wie in der deutschsprachigen Fassung
beschreibt das Merkblatt A 016e Schritt
für Schritt, wie eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden kann. Eine Gefährdungsbeurteilung nach dieser Vorgabe erfüllt die Anforderungen der „Leitlinie
Gefährdungsbeurteilung und Dokumentati-
A 016e
Das Merkblatt A 017e führt mögliche Gefährdungen und Belastungen systematisch
auf und stellt ihnen allgemein gefasste Vorschläge für Schutzmaßnahmen gegenüber.
Die im Gefährdungskatalog enthaltenen
Rechtsbezüge erleichtern es den Nutzern,
sich zu einzelnen Fragestellungen genauer
zu informieren.
Dr. Olaf Schmidt-Gündel, BG RCI,
Heidelberg
A 017e
Risk Assessment
Seven Steps to the Goal
General Topics
on“ der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA). Als Hilfsmittel sind
Formulare beigefügt, die zur Durchführung
und Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung verwendet werden können.
Risk Assessment –
Hazard Catalogue
8/2015
General Topics
8/2015
7
BG RCI.magazin 7/8 2016
BLICKPUNKT
Forum protecT
„Menschen führen – auf festem Grund“
22. – 23. November 2016 / 15. – 16. Februar 2017
„Leben Sie Führung!“ und „Gefahr erkannt – Gefahr gebannt!“ So lauten die ersten beiden von insgesamt sieben
Erfolgsfaktoren des BG RCI-Leitfadens zur Umsetzung der Präventionsstrategie „Vision Zero. Null Unfälle – gesund arbeiten!“ Folgerichtig stehen neben aktuellen Informationen zur neuen BG RCI-Präventionsstrategie die Themen „Führung“ und „Gefahren erkennen und beurteilen“ im Mittelpunkt des kommenden Forums protecT mit Veranstaltungen
im Herbst dieses Jahres sowie Anfang 2017.
Ein klares Bekenntnis der Unternehmensleitung und aller Führungskräfte zu ihrer
Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit aller Beschäftigten ist Grund­
voraussetzung für Erfolge in der Prävention
von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten.
Dabei wissen wir, dass gute Führungskräfte
nicht vom Himmel fallen und die Herausforderungen im Umgang mit Menschen immer
komplexer werden.
Gute Führung verlangt Vertrauen und eine
transparente Führungskultur, die auf Kommunikation, Offenheit und Berechenbarkeit
setzt. Offen über Fehler oder auch psychische Belastungen zu sprechen, darf kein
Tabu sein. Auf den kommenden Forum protecT-Veranstaltungen will die BG RCI zusammen mit namhaften Experten sowie anhand
von Beispielen und in Workshops aufzeigen,
wie Sie die Situation in Ihrem Unternehmen
und Ihr eigenes Handeln hinterfragen und
was Sie tun müssen, um alle Führungskräfte
ins Boot zu holen.
Foto: © Robert Kneschke – Fotolia.de
Doch für gute Führung braucht es nicht nur
das, was man heute gern als „social skills“
bezeichnet. Gute Führung beruht auf Analysen und klaren Ansagen. Deshalb beschäftigt sich das Forum auch damit, wie
den wahren Ursachen von Unfällen auf den
Grund zu gehen ist und wie dabei das Instrument der Gefährdungsbeurteilung so
eingesetzt werden kann, dass es nicht als
„überflüssige Bürokratie“, sondern als Führungswerkzeug wahrgenommen wird und
Akzeptanz findet.
Die Veranstaltungen führen vor Augen, wie
gute Führungsarbeit und eine fundierte
Analyse nicht nur zu Fortschritten in der
betrieblichen Präventionsarbeit beitragen,
sondern auch helfen, Produktionsausfälle
zu vermeiden, die Mitarbeiterzufriedenheit
zu steigern und die Attraktivität des Unternehmens zu verbessern. Sie haben die Mög-
8
lichkeit, Erfahrungen und Ideen im Gespräch
mit Unternehmerinnen und Unternehmern,
Führungskräften und führenden Fachleuten
auszutauschen.
Programmschwerpunkte
• Führungsverantwortung und Motivation
• Fehlerkultur und Konsequenz
• Zehn lebensrettende Maßnahmen
• Psychische Belastungen
• Nutzen der Gefährdungsbeurteilung
• „Vision Zero“ – Ein Erfahrungsbericht
Workshops
Teil des 1. Veranstaltungstags sind spezifische Workshops, unter denen Sie zwei auswählen können.
Zielgruppen
• Unternehmerinnen und Unternehmer
•Führungskräfte
•Personalverantwortliche
• Fachkräfte für Arbeitssicherheit
• Betriebsärztinnen und Betriebsärzte
•Betriebsratsmitglieder
Termine und Veranstaltungsorte
Wählen Sie einen der folgenden Termine
aus:
•22. – 23. November 2016, Hotel La Strada,
Kassel
•1 5. – 16. Februar 2017, Maritim Hotel,
Magdeburg
Teilnahmegebühren und Reisekosten
Für Interessenten aus den Mitgliedsunternehmen der BG RCI sind Teilnahme und
Übernachtung kostenfrei. Reisekosten werden nicht erstattet.
Die Veranstaltung gilt als Fortbildung für
Unternehmerinnen und Unternehmer in
der alternativen Betreuung (Unternehmermodell).
Übernachtung
Für die Übernachtung übernimmt die
BG RCI die Zimmerbuchung für alle, die eine
Zusage zur Teilnahme an einer der Veranstaltungen haben.
Anmeldung
Die Anmeldung ist voraussichtlich ab Mitte August möglich. Anmeldeformulare und
weitere Informationen finden Sie unter
www.forum-protect.de. Folgen Sie dem Link
zur Anmeldung. Oder gehen Sie alternativ
über seminare.bgrci.de zum Forum protecT.
Wenn Sie dort bereits mit einem Kundenkonto registriert sind, melden Sie sich bitte mit Ihren Zugangsdaten an. Sie können
dann die Komfortfunktionen der Anmeldemaske nutzen. Bitte bedenken Sie, dass
über ein Kundenkonto mehrere Anmeldungen aus demselben Unternehmen möglich
sind. Es bietet sich an, ein Kundenkonto
pro Standort für alle Seminaranmeldungen zu nutzen. Prüfen Sie
bitte in Ihrem Unternehmen, ob
bereits ein Kundenkonto besteht.
Kontakt
Betina Hilpert, Telefon: 06221/510821510, E-Mail: [email protected].
Annett Bruhns, BG RCI, Langenhagen
7/8 2016 BG RCI.magazin
BLICKPUNKT
Tagung für Sicherheitsfachkräfte 2016/2017
BG RCI-Mitgliedsunternehmen in Nordrhein-Westfalen
Die BG RCI lädt die Sicherheitsfachkräfte ihrer Mitgliedsunternehmen in Nordrhein-Westfalen ein zur Sicherheitsfachkräfte-Tagung 2016. Es handelt sich um eine Fortbildungsveranstaltung im Sinne des Arbeitssicherheitsgesetzes
(ASiG). Veranstaltungsort ist Königswinter. Vier Termine stehen zur Auswahl:
15. – 16. November 2016
16. – 17. November 2016
22. – 23. November 2016
23. – 24. November 2016
Die Tagung, organisiert vom Präventionszentrum Bochum/Köln der Berufsgenossenschaft, richtet sich an Sicherheitsfachkräfte
aller in der BG RCI vertretenen Branchen.
Das sind die Themen:
• Die neue Präventionsstruktur der BG RCI
•Die ZED-Datenbank zur zentralen Erfassung von Beschäftigten, die gegenüber
krebserzeugenden Stoffen exponiert sind
•Erste Erfahrungen mit der neuen BG RCIPräventionsstrategie „Vison Zero. Null
Unfälle – gesund arbeiten!“
•Zuckerindustrie: Vom Saatkorn bis zum
Kristallzucker
•Arbeitsschutz in Steinbrüchen und unter
Tage
•P apierindustrie: Leichtes Produkt –
schwere Maschinen
•Zwei Jahre Betriebssicherheitsverordnung: Was ist wirklich neu?
Für einen umfassenden Erfahrungsaustausch sorgen darüber hinaus drei Workshops. Experten moderieren zu den Themen:
•„Mit Hochdruck zum Ziel“ – Sicherheit an
Hochdruckschläuchen
•„Mehr als nur ein Fragebogen“ – Psychische Belastungen in der Gefährdungsbeurteilung
•„Damit genug Luft zum Atmen bleibt“ –
Lüftungstechnische Maßnahmen
Die Tagung wird ergänzt mit einem Streifzug durch das Medienangebot der BG RCI.
Sicherheitsfachkräfte erhalten zu den Veranstaltungen rechtzeitig eine gesonderte
Einladung. Die BG RCI freut sich auf Ihre Teilnahme und erwartet eine spannende NRWSicherheitsfachkräfte-Tagung 2016.
koc
BG RCI-Mitgliedsunternehmen in Baden-Württemberg
Zur Tagung für Sicherheitsfachkräfte und Betriebsärztinnen und -ärzte, die in BG RCI-Mitgliedsunternehmen in
Baden-Württemberg tätig sind, lädt die Berufsgenossenschaft nach Pforzheim ein. Termin: 19. – 20. Oktober 2016.
Die Tagung wird organisiert vom Präventionszentrum Heidelberg der BG RCI und greift
eine Reihe von Themen der neuen Präventionsstrategie „Vision Zero“ auf:
•Leben Sie Führung:
Sicherheit leben
•Gefahr erkannt – Gefahr gebannt:
Manipulation von Schutzeinrichtungen
•Ziele definieren – Programm aufstellen:
Mit Köpfchen bei der Sache
• Maschine, Technik, Anlagen – aber sicher:
Anpassung alter Maschinen und Anlagen
an den Stand der Technik
• Wissen schafft Sicherheit:
- Alles neu im Explosionsschutz
- ZED – die Zentrale Expositionsdatenbank
- Das neue Präventionsgesetz
•Motivieren durch Beteiligung:
Gesundheitsschutz aktiv gestalten
Die Tagung wird begleitet von einer Fachausstellung mit Produkten für den Arbeitsund Gesundheitsschutz. Wer an der Tagung
teilnehmen möchte, meldet sich an unter
www.bgrci.de >Seiten ID: #FF1J.
Thomas Maus, BG RCI, Heidelberg
BG RCI-Mitgliedsunternehmen in Berlin und den neuen Bundesländern
Termine: Für Sicherheitsfachkräfte aus
BG RCI-Mitgliedsunternehmen in den Bundesländern Sachsen, Thüringen und Teilen
Sachsen-Anhalts:
26. und 27. Oktober 2016 in Radebeul bei
Dresden
Für Sicherheitsfachkräfte aus BG RCI-Mitgliedsunternehmen in den Bundesländern Berlin,
Brandenburg und Teilen Sachsen-Anhalts:
30. und 31. März 2017 in Erkner bei Berlin
Themen:
•Erste Erfahrungen mit der neuen BG RCIPräventionsstrategie „Vision Zero“
•Erfahrungsaustausch zur Gefährdungsbeurteilung im Hinblick auf psychische
Belastungen
•Gesund am Arbeitsplatz
•Ausblick auf die 2017 beginnende bundesweite Präventions-Kampagne zum
Thema Präventionskultur
•Die Medienwelt der BG RCI
•Aus der Praxis für die Praxis: Erfahrungsberichte und gute Lösungen
Die Tagungen werden organisiert vom
BG RCI-Präventionszentrum Gera/Berlin. Das
Präventionszentrum lädt die Sicherheitsfachkräfte zu diesen Veranstaltungen gesondert
auf schriftlichem Wege ein. nvs
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BG RCI.magazin 7/8 2016
BLICKPUNKT
Weller-System
IVSS zeichnet Modell zur Steuerung des Heilverfahrens aus
Software-Entwicklung von BGN und BG RCI hat große Chancen auf internationale Nutzung
Effizienzsteigerung spielt nicht nur in der Wirtschaft eine wichtige Rolle, auch die öffentliche Verwaltung ist auf die
Steigerung ihrer operationellen und administrativen Effizienz angewiesen. Die Internationale Vereinigung für Soziale
Sicherheit (IVSS) hat deshalb einen Preis ins Leben gerufen, der besonders gute Praxisbeispiele auszeichnet. Bei der
jüngsten Preisverleihung in Stockholm wurden die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN)
und die BG RCI für ihr Produkt „Weller-System: Ein Modell zur Steuerung des Heilverfahrens durch den Unfallversicherungsträger“ ausgezeichnet.
„Das Weller-System ist ein wertvolles Modell für eine wirksame Heilverfahrensunterstützung, das zu beträchtlichen Effizienzgewinnen geführt hat. Es verfügt über
ein großes Potential, auf andere Länder
und andere Zweige der Unfallversicherung
übertragen zu werden“, heißt es in der Begründung der Jury-Entscheidung.
Das Weller-System umfasst eine Anleitung
mit den 170 häufigsten Diagnosen und über
450 Diagnosemustern sowie eine zentrale Datenbank mit Zeiten und Kosten abgeschlossener (anonymisierter) Fälle der beteiligten Versicherer.
„Das erlaubt einen aktiven Heilverfahrens­
ansatz, mit dem Anwender eine durchschnittlich um 25 Prozent verringer te
Arbeitsunfähigkeitszeit im Vergleich zu
Ansätzen ohne Heilverfahrensunterstützung erreichen können“, erläutert Thomas
Köhler, Sprecher der BG RCI-Geschäftsführung, den Nutzen. Die Weller-Datenbank,
IVSS-Präsident Errol Frank Stoové (l.) und IVSS-Schatzmeister Philippe Conus (r.) zeichneten
in Stockholm Jürgen Schulin, stellv. Hauptgeschäftsführer der BGN (2. v. l.), und Thomas Köhler,
Sprecher der Geschäftsführung der BG RCI, für die Entwicklung und den Einsatz des Weller-Systems aus. Es dient vornehmlich in der Unfallversicherung der Steuerung von Heilverfahren nach
Arbeitsunfällen.
Foto: Swedish Pensions Agency
auch Weller-Tabelle oder Weller-System
genannt, entstand unter der fachlichen
Leitung von Prof. Dr. med. Siegfried Weller, ehemaliger Ärztlicher Direktor der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik
Tübingen. Seit über 20 Jahren arbeitet die
Unfallsachbearbeitung der gesetzlichen
Unfallversicherung mit diesem System. Es
ist zu einer wesentlichen Grundlage für die
effektive Heilverfahrenssteuerung geworden. Das Produkt wird von der Forschungsgesellschaft für angewandte Systemsicherheit und Arbeitsmedizin mbH (FSA), einer
Tochter der BGN, vertrieben.Nähere Informationen sind unter www.fsa.de zu finden.
bgrci
Top-Mediziner an den Berufsgenossenschaftlichen Kliniken
In der neuesten Ärzteliste 2016 des Magazins „Focus Gesundheit“ sind Mediziner
der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken
bundesweit mit fast 30 Nennungen besonders häufig vertreten. Sie zählen damit zu
Deutschlands besten Ärzten in ihren Fachgebieten.
Diese umfassen die Bereiche Asthma, Diabetes, Unfallchirurgie, Hand-, Fuß-, Hüftund Kniechirurgie, Wirbelsäulenchirurgie,
Schmerz, Rückenschmerz und HNO.
10
Die Berufsgenossenschaftlichen Kliniken
finden sich in Hamburg, Berlin, Halle an
der Saale, Bochum, Duisburg, Frankfurt am
Main, Ludwigshafen und Tübingen sowie
in Murnau, Falkenstein und Bad Reichenhall. Viele der genannten Ärzte werden bereits zum wiederholten Mal in der FocusListe genannt. Sie verzeichnet derzeit rund
2.850 Top-Mediziner aller Fachrichtungen.
Die Berufsgenossenschaftlichen Kliniken
versorgen ihre Patienten mit innovativer
Spitzenmedizin auf höchstem Niveau. Sie
gehören zur Unternehmensgruppe der
BG Kliniken. Sie umfasst neun berufsgenossenschaftliche Akutkliniken, zwei Kliniken für Berufskrankheiten sowie zwei
Unfallbehandlungsstellen.
Mit 12.500 Beschäftigten, jährlich über
550.000 Patienten und einem Jahresumsatz von 1,21 Milliarden Euro ist die
Gruppe eine der größten Klinikverbunde
in Deutschland.
nul
7/8 2016 BG RCI.magazin
AUS DER PRAXIS
Einfach zu vermeiden: Absturz-Unfall aus der Gitterbox
In einem BG RCI-Mitgliedsunternehmen war ein Schwerlastregal zu demontieren. Dabei
ereignete sich ein Absturz-Unfall. Die Analyse zeigt, dass das Ereignis einfach zu verhindern gewesen wäre.
Der ausgebildete Staplerfahrer bediente
den Stapler. Zwei Mitarbeiter standen in der
auf eine Höhe von etwa zwei Metern angehobenen Gitterbox und lösten mit Hammerschlägen den waagerechten Querträger des
Schwerlastregals. Als sich beide gleichzeitig
auf einer Seite der Gitterbox aufhielten und
mit dem Querträger hantierten, kippte die
unbefestigte Gitterbox zur Seite und stürzte mit den beiden Mitarbeitern zu Boden.
Einer von ihnen zog sich Rippenbrüche, der
zweite eine Prellung zu. Unglücklicherweise
befand sich im Bereich der Absturzstelle ein
weiterer Mitarbeiter, der von der Gitterbox
getroffen wurde und sich ebenfalls Prellungen zuzog.
Die Unfallursachen
Die Unfalluntersuchung hat folgende Ursachen ergeben:
•D er Meister hat lediglich einen pauschalen Arbeitsauftrag („Schwerlastregal demontieren“) an den Vorarbeiter
ausgegeben. Auf welche Art und Weise
diese Arbeiten ausgeführt werden sollten, wurde nicht konkret besprochen.
Eine Unterweisung, wie das Schwerlastregal gefahrlos abzubauen ist, erfolgte
nicht. Die Art der Ausführung wurde den
beteiligten Personen selbst überlassen,
obwohl sie üblicherweise in der Handarbeitsabteilung für Betonteile arbeiten und
somit möglicherweise für den fraglichen
Arbeitsauftrag nicht geeignet waren.
•Die ungesicherte Gitterbox auf den Staplergabeln war als Standplatz für Personen
ungeeignet, da sie lediglich lose auf die Gabeln aufgelegt worden war.
•Eine im Betrieb vorhandene, geprüfte Hubarbeitsbühne sowie ein vorhandener Personenaufnahmekorb, der in Verbindung mit dem Gabelstapler ein
zugelassenes System bildet, wurden nicht genutzt.
•Der Betriebsleiter war zum Unfallzeitpunkt erst seit
sechs Tagen im Unternehmen tätig.
•Der Meister bemerkte die unsichere Arbeitsweise von
der Gitterbox aus nicht. Die Demontagearbeiten hat
er nicht beaufsichtigt.
•Eine konkrete Unterweisung durch den Meister, wie
das Schwerlastregal gefahrlos abgebaut werden
kann, ist nicht erfolgt.
So hätte der Unfall vermieden werden können
Eine Demontage in einer Arbeitshöhe von zwei Metern
hat von einem sicheren Arbeitsmittel aus zu erfolgen. Im
vorliegenden Fall hätte sich zum Beispiel die vorhandene Hub­arbeitsbühne oder der Personenaufnahmekorb
als Arbeitsmittel angeboten.
Welche unsicheren Handlungen und Verstöße gegen
geltende Vorschriften lagen möglicherweise vor?
•Es wurden Mitarbeiter eingesetzt mit Kenntnissen in
der Betonwarenherstellung, aber offensichtlich mit
zu wenigen Kenntnissen für Demontagearbeiten.
•Der Vorarbeiter konnte und durfte die vorhandene
Hubarbeitsbühne nicht bedienen, da er hierfür nicht
eingewiesen worden war.
•Der Vorarbeiter hat statt des Personenaufnahmekorbs
eine Gitterboxpalette benutzt.
•Der Staplerfahrer beförderte die beiden Kollegen in
der unzulässigen Gitterbox in die Höhe.
•Es liegt ein Verstoß gegen §26 Abs. 6 der DGUV Vorschrift 68 „Flurförderzeuge“ (bisher BG Vorschrift D27)
vor. Darin heißt es: „Der Fahrer darf Personen (Versicherte) mit der Arbeitsbühne erst auf- oder abwärtsfahren, wenn die Arbeitsbühne sicher befestigt und
die Umwehrung ordnungsgemäß geschlossen ist.“
Die Unfallursachen sind vorrangig im organisatorischen
sowie personenbezogenen Bereich zu finden. Auch in
diesem Fall hat die Verkettung mehrerer Umstände zu
dem Unfall geführt. Dabei wäre er einfach zu verhindern gewesen.
Maik Schlademann, BG RCI, Langenhagen
Schwerlastregal mit Gitterbox.
Nachgestellte Unfallsituation mit
lose aufliegender Gitterbox.
Blieben ungenutzt: die Hubarbeitsbühne …
Fotos: bgrci/Georg Lenz
Die nach dem Unfall erfolgte Untersuchung
brachte folgende Erkenntnisse: Der Meister
des Betriebs gab mündlich den Demontageauftrag an den Vorarbeiter. Dieser entschied
sich für eine Demontage von einer Gitterbox
aus, die mit einem Gabelstapler angehoben
werden sollte. Eine solche Gitterbox fand
sich auf dem Firmengelände.
… und der Personenaufnahmekorb.
11
BG RCI.magazin 7/8 2016
AUS DER PRAXIS
UV-Strahlung und Plattenepithelkarzinom
14. Forum für Sicherheitsfachkräfte und Betriebsärzte in Erlangen
Die Gesundheitsbelastung durch UV-Strahlung war das zentrale Thema des 14. Nordbayerischen Interdisziplinären
Forums zur Weiterbildung von Sicherheitsfachkräften und Betriebsärzten Ende April in Erlangen. Die UV-Strahlung gilt
als Ursache des Plattenepithelkarzinoms. Diese Erkrankung ist im vergangenen Jahr neu in die Berufskrankheiten­
liste aufgenommen worden (BK 5103). Gerade in den Betrieben der Baustoff-Industrie spielt diese physikalische Be­
lastungsart eine besondere Rolle.
Martin Böttcher von der BG RCI berichtete über das Forschungsvorhaben „Hautkrebs durch UVStrahlung“.
Fotos: bgrci/pn
Martin Böttcher von der BG RCI eröffnete
den Themenkomplex mit der Rolle der Unfallversicherungsträger beim Umgang mit
Berufskrankheiten. In seinem Vortrag „UVBelastung im Freien aus der Sicht eines Unfallversicherungsträgers“ beschrieb er die
zugehörigen Aufgaben, zu denen Forschung
und die Entwicklung von Präventionsmaßnahmen ebenso zählen wie Heilbehandlung
und Rehabilitation. Er berichtete außerdem
über erste Ergebnisse einer Messkampagne,
die im Rahmen des Forschungsvorhabens
„Hautkrebs durch UV-Strahlung“ bei Mitgliedsunternehmen der BG RCI durchgeführt
wurde. In einer der kommenden Ausgaben
des BG RCI.magazins werden wir ausführlich
hierüber berichten.
de Fachausstellung rundeten das thematische Angebot ab.
Rechtliche, kulturspezifische und praxisorientierte Beiträge zur Belastung durch
optische Strahlung sowie eine begleiten-
Das Forum zum Austausch über Themen des
Arbeits- und Gesundheitsschutzes war vor
13 Jahren in Hof ins Leben gerufen worden.
Das Forum war eröffnet worden durch Dr.
Marion Hucke von der Regierung von Oberfranken in Vertretung der diesjährigen
Schirmherrin der Veranstaltung, der Staatsministerin für Arbeit, Soziales, Familie und
Integration, Emilia Müller, sowie durch Erlangens Oberbürgermeister Dr. Florian Janik. Für die BG RCI sprach deren Leiter der
Prävention, Helmut Ehnes. Er erläuterte den
Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Ziele
und Maßnahmen der neuen BG RCI-Präventionsstrategie „Vision Zero“. Mit ihrer Hilfe
soll der Arbeits- und Gesundheitsschutz
weiter intensiviert werden.
Die Initiatoren der Veranstaltungsreihe, Dr.
Hans Schwemmle vom Verband Deutscher
Betriebs- und Werksärzte e.V. (VDBW) und
Dr. Arno Weber vom Verband für Sicherheit,
Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit (VDSI), unterstützten mit ihrem Vorstoß
das damalige Bayerische Staatsministerium
für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz unter Minister Eberhard Sinner, der
zu diesem Zeitpunkt für den Arbeitsschutz
in Bayern zuständig war. Seit dem 11. Forum
wird die Veranstaltung von der Deutschen
Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) mitgetragen. Unter ihrem
Präsidenten Prof. Dr. Hans Drexler ist die
DGAUM als wissenschaftlicher Ideengeber
maßgeblich beteiligt an der Programmgestaltung des Forums.
Mit der gemeinsamen interdisziplinären
Weiterqualifizierung von Sicherheitsfachkräften und Betriebsärzten genießt die
nordbayerische Region in diesem Bereich
ein Alleinstellungsmerkmal. Das Modell sollte nicht nur aus Sicht der BG RCI auch andernorts Schule machen. Der VDSI bescheinigt die Teilnahme an der Weiterbildung
durch Qualifizierungspunkte und Urkunde.
Die Teilnehmenden aus den Unternehmen
können damit einen Nachweis der Qualität des betrieblichen Arbeitsschutzes
führen.
Peter Neuweg, BG RCI, Nürnberg
Kooperation unterzeichnet
„Vision Zero“ auch in der Transport­betonindustrie
Der Bundesverband der Deutschen Transportbetonindustrie e.V. (BTB) und die
BG RCI haben im Mai eine gemeinsame
Initiative für noch mehr Arbeitssicherheit
in der Transportbetonindustrie gestartet.
Die Kooperationsvereinbarung ist Bestandteil der neuen Präventionsstrategie „Vision
Zero. Null Unfälle – gesund arbeiten!“ Ziel
ist es, die Arbeitswelt so zu gestalten, dass
möglichst niemand zu Schaden kommt.
12
„Wir sind überzeugt, dass letztlich alle
Unfälle und Berufskrankheiten verhindert
werden können. Dazu müssen Sicherheit
und Gesundheit als elementare Werte
anerkannt und Führungskräfte sowie die
Beschäftigten in den Betrieben ihrer Verantwortung gerecht werden. Gemeinsam
werden wir es schaffen, die Vision von einem unfallfreien Arbeitsleben mehr und
mehr Wirklichkeit werden zu lassen“, er-
klär te Ulrich Meesmann, Mitglied der
BG RCI-Geschäftsführung, anlässlich der
Unterzeichnung der Vereinbarung in Berlin.
„Die kontinuierliche Verbesserung des
Arbeits- und Gesundheitsschutzes in der
Transportbetonindustrie ist erklärtes Ziel
unseres Verbandes“, bekräftigte BTBHauptgeschäftsführer Dr. Olaf Aßbrock.
„Wir beschäftigen uns intensiv mit der Un-
7/8 2016 BG RCI.magazin
AUS DER PRAXIS
Sicher mit System
Mit dem Gütesiegel ausgezeichnet
Zum vierten Mal hat die Untergrundspeicher- und Geotechnologie-Systeme GmbH
(UGS) in Mittenwalde/Mark beim Re-Audit
zum BG RCI-Gütesiegel „Sicher mit System“
mit seinen Leistungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz klar überzeugen können.
UGS ist ein integriertes Ingenieur- und
Dienstleistungsunternehmen. Es besteht
seit 54 Jahren und hat sich auf die Erkundung, Planung, Errichtung, Instandhaltung
und den Betrieb von Untergrundspeicheranlagen für gasförmige und flüssige Medien spezialisiert. Zuletzt hat das Unternehmen nach einer Auswertung von
Beinahe-Unfällen für die Mitarbeiter auf
dem weitläufigen Betriebsgelände ein Fahrradtraining organisiert und die firmeneigenen Fahrräder durch Dreiräder ersetzt.
Damit soll das Unfallpotenzial weiter vermindert werden. Eingeführt wurden zudem
sogenannte „Augen auf!“-Karten. Sie sollen die eigenen Mitarbeiter sowie diejenigen von Fremdfirmen motivieren, unkompliziert und schnell über unsichere Zustände
oder Handlungen, Beinahe-Unfälle, aber
auch über vorbildliches Verhalten zu berichten. Die Meldungen dienen als Quelle
für weitere Verbesserungsmaßnahmen.
Das Unternehmen investierte außerdem
in die Einführung eines Gesundheitsmanagements, zahlreiche Informationsveranstaltungen hierzu, einen Fitnessraum mit
modernen Geräten sowie in regelmäßige
Kursangebote auf dem Firmengelände.
Das Unternehmen nahm außerdem mit der
tersuchung und Optimierung der Arbeitssicherheit sowohl bei der Betonherstellung
als auch beim Pumpen von Beton und dem
Befüllen und Entladen von Fahrmischern.“
Eine Arbeitsgruppe des Verbands hat die
Aufgabe, das Unfallgeschehen zu analysieren, Kennzahlen zur Arbeitssicherheit
zu ermitteln und entsprechende Maßnahmen auf den Weg zu bringen.
Die Präventionsstrategie „Vision Zero“ gibt
konkrete Ziele vor, die es bis zum Jahr 2024
zu erreichen gilt. So soll das Arbeitsunfallrisiko um 30 Prozent verringert werden und
Jürgen Mohr (4. v. r.), Geschäftsführer der Transportbeton Bamberg und der Transportbeton Vogtland nimmt mit Vertretern seiner Unternehmen die Gütesiegelurkunde aus der Hand von Ulrich
Kretschmer von der BG RCI, Nürnberg, entgegen.
Foto: bgrci
Entwicklung von Auffangnetzen für herabfallende Ablagerungen an Solerohren am
BG RCI-Förderpreis teil.
Den Knauf Deutsche Gipswerke KG in Rottleberode an der Landesgrenze zwischen
Sachsen-Anhalt und Thüringen wurde das
Gütesiegel zum zweiten Mal verliehen. „Wir
wollen, dass wir gesund zur Arbeit kommen und nach acht Stunden wieder gesund
nach Hause gehen“, sagte Werkleiter André
Materlik anlässlich der Auszeichnung. Die
Mitarbeiter am Standort fühlen sich an ihrem Arbeitsplatz sicher, die Unfallzahlen
bewegen sich kontinuierlich nach unten,
Produktionsausfälle wurden so auf ein Minimum reduziert. Jetzt haben die 173 Beschäftigten bei Knauf in Rottleberode drei
Jahre Zeit, sich auf das nächste Re-Audit
vorzubereiten.
Mit dem Gütesiegel ausgezeichnet wurden
auch die Transbeton Bamberg GmbH & Co. KG
in Bamberg sowie die Transportbeton Vogtland GmbH & Co. KG in Hof. „Lernen durch
Schmerz kommt bei uns gar nicht erst in Frage“, sagte aus diesem Anlass der Geschäftsführer beider Unternehmen, Jürgen Mohr.
Nach seinen Worten ist die Routine der Killer
jeglicher Vorsicht. Regelmäßiges Prüfen der
Gefährdungsbeurteilung mit den entsprechenden Konsequenzen stehe an erster Stelle. Auch das Seminarangebot der Berufsgenossenschaft habe sich als enorm hilfreich
erwiesen, insbesondere auch wegen der Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch. nul
die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle um
50 Prozent sinken. Um diese Ziele zu erreichen, wurde ein umfangreiches Maßnahmenpaket entwickelt. Dazu gehören passgenau auf die Unternehmensbedürfnisse
zugeschnittene Präventionsangebote,
noch mehr persönliche Vor-Ort-Beratungen sowie die besondere Förderung von
kleinen und mittleren Unternehmen.
bgrci
Arbeitssicherheit zählt bereits in der Ausbildung zum Rüstzeug des Verfahrensmechanikers Transportbeton.
Foto: BTB/InformationsZentrum Beton
13
BG RCI.magazin 7/8 2016
AUS DER PRAXIS
Neue Arbeitsschutzkampagne im Steinkohlenbergbau
Für einen hohen Sicherheitsstandard
bis zum letzten Tag
RAG Aktiengesellschaft macht den Mitarbeiter zum
Sicherheits-Protagonisten
Von Norbert Ulitzka
Ende 2018 wird der Steinkohlenbergbau in Deutschland die Förderung einstellen. Mit einer weit unterdurchschnittlichen Unfallquote haben die Beschäftigten der RAG Aktiengesellschaft trotz ihrer besonderen Arbeitsbedingungen keinen Grund, den Vergleich mit anderen Branchen zu scheuen. Wie
aber lässt sich das hohe Niveau im Arbeits- und Gesundheitsschutz auch in
den verbleibenden Jahren bis zum Ende des Bergbaus aufrechterhalten? Und
was ist zu tun, um die Motivation für sicheres Arbeiten gerade in dieser Phase zu stabilisieren oder gar auszubauen?
Die Antwort der RAG ist eindeutig. Um das
Thema weiter voranzutreiben und ihm bis
zum Ende des Steinkohlenbergbaus eine besondere Bedeutung zu geben, rief sie ein unternehmensweites Projekt ins Leben. In diesem Rahmen startete ein interdisziplinäres
Team aus Arbeitsschützern und Kommunikationsexperten eine neue Arbeitsschutzkampagne, die den Mitarbeiter auch visuell ins
Zentrum stellt. Denn, so verkündet ein Kumpel auf einem der neuen Kampagnenmotive:
„Sicherheit beginnt in meinem Kopf!“
Aber das ist nicht der einzige Appell an die
Mannschaft. Der zentrale Slogan der Kampagne lautet „Sicherheit – denk daran, bevor
Du loslegst“. Auch er zielt auf den Kopf, auf
die Motivation, die Bereitschaft, noch immer
dazuzulernen, auf Verhaltensoptimierung,
auf die Bergmannsehre und die Verantwortung füreinander: „Schau hin, was Dein Kumpel macht!“
Mit neuen Kampagnenmotiven wirbt der
Steinkohlenbergbau für hohe Arbeitsschutz-Standards bis zum letzten Tag der
Förderung. Abb.: RAG/Klingenburg
14
Werner Tubbesing und sein Team vom Zentralbereich Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz am Konzernsitz in Herne nutzen
den Kampagnenstart, um den Mann vor Ort,
aber auch die Kolleginnen und Kollegen der
Verwaltungsstandorte auf eine Reihe aktueller Sicherheitsfragen aufmerksam zu machen: „Wenn ein Bergwerk auf die Stilllegung
zugeht, reicht die bisher erworbene Routine
vielfach nicht mehr aus, denn das gesamte
Arbeitsumfeld ändert sich. Heute gibt es zu-
dem andere Verletzungsarten als noch vor
ein paar Jahren, die Kollegen sind älter geworden, bringen manchmal auch mehr Gewicht auf die Waage. Stolpern, Rutschen,
Stürzen sind seit geraumer Zeit eine wichtige Ursache für Verletzungen. Und ein weiterer Punkt: Im auslaufenden Bergbau ist die
Unterstützung durch Partnerfirmen und ihre
Mitarbeiter wichtig. Sie zeigen oft ein ganz
anderes Sicherheitsverhalten als die routinierte Stammbelegschaft. Entsprechend
disparat ist das Unfallgeschehen. Auch hier
wollen wir verstärkt für Aufklärung sorgen.“
Für die RAG ist die neue Kampagne Teil und
Ausdruck der Unternehmensphilosophie.
Einschließlich der Verwaltungen zählt das
Unternehmen noch 6.350 Beschäftigte. Über
1.000 von ihnen sind Sicherheitsbeauftragte
und damit wertvolle Multiplikatoren für die
aktuellen Sicherheitsbotschaften.
Auch die Mitglieder des Vorstands greifen
bei den unterschiedlichsten Anlässen Themen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes auf. Hat sich trotz aller präventiven Bemühungen ein Unfall ereignet, lädt
der Vorstand die verantwortlichen Werksleitungen ein, um sich über das Ereignis aus
erster Hand zu informieren – auch dies Zeichen einer ausgeprägten Sicherheitskultur.
Für die mediale Ausgestaltung der Kampagne hat Tubbesing mit Unterstützung von Ja-
7/8 2016 BG RCI.magazin
nine Simmann aus dem RAG-Zentralbereich
Kommunikation/Vorstandsbüro einen umfangreichen Katalog zusammengestellt, um
immer wieder Anlässe zu schaffen für das
Gespräch über Sicherheit und Gesundheit
am Arbeitsplatz. Auf Plakaten und großformatigen Fahnen kommen die Kumpel selbst
zu Wort – in eindrucksvollen Portraits, jeweils mit dem Kampagnenmotto und persönlichen Botschaften. Im weiteren Verlauf
der Aktion werden die Botschaften der jeweiligen Themenlage angepasst und kommen dann aktuell zur Verteilung. Es gibt Rollups und Ausstellungswände, Hinweiser zur
Bandfahrung, zur Benutzung von Handlauf
und Ausstiegshilfen oder zum Ablauf der
Rettungskette.
Simmann betont, dass Plakatmotive allein
selbstverständlich kein kommunikatives Allheilmittel sind. Insbesondere die Vernetzung
von Führung, Kommunikationsmaßnahmen,
Schulungen und Veranstaltungen trage zur
nachhaltigen Wirkung bei, sagt sie. Deshalb
AUS DER PRAXIS
nächste Mal am 1. Februar 2017. Auch auf
lokaler Ebene wird es weitere AGU-Tage geben.
Eine Besonderheit sind spezielle Rückantwortkarten, auf denen die Beschäftigten ihre
„guten Sicherheitsvorsätze“ für die verbleibenden Jahre im Steinkohlenbergbau formulieren können. Die Karten werden mit der
Mitarbeiterzeitung, die sich natürlich ebenfalls ausführlich der neuen Aktion widmet,
verteilt. Hier gibt es bereits zahlreiche Rückläufe, die interessantesten werden prämiert.
ergänzen zahlreiche weitere Elemente das
Kampagnenangebot: Video­sequenzen für
Wartezonen, Weiterbildungsmaßnahmen,
Podiumsdiskussionen, Commitment acts,
Gesprächsrunden mit Sicherheitsverantwortlichen sowie spezielle Veranstaltungen
wie die sogenannten AGU-Tage. Sie widmen
sich den Themen Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umwelt und finden in der
Schalke-Arena in Gelsenkirchen statt – das
Tubbesing und seine Mannschaft wollen
alles tun, um dem Arbeitsschutz auch angesichts der auslaufenden Kohleförderung
ungeschmälert Geltung zu verschaffen: „Wir
hoffen, einen neuen Schub zu bekommen,
um auch im Auslauf unser Sicherheitsniveau
zu halten.“
Norbert Ulitzka, BG RCI, Bochum
15
BG RCI.magazin 7/8 2016
AUS DER PRAXIS
Gefahrstoffe am Arbeitsplatz ermitteln und bewerten
Neue Broschüre der IVSS-Sektion Chemie erläutert Theorie und Praxis
Grenzwerte für Gefahrstoffe
am Arbeitsplatz
„Grenzwerte für Gefahrstoffe am Arbeitsplatz“ ist der Titel
einer neuen Veröffentlichung der IVSS-Sektion Chemie. Die
Broschüre gibt einen Überblick über die unterschiedlichen
Grenzwerte, die zum Schutz der Beschäftigten gegenüber
Gefahrstoffen am Arbeitsplatz erlassen werden. Sie beschreibt darüber hinaus die verschiedenen Herangehensweisen zur Festlegung der Grenzwerte.
Werden am Arbeitsplatz Tätigkeiten mit Gefahrstoffen durchgeführt
oder können dabei Gefahrstoffe entstehen bzw. freigesetzt werden,
hat der Arbeitgeber oder die von ihm beauftragten Personen, wie beispielsweise Fachkräfte für Arbeitssicherheit oder Betriebsärzte, alle
davon ausgehenden Gefährdungen der Gesundheit und Sicherheit
der Beschäftigten zu beurteilen. Was in Verordnungen so klar wie einfach gefordert wird, stellt sich in der Praxis nicht selten als komplexer
Vorgang dar.
Für die Gefährdungsbeurteilung stellen die sogenannten Arbeitsplatzgrenzwerte wichtige Beurteilungskriterien dar, um die mögliche Exposition zu bewerten und angemessene Schutzmaßnahmen festzulegen.
Die Broschüre beschreibt, wie Arbeitsplatzgrenzwerte ermittelt und
überwacht werden können. Wichtig zu wissen: In verschiedenen Staaten bzw. Staatengemeinschaften haben sich Arbeitsplatzgrenzwerte
etabliert, die sich hinsichtlich ihrer Definition, ihrer Verbindlichkeit
und der Vorgehensweise zur Festlegung im Detail unterscheiden.
Inhalt der Broschüre
Die Broschüre umfasst die Themen
• Geschichte der Arbeitsplatzgrenzwerte
▸
IVSS-Sektion Chemie
Gefahrstoff-Kennzeichen videogestützt unterweisen
Neu: Videoclip über die GHS-Piktogramme zum freien Download
Gefahrstoffe und ihre Kennzeichnung – um für dieses Thema einen spannenden Einstieg in die geforderte Unterweisung der Beschäftigten zu finden, haben die BASF und die Sektion Chemie der Internationalen Vereinigung für Soziale
Sicherheit (IVSS) einen dreiminütigen Kurzfilm produziert, der in sieben Sprachen unter ivss-chemie.de kostenlos heruntergeladen werden kann.
Mit den neun Gefahrenpiktogrammen stellt
der Videoclip zunächst einen Bezug her zum
16
persönlichen Arbeitsplatz. Denn auch dort
finden sich die Symbole als ein Kennzeich-
nungselement auf den zahlreichen Gefahrstoffetiketten. ▸
7/8 2016 BG RCI.magazin
• Grundsätze zur Festlegung von Arbeitsplatzgrenzwerten
• Arbeitsplatzgrenzwerte in zwölf verschiedenen Regionen und Ländern
•Luftüberwachung bei der Exposition gegenüber Chemikalien am Arbeitsplatz
• Biologisches Monitoring
•Risikomanagement bei nicht vorhandenen Grenzwerten: Control-Banding-Ansatz
und Verfahrensindices
• Grenzwerte für Nanomaterialien
Die einzelnen Kapitel wurden von Experten verschiedener Arbeitsschutzorganisationen und Industriebetriebe aus Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und der
Schweiz als eigenständige Fachbeiträge verfasst und zeigen das breite Spektrum des
Risikomanagements. Die IVSS-Sektion für
Prävention in der chemischen Industrie
möchte damit einen Beitrag zum Verständnis der Ableitung sowie der Bedeutung der
Anwendung von Grenzwerten leisten. Die
Broschüre steht als Schrift ISSA-13 im Downloadcenter der BG RCI (unter http://downloadcenter.bgrci.de/shop/ivss?page=1)
kostenlos zur Verfügung. Sie wird ergänzt
durch ein Glossar in Form einer Web-App
unter www.grenzwertglossar.net.
Historie der Arbeitsplatzgrenzwerte
Gesundheitliche Auswirkungen von Gefahrstoffen am Arbeitsplatz wurden schon vor
mehr als 2.000 Jahren beobachtet. In der
Römerzeit berichtete beispielsweise Gaius
Plinius Secundus, auch bekannt als Plinius der Ältere (23 – 79 v. Chr.), wie Arbeiter
Auch wenn sie nicht mehr ganz neu sind,
so gibt es in der Praxis doch noch immer
Unsicherheiten über die Bedeutung der
Symbole. So herrscht beispielsweise häufig Unklarheit darüber, worin sich die Piktogramme „Gesundheitsgefahr“ und „Ausrufezeichen“ unterscheiden. Das Video gibt
AUS DER PRAXIS
bei der Herstellung von Schüsseln und Tellern Schafsblasen als Masken benutzten,
um sich vor Stäuben der blei- und quecksilberhaltigen Rohstoffe zu schützen. Die Gefahren einer Exposition bei der Verhüttung
von Metallen wurden im 11. und 12. Jahrhundert erkannt. Bruderschaften nahmen
sich der erkrankten Arbeiter an und boten
den Familien Unterstützung. Aus diesen
Bruderschaften entwickelten sich später
die Knappschaften als Vorläufer der Sozialversicherungen.
Für die Festlegung von Arbeitsplatzgrenzwerten fehlte über lange Zeit die Möglichkeit
einer repräsentativen Probenahme. Hinzu
kam, dass bei analytischen Methoden eine
quantitative Bewertung der Arbeitsplatzumgebung schwierig war.
In den 1980er Jahren wurde in Europa mit
der Einführung der Richtlinie des Rates
80/1107/EWG zum Schutz der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch chemische,
physikalische und biologische Arbeitsstoffe
bei der Arbeit eine einheitliche Rechtsgrundlage für Arbeitsplatzgrenzwerte gelegt. International spielen heute bei der Festlegung
von Arbeitsplatzgrenzwerten diese Gremien eine zentrale Rolle: in Nordamerika die
American Conference of Governmental Industrial Hygienists (ACGIH), in Europa das
Scientific Committee on Occupational Exposure Limits (SCOEL).
Antje Ermer, Michaela Frenzel,
Dr. Joachim Sommer, Dr. Thomas H. Brock,
BG RCI, Heidelberg
es in deutscher, englischer, französischer,
italienischer, spanischer, portugiesischer
und türkischer Sprache. Es will dazu anregen, sich der Gefahren und der möglichen
Schutzmaßnahmen bewusst zu werden.
Dr. Joachim Sommer, Antje Ermer,
BG RCI, Heidelberg
Ein neuer Schritt zum weiteren Ausbau der Prävention: Dr.
Rainer Gerling, Geschäftsführer der K+S Kali GmbH (l.),
und Ulrich Meesmann, Mitglied der Geschäftsführung der
BG RCI, unterzeichneten am 2. Juni in Kassel eine Kooperationsvereinbarung zur Umsetzung der neuen Präventionsstrategie „Vision Zero. Null Unfälle – gesund arbeiten!“
Foto: K+S AG
K+S Kali GmbH und BG RCI
schließen „Vision Zero“Kooperationsvereinbarung
Als erstes Mitgliedsunternehmen der BG RCI hat die
K+S Kali GmbH Anfang Juni in Kassel eine Kooperationsvereinbarung mit der Berufsgenossenschaft
über die Umsetzung der neuen Präventionsstrategie
„Vision Zero. Null Unfälle – gesund arbeiten!“ geschlossen. Ziel der Vereinbarung ist es, durch weitreichende vorbeugende Maßnahmen Unfälle und
Berufskrankheiten letztlich ganz zu vermeiden. Derartige Kooperationen sind seit dem Start der Initiative
im vergangenen Jahr vor allem mit Industrieverbänden geschlossen worden, so mit dem Branchenverband für die Schaumstoff- und Polyurethanindustrie,
dem Zentralverband für Raum und Ausstattung und
dem Verein der Zuckerindustrie. Die Vereinbarung
mit einem einzelnen Unternehmen ist daher ein erstmaliger Schritt.
Die neue Präventionsstrategie versteht Sicherheit und
Gesundheit am Arbeitsplatz als elementaren Wert,
für den Führungskräfte und Beschäftigte ihrer Verantwortung entsprechend engagiert eintreten. Dazu
hat die BG RCI Ziele und Maßnahmen formuliert, die
in Zusammenarbeit mit den Mitgliedsunternehmen
umgesetzt werden sollen. So will die K+S Kali GmbH
neben weiteren neuen Arbeitsschutzmaßnahmen erreichen, dass alle Unternehmensstandorte bis 2021
mit dem BG RCI-Gütesiegel „Sicher mit System“ zertifiziert werden. Die Ausgestaltung der Kooperation
startet mit einem Pilotprojekt im K+S-Werk Werra.
bgrci
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BG RCI.magazin 7/8 2016
AUS DER PRAXIS
Ein kluger Mann macht nicht alle Fehler selbst. Er gibt auch anderen eine Chance.
Winston Churchill
Wer einen Fehler gemacht hat und ihn nicht korrigiert, begeht einen zweiten.
Konfuzius
Wenn die Geschichte sich wiederholt und immer das Unerwartete geschieht,
wie unfähig muss der Mensch sein, durch Erfahrung klug zu werden. George Bernard Shaw
Lernen aus Fehlern anderer
Im Internet finden sich validierte und aufbereitete Ereignisberichte
Zitate über den Umgang mit Fehlern, bekannten und weniger bekannten Persönlichkeiten zugeschrieben, finden sich reichlich.
Sie besagen eins: Aus den Fehlern anderer zu lernen, ist ein relativ schmerzloser
Schritt. Dies gilt auch im Hinblick auf die
Anlagen- und Prozesssicherheit.
Im Internet findet sich eine ganze Reihe
von Datenbanken zu Unfällen und Beinahe-Ereignissen. Sie können als kollektives
Gedächtnis dienen. Hier ist spezifisches sicherheitstechnisches Wissen gesammelt,
um die Sicherheit verfahrenstechnischer
Anlagen weiter zu verbessern. Einige ausgewählte und hier beschriebene deutschsprachige Quellen bieten seit vielen Jahren
eine bewährte Grundlage für das Lernen aus
Ereignissen.
20 Jahre DECHEMA-/ProcessNetEreignisdatenbank
Auf Initiative des Verbands der Chemischen
Industrie (VCI) wurde 1996 zusammen mit
der DECHEMA der Arbeitsausschuss „Ereignisse“ gegründet. Das Gremium unterstützt
durch seine Veröffentlichungen das Lernen
aus sicherheitsrelevanten Ereignissen: „Das
Besondere an unserem Ausschuss ist, dass
er von Vertretern der Industrie, Behörden,
Forschung und Lehre sowie von dem Vorsitzenden des Ausschusses ‚Ereignisse‘ der
Kommission für Anlagensicherheit gebildet
wird und so einen neutralen Blick auf die Situation gestattet“, erläutert Dr. Hans-Erich
Gasche von der Bayer AG in Leverkusen. Er
hat derzeit den Vorsitz des Arbeitsausschusses inne. Freiwillig stellen Firmen Beschreibungen sicherheitsrelevanter Ereignisse
18
oder Beinahe-Unfälle zur Verfügung. Der
Arbeitsausschuss bewertet, ob diese Informationen für Betreiber, Planer, Instandhalter oder Forscher für die Verbesserung der
Sicherheit von Wert sind. Als anonymisierte
Kurzinformation – der Text ist beschränkt
auf Informationen, die relevant und notwendig sind zum Verständnis – wird das Ereignis unter www.processnet.org/ereignisdb
veröffentlicht. „Die Ereignis-Datenbank ist
öffentlich zugänglich und steht in Deutsch
und Englisch zur Verfügung. Zugang und
Recherche sind kostenlos, nach erfolgter
Online-Anmeldung informiert ein Newsletter über neu aufgenommene Ereignisse“,
berichtet Gasche.
Zielgruppe der rund 150 dokumentierten Ereignisse sind Führungskräfte, die aus den
abstrahierten Darstellungen Schlüsse für
die Sicherheit der eigenen Anlagen und Prozesse ziehen können. Die bisher erstellten
Kurzinformationen und die daraus gezogenen Lehren können zu folgenden bekannten, aber wichtigen Erkenntnissen zusammengefasst werden:
•Mit Hilfe einer systematischen Sicherheitsbetrachtung und der konsequenten
Anwendung des vorhandenen Wissens
sind die allermeisten Ereignisse vermeidbar.
• Umfangreiches Wissen über das Stoffverhalten muss beschafft werden, auch über
die normalen Bereiche der Prozessparameter wie Temperatur, Druck und Stoffkonzentration hinaus.
•Auch das als sicher Erachtete muss immer wieder neu in Hinblick auf seine Wirk-
samkeit gegen alle vernünftigerweise anzunehmenden Gefahren und auf seine
Zuverlässigkeit im praktischen Betrieb
hinterfragt werden.
•Auf möglichst große Einfachheit der Gestaltung von Prozess, Anlage sowie der
Arbeitsabläufe muss geachtet werden.
15 Jahre CCPS Process Safety Beacon
Seit 2001 berichtet das Center for Chemical
Process Safety (CCPS) monatlich über Unfälle, die daraus gewonnenen Erkenntnisse
sowie praktische Lösungen, um ein ähnliches Ereignis zu verhindern. „Der Newsletter ‚Process Safety Beacon‘ – zu Deutsch
‚Leuchtturm zur Anlagen- und Prozesssicherheit‘ – besteht jeweils aus einer bebilderten
Seite und richtet sich direkt an das Anlagenpersonal“, erklärt Dr. Rüdiger Lenz von der
Celanese GmbH im Industriepark Höchst.
Lenz und sein Kollege Dr. Karl Fred Wörner
sind neben Dieter Schlösser von LyondellBasell und Thomas Sauerwein von DuPont
die Übersetzer der englischen Fassung ins
Deutsche. Der Beacon ist zu finden unter
www.aiche.org/ccps/resources/processsafety-beacon. Er liegt inzwischen in über
30 Sprachen vor und kann beispielsweise
für Unterweisungen verwendet werden.
„Hierbei ist von Vorteil, dass die Sprache
verständlich und die Botschaften knapp und
klar formuliert sind“, weiß Lenz, der auch
Mitglied des internationalen Herausgeberkomitees ist, aus Erfahrung. In den Betrieben von Celanese werden die Infoblätter für
die Zielgruppe der Anlagenfahrer genutzt,
wenn regelmäßig das Thema Sicherheit angesprochen wird. Die Fallgeschichten und
aufgezeigten Verbesserungsvorschläge wer-
7/8 2016 BG RCI.magazin
AUS DER PRAXIS
Ereignisse wie diese Explosion haben auch unter dem Blinkwinkel der Prozess- und Anlagensicherheit oft schwerwiegende Auswirkungen über die
Werksgrenzen hinaus. Foto: picture alliance/dpa/Arno Burgi
den auch von Führungskräften bis zur Produktionsleitung mit Interesse gelesen. Im
Internet-Archiv des CCPS (http://www.sache.org/beacon/products.asp) können alle
Beacons themenbezogen heruntergeladen
werden. Insbesondere Großschadensereignisse wie die von Flixborough oder Bhopal
werden unter verschiedenen Blickwinkeln
beleuchtet und sind mit den gezogenen
Schlussfolgerungen für die Prozesssicherheit, aber auch für den Arbeitsschutz von
Bedeutung.
Die Infosis-Datenbanken
Unter www.infosis.uba.de, dem Informationssystem des Umweltbundesamtes (UBA)
zum Stand der Sicherheitstechnik, finden
sich gleich zwei weitere Datenbanken.
Unter dem Button „ZEMA“ sind alle in
Deutschland nach der Störfall-Verordnung
(12. BImSchV) meldepflichtigen Ereignisse
abrufbar. Diese müssen von den Betrieben
an die jeweiligen Landesbehörden gemeldet werden, die wiederum die Daten an die
„Zentrale Melde- und Auswertestelle für
Störfälle und Störungen in verfahrenstechnischen Anlagen“ des Umweltbundesamtes
weitergibt. „Die systematische Erfassung
und Auswertung der Unfälle soll Erkenntnisse liefern, die als Grundlage einer Weiterentwicklung des Standes der Sicherheits-
technik dienen“, berichtet Michael Kleiber
vom UBA, der die Datenbank betreut. Im Internet sind die meldepflichtigen Ereignisse
nach verschiedenen Kriterien recherchierbar. Seit dem Beginn der ZEMA-Aktivitäten
im Jahr 1993 wurden über 700 Datensätze
eingestellt.
Neben der ZEMA hat der Ausschuss Ereignisauswertung (AS-ER) der Kommission für
Anlagensicherheit (KAS) den Auftrag, nach
Störfall-Verordnung nicht meldepflichtige
Ereignisse auszuwerten. „Dabei sollen
auch Erkenntnisse aus der europäischen
und internationalen Kooperation genutzt
werden. Ziel ist die Ableitung von Lehren
aus Ereignissen und deren systematische
Verbreitung“, erläutert Prof. Dr. Thomas
Schendler von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin, der sowohl der KAS als auch dem ASER vorsteht.
Inhaltliche Schwerpunkte der Daten­
banken: Beispiele
Bei allen Datenbanken tauchen folgende
Problemkreise als inhaltliche Schwerpunkte auf:
•Unverträglichkeit von Chemikalien und
Hilfsstoffen untereinander und mit den
verwendeten Werkstoffen
•Gefährliche Stoffansammlung, beispielsweise infolge von Verstopfungen und Ablagerungen
•Produktfreisetzung bei Probenahme und
an Dichtungssystemen sowie beim Trennen von Rohrleitungen und Apparaten
•Elektrostatische Entladung als Zündquelle, Explosionsschutz
•Aufmerksamkeit der Beschäftigten und
Sicherheitskultur im Unternehmen
•Überwachung und Einhaltung der sicherheitsrelevanten Temperatur-, Druck- und
Konzentrationsbereiche durch geeignete
Mess- und Regeltechnik
•Prüfung und Wartung von Komponenten, insbesondere an kritischen Kons­
truktions-/Verfahrensstellen unter dem
Blickwinkel der Korrosion
•Instandhaltungs- und Änderungstätigkeiten
•Kurzfristige Unterbrechung des Betriebs
oder der Energieversorgung
Aus den Ereignissen die richtigen Schlüsse
zu ziehen und einen Fehler nicht wiederholt
zu begehen, hilft, die Sicherheit von Anlagen weiter zu verbessern – und ist nicht zuletzt ein zentrales Anliegen auch der neuen
Präventionsstrategie „Vision Zero. Null Unfälle – gesund arbeiten!“
Dr. Joachim Sommer, BG RCI, Heidelberg
19
BG RCI.magazin 7/8 2016
AUS DER PRAXIS
Arbeit in der Chemie-Industrie soll noch sicherer werden
BAVC, IG BCE und BG RCI starten gemeinsame Initiative für noch mehr Arbeitssicherheit
Der Bundesarbeitgeberverband Chemie e. V. (BAVC), die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE)
und die BG RCI haben im Mai 2016 eine gemeinsame Initiative für noch mehr Arbeitssicherheit in der chemischpharmazeutischen Industrie gestartet. Die Kooperationsvereinbarung ist Teil der BG RCI-Präventionsstrategie „Vision
Zero. Null Unfälle – gesund arbeiten!“ Sie hat zum Ziel, die Arbeitswelt so zu gestalten, dass niemand bei seiner beruflichen Tätigkeit zu Schaden kommt.
BAVC und IG BCE hatten im März 2014 die
gemeinsame Initiative „Gutes und gesundes Arbeiten in der Chemie-Branche“ ins
Leben gerufen. Das 5-Punkte-Programm der
Sozialpartner zielt auf die Sicherung und
Förderung der physischen und psychischen
Gesundheit der rund 550.000 Chemie-Beschäftigten. Im Rahmen dieser Initiative
unterstützen BAVC und IG BCE auch die
neue Präventionsstrategie „Vision Zero“.
Die effiziente Präventionsarbeit in den Unternehmen der chemischen Industrie hat
zu stetig zurückgehenden Unfallzahlen geführt. So kamen hier im Jahr 2014 auf 1.000
Vollzeitbeschäftigte 14,5 Arbeitsunfälle –
im Vergleich zu durchschnittlich 22,3 Arbeitsunfällen in der gesamten gewerblichen
Wirtschaft. Damit zählt die chemische Industrie zu den am sichersten arbeitenden
Industriezweigen in Deutschland.
Die „Vision Zero“-Strategie steht für passgenau auf die Unternehmensbedürfnisse
zugeschnittene Präventionsangebote und
noch mehr persönliche Vor-Ort-Beratungen.
Hinzu kommt die besondere Förderung von
kleinen und mittleren Unternehmen, bei
denen Arbeitssicherheit häufig noch nicht
so stark verankert ist.
bgrci
Dr. Klaus-Peter Stiller, Hauptgeschäftsführer des Bundesarbeitgeberverbands Chemie e. V., Ulrich Meesmann,
Mitglied der Geschäftsführung der
BG RCI, und Ralf Sikorski, Mitglied des
geschäftsführenden Hauptvorstands
der IG BCE (v. l.), unterzeichnen in Heidelberg die Kooperationsvereinbarung
für noch mehr Arbeitssicherheit in der
chemisch-pharmazeutischen Industrie.
Foto: bgrci/eh
KLK OLEO, Werk Düsseldorf
1.000 Tage ohne meldepflichtigen Arbeitsunfall
BG RCI überreicht Urkunde
Schon Ende März stand dem Werk Düsseldorf der KLK OLEO, einem weltweit führenden Hersteller von oleochemische
Grundstoffen, ein besonderes Ereignis ins Haus: der 25. März 2016 war der 1.000ste Tag in Folge ohne meldepflichtigen Arbeitsunfall. Die BG RCI würdigte diesen besonderen Erfolg mit einer Anerkennungsurkunde.
1.000 Tage entsprechen im Werk Düsseldorf rund 1.000.000 Arbeitsstunden.
Rainer Abend, zuständige Fachkraft für
Arbeitssicherheit, erfüllt diese Bilanz mit
Stolz. Gute Organisation und die Unterstützung des Sicherheitsgedankens auf allen
Ebenen haben zu dem Erfolg geführt. So
werden die Düsseldorfer Mitarbeiter im
20
Rahmen von elektronischen und persönlichen Schulungen immer wieder für das
Thema Sicherheit sensibilisiert. Es wurde
ein Auditsystem für Sicherheit installiert.
Ein Arbeitsschutzausschuss und das Sicherheitsteam tagen regelmäßig. Außerdem erfolgen turnusmäßig Sicherheitsbegehungen mit Management, Werksarzt und
Betriebsrat. Sicherheitsfachkraft Abend
achtet freundlich, aber konsequent auf
die Einhaltung der hohen Standards. Kollegen und Werksleitung schätzen ihn als
kompetenten Ansprechpartner in puncto
Arbeitssicherheit. Sollte es doch zu einem
Unfall kommen, steht dank Werkfeuerwehr
und Werksarzt eine funktionierende Ret-
7/8 2016 BG RCI.magazin
AUS DER PRAXIS
Neues Weiterbildungsseminar
Nanomaterialien – wie gefährlich sind sie wirklich?
26. – 28. September 2016, DGUV Akademie, Dresden
Welche Schutzmaßnahmen sind beim Umgang mit Nanomaterialien nötig?
Welche Vorschriften, Grenzwerte und Regeln sind zu beachten? Gerade für
Aufsichtspersonen und andere Arbeitsschutzexperten ist es wichtig, den
Stand der Technik und der Prävention im Rahmen der Beratungs- und Überwachungsaufgaben zu kennen.
Das neue Seminar des Instituts für Arbeit
und Gesundheit (IAG), Dresden, ist in Kooperation mit Unfallversicherungsträgern, der
Innovationsgesellschaft mbH Sankt Gallen
(Schweiz) und dem IFA in Sankt Augustin im
Rahmen eines von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) geförderten
Forschungsprojekts entstanden.
Die Seminarthemen
Anwendung von Nanomaterialien, physikalische Effekte, praktische Experimente,
Risiken und Schutzmaßnahmen, Medien,
„Nanoramen“, Informationsquellen und Expertennetzwerke, Rechtliche Standards, Regelwerke, Grenzwertdiskussion
Als Aufsichtsperson, Fachkraft für Arbeitssicherheit oder verantwortliche Führungskraft lernen Sie, die Gefährdung und die
Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen realistisch einzuschätzen. Sie kennen den
Stand der Technik beim sicheren Umgang
mit Nanomaterialien und können diesen bei
der Beratung, Überwachung und Unterweisung anwenden. Einen interaktiven Einblick
in die Welt der Nanomaterialien gewinnen
Sie vorab beim Besuch des Nano-Portals
der DGUV: nano.dguv.de.
Termin und Ort
26. – 28. September 2016
Beginn: 14.00 Uhr, Ende: 12.00 Uhr
IAG – Institut für Arbeit
und Gesundheit der DGUV
Königsbrücker Landstraße 2
01109 Dresden
Seminarpreis
699,00 Euro
Anmeldung
Sigrid Köhler, IAG Dresden
Tel. 0351/457-1918, Fax 0351/457-201918
nul
Unbenannt-2 1
tungskette bereit – und eine Menge engagierter Ersthelfer. Auch für deren Aus- und
Fortbildung sorgt Rainer Abend.
1.000 Tage unfallfrei im Werk Düsseldorf der
KLK OLEO: Sicherheitsfachkraft Rainer Abend
(l.) freut sich über die Anerkennung durch die
Berufsgenossenschaft. Die Urkunde überreichte Dr. Günter Klesper von der BG RCI.
Foto: Ulrike Römmer
Dr. Günter Klesper überbrachte Anfang
April die Anerkennungsurkunde, mit der die
BG RCI besondere sicherheitliche Leistungen auszeichnet. Ralf Ewering, Managing
Director der KLK OLEO-Werke in Emmerich
und Düsseldorf, sowie Dr. Jens Vier, General Manager Operations in Düsseldorf,
dankten bei dieser Gelegenheit Rainer
Abend und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre tatkräftige Unterstützung
im Bereich des Arbeitsschutzes.
KLK OLEO gehört zum international operierenden Konzern Kuala Lumpur Kepong
13.05.2016 12:09:38
Berhad mit Hauptsitz in Malaysia. Das Unternehmen liefert ein breites Spektrum an
hochwertigen oleochemischen Produkten
aus natürlichen nachwachsenden Rohstoffen. Die Produktpalette reicht von einfachen Fettsäuren und Glycerin, Fettalkoholen und Fettsäuremethylestern bis zu
sulfonierten Methylestern und Tensiden
sowie Produkten auf Vitamin E-Basis.
Die verschiedenen Endanwendungen finden sich im Haushalt und im Gesundheitswesen, in Kosmetik- und Pflegeprodukten, Lebensmitteln, Aromen, Düften und
im industriellen Einsatz von Chemikalien
wie Schmierstoffen, Beschichtungen und
in der Papierindustrie.
bgrci/nul
21
BG RCI.magazin 7/8 2016
raumtex-Messen Süd und West
BG RCI auch 2016
wieder dabei
Ulm, 17. – 18. September/
Rheinberg, 24. – 25. Sep­tember
125 Jahre VDL
Nachdem sich die BG RCI im vergangenen Jahr erstmals bei den raumtexFachmessen präsentiert hatte, ist
auch für 2016 eine erneute Beteiligung fest eingeplant.
Bei der raumtex-Süd in Ulm am 17. und
18. September sowie der raumtex-West in
Rheinberg am 24. und 25. September 2016
wird das Thema „Sicherer Einsatz von Leitern“ im Zentrum stehen.
Vor Ort haben Raumausstatter und Sattler Gelegenheit, sich zu allen wichtigen Aspekten rund um den Einsatz von Leitern
beraten zu lassen. Dazu gibt es am Stand
eine neue Kurzinformation. Neben vielen
Tipps für den Alltag bietet sie eine Checkliste für die Überprüfung von Leitern und
Tritten. Ganz im Sinne der Präventionsstrategie „Vision Zero“ gibt es darüber hinaus
Beratungsangebote zu der Frage, wie im
eigenen Betrieb sichere und gesundheitsgerechte Arbeitsbedingungen geschaffen
werden können.
br
Der sichere Einsatz von Leitern ist Thema der
BG RCI-Präsentation auf den kommenden
raumtex-Fachmessen im September in Ulm
und Rheinberg.
Foto: bgrci
Vom Central-Verein zum Verband der
Deutschen Lederindustrie
Der Verband der Deutschen Lederindustrie e. V. (VDL) feiert in diesem Jahr
sein 125-jähriges Jubiläum. Mit der Gründung am 7. Juni 1891 in Frankfurt am
Main gehört er zu den ältesten Wirtschaftsvereinigungen in Deutschland.
Der VDL versteht sich als Dienstleister für die gesamte Lederbranche. Seit
2004 ist Thomas Strebost von der Heller-Leder GmbH & Co. KG Vorsitzender
des Verbands.
Von Anfang an gemeinsam mit
der Berufsgenossenschaft
Seit der Gründung des VDL bestehen enge
Kontakte zur Berufsgenossenschaft. Kennzeichnend für die stets auf Kostenersparnis ausgerichtete Lederindustrie war,
dass schon die Gründungsversammlung
des Central-Vereins zeitgleich mit der Generalversammlung der bereits seit 1884
bestehenden Lederindustrie-Berufsgenossenschaft abgehalten wurde. Bereits
zwei Jahre zuvor hatten die Vorbereitungen begonnen. Dabei ging es vor allem darum, die unterschiedlichen Ansichten der
Lederfabrikanten zu bündeln und regionale
Sonderinteressen nicht unberücksichtigt
zu lassen. Damals hatte die deutsche Lederindustrie mit rund 50.000 Beschäftigten
eine deutlich größere Bedeutung als heute.
Während des Ersten Weltkriegs musste die
Branche den außerordentlichen Bedarf an
Leder für Armeestiefel, Pferdegeschirr und
andere Ausrüstungen decken. Zu dieser
Zeit gab es im deutschen Reich etwa 3.000
Lederfabriken. Kurz nach Kriegsende, 1919,
wurde der sozialpolitische Bereich aus dem
Central-Verein ausgegliedert und in den im
November 1918 gegründeten Verein für Arbeiterangelegenheiten der Lederindustrie
überführt. Nach der Integration verschiedener regionaler Arbeitgeberverbände benannte er sich in „Arbeitgeberverband der
Deutschen Lederindustrie“ um.
22
1927: Höchstproduktion von
148.000 Tonnen
Die wirtschaftlich schweren Zeiten Ende
der 20er und Anfang der 30er Jahre des
letzten Jahrhunderts hatten dazu geführt, dass die Ledererzeugung im Jahr
1931 gegenüber der Höchstproduktion
von rund 148.000 Tonnen im Jahr 1927
um etwa 30 Prozent geringer ausfiel. In
den Jahren des Zweiten Weltkriegs und
auch schon kurz davor wurden die zuvor
freien Wirtschaftsverbände in eine vom
Staat geführte Organisation gezwungen.
So wurden Vorschriften erlassen über die
zu produzierenden Lederarten, die Gerbmethoden und die rationelle Ausnutzung
der Gerbstoffe. Der Central-Verein wurde
zur Fachgruppe ledererzeugende Industrie der Wirtschaftsgruppe „Lederwirtschaft“, der auch die lederverarbeitende
Industrie angehörte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, 1948, gab
es zunächst die Arbeitsgemeinschaft der
bizonalen Gerberverbände. Das waren die
Regionalverbände der amerikanischen und
britischen Besatzungszone. 1950 wurde mit
der Aufnahme der Lederverbände der französischen Zone die Arbeitsgemeinschaft der
westdeutschen Gerberverbände gegründet,
ebenfalls in Frankfurt am Main. Der weitere
Rückgang der Lederindustrie führte dazu,
dass einige der Landesverbände mit eigener Geschäftsführung nicht mehr finanzier-
Foto: © vorawich – Fotolia.de
7/8 2016 BG RCI.magazin
Deutsches Leder – Nachhaltigkeit als
Programm
bar waren. Daher bestand für Betriebe ab
1950 die Möglichkeit, sich direkt dem Verband anzuschließen. Zu dieser Zeit hatte
die deutsche Lederindustrie noch etwa 400
Betriebe mit über 31.000 Beschäftigten.
1952 wurde als Folge der rückläufigen Bedeutung der Interessenvertretung auf regionaler Ebene die Umbenennung in „Verband
der Deutschen Lederindustrie e.V.“ beschlossen. 1965 wurde dann die Umwandlung des Verbands der Landesverbände in
einen Zentralverband mit Einzelmitgliedschaft vollzogen.
Ein weiteres Jahr von besonderer Bedeutung
war 1973. Durch Betriebsverkleinerungen
und -schließungen reduzierte sich die Produktion gegenüber 1972 um fast 25 Prozent.
Mit dieser Entwicklung ging die Verkleinerung der Geschäftsführung des Verbands
einher, da sich dessen Finanzkraft wiederum verringert hatte.
DDR: Abkopplung vom Weltmarkt
In der DDR nahm die Lederindustrie nach
dem Zweiten Weltkrieg eine andere Entwicklung. Die in der staatlich gelenkten
Planwirtschaft geführten Lederfabriken
konnten durch die Abkopplung vom Weltmarkt innerhalb des Zeitraums von 40
Jahren eine Vervielfachung der Produktion erreichen. Zwischen den als volkseigenen Betrieben geführten Lederfabriken
war zwar ein fachlicher Kontakt über die
Kombinate gegeben, es gab aber keine
Verbandstätigkeit im eigentlichen Sinne.
In der Zeit der politischen Wende der Jahre 1989/1990 schlossen sich die Lederfabriken der DDR zu einem Interimsverband
zusammen. Nach der Wiedervereinigung
löste dieser sich im November 1990 wieder auf, da die Mehrzahl der Lederfabriken dem VDL beigetreten war. Im Jubiläumsjahr 1991 waren also nach 100 Jahren
wieder alle ledererzeugenden Betriebe in
einem einzigen Verband organisiert.
Der Trend zur Globalisierung hatte indessen schon in den 80er Jahren begonnen
und setzte sich weiter fort. Er führte dazu,
dass die Zahl der Betriebe mit mehr als 50
Beschäftigten im Jahr 2004 auf rund 25 zurückgegangen war. Sie beschäftigten zu der
Zeit 2.800 Menschen. Noch zehn Jahre zuvor
konnten rund 50 Lederfabriken rund 4.200
Beschäftigten einen Arbeitsplatz bieten.
Diese Entwicklung blieb nicht ohne Auswirkungen auf die Finanzierung des Verbands.
Das damalige Sparprogramm führte zu einer
bis heute andauernden organisatorischen
Umstrukturierung.
VDL vertritt im Jubiläumsjahr
60 Mitgliedsunternehmen
Im VDL können nunmehr auch ausländische
Firmen bzw. Unternehmen, die der Lederherstellung vor- oder nachgelagert sind,
angehören. Im Jubiläumsjahr sind nach
Aussage des Geschäftsführers Dr. Thomas
Schröer 60 Mitglieder organisiert. Davon
sind gut 50 Prozent Lederhersteller. Die anderen Mitglieder bringen inzwischen etwa
30 Prozent der Verbandsbeiträge auf. Der
VDL war von Beginn an in der Selbstverwaltung der früheren Lederindustrie-Berufsgenossenschaft vertreten, ebenso wie in der
heutigen BG RCI.
Burkhard Rehn, BG RCI, Mainz
Das Naturprodukt Leder genießt schon
immer eine hohe Wertschätzung. Seit es
Menschen gibt, werden Häute und Felle
als nachwachsende Rohstoffe zu Leder
veredelt. Für die deutsche Lederindustrie ist höchste Produktqualität selbstverständlich, darüber hinaus garantiert
sie ihren Kunden ein Maximum an ökologischer Qualität. Um diesem ökologischen Anspruch gerecht zu werden,
werden die Anforderungen an eine
nachhaltige Ledererzeugung konsequent umgesetzt und weiterentwickelt.
Hierzu zählen energieeffiziente und
ressourcenschonende Herstellungsverfahren, umweltgerechte Produktionsprozesse, Substitution von gesundheitsgefährdenden Stoffen, soziale
Arbeitsbedingungen und ein Höchstmaß an Arbeitsschutz. Damit hat sich
die deutsche Lederindustrie zu einem
weltweit anerkannten ökologischen Vorreiter mit umfassendem und richtungsweisendem Know-how zur umweltgerechten Lederproduktion entwickelt.
Bevorzugt werden Häute und Felle einheimischer landwirtschaftlicher Nutztiere verarbeitet, die als Nebenprodukte der Lebensmittelerzeugung anfallen.
Die Verarbeitung von gekühlten oder mit
Kochsalz konservierten Häuten erlaubt
den Verzicht auf chemische Konservierungsmittel und verringert wesentlich
den Transportaufwand. Für die Gerbung
und die anschließende Lederveredlung
werden nach wissenschaftlichem Kenntnisstand ausnahmslos ökologisch und
gesundheitlich unbedenkliche chemische Hilfsmittel eingesetzt. Durch die
Entwicklung optimierter Gerbverfahren
und die konsequente Durchführung von
Maßnahmen zum produktionsintegrierten Umweltschutz konnte z. B. der
Chemikalien- und Wasserverbrauch für
die Ledererzeugung in Deutschland in
den letzten Jahren deutlich gesenkt
werden. br
23
BG RCI.magazin 7/8 2016
AUS DER PRAXIS
MicroDissect GmbH, Herborn
Arbeitsschutz-Managementsystem mit
Gütesiegel ausgezeichnet
Ideen von Menschen
für Menschen
Die MicroDissect GmbH ist seit 2001 in der Lahn-Dill-Region ansässig. Seit
2006 fertigt das Unternehmen am Standort Herborn Verbrauchsmaterialien
für die membrangestützte Laser-Mikrodissektion. Das Verfahren dient der
Isolierung von Zellen oder deren Bestandteilen aus einem mikroskopischen
Präparat.
Arbeit · Sicherheit ·
Gesundheit
Das Haupttätigkeitsfeld des Unternehmens
mit seinen 25 Beschäftigten ist die Produktion von Objektträgern für dieses Verfahren. Bei der Analyse der Mikrodissektate ist
absolute Sauberkeit unverzichtbar. Daher
erfolgt die Fertigung unter Reinraumbedingungen. Zu den Kunden zählen namhafte
Hersteller von Mikroskopen weltweit, aber
auch bekannte Universitäten, Institute und
Labore.
Im Rahmen der Betriebsgründung hat
Geschäftsführerin Dr. Dorina Böhm eine
Ausbildung zur Qualitätsmanagerin absolviert. Schon damals ergaben sich die
ersten Kontakte zur BG RCI. Die Berufsgenossenschaft unterstützte das Unternehmen in puncto Arbeitssicherheit bei
der Planung der neuen Betriebsstätte in
Herborn. Seit 2009 ist die MicroDissect
GmbH nach ISO 9001:2008 zertifiziert und
garantiert gleichbleibende Produktqualität
dank konsequenter mehrstufiger Qualitätssicherung.
Bei einem Seminar im Rahmen der alternativen Betreuung entstand die Idee, das
bereits bestehende Qualitätsmanagement als Grundlage für ein betriebliches
Arbeitsschutz-Managementsystem zu nut-
Förderpreis 2016
zen. 2014 begannen die ersten Aktivitäten
in diese Richtung. Der Betrieb wurde von
der BG RCI umfangreich beraten und bei
den Vorbereitungen zum Gütesiegel-Audit
durch einen Sicherheitsingenieur im Rahmen der KMU-Beratung unterstützt. Im Februar 2016 schließlich wurde das Unternehmen hinsichtlich der Wirksamkeit des
betrieblichen Arbeitsschutzmanagements
begutachtet. Ein besonderer Schwerpunkt
lag dabei auf dem arbeitsschutzgerechten
Handeln der Beschäftigten wie der Führungskräfte. Die Begutachtung umfasst
die Prüfung von Dokumenten, Begehungen sowie Interviews mit der Geschäftsführung und der Belegschaft.
Gerd Tombült, Präventionsbereichsleiter
der BG RCI in Mainz, hob bei der Gütesiegel-Vergabe im Rahmen eines betrieblichen Familientags hervor, dass es für
einen Kleinbetrieb keineswegs selbstverständlich sei, sich den Anforderungen eines Arbeitsschutzmanagements zu stellen.
Im vorliegenden Fall habe das engagierte
Vorgehen der Geschäftsführung das Unternehmen in einer Weise verändert, die
eine Auszeichnung mit dem Gütesiegel der
BG RCI in vollem Umfang rechtfertige.
Burkhard Rehn, BG RCI, Mainz
Deutschlands höchstdotierter Arbeitsschutzpreis wurde dieses Jahr
zum 19. Mal verliehen. 520 Teilnehmende aus dem gesamten Bundesgebiet hatten insgesamt 220 Ideen
eingereicht, um die Arbeitswelt
noch sicherer und gesünder zu machen. Ausgezeichnet wurden diesmal 14 Preisträger aus sieben Unternehmen. Es wurden Förderpreise in
sechs Kategorien sowie ein Sonderpreis vergeben. Die Preise sind mit
jeweils 10.000 Euro dotiert, hinzu
kamen 15 Nominierungsprämien zu
je 1.000 Euro.
Auf den folgenden Seiten stellen wir
die prämierten Ideen ausführlich
vor.
Förderpreisrunde 2017
kurz vor dem Start
Übergabe des Gütesiegels „Sicher mit System“ an Dr. Dorina Böhm und PD Dr. Malte Manfred
Böhm (r.) durch Gerd Tombült von der BG RCI. Foto: bgrci/br
24
In Kürze wird bereits die Förderpreisrunde 2017 eingeläutet. Den
Bewerbungsbogen finden Sie in dieser Ausgabe des BG RCI.magazins
sowie unter www.bgrci-foerderpreis.
de.
nul
7/8 2016 BG RCI.magazin
Alle Fotos: bgrci/Armin Plöger
BERICHTE UND
FÖRDERPREIS
INFORMATIONEN
2016
er neu entwickelte Schutzhandschuh hilft,
D
Schnitt- und Stichverletzungen zu vermeiden.
er Handschuh bietet optimalen Schutz sowohl
D
für die messerführende wie für die Hand, die
den zu bearbeitenden Gegenstand festhält.
olf Aretz und Friedrich Hünten vom TageR
bau Hambach der RWE Power AG sowie Ulrich
Schooldermann, Safet Medex GmbH, Düsseldorf, freuen sich über den erfolgreichen Einsatz
des von ihnen entwickelten Schutzhandschuhs
(v. l.).
BG RCI-Förderpreis 2016: Kategorie „Sicherheitstechnik“
Preisträger: Rolf Aretz, Friedrich Hünten, Ulrich Schooldermann
Unternehmen: RWE Power AG, Tagebau Hambach; Safet Medex GmbH, Düsseldorf
Förderpreis 2016
Arbeit · Sicherheit · Gesundheit
„Neuartiger Schutzhandschuh zur Vermeidung von
Schnitt- und Stichverletzungen beim Beschneiden
von Fördergurten und Abdichtungen“
Untersuchungen im Braunkohlentagebau
Hambach der RWE Power AG haben ein erhöhtes Verletzungsrisiko beim Beschneiden von Fördergurten und Abdichtgummis
ergeben. Um die Gefährdungen nachhaltig
zu minimieren, wurde eine Marktrecherche
zu Schutzhandschuhen durchgeführt.
Sie führte zu dem Ergebnis, dass von den
im Handel erhältlichen Handschuhen zum
Schutz gegen Schnitt- und Stichverletzun-
gen keiner dem Anforderungsprofil entsprach.
Zustand bequem zu tragen, taktil, robust
und rutschhemmend.
Daraufhin wurden die gewünschten Spezifikationen festgelegt und in Eigenregie
ein Handschuh entwickelt und produziert,
der sowohl die messerführende Hand wie
auch diejenige, die den jeweils zu bearbeitenden Gegenstand festhält, vor Schnitten und Stichen schützt. Die Handschuhe
sind sowohl im trockenen wie im nassen
Die RWE Power AG erhält für den Handschuh
ausnahmslos positive Rückmeldungen seitens der Mitarbeiter. Seit die Handschuhe
im Einsatz sind, wurden beim Beschneiden von Gummigur ten oder Abdichtgummis keine Schnittverletzungen mehr
beobachtet.
25
BG RCI.magazin 7/8 2016
FÖRDERPREIS
BERICHTE UND2016
INFORMATIONEN
rodukte auf Paletten können mit der neu entwickelten FührungsP
schiene in ergonomisch entlastender Körperhaltung umreift werden.
Die L-förmige Führungsschiene erleichtert …
… das Einfädeln des Umreifungsbandes.
ico Kurth von der Lithonplus GmbH & Co. KG in Staßfurt mit seiner
N
Entwicklung.
BG RCI-Förderpreis 2016: Kategorie „Gesundheitsschutz“
Preisträger: Nico Kurth
Unternehmen: Lithonplus GmbH & Co. KG, Staßfurt-Glöthe
Förderpreis 2016
Arbeit · Sicherheit · Gesundheit
„Manuelle Umreifung von kommissionierten
Betonprodukten“
Die Lithonplus GmbH & Co. KG in Staßfurt stellt
Betonprodukte für den Garten-, Straßen- und
Landschaftsbau her. Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz haben im Unternehmen einen hohen Stellenwert.
Ein gutes Beispiel hierfür ist die Idee, die manuelle Umreifung kommissionierter Betonwaren gesundheitsgerechter zu gestalten.
Die Produkte lagern auf Holzpaletten und
müssen zur Sicherung gegen Umfallen ma-
26
nuell mit Kunststoffbändern umreift werden.
Ohne Hilfsmittel ist das ein unergonomischer
Prozess, da sich die Mitarbeiter tief bücken
müssen, um das Band unter der Palette hindurchzuschieben. Zudem rollen sich die Bänder selbstständig wieder auf und müssen per
Hand korrigiert und geführt werden – alles in
allem ein beschwerlicher Arbeitsvorgang.
schiene mit einem Kastenprofil, mit deren
Hilfe das Umreifungsband unter der Palette
durchgeschoben werden kann, ohne dass
sich die auszuführende Person dazu bücken
muss. Das Band kann dann aufgenommen
und mit dem anderen Ende verschweißt werden. Die Führungsschiene wird anschließend
herausgezogen.
Als Lösung hierfür entwickelte Nico Kurth von
der Lithonplus GmbH eine L-förmige Führungs-
7/8 2016 BG RCI.magazin
BERICHTE UND
FÖRDERPREIS
INFORMATIONEN
2016
erschiedene Elemente des Lockout TagoutV
Systems.
ier ein Sicherungselement an einem CEEH
Drehstrom-Stecker.
Das Board für die unterschiedlichen Sicherungselemente bietet Gelegenheit für ein
praxisnahes Training.
Thorsten Fröscher und Ulrich Schaffer (r.) von
der Catalent Germany Eberbach GmbH sind
mit ihrem Lockout Tagout-Trainingsboard
Preisträger in der Kategorie „Organisation/
Motivation“.
BG RCI-Förderpreis 2016: Kategorie „Organisation/Motivation“
Preisträger: Ulrich Schaffer, Thorsten Fröscher
Unternehmen: Catalent Germany Eberbach GmbH, Eberbach
Förderpreis 2016
Arbeit · Sicherheit · Gesundheit
„Sicherheit bei Instandhaltungsmaßnahmen –
Lockout Tagout“
Die Catalent Germany Eberbach GmbH, ein
führender globaler Anbieter von Technologien für die Arzneimitteldarreichung, produziert am Standort Eberbach Weichgelatinekapseln. Dazu bietet das Unternehmen
seinen Kunden zuverlässige Produktionsund Verpackungslösungen. Die verketteten
Produktionsanlagen sind einzigartig und
müssen gemäß den hohen Anforderungen der Arzneimittelindustrie aufwendig
instandgehalten werden.
Problematisch sind dabei insbesondere
Arbeiten an abgeschalteten, großräumigen Anlagen.
Ein nicht abgestimmtes Wiedereinschalten
durch Dritte würde zu einer erheblichen Gefährdung des Instandhaltungspersonals
führen. Zur sicheren Verriegelung und Kennzeichnung von Ventilen oder Schalteinheiten bietet der Markt verschiedene Lösungen
an. Doch welche Maßnahme ist die richtige, ist sie vor Ort verfügbar und wie wird
sie richtig angewendet? Dies richtig zu beantworten, erfordert Kenntnis und Übung.
Für die Instandhaltungsmitarbeiter sollte
daher eine Möglichkeit geschaffen werden,
das im Einsatz befindliche Lockout TagoutVerfahren jederzeit trainieren zu können.
Thorsten Fröscher und Ulrich Schaffer, Mitarbeiter des Unternehmens, entwickelten
dazu ein „Lockout Tagout-Trainingsboard“.
Auf dem Board sind alle vom Unternehmen
zugelassenen Verriegelungstechniken
übersichtlich zusammengestellt. Das Board
und die entsprechenden Materialien befinden sich an einer zentralen Stelle im Unternehmen und stehen den Beschäftigten
jederzeit zum Training zur Verfügung. Mit
dieser Möglichkeit des praxisnahen Trainings werden die jeweiligen Unterweisungen besonders wirkungsvoll unterstützt.
27
Fotos: Karén Förster; bgrci/Armin Plöger
BG RCI.magazin 7/8 2016
FÖRDERPREIS
BERICHTE UND2016
INFORMATIONEN
Bauartbedingt bieten Gabelstapler dem Fahrer nur eingeschränkte Sichtverhältnisse.
ie maßstabsgetreue Abbildung eines Gabelstaplers und die auf dem Boden markierten „toten
D
Winkel“ (rot) verdeutlichen den Beschäftigten die eingeschränkte Sicht des Staplerfahrers.
arén Förster vom Werk Brieselang der Saint-Gobain Rigips GmbH setzte sich dafür ein, die einK
geschränkten Sichtverhältnisse eines Staplerfahrers für alle Beschäftigten erlebbar zu machen.
BG RCI-Förderpreis 2016: Kategorie „Transport und Verkehr“
Preisträgerin: Karén Förster
Unternehmen: Saint-Gobain Rigips GmbH, Werk Brieselang, Brieselang
Förderpreis 2016
Arbeit · Sicherheit · Gesundheit
„Arbeitssicherheit in Verladebereichen mit intensivem
Staplerverkehr“
Die Saint-Gobain-Gruppe ist ein weltweit
tätiges Technologieunternehmen. So ist es
selbstverständlich, dass Unfälle und Beinaheunfälle im Betrieb sofort untersucht
und die Ursachen ausführlich analysiert
werden.
Am Standort Brieselang produziert das
Unternehmen Gipskartonplatten, die in
den verschiedensten Bereichen des Baugewerbes eingesetzt werden. Der innerbetriebliche Transport der Produkte und
deren Verladung erfolgt mit Hilfe von Gabelstaplern. Hier kommt es immer wieder
28
zu Situationen, in denen sich Gabelstapler
und Fußgänger sehr nahe kommen. Zuletzt
gab es einen Unfall, weil ein Fahrer wegen
des toten Winkels eine Person übersehen
und angefahren hatte.
Diesen Zwischenfall nahm das Werk Brieselang zum Anlass, den innerbetrieblichen
Verkehr genauer zu betrachten. Es stellte
sich heraus, dass die meisten Beschäftigten die Sichtverhältnisse von der Fahrerposition eines Staplers nicht kannten oder
falsch einschätzten. Allen wurde daraufhin
Gelegenheit gegeben, die eingeschränkten
Sichtverhältnisse eines Gabelstaplerfahrers persönlich kennenzulernen. Um die
Wirkung dieser Schulungen nachhaltig
zu gestalten, wurden zudem die Sichtverhältnisse aus einem Stapler heraus und
insbesondere die toten Winkel als maßstabsgetreues Foto auf Wände und Böden
der Lagerhallen übertragen. Diese Visualisierungen dienen auch dazu, Fahrer von
Speditionen, die regelmäßig den Betrieb
anfahren, auf diese besondere Problematik hinzuweisen.
7/8 2016 BG RCI.magazin
BERICHTE UND
FÖRDERPREIS
INFORMATIONEN
2016
er neue Feuerwehrhandschuh mit inte­
D
grierter Temperatur-Messung.
Ein Laserstrahl markiert den Ort der Messung.
Rainer Seiz von der Friedrich Seiz GmbH
freut sich über die positive Resonanz auf
seine Entwicklung.
BG RCI-Förderpreis 2016: Kategorie „Produkte“
Preisträger: Rainer Seiz
Unternehmen: Friedrich Seiz GmbH, Metzingen
Förderpreis 2016
Arbeit · Sicherheit · Gesundheit
„Feuerwehrhandschuh mit integrierter
Temperaturmessung“
Bei Bränden sind die Einsatzkräfte regelmäßig gezwungen, Gebäude zu betreten, um
das Feuer an der Brandstelle direkt zu bekämpfen. Wegen der starken Rauchentwicklung müssen sie sich häufig zur Brandstelle
vortasten und auch Türen und Tore öffnen.
Hierbei kommt es immer wieder zu schweren Unfällen durch eine Rauchgasdurchzündung, dem sogenannten Flash-over.
Bei einer Rauchgastemperatur von über
500 °C entzünden sich die Oberflächen
brennbarer Gegenstände schlagartig, sobald Frischluft in den Raum gelangt, zum
Beispiel durch eine geöffnete Tür. Das Resultat ist ein Vollbrand des Raumes mit Temperaturen von 1.000 °C und mehr. Daher ist
es für die Feuerwehrleute wichtig, vor dem
Öffnen von Türen Informationen über deren
Oberflächentemperatur zu erhalten, um daraus Rückschlüsse auf die aktuelle Situation
hinter der Tür zu ziehen.
Da Feuerwehrleute generell eine Reihe von
Ausrüstungsgegenständen mit sich tragen
müssen, ist es nicht praktikabel, zusätzliche Messgeräte permanent mitzuführen.
Außerdem wären sie in einem verrauchten
Raum nicht einfach zu bedienen. Die Friedrich Seiz GmbH hat daher einen Handschuh
entwickelt, in den ein Temperatur-Messgerät integriert ist. Mit diesem Gerät kann die
Oberflächentemperatur von Objekten wie
Türen und Tore auf einfache Weise gemessen
werden. Eingeschaltet wird das „Lasertemp“
durch ruckartiges Handschütteln. Die aktuelle Temperatur der Oberfläche wird in °C
angezeigt. Zusätzlich leuchten LEDs: grün
für bis zu 60 °C Oberflächentemperatur, rot
ab 60 °C. So lässt sich die Gefahr des gefürchteten Flash-overs frühzeitig erkennen.
29
BG RCI.magazin 7/8 2016
FÖRDERPREIS
BERICHTE UND2016
INFORMATIONEN
lick in die Ausbildungswerkstatt der Freudenberg Vliesstoffe SE & Co.
B
KG in Kaiserslautern.
raktizierter Arbeitsschutz: Die Auszubildenden entwickelten im RahP
men des Programms „Auszubildende schaffen Sicherheit“ eine ergonomisch optimierte Einheit zur Kontrolle der Durchlässigkeit einer
Spinnplatte.
atten die Idee für das Programm „AsS“: Dieter Geiß, Ralf Schneider
H
und Christian Mitteregger (v. l.).
BG RCI-Förderpreis 2016: Kategorie „Auszubildende“
Preisträger: Dieter Geiß, Ralf Schneider, Christian Mitteregger
Unternehmen: Freudenberg Vliesstoffe SE & Co. KG, Kaiserslautern
Förderpreis 2016
Arbeit · Sicherheit · Gesundheit
„Auszubildende schaffen Sicherheit (AsS)“
Die Freudenberg Performance Materials
produziert am Standort Kaiserslautern industrielle Vliesstoffe, die in der Automobilindustrie, der Bekleidungsindustrie, der
Bauwirtschaft und in vielen anderen Bereichen Einsatz finden. Das weltweit aktive Technologieunternehmen verfolgt bei
den Themen Gesundheit, Arbeitssicherheit, Umwelt, Qualität und Energie einen
ganzheitlichen Ansatz.
So gehört eine intensive Sensibilisierung
der Auszubildenden für alle Themen der
Arbeitssicherheit und des Gesundheits-
30
schutzes zur gelebten Arbeitsschutzkultur. Damit verband sich die Frage, wie die
Auszubildenden noch enger an die Pro­
blemstellungen der Produktion herangeführt werden und gleichzeitig ihr Wissen
und ihre Kreativität einbringen können.
Die Freudenberg-Mitarbeiter Dieter Geiß,
Christian Mitteregger und Ralf Schneider
entwickelten dafür das Programm „Auszubildende schaffen Sicherheit (AsS)“. Über
eine neu eingerichtete Intranetseite melden Mitarbeiter aus der Produktion beobachtete Problemstellungen an die Ausbil-
dung. Dort werden die Anfragen bewertet
und interdisziplinäre Teams von Auszubildenden zusammengestellt. Sie haben die
Aufgabe, Lösungen zu erarbeiten und im
Betrieb umzusetzen. Erfolgreiche Umsetzungen tragen das Logo der AsS-Aktion
und die Namen der Beteiligten als sichtbaren Ausdruck der Wertschätzung.
Der Beitrag überzeugt durch die gelungene
Sensibilisierung der Auszubildenden insbesondere für das Thema Arbeitsschutz
im Rahmen eines ganzheitlichen Ansatzes.
7/8 2016 BG RCI.magazin
BERICHTE UND
FÖRDERPREIS
INFORMATIONEN
2016
+
eu entwickelt und installiert: Eine automatische Einrichtung
N
zur Reinigung der Einfülltrichter an Fahrmischern.
erhard Haid und Josefine Kühnbach-Zech von der Kühnbach KG
G
Kies + Transportbeton in Achstetten beseitigten mit der neuen
Anlage zahlreiche Gefährdungen, denen die Mitarbeiter zuvor
bei der Reinigung der Fülltrichter ausgesetzt waren.
BG RCI-Sonderpreis 2016: Kleine und mittelständische Unternehmen
Preisträger: Josefine Kühnbach-Zech, Gerhard Haid
Unternehmen: Kühnbach KG Kies + Transportbeton, Achstetten
Förderpreis 2016
Arbeit · Sicherheit · Gesundheit
„Sichere Reinigung von Einfülltrichtern an
Fahrmischern“
Die Kühnbach KG Kies + Transportbeton in
Achstetten ist ein mittelständisches Unternehmen, das mit eigenen Fahrmischern Fertigbeton zum Kunden transportiert. Bei der
Beladung von Fahrmischern bleiben regelmäßig Betonreste im Einfülltrichter zurück.
Damit diese während der Fahrt nicht aushärten, steigen die Fahrer nach dem Beladen
auf die Mischerplattform und reinigen den
Trichter mittels eines herkömmlichen Was-
serschlauchs. Dabei kam es zu Stolper- und
Absturzunfällen beim Besteigen sowie zu
Verletzungen der Hände beim Einschieben
oder Ausziehen der Aufstiegsleiter.
Um solche Verletzungen und Unfälle künftig
zu vermeiden, wurde in Kooperation mit einem Unternehmen für Hochdruckreinigungssysteme eine automatische Waschanlage
entwickelt und installiert. Die Fahrmischer
fahren nach der Beladung unter diese Anlage. Der Reinigungsvorgang wird vom
Mischmeister gestartet, so dass die Fahrer
im Fahrzeug bleiben und anschließend direkt losfahren können. Durch die Installation
dieser Anlage wurden alle Gefährdungen,
denen die Fahrer bisher ausgesetzt waren,
beseitigt.
31
BG RCI.magazin 7/8 2016
Foto: ©kameraauge – Fotolia.de
BERICHTE UND INFORMATIONEN
Bremen – Tagungsort der BG RCI-Jahreskonferenz 2016.
BG RCI-Jahreskonferenz 2016
Rund 60 Vertreter aus Industrie, Politik, Behörden sowie aus Selbstverwaltung und Hauptamt der BG RCI trafen sich
in Bremen zur 3. Jahreskonferenz. Die Konferenz versteht sich als Plattform für einen interdisziplinären Erfahrungsaustausch. Im Mittelpunkt standen die aktuellen Entwicklungen in den Bereichen Arbeits- und Gesundheitsschutz,
Sozial- und Industriepolitik, Forschung und Technik, Reha-Management und Berufskrankheitenrecht.
Gleich zu Beginn dankte Thomas Köhler,
Sprecher der BG RCI-Geschäftsführung, Dr.
Uwe Müller von der Henkel AG & Co. KGaA für
sein langjähriges Engagement an der Spitze der Industriekommission. Sie bildet das
Beratergremium der Konferenz. Müller war
2007 zum Vorsitzenden der Technischen
Sachverständigenkommission der damaligen Berufsgenossenschaft der Chemischen
Industrie gewählt worden und hatte dieses
Amt bis Ende 2013 inne. Übergangsweise
übernahm er 2014 den Vorsitz der neu gegründeten Industriekommission. In diesem
Jahr hat die Kommission einstimmig Dr. Renate Bork-Brücken, Werkleiterin der BASF
Coatings GmbH, Münster, zur neuen Vorsitzenden gewählt.
Michael Koll, Leiter der Unterabteilung Arbeitsschutz im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), berichtete einführend über die aktuellen Initiativen der
niederländischen EU-Präsidentschaft zu
krebserzeugenden Stoffen. Von der EU-Kommission ist geplant, rund 30 neue Grenzwerte in die Krebsrichtlinie aufzunehmen und
die Abstimmungen dazu möglichst noch
unter der Präsidentschaft der Niederlande
zum Abschluss zu bringen. Koll stellte außerdem die Initiative der Niederlande zu einer Roadmap über krebserzeugende Stoffe
vor. „Ziel ist es, in den nächsten Jahren in
einer konzertierten Aktion aller EU-Staaten
Best Practice-Beispiele für Tätigkeiten mit
diesen Stoffen bereitzustellen und einen
32
effektiven Transfer in die Praxis zu realisieren“, erläuterte Koll.
Die Aufgabenstellung und Arbeitsweise des
Ärztlichen Sachverständigenbeirats „Berufskrankheiten“ beim BMAS stellte Prof.
Dr. med. Ernst Hallier, Direktor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Medizinischen Fakultät der GeorgAugust-Universität, Göttingen, vor. Anhand
von Beispielen zeigte er die Schwierigkeiten auf, das komplexe biologische System
des menschlichen Organismus und der auf
die Gesundheit einwirkenden Einflüsse in
eine für die Rechtsanwendung praktikable
und gerechte Form zu bringen.
viceanbieter für polymerbasierte Lösungen
mit 20.000 Beschäftigten in mehr als 50
Ländern. „Deshalb haben wir 2014 das Programm ‚Safety Culture‘ mit dem Leitsatz ‚Safety begins in your head‘ entwickelt.“ Kern
des Projekts sei der Grundsatz: „Wir leben
unsere Sicherheitskultur in jedem Moment.“
Aust: „Unsere Mitarbeiter sollen dafür sensibilisiert werden, ihren Blick für unsichere Situationen zu schärfen und dabei nicht
nur die eigene, sondern auch die Sicherheit ihrer unmittelbaren Kollegen im Auge
zu behalten.“ Denn oft könnten vermeintlich
kleine Missstände großen Schaden anrichten – von der fehlenden Schutzausrüstung
über Stolperstellen bis zu beschädigten
Werkzeugen.
Über die besonderen Aktivitäten zur neuen
Präventionsstrategie „Vision Zero. Null Unfälle – gesund arbeiten!“ informierte Helmut
Ehnes, Leiter der Prävention der BG RCI. Bereits innerhalb des ersten Jahres wurden der
„Vision Zero“-Leitfaden zur Umsetzung der
Strategie in den Betrieben entwickelt und
veröffentlicht, eine Analyse der tödlichen
Arbeitsunfälle des letzten Jahrzehnts durchgeführt sowie erste Kooperationspartner für
die gemeinsame Strategie gewonnen.
Die vielfältigen Konferenzbeiträge – auch
aus den Bereichen Gefahrstoffrecht, Normung, Schichtarbeit, psychische Belastung
oder Unfallbeispiele – verband Ulrich Meesmann, Mitglied der Geschäftsführung der
BG RCI, mit einem abschließenden Appell:
„Wir alle wollen uns mit dem Erreichten nicht
zufriedengeben. Wir wollen verändern, verbessern! Wir wollen, dass alle Menschen
gesund und sicher arbeiten können.“
„‚Vision Zero. Null Unfälle – gesund arbeiten!‘ – dieses Ziel verfolgen auch wir bei der
REHAU AG, gemeinsam mit unseren Mitarbeitern“, berichtete Wolfgang Aust, Leiter
der REHAU-Konzernsicherheit. Das Unternehmen ist ein führender System- und Ser-
Einen Überblick über die Themen der Jahreskonferenz 2016 gibt die nebenstehende
Übersicht. Kurzfassungen der Vorträge hält
Astrid Krahm, BG RCI, E-Mail: astrid.krahm@
bgrci.de, für Interessenten bereit.
Dr. Dieter Bärhausen, BG RCI, Köln
7/8 2016 BG RCI.magazin
Michael Koll (l.), Bundesministerium für Arbeit und Soziales, und Prof. Dr. Ernst Haller, Göttingen, referierten zu aktuellen Themen
der Sozialpolitik. Dr. Renate Bork-Brücken von der BASF Coatings GmbH wurde zur neuen Vorsitzenden der Industriekommision
gewählt. Die Kommission ist das Beratergremium der BG RCI-Jahreskonferenz. Fotos: bgrci
BG RCI-Jahreskonferenz 2016: Themen und Referierende
Sozial- und Industriepolitik
Aktuelle Entwicklungen im Gefahrstoffrecht
Michael Koll, BMAS, Bonn
Wesentliche Erkenntnisse zum Brand- und Explosionsverhalten
nanoskalig hergestellter Stäube
Dr. Arne Krietsch, BAM, Berlin
Kausalität im komplexen biologischen System: Der Ärztliche Sachverständigenbeirat „Berufskrankheiten“ im Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Rechtsanwendung
Prof. Dr. Ernst Hallier, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Göttingen
Der gute Griff: Griff- und Rollengestaltung (Teil 2)
Dr. Bettina Wollesen, Universität Hamburg
Auf dem Weg von traditionellen Unfallverhütungskonzepten zur
Total Safety Culture
Wolfgang Aust, REHAU AG + Co., Rehau
Das 1. Jahr: Vision Zero Update
Helmut Ehnes, BG RCI, Langenhagen
Die Berufsgenossenschaft als moderner Dienstleister
Betreuung und Behandlung von traumatisierten Versicherten nach
einem Extremereignis
Ruth Macke, Stephan Rohn, BG RCI, Heidelberg
„Gerüstet für den Notfall“ – der Eigenbetrieb KC Notfallprävention
als besondere Einrichtung innerhalb der Prävention der BG RCI
Wolfgang Roehl, BG RCI, Clausthal-Zellerfeld
Stellenwert der Normung im Arbeitsschutz am Beispiel Compo­
site-Atemluftflaschen
Dr. Jost-Peter Sonnenberg, BG RCI, Langenhagen
Aus Forschung und Wissenschaft
Governance von Nanomaterialien
Dr. Rüdiger Pipke, BAuA, Dortmund
Aktuelle Forschungsergebnisse der PTB mit Bedeutung für die
chemische Industrie
Prof. Dr. Michael Beyer, PTB, Braunschweig
Aus der Praxis – für die Praxis
Risikofaktor Nacht- und Schichtarbeit?
Dr. Dirk Pallapies, IPA, Bochum
Fit auf Schicht – Ein Präventionsprogramm für Schichtmitarbeiter
Dr. Dieter Gilles, Wacker Chemie AG, Burghausen
Gefährdungsbeurteilung „Psychische Belastungen“ in der BASF SE
Dr. Thomas Hill, BASF SE, Ludwigshafen
Analyse psychischer Belastungen am Arbeitsplatz – Pilotprojekt
im Südzucker-Werk Offenau
Steffen Krämer, Südzucker AG, Ochsenfurt
Aus Unfällen lernen
Leitindikatoren als Instrument zur Reduzierung von Arbeitsunfällen
Andreas Schlottmann, Roche Diagnostics GmbH, Mannheim,
vorgetragen von Dr. Bernhard Skrobranek, Roche Diagnostics
GmbH, Penzberg
Verhütung von Verbrennungsunfällen an Kunststoffverarbeitungsmaschinen – Weiterentwicklung der Präventionsansätze
Natalie Schönberg, BG RCI, Heidelberg
Aufgrund der hohen Nachfrage
noch buchbar bis Ende 2016!
www.aktionsmedien-bg.de | www.bgrci.de
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BERICHTE UND INFORMATIONEN
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Foto: ©momius/fotolia.com
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Tagungsbericht
Suchtprävention schafft Sicherheit
BG RCI zeichnet Unternehmen für hervorragende Projekte in der Suchtprävention aus
Trotz der verpflichtenden Beurteilung von Gefährdungen, die von psychoaktiven Substanzen ausgehen, sind in vielen Betrieben die Berührungsängste bei diesem Thema immer noch groß. Unter dem Motto „Suchtprävention schafft
Sicherheit“ veranstaltete die BR RCI daher Anfang Mai eine Fachtagung in ihrem Bildungszentrum in Laubach. Zielsetzung war die Vermittlung wirksamer Strategien zur Prävention von Suchtmittelmissbrauch am Arbeitsplatz, um
auch auf diesem Sektor eine Verbesserung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes zu erreichen.
Eine Vielzahl von Suchtmitteln beeinträchtigt
die Arbeitsfähigkeit von Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern und gefährdet damit die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Nicht
zuletzt deshalb wird der Missbrauch von Alkohol oder illegalen Drogen im Rahmen der
Gefährdungsbeurteilung thematisiert und
sollte von jedem Betrieb regelmäßig bewertet werden. Die BG RCI beschäftigt sich bereits seit 1994 mit Strategien zur Prävention
suchtmittelmissbrauchsbedingter Risiken für
die Arbeitssicherheit und bietet als einzige
Berufsgenossenschaft ihren Mitgliedsunternehmen eine eigene Fortbildungsreihe zum
„Betrieblichen Suchtbeauftragten“ an.
Die Fachtagung in Laubach diente den teilnehmenden Suchtbeauftragten zur Auffrischung bestehender und zum Erwerb neuer Erkenntnisse, zum Erfahrungsaustausch
und zur Netzwerkbildung. Mehr als 120 Beauftragte und Führungskräfte waren der Einladung gefolgt und diskutierten während der
drei Konferenztage Methoden und Strategien gegen den Missbrauch. Dabei erwartete
sie ein thematisch wie didaktisch vielfältig
gestaltetes Programm unter dem Motto der
34
neuen Präventionsstrategie „Vision Zero“, in
die Helmut Ehnes, Leiter der Prävention der
BG RCI, einführte. Der in diesem Zusammenhang erstellte Handlungsleitfaden enthält unter anderem auch wichtige Hinweise für eine
erfolgreiche betriebliche Suchtprävention.
Darüber hinaus reichte der Bogen der Fachvorträge von der Epidemiologie des Substanzmissbrauchs (Alkohol, Drogen, Medikamente) über neue nicht-stoffliche Suchtmittel
(Smartphone, Internet) bis hin zu den neurologischen Grundlagen der Suchtentwicklung.
Eine besondere Herausforderung für viele Betriebe stellt die zunehmende Verbreitung der
sogenannten „Legal Highs“ dar. Dabei handelt es sich um synthetische Derivate psychotroper Substanzen mit vergleichbarem
Wirkungsspektrum, aber weitgehend unbekannter Wirkungsstärke und nicht einschätzbarer Nebenwirkungen. Da es sich um Derivate handelt, werden viele dieser Substanzen
aktuell nicht vom Betäubungsmittelrecht
erfasst und können bisher „legal“ über das
Internet erworben werden. Der Gesetzgeber
bemüht sich derzeit, das Betäubungsmittelrecht weiterzuentwickeln mit dem Ziel, Stoff-
gruppen – und nicht mehr Einzelsubstanzen
– unter Verbot zu stellen.
Neben den Fachvorträgen wurden in sechs
jeweils von einem unabhängigen Experten
geleiteten Themen-Workshops zielgerichtet
Lösungen für aktuelle innerbetriebliche Pro­
bleme entwickelt. Moderiert und begleitet
wurde das gesamte Programm von einem
professionellen Moderations- und Theaterteam, das für die nötige Aufmerksamkeit auch
an den Nachmittagen sorgte.
Im Vorfeld der Tagung hatte die BG RCI den
„Best Practice Award 2016“ für vorbildliche
Projekte in der Betrieblichen Suchtprävention ausgelobt. Die eingereichten Bewerbungen wurden auf einem eigens eingerichteten
„Marktplatz der Projekte“ vorgestellt und von
den Tagungsteilnehmern bewertet. Ausschlaggebend waren Kriterien wie Originalität, Verständlichkeit, Wirksamkeit und Umsetzbarkeit. Sechs Unternehmen hatten sich um die
Auszeichnung beworben.
• Platz 1 erreichte Angela Lammers, CEP Central European Petroleum GmbH, Berlin,
mit ihrem Projekt „Adventskalender zur
7/8 2016 BG RCI.magazin
BERICHTE UND INFORMATIONEN
Suchtprävention“, einem niederschwelligen Angebot, das im Unternehmen in der
Vorweihnachtszeit immer wieder präventiv zur Auseinandersetzung mit dem Thema
„Suchtmittelmissbrauch“ anregt.
•Der 2. Platz ging an Petra Schumann, Dow
Deutschland Anlagengesellschaft mbH, Stade. Frau Schumann realisierte zusammen
mit Auszubildenden und mit Unterstützung
externer Einrichtungen einen Präventionsfilm mit dem Titel „Die tödliche Macht der
Drogen“.
•Der 3. Preis ging an Peter Wrona, H.C. Stark
GmbH, Laufenburg, für seine Idee eines
„Führerscheins“ zur Unterweisung von Mitarbeitern und zur Schulung von Führungskräften zum Thema Suchtprävention.
Ergänzend zum Tagungsprogramm zeigten
Hersteller von Alkohol- und Drogentests,
Rehabilitations- und Beratungsorganisationen, Präventionseinrichtungen und Hochschulen sowie ein Fachbuchverlag in einer
Industrieausstellung ihr Produkt- und Leistungsspektrum.
Tagungspräsidentin Sabine-Schreiber Costa von der BG RCI und Enrico Helbig von der
berufsgenossenschaftlichen Fachgruppe
„Betriebliche Suchtprävention“ skizzierten
abschließend die zukünftige Strategie der
Berufsgenossenschaft in der Suchtprävention. Danach wird eine engere Einbindung in
Am „Best Practice Award 2016“ für Betriebliche Suchtprävention haben folgende Unternehmen
teilgenommen (v. l.): Silvia Ringer, Roche Diagnostics GmbH, Mannheim; Enrico Helbig, Novartis
Pharma Produktions GmbH, Wehr (außer Konkurrenz); Petra Schumann, Dow Deutschland Anlagengesellschaft mbH, Stade (2. Preis); Angela Lammers, CEP Central European Petroleum GmbH,
Berlin (1. Preis); Peter Wrona, H. C. Stark GmbH, Laufenburg (3. Preis); Tim Kessel, Veritas Thüringen GmbH, Benshausen; Christoph Drissler, Goodyear Dunlop Tires Germany GmbH, Hanau.
Foto: bgrci
die übergeordnete „Vision Zero“-Strategie angestrebt sowie eine stärkere Ausrichtung auf
den Bedarf der kleinen und mittelständischen
Betriebe. Die Qualifizierungsreihe zum „Betrieblichen Suchtbeauftragten“ wird überarbeitet. Darüber hinaus soll eine gemeinsame
überbetriebliche Internet-Plattform für eine
stärkere Vernetzung der Betrieblichen Suchtbeauftragten eingerichtet werden.
Von Teilnehmerseite wurden die hervorragende Organisation der Veranstaltung, die
kompetenten Vortragenden, die interessanten
Themen und vielfältigen Anregungen sowie
die Möglichkeiten zum Auf- und Ausbau von
Netzwerken gelobt. Wegen der durchweg positiven Resonanz plant die BG RCI, vergleichbare Veranstaltungen künftig in regelmäßigem
Turnus anzubieten.
Weitere Informationen zur Fachtagung stehen
unter www.bgrci.de/veranstaltungen/tagungen bereit.
Dr. Franz Aberl, Kranzberg
Wie lassen sich Berufskrankheiten von sogenannten
Volkskrankheiten besser abgrenzen?
DGUV-Auszeichnung für beste Bachelor-Arbeit 2015 geht an BG RCI-Mitarbeiter
Mit dem „Förderpreis Berufskrankheiten für
Bachelor-Abschlussarbeiten des Jahres 2015“
ist Robin Ziegler, 28, Sachbearbeiter im Bereich Berufskrankheiten bei der BG RCI in
Bochum, ausgezeichnet worden. Den Preis
für die erfolgreichste Arbeit des Jahrgangs
nahm Ziegler im Mai während der XI. Potsdamer Berufskrankheiten-Tage, einer Veranstaltung des Landesverbands Nordost der
Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung
(DGUV), entgegen.
Ziegler arbeitet seit 2008 bei der Berufsgenossenschaft in Bochum und hat 2011 seine
Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten absolviert. Nach einem Praxisjahr
als Sachbearbeiter für Berufskrankheiten widmete er sich dem Studiengang „Sozialversicherung mit dem Schwerpunkt gesetzliche
Unfallversicherung“ an der Hochschule BonnRhein-Sieg in Hennef.
Seine Abschlussarbeit beschäftigt sich mit
der Abgrenzung sogenannter Volkskrankheiten von solchen Erkrankungen, die Aufnahme
in die Liste der Berufskrankheiten finden. Am
Beispiel ausgewählter Berufskrankheiten untersucht er, ob Mindestbelastungsdosen ein
geeignetes Abgrenzungskriterium sein können. Im Ergebnis kommt er zu dem Schluss,
dass Mindestbelastungsdosen dazu beitragen
können, der Forderung des Bundessozialgerichts gerecht zu werden, Berufskrankheitentatbestände künftig konkreter zu fassen, um
sie von anderen Erkrankungsformen leichter
abgrenzen zu können.
In einer der kommenden Ausgaben des
BG RCI.magazins werden wir auf die mit der
prämierten Arbeit angesprochene Thematik
näher eingehen.
Norbert Ulitzka, BG RCI, Bochum
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BG RCI.magazin 7/8 2016
BERICHTE UND INFORMATIONEN
ZKZ-Nr.: 57433
ISSN 2193-102X
Sicherheitsfachkräfte-Tagung 2016
BG RCI-Mitgliedsunternehmen in Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland
Für die Sicherheitsfachkräfte aus den Mitgliedsunternehmen in den Bundesländern Hessen, Rheinland-Pfalz und dem
Saarland veranstaltet das BG RCI-Präventionszentrum Mainz eine Sicherheitsfachkräfte-Tagung.
Termin: 5. und 6. Oktober 2016 in
Bad Neuenahr/Ahrweiler
Geplant sind folgende Themen:
•Expositionsverzeichnis nach § 14 GefStoffV – Verordnungsgrundlage und Zentrale Expositionsdatenbank (ZED)
•Neuregelung der arbeitsmedizinischen
Vorsorge
•Notfallpsychologie
•Demographischer Wandel – Alternsgerechte Arbeitszeitgestaltung
•Versicherungsschutz bei Betriebssport
und Gemeinschaftsveranstaltungen –
Zwei Seiten einer Medaille
•„Vision Zero“
•Medienangebote der BG RCI und anderer
Unfallversicherungsträger
•Ausgewählte Urteile aus dem Bereich der
gesetzlichen Unfallversicherung
•Printmedien für die Prävention
•Verhaltensbezogene Maßnahmen im
Arbeitsschutz
•20 Jahre Gefährdungsbeurteilung
•Gefährdungsbeurteilung – Psychologische Belastungen erfolgreich managen
•Gefahrstofflagerung in Innenräumen
•Die neue Betriebssicherheitsverordnung
und die Änderung der Gefahrstoffverordnung
Sicherheitsfachkräfte, die mit einem eigenen Vortrag zu der Veranstaltung beitragen
möchten, werden gebeten, möglichst umgehend mit Rainer Ullrich (E-Mail: [email protected]) Kontakt aufzunehmen. Bei
einer Vielzahl eingehender Vortragsangebote behält sich der Veranstalter eine Auswahl
vor. Das BG RCI-Präventionszentrum Mainz
lädt die Sicherheitsfachkräfte zu dieser Tagung gesondert auf schriftlichem Wege ein.
bgrci/rph
BG RCI.
Impressum
Herausgeber
Berufsgenossenschaft
Rohstoffe und chemische Industrie
Kurfürsten-Anlage 62
D-69115 Heidelberg
Verantwortlich
Thomas Köhler, Ulrich Meesmann, Hans-Jörg Piasecki
Chefredaktion
Ulrike Jansen
Redaktionsleitung
Norbert Ulitzka, Bochum
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Kontakt
Redaktion BG RCI.magazin
Postfach 10 04 29, D-44704 Bochum
Hunscheidtstraße 18, D-44789 Bochum
Telefon:06221/5108-57008
Telefax:06221/5108-57098
E-Mail:[email protected]
Internet:www.bgrci.de
Redaktion
Dr. Michael Glück, Dr. Matthias Kluckert, Wolfgang Pichl,
Burkhard Rehn, Christian van den Berg
Redaktionsassistenz
Marina Prelovsek, Bochum
Grafik
Daniela Stork, Bochum
Bezugs- und Adressänderungen
nur per E-Mail:[email protected]
Druck und Versand
te Neues Druckereigesellschaft mbH & Co. KG, Kempen
Auflage
90.000
Erscheinungsweise
6 Ausgaben jährlich
Für unverlangte Einsendungen keine Gewähr.
Mit Autorennamen oder Namenszeichen versehene
Beiträge geben ausschließlich die Meinungen der
jeweiligen Verfasser wieder.
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Zitierweise: BG RCI.magazin, Heft, Jahrgang, Seite
© BG RCI, Heidelberg
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