ROHSTOFFE – BAUSTOFFE . CHEMIE – PAPIER – ZUCKER . HANDWERK 7. Jahrgang . 7/8 Juli/August 2016 Zeitschrift für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie Lernen aus Fehlern anderer Individualprävention Lärm Weiterbildungsseminar Nanomaterialien Die BG RCI auf der Arbeitsschutz Aktuell in Hamburg BG RCI.magazin 7/8 2016 BERICHTE UND INFORMATIONEN EDITORIAL Editorial Liebe Leserin, lieber Leser! Nicht erst seit den Enthüllungen von Edward Snowden hat sich die Informations- bzw. Datensicherheit von einem Spezialthema für Sicherheitsexperten und Datenschützer zu einem Thema der allgemeinen Öffentlichkeit gewandelt. Zu Recht machen wir uns – obwohl viele sich nicht scheuen, für einen vermeintlichen Vorteil intimste Informationen aus dem Privatleben preiszugeben – um die Sicherheit unserer Daten große Sorgen. Der Umgang der Berufsgenossenschaften mit vertraulichen Unternehmens- und Versichertendaten ist streng reglementiert und zweckbezogen. Sie unterliegen dem Sozialgeheim- nis, haben einen sehr hohen Schutzbedarf und dürfen ausschließlich für die definierten hoheitlichen Aufgaben der Unfallversiche- 2 rungsträger verwendet werden. Entsprechend sorgsam geht die BG RCI mit diesen Daten um. Basis für den Einsatz von Informations- und Telekommunikationstechniken bei der BG RCI sind neben dem Bundesdatenschutzgesetz anerkannte Best Practice-Ansätze wie die „IT Infrastructure Library“ (ITIL) sowie die Standards und Empfehlungen des Bundesamtes für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Durch den Einsatz moderner technischer Konzepte wie der Thin Client-Technologie erfolgt die Datenhaltung und -verarbeitung in einem zentralen, redundant ausgelegten Rechenzentrum. Die technische Ausstattung am Bildschirmarbeitsplatz ist lediglich für die Anzeige der Informationen zuständig. Auf diese Weise wird eine übersichtliche Datenhaltung erreicht, das Vorhalten kritischer Daten an den lokalen Arbeitsplätzen vermieden und eine automatische regelmäßige Sicherung aller relevanten Daten sowie die Wiederherstellung im Katastrophenfall mit geringem Aufwand ermöglicht. Darüber hinaus unterstützt das „Corporate Network“ der Unfallversicherungsträger (CNUV) den sicheren Austausch von Informationen und elektronischen Dienstleistungen zwischen den Unfallversicherungsträgern und schützt durch einen gesondert gesicherten Übergabepunkt auch den Zugang zum Internet. Eine Verschlüsselung der über Datenleitungen oder Datenträger transportierten Informationen nach dem aktuellen Stand der Technik ist dabei Pflicht. Mit dem Einsatz von Technik und organisatorischen Maßnahmen allein ist jedoch kein Optimum an Informationssicherheit zu erzielen. Ein besonderes Augenmerk gilt daher auch der Sensibilisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Regelmäßige Schulungen und Aufklärungsaktionen runden das Maßnahmenpaket ab. Auf hohem Niveau tut die BG RCI alles, um die von Ihnen zur Verfügung gestellten Informationen ausschließlich zweckgebunden einzusetzen und vor Missbrauch zu schützen. Ihr Hans-Jörg Piasecki Mitglied der Geschäftsführung 7/8 2016 BG RCI.magazin INHALT Blickpunkt Editorial 2 11. – 13. Oktober 2016 Die BG RCI auf der Arbeitsschutz Aktuell 4 „Uffbasse“ reicht nicht Neue Unterweisungshilfen zu Gefahrstellen und Sicherheitszeichen5 Neue IVSS-Broschüre: Gefahrstoffe am Arbeitsplatz ermitteln und bewerten 16 Gefahrstoff-Kennzeichen videogestützt unterweisen16 K+S Kali GmbH und BG RCI „Vision Zero“-Kooperationsvereinbarung 17 Lernen aus Fehlern anderer 18 20 Individualprävention Lärm 6 BAVC, IG BCE und BG RCI starten gemeinsame Initiative für noch mehr Arbeitssicherheit Merkblätter zur Gefährdungsbeurteilung jetzt auch auf Englisch 7 KLK OLEO, Düsseldorf 1.000 Tage ohne meldepflichtigen Arbeitsunfall 20 Forum protecT 2016/2017 „Menschen führen – auf festem Grund“ 8 Neues Weiterbildungsseminar Nanomaterialien – wie gefährlich sind sie wirklich? 21 raumtex-Messen Süd und West BG RCI auch 2016 wieder dabei 22 125 Jahre Verband der Deutschen Lederindustrie 22 Gütesiegel für MicroDissect GmbH 24 Tagungen für Sicherheitsfachkräfte und Betriebsärzte 2016/2017 Nordrhein-Westfalen Baden- Würtemberg Berlin und neue Bundesländer9 Weller-System Modell zur Steuerung des Heilverfahrens ausgezeichnet10 Top-Mediziner an BG-Kliniken 10 Berichte und Informationen Förderpreise 2016 24 Aus der Praxis BG RCI-Jahreskonferenz 2016 32 Einfach zu vermeiden: Absturz-Unfall aus der Gitterbox Tagungsbericht Suchtprävention schafft Sicherheit 34 UV-Strahlung und Plattenepithelkarzinom 14. Forum für Sicherheitsfachkräfte und Betriebsärzte12 Auszeichnung für beste Bachelor-Arbeit 2015 35 „Vision Zero“ in der Transportbetonindustrie 12 Impressum36 Mit dem Gütesiegel ausgezeichnet 13 11 Neue Arbeitsschutzkampagne im Steinkohlenbergbau14 Sicherheitsfachkräfte-Tagung 2016 Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland36 Titelbild: Nanomaterailien – wie gefährlich sind sie wirklich? Die DGUV Akademie in Dresden bietet hierzu ein neues Weiterbildungs seminar an (S. 21). Foto: fotoliaxrender - Fotolia.com Veranstaltungshinweise/Termine Beilagenhinweis: Dieser Ausgabe sind der Förderpreis-Bewerbungsbogen 2017 und der Tafelkalender 2017 beigefügt. Damit sie beim Versand nicht herausfallen und Schaden verursachen, sind die Hefte für den Einzelversand foliert. Hefte im Mehrfachversand werden ohne Folie verschickt. 3 BG RCI.magazin 7/8 2016 BLICKPUNKT Der BG RCI-Überschlagsimulator – eines von zahlreichen Aktionsmodulen auf der diesjährigen Arbeitsschutz Aktuell in der Zeit vom 11. bis zum 13. Oktober 2016 in der Messe Hamburg. Foto: bgrci/Thomas Hölken 11. – 13. Oktober 2016 Besuchen Sie die BG RCI auf der Arbeitsschutz Aktuell in Hamburg! Wertvolle Impulse – neue Ideen Ob sichere Gestaltung von Arbeitsplätzen, Stressmanagement, Work-Life-Balance, betriebliche Gesundheitsvorsorge oder die persönliche Ausstattung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – all diese Themen verlangen von den Unternehmen ein Höchstmaß an Verantwortung, Aufmerksamkeit für die Belange der Beschäftigten und Lösungen für die tägliche Praxis. Die Fachmesse „Arbeitsschutz Aktuell – das Präventionsforum“ Mitte Oktober in Hamburg bietet solche Lösungen rund um alle Themen der Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz an. Auf dem angeschlossenen Fachkongress vermitteln auch in diesem Jahr hochkarätige Experten ihr Wissen zu aktuellen Themen wie den neuen EU-Präventionsgesetzen oder der betrieblichen Ausbildung im Arbeitsschutz. Umfangreiche Informationen zur Fachmesse und zum „Fachkongress Arbeitsschutz Aktuell“ mit seinen 16 Kongressblöcken sind unter www.arbeitsschutz-aktuell.de abrufbar. Holen Sie sich die „Lizenz zum Schützen“ Die BG RCI wird in Hamburg auf dem Gemeinschaftsstand der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, der Unfallkassen und der Berufsgenossenschaften vertreten sein. Mehrmals am Tag verwandelt eine Theater-Crew die aktuelle Arbeits- und Gesundheitsschutz-Thematik in ein spannendes James Bond-Abenteuer und verspricht, zum Publikumsmagneten zu werden. 4 Die Besucher erwartet darüber hinaus ein Mitmach-Parcours mit acht Aktionsmedien, vier davon aus dem Medienpool der BG RCI: das Alterssimulations-Spiel, der Überschlagsimulator, die GHS-Slotmaschine und der Ergonomie-Werkzeugtisch. Hinzu kommen von vier weiteren Berufsgenossenschaften der sogenannte S3 Check zur Erkennung von Defiziten des funktionellen Bewegungsapparats, eine Reaktionswand, das Geschicklichkeitsspiel der „Heiße Draht“ sowie ein Modul zum Thema Ladungssicherung. Wer den Parcours mit seinen abwechslungsreichen Interaktionsmöglichkeiten erfolgreich absolviert, erhält als Anerkennung die „Lizenz zum Schützen“. Am Anlaufpunkt der BG RCI werden die Besucher mehr über die Angebote im Rahmen der neuen Präventionsstrategie „Vision Zero“ erfahren. Mit dieser Strategie verfolgt die BG RCI das Ziel, das Risiko, einen meldepflichtigen Arbeitsunfall zu erleiden, bis 2024 um 30 Prozent zu senken. Im gleichen Zeitraum soll die Anzahl der schweren sowie der tödlichen Arbeitsunfälle um jeweils 50 Prozent zurückgeführt werden. Ähnliches gilt für die Mehrzahl der erstmals zu entschädigenden Berufskrankheiten. Mit ihrem Messeangebot spricht die BG RCI Führungskräfte und Beschäftigte insbesondere aus Mitgliedsunternehmen an. Aber auch Vertreter anderer Branchen sind herzlich willkommen, ebenso Hersteller, Institutionen und Behörden sowie Universitäten und Schulen. pr/nul 7/8 2016 BG RCI.magazin BLICKPUNKT „Uffbasse“ reicht nicht Neue Unterweisungshilfen zu Gefahrstellen und Sicherheitszeichen Mechanische Gefährdungen zählen zu den häufigsten Ursachen von Arbeitsunfällen. Eine neue Unterweisungshilfe der IVSS-Sektion Chemie greift diesen Schwerpunkt auf. Sie thematisiert Gefahrstellen an Maschinen. Eine weitere Unterweisungshilfe widmet sich den Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichen. Beide Unterweisungshilfen können unter www.ivss-chemie.de kostenlos heruntergeladen werden. stätten ASR A1.3 konkretisiert hierzu die Anforderungen der Europäischen Richtlinie 92/58/EWG. Diese benennt Mindestvorschriften für die Kennzeichnung am Arbeitsplatz und stellt verschiedene Kategorien von Zeichen dar. Die Unterweisung „Sicherheitskennzeichnungen“, ebenfalls in Lektionen gegliedert, greift aus jeder Kategorie ein Piktogramm heraus, um damit einen Einstieg in die Diskussion zu den einzelnen Themen zu geben: • Gebotszeichen • Verbotszeichen • Warnzeichen • Rettungszeichen • Brandschutzzeichen •Welche Rettungs- und Brandschutzzeichen gibt es in unserem Betrieb? • Führen sie in die richtige Richtung? • Werden Brandschutzeinrichtungen und Fluchtwege immer frei gehalten? •Sind die Brandschutz- und Erste-Hilfe-Einrichtungen funktionsfähig und gewartet? • Wer kann mit den entsprechenden Einrichtungen richtig umgehen? Gefahr am laufenden Band! Die Sicherheitsunterweisungen dienen nicht nur der Erfüllung rechtlicher Vorgaben. Sie lassen sich auch als Instrument für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess im Unternehmen nutzen. Dr. Joachim Sommer, BG RCI, Heidelberg Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind vor Arbeitsaufnahme und danach in regelmäßigen Zeitabständen über die Bedeutung der eingesetzten Kennzeichen zu unterweisen. Folgende Aspekte können in der Unterweisung angesprochen werden: •Welche Gebote, Verbote, Warnhinweise gelten in unserem Betrieb? • Warum gelten sie? Illustration: bgrci Gefahrstellen an Maschinen Maschinen ermöglichen dem Bediener die Verstärkung der eigenen Kraft und die Fertigung von Produkten in kürzerer Zeit. Gleichzeitig ergeben sich insbesondere durch die Antriebssysteme und die mechanischen Bewegungen neue Gefährdungen für die Beschäftigten, die an und mit Maschinen arbeiten. In der Sicherheitsunterweisung „Gefahrstellen an Maschinen“ wird in humorvoller Weise auf verschiedene Gefahrstellen, die beim Umgang mit Maschinen auftreten können, hingewiesen: •Stichstellen an feststehenden und bewegten Spitzen •Quetschstellen an bewegten Flächen •Schneidstellen an scharfen Kanten •Scherstellen an schwenkbaren Kanten •Fangstellen an drehenden Teilen •Einzugstellen an gegenläufig drehenden Walzen •Anlaufende Maschinen, die sich unerwartet in Bewegung setzen •Gespeicherte Energien durch angehobene Lasten, gespannte Federn oder unter Druck stehende Apparate Die Illustrationen zu den einzelnen Lektionen laden ein zur Diskussion darüber, ob und wo es im eigenen Betrieb vergleichbare Fragestellungen gibt, welche konkreten technischen und organisatorischen Maßnahmen bereits realisiert sind und welche Lösungsansätze zur Verbesserung der Situation vor Ort angebracht wären. Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichen Wenn Risiken für Sicherheit und Gesundheit nicht anders zu vermeiden oder ausreichend zu minimieren sind, kommen nach § 3a der Arbeitsstättenverordnung Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnungen zum Einsatz. Die Technische Regel für Arbeits- •Warum werden sie gegebenenfalls nicht eingehalten? •Gibt es Gefahrstellen, die nicht gekennzeichnet sind? •Könnten technische Schutzmaßnahmen statt der verhaltensbezogenen Hinweise realisiert werden? 5 BG RCI.magazin 7/8 2016 BLICKPUNKT Die Individualprävention Lärm will das Entstehen oder die Verschlimmerung arbeitslärmbedingter Hörverluste verhüten. Auch Lärmseminare helfen oft weiter. Fotos: ©industrieblick – Fotolia.de/br Individualprävention Lärm Lärm am Arbeitsplatz ist nach wie vor eines der Hauptprobleme im Arbeitsschutz Etwa fünf Millionen Beschäftigte in Deutschland sind bei ihrer beruflichen Tätigkeit gesundheitsschädlichem Lärm ausgesetzt. Lärmschwerhörigkeit ist unverändert der Spitzenreiter bei den Berufskrankheiten. Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, ihre Beschäftigten vor lärmbedingten Gesundheits- und Sicherheitsrisiken am Arbeitsplatz zu schützen. Aus Sicht des Arbeitsschutzes steht neben den Gehörschäden auch das Unfallrisiko durch das Überhören von Warnrufen oder Signalen im Fokus. Welche Maßnahmen zu treffen sind, hängt davon ab, ob der Tages-Lärmexpositions pegel – die durchschnittliche Lärmeinwirkung während einer Acht-Stunden-Schicht – einen definierten Auslösewert erreicht oder überschreitet. Er ist in der Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen festgelegt. So hat der Arbeitgeber ab einem Tages-Lärmexpositionspegel von 85 dB (A) die Lärmbereiche in seinem Betrieb zu kennzeichnen. In diesen Bereichen müssen die Beschäftigten dann Gehörschutz tragen. Maßnahmen zur Individualprävention Wenn es konkrete Hinweise gibt, dass bei einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit eine Lärmschwerhörigkeit entstehen kann oder sich zu verschlimmern droht, haben die Unfallversicherungsträger dieser Gefahr mit allen geeigneten technischen, organisatorischen, persönlichen oder medizinischen Maßnahmen entgegenzuwirken. Die BG RCI setzt dies in einem abgestuften Verfahren im Rahmen der Individualprä- 6 vention Lärm („IP Lärm“) um. Im Berufskrankheitenverfahren ist es Aufgabe des zuständigen BG RCI-Präventionsbereichs, Arbeitsplätze zu beurteilen und Präventionsmaßnahmen zu initiieren. Die in der „IP Lärm“ festgelegten Maßnahmen haben das Ziel, das Entstehen oder die Verschlimmerung arbeitslärmbedingter Hörverluste mit allen geeigneten Mitteln zu verhüten. Dies betrifft insbesondere Personen, die mit einer anerkannten Berufskrankheit „Lärmschwerhörigkeit“ (BK 2301) weiterhin bei ihrer Tätigkeit gehörgefährdendem Lärm ausgesetzt sind. Gegen den Verlust des Hörvermögens gibt es keine medizinische Therapie. Zur Vorbereitung und Umsetzung von Maßnahmen nach der „IP Lärm“ werden Gespräche mit der oder dem Betroffenen, dem betrieblich Verantwortlichen, dem Betriebsrat, dem Betriebsarzt und der Fachkraft für Arbeitssicherheit geführt. Es kann sich um ein Einzel- oder um ein gemeinsames Gespräch handeln, das auch wiederholt stattfinden kann. Für alle Maßnahmen ist die Einwilligung des Betroffenen erforderlich. Nachdem die technischen und organisatorischen Maßnahmen am Arbeitsplatz überprüft worden sind, ist eine individuelle Beratung zum Tragen von Gehörschutz vorgesehen. Dabei wird insbesondere darauf geachtet, ob im Betrieb individuell geeigneter Gehörschutz zur Verfügung steht und dieser bei dem Betroffenen Akzeptanz findet. Falls sich bei der Erstberatung Möglichkeiten für Verbesserungen beim individuellen Gehörschutz zeigen, werden nach Ausschöpfen des betrieblichen Angebots auch geeignete Alternativen vorgestellt. Die betroffene Person ist so direkt an der Auswahl eines für sie besonders geeigneten Gehörschutzes beteiligt. Dieser ist grundsätzlich vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. Auch das BG RCI-Lärmseminar ist vielfach eine große Hilfe Beschäftigten mit individuell erhöhtem Risiko gegenüber Lärm empfiehlt die BG RCI das Seminar „Wissenswertes über Lärm“. Es wird mehrmals im Jahr in den BG RCIBildungszentren Laubach und Maikammer angeboten. Beschäftigte, die bereits als erkrankt gemeldet sind, laden die Bildungszentren über den jeweiligen Betrieb automatisch ein. Teilnehmer, die von einer Hörminderung betroffen sind, beurteilen die Seminare als überaus lohnenswert. Sie empfehlen anderen Betroffenen, das Angebot ebenfalls zu nutzen. Die Besuche beim Facharzt und auch die Untersuchung beim Gutachter hätten zwar gewisse Informationen vermittelt, im Seminar werde der gesamte Zusam- 7/8 2016 BG RCI.magazin menhang aber erst richtig erkennbar. So gab ein Teilnehmer an, dass ihm nun erst klar sei, warum der arbeitsmedizinischen Vorsorge eine so große Bedeutung zukomme. Nur durch sie sei er vor einer weiteren Verschlimmerung seiner Hörminderung bewahrt geblieben. Auch seien zahlreiche Aspekte zur Auswahl und zum Einsatz des passenden Gehörschutzes vermittelt worden. Schließlich habe sich erst im Seminar gezeigt, was sich hinter einem dB-Wert verberge. So wurde angeregt, im Betrieb neben dem Gebotszeichen „Gehörschutz tragen“ künftig auch die bei Lärmmessungen ermittelten TagesLärmexpositionspegel anzugeben. Fast alle Teilnehmer sind sich einig, dass in den Betrieben durch Unterweisungen die Motivation zum Tragen von Gehörschutz weiter gesteigert werden kann. Der betriebliche Standard im Arbeitsschutz sei zwar oft recht hoch, die Vermittlung der Zusammenhänge zur Entstehung von Lärmschwerhörigkeit könne aber noch deutlich verbessert werden, hieß es. Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit Der Verdacht auf eine Berufskrankheit ist dann begründet, wenn Beschäftigte über mehrere Jahre unter gehörgefährdenden Lärmbedingungen tätig waren und die Hörfunktionsstörung dem medizinischen Bild einer lärmbedingten Schwerhörigkeit entspricht. Schon die beginnende lärmbedingte Hörschädigung kann mittels Tonaudiogramm anhand eines typischen Hörverlusts im Frequenzbereich um 4.000 Hz – die sogenannte C5-Senke – festgestellt werden. Ein bestimmtes Ausmaß der Hörminderung ist nicht Voraussetzung für den Verdacht auf eine Berufskrankheit. Im anschließenden Feststellungsverfahren geht es im Interesse der betroffenen Beschäftigten um eine schnelle Entscheidung über Leistungsansprüche, wie etwa eine Hörgeräteversorgung oder eine Tinnitus-Heilbehandlung, sowie um eine wirkungsvolle individualpräventive Betreuung. Burkhard Rehn, Andreas Brodkorb, BG RCI, Mainz und Heidelberg BLICKPUNKT Merkblätter zur Gefährdungsbeurteilung jetzt auch auf Englisch Viele Mitgliedsunternehmen der BG RCI sind weltweit vertreten oder kooperieren auf internationaler Ebene. Um an allen Standorten einen einheitlichen Standard in der Arbeitssicherheit und der Gesundheitsförderung zu erzielen, entstand der Wunsch nach einer englischen Ausgabe der beiden zentralen BG RCI-Publikationen „Gefährdungsbeurteilung – Sieben Schritte zum Ziel“ und „Gefährdungsbeurteilung – Gefährdungskatalog“. Sie liegen jetzt als Merkblatt A 016e „Risk Assessment – Seven Steps to the Goal“ und Merkblatt A 017e „Risk Assessment – Hazard Catalogue“ vor und können unter medien shop.bgrci.de bestellt werden. Gefährdungsbeurteilungen sind das zen trale Instrument im Arbeitsschutz und der Schlüssel zur Verringerung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Erkrankungen. Die Merkblätter wenden sich branchenübergreifend an alle, die Gefährdungsbeurteilungen durchführen müssen oder daran beteiligt sind. Wie in der deutschsprachigen Fassung beschreibt das Merkblatt A 016e Schritt für Schritt, wie eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden kann. Eine Gefährdungsbeurteilung nach dieser Vorgabe erfüllt die Anforderungen der „Leitlinie Gefährdungsbeurteilung und Dokumentati- A 016e Das Merkblatt A 017e führt mögliche Gefährdungen und Belastungen systematisch auf und stellt ihnen allgemein gefasste Vorschläge für Schutzmaßnahmen gegenüber. Die im Gefährdungskatalog enthaltenen Rechtsbezüge erleichtern es den Nutzern, sich zu einzelnen Fragestellungen genauer zu informieren. Dr. Olaf Schmidt-Gündel, BG RCI, Heidelberg A 017e Risk Assessment Seven Steps to the Goal General Topics on“ der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA). Als Hilfsmittel sind Formulare beigefügt, die zur Durchführung und Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung verwendet werden können. Risk Assessment – Hazard Catalogue 8/2015 General Topics 8/2015 7 BG RCI.magazin 7/8 2016 BLICKPUNKT Forum protecT „Menschen führen – auf festem Grund“ 22. – 23. November 2016 / 15. – 16. Februar 2017 „Leben Sie Führung!“ und „Gefahr erkannt – Gefahr gebannt!“ So lauten die ersten beiden von insgesamt sieben Erfolgsfaktoren des BG RCI-Leitfadens zur Umsetzung der Präventionsstrategie „Vision Zero. Null Unfälle – gesund arbeiten!“ Folgerichtig stehen neben aktuellen Informationen zur neuen BG RCI-Präventionsstrategie die Themen „Führung“ und „Gefahren erkennen und beurteilen“ im Mittelpunkt des kommenden Forums protecT mit Veranstaltungen im Herbst dieses Jahres sowie Anfang 2017. Ein klares Bekenntnis der Unternehmensleitung und aller Führungskräfte zu ihrer Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit aller Beschäftigten ist Grund voraussetzung für Erfolge in der Prävention von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Dabei wissen wir, dass gute Führungskräfte nicht vom Himmel fallen und die Herausforderungen im Umgang mit Menschen immer komplexer werden. Gute Führung verlangt Vertrauen und eine transparente Führungskultur, die auf Kommunikation, Offenheit und Berechenbarkeit setzt. Offen über Fehler oder auch psychische Belastungen zu sprechen, darf kein Tabu sein. Auf den kommenden Forum protecT-Veranstaltungen will die BG RCI zusammen mit namhaften Experten sowie anhand von Beispielen und in Workshops aufzeigen, wie Sie die Situation in Ihrem Unternehmen und Ihr eigenes Handeln hinterfragen und was Sie tun müssen, um alle Führungskräfte ins Boot zu holen. Foto: © Robert Kneschke – Fotolia.de Doch für gute Führung braucht es nicht nur das, was man heute gern als „social skills“ bezeichnet. Gute Führung beruht auf Analysen und klaren Ansagen. Deshalb beschäftigt sich das Forum auch damit, wie den wahren Ursachen von Unfällen auf den Grund zu gehen ist und wie dabei das Instrument der Gefährdungsbeurteilung so eingesetzt werden kann, dass es nicht als „überflüssige Bürokratie“, sondern als Führungswerkzeug wahrgenommen wird und Akzeptanz findet. Die Veranstaltungen führen vor Augen, wie gute Führungsarbeit und eine fundierte Analyse nicht nur zu Fortschritten in der betrieblichen Präventionsarbeit beitragen, sondern auch helfen, Produktionsausfälle zu vermeiden, die Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern und die Attraktivität des Unternehmens zu verbessern. Sie haben die Mög- 8 lichkeit, Erfahrungen und Ideen im Gespräch mit Unternehmerinnen und Unternehmern, Führungskräften und führenden Fachleuten auszutauschen. Programmschwerpunkte • Führungsverantwortung und Motivation • Fehlerkultur und Konsequenz • Zehn lebensrettende Maßnahmen • Psychische Belastungen • Nutzen der Gefährdungsbeurteilung • „Vision Zero“ – Ein Erfahrungsbericht Workshops Teil des 1. Veranstaltungstags sind spezifische Workshops, unter denen Sie zwei auswählen können. Zielgruppen • Unternehmerinnen und Unternehmer •Führungskräfte •Personalverantwortliche • Fachkräfte für Arbeitssicherheit • Betriebsärztinnen und Betriebsärzte •Betriebsratsmitglieder Termine und Veranstaltungsorte Wählen Sie einen der folgenden Termine aus: •22. – 23. November 2016, Hotel La Strada, Kassel •1 5. – 16. Februar 2017, Maritim Hotel, Magdeburg Teilnahmegebühren und Reisekosten Für Interessenten aus den Mitgliedsunternehmen der BG RCI sind Teilnahme und Übernachtung kostenfrei. Reisekosten werden nicht erstattet. Die Veranstaltung gilt als Fortbildung für Unternehmerinnen und Unternehmer in der alternativen Betreuung (Unternehmermodell). Übernachtung Für die Übernachtung übernimmt die BG RCI die Zimmerbuchung für alle, die eine Zusage zur Teilnahme an einer der Veranstaltungen haben. Anmeldung Die Anmeldung ist voraussichtlich ab Mitte August möglich. Anmeldeformulare und weitere Informationen finden Sie unter www.forum-protect.de. Folgen Sie dem Link zur Anmeldung. Oder gehen Sie alternativ über seminare.bgrci.de zum Forum protecT. Wenn Sie dort bereits mit einem Kundenkonto registriert sind, melden Sie sich bitte mit Ihren Zugangsdaten an. Sie können dann die Komfortfunktionen der Anmeldemaske nutzen. Bitte bedenken Sie, dass über ein Kundenkonto mehrere Anmeldungen aus demselben Unternehmen möglich sind. Es bietet sich an, ein Kundenkonto pro Standort für alle Seminaranmeldungen zu nutzen. Prüfen Sie bitte in Ihrem Unternehmen, ob bereits ein Kundenkonto besteht. Kontakt Betina Hilpert, Telefon: 06221/510821510, E-Mail: [email protected]. Annett Bruhns, BG RCI, Langenhagen 7/8 2016 BG RCI.magazin BLICKPUNKT Tagung für Sicherheitsfachkräfte 2016/2017 BG RCI-Mitgliedsunternehmen in Nordrhein-Westfalen Die BG RCI lädt die Sicherheitsfachkräfte ihrer Mitgliedsunternehmen in Nordrhein-Westfalen ein zur Sicherheitsfachkräfte-Tagung 2016. Es handelt sich um eine Fortbildungsveranstaltung im Sinne des Arbeitssicherheitsgesetzes (ASiG). Veranstaltungsort ist Königswinter. Vier Termine stehen zur Auswahl: 15. – 16. November 2016 16. – 17. November 2016 22. – 23. November 2016 23. – 24. November 2016 Die Tagung, organisiert vom Präventionszentrum Bochum/Köln der Berufsgenossenschaft, richtet sich an Sicherheitsfachkräfte aller in der BG RCI vertretenen Branchen. Das sind die Themen: • Die neue Präventionsstruktur der BG RCI •Die ZED-Datenbank zur zentralen Erfassung von Beschäftigten, die gegenüber krebserzeugenden Stoffen exponiert sind •Erste Erfahrungen mit der neuen BG RCIPräventionsstrategie „Vison Zero. Null Unfälle – gesund arbeiten!“ •Zuckerindustrie: Vom Saatkorn bis zum Kristallzucker •Arbeitsschutz in Steinbrüchen und unter Tage •P apierindustrie: Leichtes Produkt – schwere Maschinen •Zwei Jahre Betriebssicherheitsverordnung: Was ist wirklich neu? Für einen umfassenden Erfahrungsaustausch sorgen darüber hinaus drei Workshops. Experten moderieren zu den Themen: •„Mit Hochdruck zum Ziel“ – Sicherheit an Hochdruckschläuchen •„Mehr als nur ein Fragebogen“ – Psychische Belastungen in der Gefährdungsbeurteilung •„Damit genug Luft zum Atmen bleibt“ – Lüftungstechnische Maßnahmen Die Tagung wird ergänzt mit einem Streifzug durch das Medienangebot der BG RCI. Sicherheitsfachkräfte erhalten zu den Veranstaltungen rechtzeitig eine gesonderte Einladung. Die BG RCI freut sich auf Ihre Teilnahme und erwartet eine spannende NRWSicherheitsfachkräfte-Tagung 2016. koc BG RCI-Mitgliedsunternehmen in Baden-Württemberg Zur Tagung für Sicherheitsfachkräfte und Betriebsärztinnen und -ärzte, die in BG RCI-Mitgliedsunternehmen in Baden-Württemberg tätig sind, lädt die Berufsgenossenschaft nach Pforzheim ein. Termin: 19. – 20. Oktober 2016. Die Tagung wird organisiert vom Präventionszentrum Heidelberg der BG RCI und greift eine Reihe von Themen der neuen Präventionsstrategie „Vision Zero“ auf: •Leben Sie Führung: Sicherheit leben •Gefahr erkannt – Gefahr gebannt: Manipulation von Schutzeinrichtungen •Ziele definieren – Programm aufstellen: Mit Köpfchen bei der Sache • Maschine, Technik, Anlagen – aber sicher: Anpassung alter Maschinen und Anlagen an den Stand der Technik • Wissen schafft Sicherheit: - Alles neu im Explosionsschutz - ZED – die Zentrale Expositionsdatenbank - Das neue Präventionsgesetz •Motivieren durch Beteiligung: Gesundheitsschutz aktiv gestalten Die Tagung wird begleitet von einer Fachausstellung mit Produkten für den Arbeitsund Gesundheitsschutz. Wer an der Tagung teilnehmen möchte, meldet sich an unter www.bgrci.de >Seiten ID: #FF1J. Thomas Maus, BG RCI, Heidelberg BG RCI-Mitgliedsunternehmen in Berlin und den neuen Bundesländern Termine: Für Sicherheitsfachkräfte aus BG RCI-Mitgliedsunternehmen in den Bundesländern Sachsen, Thüringen und Teilen Sachsen-Anhalts: 26. und 27. Oktober 2016 in Radebeul bei Dresden Für Sicherheitsfachkräfte aus BG RCI-Mitgliedsunternehmen in den Bundesländern Berlin, Brandenburg und Teilen Sachsen-Anhalts: 30. und 31. März 2017 in Erkner bei Berlin Themen: •Erste Erfahrungen mit der neuen BG RCIPräventionsstrategie „Vision Zero“ •Erfahrungsaustausch zur Gefährdungsbeurteilung im Hinblick auf psychische Belastungen •Gesund am Arbeitsplatz •Ausblick auf die 2017 beginnende bundesweite Präventions-Kampagne zum Thema Präventionskultur •Die Medienwelt der BG RCI •Aus der Praxis für die Praxis: Erfahrungsberichte und gute Lösungen Die Tagungen werden organisiert vom BG RCI-Präventionszentrum Gera/Berlin. Das Präventionszentrum lädt die Sicherheitsfachkräfte zu diesen Veranstaltungen gesondert auf schriftlichem Wege ein. nvs 9 BG RCI.magazin 7/8 2016 BLICKPUNKT Weller-System IVSS zeichnet Modell zur Steuerung des Heilverfahrens aus Software-Entwicklung von BGN und BG RCI hat große Chancen auf internationale Nutzung Effizienzsteigerung spielt nicht nur in der Wirtschaft eine wichtige Rolle, auch die öffentliche Verwaltung ist auf die Steigerung ihrer operationellen und administrativen Effizienz angewiesen. Die Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS) hat deshalb einen Preis ins Leben gerufen, der besonders gute Praxisbeispiele auszeichnet. Bei der jüngsten Preisverleihung in Stockholm wurden die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) und die BG RCI für ihr Produkt „Weller-System: Ein Modell zur Steuerung des Heilverfahrens durch den Unfallversicherungsträger“ ausgezeichnet. „Das Weller-System ist ein wertvolles Modell für eine wirksame Heilverfahrensunterstützung, das zu beträchtlichen Effizienzgewinnen geführt hat. Es verfügt über ein großes Potential, auf andere Länder und andere Zweige der Unfallversicherung übertragen zu werden“, heißt es in der Begründung der Jury-Entscheidung. Das Weller-System umfasst eine Anleitung mit den 170 häufigsten Diagnosen und über 450 Diagnosemustern sowie eine zentrale Datenbank mit Zeiten und Kosten abgeschlossener (anonymisierter) Fälle der beteiligten Versicherer. „Das erlaubt einen aktiven Heilverfahrens ansatz, mit dem Anwender eine durchschnittlich um 25 Prozent verringer te Arbeitsunfähigkeitszeit im Vergleich zu Ansätzen ohne Heilverfahrensunterstützung erreichen können“, erläutert Thomas Köhler, Sprecher der BG RCI-Geschäftsführung, den Nutzen. Die Weller-Datenbank, IVSS-Präsident Errol Frank Stoové (l.) und IVSS-Schatzmeister Philippe Conus (r.) zeichneten in Stockholm Jürgen Schulin, stellv. Hauptgeschäftsführer der BGN (2. v. l.), und Thomas Köhler, Sprecher der Geschäftsführung der BG RCI, für die Entwicklung und den Einsatz des Weller-Systems aus. Es dient vornehmlich in der Unfallversicherung der Steuerung von Heilverfahren nach Arbeitsunfällen. Foto: Swedish Pensions Agency auch Weller-Tabelle oder Weller-System genannt, entstand unter der fachlichen Leitung von Prof. Dr. med. Siegfried Weller, ehemaliger Ärztlicher Direktor der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Tübingen. Seit über 20 Jahren arbeitet die Unfallsachbearbeitung der gesetzlichen Unfallversicherung mit diesem System. Es ist zu einer wesentlichen Grundlage für die effektive Heilverfahrenssteuerung geworden. Das Produkt wird von der Forschungsgesellschaft für angewandte Systemsicherheit und Arbeitsmedizin mbH (FSA), einer Tochter der BGN, vertrieben.Nähere Informationen sind unter www.fsa.de zu finden. bgrci Top-Mediziner an den Berufsgenossenschaftlichen Kliniken In der neuesten Ärzteliste 2016 des Magazins „Focus Gesundheit“ sind Mediziner der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken bundesweit mit fast 30 Nennungen besonders häufig vertreten. Sie zählen damit zu Deutschlands besten Ärzten in ihren Fachgebieten. Diese umfassen die Bereiche Asthma, Diabetes, Unfallchirurgie, Hand-, Fuß-, Hüftund Kniechirurgie, Wirbelsäulenchirurgie, Schmerz, Rückenschmerz und HNO. 10 Die Berufsgenossenschaftlichen Kliniken finden sich in Hamburg, Berlin, Halle an der Saale, Bochum, Duisburg, Frankfurt am Main, Ludwigshafen und Tübingen sowie in Murnau, Falkenstein und Bad Reichenhall. Viele der genannten Ärzte werden bereits zum wiederholten Mal in der FocusListe genannt. Sie verzeichnet derzeit rund 2.850 Top-Mediziner aller Fachrichtungen. Die Berufsgenossenschaftlichen Kliniken versorgen ihre Patienten mit innovativer Spitzenmedizin auf höchstem Niveau. Sie gehören zur Unternehmensgruppe der BG Kliniken. Sie umfasst neun berufsgenossenschaftliche Akutkliniken, zwei Kliniken für Berufskrankheiten sowie zwei Unfallbehandlungsstellen. Mit 12.500 Beschäftigten, jährlich über 550.000 Patienten und einem Jahresumsatz von 1,21 Milliarden Euro ist die Gruppe eine der größten Klinikverbunde in Deutschland. nul 7/8 2016 BG RCI.magazin AUS DER PRAXIS Einfach zu vermeiden: Absturz-Unfall aus der Gitterbox In einem BG RCI-Mitgliedsunternehmen war ein Schwerlastregal zu demontieren. Dabei ereignete sich ein Absturz-Unfall. Die Analyse zeigt, dass das Ereignis einfach zu verhindern gewesen wäre. Der ausgebildete Staplerfahrer bediente den Stapler. Zwei Mitarbeiter standen in der auf eine Höhe von etwa zwei Metern angehobenen Gitterbox und lösten mit Hammerschlägen den waagerechten Querträger des Schwerlastregals. Als sich beide gleichzeitig auf einer Seite der Gitterbox aufhielten und mit dem Querträger hantierten, kippte die unbefestigte Gitterbox zur Seite und stürzte mit den beiden Mitarbeitern zu Boden. Einer von ihnen zog sich Rippenbrüche, der zweite eine Prellung zu. Unglücklicherweise befand sich im Bereich der Absturzstelle ein weiterer Mitarbeiter, der von der Gitterbox getroffen wurde und sich ebenfalls Prellungen zuzog. Die Unfallursachen Die Unfalluntersuchung hat folgende Ursachen ergeben: •D er Meister hat lediglich einen pauschalen Arbeitsauftrag („Schwerlastregal demontieren“) an den Vorarbeiter ausgegeben. Auf welche Art und Weise diese Arbeiten ausgeführt werden sollten, wurde nicht konkret besprochen. Eine Unterweisung, wie das Schwerlastregal gefahrlos abzubauen ist, erfolgte nicht. Die Art der Ausführung wurde den beteiligten Personen selbst überlassen, obwohl sie üblicherweise in der Handarbeitsabteilung für Betonteile arbeiten und somit möglicherweise für den fraglichen Arbeitsauftrag nicht geeignet waren. •Die ungesicherte Gitterbox auf den Staplergabeln war als Standplatz für Personen ungeeignet, da sie lediglich lose auf die Gabeln aufgelegt worden war. •Eine im Betrieb vorhandene, geprüfte Hubarbeitsbühne sowie ein vorhandener Personenaufnahmekorb, der in Verbindung mit dem Gabelstapler ein zugelassenes System bildet, wurden nicht genutzt. •Der Betriebsleiter war zum Unfallzeitpunkt erst seit sechs Tagen im Unternehmen tätig. •Der Meister bemerkte die unsichere Arbeitsweise von der Gitterbox aus nicht. Die Demontagearbeiten hat er nicht beaufsichtigt. •Eine konkrete Unterweisung durch den Meister, wie das Schwerlastregal gefahrlos abgebaut werden kann, ist nicht erfolgt. So hätte der Unfall vermieden werden können Eine Demontage in einer Arbeitshöhe von zwei Metern hat von einem sicheren Arbeitsmittel aus zu erfolgen. Im vorliegenden Fall hätte sich zum Beispiel die vorhandene Hubarbeitsbühne oder der Personenaufnahmekorb als Arbeitsmittel angeboten. Welche unsicheren Handlungen und Verstöße gegen geltende Vorschriften lagen möglicherweise vor? •Es wurden Mitarbeiter eingesetzt mit Kenntnissen in der Betonwarenherstellung, aber offensichtlich mit zu wenigen Kenntnissen für Demontagearbeiten. •Der Vorarbeiter konnte und durfte die vorhandene Hubarbeitsbühne nicht bedienen, da er hierfür nicht eingewiesen worden war. •Der Vorarbeiter hat statt des Personenaufnahmekorbs eine Gitterboxpalette benutzt. •Der Staplerfahrer beförderte die beiden Kollegen in der unzulässigen Gitterbox in die Höhe. •Es liegt ein Verstoß gegen §26 Abs. 6 der DGUV Vorschrift 68 „Flurförderzeuge“ (bisher BG Vorschrift D27) vor. Darin heißt es: „Der Fahrer darf Personen (Versicherte) mit der Arbeitsbühne erst auf- oder abwärtsfahren, wenn die Arbeitsbühne sicher befestigt und die Umwehrung ordnungsgemäß geschlossen ist.“ Die Unfallursachen sind vorrangig im organisatorischen sowie personenbezogenen Bereich zu finden. Auch in diesem Fall hat die Verkettung mehrerer Umstände zu dem Unfall geführt. Dabei wäre er einfach zu verhindern gewesen. Maik Schlademann, BG RCI, Langenhagen Schwerlastregal mit Gitterbox. Nachgestellte Unfallsituation mit lose aufliegender Gitterbox. Blieben ungenutzt: die Hubarbeitsbühne … Fotos: bgrci/Georg Lenz Die nach dem Unfall erfolgte Untersuchung brachte folgende Erkenntnisse: Der Meister des Betriebs gab mündlich den Demontageauftrag an den Vorarbeiter. Dieser entschied sich für eine Demontage von einer Gitterbox aus, die mit einem Gabelstapler angehoben werden sollte. Eine solche Gitterbox fand sich auf dem Firmengelände. … und der Personenaufnahmekorb. 11 BG RCI.magazin 7/8 2016 AUS DER PRAXIS UV-Strahlung und Plattenepithelkarzinom 14. Forum für Sicherheitsfachkräfte und Betriebsärzte in Erlangen Die Gesundheitsbelastung durch UV-Strahlung war das zentrale Thema des 14. Nordbayerischen Interdisziplinären Forums zur Weiterbildung von Sicherheitsfachkräften und Betriebsärzten Ende April in Erlangen. Die UV-Strahlung gilt als Ursache des Plattenepithelkarzinoms. Diese Erkrankung ist im vergangenen Jahr neu in die Berufskrankheiten liste aufgenommen worden (BK 5103). Gerade in den Betrieben der Baustoff-Industrie spielt diese physikalische Be lastungsart eine besondere Rolle. Martin Böttcher von der BG RCI berichtete über das Forschungsvorhaben „Hautkrebs durch UVStrahlung“. Fotos: bgrci/pn Martin Böttcher von der BG RCI eröffnete den Themenkomplex mit der Rolle der Unfallversicherungsträger beim Umgang mit Berufskrankheiten. In seinem Vortrag „UVBelastung im Freien aus der Sicht eines Unfallversicherungsträgers“ beschrieb er die zugehörigen Aufgaben, zu denen Forschung und die Entwicklung von Präventionsmaßnahmen ebenso zählen wie Heilbehandlung und Rehabilitation. Er berichtete außerdem über erste Ergebnisse einer Messkampagne, die im Rahmen des Forschungsvorhabens „Hautkrebs durch UV-Strahlung“ bei Mitgliedsunternehmen der BG RCI durchgeführt wurde. In einer der kommenden Ausgaben des BG RCI.magazins werden wir ausführlich hierüber berichten. de Fachausstellung rundeten das thematische Angebot ab. Rechtliche, kulturspezifische und praxisorientierte Beiträge zur Belastung durch optische Strahlung sowie eine begleiten- Das Forum zum Austausch über Themen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes war vor 13 Jahren in Hof ins Leben gerufen worden. Das Forum war eröffnet worden durch Dr. Marion Hucke von der Regierung von Oberfranken in Vertretung der diesjährigen Schirmherrin der Veranstaltung, der Staatsministerin für Arbeit, Soziales, Familie und Integration, Emilia Müller, sowie durch Erlangens Oberbürgermeister Dr. Florian Janik. Für die BG RCI sprach deren Leiter der Prävention, Helmut Ehnes. Er erläuterte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Ziele und Maßnahmen der neuen BG RCI-Präventionsstrategie „Vision Zero“. Mit ihrer Hilfe soll der Arbeits- und Gesundheitsschutz weiter intensiviert werden. Die Initiatoren der Veranstaltungsreihe, Dr. Hans Schwemmle vom Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte e.V. (VDBW) und Dr. Arno Weber vom Verband für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit (VDSI), unterstützten mit ihrem Vorstoß das damalige Bayerische Staatsministerium für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz unter Minister Eberhard Sinner, der zu diesem Zeitpunkt für den Arbeitsschutz in Bayern zuständig war. Seit dem 11. Forum wird die Veranstaltung von der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) mitgetragen. Unter ihrem Präsidenten Prof. Dr. Hans Drexler ist die DGAUM als wissenschaftlicher Ideengeber maßgeblich beteiligt an der Programmgestaltung des Forums. Mit der gemeinsamen interdisziplinären Weiterqualifizierung von Sicherheitsfachkräften und Betriebsärzten genießt die nordbayerische Region in diesem Bereich ein Alleinstellungsmerkmal. Das Modell sollte nicht nur aus Sicht der BG RCI auch andernorts Schule machen. Der VDSI bescheinigt die Teilnahme an der Weiterbildung durch Qualifizierungspunkte und Urkunde. Die Teilnehmenden aus den Unternehmen können damit einen Nachweis der Qualität des betrieblichen Arbeitsschutzes führen. Peter Neuweg, BG RCI, Nürnberg Kooperation unterzeichnet „Vision Zero“ auch in der Transportbetonindustrie Der Bundesverband der Deutschen Transportbetonindustrie e.V. (BTB) und die BG RCI haben im Mai eine gemeinsame Initiative für noch mehr Arbeitssicherheit in der Transportbetonindustrie gestartet. Die Kooperationsvereinbarung ist Bestandteil der neuen Präventionsstrategie „Vision Zero. Null Unfälle – gesund arbeiten!“ Ziel ist es, die Arbeitswelt so zu gestalten, dass möglichst niemand zu Schaden kommt. 12 „Wir sind überzeugt, dass letztlich alle Unfälle und Berufskrankheiten verhindert werden können. Dazu müssen Sicherheit und Gesundheit als elementare Werte anerkannt und Führungskräfte sowie die Beschäftigten in den Betrieben ihrer Verantwortung gerecht werden. Gemeinsam werden wir es schaffen, die Vision von einem unfallfreien Arbeitsleben mehr und mehr Wirklichkeit werden zu lassen“, er- klär te Ulrich Meesmann, Mitglied der BG RCI-Geschäftsführung, anlässlich der Unterzeichnung der Vereinbarung in Berlin. „Die kontinuierliche Verbesserung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in der Transportbetonindustrie ist erklärtes Ziel unseres Verbandes“, bekräftigte BTBHauptgeschäftsführer Dr. Olaf Aßbrock. „Wir beschäftigen uns intensiv mit der Un- 7/8 2016 BG RCI.magazin AUS DER PRAXIS Sicher mit System Mit dem Gütesiegel ausgezeichnet Zum vierten Mal hat die Untergrundspeicher- und Geotechnologie-Systeme GmbH (UGS) in Mittenwalde/Mark beim Re-Audit zum BG RCI-Gütesiegel „Sicher mit System“ mit seinen Leistungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz klar überzeugen können. UGS ist ein integriertes Ingenieur- und Dienstleistungsunternehmen. Es besteht seit 54 Jahren und hat sich auf die Erkundung, Planung, Errichtung, Instandhaltung und den Betrieb von Untergrundspeicheranlagen für gasförmige und flüssige Medien spezialisiert. Zuletzt hat das Unternehmen nach einer Auswertung von Beinahe-Unfällen für die Mitarbeiter auf dem weitläufigen Betriebsgelände ein Fahrradtraining organisiert und die firmeneigenen Fahrräder durch Dreiräder ersetzt. Damit soll das Unfallpotenzial weiter vermindert werden. Eingeführt wurden zudem sogenannte „Augen auf!“-Karten. Sie sollen die eigenen Mitarbeiter sowie diejenigen von Fremdfirmen motivieren, unkompliziert und schnell über unsichere Zustände oder Handlungen, Beinahe-Unfälle, aber auch über vorbildliches Verhalten zu berichten. Die Meldungen dienen als Quelle für weitere Verbesserungsmaßnahmen. Das Unternehmen investierte außerdem in die Einführung eines Gesundheitsmanagements, zahlreiche Informationsveranstaltungen hierzu, einen Fitnessraum mit modernen Geräten sowie in regelmäßige Kursangebote auf dem Firmengelände. Das Unternehmen nahm außerdem mit der tersuchung und Optimierung der Arbeitssicherheit sowohl bei der Betonherstellung als auch beim Pumpen von Beton und dem Befüllen und Entladen von Fahrmischern.“ Eine Arbeitsgruppe des Verbands hat die Aufgabe, das Unfallgeschehen zu analysieren, Kennzahlen zur Arbeitssicherheit zu ermitteln und entsprechende Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Die Präventionsstrategie „Vision Zero“ gibt konkrete Ziele vor, die es bis zum Jahr 2024 zu erreichen gilt. So soll das Arbeitsunfallrisiko um 30 Prozent verringert werden und Jürgen Mohr (4. v. r.), Geschäftsführer der Transportbeton Bamberg und der Transportbeton Vogtland nimmt mit Vertretern seiner Unternehmen die Gütesiegelurkunde aus der Hand von Ulrich Kretschmer von der BG RCI, Nürnberg, entgegen. Foto: bgrci Entwicklung von Auffangnetzen für herabfallende Ablagerungen an Solerohren am BG RCI-Förderpreis teil. Den Knauf Deutsche Gipswerke KG in Rottleberode an der Landesgrenze zwischen Sachsen-Anhalt und Thüringen wurde das Gütesiegel zum zweiten Mal verliehen. „Wir wollen, dass wir gesund zur Arbeit kommen und nach acht Stunden wieder gesund nach Hause gehen“, sagte Werkleiter André Materlik anlässlich der Auszeichnung. Die Mitarbeiter am Standort fühlen sich an ihrem Arbeitsplatz sicher, die Unfallzahlen bewegen sich kontinuierlich nach unten, Produktionsausfälle wurden so auf ein Minimum reduziert. Jetzt haben die 173 Beschäftigten bei Knauf in Rottleberode drei Jahre Zeit, sich auf das nächste Re-Audit vorzubereiten. Mit dem Gütesiegel ausgezeichnet wurden auch die Transbeton Bamberg GmbH & Co. KG in Bamberg sowie die Transportbeton Vogtland GmbH & Co. KG in Hof. „Lernen durch Schmerz kommt bei uns gar nicht erst in Frage“, sagte aus diesem Anlass der Geschäftsführer beider Unternehmen, Jürgen Mohr. Nach seinen Worten ist die Routine der Killer jeglicher Vorsicht. Regelmäßiges Prüfen der Gefährdungsbeurteilung mit den entsprechenden Konsequenzen stehe an erster Stelle. Auch das Seminarangebot der Berufsgenossenschaft habe sich als enorm hilfreich erwiesen, insbesondere auch wegen der Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch. nul die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle um 50 Prozent sinken. Um diese Ziele zu erreichen, wurde ein umfangreiches Maßnahmenpaket entwickelt. Dazu gehören passgenau auf die Unternehmensbedürfnisse zugeschnittene Präventionsangebote, noch mehr persönliche Vor-Ort-Beratungen sowie die besondere Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen. bgrci Arbeitssicherheit zählt bereits in der Ausbildung zum Rüstzeug des Verfahrensmechanikers Transportbeton. Foto: BTB/InformationsZentrum Beton 13 BG RCI.magazin 7/8 2016 AUS DER PRAXIS Neue Arbeitsschutzkampagne im Steinkohlenbergbau Für einen hohen Sicherheitsstandard bis zum letzten Tag RAG Aktiengesellschaft macht den Mitarbeiter zum Sicherheits-Protagonisten Von Norbert Ulitzka Ende 2018 wird der Steinkohlenbergbau in Deutschland die Förderung einstellen. Mit einer weit unterdurchschnittlichen Unfallquote haben die Beschäftigten der RAG Aktiengesellschaft trotz ihrer besonderen Arbeitsbedingungen keinen Grund, den Vergleich mit anderen Branchen zu scheuen. Wie aber lässt sich das hohe Niveau im Arbeits- und Gesundheitsschutz auch in den verbleibenden Jahren bis zum Ende des Bergbaus aufrechterhalten? Und was ist zu tun, um die Motivation für sicheres Arbeiten gerade in dieser Phase zu stabilisieren oder gar auszubauen? Die Antwort der RAG ist eindeutig. Um das Thema weiter voranzutreiben und ihm bis zum Ende des Steinkohlenbergbaus eine besondere Bedeutung zu geben, rief sie ein unternehmensweites Projekt ins Leben. In diesem Rahmen startete ein interdisziplinäres Team aus Arbeitsschützern und Kommunikationsexperten eine neue Arbeitsschutzkampagne, die den Mitarbeiter auch visuell ins Zentrum stellt. Denn, so verkündet ein Kumpel auf einem der neuen Kampagnenmotive: „Sicherheit beginnt in meinem Kopf!“ Aber das ist nicht der einzige Appell an die Mannschaft. Der zentrale Slogan der Kampagne lautet „Sicherheit – denk daran, bevor Du loslegst“. Auch er zielt auf den Kopf, auf die Motivation, die Bereitschaft, noch immer dazuzulernen, auf Verhaltensoptimierung, auf die Bergmannsehre und die Verantwortung füreinander: „Schau hin, was Dein Kumpel macht!“ Mit neuen Kampagnenmotiven wirbt der Steinkohlenbergbau für hohe Arbeitsschutz-Standards bis zum letzten Tag der Förderung. Abb.: RAG/Klingenburg 14 Werner Tubbesing und sein Team vom Zentralbereich Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz am Konzernsitz in Herne nutzen den Kampagnenstart, um den Mann vor Ort, aber auch die Kolleginnen und Kollegen der Verwaltungsstandorte auf eine Reihe aktueller Sicherheitsfragen aufmerksam zu machen: „Wenn ein Bergwerk auf die Stilllegung zugeht, reicht die bisher erworbene Routine vielfach nicht mehr aus, denn das gesamte Arbeitsumfeld ändert sich. Heute gibt es zu- dem andere Verletzungsarten als noch vor ein paar Jahren, die Kollegen sind älter geworden, bringen manchmal auch mehr Gewicht auf die Waage. Stolpern, Rutschen, Stürzen sind seit geraumer Zeit eine wichtige Ursache für Verletzungen. Und ein weiterer Punkt: Im auslaufenden Bergbau ist die Unterstützung durch Partnerfirmen und ihre Mitarbeiter wichtig. Sie zeigen oft ein ganz anderes Sicherheitsverhalten als die routinierte Stammbelegschaft. Entsprechend disparat ist das Unfallgeschehen. Auch hier wollen wir verstärkt für Aufklärung sorgen.“ Für die RAG ist die neue Kampagne Teil und Ausdruck der Unternehmensphilosophie. Einschließlich der Verwaltungen zählt das Unternehmen noch 6.350 Beschäftigte. Über 1.000 von ihnen sind Sicherheitsbeauftragte und damit wertvolle Multiplikatoren für die aktuellen Sicherheitsbotschaften. Auch die Mitglieder des Vorstands greifen bei den unterschiedlichsten Anlässen Themen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes auf. Hat sich trotz aller präventiven Bemühungen ein Unfall ereignet, lädt der Vorstand die verantwortlichen Werksleitungen ein, um sich über das Ereignis aus erster Hand zu informieren – auch dies Zeichen einer ausgeprägten Sicherheitskultur. Für die mediale Ausgestaltung der Kampagne hat Tubbesing mit Unterstützung von Ja- 7/8 2016 BG RCI.magazin nine Simmann aus dem RAG-Zentralbereich Kommunikation/Vorstandsbüro einen umfangreichen Katalog zusammengestellt, um immer wieder Anlässe zu schaffen für das Gespräch über Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Auf Plakaten und großformatigen Fahnen kommen die Kumpel selbst zu Wort – in eindrucksvollen Portraits, jeweils mit dem Kampagnenmotto und persönlichen Botschaften. Im weiteren Verlauf der Aktion werden die Botschaften der jeweiligen Themenlage angepasst und kommen dann aktuell zur Verteilung. Es gibt Rollups und Ausstellungswände, Hinweiser zur Bandfahrung, zur Benutzung von Handlauf und Ausstiegshilfen oder zum Ablauf der Rettungskette. Simmann betont, dass Plakatmotive allein selbstverständlich kein kommunikatives Allheilmittel sind. Insbesondere die Vernetzung von Führung, Kommunikationsmaßnahmen, Schulungen und Veranstaltungen trage zur nachhaltigen Wirkung bei, sagt sie. Deshalb AUS DER PRAXIS nächste Mal am 1. Februar 2017. Auch auf lokaler Ebene wird es weitere AGU-Tage geben. Eine Besonderheit sind spezielle Rückantwortkarten, auf denen die Beschäftigten ihre „guten Sicherheitsvorsätze“ für die verbleibenden Jahre im Steinkohlenbergbau formulieren können. Die Karten werden mit der Mitarbeiterzeitung, die sich natürlich ebenfalls ausführlich der neuen Aktion widmet, verteilt. Hier gibt es bereits zahlreiche Rückläufe, die interessantesten werden prämiert. ergänzen zahlreiche weitere Elemente das Kampagnenangebot: Videosequenzen für Wartezonen, Weiterbildungsmaßnahmen, Podiumsdiskussionen, Commitment acts, Gesprächsrunden mit Sicherheitsverantwortlichen sowie spezielle Veranstaltungen wie die sogenannten AGU-Tage. Sie widmen sich den Themen Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umwelt und finden in der Schalke-Arena in Gelsenkirchen statt – das Tubbesing und seine Mannschaft wollen alles tun, um dem Arbeitsschutz auch angesichts der auslaufenden Kohleförderung ungeschmälert Geltung zu verschaffen: „Wir hoffen, einen neuen Schub zu bekommen, um auch im Auslauf unser Sicherheitsniveau zu halten.“ Norbert Ulitzka, BG RCI, Bochum 15 BG RCI.magazin 7/8 2016 AUS DER PRAXIS Gefahrstoffe am Arbeitsplatz ermitteln und bewerten Neue Broschüre der IVSS-Sektion Chemie erläutert Theorie und Praxis Grenzwerte für Gefahrstoffe am Arbeitsplatz „Grenzwerte für Gefahrstoffe am Arbeitsplatz“ ist der Titel einer neuen Veröffentlichung der IVSS-Sektion Chemie. Die Broschüre gibt einen Überblick über die unterschiedlichen Grenzwerte, die zum Schutz der Beschäftigten gegenüber Gefahrstoffen am Arbeitsplatz erlassen werden. Sie beschreibt darüber hinaus die verschiedenen Herangehensweisen zur Festlegung der Grenzwerte. Werden am Arbeitsplatz Tätigkeiten mit Gefahrstoffen durchgeführt oder können dabei Gefahrstoffe entstehen bzw. freigesetzt werden, hat der Arbeitgeber oder die von ihm beauftragten Personen, wie beispielsweise Fachkräfte für Arbeitssicherheit oder Betriebsärzte, alle davon ausgehenden Gefährdungen der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten zu beurteilen. Was in Verordnungen so klar wie einfach gefordert wird, stellt sich in der Praxis nicht selten als komplexer Vorgang dar. Für die Gefährdungsbeurteilung stellen die sogenannten Arbeitsplatzgrenzwerte wichtige Beurteilungskriterien dar, um die mögliche Exposition zu bewerten und angemessene Schutzmaßnahmen festzulegen. Die Broschüre beschreibt, wie Arbeitsplatzgrenzwerte ermittelt und überwacht werden können. Wichtig zu wissen: In verschiedenen Staaten bzw. Staatengemeinschaften haben sich Arbeitsplatzgrenzwerte etabliert, die sich hinsichtlich ihrer Definition, ihrer Verbindlichkeit und der Vorgehensweise zur Festlegung im Detail unterscheiden. Inhalt der Broschüre Die Broschüre umfasst die Themen • Geschichte der Arbeitsplatzgrenzwerte ▸ IVSS-Sektion Chemie Gefahrstoff-Kennzeichen videogestützt unterweisen Neu: Videoclip über die GHS-Piktogramme zum freien Download Gefahrstoffe und ihre Kennzeichnung – um für dieses Thema einen spannenden Einstieg in die geforderte Unterweisung der Beschäftigten zu finden, haben die BASF und die Sektion Chemie der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS) einen dreiminütigen Kurzfilm produziert, der in sieben Sprachen unter ivss-chemie.de kostenlos heruntergeladen werden kann. Mit den neun Gefahrenpiktogrammen stellt der Videoclip zunächst einen Bezug her zum 16 persönlichen Arbeitsplatz. Denn auch dort finden sich die Symbole als ein Kennzeich- nungselement auf den zahlreichen Gefahrstoffetiketten. ▸ 7/8 2016 BG RCI.magazin • Grundsätze zur Festlegung von Arbeitsplatzgrenzwerten • Arbeitsplatzgrenzwerte in zwölf verschiedenen Regionen und Ländern •Luftüberwachung bei der Exposition gegenüber Chemikalien am Arbeitsplatz • Biologisches Monitoring •Risikomanagement bei nicht vorhandenen Grenzwerten: Control-Banding-Ansatz und Verfahrensindices • Grenzwerte für Nanomaterialien Die einzelnen Kapitel wurden von Experten verschiedener Arbeitsschutzorganisationen und Industriebetriebe aus Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und der Schweiz als eigenständige Fachbeiträge verfasst und zeigen das breite Spektrum des Risikomanagements. Die IVSS-Sektion für Prävention in der chemischen Industrie möchte damit einen Beitrag zum Verständnis der Ableitung sowie der Bedeutung der Anwendung von Grenzwerten leisten. Die Broschüre steht als Schrift ISSA-13 im Downloadcenter der BG RCI (unter http://downloadcenter.bgrci.de/shop/ivss?page=1) kostenlos zur Verfügung. Sie wird ergänzt durch ein Glossar in Form einer Web-App unter www.grenzwertglossar.net. Historie der Arbeitsplatzgrenzwerte Gesundheitliche Auswirkungen von Gefahrstoffen am Arbeitsplatz wurden schon vor mehr als 2.000 Jahren beobachtet. In der Römerzeit berichtete beispielsweise Gaius Plinius Secundus, auch bekannt als Plinius der Ältere (23 – 79 v. Chr.), wie Arbeiter Auch wenn sie nicht mehr ganz neu sind, so gibt es in der Praxis doch noch immer Unsicherheiten über die Bedeutung der Symbole. So herrscht beispielsweise häufig Unklarheit darüber, worin sich die Piktogramme „Gesundheitsgefahr“ und „Ausrufezeichen“ unterscheiden. Das Video gibt AUS DER PRAXIS bei der Herstellung von Schüsseln und Tellern Schafsblasen als Masken benutzten, um sich vor Stäuben der blei- und quecksilberhaltigen Rohstoffe zu schützen. Die Gefahren einer Exposition bei der Verhüttung von Metallen wurden im 11. und 12. Jahrhundert erkannt. Bruderschaften nahmen sich der erkrankten Arbeiter an und boten den Familien Unterstützung. Aus diesen Bruderschaften entwickelten sich später die Knappschaften als Vorläufer der Sozialversicherungen. Für die Festlegung von Arbeitsplatzgrenzwerten fehlte über lange Zeit die Möglichkeit einer repräsentativen Probenahme. Hinzu kam, dass bei analytischen Methoden eine quantitative Bewertung der Arbeitsplatzumgebung schwierig war. In den 1980er Jahren wurde in Europa mit der Einführung der Richtlinie des Rates 80/1107/EWG zum Schutz der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch chemische, physikalische und biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit eine einheitliche Rechtsgrundlage für Arbeitsplatzgrenzwerte gelegt. International spielen heute bei der Festlegung von Arbeitsplatzgrenzwerten diese Gremien eine zentrale Rolle: in Nordamerika die American Conference of Governmental Industrial Hygienists (ACGIH), in Europa das Scientific Committee on Occupational Exposure Limits (SCOEL). Antje Ermer, Michaela Frenzel, Dr. Joachim Sommer, Dr. Thomas H. Brock, BG RCI, Heidelberg es in deutscher, englischer, französischer, italienischer, spanischer, portugiesischer und türkischer Sprache. Es will dazu anregen, sich der Gefahren und der möglichen Schutzmaßnahmen bewusst zu werden. Dr. Joachim Sommer, Antje Ermer, BG RCI, Heidelberg Ein neuer Schritt zum weiteren Ausbau der Prävention: Dr. Rainer Gerling, Geschäftsführer der K+S Kali GmbH (l.), und Ulrich Meesmann, Mitglied der Geschäftsführung der BG RCI, unterzeichneten am 2. Juni in Kassel eine Kooperationsvereinbarung zur Umsetzung der neuen Präventionsstrategie „Vision Zero. Null Unfälle – gesund arbeiten!“ Foto: K+S AG K+S Kali GmbH und BG RCI schließen „Vision Zero“Kooperationsvereinbarung Als erstes Mitgliedsunternehmen der BG RCI hat die K+S Kali GmbH Anfang Juni in Kassel eine Kooperationsvereinbarung mit der Berufsgenossenschaft über die Umsetzung der neuen Präventionsstrategie „Vision Zero. Null Unfälle – gesund arbeiten!“ geschlossen. Ziel der Vereinbarung ist es, durch weitreichende vorbeugende Maßnahmen Unfälle und Berufskrankheiten letztlich ganz zu vermeiden. Derartige Kooperationen sind seit dem Start der Initiative im vergangenen Jahr vor allem mit Industrieverbänden geschlossen worden, so mit dem Branchenverband für die Schaumstoff- und Polyurethanindustrie, dem Zentralverband für Raum und Ausstattung und dem Verein der Zuckerindustrie. Die Vereinbarung mit einem einzelnen Unternehmen ist daher ein erstmaliger Schritt. Die neue Präventionsstrategie versteht Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz als elementaren Wert, für den Führungskräfte und Beschäftigte ihrer Verantwortung entsprechend engagiert eintreten. Dazu hat die BG RCI Ziele und Maßnahmen formuliert, die in Zusammenarbeit mit den Mitgliedsunternehmen umgesetzt werden sollen. So will die K+S Kali GmbH neben weiteren neuen Arbeitsschutzmaßnahmen erreichen, dass alle Unternehmensstandorte bis 2021 mit dem BG RCI-Gütesiegel „Sicher mit System“ zertifiziert werden. Die Ausgestaltung der Kooperation startet mit einem Pilotprojekt im K+S-Werk Werra. bgrci 17 BG RCI.magazin 7/8 2016 AUS DER PRAXIS Ein kluger Mann macht nicht alle Fehler selbst. Er gibt auch anderen eine Chance. Winston Churchill Wer einen Fehler gemacht hat und ihn nicht korrigiert, begeht einen zweiten. Konfuzius Wenn die Geschichte sich wiederholt und immer das Unerwartete geschieht, wie unfähig muss der Mensch sein, durch Erfahrung klug zu werden. George Bernard Shaw Lernen aus Fehlern anderer Im Internet finden sich validierte und aufbereitete Ereignisberichte Zitate über den Umgang mit Fehlern, bekannten und weniger bekannten Persönlichkeiten zugeschrieben, finden sich reichlich. Sie besagen eins: Aus den Fehlern anderer zu lernen, ist ein relativ schmerzloser Schritt. Dies gilt auch im Hinblick auf die Anlagen- und Prozesssicherheit. Im Internet findet sich eine ganze Reihe von Datenbanken zu Unfällen und Beinahe-Ereignissen. Sie können als kollektives Gedächtnis dienen. Hier ist spezifisches sicherheitstechnisches Wissen gesammelt, um die Sicherheit verfahrenstechnischer Anlagen weiter zu verbessern. Einige ausgewählte und hier beschriebene deutschsprachige Quellen bieten seit vielen Jahren eine bewährte Grundlage für das Lernen aus Ereignissen. 20 Jahre DECHEMA-/ProcessNetEreignisdatenbank Auf Initiative des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) wurde 1996 zusammen mit der DECHEMA der Arbeitsausschuss „Ereignisse“ gegründet. Das Gremium unterstützt durch seine Veröffentlichungen das Lernen aus sicherheitsrelevanten Ereignissen: „Das Besondere an unserem Ausschuss ist, dass er von Vertretern der Industrie, Behörden, Forschung und Lehre sowie von dem Vorsitzenden des Ausschusses ‚Ereignisse‘ der Kommission für Anlagensicherheit gebildet wird und so einen neutralen Blick auf die Situation gestattet“, erläutert Dr. Hans-Erich Gasche von der Bayer AG in Leverkusen. Er hat derzeit den Vorsitz des Arbeitsausschusses inne. Freiwillig stellen Firmen Beschreibungen sicherheitsrelevanter Ereignisse 18 oder Beinahe-Unfälle zur Verfügung. Der Arbeitsausschuss bewertet, ob diese Informationen für Betreiber, Planer, Instandhalter oder Forscher für die Verbesserung der Sicherheit von Wert sind. Als anonymisierte Kurzinformation – der Text ist beschränkt auf Informationen, die relevant und notwendig sind zum Verständnis – wird das Ereignis unter www.processnet.org/ereignisdb veröffentlicht. „Die Ereignis-Datenbank ist öffentlich zugänglich und steht in Deutsch und Englisch zur Verfügung. Zugang und Recherche sind kostenlos, nach erfolgter Online-Anmeldung informiert ein Newsletter über neu aufgenommene Ereignisse“, berichtet Gasche. Zielgruppe der rund 150 dokumentierten Ereignisse sind Führungskräfte, die aus den abstrahierten Darstellungen Schlüsse für die Sicherheit der eigenen Anlagen und Prozesse ziehen können. Die bisher erstellten Kurzinformationen und die daraus gezogenen Lehren können zu folgenden bekannten, aber wichtigen Erkenntnissen zusammengefasst werden: •Mit Hilfe einer systematischen Sicherheitsbetrachtung und der konsequenten Anwendung des vorhandenen Wissens sind die allermeisten Ereignisse vermeidbar. • Umfangreiches Wissen über das Stoffverhalten muss beschafft werden, auch über die normalen Bereiche der Prozessparameter wie Temperatur, Druck und Stoffkonzentration hinaus. •Auch das als sicher Erachtete muss immer wieder neu in Hinblick auf seine Wirk- samkeit gegen alle vernünftigerweise anzunehmenden Gefahren und auf seine Zuverlässigkeit im praktischen Betrieb hinterfragt werden. •Auf möglichst große Einfachheit der Gestaltung von Prozess, Anlage sowie der Arbeitsabläufe muss geachtet werden. 15 Jahre CCPS Process Safety Beacon Seit 2001 berichtet das Center for Chemical Process Safety (CCPS) monatlich über Unfälle, die daraus gewonnenen Erkenntnisse sowie praktische Lösungen, um ein ähnliches Ereignis zu verhindern. „Der Newsletter ‚Process Safety Beacon‘ – zu Deutsch ‚Leuchtturm zur Anlagen- und Prozesssicherheit‘ – besteht jeweils aus einer bebilderten Seite und richtet sich direkt an das Anlagenpersonal“, erklärt Dr. Rüdiger Lenz von der Celanese GmbH im Industriepark Höchst. Lenz und sein Kollege Dr. Karl Fred Wörner sind neben Dieter Schlösser von LyondellBasell und Thomas Sauerwein von DuPont die Übersetzer der englischen Fassung ins Deutsche. Der Beacon ist zu finden unter www.aiche.org/ccps/resources/processsafety-beacon. Er liegt inzwischen in über 30 Sprachen vor und kann beispielsweise für Unterweisungen verwendet werden. „Hierbei ist von Vorteil, dass die Sprache verständlich und die Botschaften knapp und klar formuliert sind“, weiß Lenz, der auch Mitglied des internationalen Herausgeberkomitees ist, aus Erfahrung. In den Betrieben von Celanese werden die Infoblätter für die Zielgruppe der Anlagenfahrer genutzt, wenn regelmäßig das Thema Sicherheit angesprochen wird. Die Fallgeschichten und aufgezeigten Verbesserungsvorschläge wer- 7/8 2016 BG RCI.magazin AUS DER PRAXIS Ereignisse wie diese Explosion haben auch unter dem Blinkwinkel der Prozess- und Anlagensicherheit oft schwerwiegende Auswirkungen über die Werksgrenzen hinaus. Foto: picture alliance/dpa/Arno Burgi den auch von Führungskräften bis zur Produktionsleitung mit Interesse gelesen. Im Internet-Archiv des CCPS (http://www.sache.org/beacon/products.asp) können alle Beacons themenbezogen heruntergeladen werden. Insbesondere Großschadensereignisse wie die von Flixborough oder Bhopal werden unter verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet und sind mit den gezogenen Schlussfolgerungen für die Prozesssicherheit, aber auch für den Arbeitsschutz von Bedeutung. Die Infosis-Datenbanken Unter www.infosis.uba.de, dem Informationssystem des Umweltbundesamtes (UBA) zum Stand der Sicherheitstechnik, finden sich gleich zwei weitere Datenbanken. Unter dem Button „ZEMA“ sind alle in Deutschland nach der Störfall-Verordnung (12. BImSchV) meldepflichtigen Ereignisse abrufbar. Diese müssen von den Betrieben an die jeweiligen Landesbehörden gemeldet werden, die wiederum die Daten an die „Zentrale Melde- und Auswertestelle für Störfälle und Störungen in verfahrenstechnischen Anlagen“ des Umweltbundesamtes weitergibt. „Die systematische Erfassung und Auswertung der Unfälle soll Erkenntnisse liefern, die als Grundlage einer Weiterentwicklung des Standes der Sicherheits- technik dienen“, berichtet Michael Kleiber vom UBA, der die Datenbank betreut. Im Internet sind die meldepflichtigen Ereignisse nach verschiedenen Kriterien recherchierbar. Seit dem Beginn der ZEMA-Aktivitäten im Jahr 1993 wurden über 700 Datensätze eingestellt. Neben der ZEMA hat der Ausschuss Ereignisauswertung (AS-ER) der Kommission für Anlagensicherheit (KAS) den Auftrag, nach Störfall-Verordnung nicht meldepflichtige Ereignisse auszuwerten. „Dabei sollen auch Erkenntnisse aus der europäischen und internationalen Kooperation genutzt werden. Ziel ist die Ableitung von Lehren aus Ereignissen und deren systematische Verbreitung“, erläutert Prof. Dr. Thomas Schendler von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin, der sowohl der KAS als auch dem ASER vorsteht. Inhaltliche Schwerpunkte der Daten banken: Beispiele Bei allen Datenbanken tauchen folgende Problemkreise als inhaltliche Schwerpunkte auf: •Unverträglichkeit von Chemikalien und Hilfsstoffen untereinander und mit den verwendeten Werkstoffen •Gefährliche Stoffansammlung, beispielsweise infolge von Verstopfungen und Ablagerungen •Produktfreisetzung bei Probenahme und an Dichtungssystemen sowie beim Trennen von Rohrleitungen und Apparaten •Elektrostatische Entladung als Zündquelle, Explosionsschutz •Aufmerksamkeit der Beschäftigten und Sicherheitskultur im Unternehmen •Überwachung und Einhaltung der sicherheitsrelevanten Temperatur-, Druck- und Konzentrationsbereiche durch geeignete Mess- und Regeltechnik •Prüfung und Wartung von Komponenten, insbesondere an kritischen Kons truktions-/Verfahrensstellen unter dem Blickwinkel der Korrosion •Instandhaltungs- und Änderungstätigkeiten •Kurzfristige Unterbrechung des Betriebs oder der Energieversorgung Aus den Ereignissen die richtigen Schlüsse zu ziehen und einen Fehler nicht wiederholt zu begehen, hilft, die Sicherheit von Anlagen weiter zu verbessern – und ist nicht zuletzt ein zentrales Anliegen auch der neuen Präventionsstrategie „Vision Zero. Null Unfälle – gesund arbeiten!“ Dr. Joachim Sommer, BG RCI, Heidelberg 19 BG RCI.magazin 7/8 2016 AUS DER PRAXIS Arbeit in der Chemie-Industrie soll noch sicherer werden BAVC, IG BCE und BG RCI starten gemeinsame Initiative für noch mehr Arbeitssicherheit Der Bundesarbeitgeberverband Chemie e. V. (BAVC), die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) und die BG RCI haben im Mai 2016 eine gemeinsame Initiative für noch mehr Arbeitssicherheit in der chemischpharmazeutischen Industrie gestartet. Die Kooperationsvereinbarung ist Teil der BG RCI-Präventionsstrategie „Vision Zero. Null Unfälle – gesund arbeiten!“ Sie hat zum Ziel, die Arbeitswelt so zu gestalten, dass niemand bei seiner beruflichen Tätigkeit zu Schaden kommt. BAVC und IG BCE hatten im März 2014 die gemeinsame Initiative „Gutes und gesundes Arbeiten in der Chemie-Branche“ ins Leben gerufen. Das 5-Punkte-Programm der Sozialpartner zielt auf die Sicherung und Förderung der physischen und psychischen Gesundheit der rund 550.000 Chemie-Beschäftigten. Im Rahmen dieser Initiative unterstützen BAVC und IG BCE auch die neue Präventionsstrategie „Vision Zero“. Die effiziente Präventionsarbeit in den Unternehmen der chemischen Industrie hat zu stetig zurückgehenden Unfallzahlen geführt. So kamen hier im Jahr 2014 auf 1.000 Vollzeitbeschäftigte 14,5 Arbeitsunfälle – im Vergleich zu durchschnittlich 22,3 Arbeitsunfällen in der gesamten gewerblichen Wirtschaft. Damit zählt die chemische Industrie zu den am sichersten arbeitenden Industriezweigen in Deutschland. Die „Vision Zero“-Strategie steht für passgenau auf die Unternehmensbedürfnisse zugeschnittene Präventionsangebote und noch mehr persönliche Vor-Ort-Beratungen. Hinzu kommt die besondere Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen, bei denen Arbeitssicherheit häufig noch nicht so stark verankert ist. bgrci Dr. Klaus-Peter Stiller, Hauptgeschäftsführer des Bundesarbeitgeberverbands Chemie e. V., Ulrich Meesmann, Mitglied der Geschäftsführung der BG RCI, und Ralf Sikorski, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstands der IG BCE (v. l.), unterzeichnen in Heidelberg die Kooperationsvereinbarung für noch mehr Arbeitssicherheit in der chemisch-pharmazeutischen Industrie. Foto: bgrci/eh KLK OLEO, Werk Düsseldorf 1.000 Tage ohne meldepflichtigen Arbeitsunfall BG RCI überreicht Urkunde Schon Ende März stand dem Werk Düsseldorf der KLK OLEO, einem weltweit führenden Hersteller von oleochemische Grundstoffen, ein besonderes Ereignis ins Haus: der 25. März 2016 war der 1.000ste Tag in Folge ohne meldepflichtigen Arbeitsunfall. Die BG RCI würdigte diesen besonderen Erfolg mit einer Anerkennungsurkunde. 1.000 Tage entsprechen im Werk Düsseldorf rund 1.000.000 Arbeitsstunden. Rainer Abend, zuständige Fachkraft für Arbeitssicherheit, erfüllt diese Bilanz mit Stolz. Gute Organisation und die Unterstützung des Sicherheitsgedankens auf allen Ebenen haben zu dem Erfolg geführt. So werden die Düsseldorfer Mitarbeiter im 20 Rahmen von elektronischen und persönlichen Schulungen immer wieder für das Thema Sicherheit sensibilisiert. Es wurde ein Auditsystem für Sicherheit installiert. Ein Arbeitsschutzausschuss und das Sicherheitsteam tagen regelmäßig. Außerdem erfolgen turnusmäßig Sicherheitsbegehungen mit Management, Werksarzt und Betriebsrat. Sicherheitsfachkraft Abend achtet freundlich, aber konsequent auf die Einhaltung der hohen Standards. Kollegen und Werksleitung schätzen ihn als kompetenten Ansprechpartner in puncto Arbeitssicherheit. Sollte es doch zu einem Unfall kommen, steht dank Werkfeuerwehr und Werksarzt eine funktionierende Ret- 7/8 2016 BG RCI.magazin AUS DER PRAXIS Neues Weiterbildungsseminar Nanomaterialien – wie gefährlich sind sie wirklich? 26. – 28. September 2016, DGUV Akademie, Dresden Welche Schutzmaßnahmen sind beim Umgang mit Nanomaterialien nötig? Welche Vorschriften, Grenzwerte und Regeln sind zu beachten? Gerade für Aufsichtspersonen und andere Arbeitsschutzexperten ist es wichtig, den Stand der Technik und der Prävention im Rahmen der Beratungs- und Überwachungsaufgaben zu kennen. Das neue Seminar des Instituts für Arbeit und Gesundheit (IAG), Dresden, ist in Kooperation mit Unfallversicherungsträgern, der Innovationsgesellschaft mbH Sankt Gallen (Schweiz) und dem IFA in Sankt Augustin im Rahmen eines von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) geförderten Forschungsprojekts entstanden. Die Seminarthemen Anwendung von Nanomaterialien, physikalische Effekte, praktische Experimente, Risiken und Schutzmaßnahmen, Medien, „Nanoramen“, Informationsquellen und Expertennetzwerke, Rechtliche Standards, Regelwerke, Grenzwertdiskussion Als Aufsichtsperson, Fachkraft für Arbeitssicherheit oder verantwortliche Führungskraft lernen Sie, die Gefährdung und die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen realistisch einzuschätzen. Sie kennen den Stand der Technik beim sicheren Umgang mit Nanomaterialien und können diesen bei der Beratung, Überwachung und Unterweisung anwenden. Einen interaktiven Einblick in die Welt der Nanomaterialien gewinnen Sie vorab beim Besuch des Nano-Portals der DGUV: nano.dguv.de. Termin und Ort 26. – 28. September 2016 Beginn: 14.00 Uhr, Ende: 12.00 Uhr IAG – Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV Königsbrücker Landstraße 2 01109 Dresden Seminarpreis 699,00 Euro Anmeldung Sigrid Köhler, IAG Dresden Tel. 0351/457-1918, Fax 0351/457-201918 nul Unbenannt-2 1 tungskette bereit – und eine Menge engagierter Ersthelfer. Auch für deren Aus- und Fortbildung sorgt Rainer Abend. 1.000 Tage unfallfrei im Werk Düsseldorf der KLK OLEO: Sicherheitsfachkraft Rainer Abend (l.) freut sich über die Anerkennung durch die Berufsgenossenschaft. Die Urkunde überreichte Dr. Günter Klesper von der BG RCI. Foto: Ulrike Römmer Dr. Günter Klesper überbrachte Anfang April die Anerkennungsurkunde, mit der die BG RCI besondere sicherheitliche Leistungen auszeichnet. Ralf Ewering, Managing Director der KLK OLEO-Werke in Emmerich und Düsseldorf, sowie Dr. Jens Vier, General Manager Operations in Düsseldorf, dankten bei dieser Gelegenheit Rainer Abend und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre tatkräftige Unterstützung im Bereich des Arbeitsschutzes. KLK OLEO gehört zum international operierenden Konzern Kuala Lumpur Kepong 13.05.2016 12:09:38 Berhad mit Hauptsitz in Malaysia. Das Unternehmen liefert ein breites Spektrum an hochwertigen oleochemischen Produkten aus natürlichen nachwachsenden Rohstoffen. Die Produktpalette reicht von einfachen Fettsäuren und Glycerin, Fettalkoholen und Fettsäuremethylestern bis zu sulfonierten Methylestern und Tensiden sowie Produkten auf Vitamin E-Basis. Die verschiedenen Endanwendungen finden sich im Haushalt und im Gesundheitswesen, in Kosmetik- und Pflegeprodukten, Lebensmitteln, Aromen, Düften und im industriellen Einsatz von Chemikalien wie Schmierstoffen, Beschichtungen und in der Papierindustrie. bgrci/nul 21 BG RCI.magazin 7/8 2016 raumtex-Messen Süd und West BG RCI auch 2016 wieder dabei Ulm, 17. – 18. September/ Rheinberg, 24. – 25. September 125 Jahre VDL Nachdem sich die BG RCI im vergangenen Jahr erstmals bei den raumtexFachmessen präsentiert hatte, ist auch für 2016 eine erneute Beteiligung fest eingeplant. Bei der raumtex-Süd in Ulm am 17. und 18. September sowie der raumtex-West in Rheinberg am 24. und 25. September 2016 wird das Thema „Sicherer Einsatz von Leitern“ im Zentrum stehen. Vor Ort haben Raumausstatter und Sattler Gelegenheit, sich zu allen wichtigen Aspekten rund um den Einsatz von Leitern beraten zu lassen. Dazu gibt es am Stand eine neue Kurzinformation. Neben vielen Tipps für den Alltag bietet sie eine Checkliste für die Überprüfung von Leitern und Tritten. Ganz im Sinne der Präventionsstrategie „Vision Zero“ gibt es darüber hinaus Beratungsangebote zu der Frage, wie im eigenen Betrieb sichere und gesundheitsgerechte Arbeitsbedingungen geschaffen werden können. br Der sichere Einsatz von Leitern ist Thema der BG RCI-Präsentation auf den kommenden raumtex-Fachmessen im September in Ulm und Rheinberg. Foto: bgrci Vom Central-Verein zum Verband der Deutschen Lederindustrie Der Verband der Deutschen Lederindustrie e. V. (VDL) feiert in diesem Jahr sein 125-jähriges Jubiläum. Mit der Gründung am 7. Juni 1891 in Frankfurt am Main gehört er zu den ältesten Wirtschaftsvereinigungen in Deutschland. Der VDL versteht sich als Dienstleister für die gesamte Lederbranche. Seit 2004 ist Thomas Strebost von der Heller-Leder GmbH & Co. KG Vorsitzender des Verbands. Von Anfang an gemeinsam mit der Berufsgenossenschaft Seit der Gründung des VDL bestehen enge Kontakte zur Berufsgenossenschaft. Kennzeichnend für die stets auf Kostenersparnis ausgerichtete Lederindustrie war, dass schon die Gründungsversammlung des Central-Vereins zeitgleich mit der Generalversammlung der bereits seit 1884 bestehenden Lederindustrie-Berufsgenossenschaft abgehalten wurde. Bereits zwei Jahre zuvor hatten die Vorbereitungen begonnen. Dabei ging es vor allem darum, die unterschiedlichen Ansichten der Lederfabrikanten zu bündeln und regionale Sonderinteressen nicht unberücksichtigt zu lassen. Damals hatte die deutsche Lederindustrie mit rund 50.000 Beschäftigten eine deutlich größere Bedeutung als heute. Während des Ersten Weltkriegs musste die Branche den außerordentlichen Bedarf an Leder für Armeestiefel, Pferdegeschirr und andere Ausrüstungen decken. Zu dieser Zeit gab es im deutschen Reich etwa 3.000 Lederfabriken. Kurz nach Kriegsende, 1919, wurde der sozialpolitische Bereich aus dem Central-Verein ausgegliedert und in den im November 1918 gegründeten Verein für Arbeiterangelegenheiten der Lederindustrie überführt. Nach der Integration verschiedener regionaler Arbeitgeberverbände benannte er sich in „Arbeitgeberverband der Deutschen Lederindustrie“ um. 22 1927: Höchstproduktion von 148.000 Tonnen Die wirtschaftlich schweren Zeiten Ende der 20er und Anfang der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts hatten dazu geführt, dass die Ledererzeugung im Jahr 1931 gegenüber der Höchstproduktion von rund 148.000 Tonnen im Jahr 1927 um etwa 30 Prozent geringer ausfiel. In den Jahren des Zweiten Weltkriegs und auch schon kurz davor wurden die zuvor freien Wirtschaftsverbände in eine vom Staat geführte Organisation gezwungen. So wurden Vorschriften erlassen über die zu produzierenden Lederarten, die Gerbmethoden und die rationelle Ausnutzung der Gerbstoffe. Der Central-Verein wurde zur Fachgruppe ledererzeugende Industrie der Wirtschaftsgruppe „Lederwirtschaft“, der auch die lederverarbeitende Industrie angehörte. Nach dem Zweiten Weltkrieg, 1948, gab es zunächst die Arbeitsgemeinschaft der bizonalen Gerberverbände. Das waren die Regionalverbände der amerikanischen und britischen Besatzungszone. 1950 wurde mit der Aufnahme der Lederverbände der französischen Zone die Arbeitsgemeinschaft der westdeutschen Gerberverbände gegründet, ebenfalls in Frankfurt am Main. Der weitere Rückgang der Lederindustrie führte dazu, dass einige der Landesverbände mit eigener Geschäftsführung nicht mehr finanzier- Foto: © vorawich – Fotolia.de 7/8 2016 BG RCI.magazin Deutsches Leder – Nachhaltigkeit als Programm bar waren. Daher bestand für Betriebe ab 1950 die Möglichkeit, sich direkt dem Verband anzuschließen. Zu dieser Zeit hatte die deutsche Lederindustrie noch etwa 400 Betriebe mit über 31.000 Beschäftigten. 1952 wurde als Folge der rückläufigen Bedeutung der Interessenvertretung auf regionaler Ebene die Umbenennung in „Verband der Deutschen Lederindustrie e.V.“ beschlossen. 1965 wurde dann die Umwandlung des Verbands der Landesverbände in einen Zentralverband mit Einzelmitgliedschaft vollzogen. Ein weiteres Jahr von besonderer Bedeutung war 1973. Durch Betriebsverkleinerungen und -schließungen reduzierte sich die Produktion gegenüber 1972 um fast 25 Prozent. Mit dieser Entwicklung ging die Verkleinerung der Geschäftsführung des Verbands einher, da sich dessen Finanzkraft wiederum verringert hatte. DDR: Abkopplung vom Weltmarkt In der DDR nahm die Lederindustrie nach dem Zweiten Weltkrieg eine andere Entwicklung. Die in der staatlich gelenkten Planwirtschaft geführten Lederfabriken konnten durch die Abkopplung vom Weltmarkt innerhalb des Zeitraums von 40 Jahren eine Vervielfachung der Produktion erreichen. Zwischen den als volkseigenen Betrieben geführten Lederfabriken war zwar ein fachlicher Kontakt über die Kombinate gegeben, es gab aber keine Verbandstätigkeit im eigentlichen Sinne. In der Zeit der politischen Wende der Jahre 1989/1990 schlossen sich die Lederfabriken der DDR zu einem Interimsverband zusammen. Nach der Wiedervereinigung löste dieser sich im November 1990 wieder auf, da die Mehrzahl der Lederfabriken dem VDL beigetreten war. Im Jubiläumsjahr 1991 waren also nach 100 Jahren wieder alle ledererzeugenden Betriebe in einem einzigen Verband organisiert. Der Trend zur Globalisierung hatte indessen schon in den 80er Jahren begonnen und setzte sich weiter fort. Er führte dazu, dass die Zahl der Betriebe mit mehr als 50 Beschäftigten im Jahr 2004 auf rund 25 zurückgegangen war. Sie beschäftigten zu der Zeit 2.800 Menschen. Noch zehn Jahre zuvor konnten rund 50 Lederfabriken rund 4.200 Beschäftigten einen Arbeitsplatz bieten. Diese Entwicklung blieb nicht ohne Auswirkungen auf die Finanzierung des Verbands. Das damalige Sparprogramm führte zu einer bis heute andauernden organisatorischen Umstrukturierung. VDL vertritt im Jubiläumsjahr 60 Mitgliedsunternehmen Im VDL können nunmehr auch ausländische Firmen bzw. Unternehmen, die der Lederherstellung vor- oder nachgelagert sind, angehören. Im Jubiläumsjahr sind nach Aussage des Geschäftsführers Dr. Thomas Schröer 60 Mitglieder organisiert. Davon sind gut 50 Prozent Lederhersteller. Die anderen Mitglieder bringen inzwischen etwa 30 Prozent der Verbandsbeiträge auf. Der VDL war von Beginn an in der Selbstverwaltung der früheren Lederindustrie-Berufsgenossenschaft vertreten, ebenso wie in der heutigen BG RCI. Burkhard Rehn, BG RCI, Mainz Das Naturprodukt Leder genießt schon immer eine hohe Wertschätzung. Seit es Menschen gibt, werden Häute und Felle als nachwachsende Rohstoffe zu Leder veredelt. Für die deutsche Lederindustrie ist höchste Produktqualität selbstverständlich, darüber hinaus garantiert sie ihren Kunden ein Maximum an ökologischer Qualität. Um diesem ökologischen Anspruch gerecht zu werden, werden die Anforderungen an eine nachhaltige Ledererzeugung konsequent umgesetzt und weiterentwickelt. Hierzu zählen energieeffiziente und ressourcenschonende Herstellungsverfahren, umweltgerechte Produktionsprozesse, Substitution von gesundheitsgefährdenden Stoffen, soziale Arbeitsbedingungen und ein Höchstmaß an Arbeitsschutz. Damit hat sich die deutsche Lederindustrie zu einem weltweit anerkannten ökologischen Vorreiter mit umfassendem und richtungsweisendem Know-how zur umweltgerechten Lederproduktion entwickelt. Bevorzugt werden Häute und Felle einheimischer landwirtschaftlicher Nutztiere verarbeitet, die als Nebenprodukte der Lebensmittelerzeugung anfallen. Die Verarbeitung von gekühlten oder mit Kochsalz konservierten Häuten erlaubt den Verzicht auf chemische Konservierungsmittel und verringert wesentlich den Transportaufwand. Für die Gerbung und die anschließende Lederveredlung werden nach wissenschaftlichem Kenntnisstand ausnahmslos ökologisch und gesundheitlich unbedenkliche chemische Hilfsmittel eingesetzt. Durch die Entwicklung optimierter Gerbverfahren und die konsequente Durchführung von Maßnahmen zum produktionsintegrierten Umweltschutz konnte z. B. der Chemikalien- und Wasserverbrauch für die Ledererzeugung in Deutschland in den letzten Jahren deutlich gesenkt werden. br 23 BG RCI.magazin 7/8 2016 AUS DER PRAXIS MicroDissect GmbH, Herborn Arbeitsschutz-Managementsystem mit Gütesiegel ausgezeichnet Ideen von Menschen für Menschen Die MicroDissect GmbH ist seit 2001 in der Lahn-Dill-Region ansässig. Seit 2006 fertigt das Unternehmen am Standort Herborn Verbrauchsmaterialien für die membrangestützte Laser-Mikrodissektion. Das Verfahren dient der Isolierung von Zellen oder deren Bestandteilen aus einem mikroskopischen Präparat. Arbeit · Sicherheit · Gesundheit Das Haupttätigkeitsfeld des Unternehmens mit seinen 25 Beschäftigten ist die Produktion von Objektträgern für dieses Verfahren. Bei der Analyse der Mikrodissektate ist absolute Sauberkeit unverzichtbar. Daher erfolgt die Fertigung unter Reinraumbedingungen. Zu den Kunden zählen namhafte Hersteller von Mikroskopen weltweit, aber auch bekannte Universitäten, Institute und Labore. Im Rahmen der Betriebsgründung hat Geschäftsführerin Dr. Dorina Böhm eine Ausbildung zur Qualitätsmanagerin absolviert. Schon damals ergaben sich die ersten Kontakte zur BG RCI. Die Berufsgenossenschaft unterstützte das Unternehmen in puncto Arbeitssicherheit bei der Planung der neuen Betriebsstätte in Herborn. Seit 2009 ist die MicroDissect GmbH nach ISO 9001:2008 zertifiziert und garantiert gleichbleibende Produktqualität dank konsequenter mehrstufiger Qualitätssicherung. Bei einem Seminar im Rahmen der alternativen Betreuung entstand die Idee, das bereits bestehende Qualitätsmanagement als Grundlage für ein betriebliches Arbeitsschutz-Managementsystem zu nut- Förderpreis 2016 zen. 2014 begannen die ersten Aktivitäten in diese Richtung. Der Betrieb wurde von der BG RCI umfangreich beraten und bei den Vorbereitungen zum Gütesiegel-Audit durch einen Sicherheitsingenieur im Rahmen der KMU-Beratung unterstützt. Im Februar 2016 schließlich wurde das Unternehmen hinsichtlich der Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzmanagements begutachtet. Ein besonderer Schwerpunkt lag dabei auf dem arbeitsschutzgerechten Handeln der Beschäftigten wie der Führungskräfte. Die Begutachtung umfasst die Prüfung von Dokumenten, Begehungen sowie Interviews mit der Geschäftsführung und der Belegschaft. Gerd Tombült, Präventionsbereichsleiter der BG RCI in Mainz, hob bei der Gütesiegel-Vergabe im Rahmen eines betrieblichen Familientags hervor, dass es für einen Kleinbetrieb keineswegs selbstverständlich sei, sich den Anforderungen eines Arbeitsschutzmanagements zu stellen. Im vorliegenden Fall habe das engagierte Vorgehen der Geschäftsführung das Unternehmen in einer Weise verändert, die eine Auszeichnung mit dem Gütesiegel der BG RCI in vollem Umfang rechtfertige. Burkhard Rehn, BG RCI, Mainz Deutschlands höchstdotierter Arbeitsschutzpreis wurde dieses Jahr zum 19. Mal verliehen. 520 Teilnehmende aus dem gesamten Bundesgebiet hatten insgesamt 220 Ideen eingereicht, um die Arbeitswelt noch sicherer und gesünder zu machen. Ausgezeichnet wurden diesmal 14 Preisträger aus sieben Unternehmen. Es wurden Förderpreise in sechs Kategorien sowie ein Sonderpreis vergeben. Die Preise sind mit jeweils 10.000 Euro dotiert, hinzu kamen 15 Nominierungsprämien zu je 1.000 Euro. Auf den folgenden Seiten stellen wir die prämierten Ideen ausführlich vor. Förderpreisrunde 2017 kurz vor dem Start Übergabe des Gütesiegels „Sicher mit System“ an Dr. Dorina Böhm und PD Dr. Malte Manfred Böhm (r.) durch Gerd Tombült von der BG RCI. Foto: bgrci/br 24 In Kürze wird bereits die Förderpreisrunde 2017 eingeläutet. Den Bewerbungsbogen finden Sie in dieser Ausgabe des BG RCI.magazins sowie unter www.bgrci-foerderpreis. de. nul 7/8 2016 BG RCI.magazin Alle Fotos: bgrci/Armin Plöger BERICHTE UND FÖRDERPREIS INFORMATIONEN 2016 er neu entwickelte Schutzhandschuh hilft, D Schnitt- und Stichverletzungen zu vermeiden. er Handschuh bietet optimalen Schutz sowohl D für die messerführende wie für die Hand, die den zu bearbeitenden Gegenstand festhält. olf Aretz und Friedrich Hünten vom TageR bau Hambach der RWE Power AG sowie Ulrich Schooldermann, Safet Medex GmbH, Düsseldorf, freuen sich über den erfolgreichen Einsatz des von ihnen entwickelten Schutzhandschuhs (v. l.). BG RCI-Förderpreis 2016: Kategorie „Sicherheitstechnik“ Preisträger: Rolf Aretz, Friedrich Hünten, Ulrich Schooldermann Unternehmen: RWE Power AG, Tagebau Hambach; Safet Medex GmbH, Düsseldorf Förderpreis 2016 Arbeit · Sicherheit · Gesundheit „Neuartiger Schutzhandschuh zur Vermeidung von Schnitt- und Stichverletzungen beim Beschneiden von Fördergurten und Abdichtungen“ Untersuchungen im Braunkohlentagebau Hambach der RWE Power AG haben ein erhöhtes Verletzungsrisiko beim Beschneiden von Fördergurten und Abdichtgummis ergeben. Um die Gefährdungen nachhaltig zu minimieren, wurde eine Marktrecherche zu Schutzhandschuhen durchgeführt. Sie führte zu dem Ergebnis, dass von den im Handel erhältlichen Handschuhen zum Schutz gegen Schnitt- und Stichverletzun- gen keiner dem Anforderungsprofil entsprach. Zustand bequem zu tragen, taktil, robust und rutschhemmend. Daraufhin wurden die gewünschten Spezifikationen festgelegt und in Eigenregie ein Handschuh entwickelt und produziert, der sowohl die messerführende Hand wie auch diejenige, die den jeweils zu bearbeitenden Gegenstand festhält, vor Schnitten und Stichen schützt. Die Handschuhe sind sowohl im trockenen wie im nassen Die RWE Power AG erhält für den Handschuh ausnahmslos positive Rückmeldungen seitens der Mitarbeiter. Seit die Handschuhe im Einsatz sind, wurden beim Beschneiden von Gummigur ten oder Abdichtgummis keine Schnittverletzungen mehr beobachtet. 25 BG RCI.magazin 7/8 2016 FÖRDERPREIS BERICHTE UND2016 INFORMATIONEN rodukte auf Paletten können mit der neu entwickelten FührungsP schiene in ergonomisch entlastender Körperhaltung umreift werden. Die L-förmige Führungsschiene erleichtert … … das Einfädeln des Umreifungsbandes. ico Kurth von der Lithonplus GmbH & Co. KG in Staßfurt mit seiner N Entwicklung. BG RCI-Förderpreis 2016: Kategorie „Gesundheitsschutz“ Preisträger: Nico Kurth Unternehmen: Lithonplus GmbH & Co. KG, Staßfurt-Glöthe Förderpreis 2016 Arbeit · Sicherheit · Gesundheit „Manuelle Umreifung von kommissionierten Betonprodukten“ Die Lithonplus GmbH & Co. KG in Staßfurt stellt Betonprodukte für den Garten-, Straßen- und Landschaftsbau her. Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz haben im Unternehmen einen hohen Stellenwert. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Idee, die manuelle Umreifung kommissionierter Betonwaren gesundheitsgerechter zu gestalten. Die Produkte lagern auf Holzpaletten und müssen zur Sicherung gegen Umfallen ma- 26 nuell mit Kunststoffbändern umreift werden. Ohne Hilfsmittel ist das ein unergonomischer Prozess, da sich die Mitarbeiter tief bücken müssen, um das Band unter der Palette hindurchzuschieben. Zudem rollen sich die Bänder selbstständig wieder auf und müssen per Hand korrigiert und geführt werden – alles in allem ein beschwerlicher Arbeitsvorgang. schiene mit einem Kastenprofil, mit deren Hilfe das Umreifungsband unter der Palette durchgeschoben werden kann, ohne dass sich die auszuführende Person dazu bücken muss. Das Band kann dann aufgenommen und mit dem anderen Ende verschweißt werden. Die Führungsschiene wird anschließend herausgezogen. Als Lösung hierfür entwickelte Nico Kurth von der Lithonplus GmbH eine L-förmige Führungs- 7/8 2016 BG RCI.magazin BERICHTE UND FÖRDERPREIS INFORMATIONEN 2016 erschiedene Elemente des Lockout TagoutV Systems. ier ein Sicherungselement an einem CEEH Drehstrom-Stecker. Das Board für die unterschiedlichen Sicherungselemente bietet Gelegenheit für ein praxisnahes Training. Thorsten Fröscher und Ulrich Schaffer (r.) von der Catalent Germany Eberbach GmbH sind mit ihrem Lockout Tagout-Trainingsboard Preisträger in der Kategorie „Organisation/ Motivation“. BG RCI-Förderpreis 2016: Kategorie „Organisation/Motivation“ Preisträger: Ulrich Schaffer, Thorsten Fröscher Unternehmen: Catalent Germany Eberbach GmbH, Eberbach Förderpreis 2016 Arbeit · Sicherheit · Gesundheit „Sicherheit bei Instandhaltungsmaßnahmen – Lockout Tagout“ Die Catalent Germany Eberbach GmbH, ein führender globaler Anbieter von Technologien für die Arzneimitteldarreichung, produziert am Standort Eberbach Weichgelatinekapseln. Dazu bietet das Unternehmen seinen Kunden zuverlässige Produktionsund Verpackungslösungen. Die verketteten Produktionsanlagen sind einzigartig und müssen gemäß den hohen Anforderungen der Arzneimittelindustrie aufwendig instandgehalten werden. Problematisch sind dabei insbesondere Arbeiten an abgeschalteten, großräumigen Anlagen. Ein nicht abgestimmtes Wiedereinschalten durch Dritte würde zu einer erheblichen Gefährdung des Instandhaltungspersonals führen. Zur sicheren Verriegelung und Kennzeichnung von Ventilen oder Schalteinheiten bietet der Markt verschiedene Lösungen an. Doch welche Maßnahme ist die richtige, ist sie vor Ort verfügbar und wie wird sie richtig angewendet? Dies richtig zu beantworten, erfordert Kenntnis und Übung. Für die Instandhaltungsmitarbeiter sollte daher eine Möglichkeit geschaffen werden, das im Einsatz befindliche Lockout TagoutVerfahren jederzeit trainieren zu können. Thorsten Fröscher und Ulrich Schaffer, Mitarbeiter des Unternehmens, entwickelten dazu ein „Lockout Tagout-Trainingsboard“. Auf dem Board sind alle vom Unternehmen zugelassenen Verriegelungstechniken übersichtlich zusammengestellt. Das Board und die entsprechenden Materialien befinden sich an einer zentralen Stelle im Unternehmen und stehen den Beschäftigten jederzeit zum Training zur Verfügung. Mit dieser Möglichkeit des praxisnahen Trainings werden die jeweiligen Unterweisungen besonders wirkungsvoll unterstützt. 27 Fotos: Karén Förster; bgrci/Armin Plöger BG RCI.magazin 7/8 2016 FÖRDERPREIS BERICHTE UND2016 INFORMATIONEN Bauartbedingt bieten Gabelstapler dem Fahrer nur eingeschränkte Sichtverhältnisse. ie maßstabsgetreue Abbildung eines Gabelstaplers und die auf dem Boden markierten „toten D Winkel“ (rot) verdeutlichen den Beschäftigten die eingeschränkte Sicht des Staplerfahrers. arén Förster vom Werk Brieselang der Saint-Gobain Rigips GmbH setzte sich dafür ein, die einK geschränkten Sichtverhältnisse eines Staplerfahrers für alle Beschäftigten erlebbar zu machen. BG RCI-Förderpreis 2016: Kategorie „Transport und Verkehr“ Preisträgerin: Karén Förster Unternehmen: Saint-Gobain Rigips GmbH, Werk Brieselang, Brieselang Förderpreis 2016 Arbeit · Sicherheit · Gesundheit „Arbeitssicherheit in Verladebereichen mit intensivem Staplerverkehr“ Die Saint-Gobain-Gruppe ist ein weltweit tätiges Technologieunternehmen. So ist es selbstverständlich, dass Unfälle und Beinaheunfälle im Betrieb sofort untersucht und die Ursachen ausführlich analysiert werden. Am Standort Brieselang produziert das Unternehmen Gipskartonplatten, die in den verschiedensten Bereichen des Baugewerbes eingesetzt werden. Der innerbetriebliche Transport der Produkte und deren Verladung erfolgt mit Hilfe von Gabelstaplern. Hier kommt es immer wieder 28 zu Situationen, in denen sich Gabelstapler und Fußgänger sehr nahe kommen. Zuletzt gab es einen Unfall, weil ein Fahrer wegen des toten Winkels eine Person übersehen und angefahren hatte. Diesen Zwischenfall nahm das Werk Brieselang zum Anlass, den innerbetrieblichen Verkehr genauer zu betrachten. Es stellte sich heraus, dass die meisten Beschäftigten die Sichtverhältnisse von der Fahrerposition eines Staplers nicht kannten oder falsch einschätzten. Allen wurde daraufhin Gelegenheit gegeben, die eingeschränkten Sichtverhältnisse eines Gabelstaplerfahrers persönlich kennenzulernen. Um die Wirkung dieser Schulungen nachhaltig zu gestalten, wurden zudem die Sichtverhältnisse aus einem Stapler heraus und insbesondere die toten Winkel als maßstabsgetreues Foto auf Wände und Böden der Lagerhallen übertragen. Diese Visualisierungen dienen auch dazu, Fahrer von Speditionen, die regelmäßig den Betrieb anfahren, auf diese besondere Problematik hinzuweisen. 7/8 2016 BG RCI.magazin BERICHTE UND FÖRDERPREIS INFORMATIONEN 2016 er neue Feuerwehrhandschuh mit inte D grierter Temperatur-Messung. Ein Laserstrahl markiert den Ort der Messung. Rainer Seiz von der Friedrich Seiz GmbH freut sich über die positive Resonanz auf seine Entwicklung. BG RCI-Förderpreis 2016: Kategorie „Produkte“ Preisträger: Rainer Seiz Unternehmen: Friedrich Seiz GmbH, Metzingen Förderpreis 2016 Arbeit · Sicherheit · Gesundheit „Feuerwehrhandschuh mit integrierter Temperaturmessung“ Bei Bränden sind die Einsatzkräfte regelmäßig gezwungen, Gebäude zu betreten, um das Feuer an der Brandstelle direkt zu bekämpfen. Wegen der starken Rauchentwicklung müssen sie sich häufig zur Brandstelle vortasten und auch Türen und Tore öffnen. Hierbei kommt es immer wieder zu schweren Unfällen durch eine Rauchgasdurchzündung, dem sogenannten Flash-over. Bei einer Rauchgastemperatur von über 500 °C entzünden sich die Oberflächen brennbarer Gegenstände schlagartig, sobald Frischluft in den Raum gelangt, zum Beispiel durch eine geöffnete Tür. Das Resultat ist ein Vollbrand des Raumes mit Temperaturen von 1.000 °C und mehr. Daher ist es für die Feuerwehrleute wichtig, vor dem Öffnen von Türen Informationen über deren Oberflächentemperatur zu erhalten, um daraus Rückschlüsse auf die aktuelle Situation hinter der Tür zu ziehen. Da Feuerwehrleute generell eine Reihe von Ausrüstungsgegenständen mit sich tragen müssen, ist es nicht praktikabel, zusätzliche Messgeräte permanent mitzuführen. Außerdem wären sie in einem verrauchten Raum nicht einfach zu bedienen. Die Friedrich Seiz GmbH hat daher einen Handschuh entwickelt, in den ein Temperatur-Messgerät integriert ist. Mit diesem Gerät kann die Oberflächentemperatur von Objekten wie Türen und Tore auf einfache Weise gemessen werden. Eingeschaltet wird das „Lasertemp“ durch ruckartiges Handschütteln. Die aktuelle Temperatur der Oberfläche wird in °C angezeigt. Zusätzlich leuchten LEDs: grün für bis zu 60 °C Oberflächentemperatur, rot ab 60 °C. So lässt sich die Gefahr des gefürchteten Flash-overs frühzeitig erkennen. 29 BG RCI.magazin 7/8 2016 FÖRDERPREIS BERICHTE UND2016 INFORMATIONEN lick in die Ausbildungswerkstatt der Freudenberg Vliesstoffe SE & Co. B KG in Kaiserslautern. raktizierter Arbeitsschutz: Die Auszubildenden entwickelten im RahP men des Programms „Auszubildende schaffen Sicherheit“ eine ergonomisch optimierte Einheit zur Kontrolle der Durchlässigkeit einer Spinnplatte. atten die Idee für das Programm „AsS“: Dieter Geiß, Ralf Schneider H und Christian Mitteregger (v. l.). BG RCI-Förderpreis 2016: Kategorie „Auszubildende“ Preisträger: Dieter Geiß, Ralf Schneider, Christian Mitteregger Unternehmen: Freudenberg Vliesstoffe SE & Co. KG, Kaiserslautern Förderpreis 2016 Arbeit · Sicherheit · Gesundheit „Auszubildende schaffen Sicherheit (AsS)“ Die Freudenberg Performance Materials produziert am Standort Kaiserslautern industrielle Vliesstoffe, die in der Automobilindustrie, der Bekleidungsindustrie, der Bauwirtschaft und in vielen anderen Bereichen Einsatz finden. Das weltweit aktive Technologieunternehmen verfolgt bei den Themen Gesundheit, Arbeitssicherheit, Umwelt, Qualität und Energie einen ganzheitlichen Ansatz. So gehört eine intensive Sensibilisierung der Auszubildenden für alle Themen der Arbeitssicherheit und des Gesundheits- 30 schutzes zur gelebten Arbeitsschutzkultur. Damit verband sich die Frage, wie die Auszubildenden noch enger an die Pro blemstellungen der Produktion herangeführt werden und gleichzeitig ihr Wissen und ihre Kreativität einbringen können. Die Freudenberg-Mitarbeiter Dieter Geiß, Christian Mitteregger und Ralf Schneider entwickelten dafür das Programm „Auszubildende schaffen Sicherheit (AsS)“. Über eine neu eingerichtete Intranetseite melden Mitarbeiter aus der Produktion beobachtete Problemstellungen an die Ausbil- dung. Dort werden die Anfragen bewertet und interdisziplinäre Teams von Auszubildenden zusammengestellt. Sie haben die Aufgabe, Lösungen zu erarbeiten und im Betrieb umzusetzen. Erfolgreiche Umsetzungen tragen das Logo der AsS-Aktion und die Namen der Beteiligten als sichtbaren Ausdruck der Wertschätzung. Der Beitrag überzeugt durch die gelungene Sensibilisierung der Auszubildenden insbesondere für das Thema Arbeitsschutz im Rahmen eines ganzheitlichen Ansatzes. 7/8 2016 BG RCI.magazin BERICHTE UND FÖRDERPREIS INFORMATIONEN 2016 + eu entwickelt und installiert: Eine automatische Einrichtung N zur Reinigung der Einfülltrichter an Fahrmischern. erhard Haid und Josefine Kühnbach-Zech von der Kühnbach KG G Kies + Transportbeton in Achstetten beseitigten mit der neuen Anlage zahlreiche Gefährdungen, denen die Mitarbeiter zuvor bei der Reinigung der Fülltrichter ausgesetzt waren. BG RCI-Sonderpreis 2016: Kleine und mittelständische Unternehmen Preisträger: Josefine Kühnbach-Zech, Gerhard Haid Unternehmen: Kühnbach KG Kies + Transportbeton, Achstetten Förderpreis 2016 Arbeit · Sicherheit · Gesundheit „Sichere Reinigung von Einfülltrichtern an Fahrmischern“ Die Kühnbach KG Kies + Transportbeton in Achstetten ist ein mittelständisches Unternehmen, das mit eigenen Fahrmischern Fertigbeton zum Kunden transportiert. Bei der Beladung von Fahrmischern bleiben regelmäßig Betonreste im Einfülltrichter zurück. Damit diese während der Fahrt nicht aushärten, steigen die Fahrer nach dem Beladen auf die Mischerplattform und reinigen den Trichter mittels eines herkömmlichen Was- serschlauchs. Dabei kam es zu Stolper- und Absturzunfällen beim Besteigen sowie zu Verletzungen der Hände beim Einschieben oder Ausziehen der Aufstiegsleiter. Um solche Verletzungen und Unfälle künftig zu vermeiden, wurde in Kooperation mit einem Unternehmen für Hochdruckreinigungssysteme eine automatische Waschanlage entwickelt und installiert. Die Fahrmischer fahren nach der Beladung unter diese Anlage. Der Reinigungsvorgang wird vom Mischmeister gestartet, so dass die Fahrer im Fahrzeug bleiben und anschließend direkt losfahren können. Durch die Installation dieser Anlage wurden alle Gefährdungen, denen die Fahrer bisher ausgesetzt waren, beseitigt. 31 BG RCI.magazin 7/8 2016 Foto: ©kameraauge – Fotolia.de BERICHTE UND INFORMATIONEN Bremen – Tagungsort der BG RCI-Jahreskonferenz 2016. BG RCI-Jahreskonferenz 2016 Rund 60 Vertreter aus Industrie, Politik, Behörden sowie aus Selbstverwaltung und Hauptamt der BG RCI trafen sich in Bremen zur 3. Jahreskonferenz. Die Konferenz versteht sich als Plattform für einen interdisziplinären Erfahrungsaustausch. Im Mittelpunkt standen die aktuellen Entwicklungen in den Bereichen Arbeits- und Gesundheitsschutz, Sozial- und Industriepolitik, Forschung und Technik, Reha-Management und Berufskrankheitenrecht. Gleich zu Beginn dankte Thomas Köhler, Sprecher der BG RCI-Geschäftsführung, Dr. Uwe Müller von der Henkel AG & Co. KGaA für sein langjähriges Engagement an der Spitze der Industriekommission. Sie bildet das Beratergremium der Konferenz. Müller war 2007 zum Vorsitzenden der Technischen Sachverständigenkommission der damaligen Berufsgenossenschaft der Chemischen Industrie gewählt worden und hatte dieses Amt bis Ende 2013 inne. Übergangsweise übernahm er 2014 den Vorsitz der neu gegründeten Industriekommission. In diesem Jahr hat die Kommission einstimmig Dr. Renate Bork-Brücken, Werkleiterin der BASF Coatings GmbH, Münster, zur neuen Vorsitzenden gewählt. Michael Koll, Leiter der Unterabteilung Arbeitsschutz im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), berichtete einführend über die aktuellen Initiativen der niederländischen EU-Präsidentschaft zu krebserzeugenden Stoffen. Von der EU-Kommission ist geplant, rund 30 neue Grenzwerte in die Krebsrichtlinie aufzunehmen und die Abstimmungen dazu möglichst noch unter der Präsidentschaft der Niederlande zum Abschluss zu bringen. Koll stellte außerdem die Initiative der Niederlande zu einer Roadmap über krebserzeugende Stoffe vor. „Ziel ist es, in den nächsten Jahren in einer konzertierten Aktion aller EU-Staaten Best Practice-Beispiele für Tätigkeiten mit diesen Stoffen bereitzustellen und einen 32 effektiven Transfer in die Praxis zu realisieren“, erläuterte Koll. Die Aufgabenstellung und Arbeitsweise des Ärztlichen Sachverständigenbeirats „Berufskrankheiten“ beim BMAS stellte Prof. Dr. med. Ernst Hallier, Direktor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Medizinischen Fakultät der GeorgAugust-Universität, Göttingen, vor. Anhand von Beispielen zeigte er die Schwierigkeiten auf, das komplexe biologische System des menschlichen Organismus und der auf die Gesundheit einwirkenden Einflüsse in eine für die Rechtsanwendung praktikable und gerechte Form zu bringen. viceanbieter für polymerbasierte Lösungen mit 20.000 Beschäftigten in mehr als 50 Ländern. „Deshalb haben wir 2014 das Programm ‚Safety Culture‘ mit dem Leitsatz ‚Safety begins in your head‘ entwickelt.“ Kern des Projekts sei der Grundsatz: „Wir leben unsere Sicherheitskultur in jedem Moment.“ Aust: „Unsere Mitarbeiter sollen dafür sensibilisiert werden, ihren Blick für unsichere Situationen zu schärfen und dabei nicht nur die eigene, sondern auch die Sicherheit ihrer unmittelbaren Kollegen im Auge zu behalten.“ Denn oft könnten vermeintlich kleine Missstände großen Schaden anrichten – von der fehlenden Schutzausrüstung über Stolperstellen bis zu beschädigten Werkzeugen. Über die besonderen Aktivitäten zur neuen Präventionsstrategie „Vision Zero. Null Unfälle – gesund arbeiten!“ informierte Helmut Ehnes, Leiter der Prävention der BG RCI. Bereits innerhalb des ersten Jahres wurden der „Vision Zero“-Leitfaden zur Umsetzung der Strategie in den Betrieben entwickelt und veröffentlicht, eine Analyse der tödlichen Arbeitsunfälle des letzten Jahrzehnts durchgeführt sowie erste Kooperationspartner für die gemeinsame Strategie gewonnen. Die vielfältigen Konferenzbeiträge – auch aus den Bereichen Gefahrstoffrecht, Normung, Schichtarbeit, psychische Belastung oder Unfallbeispiele – verband Ulrich Meesmann, Mitglied der Geschäftsführung der BG RCI, mit einem abschließenden Appell: „Wir alle wollen uns mit dem Erreichten nicht zufriedengeben. Wir wollen verändern, verbessern! Wir wollen, dass alle Menschen gesund und sicher arbeiten können.“ „‚Vision Zero. Null Unfälle – gesund arbeiten!‘ – dieses Ziel verfolgen auch wir bei der REHAU AG, gemeinsam mit unseren Mitarbeitern“, berichtete Wolfgang Aust, Leiter der REHAU-Konzernsicherheit. Das Unternehmen ist ein führender System- und Ser- Einen Überblick über die Themen der Jahreskonferenz 2016 gibt die nebenstehende Übersicht. Kurzfassungen der Vorträge hält Astrid Krahm, BG RCI, E-Mail: astrid.krahm@ bgrci.de, für Interessenten bereit. Dr. Dieter Bärhausen, BG RCI, Köln 7/8 2016 BG RCI.magazin Michael Koll (l.), Bundesministerium für Arbeit und Soziales, und Prof. Dr. Ernst Haller, Göttingen, referierten zu aktuellen Themen der Sozialpolitik. Dr. Renate Bork-Brücken von der BASF Coatings GmbH wurde zur neuen Vorsitzenden der Industriekommision gewählt. Die Kommission ist das Beratergremium der BG RCI-Jahreskonferenz. Fotos: bgrci BG RCI-Jahreskonferenz 2016: Themen und Referierende Sozial- und Industriepolitik Aktuelle Entwicklungen im Gefahrstoffrecht Michael Koll, BMAS, Bonn Wesentliche Erkenntnisse zum Brand- und Explosionsverhalten nanoskalig hergestellter Stäube Dr. Arne Krietsch, BAM, Berlin Kausalität im komplexen biologischen System: Der Ärztliche Sachverständigenbeirat „Berufskrankheiten“ im Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Rechtsanwendung Prof. Dr. Ernst Hallier, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Göttingen Der gute Griff: Griff- und Rollengestaltung (Teil 2) Dr. Bettina Wollesen, Universität Hamburg Auf dem Weg von traditionellen Unfallverhütungskonzepten zur Total Safety Culture Wolfgang Aust, REHAU AG + Co., Rehau Das 1. Jahr: Vision Zero Update Helmut Ehnes, BG RCI, Langenhagen Die Berufsgenossenschaft als moderner Dienstleister Betreuung und Behandlung von traumatisierten Versicherten nach einem Extremereignis Ruth Macke, Stephan Rohn, BG RCI, Heidelberg „Gerüstet für den Notfall“ – der Eigenbetrieb KC Notfallprävention als besondere Einrichtung innerhalb der Prävention der BG RCI Wolfgang Roehl, BG RCI, Clausthal-Zellerfeld Stellenwert der Normung im Arbeitsschutz am Beispiel Compo site-Atemluftflaschen Dr. Jost-Peter Sonnenberg, BG RCI, Langenhagen Aus Forschung und Wissenschaft Governance von Nanomaterialien Dr. Rüdiger Pipke, BAuA, Dortmund Aktuelle Forschungsergebnisse der PTB mit Bedeutung für die chemische Industrie Prof. Dr. Michael Beyer, PTB, Braunschweig Aus der Praxis – für die Praxis Risikofaktor Nacht- und Schichtarbeit? Dr. Dirk Pallapies, IPA, Bochum Fit auf Schicht – Ein Präventionsprogramm für Schichtmitarbeiter Dr. Dieter Gilles, Wacker Chemie AG, Burghausen Gefährdungsbeurteilung „Psychische Belastungen“ in der BASF SE Dr. Thomas Hill, BASF SE, Ludwigshafen Analyse psychischer Belastungen am Arbeitsplatz – Pilotprojekt im Südzucker-Werk Offenau Steffen Krämer, Südzucker AG, Ochsenfurt Aus Unfällen lernen Leitindikatoren als Instrument zur Reduzierung von Arbeitsunfällen Andreas Schlottmann, Roche Diagnostics GmbH, Mannheim, vorgetragen von Dr. Bernhard Skrobranek, Roche Diagnostics GmbH, Penzberg Verhütung von Verbrennungsunfällen an Kunststoffverarbeitungsmaschinen – Weiterentwicklung der Präventionsansätze Natalie Schönberg, BG RCI, Heidelberg Aufgrund der hohen Nachfrage noch buchbar bis Ende 2016! www.aktionsmedien-bg.de | www.bgrci.de 33 Inte Spi c rne t Cry sta l Bad sal eze BERICHTE UND INFORMATIONEN Can nab is Han d Foto: ©momius/fotolia.com y Alk oho l Tagungsbericht Suchtprävention schafft Sicherheit BG RCI zeichnet Unternehmen für hervorragende Projekte in der Suchtprävention aus Trotz der verpflichtenden Beurteilung von Gefährdungen, die von psychoaktiven Substanzen ausgehen, sind in vielen Betrieben die Berührungsängste bei diesem Thema immer noch groß. Unter dem Motto „Suchtprävention schafft Sicherheit“ veranstaltete die BR RCI daher Anfang Mai eine Fachtagung in ihrem Bildungszentrum in Laubach. Zielsetzung war die Vermittlung wirksamer Strategien zur Prävention von Suchtmittelmissbrauch am Arbeitsplatz, um auch auf diesem Sektor eine Verbesserung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes zu erreichen. Eine Vielzahl von Suchtmitteln beeinträchtigt die Arbeitsfähigkeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und gefährdet damit die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Nicht zuletzt deshalb wird der Missbrauch von Alkohol oder illegalen Drogen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung thematisiert und sollte von jedem Betrieb regelmäßig bewertet werden. Die BG RCI beschäftigt sich bereits seit 1994 mit Strategien zur Prävention suchtmittelmissbrauchsbedingter Risiken für die Arbeitssicherheit und bietet als einzige Berufsgenossenschaft ihren Mitgliedsunternehmen eine eigene Fortbildungsreihe zum „Betrieblichen Suchtbeauftragten“ an. Die Fachtagung in Laubach diente den teilnehmenden Suchtbeauftragten zur Auffrischung bestehender und zum Erwerb neuer Erkenntnisse, zum Erfahrungsaustausch und zur Netzwerkbildung. Mehr als 120 Beauftragte und Führungskräfte waren der Einladung gefolgt und diskutierten während der drei Konferenztage Methoden und Strategien gegen den Missbrauch. Dabei erwartete sie ein thematisch wie didaktisch vielfältig gestaltetes Programm unter dem Motto der 34 neuen Präventionsstrategie „Vision Zero“, in die Helmut Ehnes, Leiter der Prävention der BG RCI, einführte. Der in diesem Zusammenhang erstellte Handlungsleitfaden enthält unter anderem auch wichtige Hinweise für eine erfolgreiche betriebliche Suchtprävention. Darüber hinaus reichte der Bogen der Fachvorträge von der Epidemiologie des Substanzmissbrauchs (Alkohol, Drogen, Medikamente) über neue nicht-stoffliche Suchtmittel (Smartphone, Internet) bis hin zu den neurologischen Grundlagen der Suchtentwicklung. Eine besondere Herausforderung für viele Betriebe stellt die zunehmende Verbreitung der sogenannten „Legal Highs“ dar. Dabei handelt es sich um synthetische Derivate psychotroper Substanzen mit vergleichbarem Wirkungsspektrum, aber weitgehend unbekannter Wirkungsstärke und nicht einschätzbarer Nebenwirkungen. Da es sich um Derivate handelt, werden viele dieser Substanzen aktuell nicht vom Betäubungsmittelrecht erfasst und können bisher „legal“ über das Internet erworben werden. Der Gesetzgeber bemüht sich derzeit, das Betäubungsmittelrecht weiterzuentwickeln mit dem Ziel, Stoff- gruppen – und nicht mehr Einzelsubstanzen – unter Verbot zu stellen. Neben den Fachvorträgen wurden in sechs jeweils von einem unabhängigen Experten geleiteten Themen-Workshops zielgerichtet Lösungen für aktuelle innerbetriebliche Pro bleme entwickelt. Moderiert und begleitet wurde das gesamte Programm von einem professionellen Moderations- und Theaterteam, das für die nötige Aufmerksamkeit auch an den Nachmittagen sorgte. Im Vorfeld der Tagung hatte die BG RCI den „Best Practice Award 2016“ für vorbildliche Projekte in der Betrieblichen Suchtprävention ausgelobt. Die eingereichten Bewerbungen wurden auf einem eigens eingerichteten „Marktplatz der Projekte“ vorgestellt und von den Tagungsteilnehmern bewertet. Ausschlaggebend waren Kriterien wie Originalität, Verständlichkeit, Wirksamkeit und Umsetzbarkeit. Sechs Unternehmen hatten sich um die Auszeichnung beworben. • Platz 1 erreichte Angela Lammers, CEP Central European Petroleum GmbH, Berlin, mit ihrem Projekt „Adventskalender zur 7/8 2016 BG RCI.magazin BERICHTE UND INFORMATIONEN Suchtprävention“, einem niederschwelligen Angebot, das im Unternehmen in der Vorweihnachtszeit immer wieder präventiv zur Auseinandersetzung mit dem Thema „Suchtmittelmissbrauch“ anregt. •Der 2. Platz ging an Petra Schumann, Dow Deutschland Anlagengesellschaft mbH, Stade. Frau Schumann realisierte zusammen mit Auszubildenden und mit Unterstützung externer Einrichtungen einen Präventionsfilm mit dem Titel „Die tödliche Macht der Drogen“. •Der 3. Preis ging an Peter Wrona, H.C. Stark GmbH, Laufenburg, für seine Idee eines „Führerscheins“ zur Unterweisung von Mitarbeitern und zur Schulung von Führungskräften zum Thema Suchtprävention. Ergänzend zum Tagungsprogramm zeigten Hersteller von Alkohol- und Drogentests, Rehabilitations- und Beratungsorganisationen, Präventionseinrichtungen und Hochschulen sowie ein Fachbuchverlag in einer Industrieausstellung ihr Produkt- und Leistungsspektrum. Tagungspräsidentin Sabine-Schreiber Costa von der BG RCI und Enrico Helbig von der berufsgenossenschaftlichen Fachgruppe „Betriebliche Suchtprävention“ skizzierten abschließend die zukünftige Strategie der Berufsgenossenschaft in der Suchtprävention. Danach wird eine engere Einbindung in Am „Best Practice Award 2016“ für Betriebliche Suchtprävention haben folgende Unternehmen teilgenommen (v. l.): Silvia Ringer, Roche Diagnostics GmbH, Mannheim; Enrico Helbig, Novartis Pharma Produktions GmbH, Wehr (außer Konkurrenz); Petra Schumann, Dow Deutschland Anlagengesellschaft mbH, Stade (2. Preis); Angela Lammers, CEP Central European Petroleum GmbH, Berlin (1. Preis); Peter Wrona, H. C. Stark GmbH, Laufenburg (3. Preis); Tim Kessel, Veritas Thüringen GmbH, Benshausen; Christoph Drissler, Goodyear Dunlop Tires Germany GmbH, Hanau. Foto: bgrci die übergeordnete „Vision Zero“-Strategie angestrebt sowie eine stärkere Ausrichtung auf den Bedarf der kleinen und mittelständischen Betriebe. Die Qualifizierungsreihe zum „Betrieblichen Suchtbeauftragten“ wird überarbeitet. Darüber hinaus soll eine gemeinsame überbetriebliche Internet-Plattform für eine stärkere Vernetzung der Betrieblichen Suchtbeauftragten eingerichtet werden. Von Teilnehmerseite wurden die hervorragende Organisation der Veranstaltung, die kompetenten Vortragenden, die interessanten Themen und vielfältigen Anregungen sowie die Möglichkeiten zum Auf- und Ausbau von Netzwerken gelobt. Wegen der durchweg positiven Resonanz plant die BG RCI, vergleichbare Veranstaltungen künftig in regelmäßigem Turnus anzubieten. Weitere Informationen zur Fachtagung stehen unter www.bgrci.de/veranstaltungen/tagungen bereit. Dr. Franz Aberl, Kranzberg Wie lassen sich Berufskrankheiten von sogenannten Volkskrankheiten besser abgrenzen? DGUV-Auszeichnung für beste Bachelor-Arbeit 2015 geht an BG RCI-Mitarbeiter Mit dem „Förderpreis Berufskrankheiten für Bachelor-Abschlussarbeiten des Jahres 2015“ ist Robin Ziegler, 28, Sachbearbeiter im Bereich Berufskrankheiten bei der BG RCI in Bochum, ausgezeichnet worden. Den Preis für die erfolgreichste Arbeit des Jahrgangs nahm Ziegler im Mai während der XI. Potsdamer Berufskrankheiten-Tage, einer Veranstaltung des Landesverbands Nordost der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), entgegen. Ziegler arbeitet seit 2008 bei der Berufsgenossenschaft in Bochum und hat 2011 seine Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten absolviert. Nach einem Praxisjahr als Sachbearbeiter für Berufskrankheiten widmete er sich dem Studiengang „Sozialversicherung mit dem Schwerpunkt gesetzliche Unfallversicherung“ an der Hochschule BonnRhein-Sieg in Hennef. Seine Abschlussarbeit beschäftigt sich mit der Abgrenzung sogenannter Volkskrankheiten von solchen Erkrankungen, die Aufnahme in die Liste der Berufskrankheiten finden. Am Beispiel ausgewählter Berufskrankheiten untersucht er, ob Mindestbelastungsdosen ein geeignetes Abgrenzungskriterium sein können. Im Ergebnis kommt er zu dem Schluss, dass Mindestbelastungsdosen dazu beitragen können, der Forderung des Bundessozialgerichts gerecht zu werden, Berufskrankheitentatbestände künftig konkreter zu fassen, um sie von anderen Erkrankungsformen leichter abgrenzen zu können. In einer der kommenden Ausgaben des BG RCI.magazins werden wir auf die mit der prämierten Arbeit angesprochene Thematik näher eingehen. Norbert Ulitzka, BG RCI, Bochum 35 BG RCI.magazin 7/8 2016 BERICHTE UND INFORMATIONEN ZKZ-Nr.: 57433 ISSN 2193-102X Sicherheitsfachkräfte-Tagung 2016 BG RCI-Mitgliedsunternehmen in Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland Für die Sicherheitsfachkräfte aus den Mitgliedsunternehmen in den Bundesländern Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland veranstaltet das BG RCI-Präventionszentrum Mainz eine Sicherheitsfachkräfte-Tagung. Termin: 5. und 6. Oktober 2016 in Bad Neuenahr/Ahrweiler Geplant sind folgende Themen: •Expositionsverzeichnis nach § 14 GefStoffV – Verordnungsgrundlage und Zentrale Expositionsdatenbank (ZED) •Neuregelung der arbeitsmedizinischen Vorsorge •Notfallpsychologie •Demographischer Wandel – Alternsgerechte Arbeitszeitgestaltung •Versicherungsschutz bei Betriebssport und Gemeinschaftsveranstaltungen – Zwei Seiten einer Medaille •„Vision Zero“ •Medienangebote der BG RCI und anderer Unfallversicherungsträger •Ausgewählte Urteile aus dem Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung •Printmedien für die Prävention •Verhaltensbezogene Maßnahmen im Arbeitsschutz •20 Jahre Gefährdungsbeurteilung •Gefährdungsbeurteilung – Psychologische Belastungen erfolgreich managen •Gefahrstofflagerung in Innenräumen •Die neue Betriebssicherheitsverordnung und die Änderung der Gefahrstoffverordnung Sicherheitsfachkräfte, die mit einem eigenen Vortrag zu der Veranstaltung beitragen möchten, werden gebeten, möglichst umgehend mit Rainer Ullrich (E-Mail: [email protected]) Kontakt aufzunehmen. Bei einer Vielzahl eingehender Vortragsangebote behält sich der Veranstalter eine Auswahl vor. Das BG RCI-Präventionszentrum Mainz lädt die Sicherheitsfachkräfte zu dieser Tagung gesondert auf schriftlichem Wege ein. bgrci/rph BG RCI. Impressum Herausgeber Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie Kurfürsten-Anlage 62 D-69115 Heidelberg Verantwortlich Thomas Köhler, Ulrich Meesmann, Hans-Jörg Piasecki Chefredaktion Ulrike Jansen Redaktionsleitung Norbert Ulitzka, Bochum ! 36 Kontakt Redaktion BG RCI.magazin Postfach 10 04 29, D-44704 Bochum Hunscheidtstraße 18, D-44789 Bochum Telefon:06221/5108-57008 Telefax:06221/5108-57098 E-Mail:[email protected] Internet:www.bgrci.de Redaktion Dr. Michael Glück, Dr. Matthias Kluckert, Wolfgang Pichl, Burkhard Rehn, Christian van den Berg Redaktionsassistenz Marina Prelovsek, Bochum Grafik Daniela Stork, Bochum Bezugs- und Adressänderungen nur per E-Mail:[email protected] Druck und Versand te Neues Druckereigesellschaft mbH & Co. 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