Auf Twitter korrigierte eine Userin die sexistische Schlagzeile der «Chicago Tribune». «Er hat aus seiner Ehefrau eine neue Schwimmerin gemacht» fs / 16. Aug 2016 - An den Olympischen Spielen schmälern Reporter die Leistungen von Sportlerinnen. Diese werden relativiert und Partnern oder Trainern zugeschrieben. Im englischsprachigen Raum werden Sportreporter kritisiert, weil sie die Leistungen von Sportlerinnen in Rio nicht als solche würdigen. Stattdessen berichten sie über das Aussehen, die Partner und Trainer der Frauen und vergleichen sie mit männlichen Sportlern. «Weiblicher Michael Phelps» Einige Beispiele: • • • Der britische «Daily Mail» bezeichnete die US-Schwimmerin Kathleen Ledecky als «weiblichen Michael Phelps». Umgekehrt ist ein solcher Vergleich unvorstellbar. Ledecky hat unter anderem ihren Weltrekord über 400 Meter Freistil gebrochen und Gold gewonnen. Rowdy Gaines, früherer US-Schwimmer und Gastkommentator des US-Senders NBC, relativierte diese Leistung mit dem Hinweis, dass Ledecky «nicht wie ein Mann schwimmt». Das «People Magazine» bezeichnete die US-amerikanische Spitzenturnerin Simone Biles als «Michael Jordan des Turnens». Der Vergleich mit dem früheren USBasketball-Star soll wohl ein Lob sein. Vertauschte Rollen zeigen, dass er schlicht • • • sexistisch ist: Kein Reporter würde Michael Jordan als «Simone Biles des Baseballs» bezeichnen. Als die ungarische Schwimmerin Katinka Hosszú über 400 Meter Lagen Gold in neuer Weltrekordzeit geholt hatte, machte Dan Hicks, NBC-Sportreporter, ihren Ehemann und Trainer für den Erfolg verantwortlich: «Hier ist der Mann, der aus seiner Ehefrau eine völlig neue Schwimmerin gemacht hat.» Nach dem Medaillengewinn der US-Sportschützin Corey Cogdell nannte die «Chicago Tribune» in der Schlagzeile statt ihres Namens ihren Beziehungsstatus: «Die Frau eines Footballspielers der Chicago Bears gewinnt Bronze in Rio». Der Mann von Corey Cogdell bleibt zwar ebenfalls namenlos. Doch sie hat die Medaille gewonnen und er hat deshalb in der Schlagzeile nichts zu suchen. Keinem Reporter käme eine vergleichbare Schlagzeile über den US-Schwimmstar Michael Phelps in den Sinn: «Der Verlobte der früheren Miss Kalifornien gewinnt seine 25. Goldmedaille». Besonders viel Aufsehen in den Medien löste das Beachvolleyball-Spiel der Frauen zwischen Ägypten und Deutschland aus. Anlass war jedoch nicht die Leistung der beiden Teams, sondern die Kleidung. Die deutschen Spielerinnen traten im Bikini gegen die Ägypterinnen im Ganzkörperanzug an. Von «Kulturkampf» und «Kulturschock» war die Rede. «Alles was sie sehen, ist das Kopftuch und nicht die Leistungen», hiess es in einem Kommentar auf Twitter. Traditionelle Klischees Sport und physische Kraft werden nach wie vor primär Männern zugeschrieben, schrieb die Journalistin Emma Gray in der «Huffington Post». Die Olympischen Spiele seien eine der seltenen Gelegenheiten, wo auch Sportlerinnen grosse mediale Aufmerksamkeit erhalten. Doch kraftvolle und leistungsstarke Frauen würden dem klischeehaften Blick auf den Frauenkörper widersprechen. Indem die Reporter die Leistungen der Frauen in Relation zu Männern stellen, hielten sie die traditionellen Klischees aufrecht. Sachlich über Leistungen berichten Auch für die feministische US-Autorin Lindy West sind die Kommentare der Sportreporter ein Spiegel unserer männlich geprägten Kultur. Es sei offenbar heute immer noch nicht selbstverständlich, einfach sachlich über die Leistungen von Frauen zu informieren. West empfiehlt im «Guardian» Sportreportern, über weibliche Leistungen so zu berichten wie über männliche Leistungen. Das Geschlecht sollte nur ein Thema sein, wenn es um Diskriminierung geht. Die Olympischen Spiele hätten beispielsweise ein Anlass sein können, um über die ungleiche Bezahlung von Sportlerinnen und Sportlern oder über die sexistische Berichterstattung zu informieren.
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