(ZfTI) und des - interkulturelle väterarbeit nrw

Tagungsdokumentation
gefördert vom
Facharbeitskreis für interkulturelle Väterarbeit
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Fachtagung: Frag doch Papa!
Einleitung
Die vorliegende Publikation ist eine Dokumentation der Fachtagung „Frag doch Papa! Interkulturelle
Väterarbeit in NRW. Erprobt. Erforscht…Verankern vom 30. Oktober 2014. Die Tagung war eine gemeinsame Veranstaltung der Stiftung Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung (ZfTI) und des
„Facharbeitskreises der interkulturellen Väterarbeit in NRW“ unter der Schirmherrschaft des Staatssekretärs für Integration im Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen
(MAIS NRW) Thorsten Klute.
Auf der Tagung wurden Zwischenergebnisse des Evaluationsprojektes mit Vertreterinnen und Vertretern
aus Kommunen, Wohlfahrtsverbänden, Bildungseinrichtungen, Migrantenorganisationen, Initiativen,
wissenschaftlichen Einrichtungen und weiteren Interessierten diskutiert und der Öffentlichkeit präsentiert.
Nach den Begrüßungs– und Eröffnungsreden wurden im ersten Teil der Tagung die Zwischenergebnisse in
einem Impulsvortrag vorgestellt und im moderierten Dialog als Transfer zwischen Wissenschaft und Praxis
diskutiert.
In vier Workshops mit verschiedenen Themen der Väterarbeit tauschten rund 200 Gäste ihre Erfahrungen
aus, entwickelten neue Ideen und stellten best-practice-Ansätze in den verschiedenen Feldern vor.
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Interkulturelle Väterarbeit in NRW
Begrüßungsrede
Andreas Bomheuer, Kulturdezernent Essen
Sehr geehrter Herr Staatssekretär Klute,
sehr geehrter Herr Prof. Uslucan,
sehr geehrte Mitglieder des Facharbeitskreises für interkulturelle Väterarbeit,
meine Damen und Herren,
auch im Namen der gastgebenden Volkshochschule
(VHS) begrüße ich Sie als Geschäftsbereichsvorstand für
Kultur, Integration und Sport der Stadt Essen ganz herzlich zur Fachtagung „Interkulturelle Väterarbeit in NRW“
hier in der Volkshochschule Essen.
land nicht mehr mit einer einzigen „deutschen“ Kultur zu
tun haben. Stattdessen leben wir in einer vielfältigen Gesellschaft, deren Zusammenhalt insbesondere davon
abhängt, inwieweit es den Menschen gelingt, sich interkulturell zu öffnen und zu verständigen.
Zum anderen hängt unsere nationale wie kommunale
Zukunft davon ab, gute Rahmenbedingungen für die Entwicklung von Familien zu bieten, egal ob deren Mitglieder einen Migrationshintergrund haben oder auch nicht.
Gute Rahmenbedingungen sind etwa

eine materiell ausreichende Versorgung,

den Bedarf deckende Kindertagesstätten, die auf
die modernen Arbeitsbedingungen eingehen,

gut ausgestattete Bildungseinrichtungen

und natürlich ein interkultureller Ansatz: Denn
rund ein Drittel der Kinder in Deutschland haben
inzwischen einen Migrationshintergrund – Tendenz steigend!
In vielen Familien liegt die Verantwortung für die Erziehung der Kinder bei den Müttern und auch in den Kindergärten und Kindertagesstätten sind immer noch 97 % der
Fachkräfte weiblich. Es ist der Verdienst des Facharbeitskreises „Interkulturelle Väterarbeit NRW“, der der VerGestatten Sie mir vorab eine Bemerkung als Kulturdezeranstalter dieser Tagung ist, Väter mit verschiedenen kulnent. Ich gehe von einem Verständnis des Begriffs Kultur
turellen Hintergründen für eine stärkere Beteiligung an
aus, der sich nicht nur auf Kunst beschränkt. Kultur ist
der Erziehung ihrer Kinder und für die Mitwirkung in Kinvielmehr ein Normen- und Wertesystem, nach dem wir
dergärten, Kindertagesstätten und Schulen zu gewinnen:
unsere Gemeinschaft organisieren, sie ist die Art und
Beratungsangebote für interessierte Väter, VätergrupWeise, wie wir mit der Natur, mit unseres Gleichen wie
pen, erlebnisorientierte Angebote für Väter und Kinder
mit uns selbst umgehen. Sie ist so verstanden der Schlüsoder Informations- und Weiterbildungsveranstaltungen
sel für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und für
sind einige Beispiele für spezifische Angebote, die dazu
die Entwicklung der Persönlichkeit eines jeden Einzelnen.
beitragen sollen, auch die Väter „ins Boot zu holen“. Und
Damit verbunden ist auch das Rollenverständnis, z. B.
es ist ebenso dem Land Nordrhein-Westfalen (NRW) zu
von Müttern oder Vätern. Deutlich herausstellen möchte
verdanken, dass es diese Projektansätze finanziell förich, dass die sich Kultur jeder Gesellschaft immer wieder
dert.
verändert und wandelt. Die Kulturgeschichte ist immer
auch eine Geschichte des kulturellen Wandels.
Wir in Essen haben in der letzten Legislaturperiode die
Das Thema dieser Fachtagung bietet in zweierlei Hinsicht
Ansätze, die für die Öffnung der deutschen Gesellschaft
gegenüber modernen Entwicklungen stehen: Zum einen
liegt dem Tagungstitel die inzwischen weithin akzeptierte Einschätzung zugrunde, dass wir es hier in Deutsch-
interkulturelle Öffnung der Stadtgesellschaft, aber auch
in der öffentlich-rechtlichen Verwaltung verabredet. Dabei ist uns wichtig, dass wir Integrationspolitik als Querschnittsaufgabe verstehen und die bisher geschaffenen
Parallelstrukturen abschaffen. Es liegt in der Verantwor-
Fachtagung: Frag doch Papa!
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tung eines jeden Einzelnen wie auch des einzelnen
Fachbereichs der Stadtverwaltung, sich interkulturell zu
öffnen und das als eine wesentliche Aufgabe zu verstehen.
Das Ziel der heutigen Tagung, die interkulturelle Väterarbeit in der Kommune zu verankern, unterstützt die
Stadt Essen uneingeschränkt, da es sich unsere Stadt in
einem größeren Zusammenhang schon zur Aufgabe
gemacht hat, die verschiedenen städtischen Bereiche –
von den Kindertagesstätten und Kindergärten über die
Schulen bis hin zu den städtischen Ämtern und Behörden – interkulturell zu öffnen, mit dem Ziel, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken und damit noch
attraktiver für die hier lebenden oder noch zuziehenden
Menschen und Familien zu sein. Die Volkshochschule ist
in vielerlei Hinsicht ein idealer Ort für dieses Tagungsthema:
Auf der Grundlage der Prinzipien der Volkshochschulen
– Offenheit, Pluralität, Internationalität, Mehrsprachigkeit sowie der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Kulturen – kann man hier tagtäglich in Integrationskursen und Schulabschlusskursen, aber auch bei
Einbürgerungstests und beruflichen oder sprachlichen
Fortbildungskursen erleben, wie Kursteilnehmende
unterschiedlichster Länder und Kulturen im wahrsten
Sinne des Wortes „inter-kulturell“ miteinander umgehen – und dies mit großem Bildungserfolg auch gelingt!
Die interkulturelle Eltern- und Familienbildung ist seit
längerer Zeit schon wichtiger Bestandteil der Volkshochschularbeit. Die VHS hilft zugewanderten Eltern
dabei, ihre Erziehungskompetenz in diesem für sie
fremden Bildungs- und Ausbildungssystem weiterzuentwickeln und die Aufstiegschancen ihrer Kinder zu verbessern. In Zusammenarbeit mit Migrantenorganisationen werden zugewanderte Eltern gestärkt und das interkulturelle Lernen wird gefördert.
Ein gelungenes Beispiel für diese interkulturelle Elternbildung an der VHS Essen sind die SIMBA-Projekte, die
Eltern mit und ohne Migrationshintergrund Sprach-,
Alltags-, Sozial- und Erziehungskompetenzen vermitteln. SIMBA (= „Sprachförderung Integrieren Miteinander Bildung Anstreben“) ist jedoch nur ein Beispiel für
interkulturelle Elternbildung. Seit dem Jahr 2000 realisiert die VHS Essen mit unterschiedlichen Kooperations-
partnern verschiedene Elternbildungsangebote. Hierbei
werden jeweils passgenaue Konzepte entwickelt, die
die unterschiedlichen Bedarfe der Zielgruppe berücksichtigen. Einige modellhafte Beispiele hierfür sind:
Schulentwicklung Interkulturell, Treffpunkt Schulstart,
Sprachförderung und Elternbildung, Bildung Hand in
Hand sowie VHS begleitet Bildung. Pro Jahr gibt es bei
der VHS Essen zwischen 15 und 20 Elternbildungsangebote mit insgesamt ca. 300 Teilnehmenden.
Der Leiter einer kooperierenden Schule fasst seine Erfahrungen mit der VHS Essen wie folgt zusammen:
„Durch regelmäßige und passgenaue Sprachförderung
und Elternbildung verändert sich die Schullandschaft.
Eltern partizipieren zunehmend am Schulleben, wovon
in erster Linie die Kinder, aber auch die Schule selbst
profitiert, ermöglicht dies doch die Zusammenarbeit
mit den Eltern, langfristig gemeinsame Erziehungsstile
anzusteuern.“
Aber trotz der großen Erfolge dieser Angebote muss
auch bei diesen Projekten festgestellt werden, dass die
meisten Teilnehmenden Frauen waren und die Väter
eher die Ausnahme. Insofern wird die Tagung dabei
helfen können, diese geschlechtliche Unausgewogenheit zu diskutieren und im Dialog zwischen Vertretern
von Kommunen, Wohlfahrtsverbänden, Bildungseinrichtungen, Migrantenselbstorganisationen, Initiativen
und wissenschaftlichen Einrichtungen neue Ideen für
die interkulturelle Väterarbeit zu entwickeln.
Dafür möchte ich mich bei den Tagungsorganisatoren,
den Mitgliedern des Facharbeitskreises für interkulturelle Väterarbeit NRW sowie den zuständigen Mitarbeitern der Volkshochschule Essen ganz herzlich bedanken
und wünsche der Tagung einen produktiven und erfolgreichen Verlauf.
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Interkulturelle Väterarbeit in NRW
Eröffnungsrede
Thorsten Klute, Staatssekretär für Integration im Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes
Nordrhein-Westfalen
Sehr geehrter Herr Bomheuer,
sehr geehrte Frau Prof. Westphal ,
sehr geehrte Frau Dr. Kaluza
sehr geehrte Frau Dr. Otyakmaz,
sehr geehrter Herr Prof. Uslucan,
sehr geehrte Damen und Herren,
auch ich begrüße Sie hier und heute ganz herzlich!
Ich erinnere mich gut an einen meiner ersten Tage als
Staatssekretär für Integration in Düsseldorf.
Das ist jetzt knapp ein Jahr her. Damals besuchte ich
die Integrationsabteilung und versuchte, mir einen ersten Überblick über die verschiedenen Arbeitsansätze
zu verschaffen. Sofort und voller Überzeugung habe
ich zugesagt, als man mich fragte, ob ich die Schirmherrschaft für das interkulturelle Väternetzwerk in
NRW übernehmen wolle. Seitdem lasse ich mich regelmäßig über die Arbeit informieren. Und bin weiterhin
sehr überzeugt!
Die interkulturelle Väterarbeit ist ein Gewinn für NRW!
In dem Ansatz stecken noch viele Entwicklungsmöglichkeiten. Welch großes Interesse es an Erfahrungen
aus der Praxis und der Diskussion guter Konzepte gibt,
verdeutlicht die Resonanz auf die heutige Veranstaltung. Unser Landeskoordinator, Herr Gollmer, hat es
gesagt: In den letzten Jahren wurden in NRW an verschiedenen Standorten Konzepte interkultureller Väterarbeit „erprobt“. Mit der heutigen Veranstaltung sollen
die erprobten Erfahrungen der bisherigen Arbeit an Sie
alle weitergegeben werden. Natürlich hoffen wir dabei
auf viele Nachfolgeprojekte. Schauen Sie hier ruhig
einmal ab!
Für das Gelingen von Erziehung ist neben der mütterlichen die väterliche Präsenz unerlässlich. Grundsätzlich
wissen dies natürlich alle Väter! Damit ist aber noch
lange nicht geklärt, wie Väter sich einbringen können
oder einbringen sollen. Mal ganz abgesehen davon, wie
sie sich einbringen wollen!
Väter fehlen oft in der Erziehung und pädagogischen
Praxis . Das gilt für alle Väter! Da ist noch einiges zu tun.
Wir haben das Feld der Erziehung viel zu lange komplett den Frauen (nichts gegen sie) überlassen. Beim
frühen Aufwachsen von Kindern fehlen auch außerhalb
der Familie eher männliche Bezugspersonen oder Vorbilder. Der Anteil von Männern, die als Fachkräfte in
der frühen Bildung arbeiten, ist immer noch sehr gering. Das gilt auch weiterhin für Grundschulen und den
Ganztag. Die letzte große Befragung von Vätern
„Meinungen und Einstellungen der Väter in Deutschland“ (forsa) aus dem Jahr 2013 verdeutlicht die
schwierige Ausgangssituation für die Väter. So möchten sie laut der Studie mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen. Zugleich sind aber 89 % der Väter voll berufstätig. Besonders Väter mit kleinen Kindern und Väter, die
mehrere Kinder haben, beklagen, dass sie zu wenig Zeit
für ihre Kinder haben und dass der finanzielle Druck,
häufig auch als Alleinverdiener, erheblich ist. Wenn wir
zugleich wissen, wie wichtig die väterliche Bezugsperson für das Aufwachsen des Kindes ist, dann benötigen
wir dringend Handlungsansätze, wie wir sie heute hier
vorstellen werden.
Familienpolitik gehört nicht originär zu den Handlungsfeldern des Ministeriums für Arbeit, Integration und
Soziales. Die umfassenden Fachkenntnisse in diesen
Themen haben die Kolleginnen und Kollegen im Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport bei
Frau Ministerin Ute Schäfer. Ich begrüße es daher sehr,
dass beide Ressorts bei dem Thema, mit dem wir uns
heute beschäftigen, eng zusammenarbeiten. Familien
mit Migrationshintergrund sind für das MFKJKS
(www.familieundberuf.nrw.de) selbstverständlich eine
wichtige Zielgruppe. Auch bei der Väterarbeit besteht
ein enger Austausch zwischen dem Facharbeitskreis
der interkulturellen Väterarbeit und dem Väterportal.
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Fachtagung: Frag doch Papa!
Warum haben wir in NRW trotzdem einen eigenen Ansatz der interkulturellen Väterarbeit entwickelt? Bei den
Vätern mit Migrationshintergrund spielen noch einige
weitere Aspekte eine entscheidende Rolle: Wesentlich
ist die vielfach in der Öffentlichkeit verbreitete Auffassung, dass Väter mit Migrationshintergrund sich nicht
für die Erziehung und Bildung ihrer Kinder interessieren. Dass dies höchstens auf einen ausgesprochen kleinen Teil von Vätern oder Eltern zutrifft, wird häufig
nicht wahrgenommen. Wir wissen, dass alle Eltern, egal
welcher Herkunft sie sind, das Beste für ihr Kind wollen!
Die große Mehrheit der Väter interessiert sich sehr wohl
dafür und möchte sich einbringen. Viel häufiger geht es
um Unsicherheiten, wie man sein Kind am besten begleitet, was Kita oder Schule erwarten usw. In der
öffentlichen Diskussion muss das Engagement der Väter und Familien, ihre große Lebensleistung, noch viel
deutlicher vermittelt werden. Direkt hiermit verbunden
ist das lange Zeit auch in der Integrationsarbeit vermittelte Bild, dass vor allem die Migrantinnen benachteiligt
sind und dass man sie unbedingt durch entsprechende
Programme bestärken muss. Die durchaus richtige Analyse hat allerdings dazu geführt, dass sich fast alle Konzepte an Frauen richten. Ein Programm wie z. B. Rucksack Kita oder Rucksack Schule wird entsprechend zu
über 90 % von Frauen besucht. Für Frauen gibt es spezielle Deutschkurse usw.
Die Potenziale der Väter wurden wenig gesehen und
noch weniger wurden entsprechende Konzepte auf ihre
speziellen Bedürfnisse abgestimmt. Und dass sich die
Konzepte tatsächlich unterscheiden, werden Sie im
Laufe des Tages nachvollziehen können. Ich bin daher
sehr froh, dass das Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung uns die Zwischenergebnisse der
Praxisforschung zur nachhaltigen Entwicklung interkultureller Väterarbeit vorstellen wird. Die Praxisforschung
bezieht sich unter anderem ganz wesentlich auf die
Aussagen der Väter selbst. Eine solche Forschung, die
auch sehr gezielt die Potenziale und Wünsche der Väter
in den Blick nimmt, fehlte bisher. NRW leistet damit
einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung des Ansatzes. Ich hoffe sehr, dass hiervon viele Regeleinrichtungen in NRW, aber auch in anderen Bundesländern
profitieren werden. Wir wollen auch in Zukunft darauf
setzen, dass wir mit den Vätern sprechen und sie aktiv
einbeziehen. Sie benötigen Begleitung, keine Bevor-
mundung!
Dabei reden wir uns die Lebenslagen der Familien mit
Migrationshintergrund nicht schön. Noch immer bestehen erhebliche Unterschiede. Das betrifft fast alle sozialen Belange wie etwa Beschäftigung, Bildung, den
Übergang in die Ausbildung, das Familieneinkommen,
die gesundheitliche Situation und die Wohnraumversorgung. Wir haben erhebliche Fortschritte gemacht, aber
wir werden weiter engagiert dafür eintreten, dass in
NRW Chancengerechtigkeit herrscht. Am besten gelingt
uns dies, wenn wir präventiv arbeiten. Seit dem 1.1.2012
ist in NRW das Teilhabe- und Integrationsgesetz in
Kraft. Es wurde vom Landtag ohne Gegenstimmen verabschiedet. Es steht für den parteiübergreifenden integrationspolitischen Grundkonsens in NRW. Dieser
Konsens ist für den sozialen Frieden von herausragender Bedeutung. Er besagt: Unser gemeinsames Land
NRW war und ist ein Land der Vielfalt. Wir nehmen sie
als Chance und Herausforderung an. Damit Menschen
mit Migrationshintergrund hier in Frieden und mit
gleichberechtigten Chancen zur Partizipation an der
Gesellschaft teilnehmen können, tun wir einiges: Es
wurde eine flächendeckende Integrationsinfrastruktur
geschaffen mit Kommunalen Integrationszentren und
Integrationsagenturen.
Jeder Vater, der bei aktuellen Fragen Unterstützung
und Rat findet, leistet einen erheblichen Beitrag für das
gute und gesunde Aufwachsen der nächsten Generation. Er ist im besten Sinn Vorbild für unsere Gesellschaft.
Das Gemeinwesen ist auf die Mitwirkung angewiesen,
der Staat allein kann Integrationsarbeit nur bedingt
leisten. Wir können und wollen allerdings den Rahmen
stellen und Menschen dabei unterstützen, dass sie sich
einbringen. Ich würde mich freuen, wenn viele von
Ihnen aus der heutigen Veranstaltung Impulse für die
eigene Arbeit mitnehmen. Verankern Sie diese Ansätze
in ganz NRW! In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen
erfolgreichen Tag.
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Interkulturelle Väterarbeit in NRW
Impulsvortrag:
„Das Potenzial der Väterarbeit“
Prof. Dr. Hacı-Halil Uslucan, wissenschaftlicher Leiter
der Stiftung Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung
Zwischenergebnisse
Vielen, vielen Dank für die sehr freundliche Einführung.
Vielen Dank, dass Sie so zahlreich hier sind und keine
anderen verlockenden Alternativen gewählt haben.
Vielen Dank an das Ministerium, das es möglich macht,
dass wir dieser Thematik nachgehen können. Danke an
den Facharbeitskreis Interkulturelle Väterarbeit, der
zum Gelingen und zu einer sehr guten Zusammenarbeit
beigetragen hat. Auch dem Hausherren, der Volkshochschule Essen, ist zu danken, dass wir hier sein dürfen;
und nicht zuletzt danke ich ganz herzlich meinem
Team, Mitarbeitern des ZfTI, die ja seit heute fünf Uhr
unterwegs sind, allen voran Yıldız Özcan. Wie immer im
Hintergrund: Meral Özten, Nejla Sama, Michael Tunç
und last, but not least – ich glaube auf seinen Schultern
lag die ganz, ganz große Arbeit – Cem Şentürk: Ihnen
sei ganz, ganz herzlich gedankt. Ohne Sie hätten wir
die Veranstaltung hier nicht.
Ja, die Veranstaltung hat den Titel „Frag doch Papa“.
Ich werde Ihnen gleich zeigen, wie es sein kann, wenn
man Papa fragt. Was heißt das, „Fragen“? Heidegger
hat einmal sehr schön gesagt: „Denn das Fragen ist die
Frömmigkeit des Denkens.“ Wir sehen, wie poetisch
man auch Fragen behandeln kann. Die Psychologen
verstehen unter Fragen etwas Nüchternes: Fragen als
Zugang zu den kognitiven Ressourcen sozialer Koakteure. Da bin ich bei meinem Moderator, der vorhin
erwähnt hat, wie man einfache Dinge auch sehr, sehr
kompliziert sagen kann. Die Antwort hätten Sie, wenn
Sie einen Psychologen fragen, was denn Fragen sei. Er
würde sagen, das ist der Zugang zu den kognitiven Ressourcen sozialer Koakteure. So weit will ich es nicht
kommen lassen. Ich bin Herrn Klute dankbar; ein, zwei
Punkte haben Sie schon sehr pointiert erwähnt. Ich
möchte auf drei wesentliche Punkte eingehen: Die Rolle und Relevanz von Vätern bei der Entwicklung, dann
noch mal zuspitzen auf die Frage „Väter mit Zuwanderungsgeschichte“ und wesentlich die Ergebnisse der
Evaluation Interkultureller Väterarbeit in NRW. Frei
nach G. Bateson, das ist in seinem Buch „Geist und Natur“ hinten abgebildet, möchte ich Ihnen zeigen, wie es
manchmal laufen kann, wenn Väter und Söhne im Dialog sind. Da fragt nämlich ein Sohn den Papa. Frag doch
Papa, der nimmt es wörtlich.
S.: Papa, sind Väter eigentlich immer schlauer als die
Söhne?
P.: Ja, klar.
S.: Papa, kann ich dich noch was fragen?
P.: Ja, was denn?
S.: Wer hat eigentlich die Dampfmaschine erfunden?
P.: James Watt.
S.: Papa …
P.: Ja, was denn schon wieder?
S.: Warum hat sie eigentlich nicht James Watts Vater
erfunden?
Also wenn man Papas fragt, kann auch so etwas kommen. Wenn man generell Familien mit Zuwanderungsgeschichte betrachtet, so gibt es in der Literatur, wenn
man sie sehr grob zusammenfasst, zwei Kernzugänge,
Kernparadigmen: Das eine ist immer wieder die Konflikthypothese, bei der davon ausgegangen wird, dass
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Fachtagung: Frag doch Papa!
in Migrantenfamilien, in Familien mit Zuwanderungsgeschichte die Spannungen bzw. die Eltern-KindSpannungen deutlich stärker sind als bei Einheimischen.
Das wird behauptet dadurch, dass Generationen- und
Kulturkonflikte sich überlappen würden. Das ist ein gängiger Topos aus den 1980er- und 1990er-Jahren:
„Zerrissen zwischen zwei … „. Wenn Sie anhand dieser
Begrifflichkeit die Literatur wälzen, so etwa „türkische
Mädchen zwischen zwei Stühlen“, „zwischen zwei Welten“, „zwischen zwei Kulturen“ etc… „Zwischen zwei“
drückt aus, dass dazwischen viel Spannung liegt und
zum Teil die Antagonismen nicht versöhnt werden können. Das ist eine oft behauptete These. In der neueren
Forschung gibt es aber mehr Hinweise auf die Solidaritätsthese, und zwar dahingehend, dass gerade in Migrantenfamilien die Verbundenheit der Generationen,
auch das Helfen untereinander, das Unterstützen, deutlich stärker ausgeprägt ist. In den Forschungen von
Nauck und seinen Mitarbeitern ist gezeigt worden, dass
in der zweiten Generation beide Thesen berechtigt sind,
dass dort sowohl mehr Konflikte vorhanden sind als
auch eine stärkere Verbundenheit. Wir erleben heute
beide Aspekte in der dritten und der vierten Generation
von Zuwanderern. Also ich wäre die klassische zweite
Generation, mein Vater ist 1971 als klassischer Gastarbeiter nach Deutschland gekommen, wir sind 1973 nachgezogen.
Was haben Väter für eine Rolle? Ich will von meiner eigenen Profession berichten. Ich bin von Hause aus Entwicklungs- und pädagogischer Psychologe, freue mich
deshalb auch, dass ich mit Frau Otyakmaz eine Kollegin
hier habe, die die dieselbe Profession hat. Was zeigt die
Entwicklungspsychologie? Sie zeigt, dass vor allem für
die kognitive Entwicklung der Kinder Väter eine spezifische Rolle spielen; und zwar zeigt die Forschung seit
den 1980er-Jahren, dass die kognitive Entwicklung von
Kindern durch Väter stärker stimuliert wird. Das hat
einen relativ einfachen Hintergrund. Mütter sind deutlich vorsichtiger, sind behütender. Sie lassen Kinder
beispielsweiseweniger an durchaus gefährlichen Spielen teilnehmen. Väter werfen sie manchmal hoch, dann
fangen sie sie wieder auf. Sie spielen mit ihnen in deutlich gefährlicheren Arealen, erlauben ihnen mehr Exploration und dadurch fördern sie, stimulieren sie die kognitive Entwicklung viel stärker.
Vor allem scheinen Väter auch stärker aufgabenorientierte Thematiken, aufgabenorientierte Spiele zu spielen, was die Kompetenz fördert. Allerdings haben Forschungen auch gezeigt, dass nicht nur allein die Kompetenzförderung, sondern auch Grenzen setzen wichtig
ist. Schneewind hat mal sehr schön gesagt „Freiheit in
Grenzen“; das bezeichnet den typischen bzw. zeitgemäßen Erziehungsstil: sowohl Freiheit geben als auch
Grenzen setzen. Ein Vater, der einerseits die Unabhängigkeit des Kindes fördert, aber andererseits kompetent ist und Grenzen setzt. Das bringt die besten Voraussetzungen für die geistige Entwicklung von Kindern. Darüber hinaus haben Väter, vor allem für ihre
Söhne als Identifikationsfigur eine Relevanz. Für Mädchen bieten sie ein Forum, um gegengeschlechtliche
Verhaltensweisen zu erlernen. Darüber hinaus hat die
Forschung gezeigt, dass das gemeinsame Aufwachsen
von Vorteil ist, also wenn Vater und Mutter vorhanden
sind. Das sage ich jetzt nicht aus moralischem oder normativem Impetus heraus, sondern aus einer psychologischen Perspektive; denn dort, wo eine größere Heterogenität und eine breite Vielfalt in der Erziehung ist, gibt
es mehr Entwicklungsimpulse. Denn selten haben Vater
und Mutter dieselben erzieherischen Vorstellungen,
dieselben erzieherischen Anforderungen.
Dort, wo die Heterogenität größer ist, sind auch die
Bedingungen, dass das Kind mehr austarieren muss,
mehr eine Synthese, eine lebbare Synthese für sich bilden muss, besser. Das heißt, dort ist die intellektuelle
Stimulierung deutlich größer, als wenn es nur ein einigermaßen überschaubares Erziehungsziel gibt.
Vor allem scheint sich die Abwesenheit des Vaters im
Grundschulalter enorm belastend auszuwirken, bis zum
Alter von acht bis zehn Jahren. Dabei zeigt die Forschung, dass sich die sehr frühen Abwesenheit des Vaters durch Trennung stärker auswirkt als die Abwesenheit durch Tod des Vaters. Auch das ist in verschiedenen Studien mehrfach belegt worden, weil Kinder möglicherweise die Abwesenheit des Vaters durch Trennung auf sich selbst beziehen, „Vielleicht war ich kein
gutes Kind“, „Vielleicht war ich nicht liebenswürdig
genug“, „Vielleicht habe ich eine Mitschuld“ etc., weil
manchmal Konflikte um das Kind ausgetragen werden,
Kinder das dann stärker internalisieren, während bei
der Abwesenheit des Vaters durch Tod dieses nicht auf
Interkulturelle Väterarbeit in NRW
das eigene Versagen zurückgeführt wird und hier die
Solidarität, der Rückhalt der Familie, der gesamten, der
erweiterten Familie, auch der Familie des Vaters, des
gestorbenen Vaters, viel stärker präsent ist. Das ist ein
sehr interessanter Befund.
Die Relevanz und Bildung der Mutter sind ein ganz,
ganz starker Aspekt, das zeigen alle Entwicklungsstudien. Aber der Vater hat auch einen eigenständigen
Beitrag. Auch das ist vor allem in der neueren Forschung deutlich geworden, die zeigt, dass für das psychologische Wohlbefinden der Kinder ein signifikanter
Beitrag auch des Vaters erforderlich ist, unabhängig
vom Anteil der Mütter, dass also das Wohlbefinden des
Kindes gesteigert wird. Es ist also kein
„Nullsummenspiel“, je mehr die Mutter, desto geringer
der Anteil des Vaters. Der Anteil der Mütter ist groß,
aber das Wohlbefinden des Kindes kann gesteigert
werden, wenn die Väter in die Interaktion eintreten.
Ich komme zum zweiten Punkt, und da hole ich ein
bisschen aus. Sie, Herr Thormeyer, als auch Sie, Herr
Staatssekretär Klute, haben zu Recht vorhin historisch
aufgezeigt, wie man lange über Familien mit Zuwanderungsgeschichte und vor allem über Väter gedacht hat.
Der vorherrschende Diskurs, und das zeigen auch Studien bis in die neunziger Jahre, beschrieb die türkischen Männer als „autoritär“, „patriarchalisch“,
„aggressiv“. Sie unterdrückten ihre Frauen und ihre
Töchter; wenn überhaupt Autonomie, dann gewähren
sie diese den Söhnen. Das ist ein Diskurs, den man an
Stammtischen immer wieder hört, wenn es um türkische Männer geht. Spohn hat das in einer Veröffentlichung sehr schön gezeigt: Männer als Autoritäre, Aggressive und Frauen und Töchter als Unterdrückte, als
Unfähige.
Vor allem wurden die Männer als unfähig betrachtet,
sich den Anforderungen einer modernen Gesellschaft
anzupassen, in einer modernen Gesellschaft zu funktionieren. Was aber viel zu wenig berücksichtigt wird –
und da hat vor allem Herr Tunҫ sehr verdienstvolle Arbeit auch in der Theorie geleistet –, ist, dass es weder in
den Herkunftsländern eine eindeutige und eine sehr
klar identifizierbare Rolle von Vätern gibt, noch, dass
sie eine klare vorherrschende Rolle mitbringen, sondern die Vielfalt bereits in den Herkunftsländern vorhanden ist.
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Und Migration bedeutet weder ein radikaler Bruch,
noch bedeutet es nur eine kontinuierliche Fortführung.
Es verändert sich etwas. Ein Teil wird möglicherweise
beibehalten, ein Teil wird übernommen, ein Teil wird
selbst kreiert an Väterlichkeit, an Elterlichkeit. Das
heißt, die Vorstellung „So sind die doch in der Türkei,
also sind sie auch so in Deutschland“ ist falsch und „Die
in Deutschland sind ganz anders als die in der Türkei“,
das ist, glaube ich, in der Form auch falsch.
Denn es ist denkbar, dass gerade Väter unter Migrationsbedingungen andere Lebensentwürfe realisieren.
Möglicherweise Lebensentwürfe, von denen sie auch in
den Herkunftsländern geträumt haben, aber in denen
die Bedingungen nicht reif waren, nicht gegeben waren. Wenn man vor allem an ältere türkischstämmige
Frauen denkt, gibt es sicher einige, die hier heute sagen
„Schade, viel lieber hätte ich mich auch in der Türkei in
der frühkindlichen Phase mehr, offener, körperlicher
mit meinem Kind unterhalten, mit ihm gespielt, aber ich
konnte es nicht, ich durfte es nicht“. In ländlichen Regionen ist Körperlichkeit zu zeigen, zu viel Nähe zu zeigen, möglicherweise die Brust zu geben, verpönt. Und
Eltern spüren hier, dass sie eigentlich viel lieber ein anderer Elternteil gewesen wären. Insofern können politische Veränderungen und gesellschaftliche Rahmenbedingungen auch zu neuer Väterlichkeit führen.
Das zeigen vor allem Studien aus klassischen Einwandererländern: Väter mit Migrationshintergrund sind genauso gut in der Lage, gute Väter zu sein, gute Väterlichkeit zu praktizieren. Sie wollen in ihren Väterrollen
Spaß mit dem Kind haben, wollen die Bildung ihrer Kinder fördern.
Sie, Herr Klute, haben es sehr schön auf den Punkt gebracht, und das zeigen auch die Ergebnisse. Die gesamte wissenschaftliche Literatur widerlegt völlig das Klischee von den bildungsfernen Eltern, die sich überhaupt nicht für die Bildung ihrer Kinder interessieren.
Auch unsere Ergebnisse zeigen, dass die Väter großes
Interesse an der Bildung und an der Förderung ihrer
Kinder haben. Ich habe es vorhin beim Thema
„Scheidung und Trennung“ kurz erwähnt. Die Abwesenheit des Vaters, dass sozusagen kein vorzeigbarer
Vater im Haushalt ist, ist für Kinder belastend. Ich will
das nur für türkischstämmige und arabische Familien
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verdeutlichen: Diese Kinder können, müssen aber nicht,
viel stärker einen sozialen Druck erleben. Oft werden
sie als „Bastarde“ beschimpft, was die kindliche Psyche
sehr hart trifft, wenn kein vorzeigbarer Vater da ist, als
„Bastarde“ in der Umgebung verunglimpft zu werden,
beleidigt zu werden, was das Aufwachsen, was ihr
Selbstwertgefühl beeinträchtigt.
Kulturelle Skripte von Alleinerziehung sind noch nicht
so verbreitet wie in der Mehrheitsgesellschaft, sodass
auch vor diesem Hintergrund die Rolle des Vaters, eines
vorzeigbaren Vaters, enorm ist. Wir dürfen nicht den
Fehler machen, dies zu unterschätzen, auch wenn in
Gesprächen mit Vätern der Eindruck entsteht, sie können manchmal wenig zur Entwicklung des Kindes beitragen oder darüber erzählen, so etwa über klassische
Meilensteine in der Entwicklung, wann das Kind angefangen hat zu laufen, zu sprechen, wann ist es sauber
geworden?
Das ist meine zehnjährige praktische Erfahrung während meiner Promotionszeit als Sachverständiger für
Familiengerichte, dass Väter wenig Auskunft geben
konnten, dass das aber nicht unbedingt hieß, dass der
Vater wenig an dem Kind interessiert war. Das war der
traditionellen Arbeitsteilung geschuldet. Gerade die
frühe Phase gehörte der Mutter, sodass die Väter über
die Meilensteine der Entwicklung der frühen Phase wenig Auskunft geben konnten, was nicht unbedingt
heißt, was manchmal deutsche Kollegen interpretiert
haben: Der ist ja überhaupt nicht am Kind interessiert
gewesen und warum will er jetzt das Kind haben? Warum kämpft der um sein Kind? Er kann nicht sagen,
wann das Kind angefangen hat zu laufen, zu sprechen
etc. Es ist aus der Sicht der Väter quasi das weibliche
Geschäft, in den frühen zwei bis drei Jahren sich stärker
um das Kind zu kümmern bzw. sich zu engagieren. Warum ist der Einbezug der Väter wichtig? Ich möchte drei
relevante Aspekte anführen.
Einmal der pädagogisch-psychologische Aspekte, zum
Teil habe ich ihn erwähnt, die Präsenz des Vaters stärkt
das psychische Selbstwertgefühl von Kindern, dass er
dabei ist, aktiv ist, interaktiv ist.
Der zweite Aspekt betrifft die familienpolitische Dimension: Eine stärkere Präsenz, ein stärkerer Einbezug von
Vätern mit Zuwanderungsgeschichte in die Erziehung,
Fachtagung: Frag doch Papa!
auch das zeigen Studien, führt dazu, dass stärkere demokratische Familienwerte gelebt werden, stärkere
Emanzipation stattfindet und die Partnerin nicht nur in
der Mutterrolle wahrgenommen wird, sondern mehr
als Partnerin wahrgenommen wird und nicht die klassische Arbeitsteilung besteht „Du machst Haushalt und
Kinder und ich besorge das Geld“, sondern die Aufteilung dazu führt, dass die Wahrnehmung des anderen
sich ändert, also eine partnerschaftliche Wahrnehmung
stattfindet.
Eine Entlastung der Mütter führt dazu, dass gemeinsam
mehr Zeit verbracht wird; dass möglicherweise Vater,
Mutter und Kind gemeinsam mehr Zeit verbringen können und das Familiengefühl, das Wir-Gefühl dadurch
gestärkt wird, davon profitieren natürlich auch die Kinder. Denn sie lernen letztlich über die Elterninteraktion
auch Beispiele, wie Erwachsene Emotionen regulieren
können, wie Erwachsene miteinander umgehen können
und wie sie die Bedürfnisse voneinander wahrnehmen.
Ein dritter Aspekt, der auch für das MAIS (Ministerium
für Arbeit, Integration und Soziales) wichtig ist: Der
Einbezug hat natürlich auch integrationspolitische Aspekte. Der stärkere Einbezug von Vätern mit Zuwanderungsgeschichte in bestehende Trends in der Mehrheitsgesellschaft, wie beispielsweise die seit zehn, fünfzehn Jahren favorisierte aktive Väterlichkeit, führt dazu,
dass das Zugehörigkeitsgefühl dieser Gruppe, Teil der
gesamten Gesellschaft zu sein, einbezogen zu sein in
solche Projekte, auch integrationspolitisch einen Schub
bringt. Sie sagen sich dann: „Wir sind ein Teil des
Mainstreams“, der Mainstream ist nicht etwas außerhalb; das heißt, diese Dimension hat auch integrationspolitisch einen ganz wichtigen Aspekt.
Zum Hintergrund unserer Evaluation: Zwei, drei Aspekte sind vorhin genannt worden. Wenn man sich die bisherigen Programme anschaut, so waren sie doch weitestgehend auf Mütter und Töchter fokussiert, aber
Männlichkeit, Väterlichkeit hat in der Moderne zu einer
Veränderung, zu einer Verunsicherung geführt. Davon
sind Zuwanderer genauso betroffen. RucksackProjekte, Griffbereit Stadtteil-Mütter, Mama lernt
Deutsch, Erziehungs-, Beratungskonzepte etc. waren
sehr stark auf Frauen fokussiert, zum „Empowerment“
von Frauen. Und die Männer haben nur noch gedacht,
wir wollen uns einbringen, aber wo ist etwas für uns?
Interkulturelle Väterarbeit in NRW
Und das ist etwas, was vor allem der Facharbeitskreis
aufgenommen hat, professionalisiert hat, weitergeführt hat. Deshalb werde ich Ihnen jetzt in der verbleibenden Zeit einige Ergebnisse vorstellen. Wir werden
dazu sehr ausführliche Berichte erstellen und diese an
das Ministerium schicken; einige ausgewählte Ergebnisse seien hier präsentiert.
Die Evaluation war gestartet mit den Fragestellungen:
Inwiefern erreichen die beteiligten Väterprojekte ihre
Ziele? Wie können sie bei der Optimierung der Maßnahmen unterstützt werden? Wie können noch stärker an
die Bedürfnisse der Väter gerichtete Maßnahmen hergestellt werden? Ergänzend zur Untersuchung dieser
Fragestellung haben wir zur Organisation von begleitenden Maßnahmen Unterstützung bei der Professionalisierung oder auch der Öffentlichkeitsarbeit geleistet. In Zusammenarbeit mit dem Ministerium war es
uns wichtig, die verdienstvolle Arbeit der Vätergruppen
auch in die breite Öffentlichkeit durch Newsletter, Reporte usw. zu tragen und so zu zeigen: Da passiert sehr
viel in NRW. Nicht nur gute Arbeit tun, sondern die getane gute Arbeit soll auch kommuniziert werden, soll
auch in der Breite ankommen. Wie haben wir das
durchgeführt? Wir haben uns unterschiedlicher Methoden bedient: Zum einen haben wir qualitative Leitfaden-Interviews mit den Fachkräften und auch mit den
Vätern durchgeführt und zum anderen standardisierte
quantitative Fragebogenstudien gemacht. Inhalte waren Angaben zum soziodemografischen Hintergrund,
zum Bildungsstand, Familieneinkommen, zu Erfahrungen, Einschätzungen, Selbsteinschätzungen. Wir haben
auch Prä-/Post-Vergleiche der Selbsteinschätzung gemacht: „Wie war Ihr Eindruck?“, „Was waren Ihre Kompetenzen, bevor Sie in diese Vätergruppe eingetreten
sind, und wie sind sie jetzt?“ Wir haben Fragen zum
väterlichen Erziehungsstil, zur Selbsteinschätzung der
Väterlichkeit, zur Unterstützung des sozialen Umfeldes,
zur Inanspruchnahme des professionellen Hilfesystems
und dessen Unterstützung gestellt; aber auch gefragt,
was Väter kennen. „Was wissen Sie?“, „Was gibt es für
Angebote beim Elterngeld?“ und wie ist die Elterngeldnutzung zu bewerten? Damit das, was politisch gemacht wird, auch überall ankommt, dass Väter wissen,
dass es Unterstützungsmöglichkeiten gibt. Jetzt direkt
zu den Ergebnissen: Wie viele Väter werden erreicht?
Im Jahre 2012 wurden laut den Projektpartnern 712 Vä-
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ter erreicht, 212 in Vätergruppen und 491 in Einzelveranstaltungen, Vater-Kind-Spieltreffs, Wochenendtreffs,
Väterseminaren, Ausflügen etc. Das ist eine sehr, sehr
große Zahl, über 700 Väter zu erreichen. Wir haben die
beteiligten Gruppen anhand des Bildungshintergrunds
eingeordnet; denn viele Studien zeigen, dass der Bildungshintergrund der Eltern eine relevante Variable ist.
Wir haben hierbei einigermaßen gleich verteilte Gruppen; wir haben rund 30 % Väter, die eher gering gebildet sind. „Geringe Bildung“ wurde dann zugeordnet,
wenn Grundschule, Mittelschule (das heißt in der Türkei bis zur achten Klasse) besucht wurden. Wenn der
Bildungshintergrund über der achten Klasse lag oder
eine Lehre oder Ausbildung gemacht wurde, wurde
dies als „mittlere Bildung“ zugeordnet. Und Lise, also
Gymnasium, Universitätsabschluss, Fachhochschulabschluss erhielt bei uns die Zuordnung „hohe Bildung“.
Wir sehen im Ganzen, dass dennoch ein etwas größerer
Anteil an besser Gebildeten, an höher Gebildeten an
diesen Veranstaltungen teilgenommen hat.
Wir haben zwei Typen gebildet: „Engagierte“ und
„Sehr Engagierte“. Jetzt können Sie sagen, das ist ja
irgendwie rechtslastig oder linkslastig, je nachdem, wie
sie es in der Normalverteilung sehen. Wir haben kaum
„nicht engagierte Väter“ in den Vätergruppen gehabt.
Die, die dort sind, sind eben engagiert. Deshalb haben
wir noch mal unterschieden: Wer ist besonders engagiert und wer ist engagiert? Wir haben insofern engagierte und sehr engagierte Väter, denn alle zeigen ein
hohes Engagement. Die Ergebnisse zeigen, dass es einen Zusammenhang zwischen Vätertypen und Bildungsgruppen gibt. Je gebildeter die Väter oder der
betroffene Vater, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er sehr engagiert ist. Also höhere eigene Bildung geht mit einem stärkeren eigenen Engagement
einher.
Wir haben auch nach dem Nutzen des Erfahrungsaustausches gefragt: Es sind unter 2 %, die sagen „Nein, ich
nutze den Erfahrungsaustausch nichts“, und rund 10 %
sagen „Der Erfahrungsaustausch ist eher mittelmäßig“.
Was sich zeigt, ist eine ziemlich starke bzw. sehr starke
Nutzung von über 80 %. Fast 85 %, die sagen „Dieses
Forum wird auch für den Erfahrungsaustausch genutzt“. Wir haben auch gefragt, wie weit sich die eigene Erziehungskompetenz durch den Besuch verbessert
Seite 12
hat. Also was haben sie gespürt, erfahren, wie haben
sie profitiert von der Teilnahme an den Vätergruppen?
Ich habe mir sowohl für die „Sehr Engagierten“ als auch
für die „Engagierten“ die Ergebnisse angeschaut: Bei
den „Engagierten“ waren überhaupt keine Teilnehmer,
die gesagt haben „Davon habe ich kaum profitiert oder
mittelmäßig profitiert“, sondern das sind Einzelnennungen, 18, die sagen „Ich habe ziemlich profitiert“ und
fünf, die sagen „Ich habe sehr davon profitiert“. In der
Gesamtschau 28, die ziemlich stark davon profitiert haben, und 12, die davon sehr profitiert haben. Wir haben
nur zwei Väter gehabt, die gesagt haben „Dadurch hat
sich in der Erziehung nichts verändert“. So etwas
kommt auch vor, aber ein deutlich größerer Anteil hat
eine Verbesserung der eigenen Erziehungskompetenz
erfahren.
Darüber hinaus haben wir untersucht, wie sich durch
den Besuch der Väterprojekte verschiedene Dimensionen - wie Familienbeziehung, über die Rolle als Vater
nachdenken, Erfolg im Bildungssystem fördern, positiv
und gewaltfrei erziehen, Entwicklung des Kindes fördern, Beziehung zum Kind fördern, Zeit verbringen und
gemeinsam Spaß haben -, verändert haben. Auf der
verwendeten Skala ist der Wert zwei der Mittelwert,
das Erwartbare. Die Väter haben zum Teil schon vor
dem Besuch des Projekts hohe Werte erreicht, aber
diese sind vor allem im Bereich „Familienbeziehung“
danach deutlich höher geworden und auch beim Aspekt
„über die Rolle als Vater nachdenken“ ist der Wert höher geworden. Erfolg im Bildungssystem war vorher
auch schon hoch und ist hoch geblieben; wenn man
vorher schon hohe Werte hatte, ist nicht mehr so viel
Luft nach oben, die Werte können sich nicht mehr viel
verbessern. Es ist so, wie wenn ein Tennisprofi Tennisunterricht nimmt, vielleicht kann er den Schlag verbessern. Wenn aber unsereins das machen würde, der würde nach zwei Stunden eine deutliche Verbesserung erfahren. Die Zunahme ist abhängig davon, von welcher
Basis aus gestartet wird. Das ist wichtig. Durch den Besuch der Väterprojekte hat es starke Verbesserungen
auch bei dem „Zeitverbringen“ sowie bei dem Aspekt
„Spaß haben“ gegeben. Wir haben zudem gefragt: Was
waren die Erwartungen gegenüber den Väterprojekten
und haben sich diese Erwartungen erfüllt? Hat sich das
für sie eigentlich gelohnt, könnte man salopp fragen.
Und Sie sehen: Es sind rund 80 %, die sagen, die Erwar-
Fachtagung: Frag doch Papa!
tungen, vor allem mit Blick auf Familienbeziehungen,
haben sich erfüllt beziehungsweise sind übertroffen
worden. Ganz stark bei der Vaterrolle, auch hier liegen
die Werte fast bei 85 %. 82 %, die sagen, die Erwartungen sind übertroffen oder erfüllt worden. Bei der gewaltfreien Erziehung sind es auch 68 %. Etwas geringer
sind die Werte - aber weitestgehend alle im positiven
Bereich über 50 % -, die sagen, die Erwartungen an diese
Väterprojekte sind erfüllt, zum Teil auch übertroffen
worden. Diesen Ergebnissen kann man sehr klar entnehmen, was für ein großer Erfolg für die Beteiligten
der Besuch dieser Kurse war.
Wir haben anschließend auch untersucht, welchen Zusammenhang es zwischen engagierter Vaterschaft und
Zufriedenheit der aktuellen Partnerin mit der Erziehung
gibt. Das ist die Perspektive der Väter, es sind nicht die
Mütter gefragt worden. Wie hat sich denn der Ehemann
verändert, das wäre eine weitere Studie; wir können
das gerne machen, wir können das Projekt ausweiten.
Aber wir haben die Väter gefragt: „Was meinen Sie, wie
sehr hat es auch zu einer Entlastung geführt?“ Auch
hier geben sehr engagierte Väter häufiger an, dass die
Partnerin mit der Erziehung zufrieden ist. Naheliegend
ist natürlich die Deutung, dass engagierte Väter ihr Engagement auch stärker sehen und möglicherweise die
Anerkennung, die Wertschätzung auch eher sehen als
die andere Gruppe. Aber beide Gruppen sehen positive
Veränderungen und bekunden Zufriedenheit. Es hat
also Auswirkungen auf die familienpolitische Dimension; der Besuch verändert auch Familienbeziehungen.
Zwei, drei Ergebnisse noch aus der qualitativen Studie:
Väter sehen klar ihre Verantwortung für die Entwicklung des Kindes. Die Ergebnisse bestätigen eine hohe
Bildungsorientierung: Alle Väter sehen aber Bedarf,
diesbezüglich ihre Erziehungskompetenzen noch zu
stärken, noch zu verbessern. Vor allem waren Wünsche
vorhanden, eine gute, enge Beziehung zum Kind, und
zwar unabhängig vom Alter des Kindes, zu haben. Es
betraf nicht nur die frühe Kindheit, sondern galt generell: Väter möchten mit ihren Kindern mehr Zeit verbringen. Um konkrete Lernfortschritte zu demonstrieren,
die als Ergebnis bzw. als Erfolg zu sehen sind, zitieren
wir einige Väter. Einer berichtet: „Ich habe mehr Ruhe,
mehr Gelassenheit mit den Kindern, auch bezüglich der
Entwicklung der Kinder, die nicht immer so verläuft, wie
Interkulturelle Väterarbeit in NRW
wir uns das als Mutter und Vater wünschen.“ Das heißt,
man gesteht sich ein, man sagt „Wir können als Eltern
Erziehung nicht restlos steuern, aber vorher haben wir
uns darüber Gedanken gemacht und aufgeregt, heute
sind wir etwas gelassener“. Auch das ist ein Ergebnis
des Besuchs dieser Kurse. „Es war gut, Hinweise und
Tipps der Gruppenleitung und anderer Väter zu hören,
mal zu konkreten Punkten hier in der Erziehung zu bekommen, so zum Beispiel Grenzen, Regelsetzung, Empfehlungen guter Schulen, vor allem Schulwechsel.“
Sie sehen, die Vätergruppen sind auch Ansprechpartner
beim Schulübergang „In welcher Schule soll ich mein
Kind anmelden?“. Ein anderer Vater sagte „Mir wurde
klar, wie wichtig gutes Zuhören, bestimmte Grundsätze
der Kommunikation auch in Gesprächen mit Kindern
sind“. Also das heißt, nicht diese klassische autoritäre
Haltung „Ich sage dir etwas, du hörst zu“, sondern umgekehrt auch mal einem Kind zuhören und erkennen,
dass generell Zuhören wichtig ist.
„Ich frage jetzt auch häufiger nach, wie es den Kindern
geht oder wie ihr Tag in der Schule war“, sagt ein anderer Vater. Deutlich wird, dass es oft relativ einfache
Rituale sind, die aber die Eltern-Kind-Beziehungen stabilisieren. „Besonders interessant waren Informationen
der Gruppenleitung oder Referenten, die uns nicht nur
Grundlagen der kindlichen Entwicklung vermittelt haben, sondern auch, dass bzw. wie wir die Kinder als
Vater fördern.“ Die Väter haben also auch Tipps und
Informationen zu konkreten Schritten bekommen.
„Das kann ich umsetzen, das kann ich mit meinem Kind
machen, dadurch ist mir meine väterliche Verantwortung klarer geworden. Ich habe intensiv über meine
Rolle als Vater nachgedacht.“ Dies alles sind Beispiele
für konkrete Lernfortschritte, aber auch Reflexionsprozesse, die ausgelöst werden: Was es bedeutet, Vater zu
sein, welche Verantwortung man als Vater hat usw.
Ich möchte gegen Ende auf die Frage eingehen: Wie
müssen solche Programme, solche Formate künftig
sein? Prömper hat mal sehr schön über
„bedürfnisgerechte Programme für Migranten“ gesprochen. Heute würden wir sagen für Personen mit
Zuwanderungsgeschichte. Dabei ist zu beachten: Wie
wirkt die Gestaltung von Programmen auf Väter, auf
Männer, auf Jungen? Die Beteiligten gilt es abzuholen.
Seite 13
Ist das etwas für Euch? Werden männliche, väterliche
Lebenslagen und Probleme angesprochen? Sind das
Angebote, die kompetenzorientiert sind? Gibt es möglicherweise auch in diesem Programm einen „hidden
feminine curriculum“? Ist also möglicherweise die Idee,
das, was man bislang für Frauen gemacht hat, jetzt
auch für Männer zu machen oder werden spezifische
Lebenslagen von Männern berücksichtigt? Was ist die
unausgesprochene Zielsetzung der Maßnahme? Und
nicht zuletzt: Wie ist die Personalstruktur des Programmträgers? Wie männer- und migrantenfreundlich,
zuwandererfreundlich sind die Programme? Sind Zuwanderer auch in der Gestaltung, der Entwicklung, im
Personal sichtbar oder ist es eine paternalistische Politik, die sagt „Wir machen jetzt auch mal was für die
Migranten, für die migrierten Männer“?
Wir werden nachher möglicherweise in der Diskussion
stärker die internationale Perspektive berücksichtigen,
aber bei einem Aspekt möchte ich kurz vorgreifen. Es
gibt ähnliche Programme in der Türkei, und auf eines
möchte ich hinweisen: „Baba Olmak Güzel Şey“, übersetzt „Vater sein ist etwas Schönes“, das vor allem von
Çiğdem Kağıtçıbaşıi entwickelt wurde, die hier verdienstvolle Arbeit geleistet hat. Es geht darum, über
einen positiven Zugang, über einen biografischen Zugang positive Bilder des eigenen Vaters zu entwickeln.
Ich habe bei der Übertragbarkeit solcher Programme
auf Deutschland vor Jahren mitdiskutiert.
Ich will Ihnen ein Beispiel geben: Ein Vater, der Schwierigkeiten hatte in der Erziehung des Kindes, dem auch
die Hand manchmal ausgerutscht ist und der an diesem
Programm teilgenommen hatte, wurde gefragt: „Wie
war es denn mit Ihrem Vater, erinnern Sie sich mal, was
war denn gut an Ihrem Vater?“ Und er konnte erst mal
wenig sagen: „Wir waren sieben Kinder, mein Vater
war nie da.“; „Aber erinnern Sie sich mal: War er wirklich nie da?“; „Ja doch, sonntags war er zu Hause.
Wenn er mir über das Haar gestreichelt hat, das hat
mich so gefreut, aber ich konnte ihm das nie sagen.“
Das heißt: Bei ihm werden positive Bilder vom eigenen
eigentlich abwesenden Vater aktiviert. „Was meinen
Sie denn, was Ihre Kinder von Ihnen erwarten?“,
„Warum haben Sie denn Schwierigkeiten?“, „Ja, ich
sage ihnen, die sollen ruhig sein, ich komme gestresst,
müde von der Arbeit, ich sage, die sollen ruhig sein,
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sind sie aber nicht. Dann sage ich es noch mal, sind sie
es nicht, dann werde ich laut oder schicke sie raus oder
gebe ihnen einen Ohrfeige.“ „Was für Kinder wünschen
Sie sich denn?“, „Ja, meine Söhne sollen ‚Aslan gibi olsunlar‘; sie sollen stark sein wie Löwen.“ Und dann
macht der Programmgestalter einen sehr schönen
Trick: „Wissen Sie, was Ihr Kind macht, wenn es hin und
her hopst? Es macht keinen Blödsinn, es stärkt seine
Oberschenkelmuskulatur. Das Kind will werden wie ein
Löwe, so wie Sie es sich wünschen.“ „Ah“, sagt der Vater, „daran habe ich nie gedacht. Ich habe gedacht, die
wollen mich ärgern. Ich sage, die sollen ruhig sein und
die hopsen so rum.“
Das heißt, dort wird solchen Vätern ein Stück weit kindliche Natur, der kindliche Entwicklungsprozess nahegelegt. Dieser Vater gewinnt plötzlich einen anderen Blick
auf sein Kind; erkennt, dass Kinder sich bewegen wollen und nicht unbedingt gegen Eltern opponieren. Da
ist die Idee bei solchen Bildern, andere Aspekte von
Väterlichkeit zu wecken und einen positiven Zugang zu
bekommen: „Baba Olmak Güzel Şey“; „Vater sein ist
etwas Schönes“.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Fachtagung: Frag doch Papa!
Interkulturelle Väterarbeit in NRW
Seite 15
Dialog zum Transfer zwischen Wissenschaft und Praxis - Moderierter Dialog zwischen Prof.
Manuela Westphal (Universität Kassel) und Prof. Dr. Hacı-Halil Uslucan
Moderator: Wir wollen nun mit Ihnen diskutieren, dazu
wollen wir uns hier oben aber komplettieren, und ich
freue mich sehr, dass neben Herrn Prof. Uslucan auch
Frau Prof. Dr. Manuela Westphal zu uns kommt, die wir
erst einmal mit einem großen Applaus auf die Bühne
holen. Sie kommt von der Universität Kassel und hat in
einer Studie – und damit wollen wir beginnen – den
Blick der Eltern auf Kindheit, auf Älterwerden usw. gerichtet. Den Blick der Eltern in verschiedenen Kreisen,
ich glaube hauptsächlich in der Türkei, ins Visier genommen, das heißt „Wie schauen Eltern auf die Kindheit,
auf das Heranwachsende, auf das Erwachsen werden“.
Wir fangen mit einem kleinen Input zu diesem Thema
an.
Beginnen Sie bitte damit, bevor wir in die Diskussion
einsteigen.
Frau Prof. Westphal: Vielen herzlichen Dank für die
Einladung. Leider konnte ich dem Vortrag von Herrn
Prof. Uslucan nicht lauschen und womöglich kommt es
zu einigen Wiederholungen in meinen Aussagen, aber
das macht ja nichts, man kann sich gut in diesem Thema gegenseitig bestätigen und bestärken; ich denke,
dass das nach wie vor sehr wichtig ist.
Seit einem Jahr beschäftige ich mich regelmäßig mit
den Studien des Entwicklungspsychologen F. T. Markes
zum Thema neue Väterlichkeit. Der neue Vater, der
neue Mann steht ganz oben auf der Agenda in geschlechterpolitischen Diskussionen, aber auch zuneh-
mend in Familien und neuen integrations- und bildungspolitischen Diskussionen. Ich habe recherchiert, was
gibt es da Neues gibt. So hat die Zeitschrift „Eltern“
eine neue Studie herausgegeben mit dem Titel „Väter
2014“ und dort fand man heraus, dass das Leitbild neuer engagierter Väterlichkeit im Wesentlichen von
Wunsch und Wirklichkeit geprägt ist, das sich als soziale Norm etabliert hat und auch mittlerweile als eine
geförderte Praxis wie Väternetzwerke, Vätermonate
oder gezielte, differenzierte Angebote der Väterarbeit
in der Kita existiert. Das hat sich weitgehend gesellschaftlich durchgesetzt. Doch ich will meinen, dass die
gelebte Realität nach wie vor – und wie wir sicherlich
alle wissen – vielfältiger und widersprüchlicher ist. Was
wir weiterhin feststellen können - und das erstaunt
mich eigentlich regelmäßig immer noch und ärgert
mich auch: Ausgeschlossen bzw. als Abweichung von
dieser Norm und dieser Praxis erscheinen vor allem und
immer noch Männer mit Migrationshintergrund. Das ist
unabhängig von der Generationszugehörigkeit, ob sie
zweite oder dritte Generation sind, sobald wir die Etikettierung, die Wahrnehmung haben „Das ist ein männlicher Mensch mit Migrationshintergrund, womöglich
auch noch muslimisch“, dann können wir ganz deutliche Anweisungs- und Abweichungsprozesse feststellen. In der Regel aufgrund ethnisch-kultureller Prägung
oder religiöser Orientierung oder – das ist jetzt sehr
aktuell – aufgrund prekärer bzw. Armutslebenslage
wird ihnen eben häufig noch ein Festhalten an traditioneller Vaterschaft unterstellt, und traditionelle Vater-
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schaft wird dann autoritär bestimmt. Wir haben bereits
kritisiert, dass das Bild über die Migrantenfamilie sehr
stereotypisiert verhandelt wird und vor allem, dass immer wieder die Erziehungs- und Sozialisationsdefizite
zum Thema gemacht werden. Und man kann das ganz
deutlich sehen, Frau Otyakmaz und ich haben das kürzlich auch in einem Artikel noch einmal dargelegt. In der
gegenwärtigen integrations- und bildungspolitischen
Diskussion können wir deutlich feststellen, wie oft mit
dem Hinweis auf fehlende Erziehungs- und Sozialisationskompetenz in Familien mit Migrationshintergrund
gearbeitet wird. Dann gibt es die Aufforderung, sie sollen nun auch ihre Erziehung, ihre Vaterschaftsbilder
reflektieren, natürlich dann auch verändern, modifizieren und sich in Fragen von Erziehung und Bildung weiterbilden, fortbilden. Sie sollen sich engagieren und vor
allem sollen sie sich engagieren mit dem Ziel, Erziehungs- und Bildungspartnerschaften in Kitas und Schulen einzugehen. Daran können wir, glaube ich, in der
Diskussion gleich noch mal anknüpfen oder einen kritischen Blick darauf werfen. Aus meiner Sicht wird nach
wie vor zu wenig beachtet, was Väter mit Zuwanderungsgeschichte oder Migrationshintergrund oder
Fluchthintergrund mitbringen, was sie leisten, was sie
anders leisten oder aus verschiedenen Gründen weniger oder nicht leisten können. Also Fakt ist, es gibt wenig kritische Reflexionen über die Praxis und es gibt
ganz wenig empirische Untersuchungen über Väter und
vor allem über Väter in vielfältigen Lebenslagen mit
Migrationshintergrund. Das ist umso erstaunlicher, weil
ich - das soll natürlich kein Lob sein - mit Kolleginnen
bereits Ende der 1990er-Jahre die erste Väterstudie
durchgeführt habe. Wir haben in interkulturellen Vergleichen gearbeitet, wir haben westdeutsche Männer,
Väter befragt, wir haben Väter aus der Türkei, Arbeitsmigrantenväter, und wir haben Aussiedlerväter aus der
ehemaligen Sowjetunion zu ihren Vaterschaftskonzepten, -modellen und ihren Auffassungen zur Erziehung
interviewt. Das waren insgesamt annähernd 60 qualitative Interviews, die wir damals durchgeführt haben.
Und dort konnten wir eindeutig feststellen, dass der
Migrationsprozess an sich und der Versuch, sich zu akzentuieren, bereits für die Männer und die Väter und
natürlich auch für die Mütter, aber eben auch für die
Väter bedeutet, über Erziehung nachzudenken, ihre
Erziehungspraxis zu reflektieren und den Migrationsprozess zu verändern. Die Bedingung von Kontinuität
Fachtagung: Frag doch Papa!
und von dem, was man beibehält, in dem, was man
wandelt, das ist eben ganz vielfältig. Jetzt noch einmal
ein Blick auf die unterschiedlichen Gruppen und was wir
festgestellt haben Ende der 1990er-Jahre. Alle drei
Gruppen der Männer wollen aktive, engagierte Väter
sein. Alle drei! Die westdeutschen, die türkischen, die
russischsprachigen. Aktive, neue Väter. Sie wollen es
aber aus ganz unterschiedlichen Motiven heraus, aus
ganz unterschiedlichen sozialen Positionen und Herausforderungen heraus. Alle wollen sich mehr Zeit für die
Kinder nehmen, alle wissen aber auch, sie müssen sich
mehr Zeit für die Kinder nehmen. Bei den westdeutschen Vätern beispielsweise war das Motiv, anders zu
werden als der eigene Vater. Sie beklagten die Abwesenheit des eigenen Vaters. Der Vater, der eben nur
sonntags zu Hause war und am Sonntag in der Regel
Zeitung lesen wollte oder andere Dinge machen wollte,
aber eben keine emotionale Beziehung zu den Kindern
aufbauen konnte. Das war das Motiv der westdeutschen Väter. Sie haben einen abwesenden Vater erlebt
und wollten nun für sich mehr Zeit mit ihren Kindern
verbringen, sich stärker engagieren. Ein weiteres Motiv
zur Veränderung der Väterlichkeit im Hinblick auf die
Modernisierung waren für die westdeutschen Väter
ganz klar die Ansprüche ihrer Ehefrauen. Viele Väter
fühlten sich jetzt auch von den Frauen gedrängt, traditionelle Männlichkeit und Vaterschaftskonzepte aufzugeben.
Bei den Vätern aus der türkischen Arbeitsmigrantengruppe war es so, dass die meisten, die wir befragt haben, berufstätig waren. Die für die Familie verbleibende
Zeit wurde von ihnen als Zeit gesehen, die sie als sinnvollen, gezielten Akt mit den Kindern, als sinnvollen
gezielten Akt von Erziehungsleistung herstellen wollten. Diesen Akt der Erziehungsleistung sahen sie im
Wesentlichen bei der Unterstützung der Kinder in den
häuslichen Lernumwelten im Hinblick auf Schule, also
Hausaufgabenhilfe, Elternabende etc. Sie fassten im
Gegensatz zu den westdeutschen Männern ihre Erziehungsleistung als gezielten Akt auf, über den man nachgedacht hat und den man auch begründen konnte, und
ihre Erziehungsleistung mit den Kindern fassten sie wesentlich weniger als Spiel und Freizeitaktivität auf. Das
ist auch begründbar und wurde von den Vätern mit Mobilitätsansprüchen begründet, nämlich, dass sie wussten, wie bedeutsam der Schulabschluss für den sozialen
Interkulturelle Väterarbeit in NRW
Aufstieg in Deutschland ist.
Bei den Aussiedlervätern war es so, dass wir dort Väter
hatten, die erst wenige Jahre in Deutschland waren.
Man konnte sehr gut beobachten, was sich eigentlich
wandelt. Diese Väter erlebten zunächst eine enorme
Freisetzung von zeitlich intensiven Aufgaben in Arbeitsund Familienwelt, also Wegfall von Landwirtschaft etc.,
und erlebten einen gravierenden Zuwachs an Zeit und
wussten noch nicht, wie nutze ich eigentlich diese Zeit.
Sie spürten den Druck der Kinder „Du musst Zeit mit
mir verbringen, Papa!“ und insofern fühlten sie sich von
den Kindern und Jugendlichen deutlich herausgefordert. Sie wussten auch, ich zitiere: „Einfach zu verbieten, das ist schwer, dann entstehen diese Spannungen
zwischen uns“. Diese Umstellung auf familiäre Aus- und
Verhandlung mit den Kindern, statt Befehlen, dem Gehorchen und Geboten, die auch in der ehemaligen Sowjetunion doch weitgehend üblich waren, wurde mit
dem Blick auf das Eltern-Kind-Verhältnis oder auf die
Eltern-Kind-Beziehung auf eine notwendige Anpassung, im Sinne auch von Assimilation an die neue Gesellschafft betrachtet. Allerdings mit inhaltlichen
Schwierigkeiten „Wie geht das?“, , „Wie setze ich meinen Kindern eigentlich Grenzen?“. Hier konnte man
sehr genau verfolgen, welchen Herausforderungen
Väter mit Migrationshintergrund, wenn sie nach
Deutschland kommen, ausgesetzt sind.
Jetzt möchte ich kurz noch über ein Ergebnis aus einer
neueren Studie berichten, die ich gerade auswerte, in
der es um männliche Studierende mit Zuwanderungsgeschichte ganz unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlicher Migrationserfahrung geht, aber immer die
zweite Generation. Wie sehen ganz deutlich den Aspekt von Kontinuität und Wandel von Väterlichkeit im
Rahmen von Bildungsaufstiegsprozessen. Diese Männer sind noch keine Väter, aber sie wollen Väter werden, ich bin mir ganz sicher, dass sie das werden wollen, und sie denken darüber nach oder werden von uns
aufgefordert, darüber nachzudenken „Wie möchtest
du denn sein als Vater?“. Ziemlich wird übereinstimmend wird von diesen Studierenden gesagt: „Vom Ziel
her das Gleiche wie meine Eltern, aber ich müsste es
irgendwie mit anderen Mitteln machen“, das sagt z. B.
ein Wirtschaftspädagogikstudent (33 Jahre). Wir haben
bemerkt, dass die Studierenden der zweiten Generati-
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on von dem Erleben der eigenen Väter ähnlich wie die
Westdeutschen berichten, sie beschreiben ihre Vaterschaftsvorstellung vor dem Hintergrund des Lebens,
der Wahrnehmung des eigenen Vaters, der eine starke
Verantwortung für die Schulbildung der Söhne hatte.
Die eigenen Väter werden in der Regel als Väter beschrieben, die sich durch eine hohe Bildungsaspiration
auszeichnen und diese mit unterschiedlichen Formen
und Ausmaßen der Unterstützung und Ermutigung,
aber auch der Ausübung von Strenge und Druck umsetzen. Einige Studierende haben abwesende Väter aufgrund früher Trennung der Eltern, aufgrund von Stiefvätern oder Väter, die praktisch kaum in der
Erziehung und Bildung der Söhne präsent waren, erlebt
und betonten nun die Opposition dazu, dass sie bei
ihren Kindern sehr stark auf das Wohlbefinden achten
möchten und auf die Beziehungsqualität mit den Kindern. Während die Söhne, die sehr engagierte Väter im
Hinblick auf die Schule erlebt haben - unabhängig davon, ob die Väter enorm Druck ausübten oder mehr in
Richtung Ermutigung gearbeitet haben - sagten, dass
sie die eigene familiäre Sozialisation zum Vorbild nehmen wollen und sie auch erwarten, bessere Mittel und
Methoden zur Verfügung zu haben, weil wir ja im Unterschied zu den Vätern leben und uns mehr Ressourcen zur Verfügung stehen. Sie erwarten also faktisch
nach dem Studium oder während dieses im Rahmen
ihres Bildungsaufstiegs über mehr Wissen, über mehr
Informationen über das Bildungssystem zu verfügen
und erwarten auch faktisch höhere oder größere ökonomische Ressourcen. Also größere Ressourcenausstattung, mehr an Wissen und Können, Kraft wird auch
genannt und ökonomische Ressourcen für engagierte
Vaterschaft.
Moderator: Wenn Sie mögen, steigen wir direkt hier in
den Dialog ein. Herr Prof. Uslucan, vielleicht können wir
da ja direkt ansetzen, Frau Prof. Westphal hat gesagt,
es gibt wenige empirische Untersuchungen. Sie haben
ja jetzt erste Ergebnisse vorgelesen und sie haben sich
auf dieses etwas unbestellte Feld gewagt. Finden Sie
das, was sie gehört haben, in den Ergebnissen wieder?
Herr Prof. Dr. Uslucan: Man hat gesehen, dass die von
uns befragten Väter sowohl in einem qualitativen als
auch in einem quantitativen Teil gesagt haben: „Wir
wollen mehr Zeit mit unseren Kindern verbringen.“ Der
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Besuch der Vätergruppen hat zu Reflexionen angeleitet. Er hat Partnerschaftsmodelle verändert. Wichtig
sehe ich den Aspekt der „Kraft“. Ich habe das sofort
zurückübersetzt, im Türkischen würde man sagen „Güç
vermek“, „Hat mir Kraft gegeben“. Damit ist nicht nur
so etwas wie psychische Kraft gemeint, sondern auch
physische, „Ermutigt“ hat mir Schwung gegeben, hat
mir Rückhalt gegeben. Ich vermute, dass allein die Frage nach Reflexion Anlass gibt, über Väterlichkeit nachzudenken, Menschen ermutigt, andere Wege zu gehen.
Wir haben in den 1990er-Jahren eine kleine Stichprobe
mit 60 Beteiligten gemacht, aber von der Tendenz her
sehr ähnlich. Auch da zeigte sich, dass auch Väter mit
Migrationshintergrund und Zuwanderungsgeschichte
aktive Väterlichkeit praktizieren wollen, dabei sein wollen, mit ihren Kindern mehr Zeit und mehr Spaß haben
wollen und entlastet erziehen wollen. Das ist ein wichtiger Aspekt gewesen. Es hat auch ein Elternteil, ein Vater erwähnt, dass auch wenn Dinge nicht so laufen, wie
sie laufen sollten, eine Form von Gelassenheit in der
Erziehung entsteht, dass das auch gut tut und dass Kinder nicht restlos formbare und steuerbare Größen sind.
Also das zu erkennen, ist auch aus elterlicher Sicht ein
großer Gewinn.
Moderator: Frau Prof. Westphal, Sie haben sehr viel zu
der Motivationslage ganz unterschiedlicher Typen von
Vätern oder von künftigen Vätern, die das auf jeden Fall
vorhaben, auch mit 33 noch, gesagt. Da waren bestimmt die von Ihnen in den 1990er-Jahren befragten
Eltern schon längst Eltern, aber das ist ein ganz anderes
gesellschaftliches Thema. Ist das für Sie ein Schlüssel
zur „erfolgreichen Väterarbeit“, sich erst einmal intensiv mit diesen Motivationslagen auseinanderzusetzen
und zu verstehen, wie können wir denn die Väter am
besten unterstützen?
Frau Prof. Westphal: Sicher, für mich ist bei dem Thema
Väterarbeit oder Väterkooperation oder mit Vätern Erziehungs- und Bildungspartnerschaften gründen zunächst erst mal eine Grundhaltung wichtig. Die Grundhaltung ist nämlich, dass Eltern Experten für die Kinder
sind und unter Eltern zählen hier Mütter und Väter.
Dann müssen wir davon abkommen, die Väter mit Migrationshintergrund zu betrachten. Wir haben ganz unterschiedliche Lagerungen. Das habe ich versucht zu
Fachtagung: Frag doch Papa!
zeigen, wir haben Unterschiede, unterschiedliche Orientierungen, sicherlich bei Bildungsaufsteigenden oder
bei Bildungsaufgestiegenen der zweiten und dritten
Generation, wir haben aber auch andere Haltungen bei
Vätern, die aus hohen Bildungsmilieus nach Deutschland wandern. Wir haben unterschiedliche Haltungen je
nach Kraft. Mich lässt das gerade nicht los, die Zuwanderung der Flüchtlingsfamilien, und wenn wir dann sehen, wie viele Väter in diesem Rahmen alleine oder mit
ihren Familien nach Deutschland kommen und unter
enormen familiären Belastungen leben, die oft traumatisiert sind, was großer Kraft erfordert. Väterarbeit
muss diese ganzen Lagen besser kennen und es gibt
natürlich dann besondere Situationen oder besondere
Lebenslagen für Väter mit Migrationshintergrund im
Vergleich zu vielen Vätern ohne Migrationshintergrund,
also den Einheimischen in Deutschland.
Moderator: Aber das hat jetzt viel mehr mit den Lebenslagen zu tun. Prof. Uslucan, würden Sie das auch
bestätigen mit dem Migrationshintergrund an sich, gibt
es da weniger einen Unterschied oder machen Sie da
einen ganz klaren Unterschied, deutsche Väter und Väter mit Migrationshintergrund?
Herr Prof. Dr. Uslucan: Ich glaube, eindeutiger kann
man das nicht sagen, je nachdem, welche Gruppen Sie
untersuchen. Sie haben unterschiedliche Hintergründe,
ob im Kontext der Gastarbeiterzuwanderung, Flüchtlinge, Aussiedler. Das heißt, wir haben jeweils Menschen
aus unterschiedlichen Bildungssystemen mit verschiedenen Vorerfahrungen, unterschiedlicher Motivation,
nach Deutschland zu kommen - all das muss mit berücksichtigt werden. Was man aber generell aus einer kulturvergleichenden erziehungswissenschaftlichen, erziehungspsychologischen Sicht sagen kann: Weltweit können Sie sehen, wie Erziehung organisiert wird. Menschen erziehen so, wie sie selbst erzogen worden sind.
Das ist der Mainstream, der große Strom. Dann gibt es
aber Brüche, und wir sehen, vieles wird dann anders.
Manche beschäftigen sich professionell mit Erziehung,
studieren Pädagogik oder Psychologie, das heißt, sie
machen sich Gedanken und sagen „So wie Mama mich
erzogen hat, will ich (das) nicht“ und sie lernen vielleicht andere Modelle. Ein anderer Aspekt wäre, sie
machen eine Therapie, ihre Erziehung war nicht gut, sie
leiden darunter und sagen „Nein, die Bilder, die ich zu
Interkulturelle Väterarbeit in NRW
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Hause erlebt habe und unter denen ich leide, will ich
meinen Kindern nicht antun, ich möchte es ändern“.
Und ein dritter Aspekt, da kommen wir dem Thema
näher, ist Migration, das heißt, der kulturelle Kontext
wächst jetzt. Dann merkt man, so wie ich in meinem
kleinen Dorf in meiner Kleinstadt erzogen worden bin,
so kann ich meine Kinder nicht erziehen. All diese Aspekte muss man mit berücksichtigen, wenn man nach
Erziehungskompetenz, Erziehungswünschen und Motiven von Eltern, Vätern mit Zuwanderungsgeschichte
fragt. Sie haben vor allem mit der Traumatisierung und
Angst einen wichtigen Aspekt genannt, gerade im Kontext von Flüchtlingen. Wenn man diese Menschen mit
in das Programm aufnehmen wollte, müssten wir solche traumatischen Erfahrungen berücksichtigen. Es
handelt sich ja oft nicht nur um einfache Gewalterfahrungen, wo man sagt „Eine Ohrfeige hat jedes Kind
schon einmal bekommen“, sondern schwerste Formen
von Traumatisierung. Diesem Vater zu sagen, er soll
genauso empathisch mit seinem Kind umgehen, wie die
gutbürgerliche deutsche Familie, ist schwierig. Ich glaube, da ist auch die Grenze der Zumutung.
gut bewandert - keine Forschungsergebnisse darüber
vor. Weder vernünftige Evaluationsstudien noch wissenschaftliche Forschung. Das ist in Großbritannien
anders, dort hat man wesentlich früher angefangen,
über diese Themen nachzudenken und diese Themen
nicht nur in der Praxis zu verankern, sondern gleichzeitig mit Forschung zu versehen, das ist ein wichtiger
Baustein. Der zweite Baustein, der sehr unterschiedlich
ist: Wir sprechen in Deutschland viel über Elternarbeit,
das bedeutet, Arbeit mit Eltern. Dieser Gedanke, dass
es hier um Arbeit geht, der ist in diesem „Early
Excellence Centre“ vollkommen nichtig. Es geht dort
um Beteiligung, Mitwirkung, Mitbestimmung im strengen Sinne. Man spricht dort vom Grundkonzept der
„Community Education“, dass über die Mitbestimmung
und Mitgestaltung der Bildungsprozesse - und hier wird
von Bildungsprozessen, Selbstbildungsprozessen gesprochen, nicht von Elternarbeit, sondern von Elternbildung - sich eben auch die politischen, die wirtschaftlichen, die sozialen Rahmenbedingungen im Stadtteil, im
sozialen Raum verändern. Im Konzept der „Community
Education“ sehe ich ganz wesentliche Unterschiede in
der derzeitigen Debatte.
Moderator: Wir haben ja über den Mangel an empirischer Forschung gesprochen. Frau Prof. Westphal, Sie
sind ja auf dem Weg ein bisschen über die Landesgrenzen hinausgekommen, nicht nur über die nordrheinwestfälische, sondern auch über die bundesdeutsche
Grenze. Ist das ein deutsches Phänomen oder gibt es
international Länder, Regionen, die da deutlich weiter
sind, von denen wir lernen könnten?
Moderator: Wir haben ja auch viele Praktiker heute
hier. Gibt es etwas aus Ihrer Forschungsarbeit, was Sie
den Initiativen für den praktischen Alltag mitgeben
wollen, wo Sie sagen, das sind vielleicht diese eins,
zwei ganz wichtigen Erfolgsfaktoren für Angebote der
Väterarbeit?
Frau Prof. Westphal: Ja, würde ich sagen. Wenn wir
nach Großbritannien schauen, sehen wir dort das Vorläufermodell der Familienzentren, die in NRW als Vorreiter eingerichtet wurden. Wenn wir nach Großbritannien schauen und uns dort die Entwicklung der „Early
Excellence Centre“ anschauen, dann sehen wir, dass
dort Vieles bereits seit Langem läuft und sehr etabliert
ist, wie differenzierte Elternarbeit, Väterarbeit, Mütterarbeit, differenzierte Familienarbeit. Die Situation dort
ist sehr unterschiedlich zu Deutschland, da in diese Angebote selbstverständlich Forschung, Evaluation und
Entwicklung eingebunden werden. Während wir hier in
Deutschland zwar auch schon lange damit arbeiten,
liegen aber meines Wissens - ich denke, ich bin da ganz
Frau Prof. Westphal: Ich beschäftige mich nur am Rande mit der Praxis. Allerdings bin ich im Vorstand eines
großen Vereines zur pädagogischen Förderung von
zugewanderten Kindern, und dort machen wir sehr
erfolgreiche Elternarbeit und Väterarbeit. Wenn ich die
Mitarbeiterinnen frage, was wichtig für gute Elternarbeit ist, dann sagen sie „Zeit und Ruhe“. Zeit für Gespräche mit den Eltern, Zeit für Gespräche im Team,
Zeit für Reflexionen auch über eigene Elternbilder, eigene Wünsche an die eigenen Eltern und an das eigene
Elternsein. Also im Prinzip Zeit und Ruhe, Zeit und Orte
für Reflexionen, das ist schlicht, aber das ist praktisch
ganz schwer umzusetzen, das wissen wir alle, das wissen die Personen, die in der Praxis tätig sind, dass genau diese Orte und diese Zeiten häufig fehlen.
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Moderator: Volle Zustimmung von Ihnen Prof. Uslucan,
oder würden Sie noch etwas dazu sagen?
Herr Prof. Dr. Uslucan: Meine volle Zustimmung als
auch zwei Ergänzungen. Ich glaube, die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis muss intensiver
sein. Der Bedarf ist in vielen Bereichen gegeben, was
die Evaluation beispielsweise betrifft. Als Evaluationsforscher weiß man, wenn ein Projekt evaluiert wird,
wenn angekündigt wird, dass es evaluiert wird, wird es
besser. Das heißt, das Bewusstsein, dass die eigene Arbeit in irgendeiner Weise kritisch reflektiert wird, führt
dazu, dass Menschen deutlich konzentrierter arbeiten.
Und ich glaube, auch die Wissenschaft kann natürlich
durch die Praxis sehr viel lernen. Wir haben manchmal
verschiedene Vorstellungen, Kategorienbildungen, Konzepte, die sind irgendwann einmal gebildet worden.
Und was machen wir? Wir lesen viel, wir übernehmen
die Ergebnisse anderer, dabei vergeht Zeit, dabei verändern sich Umstände, dabei verändert sich der Kontext,
aus dem solche Begrifflichkeiten entstanden sind. Deshalb ist der Kontakt zur Praxis enorm wichtig, um die
eigenen Konstrukte zu überdenken, zu erweitern, auszuweiten, möglicherweise auch ganz zu verwerfen und
zu merken, das passt so doch nicht mehr. Und gerade
im Kontext der Migrationsforschung, das hat mit den
Vätern nicht direkt etwas zu tun, sondern im Kontext
der Migrations- und Integrationsforschung verwenden
wir manchmal Begrifflichkeiten und Vorstellungen, die
aus den 1980er-Jahren stammen, und merken nach 35
oder 40 Jahren: Die Situation ist nicht mehr so. Da ist
der Kontakt der Wissenschaft zur Praxis enorm wichtig.
Ein Beispiel ist der Begriff „Ausländerkinder“. Wenn
manche Kinder sagen „Wir Ausländer“, sagen andere
Kinder vielleicht: „Ich bin doch schon hier geboren, wo
kommst du her, warst du nicht schon immer in Essen
oder Dortmund?“. Das heißt, unsere Kategorie davon,
wer gehört dazu, wer gehört nicht dazu, wird durch
den Kontakt der Wissenschaft mit der Praxis manchmal
hinfällig und wir müssen dadurch auch unsere Kategorie ändern. Das zeigt die Notwendigkeit der deutlich
engeren Verzahnung von Wissenschaft und Praxis.
Moderator: Die Wissenschaft nickt.
Frau Prof. Westphal: Ja, ich nicke, und ich würde dem
gerne etwas hinzufügen, weil ich ja nun auch an der
Universität lehre, wir lehren ja beide an der Universität
Fachtagung: Frag doch Papa!
und ich bilde Sozialarbeiter und Sozialpädagogen aus.
Dabei merke ich immer wieder, dass Studierende kommen - ich hatte gestern wieder einen -, die sich mit der
Kriminalität von Migranten und Jugendlichen beschäftigen wollen und konzentrieren sich dann auf die familiäre Sozialisation, wodurch sie dann natürlich von der
Defizitperspektive nicht wegkommen. Es macht so viel
Mühe, das zu erklären und ganz häufig - weil ich da so
streng bin - gehen dann durchaus viele weg, weil sie
ihre defizitorientierte Perspektive bei mir nicht durchhalten können. Das heißt, soziale Arbeit hilft natürlich,
sie ist von sich aus immer auf Probleme ausgerichtet,
auf benachteiligte Lebenslagen, aber wir haben in den
letzten Jahren ein Paradigmenwechsel angestoßen,
insofern wir sagen, wir wollen von der Defizitorientierung weg, wir wollen nun Ressourcen und Leistungen
und Kompetenzen sehen. Und da ist jetzt die spannende Frage für mich zwischen Wissenschaft, Praxis und
Ausbildung, wie lernen wir überhaupt, Ressourcen
wahrzunehmen, wie können wir diese Defizitperspektive überwinden, die häufig in den Institutionen eingeschrieben ist. Wir bekommen ja nur die Projekte, wenn
wir sagen, hier sind Defizite. Und wir personalisieren
diese Defizite.
Moderator: Eine deutliche Zustimmung und, da Sie gerade klatschen, herzlichen Dank an Herrn Prof. Dr. Uslucan und Frau Prof. Westphal und bitte bleiben Sie ruhig auch nach dem Dialog eine Sekunde bei mir, denn
jetzt wird es unterhaltsam für Sie. Viele von Ihnen sind
Eltern schulpflichtige Kinder. Dann kennen Sie das vom
Tag der Einschulung. Ich bitte mal zu mir, Ataman
Yıldırım, Gürkan Uçan, Christian Gollmer und Michael
Tunç, das sind nämlich die vier Verantwortlichen für die
Workshops, die wir gleich nach der Mittagspause haben, und Sie kennen das von der Einschulung, da stehen
immer die Klassenlehrer ganz vorne und dann müssen
sich die ganz aufgeregten Lernanfänger, um dieses
fürchterliche Wort zu benutzen, dann hinter ihren Klassenlehrern versammeln. Hier geht es um Folgendes: Wir
möchten Ihnen die vier Workshops einmal vorstellen
und achten Sie schon mal auf die farblichen Markierungen, die hier sind, die stehen nämlich für die Workshops.
Interkulturelle Väterarbeit in NRW
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Workshops
Workshop I: Väterarbeit in der frühen Bildung, Kita und Grundschule verankern
Input: Ataman Yıldırım (AWO Düsseldorf),
Gökhan Kabaca (KI Kreis Unna), Birol Mert (FUMAFachstelle Gender NRW)
Moderation: Miriam Weilbrenner (Landesweite Koordinierungsstelle der Kommunalen Integrationszentren)
Wir haben nicht so viele Ergebnisse schriftlich festgehalten, was der Tatsache geschuldet ist, dass die der
Workshop „Väterarbeit in der frühen Bildung, KiTa und
Grundschule verankern “ sehr gut besucht war und es
schon schwierig war, in diesem großen Saal mit so vielen Leuten einen Workshopcharakter zu kreieren. Ich
denke, das ist aber ganz gut gelungen. Wir haben in
diesem Workshop drei verschiedene Ansätze betrachtet. Einmal den Ansatz „Vernetzung“, das Modell
„Integrationsagenturen mit Kindertageseinrichtungen“
aus der Kommune Düsseldorf. Dazu hat uns der Kollege
Ataman Yildirim einen Ansatz vorgestellt, um mit
„Vätern in Aktion“ zu treten: Wie kann man Väter aktiv
in die Kita holen? Wie schafft man in Kitas Raum für
Interessen von Vätern? Und mit diesem Ansatz und den
weiteren Ansätzen ging es eigentlich immer um die
Fragestellungen: „Was ist Väterarbeit?“. Geht es um
Väteraktivierung? Geht es um die Zusammenarbeit mit
Vätern? Welchen Raum schaffen Bildungseinrichtungen
für bestimmte Zielgruppen, für bestimmte Familienmodelle? Und als Zweites hat uns der Kollege Gökhan Kabaca aus dem KI Kreis Unna ein Projekt vorgestellt, das
eigentlich eher ein Programm ist, aber in NRW noch mit
Projektcharakter umgesetzt wird. Das Projekt hat das
KI aus der Türkei adaptiert. Das war eine Art Vätergruppe Gesprächskreis. Also, wir hatten einmal den Ansatz,
durch Aktionen Väter in Kitas zu holen, dann den Ansatz Vätergruppen zu kreieren. Es wurde auch sehr intensiv darüber diskutiert, ob es sinnvoller ist, homogene Angebote oder heterogene Gruppenangebote zu
schaffen, was wird eher angenommen von den verschiedenen Zielgruppen, was ist leichter in der Kita oder auch in der Grundschule zu verankern. In diesem
Kontext wurde auch sehr stark darüber diskutiert, welche Bilder wir im Kopf haben, welche Bilder von Vätern, welche Bilder von Familien und welche Bilder von
Migranten. Und es kamen auch aus dem Publikum die
Fragen: Wie werden Eltern angesprochen? Wie wird
das wahrgenommen, wenn ich als Vater zu einem Gespräch in die Schule oder in die Kita eingeladen werde?
Wie ist es, wenn ich eingeladen werde, an einem Programm teilzunehmen? Warum brauche ich dieses Programm? Und das Ganze hat natürlich auch etwas mit
der Wahrnehmung zu tun. Schaffen wir Arbeitsprogramme, Bildungsprogramme? Warum brauchen wir
Bildungsprogramme, was versteckt sich hinter dem
Begriff Erziehungs- und Bildungspartnerschaft? Ich denke, es herrschte Konsens darüber, dass wir hier das
Ganze als Kompetenzpartnerschaft sehen und dass
Väter nicht an Programmen teilnehmen, weil sie irgendwelche Defizite haben, sondern weil sie bestimmte
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Kompetenzen haben und sie zusammen mit Erziehern
oder Lehrern zu der besseren Bildungssituation und
Entwicklung ihrer Kinder beitragen können. Und als
Letztes kamen wir dann dazu, wenn es um die Ansprache und die Strukturen, Räume und Kapazitäten geht,
geht es auch darum, wie öffnen sich die Bildungseinrichtungen. Wir haben hier den Arbeitskreis Interkulturelle
Väterarbeit, wir haben auf der Landesebene den Auftrag der Kommunalen Integrationszentren zur interkulturellen Öffnung und es geht um die Öffnung von Bildungseinrichtungen. Der Diversity-Ansatz wird häufig
im Sinne der „Öffnung für Migranten“,verwendet, wir
haben aber auch diskutiert, ob dies nicht auch die Öffnung für den Gender-Ansatz beinhaltet. Und da hat uns
Fachtagung: Frag doch Papa!
dann als Ergänzung – was sehr gut passte – zu den spezifischen Angeboten die Fachstelle Gender den Ansatz
vorgestellt: Wir müssen die Erzieher und das Personal in
Bildungseinrichtungen mit auf diesen Weg nehmen, die
eigene Haltung und die eigene Wahrnehmung der Zielgruppe, für die man Angebote machen will, zu reflektieren und dafür zu sorgen, dass man Angebote schafft,
die auch annehmbar sind. Und es war ein guter Dialog,
auch mit dem Publikum. Wir haben aus dem Publikum
wertvolle Anregungen bekommen, was die Kitas für
Bedürfnisse haben. Und das sind natürlich Bedarfe,
dass man mehr Personal bräuchte, mehr Gelder und
mehr Räume. Und das wird noch eine gemeinsame Aufgabe sein, daran zu arbeiten.
Interkulturelle Väterarbeit in NRW
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Workshop II: Väterarbeit in der Schule und im Übergang Schule/Beruf verankern
Input: Gürkan Uçan (KI Herne), Jonas Lang (Coach
e. V.)
Moderation: Mustafa Boukllouâ (Projekt „Lehrkräfte
mit Zuwanderungsgeschichte“)
Es ist nicht ganz einfach, sich als Lehrer kurz zu halten,
aber ich werde es versuchen. Wir hatten das Thema
interkulturelle Väterarbeit in der Schule und im Übergang Schule/Beruf. Das war ein sehr interessanter
Workshop. Es gab sehr viele Rückfragen, es war ein
relativ intensiver Austausch, was man auch an den Ergebnissen sehen kann. Ich möchte nur kurz auf einige
eingehen. Zunächst gab zwei Referate, zum einen ein
Beispiel aus der Stadt Herne, wie die interkulturelle
Väterarbeit gut gelingen kann. Das zweite gute Beispiel
war von Coach e. V. in Köln. Anhand dieser Beispiele
sind wir dann in die Diskussion gegangen und haben
am Ende die verschiedenen Punkte und Überschriften
gesammelt: Was sind die einzelnen Wünsche, was soll
am Ende herauskommen, die Rahmenbedingungen, die
dafür gesetzt werden müssen, wie sollten diese gestaltet sein, welche Gefahren lauern auf dem Weg.
Ganz oben auf der Wunschliste steht, die guten Ansätze, die guten Beispiele, die es ja schon auf kommunaler
Ebene gibt, im Land noch weiter auszubauen, diese zu
intensivieren, darüber zu sprechen, die Multiplikatoren
auszubilden. Die Weiter– und Ausbildung von Multiplikatoren aus unterschiedlichen Communities wird ebenfalls häufig gewünscht, damit sie dann die Ideen von
interkultureller Väterarbeit in der jeweiligen Community weitertragen können. Ein weiterer Wunsch war die
Interkulturalität der Schulen, damit wir interkulturelle
Elternarbeit, interkulturelle Väterarbeit verankern. Dafür muss sich auch etwas innerhalb der Organisation,
der Struktur tun. Das funktioniert nicht, indem man von
außen herantritt, sondern es muss zu einer Haltungsänderung, zu einer Veränderung innerhalb des gesamten
Kollegiums, innerhalb der Schulleitung, innerhalb aller
Instanzen innerhalb der Schulen kommen bzw. diese
muss weiter voranschreiten. Alle Eltern, alle Väter sollen angesprochen werden, es solle nicht die typischen
eins, zwei, drei Grüppchen geben. Wenn eine Schule
Anspruch haben soll, interkulturell zu sein, dann sollen
auch alle Eltern in irgendeiner Form angesprochen werden, die fühlen sich damit natürlich besonders gut. Welche Rahmenbedingungen sollten gegeben werden?
Ganz oft tauchte in der Diskussion auf, dass die Bereitschaft der Eltern da sein muss, der Väter da sein muss,
damit überhaupt Mitteilungen stattfinden, müssen die
Väter tatsächlich auch die innere, die intrinsische Motivation mitbringen, dass sie sich dann tatsächlich auch
beteiligen wollen. Im Laufe des Vortrags wurde auch
das Wort „Engagement“ angesprochen, das Engagement ist die Bedingung für das Gelingen überhaupt.
Was auch eine Rolle spielt, ist die Beteiligung der Väter
innerhalb der Schule. Das heißt, die verschiedenen
Möglichkeiten, die es gibt, die Geschicke der Schulen
mit zu lenken, mit zu prägen, sei es Klassenpflegschaft,
Schulpflegschaft etc., sollten wahrgenommen werden.
Da denken Sie, müssen Väter, müssen Eltern mit Migra-
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tionshintergrund gestärkt werden? Ganz groß geschrieben wird die Zeit, man braucht Zeit, man fängt nicht
heute mit der Väterarbeit an und in sechs Monaten hat
man alle Ziele erreicht, die man erreichen möchte, sondern man muss auch Geduld haben, mit Rückschlägen
umgehen und diese Zeit muss auch gegeben werden,
das ist auch etwas Wichtiges. Welche Gefahren lauern?
Was mehrfach genannt wurde: Doppelstrukturen zu
vermeiden. Das bedeutet, dass man nicht irgendwie
einen ganz neuen Strang aufzieht, sondern vielleicht
mit anderen Strukturen, die es vor Ort gibt, Synergieeffekte erzeugt, dass man gemeinsam etwas auf den
Weg bringen kann und nicht einfach ein ganz neues
Projekt ins Leben ruft, wenn eines (finanziell) beendet
Fachtagung: Frag doch Papa!
wurde, die dann vielleicht gestorben sind und an anderen Instanzen vorbeigingen. Auch Kreativität ist gefragt, wenn man einen Antrag ausarbeitet: Hat man
wirklich den Anspruch von Anfang an, allen Vätern gerecht zu werden oder geht man sukzessive voran und
entwickelt beispielsweise Etappenziele? Dass man vielleicht eine eigene Community hat, bei der der Zugang
relativ leicht ist, daraus neue Ideen entwickelt, sich
selbst verbessern kann, das ist beispielsweise wichtig.
Ich sehe, Sie greifen schon zum Mikro, deswegen höre
ich jetzt einfach einmal auf und bedanke mich noch mal
bei den Gruppen.
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Interkulturelle Väterarbeit in NRW
Workshop III: Väterarbeit in Stadtteilen und in der Kommune verankern
Input: Christian Gollmer (IVA NRW), Antonio Diaz (BIFF
e. V.), Dr. Michael Maas (Bildungsnetzwerk Styrum)
Thema 1: Interkulturelle Väterarbeit in NRW/
Facharbeitskreis IVA NRW
Moderation: Shabena Aissa (Elternnetzwerk NRW. Integration miteinander e. V.)
Referent: Christian Gollmer (Facharbeitskreis für interkulturelle Väterarbeit NRW)
Begrüßung
Frau Aissa und Herr Gollmer begrüßen die Anwesenden
und erläutern den Aufbau des Workshops. Das Thema
des Workshops „Väterarbeit in den Stadtteilen und in
der Kommune verankern“ soll dabei anhand dreier Impulsreferate der anwesenden Experten behandelt werden. Die Fachvorträge sowie die Diskussion der vorgestellten Inhalte sollen sich an folgenden Leitfragen zu
den Angeboten der interkulturellen Väterarbeit orientieren:
1) Wo liegt die Besonderheit im Angebot aufgrund der
angesprochenen Zielgruppe?
2) Welche strukturellen Rahmenbedingungen sollten
hierfür gegeben sein?
3) Wer sind mögliche Kooperationspartner?
4) Inwieweit sind interkulturelle Öffnung und interkulturelle Kompetenz für die Umsetzung der Angebote
erforderlich?
5) Wer sind notwendige Fachkräfte?
Herr Gollmer ist Landeskoordinator für interkulturelle
Väterarbeit in NRW und berichtet über den
„Facharbeitskreis für interkulturelle Väterarbeit NRW“,
der sich aus einzelnen innovativen Projekten im Bereich
der Väterarbeit gebildet hat. Viele der Angebote richteten sich speziell an Väter mit Zuwanderungsgeschichte.
Der maßgebliche Auftrag der unterschiedlichen Initiativen liege in der Beratung von Vätern und der Möglichkeit zum gemeinsamen Erfahrungsaustausch. In diesem
Zusammenhang arbeite der Facharbeitskreis für interkulturelle Väterarbeit NRW eng mit dem Ministerium
für Arbeit, Integration und Soziales des Landes NRW
zusammen. Ziel sei die landesweite Verankerung und
Intensivierung der interkulturellen Väterarbeit in NRW.
Bei der Implementierung von Angeboten sei auf die
Heterogenität der Gruppe der Väter zu achten. Laut
eigener Aussage benötigten jedoch viele Väter eine
Form der „Übersetzungshilfe“. Auch im Kontext seiner
Arbeit mit diversen Jugendgruppen habe Herr Gollmer
immer wieder Berichte über eine gewisse
„Sprachlosigkeit“ der Väter erhalten. Ziel sei es demnach, bedarfsgerechte Beratungs- und Interaktionsangebote für Väter zu schaffen. Von besonderer Relevanz
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sei in diesem Zusammenhang die Wahrnehmung der
Väter als „Experten“ für ihre Kinder sowie eine Zusammenarbeit auf Dialogbasis bzw. „auf Augenhöhe“. Eine
defizitorientierte Perspektive sei in jedem Fall zu vermeiden. Väterarbeit solle zudem möglichst frühzeitig
erfolgen. Eine Grundvoraussetzung hierfür sei die Beschäftigung männlicher Bezugspersonen im Kontext
der frühen Bildung. Diese Fachkräfte sollten motiviert
und qualifiziert werden, im Bereich der Väterarbeit aktiv
zu werden. Notwendig sei hierbei die Aufnahme der
Väterarbeit als festen Bestandteil der Projektlandschaft
(Modelle/Maßnahmenkataloge). Herr Gollmer berichtet
über diverse innovative Kooperationsprojekte im Bereich interkulturelle Väterarbeit. Eines dieser Vorhaben
sei in Bonn angesiedelt. Ein lokaler Fußballverein arbeite vor Ort mit einer Beratungsinstitution zusammen. Im
Rahmen des Projektes würde die Zielgruppe der Väter
über das Thema Sport erreicht und eine Überführung in
die kooperierende Beratungsinstitution begünstigt. Des
Weiteren besäßen Schulen als „neutraler“ Ort eine hohe Akzeptanz bei der Zielgruppe. Die dortigen Angebote (z. B. „Elterncafés“) seien jedoch oftmals ohne die
Berücksichtigung der Bedarfe der Väter konzipiert und
würden entsprechend selten von diesen wahrgenommen. Zur Situation der Väter mit Zuwanderungsgeschichte merkt Herr Gollmer an, dass häufig prekäre
Arbeitsverhältnisse (z. B. Nacht-/Schichtarbeit) vorlägen. Bei der Implementierung von Angeboten im Bereich interkulturelle Väterarbeit sei demnach die Berücksichtigung der „Lebenswelten“ der angesprochenen Zielgruppe von besonderer Relevanz.
Thema 2: Interkulturelle Väterarbeit in NRW
(Erfahrungsbericht aus Dortmund)
Referent: Antonio Diaz (BIFF e. V.)
Herr Diaz vom Verein BIFF e. V. (Bildung-IntegrationFrauen-Familie) berichtet über diverse Maßnahmen im
Bereich der interkulturellen Väterarbeit in Dortmund.
An vielen Stellen sei die Zusammenarbeit mit der Zielgruppe der Väter mit Zuwanderungsgeschichte begonnen worden. Der Kreis der Teilnehmenden werde hierbei immer größer. Von besonderer Relevanz sei in diesem Zusammenhang die Mundpropaganda. Durch die
zunehmende Vernetzung entstünden darüber hinaus
Synergieeffekte. Trotz dieser positiven Entwicklung vor
Ort sei jedoch eine umfassende, strukturierte und koor-
Fachtagung: Frag doch Papa!
dinierte Väterarbeit auf Landesebene vonnöten. Interkulturelle Väterarbeit solle zu diesem Zweck in die Förderpläne des Landes NRW aufgenommen werden.
Zur nachhaltigen Verankerung und Ausweitung der Aktivitäten vor Ort sei besonders die Verfügbarkeit von Versammlungs- und Schulungsräumlichkeiten eine notwendige Ressource. Es mangele an „neutralen“ und
„geschützten“ Räumen, in denen sich Väter austauschen und Beratungsangebote umgesetzt werden
könnten. Ferner sollten sich Angebote im Bereich der
interkulturellen Väterarbeit an den zeitlichen Ressourcen der Zielgruppe orientieren. Die potenziellen Teilnehmergruppen für die entsprechenden Angebote könnten
hierbei über „neutrale“ Themen (z. B. Kochkurse, Sportangebote) identifiziert und gebildet werden. Bei der
Konzeption und Implementierung von Angeboten seien
gut geschulte Multiplikatoren und speziell ausgebildetes Fachpersonal unabdingbar. In diesem Zusammenhang sei auch die Etablierung einer Quote für den Anteil
von männlichen Fachkräften im Bildungsbereich denkbar. Vorhandene Fachkräfte sollten zudem im Themenfeld „interkulturelle Kompetenz“ geschult werden.
Thema 3: Interkulturelle Väterarbeit in NRW
(Erfahrungsbericht aus Mülheim an der Ruhr)
Referent: Dr. Michael Maas (Bildungsnetzwerk Styrum)
Dr. Michael Maas ist Stadtteilkoordinator des Bildungsnetzwerks Styrum in Mülheim an der Ruhr. Herr Dr.
Maas berichtet über Projekte und Angebote des Bildungsnetzwerks im Bereich der Elternbildung und interkulturellen Väterarbeit. Ziel des Bildungsnetzwerks sei
die Zusammenführung und Weiterentwicklung bestehender Angebote zur Stärkung der Kompetenzen von
Eltern. Elternarbeit fokussiere sich dabei oftmals auf die
Mütter, weshalb das Bildungsnetzwerk spezielle Angebote für Väter im Stadtteil Styrum geschaffen habe. Die
Rolle der Väter im Erziehungs- und Bildungsprozess solle hierdurch gestärkt werden. Bei der Konzeption derartiger Angebote seien niedrigschwellige Vater-KindAktionen eine sehr gute Ausgangsbasis. Die aus dieser
Praxis gewonnenen Erkenntnisse könnten reflektiert
und entsprechende Angebote unter Einbeziehung weiterer Kooperationspartner nachhaltig vor Ort implementiert werden. Ein diesbezügliches Beispiel seien die
Vater-Kind-Aktionswochen, die das Bildungsnetzwerk
Interkulturelle Väterarbeit in NRW
Styrum gemeinsam mit verschiedenen Akteuren aus
dem Bildungs- und Integrationsbereich (Schulen, Kindertagesstätten, Koordinierungsstelle Integration etc.)
durchführe. Besondere Erfolge hätten mit der Umsetzung eines Vater-Kind-Fußballturniers erzielt werden
können, das in Zusammenarbeit mit dem Kommunalen
Integrationszentrum und Moschee- und Sportvereinen
organisiert worden sei. Auch in den Familienzentren
gebe es bereits seit geraumer Zeit Vater-Kind-Aktionen.
Eine weitere Initiative im Bereich der Väterarbeit sei
das Projekt „Mein Papa liest vor!“ der Stiftung Lesen.
Durch die Bereitstellung von Materialien biete das Projekt Vätern die Möglichkeit, als lesende Vorbilder für
ihre Kinder stärker in Erscheinung zu treten und ihre
Rolle im Bildungsprozess aktiver wahrzunehmen.
Diskussion und Erfahrungsaustausch
Ein Teilnehmer merkt an, dass die häufig vorhandene
Sprachbarriere die Zusammenarbeit mit der Zielgruppe
und deren Zugang zu bestehenden Angeboten oftmals
erschwere. Dies gelte insbesondere für die Gruppe der
Flüchtlinge. Aus diesem Grund seien finanzielle Ressourcen für Übersetzungen und mehrsprachiges Informationsmaterial notwendig. Herr Diaz betont in diesem
Kontext die Bedeutung der Vernetzung vor Ort. Durch
die Kooperation mit lokalen Migrantenselbstorganisationen, interkulturellen Zentren und weiteren Initiativen
werde eine sprachliche Vielfalt geschaffen, wodurch
eine Unterstützung und Weitervermittlung dieser Personen in die Beratungsinstitutionen ermöglicht würde.
Eine weitere Frage bezieht sich auf die bestehenden
Weiterbildungs- bzw. Fortbildungsmöglichkeiten im
Bereich der interkulturellen Väterarbeit. Herr Gollmer
weist darauf hin, dass bei den Wohlfahrtsverbänden
einige diesbezügliche Angebote existierten. Qualifizierte Fachkräfte sollten zudem die Möglichkeit der Weiterbildung erhalten. Ein Teilnehmer merkt an, dass die
Angebote im Bereich der interkulturellen Väterarbeit
nicht ausschließlich auf ehrenamtlichem Engagement
aufbauen könnten.
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Bei einer weiteren Wortmeldung wird die Bedeutung
des Faktors „Spaß“ betont. Der Anreiz, sich an Angeboten im Bereich Väterarbeit zu beteiligen, sei ansonsten
zu gering. Auch laut Herrn Dr. Maas ist dieser Faktor
entscheidend bei der Implementierung zielgruppenund bedarfsgerechter Angebote. Auf diese Weise könne der Einstieg in weiterführende Beratungsangebote
erleichtert werden. Ein Teilnehmer weist darauf hin,
dass die Gruppe der Väter mit Zuwanderungsgeschichte eine gesellschaftliche Teilgruppe darstelle. Aus diesem Grund seien Maßnahmen zur grundsätzlichen Integrationsförderung notwendig und die Einbindung
von Kooperationspartnern aus allen sozialen Bereichen
sei erstrebenswert. Herr Gollmer betont das Erfordernis einer Überprüfung und etwaigen Modifikation der
bestehenden Angebote im Bildungs- und Integrationsbereich hinsichtlich deren Öffnung für die Zielgruppe
der Väter mit Zuwanderungsgeschichte. Bei der Implementierung von Angeboten müssten stets die Bedarfe
der Zielgruppe berücksichtigt werden. Hierzu sei eine
situationsspezifische Bedarfsanalyse der Gegebenheiten vor Ort unabdingbar. Herr Dr. Maas verweist auf
die
Heterogenität der bestehenden Ansichten über das
Thema „interkulturelle Väterarbeit“. Trotz der vermehrten und guten Ansätze in diesem Bereich gebe es
auch Widerstände. Diese gründeten zumeist auf dem
Vorwurf, Väterarbeit grenze Mütter aus und diskriminiere Kinder von alleinerziehenden Müttern. Herr Gollmer regt diesbezüglich die Durchführung einer Informationsveranstaltung an, in deren Kontext kritische
Haltungen gezielt thematisiert und weitere Akteure für
die Väterarbeit gewonnen werden könnten.
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Fachtagung: Frag doch Papa!
Workshop IV: Interkulturelle Väterarbeit in der Forschung verankern
Input: Michael Tunç (ZfTI), Dr. Berrin Otyakmaz (TU
Dortmund)
Moderation: Miriam Palazzi (Ministerium für Arbeit,
Integration und Soziales des Landes NRW)
Mein Name ist Miriam Palazzi, ich arbeite in der Integrationsabteilung des Ministeriums für Arbeit, Integration
und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen und begleite seit zwei Jahren den Ansatz der interkulturellen
Väterarbeit. Da ich sehr kurzfristig die Moderation übernommen habe, steht mir Frau Dr. Otyakmaz zur Seite,
die dann auch auf den wissenschaftlichen Part eingehen wird. Wir haben bei unserem Workshop zuerst zwei
sehr spannende Inputs gehabt, einen von Frau Dr. Otyakmaz und dann von Herrn Michael Tunç zu dem Praxisforschungsprojekt. Anschließend haben wir eine entsprechende Diskussion, eine kleine Arbeitsgruppe gehabt, aber ich würde jetzt erst mal an Frau Dr. Otyakmaz weitergeben, dass sie etwas zu den Inputs sagt.
Frau Dr. Otyakmaz
Wir - das sind Frau Dr. Westphal, unsere Kollegin Prof.
Elif Durger von der Yaşar Universität in Izmir und ich
von der TU Dortmund - haben im Frühjahr dieses Jahres
eine größere Studie zur parentalen Ethnotheorien von
Vätern und Müttern in und aus der Türkei gestartet. Wir
wollen in dieser Studie etwas darüber erfahren, was
sich Väter und Mütter unter kindlicher Entwicklung,
kindlicher Entwicklungsfähigkeit, kindlichen Bedürfnissen und der jeweiligen Rolle als Vater und Mutter, als
Erziehender und als Entwicklungsunterstützer vorstellen. Es gibt kulturvergleichende Untersuchungen, die
darlegen, dass in verschiedenen kulturellen Kontexten
die Vorstellungen darüber, wann beispielsweise ein
Kind im Vorschulalter bestimmte Entwicklungsschritte
erreicht haben sollte, sehr wohl auseinandergehen.
Wenn die Menschen in ihren jeweiligen Kontexten leben, dann ist das auch in Ordnung. Wenn sie aber von
ihren Kontexten getrennt leben, ist das schwierig. Ich
hatte in einer Studie mit Müttern mit Migrationshintergrund, nicht mit Vätern, festgestellt – dass beispielsweise türkisch-deutsche Mütter spätere Entwicklungserwartungen haben als deutsche Mütter. Wenn die Kinder dann in den Kindergarten kommen - und es gibt
eben so einen heimlichen Lehrplan oder einen offenen
Lehrplan auch in der Kindertagesbetreuung, dass Kinder selbstständig essen können sollten, dass Kinder
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Interkulturelle Väterarbeit in NRW
bestimmte soziale Fähigkeiten haben sollten usw. wenn dann diese Vorstellungen nicht miteinander in
Übereinstimmung sind, kommt man sehr schnell zur
dieser Vorstellung „Eltern mit Migrationshintergrund
sind bildungsbedürftig, sind in ihren Erziehungskompetenzen zu unterstützen“. Diese Problematik ist sehr
wohl da, auch wenn sagt „Wir wollen nicht mehr defizitorientiert sein, wir wollen bei den Ressourcen ansetzen,“ aber wenn man zumindest die Begründung für
Elternbildungsprogramme, für Väterbildungsprogramme anschaut, dann ist das immer eine Normalitätsvorstellung in der Welt, die dann heißt, ein Kind hat diese
und jene Bedürfnisse in diesem und jenem Alter und
der Vater oder die Mutter, meistens ist es dann doch
auf die Mutter gerichtet, sollte das Kind in dieser Phase
auf diese oder jene Weise unterstützen. Wenn er bzw.
sie das nicht tut, dann ist der Vater oder die Mutter
bildungsbedürftig und sollte möglichst in der Bildungsund Erziehungskompetenz unterstützt werden. Was
wir mit unserer Studie machen wollten, ist zu vergleichend zu untersuchen, und deshalb findet die Studie
sowohl in der Türkei als auch in Deutschland statt. Wir
beziehen sowohl ethnisch deutsche Mütter und Väter
als auch türkisch-deutsche Mütter und Väter der ersten
und zweiten Generation ein. Wir wollen jeweils von
diesen Eltern in qualitativen problemzentrierten Interviews erfahren, was denn eigentlich ihre elterlichen
Vorstellungen darüber sind, was das Wesen ihrer Kinder ausmacht, was sie für Bedürfnisse haben, wann
und wie erzieherisch bei welchen Entwicklungsbereichen jeweils eingegriffen werden sollte. Wir haben
mittlerweile hier eine sehr klare Vorstellung davon
entwickelt, das Kind am besten schon im Mutterleib zu
fördern, in der Sorge, Entwicklungszeitfenster zu verpassen. Es gibt aber andere Kontexte, wo man sagt
„Gut, lass das Kind doch erst mal Kind sein, es kann sich
später entwickeln“. Was nicht bedeutet, dass diese
unterschiedlichen Konzepte besser oder schlechter
sind, uns geht es eigentlich darum, mit dieser Studie
auch dienlich zu sein für die Normalitätskonzepte, die
Bestandteile dieser Bildungsmaßnahmen sind, und die-
se Normalitätskonzepte zu erweitern, sodass sich Eltern jeweils auch mit dem, wie sie sind, als normal wiederfinden können. Das ist der Ansatz in unserer Studie,
bei der wir insgesamt 120 Mütter und Väter in der Türkei und in Deutschland besuchen werden.
Jetzt noch zwei Sätze. Es war natürlich nicht einfach,
den Transfer zwischen Wissenschaft und Praxis herzustellen, und wie es schon Prof. Dr. Uslucan heute Morgen gesagt hat „Wenn ein Projekt evaluiert wird, sind
alle engagierter, sind die Ergebnisse oft besser“. Deshalb haben wir mit Kolleginnen aus der Praxis zusammen überlegt, und zwar auf verschiedenen Ebenen,
welche Fragestellungen erachten sie für zukünftige
Forschungen zur interkulturellen Väterarbeit als relevant, also welche Bereiche. Und die Kolleginnen haben
viele gute Ideen gehabt, viele haben auch noch Probleme, die Väter mit Migrationshintergrund zu erreichen.
Das möchten wir auch mal gerne evaluieren: Woran
liegt das? Warum erreichen wir die Väter nicht? Es geht
aber auch um andere Themen, wie zum Beispiel andere
Bezugssysteme. Die Paarebene sollte untersucht werden. Es sollte zum Beispiel Folgendes untersucht werden: Wie wirkt sich das Spannungsfeld als Mutter einerseits und berufstätige Frau andererseits auf die Berufstätigkeit und auf die Mutterrolle aus ? Dort könnte
man auch ansetzen, viele Aushandlungsprozesse sollten untersucht und evaluiert werden. Weiterhin könnte
es auch Langzeitstudien geben, inwiefern es eigentlich
bei Erziehungsnormen einen Wandel gibt, wenn man
bei Großvätern ansetzt. Wir haben eine bunte Palette
an spannenden Forschungsfeldern, die noch zu bearbeiten sind. Und da waren sich alle einig, dass es auf
jeden Fall mehr Forschung dazu geben sollte.
Und dann möchte ich ganz herzlich danken für Ihre
Aufmerksamkeit!
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Fachtagung: Frag doch Papa!
Podiumsdiskussion:
„Wie geht es weiter? Visionen zur Ausweitung der interkulturellen Väterarbeit“
Anton Rütten, Abteilungsleiter Integration im Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes
NRW
Kai Diekelmann, Sprecher des Fachausschusses Integration der LAG Freie Wohlfahrtspflege in NRW
Dr. Hildegard Kaluza, Gruppenleiterin für Familie und
Bürgerschaftliches Engagement im Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes
NRW
Christian Bönisch, Referat Gleichstellungspolitik für
Jungen und Männer beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Moderator: Ich danke allen, die ihre Ergebnisse vorgestellt haben, und meine Damen und Herren: Wenn ich
mir diese tollen, vollgepackten Flipcharts hier anschaue,
habe ich mir spontan überlegt, Sie haben eigentlich alle
ein Teilnehmerzertifikat verdient. Sie sehen, ich habe
einen ganz spendablen Tag! Natürlich hat sich das der
Facharbeitskreis überlegt, ich darf es nur verkünden,
das ist die tolle Aufgabe des Moderators. Es wird für die
heutige Veranstaltung ein Teilnahmezertifikat geben!
Wir wollen einen Ausblick am Schluss wagen unter dem
Titel „Wie geht es weiter?“, ob wir Visionen haben und
ob das überhaupt gesund ist, das lassen wir an dieser
Stelle. Und ich möchte mir gerne noch eine Diskussionsrunde hier vorne zusammenpuzzeln. Ich beginne, wie
es sich gehört, mit der Dame, Frau Dr. Hildegard Kaluza,
sie ist zu uns gekommen aus dem Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW.
Dort ist sie Gruppenleiterin für Familie und Bürgerschaftliches Engagement.
Herr Christian Bönisch kommt von der Bundesebene zu
uns, aus dem Referat Gleichstellungspolitik für Jungen
und Männer beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Ein für heutige Verhältnisse
kurzer Titel. Herr Kai Diekelmann von der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in NRW
kommt auch zu uns nach vorne. Und last, but not least,
Herr Anton Rütten ist der Abteilungsleiter Integration
im Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des
Landes NRW. Ich will gerne anfangen mit Herrn Bönisch, der aus Berlin zu uns kommt. Macht Sie das neidisch, wenn Sie nach NRW kommen mit dieser breiten
Landschaft von interkultureller Väterarbeit? Wie bringen Sie das den übrigen 15 Bundesländern bei?
Interkulturelle Väterarbeit in NRW
Herr Bönisch: Erst mal herzlichen Dank für die Einladung. Nein, neidisch sind wir nicht, weil jede Ebene ihre
Verantwortung hat, und das ist sehr erfreulich, wenn
sich in NRW viel tut. Und wenn die einzelnen Bundesländer voneinander lernen, dann freuen wir uns, glaube
ich, alle darüber. Das können alle ohne jeden Neid tun.
Moderator: Aber tatsächlich gefragt, wenn Sie den
Blick auf die gesamte Bundeslandschaft werfen, muss
sich NRW nicht verstecken mit dem, was hier passiert.
Herr Bönisch: Ich gehe nicht davon aus. Wobei ich sagen muss, ich stehe hier ja auch als jemand, der einen
etwas anderen Hut aufhat. Ich arbeite ja im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und
komme dort aus der Abteilung Gleichstellung. Ich habe
also den Gleichstellungshut auf, arbeite im Referat
Gleichstellungspolitik für Jungen und Männer. Das
heißt, für uns ist die Frage nach dem Migrationshintergrund von Menschen nur ein kleiner Aspekt unter ganz
vielen und insofern ist für uns die Integrationspolitik
jetzt nicht der entscheidende Punkt. Was ich heute hier
gehört habe, hat mir in vielen Punkten sehr gut gefallen, weil hier vielfach Arbeit geleistet wird, die genau in
die Richtung geht, in die wir auch kräftig zu rudern versuchen. Nämlich hin zur Rollenerweiterung und vor
allem zur Rollenerweiterung auch für Männer. Und von
daher finde ich das ausgesprochen schön, wenn hier
neue Formen von Männlichkeit, neue Männlichkeit
eben, für eine ganz bestimmte Bevölkerungsgruppe
auch propagiert werden.
Moderator: Wir kommen auf diesen Punkt, nicht immer
nur auf das Merkmal Migrationshintergrund zu schauen, auch wenn das inzwischen in manchen Organisationen schon Karrierefaktor geworden ist, zurück. Wenn
wir auf die Landesebene schauen. Herr Rütten, das
Land NRW, wir wollen die verschiedenen Ansätze jetzt
mal ein bisschen sortieren, engagiert sich in diesem
Bereich ganz intensiv, dafür gibt es wahrscheinlich viele
Gründe, aber können Sie uns auf den Nenner bringen,
warum dieses Thema Väterarbeit für das Land so einen
hohen Stellenwert hat?
Herr Rütten: Es gibt aus zwei Ecken Bedarfe, die uns
gemeldet worden sind, auf die wir reagiert haben. Der
eine ist der, der uns über Integrations- und Sozialarbeit
und früher über die RAA und heute die Kommunalen
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Integrationszentren vermittelt worden ist, dass Väter
gekommen sind und gesagt haben „Stellt uns nicht
immer als dumm dar, stellt uns nicht immer als unmotiviert dar, sondern unterstützt uns und gebt uns Angebote der Information, der Qualifizierung und eben auch
des Austauschs“. Das andere ist, es gibt eine Defizitmeldung und wir machen ja keinen defizitorientierten
Ansatz im Grundsatz, aber wir müssen Defizite in unseren Strukturen beheben. Und deswegen ist da noch
mal ein wichtiger Ansatz, wenn Kindertageseinrichtungen und Schulen sagen „Wir erreichen diese Väter nicht
mit den herkömmlichen Angeboten“. Es ist fast immer
die Polarisation da gewesen, „Weil sie nicht wollen“, es
sind aber auch einige Menschen, die gesagt haben
„Weil wir nicht wissen, wie wir sie ansprechen sollen“,
und deswegen war dieser Bedarf auch ein Grund für
uns, da heranzugehen. Erlauben Sie mir auch eine persönliche Anmerkung. Ich habe mal als Sozialarbeiter in
Köln-Chorweiler gearbeitet, das ist schon ewig lange
her. Aber einer unserer ersten Fälle war der einer türkische Familie, in der die Frau den Mann verlassen wollte,
der Mann große Probleme mit dieser Situation hatte.
Kann man verstehen, der hat aber dann nicht so reagiert, wie man reagieren sollte, sondern hat versucht,
der Frau Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Was
haben wir gemacht? Als Beratungsstelle des DeutschTürkischen Vereins, deren Geschäftsführer ich damals
war, haben wir der Frau und ihren Kindern geholfen.
Wir haben erfolgreich eine neue Wohnung vermittelt,
wir haben die Kontakte zum Amt hergestellt und haben
den Mann in dieser Situation alleine gelassen. Wir haben auch niemanden gefunden, der ihm helfen konnte,
und er hat auch den Versuch der Ansprache durch uns
vermieden, weil er wusste, ich bin sowieso nur in dieser
einen Täterrolle da. Und ich finde es einfach persönlich
ganz toll, bei so einer Veranstaltung zu erfahren, wohin
sich das Thema entwickelt hat, das habe ich mir ganz
viel früher gewünscht, aber ich finde es einfach außerordentlich, dass da so eine Bewegung in die Landschaft
gekommen ist. Und auch das ist mit ein Motiv für uns
gewesen, sodass wir gespürt haben, es ist einfach überfällig, dass man auch da ansetzt.
Moderator: Wir haben heute Morgen gehört, dass es
zumindest in der Wissenschaft noch sehr wenig Beschäftigung mit dem Thema Väterarbeit und auch mit
den Hintergründen gibt. Dass es einzelne Projekte gibt,
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aber dass die Wissenschaftler ja auch gesagt haben, da
müsse eigentlich immer noch sehr viel empirische Forschung passieren. Haben Sie das Gefühl, wenn Sie so ins
Land schauen, dass Sie immer noch an vielen Stellen
erklären müssen, was Sie da tun, oder ist das in der breiten Wahrnehmung inzwischen angekommen?
Herr Rütten: Ich bewege mich ja meistens in unseren
Fachkreisen und da muss ich nicht mehr viel erklären.
Wenn ich in öffentlichen Veranstaltungen bin, muss ich
erklären, dass die Männer, die man dort hat, teilweise
sehr engagiert sind, dass die Erwartungen an uns, solche Arbeit zu machen, um Menschen zu korrigieren in
ihrem Fall, dass das nur ein kleiner Aspekt des ganzen
Unternehmens ist. Was die ganze wissenschaftliche
Szene angeht, haben wir natürlich hier in NRW noch
mal eine sehr reiche Landschaft und wir haben mit dem
Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung
einen Mitakteur hier in diesem ganzen Geschehen, sodass wir von daher, auch was den Grad der Informationund der Öffentlichkeitsarbeit in den Fachkreisen angeht, schon sehr, sehr weit sind. Ich glaube ein Stückchen weiter als das eine oder andere Bundesland.
Moderator: Vielleicht ist einer der Erfolgsfaktoren auch,
dass hier zwei Ministerien sehr eng miteinander arbeiten. Das ist nicht bei allen Themen üblich, manchmal
sieht das ganz anders aus. Frau Dr. Kaluza, gerade in
Ihrem Haus entwickeln sich im Moment und auch in
letzter Zeit ganz viele neue Ansätze, ich meine damit
nicht nur ein Väterportal, von dem Sie uns berichten
müssen, sondern auch an Beratungsstrukturen. Was
gibt es da an Entwicklungen in Ihrem Haus?
Frau Dr. Kaluza: Ja, vielleicht. Aber vorweg noch mal,
ich habe vorhin etwas gehört vom Fußballturnier. Es ist
so, dass die Väter in NRW nicht vorne sind, nein. Sondern in der Väterarbeit sind wir schon ein Stück zurück,
und das macht uns auch traurig. Deshalb versuchen wir
auch, dieses Thema sehr nach vorne zu schieben. Ich
bin auch ganz begeistert von der Veranstaltung heute,
weil ich glaube, dass das auch viele deutsche Väter
trifft. Vielleicht sogar mehr, ich bin nicht ganz sicher.
Wir haben, wenn wir uns jetzt mit Bayern vergleichen,
zum Beispiel beim Elterngeldbezug eine Quote von
20 %. Das heißt also, jeder fünfte Vater in NRW nimmt
Elterngeld in Anspruch, in der Regel sowieso nur zwei
Monate, aber immerhin. In Bayern sind es 38 %. Das
Fachtagung: Frag doch Papa!
kann uns nicht zufriedenstellen, das muss uns zu denken geben. Ich glaube, wir haben doch eine sehr konservative Struktur in diesem Punkt, obwohl bei allen
Befragungen herauskommt, dass die Familien sich eine
partnerschaftliche Rollenverteilung wünschen. Es ist
ganz egal, welcher kulturelle Hintergrund, das ist der
Wunsch der Familien und wir verwirklichen ihn nicht.
Die Rahmenbedingungen stimmen nicht, deshalb hat
die Väterarbeit für uns einen ganz, ganz hohen Stellenwert. Und wir haben jetzt mehrere Dinge auf den Weg
gebracht. Eins ist das Väterportal, Sie haben es schon
erwähnt. Wir haben in zwei Monaten auch das Thema
interkulturelle Väterarbeit, weil uns das besonders
wichtig ist. Wir haben eine Fachstelle eingerichtet für
Väterarbeit, auch da wollen wir interkulturelle Väterarbeit ein Stück weit einbringen. Und wir machen Werkstattgespräche schon seit einer ganzen Reihe von Jahren und in diesen Werkstattgesprächen ist auch das
Thema interkulturelle Väterarbeit integriert und es sind
auch einige hier, die an den Werkstattgesprächen teilnehmen.
Aber ich denke, insgesamt braucht das Thema Väter
viel, viel mehr Rückenwind. Also ich bin der Meinung,
dass das Thema viel zu wenig beachtet wird Wir können
überhaupt nicht in der Familienpolitik weiterkommen,
wenn sich das Thema Väter nicht ändert, wenn Väter
nicht die gleiche Chance bekommen, an der Familienarbeit teilzunehmen, sich dort einzubringen, gleiche
Rechte haben wie Frauen in dem Bereich. Nicht nur
rechtlich auf dem Papier, sondern praktisch. Und da
denke ich, es ist eine Riesenbaustelle. So wie die Frauen
sich in den 1970er-Jahren auf den Weg gemacht haben
in die Arbeitswelt, so müssen die Väter heute den Weg
in die Familie machen.
Moderator: Haben Sie das Gefühl, dass das bei den Vätern zum Teil selbst auch noch gar nicht angekommen
ist? Also dass da auch noch kein Selbstbild ist, dass sie
bereit sind, solche Angebote anzunehmen?
Frau Dr. Kaluza: Ich glaube, in der jüngeren Generation
ist das schon so, wenn man mit Jüngeren redet. Es ist ja
bemerkenswert, dass in bestimmten Städten, zum Beispiel in Münster oder in Bonn haben wir Elterngeldquoten bei Vätern von 50 %. Und die nehmen auch wesentlich länger Elterngeldbezug als zwei Monate. Aber es ist
einfach für viele Väter nicht möglich, es zu realisieren,
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Interkulturelle Väterarbeit in NRW
weil zum Beispiel das Einkommen des Vaters wesentlich höher ist als das der Mutter, weil bestimmte andere Rahmenbedingungen nicht stimmen. Dann fällt man
im Grunde in diese alte Rollenvorstellung zurück, obwohl man eigentlich ursprünglich etwas anderes wollte.
Noch immer ist es so, dass Väter, wenn das erste Kind
geboren wird, mehr arbeiten als vorher. Obwohl sie
sich etwas anderes gewünscht haben, von daher möchte ich ganz exzessiv für das Thema werben. Ich finde
auch gut, dass Sie von der Gleichstellung sind. Weil ich
glaube, das ist auch ein gleichstellungspolitisches Thema und wir dürfen Gleichstellungspolitik nicht mehr nur
als Frauenförderung verstehen oder verkürzen, sondern müssen sie eben auch als Männerpolitik verstehen.
Moderator: Wenn wir die Städte Bonn und Münster
hören, ich will keine Klischees bedienen, aber wir haben alle etwas Ähnliches im Kopf, wenn wir an die Väter denken. Hat das tatsächlich etwas damit zu tun, wie
in verschiedenen Communitys ganz allgemein dieses
Vaterbild besetzt und wahrgenommen wird und ist das
auch vielleicht der Grund für große Unterschiede?
Herr Rütten: Selbstverständlich gibt es sehr unterschiedliche Männer- und Väterbilder. Und die sind natürlich von vielen verschiedenen Faktoren abhängig.
Die sind regional unterschiedlich, die sind sozial unterschiedlich, die sind nach Stadt und Land unterschiedlich
und selbstverständlich auch nach der Herkunft unterschiedlich. Deswegen sträuben sich mir auch immer
meine wenigen Haare, die ich noch habe, wann immer
ich nur den Begriff „die Männer“ oder „die Frauen“
höre, weil man damit der Mehrheit Unrecht tut. Ich
möchte Frau Kaluza ganz herzlich danken. Das, was sie
gesagt hat, kann ich nur unterstreichen. Vielleicht noch
ein kleines Beispiel aus einem etwas anderen Bereich.
Wenn wir fragen „Was ist denn das, was die Männer
möglicherweise wollen?“. Ich glaube schon, dass es
auch in vielen Bereichen bei einer großen Zahl von
Männern eine Bereitschaft gibt, sich zu verändern. Und
es auch das Bedürfnis gibt, sich zu verändern. Wir haben zum Beispiel in einem etwas anderen Bereich vor
drei Jahren ein langes Projekt gemacht, „Männer in
KITAS“, und wir waren völlig überrascht, als wir plötzlich weit über 2.000 Anfragen bekamen von mittelalten
Männern zwischen 30 und 40 Jahren, die gesagt haben
„Tolle Idee, möchte ich werden, wie kann ich das werden?“. Das heißt, man hat sozusagen nur den Stein ins
Wasser geworfen und wir hatten eine große Reaktion.
Es gibt durchaus sehr viele Männer, die Ideen haben,
anders zu leben, als es klassisch ist. Als Familienernährer kommt man spät abends nach Hause und schafft
ordentlich das Geld an, aber man möchte sich vielleicht
beruflich anders orientieren, eine andere Vaterrolle
übernehmen. Aber die Strukturen sind in der Tat im
Moment nicht besonders förderlich. Und ich hoffe,
dass sich das auch zum Beispiel über das Elterngeldgesetz ändert, was ja doch ein bisschen Wirkung gezeigt
hat, jetzt auch das Elterngeldplus, das kommen wird
und so eine partnerschaftliche Aufteilung der Familienarbeit noch mal etwas unterstützen soll. Vielleicht ist
das doch noch ein guter Schritt, der nach vorne gemacht wird, und vielleicht kommen dann auch noch ein
paar Gruppen, die bisher wenig Anteil hatten, und Regionen dazu.
Moderator: Ganz herzlichen Dank.
Moderator: Herr Diekelmann, Sie sprechen ja nicht nur
für einen Träger hier, sondern für die Landesarbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände. Als Frau Dr.
Kaluza gesagt hat, da muss an einigen Stellen noch einiges passieren, da haben Sie durchaus an einigen Stellen
genickt. Wenn Sie das Ganze aus der praktischen Arbeit
der Träger betrachten, wo sehen Sie da die größten
Bedarfe, um noch eine Schippe draufzulegen?
Herr Diekelmann: Ich könnte jetzt versuchen - vielleicht
hat es der eine oder der andere hier in der Runde erwartet -, dass ich jetzt eine Erfolgsgeschichte erzähle,
was die Freie Wohlfahrtspflege im Bereich Väterarbeit
insgesamt und in der interkulturellen Väterarbeit bereits leistet. Ich werde das nicht tun, weil ich es so ähnlich sehe wie Sie, Frau Kaluza, mir ist das alles noch viel
zu wenig. Es gibt sicherlich eine ganze Reihe von
Leuchtturmprojekten in dem Bereich, aber es gibt noch
viel zu wenig. Das hängt schlicht damit zusammen, dass
die Wohlfahrtspflege letztlich auch Teil dieser Gesellschaft ist, die Rollenbilder, über die wir gesprochen
haben, die gibt es in der Freien Wohlfahrtspflege in
allen Verbänden natürlich auch, sie bestimmen auch
das Handeln, das Konzeptionieren von Dingen usw.
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Moderator: Machen Sie das vielleicht auch mal ganz
plastisch, Sie müssen ja keinen Träger benennen, aber
das heißt, wenn Sie mit solchen Anliegen und solchen
Plänen und dem Thema Väterarbeit in die Verbände
gehen, gibt es da viel Unverständnis?
Herr Diekelmann: Unverständnis würde ich nicht sagen.
Es ist jedenfalls keine Regelarbeit. Es hat nach wie vor
eine innovative Konnotation. Jemand, der eine Idee
hat, ein Väterprojekt zu machen, erregt erst mal positive Aufmerksamkeit und dann kann man prüfen, was
geht. Ich denke, dass wir, Herr Rütten hat es gesagt,
mit den Kommunalen Integrationszentren sicherlich
schon über einige Erfahrungen verfügen.
Die Freie Wohlfahrtspflege ist ja hier in NRW Träger von
Integrationsagenturen , wo wir intensiv versuchen, sozialräumlich etwas in Gang zu setzen, an den Bedürfnissen, die es vor Ort gibt, anzusetzen. In den Integrationsagenturen entwickeln sich auch hier und da Väterprojekte. Aber wie gesagt, es ist noch nicht querbeet. Ich
finde ein großer Erfolg der heutigen Fachtagung ist die
doch relativ große Zahl derer, die sich nicht nur für das
Thema Väterarbeit, sondern interkulturelle Väterarbeit
interessiert. Wenn ich interkulturelle Väterarbeit höre,
dann verstehe ich das zunächst einmal so, dass der Blick
darauf gerichtet wird, inwieweit Väter mit dem berühmten Migrationshintergrund mitgedacht und auch beteiligt sind in Väterprojekten. Als ich gefragt wurde, ob ich
hier die Freie Wohlfahrtspflege vertreten kann, musste
ich mich erst einmal erkundigen, von der Tageseinrichtung für Kinder, der Erziehungsberatung, Schwangerschaftsberatung, sozialpädagogische Familienhilfen,
was es da bereits gibt an Väterarbeit. Und ich habe
überlegt, dass diese Einrichtungen im Prinzip auch einbezogen werden müssten in so eine Veranstaltung. Ich
habe mir dann auch zum Teil von Kolleginnen sagen
lassen müssen, dass es noch wenig gibt. Ich weiß von
der Kollegin, die für die Schwangerschaftsberatung
zuständig ist, dass es mittlerweile in dem Bereich zwar
auch Angebote für Väter gibt, bzw. für werdende Väter,
aber die Kollegin hat quasi zugeben müssen, dass noch
bis vor Jahren die Grundhaltung in der Schwangerschaftsberatung die war, dass Männer, also die Väter,
im Grunde genommen kritisch zu betrachten sind, weil
in vielen Fällen die werdenden Mütter dann alleine gelassen wurden, die Frauen in ihrer Situation auf sich
Fachtagung: Frag doch Papa!
gestellt waren, Väter sich vielleicht gar nicht mehr darum gekümmert haben. Was dann auch dazu führte,
dass es erst seit ein paar Jahren überhaupt mal Honorarkräfte gibt in dem Bereich, die eben nicht Frauen
sind, sondern Männer. Was gesagt wurde zu dem Projekt „Mehr Männer in Kitas“, das stimmt, allerdings gibt
es in unseren Strukturen auch zu wenig männliches
Fachpersonal, und das gilt querbeet. Ich habe die Zahlen für die Wohlfahrtspflege insgesamt nicht genau im
Kopf, ich schätze mal, dass sicherlich zwei Drittel der
Beschäftigten im Bereich der Fachkräfte Frauen sind. Es
muss einfach unterstützt werden.
Moderator: Es gilt jetzt, aus diesen Angeboten, die es
hie und da gibt, möglichst irgendwann ein „Überall“ zu
machen, Stichwort Kooperation verschiedener Träger,
die Sie ja auch unter dem Dach der
Landesarbeitsgemeinschaft ganz gut organisieren können. Ist das für Sie ein Weg, auf dem das gelingen kann,
einzelne Leuchtturmprojekte miteinander so zu
vernetzen, dass es vielleicht eher zur Normalität wird?
Herr Diekelmann: Ja, ich sagte eben schon, der sozialräumliche Ansatz ist uns ganz wichtig. Das heißt dann
konkret, dass mit Schulen, mit Kindertageseinrichtungen, mit sozialen Diensten, die es innerhalb eines sozialen Raumes gibt, gemeinsam auf die Bedürfnisse der
Menschen geschaut wird, die im Stadtteil leben. Es gibt
teilweise auch sehr schöne Methoden der Erfragung
von Bedürfnissen im Stadtteil, wo den Menschen
schlicht die Möglichkeit gegeben wird, mal selbst zu
formulieren, was braucht ihr hier, woran mangelt es,
was müsste organisiert werden, wo sie aufgerufen werden, mitzugestalten. In dem Bereich gibt es sehr viel
Kooperation. Dass ein einzelner Träger, das heißt Diakonie, Arbeiterwohlfahrt und Rotes Kreuz, da alleine loslegt, würde gar keinen Sinn machen, sondern da geht
es immer darum, möglichst alle an einen Tisch zu holen,
diejenigen, die jetzt für ein bestimmtes Bedürfnis gefragt sind, auch Kompetenzen haben, das können natürlich auch Träger sein, die Väterarbeit betreiben. Das
sind Themen, die das Rollenbild als Mann, als Familienoberhaupt betreffen, das können Erziehungsschwierigkeiten sein, die es innerhalb von Familien gibt. Ganz
unterschiedliche Themen, je nachdem, wer vor Ort da
sowieso schon auf der Spur ist, ist ein willkommener
Kooperationspartner.
Interkulturelle Väterarbeit in NRW
Moderator: Herr Rütten, jetzt kann man von Düsseldorf aus nicht immer alles regeln, aber - nachdem wir
festgestellt haben, es hat Ansätze gegeben in den letzten Jahren, es gibt vieles, worauf das Haus auch stolz
sein kann, aber es ist noch ein ganz weiter Weg zu gehen - wo sehen Sie da die Rolle des Landes ganz speziell bezogen auf das Bundesministerium, das zu unterstützen und mit zu befeuern?
Herr Rütten: Richtig, wir haben die erste Etappe hinter
uns gebracht und ich finde, die haben wir recht erfolgreich hinter uns gebracht, das heißt mit der heutigen
Tagung. Wir sind aber noch längst nicht am Ziel, deswegen muss weiter miteinander gearbeitet werden. Es ist
nicht nur an die Teilnehmerzahl an sich, sondern auch
die Vielfalt der beruflichen Herkunft. Ich habe in einem
Workshop, an dem ich kurz teilnehmen konnte, mitbekommen, wie unterschiedlich das ist, und auch hier im
Plenum spüre ich, dass eine verbindende Zusammenarbeit über die Institutionen hinweg entsteht. Insofern
sind wir einfach gefordert, das weiter in die Fläche zu
tragen, wir werden als Ministerium auch weitermachen, die Koordinierungsstelle unterstützen, wir wollen
die Öffentlichkeitsarbeit des Netzwerkes unterstützen
und wir wollen den Facharbeitskreis, der sich dankenswerterweise gebildet hat, noch weiter unterstützen.
Darüber hinaus werden wir die Erfahrung, die wir machen, auch in unsere interministerielle Zusammenarbeit
einbringen. Wir haben als Haus bei der Integration als
Querschnittsaufgabe die Leitung einer Arbeitsgruppe,
an der regelmäßig alle Ministerien beteiligt sind. Das ist
ja das, was die Kollegin Kaluza angesprochen hat.
Es ist ja nicht nur im pädagogischen Kontext wichtig,
dass wir diesen Partizipationsgedanken, der auch bei
der Frage der Väterarbeit relevant ist, voranbringen,
sondern das ist an ganz vielen Stellen wichtig. Dass
Partizipation eine Bedingung ist und dass Migranten
eigentlich gar nicht wollen oder nicht können, unterstellt man, wenn man sie nicht erreicht. Insofern sind
hier sehr viele Erfahrungen zu machen, die übertragbar
sind, die Zusammenarbeit, Kooperation, die Partizipation auch in ganz anderen Fällen betreffen.
Moderator: Momentan erleben wir eine große öffentliche Berichterstattung über eine große Zahl zusätzlicher
Menschen aus den verschiedenen Krisengebieten dieser Welt, die auch nach NRW kommen. Ist das auch für
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Sie eine Gruppe von Menschen, bei der nach Möglichkeit Väterarbeit zügig ansetzen sollte?
Herr Rütten: Zügig sollte einsetzen, dass die Menschen
so früh wie möglich Kenntnisse haben über das, was an
Unterstützungsmöglichkeiten in den unterschiedlichsten Fällen vorhanden ist. Wenn wir aber Prioritäten
setzen sollten, dann denke ich, sollten das KinderJugend-Ministerium, das Schulministerium, auch wir als
Ministerium erst mal die Kapazitäten für die Kinder bereitstellen. An der Stelle ist auch ganz viel Unterstützungs- und Qualifizierungsbedarf für Lehrer/-innen, für
Kindertagesmitarbeiter/-innen in Kindertageseinrichtungen erforderlich. Da unsere Erfahrungen einzubringen und auch die Hinweise einzubringen, wie wir in
dem Sinne aus Fehlern lernen, aber auch über positives
Feedback, die Vermittlung wäre auch erforderlich, also
insofern würde ich das nicht in Frage stellen, aber ich
denke, die möglichst schnelle Versorgung der Kinder
und Jugendlichen steht an erster Stelle.
Moderator: Frau Dr. Kaluza, vielleicht eine ganz ähnliche Frage an Sie, wenn wir noch mal einen Schritt zurückgehen. Sie haben gesagt, so ganz reicht Ihnen das
nicht, das ist schon mal eine gute Erkenntnis. Wir haben die einzelnen Schlagworte, was in unseren Strukturen vorhanden ist, gerade schon genannt, aber wenn
Sie sagen, was Ihnen persönlich wichtig ist, was gibt es
für konkrete Ziele, wo sagen Sie, da müssen wir in den
nächsten Jahren ein Stück weiterkommen?
Frau Dr. Kaluza: Wir haben ja verschiedene Projekte
gemacht, zum Beispiel zur interkulturellen Öffnung der
verschiedenen Angebote, Familienbildung, Familienberatung. Wir versuchen, alle diese Dienste auch für Väterfragen zu öffnen. Wir sind im Grunde für zwei Querschnittthemen zuständig, aber ich glaube, dass man
Väter auch an anderen Stellen erreicht sollte und dass
wir da ein Stück weit umdenken müssen. Ob Väter zum
Beispiel nun unbedingt über die Familienbildung über
die normalen Flyer erreicht werden, weiß ich nicht. Ich
denke, wir müssen auch die Betriebe berücksichtigen,
das halte ich für einen ganz wichtigen Punkt. Einige
Familienbildungsstätten haben sich auf den Weg gemacht, mit Betrieben zusammenzuarbeiten, um dort
Väter anzusprechen. Wir haben ganz gute Väternetzwerke in einzelnen Betrieben, wir haben jetzt noch mal
ein Projekt mit großen Betrieben, weil ich glaube, dass
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der Zugang zu dem Beruf, der Beruf ist ein ganz wichtiger Punkt im Selbstverständnis des Mannes, die berufliche Orientierung, dass man über diesen Punkt auch das
Thema Familien kommunizieren kann. Und eine solche
breite Aufstellung vorzunehmen, halte ich für ganz entscheidend. Das Zweite ist, da möchte ich noch mal ansetzen, was Sie gesagt haben, wir denken in vielen Bereichen klassisch. Wir hatten zum Beispiel in der
Schwangerschaftsberatung vor Jahren eine Adoptionsbroschüre. Und da muss der Vater mit hinein, der kam
da gar nicht vor., obwohl es rechtlich völlig klar ist, dass
der Vater eine Rolle spielt, dass gefragt wird, ob der
Vater mit der Adoption einverstanden ist. In vielen Kontexten wird der Vater gar nicht mitgedacht, der wird
auf den Täter reduziert, was möglicherweise auch eine
Rolle ist, die bestimmte Väter haben, aber eben nicht
die generelle Rolle. Und von daher denke ich, ist es
zentral, in allen Kontexten beide anzusprechen. Es gibt
da schon sehr gute Beispiele, sehr gute Projekte. Diese
Projekte zu verallgemeinern, sich auszutauschen und
das zu einem selbstverständlichen Angebot zu machen,
müsste unser Ziel sein.
Moderator: Herr Diekelmann, haben Sie da Erfahrungen
aus der alltäglichen Trägerarbeit? Wie erreicht man die
Männer, wenn es nicht die klassische Broschüre ist?
Was ist da Ihre Herangehensweise?
Herr Diekelmann: Im Workshop drei wurden bereits
verschiedenen Beispielen erwähnt. Ganz wesentlich ist
die Mundpropaganda: Wenn man mit wenigen wirklich
Interessierten anfängt und die dann ihre guten Erfahrungen mit einer Männer- oder Vätergruppe weitertragen, dann erweitert sich auch der Kreis der Interessenten und derer, die sich dann ansprechen lassen. Der
Ansatz, innerhalb von Betrieben überhaupt das Thema
der Väterrolle zu thematisieren, dazu Angebote zu machen, scheint mir auch ein sehr vielversprechender Weg
zu sein.
Die Rollenklischees sind nach wie vor bombenfest, jedenfalls wenn man die Gesamtgesellschaft im Blick hat,
und da brauchen wir auch nicht zu glauben, dass Familien mit Migrationshintergrund so viel traditioneller sind
als die der ach so deutschen modernen Gesellschaft. Es
mögen Schattierungen sein, bei denen sich das unterscheidet, aber insgesamt geht es um eine Haltungsänderung. Das ist ein Prozess, für den man viel Geduld
Fachtagung: Frag doch Papa!
braucht. Ich denke, dass sich eine Haltung, was Rollenbilder mit Verantwortung für die Erziehung, mit Verantwortung für all das, was sich in der Familie von Müttern
und Vätern abspielt, betrifft, durch entsprechende Projekte, wie es sie hier in NRW gibt – was es sicherlich
auch woanders gibt – dann sukzessive verändern kann.
Und dass wir insgesamt dann zu neuen, zu moderneren
Rollenbildern kommen. Darauf müssen wir abzielen,
und ich bin auch sehr dafür, dass das Merkmal Migrationshintergrund an Bedeutung verliert, dass wir das
nicht mehr so fokussieren. Niemand will mehr die Defizitorientierung der Ressourcenorientierung gegenüberstellen, das ist auch manchmal euphemistisch. Ich denke, v die Bedürfnisse der Menschen ist das das Entscheidende. Und da mag es unter Vätern, unter jungen Vätern insbesondere, vielleicht auch ein Stück weit unter
der Oberfläche schlummernde Bedürfnisse geben,
mehr in eine neue Rolle als Vater hineinzuwachsen. Und
wenn wir solche Bedürfnisse ansprechen, dafür offene
Räume schaffen, dann wird sich auch sukzessive eine
größere Bewegung entwickeln, sodass es nicht mehr
nur um Leuchtturmprojekte, sondern tatsächlich um
gesellschaftliche Haltungsänderung geht.
Herr Rütten: Ich möchte direkt auf das eingehen, was
Herr Diekelmann gesagt hat, und auf die frühere Frage
an mich, was die Neueinwanderung angeht. Das Merkmal Migrationshintergrund, das kann als individuelle
Zuschreibung in den Hintergrund rücken. Ich glaube
auch, es ist eine Tatsache, dass wir uns dauerhaft auf
Neuzuwanderung einstellen müssen, das ist eine Riesenchance. Wir haben einige Jahre gehabt, da hatten
wir Einwanderungsverluste, wir haben jetzt seit drei
Jahren kontinuierlich und ansteigend Wanderungsgewinne. Das heißt, wir werden, zumindest was den Informationsanteil angeht und den Anteil, der Partizipationsmöglichkeiten aufzeigt, für die ersteingewanderten
Väter und Mütter weiter vorantreiben müssen. Ich bin
aber auch ganz bei den beiden Kollegen. Die Ministerien verstehen sehr wohl diejenigen, die sagen, wir machen insgesamt viel zu wenig und da muss noch viel
passieren. Ich bin der Auffassung, es muss vor allem ein
guter Schwerpunkt „Väterarbeit“, also das Bewusstsein
in der Gesellschaft muss auf Väterarbeit gelegt werden.
Es muss selbstverständlich werden, dass dazu immer
auch eine interkulturelle Kompetenz derjenigen gehört,
die in den Situationen dafür verantwortlich sind. Dann
können wir das aufzeigt, was wir heute an Möglichkeiten haben. Ich bin stolz darauf, das will ich dazu auch
Interkulturelle Väterarbeit in NRW
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noch einmal sagen, dass aus der interkulturellen Ecke
so viele Anstöße gekommen sind und eben nicht nur
Leuchtturmprojekte, die massiv gefördert worden sind
und die von Anfang an günstige Ausgangsbedingungen
hatten, entstanden sind, sondern Leuchtturmprojekte,
die aus eigener Kraft der Initiatoren entstanden sind.
Leuchtturmprojekte sind nicht per se, irgendwie nur
etwas, was unter den Bedingungen einer besonderen
Begünstigung geschieht. Da ist dieser Begriff nämlich
auch gut negativ konnotiert. Es sind Leuchtturmprojekte entstanden, denen einzig und allein Basisentwicklung zu Grunde lag. Da ist Unterstützung später dazu
gekommen und das finde ich, ist wichtig zu transportieren, wenn es um Integration gehen muss, dieses schematische Männerbild, dass die Mehrheitsgesellschaft
hat, von den Macho-Migranten, zu differenzieren und
aufzubrechen. Dann kommen wir nämlich auch viel
näher an die „Machos“ ran, wenn wir diese Differenzierung vorher geleistet haben.
noch ein Projekt gefördert vom Roten Kreuz für Großväter, da waren an mehreren Orten - Euskirchen,
Herford war ein großer Schwerpunkt - auch Männer mit
Migrationshintergrund, Großväter mit Migrationshintergrund, in dem auch sehr intensive biografische Arbeit geleistet worden ist.
Moderator: Herr Bönisch, ist das vielleicht auch eine
Chance, dass die allgemeine Gleichstellungsarbeit gerade auch von den Dingen, die sich in den letzten Jahren
unter dem Stichwort interkulturelle Väterarbeit entwickelt haben, lernt, dass jetzt auch deutsche Väter Fußball spielen usw. Wir können es doch zumindest versuchen.
Herr Bönisch: Weil ich hier natürlich erst mal viel gelernt habe, weil es ein Spezialthema ist, in das ich einen
immer tieferen Einblick gewonnen habe. Ich habe in
dem Workshop, an dem ich heute teilnehmen konnte,
sehr schöne Beispiele von interkultureller Väterarbeit
erleben können. Sowohl indem, was gemacht und erreicht wird, als auch in den Punkten, bei denn es durchaus auch nicht immer ganz leicht ist. Wobei - wie eben
schon gesagt worden ist - die Schwierigkeiten nicht
ausschließlich einem kultureller Hintergrund zugeschrieben werden können. Ähnliche Schwierigkeiten
hätte man bei Vätern ohne Migrationshintergrund ohne Weiteres auch, die überhaupt erst mal an die Hand
zu bekommen. Das wäre so ein ganz wichtiger Punkt.
Der zweite Punkt ist - was ebenfalls Herr Rütten schon
gesagt hat - das riesengroße Interesse, das hier für das
Thema herrscht. Und ich denke, das ist ein gutes Zeichen, und ich glaube, darauf können wir aufbauen, und
ich glaube auch, dass wahrscheinlich an einem anderen
Ort ein ähnlich großes Interesse da wäre. Das hoffe ich
zumindest.
Herr Bönisch: Naja, mit dem Fußball spielen ist das so
eine Sache, weil man natürlich auch da wieder ein wunderschönes Rollenklischee bedient, denn es ist ja keineswegs so, dass alle Männer immer gerne Fußball
spielen. Es gibt auch eine ganze Menge Männer, die
sich für Fußball nicht unbedingt interessieren, und was
machen die dann, wenn wir sagen, alle Männer spielen
Fußball. Da sind wir schon wieder bei dem Rollenbild,
aber ich denke im Bereich der Gleichstellungspolitik
haben wir natürlich ein ganz breites Spektrum an Themen. Wir hatten 2012 eine große Konferenz, eine internationale Konferenz in Berlin zum Thema, bei der wir
auch versucht haben, die Fächer aufzumachen, da hatten wir allein 11 Workshops zu unterschiedlichen Themen. Eines davon war eben auch die Frage von Männern mit Migrationshintergrund. Wir haben auch vor
einigen Jahren schon mal eine Untersuchung zu den
Migrantenmilieus finanzieren können, die wir dann
selbst nicht publiziert haben, aber die Caritas zum Beispiel hat daraus publiziert. Wir haben bis vor Kurzem
Aber aufgrund dieses weiten Spektrums sehen wir uns
nicht in der Lage, permanent alle diese verschiedenen
Themen zu übernehmen, aber wir werden natürlich
zusehen, dass wir im Laufe der Zeit auch immer wieder
die einzelnen Dinge mit auf den Weg nehmen.
Moderator: Wenn Sie zurück nach Berlin kommen,
dann sagen Ihre Kollegen „Na, war es schön in Essen?
Habt ihr euch einen schönen Tag gemacht in Essen?“.
Und dann werden Sie sagen „Nein, das war ganz wichtig, dass ich da war auf dieser Fachtagung, weil …….“
Moderator: Frau Dr. Kaluza, was nehmen Sie mit vom
heutigen Tag? Was ist in Ihrem Hinterkopf für die Arbeit
der nächsten Wochen und Monate?
Frau Dr. Kaluza: Die Hoffnung, mal wieder auszuleuchten, wie ist es jetzt wirklich mit der Interkulturalität und
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Fachtagung: Frag doch Papa!
den Vätern? Sind das zwei separate Themen oder müssen sie nicht zusammen erarbeitet werden? Das „Was“
kommt etwas zu kurz in diese Diskussionsrunde. Eigentlich brauchen wir eine starke Väterpolitik, das heißt,
eine, die auch interkulturell aufgestellt sein muss, denn
ich glaube, dass wir viele Klischees im Kopf haben. Zumindest ist das mein persönlicher Erfahrungshintergrund, in meinem Inneren ist die Überzeugung, dass wir
längst multikulti aufwachsen und dass es dort genauso
viele Rollenmuster und Rollenvorstellungen gibt in den
Familien, die ich persönlich gut kenne, wie in deutschen
Familien. Natürlich ist die soziale Frage eine ganz wichtige. Das ist noch eine weitere Dimension, die mit hineinkommt, die auch Rollenvorstellungen perpetuiert und
ein Stück weit unterstreicht. Aber ich denke, dass das
Thema im Kontext Väterarbeit aufgegriffen werden
sollte. Aber wir sollten uns nicht isolieren davon und
dies wieder zu einer Extravorstellung machen, sondern
gemeinsam behandeln. So, das habe ich ein Stück weit
mitbekommen.
einbringen würde. Eins vielleicht noch, weil vorhin die
Betriebe angesprochen wurden: Ich glaube, ich werde
auch bei uns im Verband noch mal mit den Kollegen aus
der Personalentwicklung darüber sprechen, ob wir
nicht auch in unserem eigenen Verband das Thema
„Väter, Mitarbeitende in ihrer Väterrolle“ noch mal einfach einbringen wollen. Und überlegen wollen, was wir
tun können, um eben Mitarbeitende auch in dieser Rolle zu unterstützen, ihre Bedürfnissen zu erfragen und
entsprechende Angebote zu erstellen.
Moderator: Herr Diekelmann, nächste Sitzung des Fachausschusses Integration der Landesarbeitsgemeinschaft, Tagesordnungspunkt 1, Bericht des Sprechers
über seinen Besuch auf der Fachtagung „Frag doch Papa“. Was werden Sie den Kollegen und Kolleginnen
berichten?
Herr Rütten: Ich hätte mir gewünscht, dass Sie mir die
Frage gestellt hätten, wie Sie sie den beiden anderen
gestellt haben „Was nehmen Sie mit?“ Diese halbe
Stunde, die ich in dem Workshop war, die war so anregend, die war so spannend und dann nimmt man schon
auf jeden Fall mit, dass das Thema mit einer großen
Ernsthaftigkeit und einer großen Fachlichkeit diskutiert
wird. Und dass es nur richtig ist, alles zu tun, um wirklich weiter zu unterstützen, was hier in dieser Diskussion passiert. Ich finde es ganz wunderbar, also das klingt
jetzt vielleicht ein wenig übertrieben, aber das bewegt
mich wirklich. Ich finde, es ist toll, dass die Zusammenarbeit mit den anderen Ministerien hier im Land so gut
funktioniert, dass Frau Dr. Kaluza sich hier so aktiv eingebracht hat, dass der Bund dazukommt, und dass jetzt
wieder ein bisschen Raum ist zum Handeln.
Herr Diekelmann: Das, was Herr Rütten vorhin erwähnt
hat: Dass Querschnittthemen, die eigentlich deutlich
über den Einbezug von Menschen mit Migrationshintergrund hinausgehen, wie es die Väterarbeit nun mal ist,
das da ein starker Impuls aus der Ecke derer kommt, die
eben bei Migration und Integration unterwegs sind. Das
ist ein sehr gutes Zeichen. Was ich mitnehme, ist in jedem Fall das hohe Interesse an Väterarbeit insgesamt.
Was ich auch mitnehme, ist erst mal als offene Frage
„Ja, was machen wir mit der zu erwartenden Zuwanderung in den nächsten Jahren?“. Insbesondere auch mit
den Flüchtlingsfamilien. Die Willkommenskultur ist
leicht ausgesprochen, aber vielleicht nicht ganz so
leicht umzusetzen. Ich finde, wir sollten uns darüber
Gedanken machen, ob nicht zu so einer Willkommenskultur auch eine Ansprache von Flüchtlingen in ihrer
Väterrolle mit dazugehört. Das wären so Spotlights, die
ich vom heutigen Tag mitnehme und in unsere Gremien
Moderator: Herr Rütten, ich wage mal zu vermuten,
dass das nicht die letzte Fachtagung zum Thema gewesen ist. Ich weiß nicht, wann eine nächste stattfindet,
nehmen wir mal an, sie findet in ein, zwei Jahren statt.
Was würden Sie gerne bis dahin an Entwicklungen in
diesem Feld erleben, bei denen Sie dann zufrieden sagen können „Wir sind zumindest einen Schritt weitergekommen in der Zeit“.
Sie haben vergessen zu fragen „Es hat sich für Sie gelohnt, hier zu sein, weil ...“. Sie könnten Frau Schwesig
sagen, sie ist herzlich eingeladen nach NRW mit dem
Herrn Schneider, gegebenenfalls auch mit Frau Schäfer,
sich den einen oder anderen Ort der interkulturellen
Väterarbeit, vielleicht auch den der allgemeinen Väterarbeit mal anzuschauen.
Was sollte sich bis dahin getan haben? Wenn wir Konti-
Interkulturelle Väterarbeit in NRW
nuität mit in die Dynamik bringen - ich meine nicht „Jetzt
reicht’s und das war es -, sondern das, was in den letzten
zwei Jahren an Dynamik entstanden ist, weiter in diesem
Modus zu halten, dann wäre das sehr viel. Und ich würde
mir wünschen, dass wir dann in zwei Jahren vielleicht auch
mit der allgemeinen Väter- oder Mütterarbeit in die Diskussion kommen, dass wir über unsere Grenzen hinwegschauen und sagen „Wo sind denn da Berührungspunkte, wo
sind Spezifika?“.
Ich glaube, das wäre auch fachlich noch mal ein Schritt
nach vorne.
Seite 39
nen. Ich möchte der Vorbereitungsgruppe sehr herzlich
danken, die sich viel Mühe gemacht hat in den letzten Monaten, um das heute hier zustande zu bringen. Und jetzt
kommen die Herren alle in alphabetischer Reihenfolge:
Herr Gollmer, Herr Şentürk, Herr Tunç, Herr Uçan und Herr
Yıldırım, bei denen ich mich ganz besonders bedanken
möchte. Ich bedanke mich beim Zentrum für Türkeistudien
und Integrationsforschung. Noch mal mein herzlicher
Dank an die Bundesregierung, dass sie Herrn Bönisch hier
hat hinreisen lassen, und ich bedanke mich bei all denen,
die zu diesem wirklichen Erfolg beitragen haben.
Moderator: Dann danke ich Ihnen jetzt, Herr Rütten, und
Moderator: Dann sage ich an dieser Stelle erst einen herzli- danke Ihnen allen.
chen Dank an Herrn Diekelmann, an Herrn Bönisch und an
Moderation:
Frau Dr. Kaluza, die diesen Applaus hier bekommen.
Martin von Berswordt-Wallrabe
Herr Rütten: Ich möchte im Namen des Ministeriums denjenigen danken, die zunächst einmal durch die Entwicklung
im Netzwerk in den letzten Jahren die Grundlage dafür
gelegt haben, dass wir heute so toll haben diskutieren kön-
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Fachtagung: Frag doch Papa!
Fachtagung:
Frag doch Papa! Interkulturelle Väterarbeit in NRW
erprobt– erforscht-verankern
Donnerstag, 30. Oktober 2014 /// ab 9:30 Uhr /// VHS Essen
Programm
09:30 - 10:20 Uhr
Empfang / Einblicke in die Projektlandschaft
10:00 - 10:20 Uhr
Musikalische Einleitung - KI Oriental Musikgruppe Herne
10:20 - 10:40 Uhr
Begrüßungsrede
Andreas Bomheuer, Geschäftsbereichsvorstand Kultur, Integration, Sport
der Stadt Essen
10:40 - 11:00 Uhr
Eröffnungsrede
Thorsten Klute, Staatssekretär für Integration im Ministerium für Arbeit,
Integration und Soziales des Landes NRW
11:00 - 11:30 Uhr
Impulsvortrag „Das Potenzial der Väter entdecken“
Prof. Dr. Hacı-Halil Uslucan, wissenschaftlicher Leiter der Stiftung Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung (ZfTI)
11:30 - 12:10 Uhr
Dialog zum Transfer zwischen Wissenschaft und Praxis
Moderierter Dialog zwischen Prof. Dr. Manuela Westphal, Universität Kassel und Prof. Dr. Hacı-Halil Uslucan
12:10 - 12:15 Uhr
Vorstellung der Workshops durch den Moderator
12:15 - 13:00 Uhr
Mittagspause
13:00 - 14:30 Uhr
Workshops
Workshop I: Väterarbeit in der frühen Bildung, Kita und Grundschule verankern
Input: Ataman Yıldırım, AWO Düsseldorf; Gökhan Kabaca, KI Kreis Unna;
Birol Mert, FUMA– Fachstelle Gender NRW
Moderation: Miriam Weilbrenner, Landesweite Koordinierungsstelle der
Kommunalen Integrationszentren
Interkulturelle Väterarbeit in NRW
Workshop II:
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Väterarbeit in der Schule und im Übergang Schule/Beruf verankern
Input: Gürkan Uçan, KI Herne; Jonas Lang, Coach e.V.
Moderation: Mostapha Boukllouâ, Projekt „Lehrkräfte mit Zuwanderungsgeschichte“
Workshop III:
Väterarbeit in Stadtteilen und in der Kommune verankern
Input: Christian Gollmer, IVA NRW; Antonio Diaz, BIFF e.V.; Dr. Michael
Maas, Bildungsnetzwerk Styrum
Moderation: Shabena Aissa, Elternnetzwerk NRW. Integration miteinander e.V.
Workshop IV:
Interkulturelle Väterarbeit in der Forschung verankern
Input: Michael Tunc, ZfTI, Dr. Berrin Otyakmaz, TU Dortmund
Moderation: Miriam Palazzi, Ministerium für Arbeit, Integration und
Soziales des Landes NRW
14:30 - 14:45 Uhr
Kaffeepause
14:45 - 15:15 Uhr
Vorstellung der Ergebnisse der Workshops
15:15 - 16:00 Uhr
Podiumsdiskussion „ Wie geht es weiter? Visionen zur Ausweitung in
terkultureller Väterarbeit“
Anton Rütten, Abteilungsleiter „Integration“ im Ministerium für Arbeit,
Integration und Soziales des Landes NRW
Kai Diekelmann, Sprecher des Fachausschusses Integration der LAG
Freie Wohlfahrtspflege in NRW
Dr. Hildegard Kaluza, Gruppenleiterin für Familie und Bürgerschaftliches
Engagement im Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und
Sport des Landes NRW
Christian Bönisch, Referat „Gleichstellungspolitik für Jungen und Män
ner“ beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend
16:00Uhr
Zusammenfassung durch den Moderator
16:15 Uhr
Ende der Veranstaltung
Moderation:
Martin von Berswordt-Wallrabe
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Fachtagung: Frag doch Papa!
Herausgeber:
Stiftung Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung
Altendorfer Str. 3 ○ 45127 Essen
E-Mail: [email protected] Internet: www.zfti.de
Redaktionelle Leitung: Caner Aver, Gülay Kızılocak
Verantwortung Konzeption und Tagungsleitung: Cem Şentürk
Inhaltliche Vorbereitung: Christian Gollmer, Cem Şentürk, Gürkan Uçan, Ataman Yıldırım
Layout: Gülay Kızılocak