SWR2 Tagesgespräch

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an.
Eva Lohse (CDU), Präsidentin des Deutschen Städtetags,
gab heute, 17.08.16, dem Südwestrundfunk ein Interview
zum Thema: „Flüchtlinge und Arbeit“.
Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Marion Theis.
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Datum:
17.08.2016
Mit freundlichen Grüßen
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Städtetagspräsidentin Lohse: Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen braucht Zeit
Die Präsidentin des Deutschen Städtetags, Eva Lohse, CDU, geht davon aus, dass es noch
Jahre dauert, die Flüchtlinge in Deutschland in Arbeit zu bringen. Es sei vielleicht voreilig
gewesen, zu glauben, mit den Neuankömmlingen könne man den Fachkräftemangel beheben,
sagte Lohse im SWR (Südwestrundfunk).
In den nächsten fünf Jahren sei es sicher möglich, sehr viele Flüchtlinge zu integrieren, „wenn
wir uns die Zeit nehmen“, so die Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen. Dazu brauche es
niederschwellige Angebote, damit Flüchtlinge den Einstieg in den Arbeitsmarkt bekämen - am
besten in Teilzeit, mit Sprachkurs.
Erste Voraussetzung, um die Menschen zu integrieren, seien fundierte Deutschkenntnisse,
merkte Lohse an. Dazu gebe es, zumindest in ihrer Stadt Ludwigshafen, inzwischen
ausreichend Lehrkräfte und Basiskurse. Generell sei es sinnvoll, Flüchtlinge, die neu ankämen,
direkt einen Sprachkurs absolvieren zu lassen. Es spreche auch nichts dagegen, ein solches
Angebot zur Pflicht zu machen – die Asylbewerber seien motiviert und wären sicherlich gerne
dazu bereit, meinte die CDU-Politikerin.
Lohse forderte vor allem die großen Unternehmen auf, sich mehr für Flüchtlinge zu engagieren.
Vor allem niederschwellige Angebote, also beispielsweise Praktikaplätze, würden helfen.
Außerdem sei es wichtig, junge Flüchtlinge in Ausbildung zu bringen.
Wortlaut des Live-Gesprächs:
Theis: Seit fast einem Jahr hier und immer noch keine Arbeit: So geht es den meisten
Flüchtlingen in Deutschland. Woran liegt das, Frau Lohse, keine Lust, keine Ausbildung
oder keine Deutschkenntnisse?
Lohse: Es braucht einfach Zeit, um die Menschen in Arbeit zu bringen, und ich glaube, das
wurde am Anfang etwas unterschätzt. Es gibt Menschen, die zu uns gekommen sind mit guter
Qualifikation, die vielleicht sogar Englisch sprechen können, da geht es sicherlich leichter, aber
inzwischen gibt es natürlich auch viele Menschen, die zu uns kommen, die keine
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Deutschkenntnisse haben, die keine Englischkenntnisse haben, mit niedriger Qualifikation. Da
versteht es sich von selbst, dass wir hier länger brauchen, um die Menschen zu integrieren.
Und erste Voraussetzung ist natürlich das Erlernen der deutschen Sprache und unserer Kultur.
Ich denke, da sind wir aber auch schon ein Stück weiter gekommen, weil wir inzwischen sehr
viel Kurse diesbezüglich anbieten.
Theis: Also unabhängig von der Qualifikation brauchen wir die Sprache, brauchen wir
Deutsch, aber viele Flüchtlinge warten immer noch auf einen Platz in einem Sprachkurs.
Wie kann das sein?
Lohse: Ich kann nur von meiner Stadt berichten, dass wir sehr viele Angebote in unseren
Basissprachkursen haben, dass wir hier auch motivierte Asylsuchende haben und dass wir
genug Lehrer haben, die hier die Ausbildung betreiben mit unserer Volkshochschule. Wir haben
inzwischen über 1000 Teilnehmer in Sprache und sozialer Kompetenz geschult.
Theis: Dann läuft das bei Ihnen wohl möglich besser als anderswo in der Republik. Aber
wäre es nicht sowieso sinnvoll, wenn das bei Ihnen so gut ist und bei anderen aber
vielleicht nicht, alle Neuankömmlinge als erstes zu verpflichten, drei Monate lang jeden
Tag ein paar Stunden Deutsch zu lernen?
Lohse: Wichtig ist, dass man diese Angebote unmittelbar unterbreitet, weil, nochmal, Sprache
die Voraussetzung für die gesamte Integration ist. Und dieses zur Pflicht zu machen, da spricht
dann auch nichts dagegen, weil die Asylbewerber, glaube ich, sehr gerne dieser Verpflichtung
nachkommen.
Theis: Nehmen wir einmal an, wir haben einen Mann aus Syrien, der hat ein Vierteljahr
Sprachkurs hinter sich, jetzt müsste er Bewerbungen schreiben. Nicht in arabischer,
sondern in lateinischer Schrift, also von links nach rechts und fehlerfrei und das kann er
nicht. Wer hilft ihm denn dabei?
Lohse: Da gibt es Unterstützungen, vielfach auch durch Ehrenamtliche, aber es ist ja nicht mit
dieser Bewerbung getan, sondern wichtig ist, dass man sich beim Jobcenter meldet, und dass
man den Einstieg in das Berufsleben findet. Und es ist wichtig, dass es inzwischen diese
Arbeitsgelegenheiten gibt, und dass es die schon sehr frühzeitig gibt, diese
Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen, schon für Asylsuchende direkt im
Asylbewerberleistungsbezug, weil gerade diese ganz niederschwellige erste Aufnahme von
Arbeit kombiniert mit Sprachkurs - deswegen empfiehlt es sich, beides in Teilzeit vorzunehmen
- das ist, denke ich, der wichtigste Einstieg in den Beruf.
Theis: Sie haben schon angemerkt, dass in der Flüchtlingshilfe die Ehrenamtlichen viel
leisten. Trotzdem sind die oft entmutigt, weil sie in den Jobcentern keine Auskunft
kriegen, von A nach B verwiesen werden oder ihre Zeit damit verbringen müssen,
Formulare auszufüllen. Lässt sich denn da nicht noch was verbessern?
Lohse: Das sind jetzt Vorwürfe, die ich so nicht kenne. Sicherlich wird auch in den Jobcentern
das ein oder andere verbesserungswürdig sein. Wichtig ist aber am Ende, dass wir die
Menschen in diese ersten Integrationsmaßnahmen, in diese Arbeitsgelegenheiten bringen, weil
ich glaube, das ist der Schlüssel zum Erfolg, um überhaupt Fuß zu fassen am deutschen
Arbeitsmarkt.
Theis: Was ich gehört habe, gibt es da aber auch noch viele Missverständnisse, die oft
an der Sprache liegen. Müssten nicht noch deutlich mehr Dolmetscher eingesetzt
werden?
Lohse: Es ist ganz wichtig, dass man Dolmetscher einsetzt, weil sehr viele Schwierigkeiten
auch dadurch entstehen, dass A die Sprache nicht verstanden, aber auch kulturelle
Unterschiede da sind, die schwer vermittelbar sind und die durch die Dolmetscher dann
aufgeklärt werden können. Wir setzen in Ludwigshafen sogenannte Brückenbauer ein, das sind
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Menschen, die aus den Asylherkunftsländern bei uns leben, und zwar schon lange bei uns
leben, die sind in dieser Frage sehr hilfreich.
Theis: Eine Umfrage unter den 30 DAX-Konzernen in Deutschland hat ergeben, dass die
Unternehmen bis Anfang letzten Monats gerade einmal 50 Flüchtlinge eingestellt hatten.
Muss die Wirtschaft da nicht noch ein bisschen mehr leisten?
Lohse: Ich glaube, es ist eine gesamte Aufgabe für die Wirtschaft, für den Mittelstand, für das
Handwerk, Flüchtlingen die Möglichkeit zu geben, Fuß zu fassen. Aber es wäre wichtig, dass
eben auch die großen Unternehmen niederschwellige Angebote unterbreiten, zum Beispiel
Praktikaplätze, damit man eben, sage ich mal, Fuß fasst, in Kontakt kommt und dann eben
auch seine Fähigkeiten zeigen kann.
Theis: Haben Sie den Eindruck, es gibt bei dem Thema „Flüchtlinge und Arbeit“ in den
Städten eine „Wir schaffen das-Stimmung“?
Lohse: Sicherlich ist es so, dass es Zeit braucht, die Menschen in Arbeit zu bringen, und es war
vielleicht auch ein bisschen zu voreilig, zu sagen, dass wir mit den Flüchtlingen den
Fachkräftemangel beheben können. Richtig ist aber, dass ich glaube, dass wir, wenn wir uns
die Zeit nehmen, in fünf Jahren sehr viele Flüchtlinge integrieren können. Wichtig ist, dass wir
vor allem den jungen Menschen deutlich machen, welchen Wert Ausbildung hat, denn es ist
ganz wichtig, dass wir den jungen Menschen diese Möglichkeit eröffnen, über einen
Ausbildungsberuf dann auch nachhaltig Fuß zu fassen. Ich glaube, beides ist wichtig: Der
Arbeitsplatz für die älteren Asylbewerber und Flüchtlinge, die zu uns gekommen sind, aber vor
allem auch eine fundierte Ausbildung für die Jüngeren.
- Ende Wortlaut -
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