15. August 2016, 02:40 Uhr Tödliche Schatzsuche im Schloss Das Museum als stimmige Theaterkulisse: Szene aus «Der schwarze Abt» im Innenhof des Historischen und Völkerkundemuseums. (Bild: Benjamin Manser) Die Schauspielgruppe Scaena hat am Freitag mit ihrer Produktion «Der schwarze Abt» Premiere gefeiert. Den EdgarWallace-StoាჃ bringt sie im Innenhof des Historischen und Völkerkundemuseums in St. Gallen auf die Bühne – mit Filmeinspielungen und viel schwarzem Humor. NINA RUDNICKI ST. GALLEN. Mit bösem und durchdringendem Blick starrt Lady Chelford ins Publikum. Sie sitzt an einem Marmortisch, der mitten im Innenhof des Historischen und Völkerkundemuseums in St. Gallen steht. Der Innenhof dient als Bühne des Theaterstücks «Der schwarze Abt» des englischen Kriminalschriftstellers Edgar Wallace. Das Stück ist die aktuelle Produktion von Scaena, einem St. Galler Kulturverein mit laut eigener Bezeichnung «semiprofessionellen Akteuren». Dank der Museumskulisse dauert es nur Augenblicke, bis man sich als Zuschauer in eine Schlosswelt versetzt wähnt: Der plätschernde Brunnen im Innenhof, die Hausfassade mit ihren Säulen und Torbogen und mitten drin auf einem weissen Kiesplatz Lady Chelford. Von ihrer eisigen Aura ist man sofort in den Bahn gezogen. Sie verzieht keine Miene, beobachtet jede Bewegung ihrer Bediensteten, ist unnahbar und verliert nie die Contenance, selbst dann nicht, als auf ihrem Anwesen Mord um Mord geschieht. Intrigen und ein Schatz Denn auf dem Schloss liegt ein Fluch. Irgendwo in den Ruinen der Abtei sollen ein Goldschatz und eine Flasche gefüllt mit Lebenswasser versteckt sein, das unsterblich macht. Jeder allerdings, der versucht, den Schatz zu rauben, bekommt es mit dem Bewacher des Schatzes zu tun, dem schwarzen Abt, und wird ermordet. Zu den Schatzsuchern gehören Arthur Gine, der Vermögensverwalter von Lady Chelford. Bei Pferdewetten hat er sein gesamtes Vermögen verloren. Zudem wird er von Miss Gilder, seiner Bürovorsteherin, erpresst. Auch Mary, die Sekretärin von Lady Chelford, ist hinter dem Schatz her. Sie spannt mit Arthur Gine zusammen. Dann gibt es noch Harry, den ältesten Sohn von Lady Chelford, der besessen ist von der Idee, das Lebenswasser zu finden. Er soll mit Leslie Gine, der Nichte von Vermögensverwalter Arthur Gine, verheiratet werden. Sie hat ihr Herz allerdings bereits an den jüngeren Sohn Dick verloren. Im Oldtimer auf die Bühne Das Verwirrspiel ist also perfekt, und die Intrigen nehmen ihren Lauf. Als immer mehr Menschen ermordet werden, wächst die Angst vor dem mysteriösen schwarzen Abt. Nur die zwei Kommissare, die gerufen werden, wollen nicht an das Schauermärchen glauben. Der Auftritt der Kommissare ist einer der Höhepunkte des Stücks. Die beiden fahren mit einem richtigen Oldtimer auf die Bühne. Das schlägt sogar die Museumskulisse. Auch dass es während der Aufführung Nacht wird, lässt das Stück noch realer wirken. Am Rande der Bühne taucht in der Dunkelheit immer häufiger der schwarze Abt auf, und von dem Gebüsch hinter dem Brunnen her ziehen Nebelschwaden auf. Es wird kälter und für die Zuschauer auf der Tribüne Zeit, sich in eine Jacke oder in einen dicken Schal zu wickeln, während unten auf der Bühne gemordet und Leslie, die Verlobte von Lady Chelfords Sohn Harry, entführt wird. Anspielungen an den Film In mehreren Videoeinspielungen, die direkt auf die Hausfassade des Museums projiziert werden, sehen die Zuschauer, wie Leslie durch die Gänge und Gewölbe unter dem Schloss und der Abtei irrt. Die Filmsequenzen sind schwarzweiss und erinnern damit an die Verfilmung des Kriminalromans von Edgar Wallace aus den 1960erJahren. Bei der Premiere am Freitagabend waren es auch diese überraschenden Effekte, die das Publikum neben der Leistung der Schauspieler, den bis ins kleinste Detail ausgeklügelten Kulissen, den Kostümen und der Schminke – alle Schauspieler sind totenbleich – überzeugt haben. Die Zuschauer applaudierten jedenfalls stehend für die neun Schauspieler, das Backstageteam und den künstlerischen Leiter Bruno Broder, der das zweistündige Stück inszeniert hat. Schwarzer Humor Trotz Mord und Grusel kam auch der gewohnt schwarze britische Humor an diesem Abend nicht zu kurz. Und selbst Lady Chelford, hinter deren Geheimnis man während des Stückes nach und nach kommt, hat man am Ende trotz ihrer Eiseskälte beinahe ins Herz geschlossen. Vorstellungen bis 9. September. Infos, Tickets und Spieldaten unter www.scaena.ch Diesen Artikel finden Sie auf St.Galler Tagblatt Online unter:
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