Jiddismen in der deutschen Presse

Jiddismen in der deutschen Presse
CHANG Shoou-Huey (Wenzao Ursuline Univ. of Languages)
Schon die Entstehung der jiddischen Sprache zeugt vom
intensiven Kontakt zwischen Juden und Christen. Die
Juden in Mitteleuropa entwickelten auf der Grundlage
des
mittelalterlichen
Deutschs
einen
eigenen
Sozialdialekt, dessen Wortschatz sich durch die aus dem
Hebräischen stammenden Ausdrücke und romanischen
Sprachreste von Anfang an ganz wesentlich von
anderen Dialekten unterschied.(Althaus 2003a, 8).
Besonders vom 18. zum 19. Jahrhundert nahm die Zahl der Jiddismen im
Deutschen extrem zu, allerdings scheint der Entlehnungsprozess sich in einer
Endphase zu befinden(Best 2006, 11f.). Bei ihrer Verbreitung fällt auf, dass
manche überall bekannt waren, andere regional auf bestimmte Städte und
Landschaften beschränkt waren(Althaus 1998, 1). Allerdings stellt die heutige
Zeit, was die Frequenz der jiddischen Wörter im Deutschen, nicht ihre Anzahl,
betrifft, einen Höhepunkt in der Geschichte dar(Althaus 2003a, 12). Besonders
in
der
Öffentlichkeit
erfreuen
sie
sich
heute
einer
zunehmenden
Beliebtheit(Althaus 1998, 1).
Im Rahmen dieser Arbeit soll ermittelt werden, ob und wie welche jüdischen
Ausdrücke in der Sprache der deutschen Presse Verwendung finden. Dazu wird
zunächst im folgenden Teil auf die Jiddismen im Deutschen eingegangen,
welche Möglichkeiten der Entlehnung bedeutsam waren und welche Funktionen
diese Begriffe erfüllten. Ausgehend davon wird im dritten Kapitel dargestellt,
wie die weitere Vorgehensweise bei der Untersuchung aussehen wird. Dazu
gehört, welche Zeitungen betrachtet werden und wie nach welchen Jiddismen
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gesucht wird. In dem vorliegenden Beitrag werden diese Vermutungen anhand
einer Internetrecherche bei zwei bekannten Zeitungen überprüft. Darauf folgen
eine Reflexion und anschließend das Fazit.
I. Jiddismen im Deutschen
Als Jiddismen bezeichnet man alle Wörter, die unmittelbar aus dem
Jiddischen ins Deutsche gelangten oder dieses über andere Sprachen erreicht
haben. Allgemein wird der Anteil dieser am deutschen Wortschatz als relativ
gering eingeschätzt. So ergaben Auswertungen von Best einen Prozentsatz von
0,06% bei 124 jiddischen Wörtern bei einem Gesamtwortschatz von mehr als
200.000 deutschen Wörtern(Best 2006, 1). Dieses Kapitel zeigt kurz die
verschiedenen
Wege
auf,
wie
jiddische
Wörter
in
den
deutschen
Sprachgebrauch übergegangen sind und welche Funktionen sie dort erfüllen.
1. Entlehnungswege
Jiddismen sind zu verschiedenen Zeiten auf unterschiedliche Weise in die
deutsche Sprache gelangt. Durch das Interesse u. a. der Hebraisten gerieten
bereits Ende des 15. Jahrhunderts jiddische Wörter ins Deutsche.
Neben solchen Gelehrten waren Vaganten und Gauner besonders daran
interessiert, jüdische Ausdrücke, die sie auf ihren Wanderungen lernten, in ihre
Geheimsprachen aufzunehmen. Ein weiterer Ort des Sprachkontakts stellten
Gefängnisse u. Ä. dar, wo Begriffe aus der Sprache der jüdischen Gauner
weitergegeben wurden.
Im 19. Jahrhundert wurde in vielen Teilen des Handels noch immer ein stark
von jiddischen Bezeichnungen beeinflusstes Deutsch gepflegt, so dass Christen
diese als eine Art Fachsprache zu erlernen gezwungen waren. Viele dieser
Metzger- und Viehhändlerausdrücke wurden von ihren (auch christlichen)
148 독일문학∣제136집