Ambulantes Potenzial in der stationären

| Gesundheit | Mobilität | Bildung |
Ambulantes Potenzial
in der stationären Notfallversorgung
Dr. Martin Albrecht, Karsten Zich, IGES Institut
1.S.002
ZI-Pressegespräch
Berlin, 22. Juli 2016
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
22.07.2016
Seite 1
IGES Institut. Ein Unternehmen
der IGES Gruppe.
Inhalt
1. Gesundheitspolitischer Kontext
2. Ambulant-sensitive Krankenhausfälle (ASK):
Abgrenzung, methodisches Vorgehen, Datengrundlage
3. ASK in der Notfallversorgung:
• Ausmaß und Diagnosestruktur, Leistungen
• Zeitliche Verteilung
• Regionale Verteilung
1.S.002
4. Fazit
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
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1.S.002
1.
Gesundheitspolitischer Kontext
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
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Seite 3
Defizite in der Notfallversorgung
Ambulante ärztliche
Versorgung außerhalb
Sprechstunden zunehmend
durch Klinik-Notaufnahmen



Schätzung: 52% aller
Notaufnahmen werden
ambulant behandelt
Bsp. Berlin: Kliniken haben
mehr ambulante Notfälle
als vollstationäre Fälle
Überlastung der
Krankenhäuser
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Quellen: KBV 2015, Haas et al. 2015, Dräther/Mostert 2016
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
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Jüngste Gesetzgebung zur
Notfallversorgung (VSG, KHSG)
Maßnahmen



Verpflichtung zur Kooperation von KVen und Krankenhäuser
(z.B. durch Portalpraxen)
Anpassung der Vergütung von Notfallbehandlungen im EBM
Gestuftes System der stationären Notfallversorgung i.V.m.
Zu-/Abschlägen
1.S.002
Ziele




Entlastung von Bereitschaftsdiensten
Abbau vorhandener Doppelstrukturen
Leistungsgerechtigkeit der Vergütung
Stärkung des Grundsatzes „ambulant vor stationär“

Ziel der Studie: ambulantes Potenzial
in der stationären Notfallversorgung
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
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1.S.002
2.
Ambulant-sensitive Krankenhausfälle
(ASK)
Abgrenzung, methodisches Vorgehen,
Datengrundlage
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
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Ambulant-sensitive Krankenhausfälle
Diagnosen, bei denen Krankenhausaufenthalte durch
eine effektive und rechtzeitige ambulante Versorgung
verhindert werden können.


1.S.002

akute Erkrankungen, die durch Impfungen oder andere präventive
Maßnahmen zu verhindern gewesen wären,
akute Erkrankungen, die im ambulanten Bereich kontrolliert werden
könnten (z. B. bakterielle Pneumonie),
chronische Erkrankungen, die bei qualitativer und adäquater
Versorgung weniger akute Episoden bzw. Verschlechterungen
aufweisen würden (z. B. bei Hypertonie, Diabetes Mellitus).
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
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Diagnosen-Auswahl für ASK
Grundlagen



internationale ASK-Kataloge (USA, Großbritannien, Schweden,
Kanada, OECD)
Empfehlungen des SVR im Gesundheitswesen zu vermeidbaren
Krankenhauseinweisungen
empirische Studien, insbesondere aktuelle Konsensus-Studie von
Sundmacher et al. (2015)
ASK-Abgrenzung dieser Studie



Auswahl von 21 Erkrankungsgruppen mit ausreichender Fallzahl
Ausschluss von Fällen mit Alter bis 4 Jahre (Kleinkinder)
zusätzliche Filterkriterien (Schweregrad)

ASK kennzeichnen Potenzial
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d.h. nicht zwingend Vermeidbarkeit in jedem Einzelfall
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
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Methodisches Vorgehen und
Datengrundlage
Abgrenzungen



ASK insgesamt
ASK mit Notfallaufnahme
zusätzlich: „Kurzlieger“
Datengrundlage


1.S.002

Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
Phase I: Sonderauswertungen
der DRG-Statistik (§21-Daten)
durch Statist. Bundesamt,
Zeitraum: 2011-2013
Phase II: Mikrodaten der DRGStatistik des Forschungsdatenzentrums des Statist. Bundesamtes
Untererfassung bei Depression
und Demenz
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3.
ASK in der Notfallversorgung
Ausmaß und Diagnosestruktur, Leistungen
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
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3,5 Mio. ASK, davon etwa die Hälfte
Notaufnahmen (2013)
Erkrankungsgruppe
ASK-Notfälle
ASK insg.
Anteil
Hypertonie, hypertensive Herzkrankheit mit (kongestiver) Herzinsuffizienz
238.606
408.646
58%
Hypertonie, hypertensive Herzkrankheit ohne (kongestive) Herzinsuffizienz
195.116
260.434
75%
Pneumonie (Lungenentzündung)
181.926
269.791
67%
Infektiöse Darmkrankheiten
145.414
206.020
71%
Chronische Bronchitis, COPD, Bronchiektasen
145.312
238.563
61%
Sonstige Herz-Kreislauf-Erkrankungen
115.477
379.722
30%
Alkohol- oder Opioidabhängigkeit
115.100
144.592
80%
Rückenschmerzen
113.241
301.195
38%
Krankheiten des Harnsystems
96.615
149.060
65%
Infektionen der Haut und der Unterhaut
75.785
129.254
59%
Dehydration
72.201
99.716
72%
Diabetes
70.157
152.371
46%
Akute Bronchitis
49.061
73.379
67%
Angina Pectoris
48.583
126.432
38%
Chronische ischämische Herzkrankheit
31.041
153.961
20%
Hals-, Nasen-, Ohreninfektion
25.946
46.254
56%
Asthma
17.858
26.807
67%
Krankheiten des Auges
13.116
153.220
9%
Depression
6.489
11.929
54%
Schlafstörungen
5.833
109.497
5%
Demenz
5.294
11.894
45%
1.768.171
3.452.737
51%
1.S.002
insgesamt
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
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ASK-Behandlungen: überwiegend
Diagnostik, selten Operationen
Erkrankung
Anzahl
Prozeduren
(in Tsd.)
davon Anteil
diagnostische
Maßnahmen
bildgebende
Diagnostik
Operationen
nichtoperative
Maßnahmen
hypertensive
Herzkrankheit
(mit kong. HI)
817,9
30,5 %
21,1 %
4,8 %
41,0 %
Angina
Pectoris
738,2
32,3 %
11,0 %
4,5 %
51,5 %
chronisch
ischämische
Herzkrankheit
702,2
27,8 %
9,3 %
9,6 %
52,6 %
chronische
Bronchitis,
COPD u.a.
540,8
48,6 %
17,6 %
3,0 %
29,1 %
Diabetes
392,0
11,1 %
22,5 %
26,9 %
33,2 %
1.S.002
Quelle: IGES (2015) auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
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1.S.002
3.
ASK in der Notfallversorgung
Zeitliche Verteilung
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
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ASK-Aufnahmen überwiegend zu üblichen
Praxisöffnungszeiten
60.000
Anzahl ASK-Fälle
50.000
40.000
30.000
20.000
10.000
0
00:00 01:00 02:00 03:00 04:00 05:00 06:00 07:00 08:00 09:00 10:00 11:00 12:00 13:00 14:00 15:00 16:00 17:00 18:00 19:00 20:00 21:00 22:00 23:00
bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis
01:00 02:00 03:00 04:00 05:00 06:00 07:00 08:00 09:00 10:00 11:00 12:00 13:00 14:00 15:00 16:00 17:00 18:00 19:00 20:00 21:00 22:00 23:00 00:00
Hypertonie, hypertensive Herzkrankheit mit (kongestiver) Herzinsuffizienz
Sonstige Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Rückenschmerzen
Pneumonie (Lungenentzündung)
Hypertonie, hypertensive Herzkrankheit ohne (kongestive) Herzinsuffizienz
Chronische Bronchitis, COPD, Bronchiektasen
Infektiöse Darmkrankheiten
Chronisch Ischämische Herzkrankheit
1.S.002
Quelle: IGES auf Basis FDZ-Daten
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
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Anteil der ASK-Fälle mit Aufnahmeanlass Notfall an alle
nASK-Fällen
Anteil der ASK-Notfallaufnahmen außerhalb der Praxiszeiten am höchsten
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
00:00 01:00 02:00 03:00 04:00 05:00 06:00 07:00 08:00 09:00 10:00 11:00 12:00 13:00 14:00 15:00 16:00 17:00 18:00 19:00 20:00 21:00 22:00 23:00
bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis
01:00 02:00 03:00 04:00 05:00 06:00 07:00 08:00 09:00 10:00 11:00 12:00 13:00 14:00 15:00 16:00 17:00 18:00 19:00 20:00 21:00 22:00 23:00 00:00
Hypertonie, hypertensive Herzkrankheit mit (kongestiver) Herzinsuffizienz
Sonstige Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Rückenschmerzen
Pneumonie (Lungenentzündung)
Hypertonie, hypertensive Herzkrankheit ohne (kongestive) Herzinsuffizienz
Chronische Bronchitis, COPD, Bronchiektasen
Infektiöse Darmkrankheiten
Chronisch Ischämische Herzkrankheit
1.S.002
Quelle: IGES auf Basis FDZ-Daten
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
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Dennoch werden Hälfte der werktäglichen
ASK-Notfälle tagsüber aufgenommen
2.000.000
1.800.000
Mo-Fr während
Praxisöffnungszeiten
Mo-Fr außerhalb
Praxisöffnungszeiten
Wochenende
1.765.280
1.600.000
1.400.000
Anzahl Fälle
1.200.000
1.097.104
1.000.000
800.000
652.483
642.500
600.000
590.353
473.188
400.000
200.000
0
ASK
ASK-Notfälle
ASK
ASK-Notfälle
ASK
ASK-Notfälle
1.S.002
Quelle: IGES auf Basis FDZ-Daten
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
22.07.2016
Seite 16
Über 50% aller ASK (mit/ohne Einweisung)
während Praxisöffnungszeiten
werktags
ASK
während
außerhalb
Wochenende
Summe
Praxisöffnungszeiten
mit
Einweisung
1.122.780
444.621
117.165
1.684.566
ohne
Einweisung
(Notfälle)
642.500
652.483
473.188
1.768.171
insgesamt
1.765.280
1.097.104
590.353
3.452.737
1.S.002
Quelle: IGES auf Basis von FDZ-Daten
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
22.07.2016
Seite 17
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1.S.002
3.
ASK in der Notfallversorgung
Regionale Verteilung
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
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Seite 18
ASK-Notfallhäufigkeit schwankt regional
rd. +/-20% um Bundesdurchschnitt (2013)
3.000
2.814
ASK-Notfälle je 100.000 Einwohner (ab 5 Jahre)
2.660 2.653 2.606
2.500
2.544 2.515 2.507
2.463 2.453
2.351
2.205 2.199
2.297
2.128 2.084
2.062
2.000
1.993
1.767
1.500
1.000
500
ST
TH
WL
SL
MV
BB
RP
NO
SN
NI
HE
BY
SH
HH
BE
HB
BW Bund
1.S.002
Quelle: IGES auf Basis von FDZ-Daten
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
22.07.2016
Seite 19
Hoher Notfall-Anteil an ASK-Fällen in
Stadtstaaten (2013)
60%
59% 58%
54%
54%
53%
53%
52%
52%
52%
51%
51%
Anteil der ASK-Notfälle an allen ASK-Fällen
50%
50%
51%
48%
48%
47%
47%
SL
WL
MV
46%
40%
30%
20%
10%
0%
BE
HB
HH
SN
RP
BBG
NI
NR
TH
BW
SH
BY
HE
ST
Bund
-10%
1.S.002
Quelle: IGES auf Basis von FDZ-Daten
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
22.07.2016
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ASK-Notfallanteile: große Heterogenität
innerhalb der KV-Regionen
Bsp.: mittwochs tagsüber
(8.00 bis 14.00 Uhr)
Starke Streuung der Anteile
von Notfällen an ASK auf
Kreisebene (2013)

Variation zwischen
12% und 66%
1.S.002
Quelle: IGES auf Basis von FDZ-Daten
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
22.07.2016
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Höchste ASK-(Notfall-)Häufigkeiten:
Ruhrgebiet und ländliche Regionen (2013)
ASK insg.
Regions-/Kreistyp
ASK-Notfall
Anteil
je 100.000 Einwohner (ab 5 Jahre)
werktags (tagsüber)
Großstadtzentrum
1.927
798
41%
nahes Nebenzentrum
1.999
702
35%
nahe Umgebung
einer Großstadt
2.038
753
37%
weitere Umgebung
einer Großstadt
2.421
840
35%
außerhalb
Großstadt-Umgebung
2.535
891
35%
Ruhrgebiet
3.160
1.050
33%
1.S.002
Quelle: IGES auf Basis von FDZ-Daten
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
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Seite 22
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1.S.002
4.
Fazit
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
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Seite 23
Schlussfolgerungen
Es gibt ein beträchtliches ambulantes Potenzial in der
stationären Notfallversorgung


1,8 Mio. Fälle mit Case-Mix-Erlösvolumen von 4,8 Mrd. Euro
mehr als 1/3 der Fälle während regulärer Praxisöffnungszeiten
Deutliche regionale Unterschiede


1.S.002

Ruhrgebiet und ländliche Regionen mit größerer Häufigkeit von
ASK und ASK-Notfällen als (andere) großstädtische Regionen
Unterschiede auch zwischen, stärker noch innerhalb von KV-Bezirken
regionale Lösungsansätze für Stärkung des
Grundsatzes „ambulant vor stationär“
in der Notfallversorgung
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
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Seite 24
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IGES Institut
Dr. Martin Albrecht, Karsten Zich
1.S.002
www.iges.com
Ambulantes Potenzial in der stationären Notfallversorgung
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25
IGES Institut. Ein Unternehmen
der IGES Seite
Gruppe.