823 BGB Lösung Fall 8

Lösung Fall 8: Stillstehender Lastenaufzug
1) Schadensersatzansprüche gemäß § 280 Abs. 1 BGB
a) Ein Anspruch des A gegen B aus § 280 Abs. 1 BGB wegen einer Pflichtverletzung des
Mietvertrags V-B mit Schutzwirkung zugunsten des A scheidet aus, da ein Schutzinteresse
des V an der Einbeziehung des A in den Schutzbereich des Mietvertrags V-B nicht gegeben
ist.
b) Ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB aufgrund einer Pflichtverletzung innerhalb eines
Gemeinschaftsverhältnisses scheidet ebenfalls aus, denn es fehlt an entsprechenden
vertraglichen Vereinbarungen.
Zwar kann der unmittelbare Mitbesitz, den A und B an dem Aufzug haben, zu einer schlichten
Rechtsgemeinschaft der Mitbesitzer i. S. d. §§ 741 ff. BGB führen, doch ergeben sich mangels
besonderer Absprachen daraus keine über die §§ 742 – 758 BGB hinausgehenden
schuldrechtlichen Verpflichtungen, Beschädigungen der gemeinsamen Sache zu unterlassen
(BGHZ 62, 243, 245).
2) Schadensersatzansprüche gemäß § 823 Abs. 1 BGB
In Betracht kommt ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des
Besitzes als „sonstiges Recht“.
a) Voraussetzungen (haftungsbegründender Tatbestand)
Der Besitz genießt nach h. M. als „sonstiges Recht“ i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB jedenfalls
insoweit Besitzschutz, als er gleich einem absolut geschützten Recht gegenüber jedermann
geschützt ist und dem Besitzer eine „eigentumsähnliche“ Stellung gibt:
Der unmittelbar berechtigte Besitz ist als geschütztes Recht anerkannt, da er mit Nutzungsund Abwehrrechten (vgl. §§ 859 ff. BGB) verbunden ist und daher dem rechtmäßigen Besitzer
eine eigentumsähnliche Rechtsposition verschafft. Soll der berechtigte Besitz gerade dazu
dienen, eine bestimmte Nutzung der Sache zu ermöglichen, so stellt es eine Rechtsverletzung
i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB dar, wenn der Besitzer an eben dieser Nutzung durch einen Eingriff
gehindert wird.
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Exkurs:
Der unrechtmäßige Besitz ist nach h. M. kein sonstiges Recht i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB, da er
dem Besitzer keine eigentumsähnliche Stellung verschafft: der rechtswidrige Besitzer hat
lediglich Abwehrrechte gemäß §§ 859 ff. BGB, aber kein Nutzungsrecht. Ein Teil des
Schrifttums dehnt den Schutz jedoch auf den unrechtmäßigen entgeltlichen, redlichen Besitzer
vor Rechtshängigkeit aus, da dieser Besitzer sogar im Verhältnis zum Eigentümer die
gezogenen Nutzungen gemäß §§ 987, 988, 990, 993 Abs. 1 BGB behalten dürfe.
Dem kann man entgegenhalten, dass sich auch aus den §§ 987 ff. BGB kein Nutzungsrecht
für den unrechtmäßigen Besitzer ableiten lässt. Die E-B-V-Regeln gewähren dem
unrechtmäßigen entgeltlichen redlichen unverklagten Besitzer lediglich das Recht, die
gezogenen Nutzungen zu behalten. D. h. der Gesetzgeber hält im Nachhinein betrachtet
diesen unrechtmäßigen Besitzer im Hinblick auf das behalten dürfen der gezogenen
Nutzungen für schutzwürdig. Die §§ 987 ff. BGB treffen aber keine Aussage darüber, ob er die
Nutzungen überhaupt hätte ziehen dürfen (diese Tendenz verfolgt der BGH).
Der BGH brauchte zu der Frage, ob auch der unberechtigte Besitzer in bestimmten
Konstellationen durch § 823 Abs. 1 BGB geschützt ist, noch nicht abschließend Stellung zu
nehmen; er hat diese Frage letztendlich offen gelassen (BGHZ 79, 232, 236). Entschieden hat
er lediglich, dass jedenfalls gegenüber dem Eigentümer kein Besitzschutz gemäß
§ 823 Abs. BGB stattfinde (BGHZ 79, 232, 237). Dem unrechtmäßigen Besitzer stehe kein
Anspruch zu, denn er sei verpflichtet, Nutzungen zu unterlassen und die Nutzungsmöglichkeit
dem Berechtigten einzuräumen. Daran ändere sich auch nichts, wenn der Eigentümer dem
unberechtigten Besitzer den Besitz durch verbotene Eigenmacht entziehe (was der Besitzer
freilich gemäß §§ 858 ff. BGB abwehren kann, auch wenn sein Besitz rechtswidrig ist).
Der mittelbare Besitzer genießt ebenfalls Schutz nach § 823 Abs. 1 BGB gegenüber Dritten,
aber nicht gegenüber dem unmittelbaren Besitzer, denn diesem gegenüber ist er nicht nach
§§ 861 ff. BGB geschützt – siehe § 869 BGB (zu diesem Problem siehe BGHZ 32, 194, 204).
Der (berechtigte) Mitbesitz ist als „sonstiges Recht“ i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB geschützt, und
zwar nicht nur im Verhältnis des Mitbesitzers gegenüber Dritten, sondern auch im Verhältnis
von Mitbesitzern untereinander (etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 866 BGB, der
Besitzschutz gegenüber einem Mitbesitzer bei bloßen Besitzstörungen ausschließt, weil
Zielrichtung hier nur der Rechtsfrieden unter den Mitbesitzern ist und nicht der Ausschluss von
Schadensersatzansprüchen).
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Im vorliegenden Fall hat B durch die Beschädigung des Aufzugs das Besitzrecht des A als
„sonstiges Recht“ i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB verletzt.
Die Verletzung war rechtswidrig.
B handelte leicht fahrlässig und damit schuldhaft. Eine Haftungsbegrenzung gemäß
§ 708 BGB analog kommt nicht in Betracht, weil diese für die Gesellschaft bestehende
Vorschrift auf die Gemeinschaft wegen unterschiedlicher Interessenlagen nicht analog
anwendbar ist (BGHZ 62, 243 245).
b) Rechtsfolge (haftungsausfüllender Tatbestand)
Im Hinblick auf den durch Besitzverletzung entstandenen Schaden muss differenziert werden:
- Grundsätzlich ist der Schädiger bei einer Besitzverletzung dem Besitzer gegenüber nur zum
Ersatz der entgangenen Nutzungen verpflichtet, sog. Nutzungsschaden (= Einbuße, die in der
Beeinträchtigung der Möglichkeit liegt, die Sache zu gebrauchen, so z. B. bei der Aussperrung
eines Mieters aus den Mieträumen oder bei der Wegnahme eines Pferdes, so dass der
ehemalige Besitzer es nicht mehr reiten kann). Ersatz für die Beschädigung an der
Sachsubstanz, sog. Substanzschaden, kann i. d. R. nicht der Besitzer, sondern nur der
Eigentümer verlangen, da der Besitzer für eine ihm nicht zurechenbare Beschädigung der
Sache im Verhältnis zum Eigentümer nicht verantwortlich ist.
Wenn der Besitzer im Verhältnis zum Eigentümer für eine ihm nicht zurechenbare
Beschädigung der Sache durch einen Dritten verantwortlich ist, kann der Besitzer vom
Schädiger ausnahmsweise Ersatz des Substanzschadens verlangen:
- Zu ersetzen ist der Haftungsschaden, der sich daraus ergibt, dass der Besitzer selbst infolge
einer Besitzverletzung, die ein Dritter begangen hat, gegenüber dem Eigentümer aufgrund
vertraglicher Abrede schadensersatzpflichtig wird, so z. B., wenn ein Mieter oder
Leasingnehmer für die Beschädigung oder Zerstörung der Sache dem Vermieter oder dem
Leasinggeber nach vertraglicher Vereinbarung ersatzpflichtig wird.
- Zu ersetzen ist ferner der Erfüllungsschaden, so z. B. der Schaden eines Werkunternehmers,
wenn das noch in seinem Besitz in Arbeit befindliche Werk durch einen Dritten beschädigt wird
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und er wegen der Gefahrtragungsregeln verpflichtet ist, das Werk erneut zu erstellen, um seine
Vertragspflicht zu erfüllen.
Im vorliegenden Fall macht A als berechtigter Besitzer den Nutzungsschaden geltend. Diesen
Schaden muss B ersetzen.
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