Fertigungs- & Maschinenautomation Flexibles, modulares Sicherheits- konzept bei der Waferproduktion Die Bedeutung von Erneuerbaren Energien hat in den letzten Jahren weiter zugenommen. Dabei nimmt die Gewinnung von elektrischer Energie aus Solarzellen einen wichtigen Part ein. Die Meyer Burger AG hat sich auf Produktions anlagen und Systeme, unter anderem für die Herstellung von Wafern spezialisiert. In ihren Drahtsägemaschinen setzt sie auf Sicherheitstechnik aus dem Haus Euchner. Dabei ermöglicht die zugrunde liegende integrierte „AS-i Safety at Work“-Technologie ein flexibles, modulares Sicherheits konzept bei der Waferproduktion. Ausgangsmaterial bei der Herstellung von Photovoltaikmodulen ist das Element Silizium. Aus diesem werden sogenannte Wafer (einzelne Siliziumscheiben) hergestellt. Diese werden anschließend über eine Vielzahl von Prozessschritten zu kompletten Solarpanels weiterverarbeitet. Durch Kapselung und Verdrahtung mehrerer Zellen entstehen fertige Photovoltaikmodule. Das Know-how für die Herstellung der entsprechenden Maschinen liegt hauptsächlich in Europa, auch wenn der Großteil der Anlagen in asiatische Länder exportiert wird. Einer der führenden Zulieferer auf dem Gebiet von Produktionsanlagen und Systemen für die Herstellung von PV-Wafern, -Zellen und -Modulen ist die Meyer Burger AG [1]. Die Firmengruppe bietet ihren Kunden Lösungen und komplementäre Technologien entlang der gesamten PV-Wertschöpfungskette sowie gebäudeintegrierte Solarsysteme als Endprodukt für die Schweiz an. Als Spezialist für die Verarbeitung von Silizium zu dünnen Wafern bietet Meyer Burger unter anderem Drahtsägemaschinen (Bild 1). Diese verrichten mit Sicherheitstechnik von Euchner [2] ihren Dienst. Die Herstellung von Wafern mittels Drahtsägemaschine Bei der Herstellung von Wafern werden Siliziumblöcke, sogenannte Bricks, mittels einer Drahtsägema- Michael Gemperle schine in Scheiben von 140 µm bis 180 µm Dicke geschnitten (Bild 1 und Bild 2). In dieser wird ein Draht von einer Spule abgewickelt und auf zwei berillten Drahtführungsrollen (DFR) aufgezogen. Die DFR sind in einem klar vordefinierten Abstand eingekerbt. Der Draht durchläuft jede einzelne der bis zu 3 000 Rillen der DFR, um schließlich ein komplettes Drahtfeld zu bilden. Die in Rotation versetzten Drahtführungsrollen bewegen das Drahtfeld in nur eine oder, je nach Anwendungsgebiet, alternierende Richtung. Der Draht wird am Ende wieder auf eine Spule gewickelt. Eine Suspension, gewöhnlich eine Mischung aus Siliziumkarbid und Polyethylenglykol (Slurry), wird Michael Gemperle ist Geschäftsführer der Euchner AG in Mels/Schweiz. E-Mail: [email protected] Bild 1. Die Drahtsägemaschine DS-271 von Meyer Burger 2 Heft 9/2012 • Fertigungs- & Maschinenautomation • Heft 9/2012 3 Fertigungs- & Maschinenautomation Bild 2. Der Silizumblock und die einzelnen Wafer durch Düsen auf das sich bewegende Drahtfeld aufgegeben und verursacht einen mechanischen Abrieb. Während das zu trennende Werkstück in das Drahtfeld abgesenkt wird, schneiden die mit Suspension behafteten Drähte das Material in Scheiben (Wafer), deren Dicke durch den Abstand der Berillung der DFR vorgegeben ist. Hohe Anforderung an die Sicherheitstechnik Bei der Auswahl der zu verwendenden Sicherheitstechnik wurde vonseiten der Firma Meyer Burger hohe Ansprüche gestellt, um einerseits die Fertigung von hohen Stückzahlen an Drahtsägemaschinen so effizient und fehlerfrei wie möglich zu gestalten. Andererseits sollten alle sicherheitstechnischen Anforderungen abgedeckt werden. Als weitere Schwierigkeit kommt hinzu, dass das Schneidemittel wegen des Glykols aggressiv und flüchtig ist. Um eine effiziente Herstellung zu ermöglichen, ist es wichtig, den Montage- und Verdrahtungsaufwand auf ein Minimum zu reduzieren und kalkulierbar zu halten. Auch für die Funktionsprüfung sollte ein System gefunden werden, mit welchem alle Bauteile der Sicherheitstechnik einfach getestet werden können. Speziell an den Schutztüren der Drahtsägemaschinen musste darauf geachtet werden, dass Schalter mit Zuhaltung zum Einsatz kommen, die flexibel in der Anbringung sowie problemlos den rauen Umgebungsbedingungen durch den Einsatz des Schneidemittels standhalten. Zudem muss sichergestellt sein, dass die Schutzeinrichtungen während des Prozesses nicht unkontrolliert geöffnet werden können. Dies hätte Drahtrisse und ei- 4 Bild 3. Der Sägeraum mit vier Bricks beim Sägevorgang ne irreversible Zerstörung des ganzen Bricks zur Folge. Das heißt, neben dem Personen- ist auch der Prozessschutz von hoher Wichtigkeit. Auswahl der geeigneten Sicherheitstechnik AS-i benötigt eine Zykluszeit von max. 5 ms und ermöglicht in einem Strang eine Länge von bis zu 100 m, die einfach auf bis zu 300 m erweitert werden kann. Maximal sind bis zu 31 Teilnehmer (Slaves), wie Sicherheitsschalter, Not-Aus, usw., an einem AS-i-Strang möglich. Nachdem Meyer Burger ein System gefunden hatte, welches die Anforderungen für die Fertigung in idealer Weise erfüllt, musste ein passender Sicherheitsschalter evaluiert werden, der problemlos in den AS-i-Strang integriert werden kann. Bei der Auswahl fiel die Entscheidung auf die Firma Euchner und ihre elektromechanischen Sicherheitsschalter TP und STP mit integrierter AS-i-Schnittstelle. Aufgrund dieser speziellen Rahmenbedingungen entschieden sich die Spezialisten für den Einsatz von AS-i Safety at Work. Das einfache und offene System verfügt seit Jahren über ein sicheres Protokoll und wurde durch das herstellerunabhängige AS-i-Konsortium [3] entwickelt. Durch die Übergabe der Signale über einen AS-i-Profibus-DP-Link direkt via Profisafe an die sichere SPS und damit an die sicheren Antriebssysteme hat sich jegliche konventionelle Verdrahtung erübrigt. Nicht nur das Verdrahten der einzelnen Komponenten ist somit entfallen, auch die Diagnose des gesamten Systems ist über die beiden Busse, AS-i und Profibus, sowie die Applikationssoftware anwenderfreundlich ausgefallen. Als willkommener Nebeneffekt stehen alle Daten auch der Prozesssteuerung direkt zur Verfügung. Eine schlanke und moderne Lösung, welche die Umsetzung der DIN EN ISO 13849-1 [4] voll unterstützt. So erreicht das AS-i-SafetySystem Kat. 4 und erfüllt die Forderungen für PLe. Bild 4. Beispiel eines passiven AS-i-Adapters Heft 9/2012 • Bild 5. Freigelegter Euchner-Sicherheitsschalter an der Schutztür zum Sägeraum Diese Ausführungen zeichnen sich durch ihre robuste, aber schlanke Bauweise aus. Das glasfaserverstärkte Kunststoffgehäuse mit Schutzart IP67 erlaubt den Einsatz in rauer Umgebung. Die kompakte Bauform und einstellbare Anfahrrichtungen ermöglichen, dass die AS-i-Schalter flexibel an den verschiedenen Schutztüren der Drahtsägemaschine (Bild 5) gleichermaßen eingesetzt werden können. Die Anbindung der TP- und STP-Schalter an den AS-i-Bus erfolgt über die übliche vierpolige M12-Leitung. Diese werden mittels Steckverbinder an den Sicherheitsschalter sowie über einen passiven Adapter (Bild 4) an die AS-i-Flachkabel angeschlossen. Dies ermöglicht die gewünschte rationelle und fehlerfreie Installation. Alle sicherheitsrelevanten Signale und natürlich auch die Meldesignale, zum Beispiel die Stellung der Schutztür oder auch Fehlermeldungen, stehen dem AS-i-Master und in diesem Fall auch der SPS zur Verfügung. Die integrierte Zuhaltung der STP- und TPAS-i-Schalter mit Zuhaltungsüberwachung und Zuhaltekräften von bis zu 2 500 N verhindert, dass während der Wafer-Herstellung unkontrolliert eine der Schutzeinrichtungen geöffnet werden kann, und garantiert dadurch einen kontinuierlichen und wirtschaftlichen Prozessablauf. Fazit Durch die Kombination aus AS-i Safety at Work und den Sicherheitsschaltern TP- und STP-AS-i von Euchner können die Anforderungen der Meyer Burger AG in idealer Weise erfüllt werden. Besonders der AS-i-Bus spielt seine Vorteile der einfachen Parametrierung und Installation bei hohen Fertigungsstückzahlen aus. Literatur [1]Meyer Burger Technology AG, Baar/Schweiz: www.meyerburger.com [2]Euchner GmbH & Co. KG, Leinfelden-Echterdingen: www.euchner.de [3]AS-International Association, Gelnhausen: www.as-interface.net [4]DIN EN ISO 13849-1:2008-12 Sicherheit von Maschinen – Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen – Teil 1: Allgemeine Gestaltungsleitsätze. Berlin: Beuth n • Heft 9/2012 5
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