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Wissenschaft und Fortbildung
Neuerungen im Bereich der
Parodontitistherapie
Zahlreiche Fortschritte führen zu vorhersagbar guten Behandlungsergebnissen
E i n B e i t r a g v o n D r. L i s a H i e r s e , M a g d e b u r g , u n d P r i v. - D o z . D r. M o r i t z K e b s c h u l l , B o n n
Parodontitis ist eine hoch prävalente chronische
Entzündungserkrankung. Die Vierte Deutsche
Mundgesundheitsstudie zeigt, dass mehr als die
Hälfte der 35- bis 44-Jährigen an einer parodontalen Erkrankung leidet. Jeder Fünfte leidet sogar an
einer schweren Form (Tab. 1). Zusätzlich besitzt
die Parodontitis neben der lokalen Wirkung auf
den Zahnhalteapparat auch systemische Auswirkungen. Daher sind die Identifizierung dieser Erkrankung sowie die Therapie von entscheidender
Bedeutung.
Dank zahlreicher Fortschritte in der Parodontitistherapie hinsichtlich der Instrumentierung und
der Anwendung standardisierter Behandlungsprotokolle sind gute Ergebnisse durch ein sorgfältiges subgingivales Debridement zu erzielen. Weiterhin gibt es eine Vielzahl von parodontalchirurgischen Behandlungsoptionen, die bei Persistenz
von Resttaschen zu deren Beseitigung führen. In
der Abbildung 1 ist ein schematischer Ablaufplan
einer systematischen Parodontitistherapie mit
ihren aufeinander aufbauenden Therapiephasen
dargestellt.
Initialtherapie
Optimierung der häuslichen Mundhygiene
Eine entscheidende Voraussetzung für den Erfolg der
Parodontitistherapie und die Langzeitprognose der
Zähne ist die tägliche Mundhygiene des Patienten.
Daher sollte ihm die Bedeutung der regelmäßigen
und vor allem gründlichen Mundhygiene zur Beseitigung des Biofilms ausführlich erklärt werden. Es
erfolgen auf die individuelle Situation angepasste
Mundhygienedemonstrationen mit geeigneten Hilfsmitteln. Die praktische Durchführbarkeit muss in
35- bis 44-Jährige
Schwere Paradontitis
Abb. 1: Schematische Darstellung der systematischen Parodontitistherapie
mehreren Anwendungstrainings mit dem Patienten geschult, geübt und wiederholt werden.
Reduktion irritierender Faktoren und Entfernung nicht
erhaltungswürdiger Zähne
Parallel zu den ersten Sitzungen müssen irritierende
Faktoren wie insuffiziente Füllungen, kariöse Läsio-
65- bis 74-Jährige
7,8 %
21,9 %
Moderate Parodontitis
45,3 %
54,1 %
Keine/leichte Parodontitis
46,9 %
24,0 %
Tab. 1: Häufigkeit von Parodontitis, aufgeteilt nach Altersstruktur und Schweregrad
(Vierte Deutsche Mundgesundheitsstudie)
Abb. 2: Füllungsüberhang distal am Zahn 46 mit assoziiertem vertikalen Knochendefekt
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nen und Restaurationsüberhänge entfernt beziehungsweise erneuert werden. Für die Rekonturierung suffizienter, aber überhängender Restaurationsränder sind oszillierende, einseitig diamantierte Feilen sehr praktisch (z. B. KaVo ProxoshapeSystem). So werden potenzielle Keimreservoirs eliminiert und die Mundhygienefähigkeit verbessert. Außerdem können Überhänge zu parodontaler Entzündung mit folgendem Attachmentverlust
führen [1,2] (Abb. 2).
Nach notwendigen Extraktionen und dem darauf
folgenden Ersatz eines oder mehrerer Zähne ist die
Eingliederung laborgefertigter langzeitprovisorischer Kronen beziehungsweise Brücken empfehlenswert. Weiterhin sollte die Okklusion überprüft
werden, da okklusale Diskrepanzen bei bestehender Parodontitis die Progression der Parodontitis
fördern können [3]. Gelockerte Zähne können geschient werden, wenn der Kaukomfort des Patienten eingeschränkt ist (Abb. 3a bis e). Dabei sollte
sorgfältig auf eine optimale Mundhygienefähigkeit geachtet werden.
Abb. 3a bis e: Ablauf einer parodontalen Schienung mittels vorimprägniertem
Glasfaser-Stick zur Verstärkung von Komposit (hier: everStick, Loser & Co).
a) Ausgangssituation: In diesem Fall liegt eine häufig nicht nötige Rillenpräparation
vor, weil diese durch die vorherige Draht-Komposit-Schienung bereits präpariert
war. b) Schmelzätzung nach sorgfältiger Reinigung mit fluoridfreier Polierpaste.
c) Bonding und Auftrag einer dünnen Schicht fließfähigen Kompositmaterials.
d) Adaption der Glasfaserschiene mit Flowkomposit. e) Fertige interdentale Schienung. Eine Interdentalpflege ist trotz Verblockung suffizient möglich.
Professionelle mechanische Plaqueentfernung und
Zahnpolitur
Zu Beginn jeder Parodontitisbehandlung sollte eine
professionelle mechanische Plaqueentfernung durchgeführt werden. Durch die Entfernung harter sowie
weicher supragingivaler und gingivaler Beläge
kommt es zu einer kurzzeitigen Reduktion der Entzündung. Die Zahnfleischtaschen bleiben bei dem
Vorgehen zunächst unberührt. Bewusst wird hier
der Terminus professionelle mechanische Plaqueentfernung und nicht Professionelle Zahnreinigung
verwendet. Der Unterschied liegt darin, dass die Professionelle Zahnreinigung häufig eine kosmetische
Behandlung impliziert, die der Entfernung von Verfärbungen dient. Die professionelle mechanische
Plaqueentfernung besitzt therapeutischen und präventiven Charakter.
Subgingivales Debridement
Wenn der Patient eine für seine individuelle Situation optimale Mundhygiene aufweist, kann mit der
subgingivalen Instrumentierung aller Taschen ≥ 4 mm
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mit Blutung auf Sondierung begonnen werden. Da
die subgingivale Instrumentierung flacher Taschen
bis 3 mm zu einem iatrogenen Attachmentverlust
und einer Rezessionsbildung führt [4], muss der
Attachmentstatus exakt aufgenommen werden. Es
ist sinnvoll, diesen erst nach der Initialphase zu
erheben oder, falls zuvor aufgenommen, vor dem
Debridement noch einmal zu kontrollieren, um bereits durch die Vorbehandlung nivellierte Taschen
nicht zu instrumentieren.
Das subgingivale Debridement besteht darin, den
mineralisierten und nicht mineralisierten Biofilm
von den Wurzeloberflächen zu entfernen. Die Begriffe Scaling und Wurzelglättung oder Kürettage
werden fälschlicherweise häufig synonym verwendet. Sie implizieren den Abtrag von kontaminiertem
Wurzelzement sowie die zusätzliche Entfernung des
Granulationsgewebes. Nach heutigem Kenntnisstand ist dies allerdings für die parodontale Ausheilung nicht nötig [5]. Die Instrumentierung kann
gleichwertig mithilfe von Hand-, Schall- oder piezoelektrischen oder magnetostriktiven Ultraschallinstrumenten durchgeführt werden (Abb. 4). In diversen Studien konnte gezeigt werden, dass all diese
Instrumente für eine suffiziente subgingivale Reinigung geeignet sind und zu vergleichbaren klinischen sowie mikrobiologischen Ergebnissen führen
[6]. Der Zahnhartsubstanzabtrag durch das Debridement mit maschinellen Instrumenten ist jedoch geringer als bei der manuellen Bearbeitung [7].
Die klinische Effektivität des für die subgingivale
Reinigung eingeführten Er:YAG-Lasers zeigt keine
Überlegenheit zu den oben genannten Methoden
[8]. Seit ein paar Jahren verbreitet sich in diesem
Zusammenhang eine weitere Methode zur subgingivalen Reinigung, nämlich die antimikrobielle
photodynamische Therapie. Diese kann entweder
allein oder in Kombination mit der subgingivalen Instrumentierung angewendet werden. Das
Prinzip der antimikrobiellen photodynamischen
Therapie besteht darin, dass ein Photosensibilisator
in die parodontale Tasche appliziert wird und die
anschließende Belichtung mit einem niedrigenerge-
Abb. 4: Diamantierter Knospenaufsatz für den Schallscaler
tischen Laser zur Abtötung parodontaler Bakterien
führt. Bislang konnte jedoch nur ein kurzzeitiger
klinischer Effekt der photodynamischen Therapie
in Kombination mit der subgingivalen Instrumentierung gezeigt werden [9].
Welches zeitliche Protokoll sollte für das Debridement
angewendet werden?
Eine häufige Frage ist der zeitliche Ablauf des Debridements. Es gibt verschiedene Protokolle von quadrantenweiser Instrumentierung, der Instrumentierung aller Quadranten innerhalb von 24 Stunden
(Full Mouth Scaling, FMS) sowie der Instrumentierung aller Quadranten innerhalb von 24 Stunden
mit zusätzlicher antiseptischer Behandlung (Full
Mouth Disinfection, FMD) über einen längeren Zeitraum hinweg. Eine aktuelle Übersichtsarbeit zeigt,
dass es keine wesentlichen Unterschiede bei den klinischen Ergebnissen zwischen den verschiedenen
Protokollen gibt. Daher kann die Entscheidung des
Ablaufs nach Überlegungen des Praxisablaufs,
persönlicher Präferenz des Behandlers oder des Patienten getroffen werden [10]. Trotzdem kann eine
Behandlung nach dem Konzept von FMS und FMD
sinnvoll sein, denn sie ist häufig durch eine geringere Anzahl von Sitzungen rationeller und kann
einen positiven Einfluss auf die Patientenmotivation haben.
Antibiotika
Bei einer generalisierten schweren chronischen sowie aggressiven Parodontitis ist die Empfehlung der
DGZMK sowie der DG PARO, adjuvant ein systemisches Antibiotikum zu verordnen. Der Wirkstoffcocktail aus Metronidazol und Amoxicillin hat
sich hierbei am besten zur Reduktion der Taschentiefen bewährt [11-14]. Interessanterweise ist die
Wirkstoffkombination unabhängig vom subgingivalen Keimspektrum effektiv [15,16]. Daher sei
in diesem Zusammenhang noch die sicherlich am
häufigsten durchgeführte weiterführende Diagnostik, nämlich die mikrobiologische Analyse der subgingivalen Bakterienbesiedlung, erwähnt. Hierbei
werden Proben der subgingivalen Plaque entnommen und durch molekularbiologische Methoden wie
die Polymerase-Kettenreaktion oder DNA-Sonden
analysiert oder die Bakterienidentifikation erfolgt
durch Kultivierungsverfahren. Allerdings ist der
therapeutische Mehrwert einer solchen Keimbestimmung zu hinterfragen [17]. Dennoch kann die
mikrobiologische Testung im Einzelfall zur Bestätigung des klinischen Befundes oder zur Verlaufs-
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Initiale
Sondierungstiefen
Durchschnitt
Sondierungstiefenreduktion
Durchschnitt
Attachmentgewinn
4 mm – 6 mm
1,29 mm
0,55 mm
>
_ 7 mm
2,19 mm
1,19 mm
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Tab. 2: Zu erwartender Behandlungserfolg nach dem subgingivalen Debridement [52]
kontrolle durchgeführt werden und die Diagnostik
sinnvoll ergänzen. Weiterhin werden durch Neuerungen bei molekularbiologischen Verfahren weitere Parodontalpathogene identifiziert. So scheint
das erst kürzlich identifizierte Bakterium F. alocis
einen wichtigen Stellenwert bei der Entstehung einer
Parodontitis einzunehmen [18].
Insgesamt führt der Einsatz von adjuvanten systemischen Antibiotika bei Patienten mit einer
schweren Parodontitis zu einer weiteren Reduktion
der Anzahl von Taschen, die nach der antiinfektiösen Therapie eine weiterführende korrektive parodontalchirurgische Therapie benötigen [19]. Die
Entscheidung, ob die Gabe eines Antibiotikums
zusätzlich zum subgingivalen Debridement nötig
ist, sollte allerdings immer eine Einzelfallentscheidung sein.
Die Effektivität des Debridements wird durch den
Zahntyp und die initiale Sondierungstiefe beeinflusst. So bleiben bei tiefen Taschen vermehrt Restkonkremente zurück [23]. Weiterhin ist die subgingivale Reinigung von mehrwurzeligen Zähnen
deutlich reduziert [24,25], weswegen diese auch
schlechter auf die nicht-chirurgische Therapie ansprechen [26,27].
Bei der Reevaluation erhält der Patient erneute
Mundhygieneinstruktionen. Durch die mit der
parodontalen Ausheilung einhergehenden breiteren Interdentalräume ist eine Anpassung der Interdentalpflegehilfsmittel notwendig, um den Biofilm
weiterhin effektiv zu entfernen. Zusätzlich erfolgt
eine professionelle mechanische Plaqueentfernung
und Reinstrumentierung gegebenenfalls noch vorhandener Resttaschen.
Probiotika
An das Konzept der Full Mouth Disinfection lehnt
sich das Konzept der gezielten Rekolonisierung der
gereinigten Wurzeloberflächen mit Probiotika an,
was als Guided Pocket Recolonization bezeichnet
wird [20]. So scheint der Einsatz von L. reuteri nach
dem Debridement kurzzeitig klinisch relevante positive Effekte zu haben [21]. Allerdings ist die Studienlage noch nicht ausreichend, um eine generelle
Empfehlung für den Einsatz von Probiotika auszusprechen.
Was tun bei Resttaschen?
Sollten nach der nicht-chirurgischen Therapie noch
Resttaschen persistieren, kann das mehrere Ursachen und somit auch Therapiemöglichkeiten haben
(vgl. Abb. 1). Vorhandene Resttaschen stellen einen
Entzündungsherd dar, der zum weiteren Abbau des
Zahnhalteapparates führt. Insbesondere führen residuale Sondierungstiefen ≥ 6 mm zu einem weiteren
Fortschreiten des Attachmentverlusts [28,29].
Liegen nur wenige Resttaschen mit ≤ 5 mm vor, können diese im Rahmen der unterstützenden Parodontitistherapie regelmäßig konventionell gereinigt werden. So kann eine mehrfach wiederholte
subgingivale Reinigung dieser Taschen auf Dauer
zu deren Elimination führen [30]. Sind allerdings
generalisiert Taschen > 5 mm vorhanden, sollte über
eine weiterführende chirurgische Therapie zur Taschenelimination nachgedacht werden. Weiterhin
ist beim Vorhandensein von mit Taschen assoziierten anatomischen Gegebenheiten eine chirurgische
Lösung indiziert, da so die Ursache beseitigt wird.
Solche anatomischen Gegebenheiten können beispielsweise vertikale Knochendefekte, ungünstige
Wurzelformen oder Furkationen sein.
Wann sollte die Reevaluation erfolgen?
Das parodontale Gewebe benötigt einen ausreichenden Zeitraum für die Reorganisationsvorgänge.
Nach dem subgingivalen Debridement ist der Großteil der Heilung nach drei Monaten abgeschlossen.
Sie findet jedoch noch zu einem leichten Ausmaß
bis zu neun Monaten statt [22]. Der Erfolg des mechanischen Debridements zeigt sich in einer Reduktion der Sondierungswerte. Diese Reduktion ergibt
sich durch einen Gewinn an klinischem Attachment
sowie die Ausprägung von Rezessionen. In Tabelle 2
sind die Werte des zu erwartenden Behandlungserfolgs durch die konservative Parodontitsbehandlung abgebildet. Die Abbildungen 5a bis e zeigen
eindrucksvoll, welchen Erfolg die nicht-chirurgische
Therapie erzielen kann.
Chirurgie
Das subgingivale Debridement erzielt zwar sehr gute
Heilungsergebnisse bei moderaten Taschen, wird mit
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Abb. 5a bis e: Regeneration eines vertikalen Defekts am Zahn 21 durch subgingivales Debridement. a) Klinische Ausgangssituation des
Zahns 21 mit Sondierungswerten von 9 mm mit Pusaustritt. b) Ansicht von palatinal. c) Klinische Situation sechs Monate nach dem subgingivalen Debridement, deutliche Straffung der marginalen Gingiva, Rezessionsbildung, Sondierungswerte bis 4 mm. d) Röntgenologische
Ausgangssituation, mesial vertikaler Knochendefekt. e) Röntgenologische Situation sechs Monate nach dem subgingivalen Debridement,
autogene Regeneration des vertikalen Knochendefekts.
zunehmender Taschentiefe und Furkationsbeteiligung jedoch immer weniger effektiv [23-25]. Daher
ist bei einer schweren Parodontitis häufig ein parodontalchirurgisches Vorgehen notwendig.
Grundsätzlich sollte in der Parodontalchirurgie ein
mikrochirurgisches Konzept angewendet werden.
So wird mit Vergrößerungshilfen gearbeitet, es werden speziell für die Mikrochirurgie modifizierte Instrumente verwendet und es wird mit sehr feinem
Nahtmaterial, in der Regel der Stärke 5 – 0 oder
6– 0, genäht. Weiterhin wurden gewebeschonende
Schnitttechniken speziell für die regenerative Parodontalchirurgie entwickelt [31-33]. Diese haben das
Ziel, das Gewebe so wenig wie möglich zu traumatisieren und einen spannungsfreien, primären Wundverschluss zu erzielen.
Zugangslappen
Beim sogenannten Zugangslappen wird ein Mukoperiostlappen gebildet, sodass die Wurzeloberflä-
chen unter Sicht gereinigt werden können. Dies ist
sinnvoll, wenn Zahnbesonderheiten wie Einziehungen oder Überhänge eine gründliche Reinigung beim
geschlossenen Vorgehen behindern und keine ausgeprägten supra- oder intraalveolären Taschen
vorhanden sind. Weiterhin ist dieses Vorgehen in
ästhetisch wichtigen Situationen vorteilhaft.
Regeneration
Durch regenerative Maßnahmen werden verloren
gegangene Strukturen des Zahnhalteapparates wiederhergestellt. Klinisch werden Sondierungswerte
reduziert und ein klinischer Attachmentgewinn erzielt. Die am häufigsten angewandten Techniken zur
Therapie intraossärer Defekte sind die Verwendung
von Schmelz-Matrix-Proteinen und die gesteuerte
Geweberegeneration mithilfe von Membranen. Häufig werden beide Techniken mit dem zusätzlichen
Einsatz von autologem Knochen oder Knochenersatzmaterial kombiniert [34]. Der Einsatz des
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regenerativen Vorgehens ist allerdings limitiert. So
ist defektbezogen eine tiefe, intraossäre Komponente mit einem kleinen Defektwinkel und möglichst vielen Knochenwänden für den Erfolg regenerativer Verfahren optimal [35,36]. Patientenbezogene Faktoren wie die Mundhygiene und Compliance sowie die parodontale Restinfektion, der
Allgemeinzustand und der Raucherstatus spielen
ebenfalls eine Rolle für den Therapieerfolg [37].
Begrenzter ist die Indikationsstellung bei der Regeneration von interradikulärem Attachment. So
ist durch die Guided Tissue Regeneration (GTR) bei
intraalveolären bukkalen Grad II-Furkationen sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer eine Defektauffüllung zu erzielen. Ein komplettes Schließen
der Furkation wird allerdings nur selten erreicht.
Der Erfolg ist bei approximalen Furkationsarealen
hingegen nicht vorhersagbar. Furkationen des Grades III können nicht durch regenerative Maßnahmen verbessert werden. Der Einsatz von autologem
Knochen oder Knochenersatzmaterialien scheint den
Effekt der GTR zu unterstützen. Für eine Regeneration durch die Applikation von Schmelz-MatrixProteinen gibt es bislang für den Furkationsbereich
nur begrenzte Daten. Dennoch scheint das Einbringen dieser Proteine eine klinische Verbesserung bei
bukkalen Grad II-Furkationsdefekten bei Unterkiefermolaren zu bewirken [38].
Resektive parodontalchirurgische Maßnahmen
Das Standardverfahren der resektiven Parodontalchirurgie ist der apikale Verschiebelappen mit Osteoplastik beziehungsweise begrenzter Osteotomie zur
Beseitigung von Knochenwülsten und flachen bis
moderaten Knochentaschen [39]. So wird die physiologische, positive Konfiguration des Alveolarknochens und Parodonts auf verringertem Niveau wiederhergestellt. Resttaschen werden vorhersagbar beseitigt und eine stabile parodontale Situation geschaffen, die für den Patienten leicht und effektiv
zu reinigen ist. Ein apikaler Verschiebelappen ist
bei Resttaschen im Seitenzahngebiet indiziert, die
nicht für eine Regeneration geeignet sind.
Beim Vorliegen von fortgeschrittenen Furkationsbeteiligungen stellen parodontalchirurgisch-resektive Verfahren eine gute Möglichkeit zur Elimination des Furkationsraums oder zumindest zur
Schaffung eines Zugangs zur Optimierung der Reinigungsfähigkeit dar. Durch die Anpassung der
interradikulären Anatomie kann eine suffiziente
Plaqueentfernung durch den Patienten gewährleistet werden [40].
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Bei fortgeschrittener Furkationsbeteiligung ist zu
überprüfen, ob ein Zahnerhalt durch weiterführende parodontalchirurgische Maßnahmen wie
eine Wurzelamputation, Hemisektion, Tunnelierung oder Prämolarisierung möglich ist. Voraussetzungen hierfür sind ein ausreichendes Restattachment sowie das Vorliegen einer günstigen Wurzelanatomie [40]. Zu berücksichtigen sind allerdings
auch Aspekte jenseits der parodontologischen Möglichkeiten des Zahnerhalts wie beispielsweise die
erfolgreiche endodontische Therapierbarkeit des
Zahns und dessen prothetische Bedeutung.
Die Überlebensraten für resektiv behandelte furkationsbefallene Zähne werden in der Literatur mit
Werten von 62 bis 100 Prozent über einen Beobachtungszeitraum von 5 bis 13 Jahren angegeben. Die
Misserfolge sind vorwiegend auf endodontische
Komplikationen sowie Wurzelfrakturen und -karies
und weniger auf eine progrediente parodontale
Destruktion zurückzuführen [41]. Die gründliche
Plaqueentfernung und regelmäßige Fluoridierung –
sowohl häuslich als auch professionell – ist daher
enorm wichtig [42]. Weiterhin stellen die unterstützende Parodontitistherapie sowie die gute Mundhygiene des Patienten entscheidende Einflussfaktoren für die Überlebensrate von resektiv behandelten
Molaren dar [43,44].
Eine neue resektive Operationstechnik wurde 2007
von Carnevale veröffentlicht. Die sogenannte Fibre
Retention Osseous Resective Surgery besteht darin,
dass hier nicht der Boden der Knochentasche, sondern das bindegewebige Attachment als Referenz
für die Knochenchirurgie gilt [45]. Dieses Verfahren
führt zu einer Elimination intraalveolärer Knochentaschen und zur Gestaltung einer positiven Knochenarchitektur bei gleichzeitig geringerer Knochenresektion. Durch diese Methode können Resttaschen effektiv beseitigt werden und Zähne dauerhaft mithilfe der unterstützenden Parodontitistherapie erhalten werden [46,47]. Grundsätzlich sollten die behandelten Zähne für dieses Verfahren
lange Wurzeln besitzen [48].
Erhalt stark parodontal geschädigter Zähne
Interessante Ergebnisse liefert eine Studie von Cortellini et al., in der die Überlebensrate regenerativ
therapierter, parodontal-prognostisch hoffnungsloser Zähne mit einem initialen Attachmentverlust bis zum Apex untersucht wurde [49]. Die FünfJahres-Überlebensrate der parodontal-regenerativ
therapierten Zähne lag bei erstaunlichen 92 Prozent. Diese Studie zeigt eindrucksvoll, dass regene-
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rative Maßnahmen bei hoffnungslosen Zähnen mit
starkem Attachmentverlust zu einer Prognoseverbesserung führen können und in ausgewählten Fällen
eine Alternative zur Extraktion darstellen.
Unabhängig vom jeweiligen Verfahren der parodontalen Therapie ist die unterstützende Parodontitistherapie ein wesentlicher Faktor, der über die
Prognose parodontal kompromittierter Zähne entscheidet. So konnte gezeigt werden, dass selbst parodontal schwer geschädigte Zähne mit einem initialen Knochenabbau von 60 bis 80 Prozent nach der
Therapie mit einer regelmäßigen parodontalen
Nachsorge zu 93 Prozent über einen Zeitraum von
zehn Jahren erhalten werden konnten [50]. Demnach scheint nicht der initiale Knochenabbau der
prognostisch entscheidende Faktor zu sein, sondern
vielmehr die suffiziente Therapie mit regelmäßiger
parodontaler Nachsorge.
Unterstützende Parodontitistherapie (UPT)
Die sekundäre Prävention der Parodontitis besteht
darin, eine weitere Progression oder Rekurrenz der Erkrankung zu vermeiden. Das heißt, weiterer Attachment- und/oder Knochenverlust soll verhindert werden. Durch regelmäßiges Sondieren und Anfertigen
von Röntgenbildern im Bedarfsfall wird dies klinisch
überprüft. Nach Abschluss der „aktiven Phase“ der
Parodontitistherapie werden die Patienten in das
Programm der unterstützenden Parodontitistherapie überführt. Optimalerweise hat der Patient zu diesem Zeitpunkt keine persistierenden tiefen Taschen
(≥ 5 mm) mehr und weist keine Entzündungszeichen
im Sinne einer Blutung oder Suppuration auf.
2015 fand der 11. European Workshop on Periodontology zu dem Thema Prävention statt [51].
Demnach sollte das UPT-Intervall in Abhängigkeit
patientenspezifischer Risikofaktoren zwischen zwei
bis vier Mal pro Jahr betragen. Weiterhin sollte dem
Patienten der Sinn des dauerhaften UPT-Programms
verdeutlicht werden, da sich eine fehlende Compliance und eine unregelmäßige Teilnahme negativ
auf den langfristigen Behandlungserfolg auswirken.
Bei den Sitzungen sind eine Mundhygieneinstruktion, -übung und die Remotivation wichtig. Weitere
integrale Bestandteile der UPT sind die parodontale
Untersuchung und die professionelle mechanische
Plaqueentfernung aller Zähne sowie die subgingivale Instrumentierung in Bereichen mit Sondierungswerten ≥ 5 mm (Abb. 6). Darüber hinaus empfiehlt
es sich, den Patienten auf Verhaltensgewohnheiten
im Sinne eines gesunden Lebensstils hinzuweisen
(z. B. Raucherentwöhnung, Kontrolle von Begleiterkrankungen). Durch die regelmäßige Teilnahme
an der UPT können die Krankheitsprogression und
der Zahnverlust deutlich reduziert werden.
Fazit
Dank zahlreicher Fortschritte in der Parodontitistherapie sind vorhersagbar gute Ergebnisse durch
ein sorgfältiges subgingivales Debridement zu erzielen. Dennoch können nach der antiinfektiösen
Therapie Residualtaschen verbleiben. Zur Beseitigung persistierender Resttaschen kann eine Vielzahl therapeutischer Möglichkeiten eingesetzt werden. In den letzten Jahren wurden die chirurgischen Konzepte immer weiter verfeinert, um so den
Behandlungserfolg zu optimieren. Ein weiterer entscheidender Faktor für den langfristigen Zahnerhalt
ist die Durchführung einer regelmäßigen parodontalen Nachsorge.
Korrespondenzadressen:
Dr. Lisa Hierse
DG PARO Spezialistin für Parodontologie®
Zahnärztliche Gemeinschaftspraxis Dres. Hierse
Ernst-Reuter-Allee 28, 39104 Magdeburg
[email protected]
Priv.-Doz. Dr. Moritz Kebschull
Oberarzt
Fachzahnarzt für Parodontologie,
DG PARO Spezialist für Parodontologie®
Poliklinik für Parodontologie, Zahnerhaltung und
Präventive Zahnheilkunde
Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde
Universitätsklinikum Bonn
Welschnonnenstraße 17, 53111 Bonn
[email protected]
Abb. 6: Ablauf einer Sitzung der unterstützenden Parodontitistherapie
Literatur bei den Verfassern