Prim. Dr.in Eva Maria Uher

Prim. Dr.in Eva Maria Uher
Leiterin des Instituts für Physikalische
Medizin und Rehabilitation
Schwerpunktkrankenhaus Mistelbach
Zur Person
Name
Jahrgang
Familienstand
Kinder
Wohnort
Institution
Position
Eva Maria Uher
1961
Tochter (12 J.), Sohn (2 J.)
Wien
Schwerpunktkrankenhaus Mistelbach
Primaria des Institutes für Physikalische
Medizin und Rehabilitation
Eva Maria Uher:
Führungskraft mit Forschergeist
Zum Beruf
Prim. Dr.in Eva Maria Uher ist Fachärztin für physikalische Medizin (Rehabilitation des
Bewegungsapparates). Als Medizinische Leiterin am KH Mistelbach ist Prim. Uher sowohl
für die PatientInnen als auch für das Management ihres Institutes verantwortlich. Neben
der PatientInnenbetreuung kümmert sie sich zusätzlich um organisatorische Aufgaben wie
Personalführung oder Schnittstellenmanagement. 2004 bekam Eva Maria Uher vom Land
Niederösterreich den Auftrag, das Institut für Physikalische Medizin in Mistelbach aufzubauen, davor war sie Primaria des Institutes für Physikalische Medizin und Remobilisation
im Waldviertelklinikum Horn. Mit 2005 übernahm sie die Leitung der neuen Abteilung in
Mistelbach mit insgesamt 36 MitarbeiterInnen.
Eva Maria Uher
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Beruflicher Werdegang
Nach ihrem abgeschlossenen Medizinstudium und den erfolgreich absolvierten Studienaufenthalten in den USA hatte sich Dr.in Eva Maria Uher eigentlich sofort eine Ausbildungsstelle erhofft. Angesichts der Ärzteschwemme in den 90er Jahren war das nicht möglich.
Eine Stelle als Sachbearbeiterin bei der Krankenversicherung der Wiener Städtischen war
die passende Übergangslösung, um erste Joberfahrungen zu sammeln. Ihr damaliger
Ehemann stellte ihr Prof. Dr. Krepler, den ärztlichen Direktor des AKH, vor.
„Ich wollte gerne mit ihm arbeiten und mehr erfahren über das Krankenhauswesen und
zwar aus Sicht des Managements. Nach dem Interview hat Prof. Krepler mir das Organigramm der ärztlichen Direktion gezeigt. Ich habe den für mich spannendsten Bereich
herausgesucht - das war das medizinische Bereichscontrolling.“
Als erste Frau in der Position der Direktionsassistentin baute Dr.in Uher mit Prof. Dr. Krepler
die neue Direktion des AKH auf. Danach wurde sie Universitätsassistentin für Physikalische
Medizin, ab 1997 Oberärztin. Weitere wissenschaftliche Auslandsaufenthalte in London
und Ljubljana folgten. Im Jahr 2000 bewarb sich die Ärztin für das Primariat für physikalische und rehabilitative Medizin in Horn. Drei Jahre lang baute sie die Abteilung auf, dann
bekam sie ihr zweites Kind. Nach der Karenz erhielt Prim. Uher 2004 vom Land Niederösterreich den Auftrag, das Institut für Physikalische Medizin und Rehabilitation im
KH Mistelbach aufzubauen, deren Leiterin sie 2005 wurde.
Motivation
Eva Maria Uher hatte sich schon im Jugendalter für die Medizin interessiert. Schon früh
hatte die angehende Ärztin die sozialmedizinischen Aspekte, die Geschlechterrollen und
Förderung von Frauen im Medizinbereich im Auge. Die Gynäkologie hätte ihr Spezialgebiet werden sollen. Aus organisatorischen Gründen wurde die Abteilung beim Übersiedlungsplan in das neue AKH nachgereiht, eine Ausbildungsstelle rückte somit in die Ferne.
Die erste Abteilung, die übersiedelte, war hingegen die Physikalische Medizin. „Ich
erhielt die Aufgabe, die Betriebsorganisation aus Sicht der Nutzer zu begleiten. Das Fach
schien sehr interessant zu sein, aber ich fühlte, dass ich an einem Schnittpunkt in meinem
Leben angekommen war. Ich war schon zwei Jahre weg aus dem direkten Patientenkontakt und wusste, dass ich im Management bleiben würde, wenn ich jetzt den Kontakt zur
Medizin nicht mehr knüpfe.“ Dr.in Eva Maria Uher entschied sich für einen Wechsel. „Die
Physikalische Medizin“, so die Ärztin weiter, „war nicht meine primäre Idee, aber ich habe
sie sehr zu schätzen gelernt. Näher am Patienten, an seinen Bedürfnissen ist wohl kaum
ein anderes Fach. Viele medizinische, sozialmedizinische und humanitäre Aspekte vereinen sich in ihm!“
Werdegang
1988
1988-1989
1989-1990
1990-1997
1997-2000
2000-2004
Seit 2005
Promotion Medizin in Wien (Auslandsaufenthalte in den USA)
Medizinische Sachbearbeiterin bei der Wiener Städtischen
Versicherung
Ärztliche Direktion des AKH Wien, Stabstelle für medizinische
Planung und Bereichscontrolling
Univ. Assistentin an der Klinik für Physikalische Medizin und
Rehabilitation, Universität Wien
Oberärztin an der Klinik für Physikalische Medizin und
Rehabilitation, Universität Wien
Institutsleitung Physikalische und rehabilitative Medizin am
Waldviertelklinikum Horn
Ärztliche Leitung des Institutes für Physikalische Medizin im
LKH Mistelbach
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Primaria
Vorbilder
… und die weniger positiven Seiten?
Spezielle Vorbilder hatte die Ärztin keine. „Wenn Sie aufmerksam mit Menschen sprechen, gibt es viele Aspekte, die einem zum Vorbild für verschiedene Situationen im Leben
werden können.“ MentorInnen findet Prim. Uher wichtig. Heute würde sie Prof. Dr. Krepler, den Direktor des AKH Wien als ihren wichtigsten Mentor nennen, denn er war ein guter Vorgesetzter und kritischer Diskussionspartner. Es ist ihr daher ein großes Anliegen,
Mentoring-Programme zu unterstützen. „Man braucht Vertraute. Diese können helfen,
Unsicherheiten abzubauen, Fehler oder unnötige Umwege zu vermeiden.“
Die Schwierigkeit mancher Systeme auf die Bedürfnisse einer Führungskraft und Mutter
einzugehen: „anders als zum Beispiel in Skandinavien spürt man hier rasch eine Grenze.
Entweder Sie sind Mutter oder Leitungskraft.“ Schwierig ist auch die Situation für Frauen in
der Wissenschaft. „Die Netzwerke für Frauen sind noch nicht so tragfähig. Das neue Ausbildungs- und Besoldungssystem an der Universität und die daraus entstehende Art der
Karriereplanung könnten für Frauen in der Wissenschaft wieder mehr Hürden bedeuten.“
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Was gefällt Ihnen am besten an Ihrem Beruf?
In der Kinderbetreuung hat Dr.in Uher immer gemeinsam mit ihren jeweiligen Partnern die
bestmögliche Lösung gefunden. Ihr erster Ehemann war einer der Vorreiter in Österreich,
was die Väterkarenz betrifft. Auch beim zweiten Kind ging die Ärztin nur das erste Jahr in
Karenz, der Partner war im zweiten Jahr teilzeitbeschäftigt. Allerdings: Für sie als Universitätsassistentin war beim ersten Kind eine Karenz nicht gleich Karenz, da sie aus finanziellen Gründen und der Notwendigkeit, fachlich am Ball zu bleiben, immer nebenbei arbeiten musste. Heute wird ein Teil der Kinderbetreuung einer sorgfältig ausgesuchten Kindergrippe übergeben, „…und wenn ich zu Hause bin, bin ich dann ganz bewusst Mutter.“
Die Kombination von PatientInnenbetreuung und Management sowie gestalterisch tätig
sein zu können, gefällt der Ärztin am besten. Als physikalische Fachärztin kann sie für PatientInnen viel bewirken, diese in die Gesellschaft reintegrieren und ihre ganze medizinische Kompetenz einsetzen. Die physikalische Medizin ist ein äußerst integrativer Bereich
und erfordert eine einfühlsame Grundhaltung. Prim. Dr.in Uher arbeitet mit vielen unterschiedlichen Berufsgruppen wie ErgotherapeutInnen, PhysiotherapeutInnen und MasseurInnen zusammen. Ein weiterer positiver Aspekt ihrer Arbeit ist für Prim. Uher die Möglichkeit, ihrer Forschungstätigkeit nachgehen zu können: Durch ihr Interesse für die Gynäkologie hat sie als spezielles Forschungsgebiet die Inkontinenz gewählt und die
Therapieform „Biofeedback“ für ihr Fach in Österreich etabliert, worauf sie sehr stolz ist.
Mittlerweile hat die Ärztin auch eine Gruppe für Männer mit Kontinenzproblemen etabliert, denn auch im Bereich der „Gender Medicine“ kommt Uher und ihrer Abteilung
eine Vorreiterrolle zu.
Eva Maria Uher
Ihre größten Erfolgsmomente …
Im privaten Bereich gehörten die Geburten ihrer Kinder zu den schönsten Erlebnissen. Im
Beruf gibt es vieles, auf das die Ärztin stolz ist: Die ersten Publikationen, die Anerkennung
der anderen Fachärzte, die Primariate. Sie ist Mitbegründerin der Plattform „Frauen in der
Wissenschaft“, die den Jahrespreis der Universität Wien 1997 erhielt. Diese offizielle
Anerkennung für den Beginn des Mentoring-Systems an der Universität* war ein besonderes Highlight. Ein großer Erfolg war auch das Projekt „METIS“*, das Prim. Uher mit Hilfe des Landes NÖ initiiert hat, um Tabu-Themen wie Brustselbstuntersuchung und Inkontinenzvorbeugung aufzugreifen.
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… und Hürden?
Persönliche Tipps von Prim. Dr.in Eva Maria Uher
Die Karenzzeit nach der zweiten Schwangerschaft war eine schwierige Phase. „Ich war über
40, hatte eine zehnjährige Tochter, eine leitende Position, drei schwierige Aufbaujahre hinter mir … und wo ich gedacht habe, ich bin in der Konsolidierungsphase, kann die Früchte
meiner Arbeit ernten - da bin ich schwanger geworden.“ Eva Maria Uher hat eine sehr
herzliche Beziehung zu ihren Kindern und hat aus den Erfahrungen in deren Erziehung
gelernt, dass ein „Ja“ zu einem Kind ein wirkliches „Ja“ sein sollte. Diese Überlegung hat
sie auch dazu bewogen, in Karenz zu gehen, denn Teilzeit war nicht möglich. „Die Karenz
hat einiges in Frage gestellt: Wie viel kann und will ich mir zumuten? Wie können Beruf
und Familie in Balance gehalten werden?“ Eine Übersiedlung nach Wien ihrer Tochter
zuliebe, verstärkte die Logistikprobleme. Im Gespräch mit dem Waldviertelklinikum und
dem Land NÖ versuchte Prim. Dr.in Uher eine optimale Lösung zu finden: „Plötzlich“, so
Eva Maria Uher, „wie immer wenn alles sehr schwierig aussieht, geht irgendwo eine Tür
auf, und es gab die Gelegenheit, in Mistelbach das Institut für physikalische Medizin aufzubauen.“ Eine Gelegenheit, für die Prim. Uher heute den Beteiligten sehr dankbar ist.
• Wesentliche Kriterien für die Berufswahl sind: Sich selbst, die eigenen Stärken und
Schwächen einschätzen zu lernen und Mut zu unkonventionellen Entscheidungen
zu entwickeln. Ziele, auch Lebensziele, können sich ändern, davor sollte man keine
Angst haben.
• Es ist wichtig, kritisch die Berufswahl zu hinterfragen, ob sie wirklich zu einem
passt. Regelmäßig Bilanz über Ziele und Erreichtes ziehen: will ich wirklich so
leben?
• Praktika sollten schon während der Schulzeit (z.B. Schnupperpraktika) oder
zumindest in den Ferien absolviert werden. Prim. Uher schlägt auch vor, Gespräche
mit Menschen zu suchen, die im Wunschberuf arbeiten, um einen realistischen
Eindruck zu gewinnen.
• Für eine leitende Position ist eine Karriereplanung von Anfang an notwendig.
Auslandsaufenthalte zählen zu den wichtigsten Erfahrungen im Berufsleben,
notwendig sind auch gute Organisation und Zeitmanagement.
Wie geht es Ihnen als Frau in Ihrer Führungsposition?
• Nur die berufstypischen Aus- und Fortbildungen wahrzunehmen, reicht nicht aus,
auch die sozialen Kompetenzen sind zu entwickeln. Netzwerke schaffen, andere
Frauen unterstützen, das sind Kernkompetenzen.
Als Frau, so Eva Maria Uher, bemerkt man manchmal eine gläserne Decke, „…Sie sehen
durch, aber Sie können sie nicht verschieben. Ich nehme sie dann wahr, ich versuche sie
zu umgehen und wenn es nicht geht, dann sehe ich diesen Umstand als veränderungswürdige Schwäche im System. Dennoch kann ich sagen: Ich bin stolz, mir diese tolle
Karriere erarbeitet zu haben und habe sehr wohl bewiesen, dass es möglich ist, in
Toppositionen Familie und Beruf zu vereinbaren.“
*
Links
Medizinische Universität Wien
www.meduniwien.ac.at
METIS / meet tabus in society
metis.ncc.at
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Primaria