Yacht: Test - Sonate Ovni 345

YACHT-TES T
Zweck statt Optik
Sie ist solide, schiffig, funktionell und schon durch ihr Rumpfmaterial eine
besondere Yacht. Die SONATE OVNI 345 aus Aluminium kann zudem durch
Klappruder und Integralschwert flache Gewässer befahren und trockenfallen
o richtig schön ist es ja nicht, was
unter dem Namen „Sonate Ovni“
die Werfthallen in Les Sables
d’Olonne an der französischen Atlantikküste verlässt: Die teils klar lackierten und somit mausgrauen Aluminiumrümpfe mit dem Multi-Knickspant werden keinen Designpreis gewinnen. Sollen sie auch nicht: Die Werft hat längst
ihre Nische und das Mittel dazu gefunden, und das heißt „dérive intégrale“, zu
Deutsch Integralschwert.
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Die Flossen der Ovnis lassen sich
komplett in den Rumpf einschwenken
und ermöglichen in Kombination mit
einem hochklappbaren Ruder das Befahren flacher Gewässer sowie das Trockenfallen. Darüber hinaus gelten die
schiffig anmutenden Aluminiumrümpfe als robust und solide. Bestätigt wird
dieser Ruf dadurch, dass unzählige
Weltumsegler – unter ihnen der Langfahrtexperte Jimmy Cornell – mit Ovnis
auf Blauwasserreise unterwegs sind.
Konzept
Ein Schiff für raue Tidengewässer
Die Ovni 345 ist bereits seit 1997 auf
dem Markt und wurde bislang 30-mal
verkauft. Der Tiefgang lässt sich von 2,10
Meter auf superflache 0,58 Meter reduzieren. Das Schwert verschwindet
dann in einem Kasten, auf den der
Salontisch montiert ist. Das Ruder wird
per Hydraulik hochgeschwenkt. Es ist
an einen großflächigen Skeg angehängt,
der bis unter die Maschine reicht und in
Markante Optik: Multi-Knickspant,
Alu naturfarben, Antennenträger und
eine feste Scheibe mit Sprayhood
DIE WERFT
Yachten aus Alu und GFK
Die Werft Alubat wurde 1972 gegründet
und produziert in Les Sables d’Olonne an
der französischen Atlantikküste – dort,
wo Start und Ziel für die Nonstop-Einhand-Regatta Vendée Globe Challenge
ist. Die 40 bis 50 Mitarbeiter bauen jährlich rund 25 Yachten in drei Typenlinien
aus Aluminium: Die Reihe Sonate Ovni
steht für Multi-Knickspanter mit Integralschwert in den Größen 30 bis 56 Fuß. Das
meistverkaufte Schiff ist die Ovni 36,
gefolgt von der 345 und der 43. Die Linien
Cigale (14 bis 18 Meter) und Lévrier des
Mers (12 bis 16 Meter) bezeichnen Festkielyachten mit Rundspant.
1997 hat Alubat die Werft Kirié („Feeling“) übernommen, um das Angebot
durch GFK-Yachten zu ergänzen. Kirié
agiert jedoch weiter als eigenständiger Betrieb auf
dem Markt.
dem die Welle läuft. In einer Aussparung der Skegfläche sitzt der Propeller.
Diese Maßnahmen schaffen in Kombination mit der geraden, zehn Millimeter
dicken Bodenplatte beste Voraussetzungen zum Trockenfallen. Das grundsolide Schiff ist dadurch ein idealer
Untersatz für Tidengewässer wie das
Wattenmeer oder die englischen und
französischen Küsten.
Für den Innenraum gibt es verschiedene Varianten: Die Zwei-KammerVersion mit einem größeren Bad inklusive Ölzeugschrank und opulenter
Backskiste und die Drei-KammerVersion. Beide Typen sind mit zwei
Pantry-Anordnungen erhältlich: ent-
Die ZweiKammer-Version
ist normalerweise mit
dieser längsgerichteten
Pantry ausgestattet. Das
Testschiff verfügte über einen
anderen Innenausbau; Eignerwünsche sind bei Alubat möglich
weder längsorientiert
mit dem Kocher weiter
vorn oder direkt am
Niedergang. Auf weitere Eignerwünsche kann die Werft zum Teil eingehen,
da die Alu-Konstruktion tragende und
somit an bestimmter Stelle einzubauende Schotten überflüssig macht.
Konstruktion
Plattenbau aus Aluminium
Die Aluplatten werden über einem
Spantengerüst verschweißt. Zwischen
Mittschiffslinie und Deck gibt es pro
Rumpfseite drei Längsknicke in der
Außenhaut. Die Form erinnert an einen
Trapezspant, wie er in den 80er Jahren
auf GFK-Yachten üblich war.
Das Schwert ist ein mit Blei ausgegossener Alu-Hohlkörper. Um Elektrolyse zu vermeiden, sind die beiden
Metalle durch eine Schicht Epoxidharz
voneinander getrennt. Dieses Verfahren
wendet die Werft auch in der Bilge an,
wo der Innenballast lagert. Dieser interne Ballast und das rund 100 Kilo- 3
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DATENBL ATT
Konstrukteur
Joubert/Nivelt
CE-Entwurfskategorie
A, Hochsee
Lüa (Rumpflänge)
10,95 m
Gesamtlänge
11,40 m
LWL (Wasserlinienlänge)
9,00 m
Breite
3,60 m
Tiefgang (Integralschwert)
0,58–2,10 m
Theoretische Rumpfgeschwindigkeit
7,29 kn
Gewicht
5,0 t
Ballast/-anteil
2,8 t/56 %
Masthöhe über Wasserlinie
14,83 m
Großsegel (Rollgroß)
26,00 m2
Rollgenua
40, 00 m2
Segeltragezahl*
4,7
Maschine
Volvo 2030, 22 kW/30 PS
Kraftstofftank
Aluminium/150 l
Frischwassertank
Kunststoff/300 l
Fäkalientank
Aluminium/150 l
Kojen/Kojen Charterversion
4/6
Vorschiffskoje (mit Brett)
2,38/1,83 x 1,79/1,53 m
Achterkoje
2,00 x 1,65 x 1,34 m
Salonkoje
1,83 x 0,50 m
Stauraum Vorschiff
630 l
Stauraum Salon/Navigation/Pantry
1300 l
Stauraum Achterkammer
604 l
Stauraum Backskisten
2237 l
Stauraum Nasszelle
703 l
Höhe Vorschiff
1,91 m
Höhe Salon
1,88 m
Höhe Achterkammer
1,84 m
Höhe WC-Raum
1,89 m
Rumpf- und Decksbauweise Deck (4–6 mm) und Rumpf
(4–10 mm) aus Aluminium. Multi-Knickspanter. DeckRumpfverbindung und Schotten im Rumpf verschweißt
Grundpreis ab Werft
249 200 Mark
Motor, Großsegel, Vorsegel, Schoten, Reling, Polster,
Lenzpumpe, WC, Pantry/Kocher, Kühlfach, Segelkleid,
Antifouling
inklusive
Festmacher, Fender
450 Mark
Feuerlöscher
80 Mark
Anker/Leine
800 Mark
Kompass
250 Mark
Positionslaternen
567 Mark
Fäkalientank mit Absaugung
2500 Mark
Zuwasserlassen/segelklare Übergabe
2000 Mark
Preis segelfertig (YACHT-Definition)
255 847 Mark
Werft Alubat, 85180 Le Château d’Olonne, Frankreich
Vertrieb Süd: Glab Yachting, Karlstraße 30, 73433
Aalen; Tel. 07361/97 18 58. Nord: Yachtcharter Jung,
Grauwisch 54, 23774 Heiligenhafen; Tel. 04362/90 09 01
* Dimensionslose Zahl. Berechnung: 2√S/3√V. Je höher der Wert, desto mehr
Segelfläche hat das Schiff in Relation zur Verdrängung
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Die kleinere Pantry des Testschiffes stammt von
der Charterversion. Die Eisbox
liegt in der Mitte
hinter dem Rohr
für die Schwerttalje; im Durchgang zum Salon
entsteht durch
eine Klappe
Arbeitsfläche.
Der WC-Raum
verfügt über
einen offenen
Ölzeugschrank.
Die Achterkoje
wird innen recht
flach. Die Navigation hat
reichlich Platz
für Geräte
gramm schwere Schwert kommen auf
einen Gewichtsanteil von 56 Prozent
am gesamten Bootsgewicht.
Segeleigenschaften
Die Wenden laufen etwas träge
Der Atlantik vor Les Sables
d’Olonne empfängt uns mit gut 4
Beaufort. Die voll ausgestattete Ovni
345 setzt das am Wind in rund 5
Knoten bei einem Wendewinkel von knapp
80 Grad um. Das ist
kein berauschender Wert. Die Lage
beträgt um die 20
Grad; der Ruderdruck ist ausreichend und noch
nicht
übermäßig
entwickelt.
In den Wenden dreht das 3
Der großflächige Skeg
schützt die Schraube
beim Trockenfallen
ma
ra
nk
nor
SEGELLEISTUNG
l
S TABILITÄT
steif
sehr steif
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Wohnen & Ausbauqualität
Einladend trotz Metallrumpf
Die Aufteilung des Innenraums und
seine Gestaltung überzeugen auf voller
Länge und Breite. Von nacktem, kaltem
Die manuelle
Hydraulikpumpe für
das Ruderblatt sitzt
in einer Backskiste.
Fünf Hübe genügen,
um die am Skeg
angehängte Flosse
zu liften. Pfiffig:
Das Gräting auf dem
Plichtboden verwandelt sich mit wenigen Handgriffen in
einen ausgewachsenen Cockpittisch
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ra
hr
se
n
16
k
14
–
Reffpunkt: 17–18 kn
Für den theoretischen
Reffpunkt bei einer
Krängung von 20 Grad gilt die
wahre Windgeschwindigkeit
40° 5,0 kn
60° 5,8 kn
Die gemessenen Geschwindigkeiten basieren auf diesen Bedingungen.
Das Boot wurde mit ungerefftem Rollgroßsegel und Rollgenua
gesegelt
Alu keine Spur. Der Schwertkasten stört
kaum, der Ausbau in heller Ulme gefällt, der WC-Raum ist mit einem in
Längsrichtung eingebauten WC und Ölzeugschrank ausgestattet. Rumpf- und
Aufbaufenster sowie Luken (vier im Salon) lassen genug Licht und Luft unter
Deck; eine Permanentbelüftung fehlt
aber. Dennoch: Das Schiff war derart
trocken, dass der Eigner sogar seine
Bettwäsche im nackten Stauraum hinter der Achterkammer gelagert hatte.
Dieser Stauraum wird erst dadurch
nutzbar, dass die Schubstangen-Steuerung unter einem Gräting am Cockpitende untergebracht ist – eine geradezu
geniale Lösung, weil so die Anlage jederzeit inspiziert werden kann.
Die Aluminiumarbeiten an und unter Deck gefallen durchweg. Einzig der
Holzausbau ist in schwer einsehbaren
Bereichen etwas ruppig geraten.
Das Rigg war mit einem gut funktionierenden Rollreffbaum von Profurl
(Extra) bestückt. Das recht flache Großsegel stand zufriedenstellend. Die
Genua jedoch war auf dem zwei Jahre
alten Testschiff schon ziemlich auf. Die
Holepunkte sind nur über Federbolzen
zu justieren; wünschenswert wäre eine
vom Cockpit aus bedienbare Leinenverstellung. Großschot und Genuawinschen liegen außerhalb des Armradius
vom Rudergänger, wodurch das Schiff
Vorschiff: 67 dB(A)
leise
Achterkajüte: 78 dB(A)
Segelfläche: Großsegel 26,00 m2, Vorsegel 40,00 m2
normal
Kajüte: 73 dB(A)
Testbedingungen: Windgeschwindigkeit 14-16 kn,
Windstärke 4–5 Bft., Wellenhöhe zirka 0,4 m
laut
Plicht: 76 dB(A)
130° 6,1 kn
80 dB(A)
180° 5,6 kn
SCHALLDRUCKPEGEL
65 dB(A) 75 dB(A)
90° 5,9 kn
Ausrüstung & Technik
Die Bedienung ist nicht optimal
Trocken-Schiff: Schwert rein, Ruder hoch, und
das Boot kann sich auf seine Bodenplatte legen
nk
Wendewinkel ca.80°
Schiff etwas träge, wozu die große Skegfläche beitragen dürfte. Erfreulich und
Zeichen einer guten Anlage ist die Tatsache, dass das Schwert über die 1:4Talje und eine Fallenwinsch auch bei
Lage – also unter Druck – nach oben geholt werden kann. Somit ist die Einfahrt
in ein flacheres Gewässer unter Segeln
möglich, wobei sich das Schiff natürlich
mit der abnehmenden und nach achtern verschobenen Lateralfläche zunehmend schlechter segeln lässt.
Der Volvo Penta 2030 mit 22 kW/30
PS schiebt das Schiff über den dreiflügeligen Festpropeller unter Marschfahrt (2700 Umdrehungen pro Minute)
auf eine Geschwindigkeit von 6,6 Knoten. Die Geräuschentwicklung liegt
dabei im leisen bis normalen Bereich.
Die Ovni ist normal und selbst rückwärts problemlos in beide Richtungen
zu drehen.
Gemessen in Marschfahrt
(80 % der Höchstdrehzahl): 6,6 kn, 2700 min-1
nicht einhandtauglich und auch mit kleiner Crew nicht ganz leicht zu bedienen
ist. Die Positionierung der Genuawinschen weit im Cockpit am Niedergang
wiederum vereinfacht das Kurbeln.
Auffälligkeiten unter Deck: Insgesamt hielten die Installationen des
Motor-, des Wasser- und des Elektrosystems einer kritischen Begutachtung
stand. Eine Ausnahme bildete der Anschluss vom Kocher an die Gasleitung
mit einer Schlauchschelle, was nach
deutscher Gasnorm nicht zulässig ist.
Fridtjof Gunkel
FAZIT
Ehrlich, robust, vielseitig
Die Ovni 345 wird dem Eindruck gerecht,
den sie schon auf den ersten Blick macht:
Sie ist ein durchweg funktionelles und
funktionierendes Schiff. Sie ist sowohl
für die Hochsee als auch durch den variablen Tiefgang für Flach- und Tidengewässer geeignet. Der Preis ist im Vergleich
zur GFK-Konkurrenz jedoch recht hoch.
Positiv & negativ
fi Solide Substanz
fi Raumaufteilung
fi Stauraum
fi Variabler Tiefgang
fi Wahlmöglichkeiten Innenausbau
fi Schapp für Rettungsinsel im Heck
· Geschwindigkeit am Wind
· Kocheranschluss nicht normgerecht
· Cockpit nicht kleincrewfreundlich