Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 Inhalt 1Editorial 4 2 Der Markt für Computer- und Videospiele 2015 6 2.1 Der Markt für Computer- und Videospiele sowie Spielekonsolen wächst 7 2.2 Markt für Computer- und Videospiele weiter im Aufwind 2.3 Umsätze mit Mikrotransaktionen und Abonnements steigen 10 2.4 Hybrid Toys 16 2.5Spielekonsolen 17 2.6 9 Entwicklung digitale Distribution: Immer mehr Spiele werden per Download gekauft 17 3 Der Standort Deutschland im internationalen Vergleich 20 3.1 Deutschland als Entwicklungsstandort international kaum relevant 20 3.2 Spieleentwicklungen aus Deutschland erreichen nur geringen Marktanteil23 4 Die Entwicklung der Beschäftigtenzahlen 26 5 Kulturgut Games 28 6 Entwicklung der Zahl der Nutzer digitaler Spiele 30 6.1 Rund die Hälfte der Deutschen spielt 30 6.2 Gespielt wird in allen Altersgruppen 31 6.3 Bildungsgrad und Einkommen der Nutzer digitaler Spiele 32 7 Die gamescom: größtes internationales Event für Computerund Videospiele 34 Impressum36 1 Editorial Sehr geehrte Damen und Herren, mit großer Freude darf ich Ihnen den Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 präsentieren. Der Report gibt einen umfassenden Überblick über die deutsche Branche, den deutschen Markt sowie weitere wichtige Eckdaten zu unserem Medium. Die erfreuliche Nachricht: Sowohl der Markt der Computer- und Videospiele als auch die Branche in Deutschland wachsen. Leider jedoch nicht im gleichen Tempo. Zwar stieg der Umsatz mit Computer- und Videospielen sowie Spielekonsolen 2015 um 4,5 Prozent auf 2,81 Milliarden Euro – keine andere Medienbranche wächst so dynamisch. Das weiter anhaltende Wachstum ist ein Grund zur Freude und unterstreicht abermals die enorme wirtschaftliche Bedeutung digitaler Spiele in Deutschland. Doch trotz des starken Marktwachstums hierzulande steht die deutsche Computer- und Videospielbranche vor großen Herausforderungen: So ist die Anzahl der Beschäftigten in Deutschland, die Games entwickeln und verlegen, lediglich um ein Prozent gewachsen – also deutlich geringer als der Gesamtmarkt. Inzwischen sind viele international erfolgreiche Games-Unternehmen in Deutschland angesiedelt, dennoch konnte das Land als Produktionsstandort auch 2015 nicht zu den internationalen Produktions-Hotspots aufschließen. Im Gegenteil: Der Abstand hat sich vergrößert, Deutschland lässt großes Wachstumspotenzial ungenutzt. Und das, obwohl es – um mit den Worten von Bundesminister Dobrindt bei der Verleihung des Deutschen Computerspielpreises 2016 zu sprechen – „ein Land der Dichter, Denker und Gamer“ ist. Der Rückstand zur internationalen Spitze der Produktionsstandorte ist dabei vor allem dem schwierigen Umfeld hierzulande geschuldet. So kann die internationale Konkurrenz auf umfangreiche strategische und finanzielle Förderung sowie auf maßgeschneiderte Rahmenbedingungen bauen. Dennoch schaffen es immer wieder auch deutsche Games-Anbieter, sich erfolgreich zu behaupten, etwa im stark wachsenden Markt für Spiele-Apps. In Anbetracht der wirtschaftlichen Bedeutung Deutschlands handelt es sich bisher aber um deutlich zu wenige Unternehmen. 4 BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 Der Markt für Computer- und Videospiele bietet Deutschland als Entwicklungsstandort weiterhin große Chancen. Um an den Erfolgen des internationalen Wachstumsmarkts teilzuhaben, müssen jedoch rasch die Rahmenbedingungen verbessert werden. Denn während sich Deutschland bei der oft gestellten Frage nach einem „deutschen Facebook“ damit herausreden kann, dass auch Frankreich, Großbritannien oder Schweden darauf keine Antwort haben, nutzen diese Länder die Wachstumschancen und Potenziale in der Computerspielebranche deutlich besser. Damit Deutschland zu den erfolgreichsten Entwicklungsstandorten aufschließen kann, wird eine intelligente Förderung benötigt, die die Besonderheiten der Computer- und Videospielentwicklung berücksichtigt. Beispielhafte Herangehensweisen zur Förderung der Games-Branche gibt es international viele. In einem Punkt sind sie sich aber alle sehr ähnlich: Die gesamtwirtschaftlichen Effekte übertreffen die eingesetzten Fördermittel deutlich. Dies liegt zum einen an den zusätzlichen Wachstumsimpulsen, die durch die gezielte Förderung freigesetzt werden. Zum anderen ist die Computer- und Videospielbranche aber auch eine Schlüsselindustrie für die Digitalisierung der gesamten Volkswirtschaft: angefangen bei der Kultur- und Kreativwirtschaft über die Bildung bis hin zum Maschinen- und Automobilbau. Insgesamt wird die Rolle von Games in Deutschland immer noch unterschätzt: Serious Games, Gamification und aus der Games-Branche hervorgegangene Technologien wie Virtual Reality und 3D-Simulationen, zusammengefasst unter dem Begriff APITs (Applied Interactive Technologies), sind für die Zukunftsfähigkeit einer modernen Volkswirtschaft unverzichtbar. Umso wichtiger ist es jetzt, für eine gezielte Förderung zu sorgen. Sehr gerne stehen wir Ihnen für Fragen zum vorliegenden Jahresreport und zur Förderung des Standortes Deutschland zur Verfügung. Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre und freue mich auf den weiteren Austausch. Dr. Maximilian Schenk Geschäftsführer BIU – Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 5 2 Der Markt für Computer- und Videospiele 2015 Der Markt für Computer- und Videospiele sowie Spielekonsolen hat sich 2015 außerordentlich positiv entwickelt. In Deutschland wie auch international wächst der Umsatz mit digitalen Spielen und Konsolen. Die Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC) schätzt, dass der Umsatz der Computer- und Videospielbranche bis zum Jahr 2018 weltweit um jährlich 5,8 Prozent auf 89 Milliarden US- Dollar steigen wird. Für Deutschland prognostiziert PwC bis 2018 ein jährliches durchschnittliches Umsatzwachstum Spiele-Apps von 3,8 Prozent. sind der zentrale Katalysator bei der Weiterentwicklung Die hohe Dynamik des Marktes verdeutlicht auch ein Blick auf den Boom bei Smartphones und TabletComputern: Dieser Teilmarkt ist erst mit der Einführung des iPhones 2007 entstanden. Laut den Analysten von App Annie betrug der weltweite Umsatz mit Spieleapps 2015, also gerade einmal acht Jahre später, 34,8 Milliarden US-Dollar. Bis 2020 soll dieser Markt auf ein Volumen von 74,6 Milliarden US-Dollar wachsen. Denn Spiele-Apps sind der zentrale Katalysator bei der Weiterentwicklung von Smartphones und Tablets, mobilen Breitbandverbindungen und App-Stores. Mit der Verbreitung von Smartphones steigt die Anzahl von Downloads von Spiele-Apps in allen Märkten sprunghaft an. Sie sind ein wesentlicher Attraktivitätsfaktor für den Kauf von Mobilgeräten und bereiten anderen App-Kategorien den Weg. von Smartphones und Tablets. 6 BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 2.1 Der Markt für Computer- und Videospiele sowie Spiele konsolen wächst In Deutschland ist der Markt für Computer- und Videospiele sowie Spielekonsolen 2015 im Vergleich zum Vorjahr erneut deutlich gewachsen: Mit 2,81 Milliarden Euro stieg der Umsatz um 4,5 Prozent. 2014 betrug das Marktvolumen noch 2,69 Milliarden Euro. Damit konnte Deutschland seinen Platz in der Gruppe der weltweit größten Absatzmärkte behaupten. Deutscher Markt für digitale Spiele wächst um 4,5 Prozent (inkl. Hardware) Deutscher Gesamtmarkt für digitale Spiele wächst um 4,5% (inkl. Hardware) Wachstum Gesamtmarkt Wachstum Gesamtmarkt +4,5% 2014 774 Mio. Euro 2015 47+17+5229A 43+20+5230A 1.255 Mio. Euro Hardware (Spielekonsolen & Handhelds) Kauf 825 Mio. Euro Mio. Euro Abonnements Kauf Total 2.692 2.811 Mio. Euro 72 Mio. Euro Mio. Euro Hybrid Toys 139 Mio. Euro Hardware (Spielekonsolen & Handhelds) Total 47 1.207 Mio. Euro Hybrid Toys 477 Mio. Euro Mikrotransaktionen (virtuelle Güter & Zusatzinhalte) 145 Mio. Euro Abonnements Quelle: Berechnungen auf Grundlage des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) und GfK Entertainment Berechnungen auf Grundlagen des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) und GFK Entertainment 562 Mio. Euro Mikrotransaktionen (virtuelle Güter & Zusatzinhalte) ©BIU/GfK2016 ©BIU/GfK2016 BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 7 Die starke Entwicklung des Marktes für Computer- und Videospiele 2015, insbesondere nach dem überragenden Jahr 2014 mit einer Wachstumsrate von 11 Prozent, ist keine Selbstverständlichkeit. An der Entwicklung zeigt sich wieder einmal die besonders hohe Dynamik des Videospielmarktes, die es so bei keinem anderen Kultur- und Unterhaltungsmedium gibt. Während beim klassischen Marktmodell, dem Verkauf von Computer- und Videospielen, der Umsatz leicht zurückgeht, wächst gleichzeitig der Umsatz mit Mikrotransaktionen, etwa in Free-to-Play-Spielen. Diese lassen sich kostenlos nutzen, der Spieler zahlt lediglich für den Kauf virtueller Güter und Zusatzinhalte wie neuer Level, Ausrüstungsgegenstände für die eigene Spielfigur oder Extra-Leben. Doch nicht nur bei Free-to-Play-Spielen kommt die starke Dynamik des Games-Marktes zum Ausdruck: Auch neue Produkte wie die sogenannten Hybrid Toys zeugen von der hohen Innovationskraft der Branche. Bei Hybrid Toys handelt es sich um Sammelfiguren, die sich mittels Technologien wie Near Field Communication (NFC) in das diVirtual-Reality-Hardware gitale Spiel übertragen lassen und es um zusätzliche Spielbietet großes wirtschaftinhalte erweitern. Sie sind ein gutes Beispiel für die liches Wachstumspotenzial zunehmende Konvergenz verschiedener Medientypen: Was gestern noch ein Gegensatz war, digitale Unterhaltung und physische Spielfiguren, ist heute ein einheitliches und vor allem erfolgreiches Produkt. VR Kommende Innovationen der Computer- und Videospielbranche zeichnen sich bereits jetzt klar ab: allen voran die sogenannten Virtual-Reality-Brillen, mit denen der Spieler die Spielwelten unmittelbar aus der Perspektive der Spielfigur wahrnimmt und noch intensiver und unmittelbarer in die Geschichten eingebunden ist. Entsprechende Modelle für Konsumenten kommen 2016 auf den Markt. Vor allem mittel- bis langfristig bietet der Markt für Virtual-RealityHardware und die passenden Games großes Innovations- und Wachstumspotenzial. Die neue Technologie ist nicht nur für die Computer- und Videospielebranche relevant, auch im Maschinen- und Automobilbau, für die Medizin und den Tourismus wird Virtual Reality künftig eine bedeutende Rolle spielen, um nur einige Branchen zu nennen. Damit ist diese neue Technologie ein weiterer Beleg für die Schlüsselrolle der Computer- und Videospielindustrie bei der Digitalisierung weit über die Kulturund Kreativwirtschaft hinaus. 8 BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 2.2 Markt für Computer- und Videospiele weiter im Aufwind Der Umsatz mit Computer- und Videospielen setzt sich zusammen aus dem Umsatz beim Kauf von Computer- und Videospielen für stationäre Spielekonsolen und mobile Handhelds, PCs, Smartphones und Tablet-Computer, aus Abonnementgebühren für Online- und Browserspiele und aus Umsätzen, die per Mikrotransaktion mit virtuellen Gütern und Zusatzinhalten erzielt werden. Umsatz mit digitalen Spielen PC, Konsolen, Smartphones und Tablets Umsatz mit digitalen Spielen PC, Konsolen, Smartphones und Tablets 1.573 Mio. e 1.501 Mio. e 1.470 Mio. e 1.255 Mio. e 1.279 Mio. e Kauf 416 350 348 616 707 Mio. e Mio. e Mio. e Mio. e Mio. e 1,99 1,85 1,82 1,87 1,99 2011 2012 2013 2014 2015 Mrd. e Mrd. e Mrd. e Abonnements und Mikrotransaktionen Mrd. e Mrd. e Berechnungen auf Grundlagen des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) Quelle: Berechnungen auf Grundlage des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) (Datenträger, Downloads und Hybrid Toys) ©BIU/GfK2015 ©BIU/GfK2016 BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 9 Der Umsatz mit Spielen für PCs, Spielekonsolen sowie Smartphones und Tablet-Computer wuchs 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 3,5 Prozent auf 1,99 Milliarden Euro. Die verschiedenen Teilmärkte haben sich dabei unterschiedlich entwickelt: Beim Verkauf von Computer- und Videospielen für Spielekonsolen und PCs ist der Umsatz um 3,5 Prozent im Vergleich zu 2014 gesunken. Dennoch bleibt dieser Teilmarkt der mit Abstand größte: Rund 1,21 Milliarden Euro wurden 2015 mit dem Verkauf von Games für PCs, Spielekonsolen und Mobilgeräte umgesetzt. Demgegenüber ist der Umsatz mit virtuellen Gütern und Zusatzinhalten stark gestiegen. Diese Produkte werden besonders häufig in sogenannten Free-to-Play-Spielen verkauft, die kostenlos gespielt werden können, bei denen die Nutzer jedoch für zusätzliche Level oder eine individuelle Gestaltung bezahlen. Mit 18 Prozent Wachstum stieg der Umsatz in diesem Segment 2015 auf 562 Millionen Euro. Auch der Umsatz mit Spiele-Abonnements konnte, anders als noch in den Vorjahren, wieder zulegen. 2015 wurden mit diesem Erlösmodell rund 145 Millionen Euro erwirtschaftet, das sind 5 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Erstmals erfasst wurde das Marktsegment der sogenannten Hybrid Toys, auch Toys to Life genannt. Hierbei handelt es sich um Sammelfiguren, die sich mittels Technologien wie Near Field Communication (NFC) in das digitale Spiel übertragen lassen und es mit zusätzlichen Spielinhalten erweitern. Dieses noch junge Segment wuchs 2015 auf 72 Millionen Euro. 2.3 Umsätze mit Mikrotransaktionen und Abonnements steigen Neben dem klassischen Kauf von Computer- und Videospielen haben sich in den vergangenen Jahren weitere Marktmodelle etabliert. Vor allem bei Online- und Browser-Spielen sowie Spiele-Apps für Smartphones und Tablet-Computer haben Abonnements und besonders per Mikrotransaktion zu erwerbende virtuelle Güter und Zusatzinhalte immer weiter an Bedeutung gewonnen. Sowohl Abonnements als auch Mikrotransaktionen sind dabei nicht nur eine andere Monetarisierungsform für Games, vielmehr steht dahinter ein tiefgreifender Wandel in der Nutzung von Spielen. Denn anders als beim einmaligen Kauf eines Spiels haben die Entwickler bei Abonnements und Mikrotransaktionen die Möglichkeit, die entsprechenden Spiele dauerhaft weiterzuentwickeln und neue Inhalte bereitzustellen. Daher spricht man, analog zur Nutzung von Cloud-Diensten in der IT-Wirtschaft, auch von Games-as-a-Service. Mit Abonnements und Mikrotransaktionen wurden 2015 zusammen 707 Millionen Euro umgesetzt. Damit repräsentieren sie rund 36 Prozent des Marktes für Computer- und Videospiele in Deutschland. 10 BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 Der Umsatz mit Abonnements ist in Deutschland 2015 gewachsen. Während 2014 mit entsprechenden Spielen noch rund 139 Millionen Euro umgesetzt wurden, waren es 2015 145 Millionen Euro. Das entspricht im Jahresvergleich einer Steigerung von 5 Prozent. Vor allem Online-Rollenspiele setzen auf diese Form der Monetarisierung. Bekanntestes Beispiel für solche Titel ist „World of Warcraft“ (Activision Blizzard). Umsatz mit Mikrotransaktionen und Abonnements Umsatzentwicklung Mikrotransaktionen Abonnements Online/ Browser-Spiele und und Spiele-Apps Online-/Browser-Spiele und Spiele-Apps +25% 137 -16% -1% +77% +15% +85 -66 -2 +268 +91 Mio. € Mio. € Mio. € Mio. € Mio. € 233 226 209 477 562 Mio. € Mio. € Mio. € Mio. € Mio. € Mio. € 41% 56% 65% 60% 77% 79% 194 183 124 139 139 145 Mio. € Mio. € Mio. € Mio. € Mio. € Mio. € 59% 44% 35% 40% 23% 21% 332 416 350 348 616 707 Mio. € Mio. € Mio. € Mio. € Mio. € Mio. € 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Mikrotransaktionen Mikrotransaktionen Abonnements Abonnements Berechnungen auf Grundlagen des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) Quelle: Berechnungen auf Grundlage des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) © BIU/GfK 2016 ©BIU/GfK2016 BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 11 Zu einem echten Erfolgsmodell der Spielebranche haben sich die Mikrotransaktionen entwickelt, die vor allem bei den sogenannten Free-to-Play-Spielen eingesetzt werden. Sie bieten dem Nutzer maximale Wahlfreiheit. Er sucht sich nicht mehr einfach nur ein Produkt aus, sondern kann entscheiden, wofür und in welcher Höhe er im Rahmen eines Spiels Geld ausgibt. Bei Free-to-Play-Spielen steht jedem Kauf eines virtuellen Gutes ein spielerischer Gegenwert gegenüber. Es werden keine langfristigen Vertragsverpflichtungen eingegangen. Das starke, nun bereits über Jahre anhaltende Umsatzwachstum ist ein Beleg für die hohe Zufriedenheit der Nutzer mit diesem Geschäftsmodell. Umsatz mit Online- und Browser-Spielen Umsatz mit Onlineund Browser-Spielen Jahresvergleich von 2013 bis 2015 Jahresvergleich 2013 bis 2015 +41% 144 Mio. e 139 Mio. e +3% 260 Mio. e 139 Mio. e 267 Mio. e 145 Mio. e Mikrotransaktionen (virtuelle Güter und Zusatzinhalte) Abonnements Total 283 Mio.€ 2013 Total 399 Mio.€ 2014 Total 412 Mio.€ 2015 Berechnungen auf Grundlagen des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) Quelle: Berechnungen auf Grundlage des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) 12 BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 © BIU/GfK 2016 ©BIU/GfK2016 Umsatz per Mikrot UmsatzUmsatz per Mikrotransaktionen per Mikrotransaktionen Virtuelle Güter und Zus Konsole und mobile Ger Virtuelle Güter und Zusatzinhalte für PC, Virtuelle Güter und Zusatzinhalte für PC, Konsole und mobile Geräte Umsatz per Mikrotransaktion Konsole und mobile Geräte Wachstum Spiele-A +36% Virtuelle Güter und Zusatzinhalte für PC, Konsole und mobile Geräte Wachstum Spiele-Apps Wachstum Spiele-Apps %Wachstum Spiele-Apps 54+ A + 46 54+54+46+A 46+A 48+ 48+52+A 52+A +36 +36% 217 Mio. € 295 Mio. € 217 Mio. € 295 Mio. € 217 Mio. € Total Total Wachstum Total 562 Mio. e Total Wachstum Total 562 Mio. e Total % 477 Mio. e 2015 +18 % 477 Mio. e 2015 2014 +18 2014 Total 477 Mio. e 2014 267 Mio. € 260 Mio. € Wa + 260 Mio. € 267 Mio. € 260 Mio. € Wachstum Online-/ Wachstum Online-/ Browsergames Browsergames % +3 Online-/Browsergames Online-/Browsergames Spiele-Apps Berechnungen auf Grundlagen des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) Spiele-Apps Quelle: Berechnungen auf Grundlage des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) +3% Online-/Browsergames Spiele-Apps Quelle: Berechnungen auf Grundlage des GfK Consumer Panels (2014 © BIU/GfK 2016 ©BIU/GfK2016 Quelle: Berechnungen auf Grundlage des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) ©BIU/GfK2016 Das Marktsegment der Mikrotransaktionen hat sich in den vergangenen Jahren zum wichtigen Wachstumstreiber für die gesamte Branche entwickelt. Auch 2015 konnte der Umsatz mit virtuellen Gütern und Zusatzinhalten stark zulegen: So wuchs das Marktsegment im Vergleich zu 2014 um 18 Prozent auf 562 Millionen Euro. Damit wurde in Deutschland erstmals die Umsatzgrenze von einer halben Milliarde Euro durchbrochen. 2014 betrug der Umsatz mit virtuellen Gütern und Zusatzinhalten noch 477 Millionen Euro. Während der Umsatz, der per Mikrotransaktion erzielt wird, weiter stark wächst, sind die monatlichen Ausgaben pro zahlendem Nutzer erstmals leicht zurückgegangen. Nachdem sich von 2013 zu 2014 dieser Kennwert mehr als verdoppelt hat, zeigen die Daten von 2015 eine Stabilisierung auf dem Vorjahresniveau. So gab der durchschnittliche zahlende Nutzer beim Kauf von virtuellen Gütern und Zusatzinhalten per Mikrotransaktion pro Monat in etwa den Preis einer Kinokarte aus, genauer: 12,02 Euro. BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 13 Monatliche Ausgaben je zahlendem Nutzer bei Kauf per Mikrotransaktionen Monatliche Ausgaben je zahlendem Nutzer bei Kauf per Mikrotransaktionen 13,93 € 4,14 € 2012 12,02 € 6,09 € 2013 2014 Berechnungen auf Grundlagen des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) Quelle: Berechnungen auf Grundlage des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) 2015 © BIU/GfK 2016 ©BIU/GfK2016 Besonders erfolgreich sind Free-to-Play-Spiele auf Smartphones und TabletComputern. Dieses Segment der Spiele-Apps ist 2015 in Deutschland um 36 Prozent gewachsen. Der Umsatz mit virtuellen Gütern und Zusatzinhalten für Spiele-Apps betrug im vergangenen Jahr 295 Millionen Euro, 2014 waren es erst 217 Millionen Euro. Dagegen ist der Umsatz mit dem Kauf von Spiele-Apps sogar rückläufig: Nach 24 Millionen Euro 2014 wurden 2015 nur noch 20 Millionen Euro in diesem Marktsegment umgesetzt. Der Umsatz mit Free-to-Play-Spielen in den App-Stores entspricht rund 94 Prozent des Gesamtmarktes für SpieleApps. Der Erfolg der Free-to-Play-Apps auf Smartphones und Tablet-Computern ist vor allem auf den hohen Nutzungskomfort und die große Kundenfreundlichkeit zurückzuführen. So lassen sich entsprechende Spiele-Apps direkt herunterladen und ausprobieren, ohne dass dabei Kosten entstehen. Diese Möglichkeit schafft neue Freiheit und Transparenz für den Nutzer, der so Spiele testen kann, ohne sie vorher kaufen zu müssen. 14 BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 Die Computer- und Videospielbranche hat mit Free-to-Play-Spielen, die sich über virtuelle Güter und Zusatzinhalte finanzieren, erfolgreich ein neues digitales Geschäftsmodell etabliert. So gibt es heute sowohl für Einsteiger als auch für Gelegenheitsspieler attraktive Angebote mit niedrigen Einstiegshürden. Zugleich wurde mit diesem Geschäftsmodell ein Weg gefunden, den systematischen Urheberrechtsverletzungen im Bereich der klassischen Erlösmodelle erfolgreich zu begegnen. Umsatz mit Spiele-Apps App-Kauf In-App-Kauf (Mikrotransaktionen) Umsatzund mit Spiel-Apps App-Kauf und In-App-Kauf (Mikrotransaktionen) Wachstum Spiele-Apps insgesamt +31% 62+17+ 38+A 83+A 2014 24 Mio. Euro App-Kauf 2015 Total Total 241 315 Mio. Euro 20 Mio. Euro App-Kauf Mio. Euro 217 295 Mio. Euro Mio. Euro In-App-Kauf (Mikrotransaktionen) In-App-Kauf (Mikrotransaktionen) -17% +36% Veränderung App-Kauf Wachstum In-App-Käufe (Mikrotransaktionen) Berechnungen auf Grundlagen des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) Quelle: Berechnungen auf Grundlage des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) © BIU/GfK 2016 ©BIU/GfK2016 BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 15 Free-to-Play-Spiele haben sich dabei jedoch nicht nur im Bereich der Gelegenheitsspiele durchgesetzt. Auch einige der erfolgreichsten eSports-Titel auf dem PC setzen auf das Free-to-Play-Prinzip. So können weltweit sehr erfolgreiche Titel wie „Dota 2“ (Valve), „League of Legends“ (Riot Games) und „World of Tanks“ (Wargaming) komplett kostenfrei gespielt werden. Spieler geben bei diesen Titeln lediglich für ein anderes Aussehen ihres Avatars oder die Wahl einer bestimmten Spielfigur Geld aus. Die Fairness des Geschäftsmodells zeigt sich auch daran, dass die Wettkampf-Mechaniken dieser eSports-Titel durch den Kauf der virtuellen Güter und Zusatzinhalte nicht beeinflusst werden. Free-to-Play-Spiele bieten Kunden die Freiheit, selbst zu entscheiden, für welche virtuellen Güter und Zusatzinhalte sie bezahlen möchten. Eine Studie von Deloitte von 2015 unterstreicht diese Vorteile für die Konsumenten. So ist die überwältigende Mehrheit der Nutzer nicht nur über die Möglichkeit von In-App-Käufen informiert, sie bevorzugt sie sogar. Nur rund 7 Prozent der App-Nutzer ziehen Kauf-Apps der Free-to-Play-Variante vor. Die Kunden wissen die große Wahlfreiheit bei Free-to-Play-Spielen, bei denen jedem investierten Betrag ein spielerischer Mehrwert gegenübersteht, sehr zu schätzen. In den vergangenen Jahren ist die Qualität der mobilen Spiele stetig gestiegen, so dass zunehmend mehr Menschen bereit sind, für kurzweilige und hochwertige Unterhaltungsspiele auf dem Smartphone oder Tablet zu bezahlen. Dies gilt gleichermaßen für den Kauf von Spiele-Apps wie für die Nutzung virtueller Güter und Zusatzinhalte. 2.4 Hybrid Toys Ein noch vergleichsweise junges Segment des Computerund Videospielmarktes sind die sogenannten Hybrid Toys. Bei ihnen handelt es sich um physische Sammelfiguren, die sich mittels Technologien wie Near Field Communication (NFC) in das digitale Spiel übertragen lassen und es Hybrid Toys um zusätzliche Spielinhalte erweitern. Der Umsatz mit verbinden Zusatzinhalte den auch Toys to Life genannten Spielfiguren ist im verfür Games mit klassischen gangenen Jahr deutlich gestiegen. So wuchs der noch junAction-Figuren und ge Hybrid-Toys-Markt in Deutschland um 53 Prozent auf 72 Millionen Euro. 2014 wurden noch 47 Millionen Euro schaffen so ein neues mit entsprechenden Sammelfiguren umgesetzt. Hybrid Marktsegement Toys wie die Skylanders-Figuren von Activision, Amiibos von Nintendo oder auch Lego-Dimension-Sets von Warner verbinden klassische Spielwaren mit Sammelleidenschaft und zusätzlichen Inhalten für Computer- und Videospiele und stellen damit eine interessante Innovation dar. 16 BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 2.5 Spielekonsolen Die aktuelle Generation der Spielekonsolen, bestehend aus der PlayStation 4 von Sony, der Xbox One von Microsoft und der Wii U von Nintendo, erfreut sich in Deutschland nach wie vor großer Beliebtheit. So ist die Nachfrage danach 2015 in Deutschland weiter gewachsen: Der Umsatz mit stationären und portablen Konsolen stieg im vergangenen Jahr auf 825 Millionen Euro. Im Vergleich zu 2014 entspricht dies einer Steigerung um 7 Prozent. Damals wurden noch 774 Millionen Euro mit entsprechenden Geräten umgesetzt. Insgesamt spielen 15,6 Millionen Menschen in Deutschland auf stationären sowie 8,3 Millionen auf portablen Spielekonsolen. Zu den Gründen für diese große Beliebtheit gehören die große Auswahl an Spielen – von Download-Titeln kleinerer Entwicklerteams bis zu den großen Blockbustern –, die unkomplizierte Möglichkeit, online miteinander zu spielen, die Unterstützung vieler weiterer Entertainment-Dienste und die Vorfreude auf Virtual-Reality-Brillen für manche Geräte. 2.6 Entwicklung digitale Distribution: Immer mehr Spiele werden per Download gekauft Bei Computer- und Konsolenspielen hat sich in Deutschland der Kauf per Download als beliebte Alternative zum Kauf auf Datenträgern etabliert. So ist der Anteil von per Download erworbenen Spielen erneut gewachsen, allerdings – gemessen am starken Wachstum in den Jahren zuvor – nur gering. Rund jeder dritte Titel für PC und Konsole (33 Prozent) wurde 2015 als kostenpflichtiger Download bezogen, ein Jahr zuvor waren es 32 Prozent. Auch beim Umsatz ist ein leichtes Plus zu verzeichnen. 21 Prozent der Ausgaben im Bereich der PCund Konsolenspiele entfielen 2015 auf Download-Titel. Im Vergleich zu 2014, als es noch 19 Prozent waren, ist das eine Steigerung von 2 Prozentpunkten. Mit dieser Entwicklung geht ein leichter Rückgang des Umsatzanteils von 81 auf 79 Prozent bei Games auf Datenträgern einher. Der Absatzanteil sinkt im Jahresvergleich ebenfalls, von 68 auf 67 Prozent. Insgesamt verlangsamt sich in Deutschland der Trend, Spiele für PC und Konsole als Download zu beziehen. Einer der zentralen Gründe hierfür ist die im internationalen Vergleich geringe Bandbreite der Internetanschlüsse hierzulande. So umfassen aktuelle Computerund Videospiele teilweise rund 50 Gigabyte oder sogar mehr. Ein Download solcher Spiele über Internetanschlüsse mit einer Geschwindigkeit von weniger als 50 Mbit pro Sekunde dauert viele Stunden und ist daher für so manchen Spieler weniger attraktiv als der Kauf eines Titels auf Datenträger. BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 17 Kauf digitaler Spiele per Download Kauf digitaler per Download Anteil am Spiele Absatz bei PC- und Konsolenspielen Anteil am Absatz bei PC- und Konsolenspielen 32% 9% 2011 16 % 33% 20% 2015 wurde 1/3 des Absatzes per Download erzielt 2012 2013 2014 2015 Quelle: Berechnungen Berechnungen aufauf Grundlage des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) n=25.000) Grundlagen des GfK Consumer Panels (2014/2015; © BIU/GfK 2016 ©BIU/GfK2016 Kauf digitaler Spiele per Download Anteil am Umsatz bei PC- und Konsolenspielen Kauf digitaler Spiele per Download Anteil am Umsatz bei PC- und Konsolenspielen 19 % 9 % 21% 11% 4% 2011 2015 wurde 1/5 des Umsatzes per Download erzielt 2012 2013 2014 2015 Quelle: Berechnungen auf Grundlage des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) Berechnungen auf Grundlagen des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) 18 BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 © BIU/GfK 2016 ©BIU/GfK2016 Obwohl der Anteil der Download-Käufe bei PC- und Konsolenspielen in den vergangenen Jahren stark gestiegen ist, spielt der Handel weiter eine zentrale Rolle. So ist der Kauf von Spielen auf Datenträgern unter anderem wegen der bei Spiele-Fans begehrten Sammlereditionen weiterhin beliebt. Zudem profitiert der Einzelhandel von den Hybrid Toys. Sie übertragen die Idee des Kaufs zusätzlicher Spielinhalte, die ursprünglich aus dem Download-Geschäft stammt, auf das Ladenregal und bereichern so das Sortiment vieler Händler. Auch von der starken Nachfrage bei der aktuellen Konsolengeneration hat der Einzelhandel profitiert. Da sich diese Geschäftsfelder positiv auf die Umsätze des Einzelhandels auswirkten, konnte der Rückgang beim Umsatz mit Games vielfach sogar überkompensiert werden. Hinzu kommt, dass der Handel häufig auch von den Digitalverkäufen profitiert: Aufgrund der in Deutschland vergleichsweise geringen Verbreitung von Kreditkarten wird beim Kauf auf den Download-Portalen in vielen Fällen auf die vom Handel vertriebenen Guthabenkarten zurückgegriffen. Der Einzelhandel profitiert von den Innovationen der Gamesbranche, etwa bei Hybrid Toys, Sammlereditionen oder auch Guthabenkarten für Online-Plattformen. Die Versorgung der Bevölkerung mit schnellem Internet, das zudem nur geringe Latenzen aufweist, ist für das Wachstum der Computer- und Videospielbranche von herausragender Bedeutung. Dies gilt gleichermaßen für den Vertrieb der Spiele wie für das gemeinsame Spielen über das Internet ohne Qualitätsverlust. Bei Computer- und Videospielen sind große Datenmengen inzwischen Standard, Servicepakete und Updates erreichen immer häufiger zweistellige Gigabyte-Dimensionen. Selbst bei einer Bandbreite, wie sie in Deutschland noch Durchschnitt ist, nimmt der Download mehrere Stunden in Anspruch. Die digitale Distribution birgt große Chancen für weiteres Wachstum. So lassen sich etwa neue Zielgruppen erschließen, kleine Entwicklerstudios erhalten durch leichtere Eigenvermarktung die Chance, eine große, weltweite Fangemeinde zu gewinnen. BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 19 3 Der Standort Deutschland im internationalen Vergleich An der Bestandsaufnahme für Deutschland als Standort der Computer- und Videospielbranche hat sich im Jahr 2015 wenig verändert. Als Absatzmarkt spielt das Land international weiterhin eine gewichtige Rolle. Hierzulande werden die größten Umsätze in Europa mit Computer- und Videospielen sowie entsprechender Hardware erwirtschaftet. Als Produktionsstandort kann Deutschland hingegen international nur bedingt mithalten. Zwar gibt es hierzulande durchaus einige Unternehmen, die sich erfolgreich auf dem Weltmarkt behaupten können. Sie kommen vor allem aus dem Segment der Browser- und Mobile-Spiele. Manche von ihnen zählen sogar zu den am schnellsten wachsenden Unternehmen der gesamten Digitalwirtschaft. In Anbetracht der wirtschaftlichen Bedeutung Deutschlands einerseits und der Bedeutung der Computer- und Videospiele als Leitmedium des digitalen Zeitalters andererseits kommen aus Deutschland in der Breite aber deutlich zu wenige Spiele-Entwickler, -Publisher und -Anbieter, die weltweit erfolgreich punkten können. Besonders deutlich wird der Abstand zu internationalen Hotspots im Bereich der kostenintensiven Entwicklung von Blockbuster-Spielen für Konsole und PC. Dieses Segment steht weiterhin für den größten Teil des Computer- und Videospielmarktes. In diesem Marktsegment können deutsche Unternehmen mit der internationalen Konkurrenz bis auf wenige Ausnahmen kaum noch mithalten. 3.1 D eutschland als Entwicklungsstandort international kaum relevant Dass Entwicklungen aus Deutschland im umsatzstärksten Markt für Konsolenund PC-Spiele international nur in einigen Fällen konkurrenzfähig sind, zeigt der Blick auf die Spieletitel, die hierzulande am meisten verkauft werden. Auf Grundlage der von GfK Entertainment ermittelten Verkaufszahlen und der Meldungen digitaler Verkäufe durch Publisher verleiht der BIU monatlich den BIU Sales Award an die meistverkauften Titel. In der untersten Kategorie (Gold) müssen hierfür innerhalb von 12 Monaten mindestens 100.000 Exemplare auf einer Plattform verkauft worden sein. Ein Blick auf die Gewinner zeigt: Deutsche Entwicklungen haben es in diesem Markt besonders schwer. So kam 2015 keiner der verkaufsstärksten Titel aus Deutschland. Zwar erschien mit Anno 2205 im vergangen Jahr ein weiterer Teil der sehr erfolgreichen Serie von Aufbauspielen. Die Marke von 100.000 verkauften Exemplaren wurde jedoch erst im April 2016 durchbrochen. Zum Vergleich: Aus unseren europäischen Nachbarländern Polen und Schweden kommen jeweils vier der auf dem deutschen Markt erfolgreichsten Games, aus Großbritannien sogar sechs. Hauptursache hierfür sind die im internationalen Vergleich deutlich geringeren Entwicklungsbudgets, die in Deutschland investiert werden. Die Entwicklungskosten für Computer- und Videospiele sind in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Für große Blockbuster-Produktionen, die regelmäßig die Mehrheit der mit dem BIU Sales Award ausgezeichneten Titel stellen, werden häufig dreistellige Millionenbeträge in die Entwicklung und das Marketing investiert – sie kosten also immer häufiger mehr als große Hollywood-Filmproduktionen. 20 BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 Hinzu kommt, dass alle Länder, die über eine starke Computer- und Videospielbranche verfügen, diese als Leitmedium unserer Zeit intensiv fördern. Insbesondere unsere skandinavischen Nachbarländer und Großbritannien haben in den vergangenen Jahren stark in die Branche investiert. Der Erfolg blieb nicht aus: Inzwischen kommen viele der erfolgreichsten Entwickler von Spielen sowohl für PC und Konsole als auch für Smartphones und Tablets aus Skandinavien. Bis auf einige Ausnahmen haben deutsche Unternehmen in diesem harten internationalen Wettbewerb häufig das Nachsehen, da sie sich durch die umfangreichen Fördermaßnahmen anderer Länder erheblichen Wettbewerbsverzerrungen ausgesetzt sehen. ngsstandorte der hsten Spiele Entwicklungsstandorte der erfolgreichsten Computer- und Videospiele Entwicklungsstandorte der erfolgreichsten Computer- und Videospiele 12 17 12 4 Entwicklungsstandort Awards USA 17 Kanada 12 Japan 12 UK 6 Polen 4 Schweden 4 Frankreich 2 Schweiz 1 Berechnung auf Grundlage des BIU Sales Award Quelle: Berechnungen auf Grundlage der BIU Sales Awards 6 1 2 4 1 ©BIU 2016 ©BIU/GfK2016 BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 21 Der Bereich der Computer- und Videospiele ist der dynamischste Medien- und Unterhaltungsmarkt überhaupt. Die Innovationen und die besondere Kreativität der Games-Branche erschaffen immer wieder neue Produkte, Plattformen und Marktmodelle. Bestes Beispiel hierfür ist der Boom bei Spiele-Apps für Smartphones und Tablet-Computer. Mit der Einführung des ersten iPhones 2007 entstand eine völlig neue mobile Plattform. Keine andere Unterhaltungs- und Medienbranche hat deren Möglichkeiten so schnell aufgegriffen und ihre Produkte daraufhin angepasst – angefangen bei völlig neuen Spielekonzepten bis hin zum Monetarisierungsmodell der Free-to-Play-Spiele, die kostenfrei gespielt werden können und bei denen der Spieler nur für zusätzliche Inhalte Geld ausgibt. Free-to-Play-Spiele passen ideal zum hohen Nutzungskomfort von Smartphones und Tablet-Computern und haben damit auch neue Zielgruppen erreicht, die vorher wenig oder gar nicht gespielt haben. Die Folge: Nicht nur ist die Anzahl von Spielern deutlich gestiegen, vielmehr ist weltweit ein Milliardenmarkt für Spiele-Apps entstanden, der vor allem auch von vielen neuen Unternehmen genutzt wird. In Anbetracht anstehender Innovationen der Games-Branche wie Virtual-Reality-Brillen, denen viele Analysten ebenfalls das Potenzial zur Schaffung eines Milliardenmarktes zusprechen, bestehen für Deutschland auch in Zukunft Chancen, zu den internationalen Hotspots der Games-Entwicklung aufzuschließen. Hierfür müssen jedoch die Rahmenbedingungen hierzulande deutlich verbessert werden. Nur so lassen sich die Wachstumspotenziale Deutschlands nutzen. 22 BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 3.2 S pieleentwicklungen aus Deutschland erreichen nur geringen Marktanteil Umsatzanteil deutscher Spieleentwicklungen deutscher Spieleentwicklungen am deutschen am Umsatzanteile deutschen Games-Markt Games-Markt 23+77+A Online-/ Browser-Games % ca. 23 von 412 Mio. € 2014: ca. 25% 1+99+A PC- & Konsolenspiele (Datenträger & Download) % ca. 0,6 von 1,231 Mrd. € 2014: ca. 0,5% 7+93+A Mobile Games % ca. 7 von 315 Mio. € 2014: ca. 9% Anteil deutscher Entwicklungen Anteil internationaler Entwicklungen 7+93+A 6,5% ca. 2014: ca. 7% Gesamtmarkt % ca. 6,5 von 1,914 Mrd. € 2014: ca. 7% Quelle: BIU auf Basis von GfK-Daten, AppAnnie, Befragungen und Hochrechnungen BIU auf Basis von GfK-Daten, AppAnnie, Befragungen und Hochrechnungen ©BIU 2016 ©BIU 2016 BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 23 Kein anderes Medium ist dermaßen international ausgerichtet wie Computerund Videospiele. Der Produktionsaufwand und damit auch die Produktionskosten aktueller Games sind in aller Regel so hoch, dass die Entwicklung eines Spiels ausschließlich für einen einzelnen regionalen oder nationalen Markt nicht kostendeckend wäre. Selbst bei Entwicklungen für Smartphone und TabletComputer, bei denen die Produktionskosten geringer ausfallen, stellt die erforderliche finanzielle Investition eine Hürde dar. Daher werden Games in der Regel mit dem Ziel entwickelt, sie auf dem internationalen Markt zu veröffentlichen. Zwar können – wie bei Literatur und Film – auch spezifische kulturelle und nationale Erzähltraditionen die Basis für die in einem Spiel zu erzählende Geschichte bilden. Allerdings werden Erzählkontexte, die lediglich einem bestimmten Land zugeordnet werden können, nur äußerst selten als Grundlage für die Story eines Spiels gewählt. Zum einen, weil die Lingua franca von Games – nämlich „das Spielen“ an sich – weltweit gleichermaßen verstanden wird, zum anderen, um das internationale Publikum überall gleichermaßen erreichen zu können. Die hohe Internationalität des Mediums zeigt sich ebenso im Vertrieb, der zunehmend online stattfindet, über Download-Plattformen, die weltweit erreichbar sind. Nur wenige Games-Unternehmen aus Deutschland können sich auf dem hart umkämpften internationalen Markt behaupten, denn Entwickler und Publisher stehen hierzulande vor besonders großen Herausforderungen. Trotz der im internationalen Vergleich deutlich schlechteren Rahmenbedingungen müssen sie gegen die internationale Konkurrenz bestehen können – sowohl auf dem Weltmarkt als auch in Deutschland. Anders als bei Film- und TV-Produktionen gibt es bei Computer- und Videospielen keine Möglichkeit, Inhalte „gesichert“ zu verwerten, wie das bei den öffentlich-rechtlichen TV- und Rundfunk-Kanälen der Fall ist. Auch wenn der deutsche Markt für Computer- und Videospiele einer der größte in Europa ist, bleibt er dennoch zu klein, als dass die Entwicklung von Games allein für ihn sinnvoll wäre. Die Folge: In Deutschland entwickelte Spiele kommen auf dem heimischen Markt lediglich auf einen Umsatzanteil von 6,5 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr ist ihr Anteil am Gesamtumsatz damit um einen halben Prozentpunkt gesunken. Dabei stellt sich die Situation auf den einzelnen Teilmärkten der Branche wie folgt dar: Auf dem deutschen Teilmarkt der Browser- und Online-Games ging der Umsatzanteil von im Inland entwickelten Spielen um knapp zwei Prozentpunkte auf 23 Prozent zurück. Ebenfalls um zwei Prozentpunkte sank der Anteil bei Spiele-Apps. Bei Games für PC und Spielekonsole gab es hingegen kaum Veränderungen: Der Umsatzanteil von Entwicklungen aus Deutschland auf diesem Teilmarkt beträgt, nach 0,5 Prozent im vergangenen Jahr, 2016 rund 0,6 Prozent. Grund für den geringen Anteil von Computer- und Videospielen aus Deutschland auf dem heimischen Markt sind vor allem die schwierigen Rahmenbedin- 24 BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 gungen für die Games-Branche hier. Unternehmen aus Deutschland stellen immer wieder unter Beweis, dass sie auch international beachtete Titel entwickeln können: So waren zuletzt unter anderem auch Games von Mimimi Productions und Rockfish Games Thema der Microsoft-Pressekonferenz im Vorfeld der E3, der neben der gamescom bedeutendsten Games-Messe weltweit. Der Titel „Fishing Time“ des Berliner Entwicklers Wooga war Teil von Apples WWDC-Keynote. Zudem bauen derzeit viele Absolventen von Games-Studiengängen in Deutschland kleine, kreative Entwickler-Teams auf, die sich mit Know-how und großem Tatendrang an die Entwicklung von Spielen machen wollen. Wie aber auch bei etablierten Teams aus Deutschland erweist sich für sie die Finanzierung dieser Projekte als problematisch. Hier unterscheidet sich Deutschland deutlich von Entwicklungsstandorten wie Großbritannien, Frankreich, Skandinavien und zuletzt auch Polen, die in der Breite mehr international erfolgreiche Games-Unternehmen anziehen und beherbergen. All diese Länder sind die Finanzierungsprobleme bei der Entwicklung von Computer- und Videospielen mit dem Einsatz systematischer Produktionsförderungen angegangen. Als Folge konnten Entwicklungsstudios vor Ort ihre Projekte erfolgreich umsetzen, ihren Marktanteil weltweit steigern und zusätzliche Fachkräfte einstellen. Unter dem Strich verdienten die jeweiligen Regionen und Länder dabei mehr, als sie in die Förderung investierten. Das ist ein Ergebnis, das auch in Deutschland bei einer systematischen Förderung zu erwarten wäre. BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 25 4 Die Entwicklung der Beschäftigtenzahlen Mittels eingehender Branchenbeobachtung und entsprechender Hochrechnungen erfasst der BIU kontinuierlich die Beschäftigungssituation der Computerund Videospielbranche in Deutschland. Demnach beschäftigt die Branche 12.839 Menschen (Stichtag: 1. April 2016). Hierzu zählen alle Beschäftigten, die durch ihre Unternehmenszugehörigkeit unmittelbar mit der Entwicklung und Vermarktung digitaler Spiele befasst sind. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Anzahl der Beschäftigten um 1 Prozent (12.726 Beschäftigte) gestiegen. Damit wächst die Anzahl der Beschäftigten in der Entwicklung und Vermarktung von Computer- und Videospielen deutlich langsamer als der Markt für digitale Spiele und Konsolen hierzulande. Von der Dynamik des Games-Marktes profitieren zwar durchaus viele deutsche Unternehmen, aber nicht Deutschland als Produktionsstandort. Beschäftigte in der deutschen Gamesbranche 2016 41+59+A Beschäftigte in der deutschen Gamesbranche 2016 12.839 Beschäftigte bei Entwicklern und Publishern 31.293 Beschäftigte total 18.454 Beschäftigte bei Dienstleistern, Handel, Medien, Hochschulen und öffentlichem Sektor mit Bezug zur Gamesbranche BIU Hochrechnungen auf Grundlage der Branchendatenbank “Industriekompass Games” (www.industriekompass-games.de), Stichtag 1. April 2016 BIU Hochrechnungen auf Grundlage der Branchendatenbank “Industriekompass Games” (www.industriekompass-games.de), Stichtag 1. April 2016 26 BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 ©BIU Studien belegen, dass der Anteil der in der Computer- und Videospielbranche sozialversicherungspflichtig Tätigen im Vergleich mit anderen Teilen der Kulturund Kreativwirtschaft zu den größten zählt.1 Rechnet man auch die Beschäftigten hinzu, die sich in angrenzenden Branchen Computer- und Videospielen widmen – etwa als Fachverkäufer im Einzelhandel, Journalisten, Wissenschaftler, Vertreter von Behörden und Institutionen –, so stellt man fest, dass durch die Wertschöpfung in der Computer- und Videospielbranche 31.293 Jobs (Stichtag: 1. April 2016) in Deutschland gesichert werden. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einer Steigerung von 3,5 Prozent (30.231). Insgesamt beschäftigen sich 510 Unternehmen in Deutschland mit der Entwicklung und dem Publishing von Games, der Großteil (319) entfällt auf den Bereich der Spieleentwicklung. Gleichzeitig fand hier das größte Wachstum statt: Im Vergleich zu 2015 (276 Unternehmen) ist die Anzahl der Unternehmen, die schwerpunktmäßig Spiele entwickeln, um 16 Prozent gewachsen. Weitere 69 haben ihren Fokus auf das Publishing von Spielen gelegt (+3 Prozent, im Vorjahr 67 Unternehmen). Die übrigen 122 Unternehmen agieren sowohl als Entwickler als auch als Publisher. 2015 waren dies 107 Unternehmen (+14 Prozent). Daten zur Anzahl der Beschäftigten und Unternehmen erfassen neben dem BIU auch die regionalen Netzwerke der Computer- und Videospielbranche, eine einheitliche Erhebungsmethode gibt es allerdings nicht. Hamburg beziffert die dort Beschäftigten auf 3.568 Personen , das Medienboard Berlin-Brandenburg spricht von rund 11.400 und Games/Bavaria von 2.022. Die Computer- und Videospielebranche hat diese unterschiedlichen Messungen der Arbeitsmarktzahlen als Problem erkannt: Auf Initiative des BIU, gefördert durch die Kulturstaatsministerin sowie die Länder Berlin und Hessen und mit Unterstützung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie einige weitere Bundesländer, wird derzeit erstmals an einer Studie zur umfassenden wirtschaftlichen Erhebung der Computer- und Videospielbranche in Deutschland erarbeitet. 1)BMWi, Monitoring zu ausgewählten wirtschaftlichen Eckdaten der Kultur- und Kreativwirtschaft 2013, S. 42. 2)http://www.nextmedia-hamburg.de/fileadmin/user_upload/PDFs/gamecityHamburg_Arbeitsmarkt15_ Grafik_210x280_4c_beli.pdf 3)http://www.medienboard.de/WebObjects/Medienboard.woa/wa/CMSshow/2607714 4)http://www.stmwi.bayern.de/fileadmin/user_upload/stmwivt/Themen/Medien/gamesstandort_bayern_studie_2013-05-24.pdf BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 27 5 Kulturgut Games Games sind mehr als jedes andere Medium nicht nur Wirtschaftsgut, sondern auch vermittelndes und narratives Medium – kurz: Kulturgut. Im Unterschied zu anderen Kulturgütern präsentieren Computer- und Videospiele nicht einfach nur Inhalte, sondern machen diese auch individuell erfahrbar. Dass die Hälfte aller Deutschen spielt, bedeutet auch: Viele Millionen Menschen erkunden regelmäßig neue Welten, sammeln vielschichtige Erfahrungen, schlüpfen in andere Rollen und erleben großartige Geschichten. Games haben sich so in wenigen Jahren fest im Medienkanon etabliert. Sie schaffen neue inhaltliche und ästhetische Trends und erweitern die Welt der Medien im gleichen Maße, wie sie selbst von den bisherigen Medien beeinflusst wurden. Sie eröffnen Einblicke in andere Kulturkreise und reflektieren gesellschaftliche Entwicklungen. Als „offene Kunstwerke“ im Sinne Umberto Ecos sind Games die Kunstwerke unserer Zeit: begehbare Installationen, die uns zu Akteuren machen und neue Perspektiven eröffnen. Gesteuert werden diese Erfahrungen durch die Macher der Spiele, die Game-Designer, indem sie uns Aufgaben stellen, Lösungsmöglichkeiten aufzeigen und uns letztendlich mit den Konsequenzen unserer Entscheidungen konfrontieren. Für Ausdruck und Inszenierung bedienen sich Games aller vorangegangenen Medienformen. Sie verschmelzen Text, Klang und Bewegtbild mit der InteraktiviDas MoMA in New York tät und der intrinsischen Motivation des Spielerischen zu einzigartigen Erfahrungen, die wir einzeln oder gemeinstellt seit 2012 wegweisende sam rezipieren können. Anstatt – wie etwa Filme oder BüComputerspieleklassiker aus. cher – lineare Geschichten zu erzählen, bieten Games Geschichtenwelten, einen Spielraum der Möglichkeiten, in dem sich die Spieler ihre eigenen Geschichten selbst erspielen. Die Einflüsse von Games finden sich überall: von der Pop- über die Hochkultur bis hin zur Digitalisierung unserer Gesellschaft. Der englischsprachige Kulturraum hat in den vergangenen Jahren eine Vorreiterrolle dabei eingenommen, die wachsende gesellschaftliche Bedeutung von Games anzuerkennen. So stellt das Museum of Modern Art in New York seit Ende 2012 eine stetig wachsende Sammlung von wegweisenden Spieleklassikern aus, während der britische Kulturminister Ed Vaizey im vergangenen Jahr betonte, dass Computer- und Videospiele für die Kultur des Vereinigten Königreiches genauso wichtig seien wie der Film. Inzwischen ist diese Botschaft auch in Deutschland angekommen. Eine wachsende Zahl von Events und Ausstellungen widmet sich den künstlerischen und kulturellen Dimensionen unseres noch jungen Mediums. Der BIU unterstützt Veranstaltungen und kulturelle Events wie den gemeinsam von Politik und Branche getragenen Deutschen Computerspielpreis oder das internationale Independent-Videogames-Festival AMAZE, das im Rahmen der International Games Week Berlin Arthouse- und Indie-Games aus aller Welt eine Bühne 28 BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 bietet. Auch im Rahmen des gamescom congress, der während der gamescom jedes Jahr in Köln stattfindet, wird über die vielfältigen Facetten von Games diskutiert. Dasselbe gilt für die B3 Biennale des bewegten Bildes in Frankfurt, ein multidisziplinäres Festival für die Avantgarde der Medienkunst. Weitere Beispiele für kulturelle Spiele-Events sind das jährliche Creative Gaming Festival PLAY in Hamburg, das die Bereiche Medienkunst, Diskurs und Bildung mit der Kultur digitaler Spiele vereint, sowie die Next Level Conference. Letztere, bislang in Köln beziehungsweise Dortmund, ab 2016 in Düsseldorf zuhause, betrachtet Games aus den Perspektiven von Kunst, kultureller Bildung und Wirtschaft. Außerdem ist die Lange Nacht der Computerspiele in Leipzig zu nennen, die die Kultur und Geschichte von Computer- und Videospielen beleuchtet. Neben der Dauerausstellung im Berliner Computerspielemuseum ist dem Thema Games 2015 in gleich zwei weiteren deutschen Museen jeweils eine eigene Ausstellung gewidmet worden: Zum einen befasste sich das Deutsche Filmmuseum in Frankfurt unter dem Titel „Film & Games – Ein Wechselspiel“ mit den Gemeinsamkeiten und Unterschieden von Filmen und digitalen Spielen. Im Rahmen der Ausstellung fand auch eine vom BIU und von der Stiftung Digitale Spielekultur veranstaltete „Spielung“ statt. Hierbei wurde dem Publikum das von der Kritik gefeierte Antikriegsspiel „Spec Ops: The Line“ des Berliner Entwicklers Yager präsentiert und seine Bezüge zum Film „Apocalypse Now“ und zur Novelle „Herz der Finsternis“ herausgearbeitet. Zum anderen ging das Karlsruher Zentrum für Kunst und Medientechnologie mit „Global Games“ der Frage nach, wie sich die Effekte der Globalisierung und realweltliche Bezüge in einem so internationalen Medium wie Computerspielen wiederfinden. Beide Ausstellungen sind Belege für den Einfluss, den Games heute bereits haben, und bekräftigen, dass sie als Kulturgüter genauso ernst zu nehmen sind wie andere Medien und Ausdrucksformen auch. Computer- und Videospiele sind ein noch vergleichsweise junges Medium und ihr enormes Potenzial wird gerade erst ergründet. Ihr Spektrum an Szenarien, Spielformen und Inszenierungen wächst mit jedem neuen Tag weiter. Ganz im Sinne von Friedrich Schiller gilt für unsere moderne Gesellschaft deshalb mehr denn je: „Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“ BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 29 6 Entwicklung der Zahl der Nutzer digitaler Spiele Auch im Jahr 2014 ist die Zahl der Nutzer von Computer- und Videospielen weiter gestiegen. Inzwischen spielt rund die Hälfte der Deutschen mindestens gelegentlich digital. Über 29 Millionen Deutsche spielen sogar regelmäßig, also mindestens mehrmals im Monat. Computer- und Videospiele sind ein Massenmedium. 6.1 Rund die Hälfte der Deutschen spielt In den vergangenen JahrenSpiele hat insbesondere der Anteil weiblicher Nutzer Nutzer digitaler in Deutschland zugenommen. Nutzer in Deutschland, die gelegentlich oder häufiger spielen Nutzer digitaler Spiele in Deutschland Nutzer in Deutschland, die gelegentlich oder häufiger spielen Mio. Mio. 18 17,9 Mio. Mio. 54% 53% 52% 53% 14,5 16,2 16,3 16,2 46 47 48 47% 17 Mio. % 31,4 Mio. Spieler 2013 Mio. % 34,2 Mio. Spieler 2014 Mio. % 34,3 Mio. Spieler 2015 18 Mio. 34,3 Mio. Spieler 2016 Berechnungen auf Grundlage des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) Zeitpunkt: Januar 2016 © BIU/GfK 2016 Quelle: Berechnungen auf Grundlage des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) Zeitpunkt: Januar 2016 30 BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 ©BIU/GfK2016 6.2 Gespielt wird in allen Altersgruppen Altersverteilung der Nutzer digitaler Spiele Altersverteilung in Deutschland der Nutzer digitaler Spiele in Deutschland 50+ J. 6,5 Mio. 7,3 Mio. 7,9 Mio. 8,4 Mio. 21% 21% 23% 25% 40-49 J. 5,7 Mio. 6,2 Mio. 6,2 Mio. 5,9 Mio. 18% 18% 18% 17% 30-39 J. 5,0 Mio. 5,5 Mio. 5,5 Mio. 5,5 Mio. 16% 16% 16% 16% 5,6 Mio. 5,8 Mio. 5,6 Mio. 5,5 Mio. 18% 17% 16% 16% 5,8 Mio. 6,2 Mio. 6,1 Mio. 6,0 Mio. 19% 18% 18% 17% 2,8 Mio. 3,4 Mio. 3,1 Mio. 3,0 Mio. 9% 10% 9% 9% 20-29 J. 10-19 J. Bis 9 J. 31,4 34,2 34,3 34,3 Mio. Spieler Mio. Spieler Mio. Spieler Mio. Spieler 2013 2014 2015 2016 Berechnungen auf Grundlage des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) Zeitpunkt: Januar 2016 © BIU/GfK 2016 Quelle: Berechnungen auf Grundlage des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) Zeitpunkt: Januar 2016 ©BIU/GfK2016 Immer mehr Spiele werden auf dem Smartphone oder Tablet gespielt. Niedrige Einstiegshürden und die intuitive Bedienbarkeit einfacher Gelegenheitsspiele, der sogenannten Casual Games, machen digitale Spiele für immer mehr Menschen attraktiv. Insbesondere in der Altersgruppe 50+ stieg die Zahl der Nutzer zuletzt nochmals deutlich an. BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 31 6.3 Bildungsgrad und Einkommen der Nutzer digitaler Spiele Computer- und Videospiele waren und sind in allen gesellschaftlichen Schichten eine beliebte Freizeitunterhaltung, unabhängig von Bildungsgrad und Einkommen. Die Freude am Spielen ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. Bildungsgrad der Nutzer digitaler Bildungsgrad der Nutzer digitaler Spieler in Deutschland Spieler in Deutschland Bildungsgrad der Nutzer digitaler Spiele in Deutschland 5,6 Mio. % 5,6 20 Mio. 20% 5,6 Mio. % 5,6 20 Mio. 20% 9,6 Mio. % 9,6 34 Mio. 34% 7,3 Mio. % 7,3 26 Mio. 26% 28,1 Mio. 28,12013 Mio. 2013 6,3 Mio. % 6,3 21 Mio. 21% 6,1 Mio. % 6,1 20 Mio. 20% 10,5 Mio. % 10,534 Mio. 34% 7,7 Mio. % 7,7 25 Mio. 25% 30,6 Mio. 30,62014 Mio. 2014 6,6 Mio. % 6,6 22 Mio. 7 Mio. 23% 7 Mio. 22% 6,1 Mio. % 6,1 20 Mio. 23% 6,1 Mio. % 6,1 20 Mio. 20% 10,5 Mio. % 10,535 Mio. 35% 7,2 Mio. % 7,2 24 Mio. 24% 30,4 Mio. Mio. 30,42015 2015 20% 10,2 Mio. % 10,233 Mio. 33% 7,2 Mio. % 7,2 24 Mio. 24% Hochschule Hochschule Abitur Abitur Mittlere Reife Hauptschule Mittlere Reife Hauptschule 30,5 Mio. 30,52016 Mio. 2016 Berechnungen auf Grundlage des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) Zeitpunkt: Januar 2016 © BIU/GfK 2016 Quelle: Berechnungen auf Grundlage des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) Zeitpunkt: Januar 2016 Quelle: Berechnungen auf Grundlage des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) Zeitpunkt: Januar 2016 32 BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 ©BIU/GfK2016 ©BIU/GfK2016 Haushaltseinkommen der Nutzer digitaler Spieler in Deutschland Haushaltseinkommen der Nutzer digitaler Spiele in Deutschland 3,7 Mio. 12% 4,4 Mio. 13% 5,2 Mio. 15% 5,7 Mio. 17% 6,8 Mio. 22% 7,6 Mio. 22% 7,6 Mio. 22% 8,0 Mio. 23% 10,4 Mio. 33% 11,2 Mio. 33% 10,8 Mio. 31% 10,5 Mio. 31% 4000 € + 8,1 Mio. 26% 8,6 Mio. 25% 2,6 Mio. 8% 2,6 Mio. 8% 31,4 34,2 8,3 Mio. 24% 7,6 Mio. 22% 3000 - 3999 € 2000 - 2999 € 1000 - 1999 € Bis 999 € 2,4 Mio. 7% 34,3 2,4 Mio. 7% 34,3 Mio.Spieler Mio. Spieler Mio. Spieler Mio. Spieler 2013 2014 2015 2016 Berechnungen auf Grundlage des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) Zeitpunkt: Januar 2016 © BIU/GfK 2016 Quelle: Berechnungen auf Grundlage des GfK Consumer Panels (2014/2015; n=25.000) Zeitpunkt: Januar 2016 ©BIU/GfK2016 BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 33 7 D ie gamescom: größtes internationales Event für interaktive Unterhaltung Die gamescom hat sich zum weltweit größten Event für Computer- und Videospiele entwickelt. Bereits seit 2009 findet die vom BIU veranstaltete Messe in Köln statt. 2015 konnte erneut ein Besucherrekord gefeiert werden: Rund 345.000 Interessierte fanden den Weg zur gamescom. Mit weiteren Veranstaltungen wie dem gamescom city festival oder Entwicklerkonferenzen wie der RESPAWN, die im direkten Umfeld stattfinden, versammelt die gamescom jedes Mal mehr als eine halbe Million Menschen in Köln. Die Entwicklung der gamescom in Zahlen Die Entwicklung der gamescom in Zahlen Besucher / Ausstellerländer / Aussteller Besucher/Ausstellerländer/Aussteller 340.000 +24% 254.000 275.000 +8% 335.000 -1% 275.000 +/-0% 47 40 345.000 +3% 40 45 40 806 33 703 635 600 557 505 2010 2011 Anzahl der Besucher 2012 2013 Anzahl der Ausstellerländer gamescom Endbericht Ausstellerund Besucherbefragung Quelle: gamescom Endbericht Ausstellerund Besucherbefragung 34 BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 2014 2015 Anzahl der Aussteller © BIU/GfK 2016 ©BIU/GfK2016 Der anhaltende Erfolg der Messe wird von mehreren Säulen getragen und basiert auf der stetigen Weiterentwicklung des Konzepts. So bietet die gamescom mit der business area und der entertainment area jeweils eigene Bereiche für Fach- und Privatbesucher. Mit der GDC Europe findet zudem zum Auftakt der gamescom-Woche eine der wichtigsten Konferenzen der Computer- und Videospielbranche statt. Der gamescom congress, gefördert durch das Land Nordrhein-Westfalen und die Stadt Köln, ist nicht nur der größte Kongress rund um digitale Spiele, sondern auch eine wichtige Schnittstelle zu anderen Kultur- und Kreativbranchen und zur Digitalwirtschaft. Im Jahr 2015 diskutierten hier in über 40 Gesprächsrunden und Vorträgen über 150 Speaker vor mehr als 600 Besuchern über Trends und Themen rund um Computer- und Videospiele. Die kontinuierliche Weiterentwicklung der gamescom wurde 2015 besonders deutlich: Erstmals gab es mit der „family & friends“-Area einen eigenen Bereich speziell für Familien, in dem man gemeinsam spielen und sich entspannen konnte, wo Eltern aber auch Informationen zur Medienkompetenz-Erziehung erhielten. Zudem fand unter der Schirmherrschaft von Dorothee Bär, Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, der Women In Tech Day statt, bei dem die Karrieremöglichkeiten von Frauen in der Games-Branche im Fokus standen. Mit der gamescom verfügt Deutschland über ein internationales Aushängeschild für die Computer- und Videospielbranche, das weltweit einmalig ist. BIU – Jahresreport der Computer- und Videospielbranche in Deutschland 2016 35 Impressum Herausgeber BIU – Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware e. V. Charlottenstraße 62 10117 Berlin Layout/Titeldesign/Satz Stefan Sturm www.grafiksturm.de Infografiken Visualize.my Schwedter Straße 48 10435 Berlin [email protected] BIU – Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware e. V. Charlottenstraße 62 10117 Berlin Tel.: 030 240 87 79 - 0 Fax: 030 240 87 79 - 11 E-Mail: [email protected] /BIU_eV /BIUeV www.biu-online.de
© Copyright 2024 ExpyDoc