Landesverband der Gartenfreunde Baden-Württemberg e.V. Heigelinstraße 15, 70567 Stuttgart, Telefon: 0711/715 53 06 e-mail: [email protected], Internet: www.gartenfreunde-landesverband-bw.de Hausgarten-ABC Juli/August: Verbinden statt trennen - Grenzeinrichtungen Bevor Grenzeinrichtungen wie Zäune, Mauern und Hecken behandelt werden können, muss zuerst noch das Thema „Gehölze“ der letzten Ausgabe des Hausgarten-ABC abgeschlossen werden, wo die Abwehrmöglichkeiten gegen über die Grenze herüberwachsende Zweige und Wurzeln sowie das freizuhaltende Lichtraumprofil über Gehweg und Straße aus Platzgründen noch offen bleiben mussten: Ein häufiger Grund für Nachbarschaftsstreitigkeiten ist das Herüberhängen von Zweigen über die Grenze auf das Nachbargrundstück oder unterirdische „Grenzverletzungen“ durch eindringende Wurzeln. Grundsätzlich darf der/die Betroffene zwar zur Selbsthilfe greifen, aber nur, wenn die Nutzung seines Grundstücks beeinträchtigt wird und auch erst nach Information des Nachbarn und Setzung einer angemessenen Frist – sinnvollerweise nicht unter 4-6 Wochen. Lässt der Nachbar diese verstreichen, darf zur Säge gegriffen werden. Obstbäume genießen jedoch einen besonderen Schutz: Bei ihnen kann nur ein Aufasten bis zu einer Höhe von 3 m gefordert werden. Höhere Zweige dürfen in den Luftraum des Nachbargrundstückes hineinragen, es sei denn, dieses Grundstück wird erwerbsmäßig genutzt und durch die Zweige oder das Fallobst entstehen wirtschaftliche Nachteile. Besondere Vorsicht geboten ist bei der Kappung von Starkwurzeln: Nicht nur die dadurch möglicherweise beeinträchtigte Verankerung des Baumes muss dabei berücksichtigt werden, sondern auch das Eindringen von Bakterien und holzzersetzenden Pilzen, die auf längere Sicht die Statik des Baumes schwächen können. Stürzt ein durch Eingriffe in den Wurzelbereich geschädigter Baum um, kann eine Mitverantwortung des peniblen Nachbarn nicht ausgeschlossen werden. Wenn das Nachbarrecht von „Überfall“ spricht, rückt nicht die Polizei aus, sondern es ist Bücken angesagt, denn es handelt sich ganz unspektakulär um Früchte, die von über die Grenze ragenden Zweigen eines Obstbaumes auf das Nachbargrundstück fallen. Sobald sie dort Bodenkontakt haben, werden sie zum Bestandteil dieses Grundstücks und der Nachbar darf sie aufsammeln und verwerten. Nicht erlaubt ist es jedoch, dem „natürlichen Fruchtfall“ durch Schütteln o.ä. etwas nachzuhelfen, denn solange die Früchte am Baum hängen, gehören sie dem Baumbesitzer. Deshalb darf dieser auch z.B. mit Sogar leckere Äpfel können zu Nachdem Apfelpflücker die Früchte von den überhän- barschaftsstreitigkeiten führen… genden Zweigen ernten, nicht aber die schon auf dem Boden liegenden „aufgabeln“ oder gar durch ungenehmigtes Betreten des Nachbargrundstückes aufsammeln. Ärgerlich wird es dann, wenn der mit der unbeabsichtigten Ernte gesegnete Nachbar nichts damit anfangen kann oder will. Das Entsorgen geringer Mengen ist auch ohne Entschädigung zumutbar, bei höherem Aufwand oder durch das Fallobst z.B. auf Verkehrsflächen heraufbeschworenen Gefährdungen sollte gemeinsam mit dem Baumeigentümer eine Lösung gefunden werden. Grenzt das Grundstück an öffentliche Verkehrsflächen, muss die Bepflanzung entlang dieser Straßen oder Wege das Lichtraumprofil einhalten, damit Fußgänger, Radfahrer und Fahrzeuge nicht beeinträchtigt werden. Hecken dürfen den Gehweg nicht verengen und über ihn ragende Äste von Bäumen oder Sträuchern müssen bis zu einer Höhe von 2,50 m entfernt werden. Über von KFZ befahrenen Flächen ist eine Höhe von 4,50 m freizuhalten, damit auch LKWs mit hohem Aufbau passieren können. Bei Eckgrundstücken an Kreuzungen oder Straßeneinmündungen ist oft im Bebauungsplan eine die straßenseitige Ecke „abschneidende“ Linie eingetragen, die bedeutet, dass zwischen Straße und Linie wegen der Verkehrssicherheit ein sogenanntes „Sichtfeld“ freizuhalten ist, innerhalb dessen keine Pflanze oder Garteneinrichtung höher als 80 cm sein dürfen. Zäune und Mauern sind heute in den Neubaugebieten glücklicherweise die absolute Ausnahme, üblicherweise werden Hecken („lebende Einfriedungen“, §12 NRG) als Grenzeinrichtungen oder zum Sichtschutz gepflanzt – aber auch diese sollten eher grüne Bindestriche als trennende Demarkationslinien sein, auch wenn sie ab und zu Ursachen nachbarlichen Zwistes sein können: Zu hoch gewachsen, zu dicht an der Grenze gepflanzt, die Grenze überwachsend, Gründe lassen sich viele finden. Der erforderliche Grenzabstand ist im baden-württembergischen Nachbarrechtsgesetz klar definiert und lässt sich für den Innerortsbereich mit folgenden beiden Formeln zusammenfassen: Grenzabstand Pflanzung = 50 cm + Mehrhöhe der Hecke über 180 cm Beispiel: Eine 220 cm hohe Hecke muss mit einem Grenzabstand von 50 cm + 40 cm Mehrhöhe (220 cm -180 cm) = 90 cm gepflanzt werden. Durch seitlichen Rückschnitt einzuhaltender Abstand zur Nachbargrenze für Hecken höher als 180 cm = ½ des Grenzabstandes der Pflanzung Beispiel: Eine 220 cm hohe Hecke muss auf einen Grenzabstand von 45 cm = 90 cm (50 cm Grenzabstand + 40 cm Mehrhöhe) / 2) zurückgeschnitten werden. Hecken bis 180 cm Höhe dürfen bis an die Grundstücksgrenze wachsen, was theoretisch großzügig klingt (Sichtschutz), jedoch im Gartenalltag häufig für Probleme sorgt, wenn das Nachbargrundstück für die Pflege der Hecke betreten werden muss (siehe unten). Bei den üblicherweise mehrtriebigen Heckensträuchern wird der Grenzabstand ausgehend von „Zentrum“ der Triebe gemessen (§ 22 NRG). Vom 1. März bis zum 30. September kann der Besitzer einer Hecke nicht zum Zurückschneiden (seitliches Einkürzen) oder Verkürzen (Höhenrückschnitt) verpflichtet werden. Der Anspruch auf den Rückschnitt einer Hecke verjährt zwar im Prinzip nicht, doch kann er durch eine langjährige Duldung verwirkt werden, z.B. wenn ein dann erforderlicher entsprechend starker Eingriff die Hecke so schädigt, dass sie praktisch wertlos wird – hier kommt dann der Schutz des Eigentums zum Tragen. Deshalb gilt auch hier: Besser gleich den Nachbarn auf einen Missstand hinweisen als jahrelang zähneknirschend zuzuschauen und irgendwann, wenn der „Leidensdruck“ zu groß wird, dessen Beseitigung zu fordern. Muss das Nachbargrundstück z.B. zum Heckenschneiden betreten werden, muss dessen Besitzer vorher informiert werden, am besten ca. 14 Tage vorher. Verweigern kann er das Betreten seines Grundstückes normalerweise nicht, allerdings hat er Anspruch auf Schadensersatz, falls bei den Arbeiten Schäden an seinem Eigentum entstehen. Erfahrungsgemäß können hierbei auch Konflikte entstehen, so dass die Empfehlung, alle Grenzeinrichtungen so zu erstellen oder zu gestalten, dass sie vom eigenen Grundstück aus gepflegt werden können, nicht aus der Luft gegriffen ist. Gleich 2 Fehler in einem Bild: Erstens müssen die Seitenwände einer Hecke trapezförmig geschnitten werden (grüngestrichelte Linie), damit die tieferen Äste nicht von den höheren beschattet werden und auch der im natürlichen Wuchsprogramm beinhalteten Spitzenförderung (stärkeres Wachstum der höheren Zweige und Unterdrückung tieferstehender ► Verkahlung von unten) entgegengewirkt wird. Zweitens muss schon beim Aufbau der Hecke die Oberseite regelmäßig geschnitten werden, nicht erst bei Erreichen der „Wunschhöhe“ (gelbgestrichelte Linie). Es sollen maximal 5 cm Höhenzuwachs pro Jahr zugelassen werden, um eine zur Stabilität der Hecke wichtige gleichmäßige und dichte Verzweigung schon von der Basis aus zu erreichen. Bei hoher Schneelast fallen die „Besen“ dieser Hecke auseinander. Formschnitthecken sollten wie in der Aprilausgabe bereits beschrieben, nur bei beengten räumlichen Verhältnissen gepflanzt werden, sonst ist freiwachsenden Hecken mit möglichst ökologisch wertvollen Sträuchern der Vorzug zu geben. Pflanzenempfehlungen werden in der nächsten Folge genannt. Für Formschnitthecken besonders geeignet sind Hainbuche (winterlicher Sichtschutz durch erst im Frühjahr abgeworfenes trockenes Laub), Feldahorn und Kornelkirsche, unter den Immergrünen eigentlich nur die extrem rückschnittverträgliche und sehr robuste Eibe, ggf. auch der Buchs-Nachfolger Japanische Hülse (Ilex crenata). Bei großblättrigen Immergrünen wie Kirschlorbeer müssten die zu lang gewordenen Triebe eigentlich einzeln (!) mit der Rebschere zurückgeschnitten werden, da die Heckenschere die Blätter verstümmelt. Immergrüne Hecken sind an Straßen, die im Winter gestreut werden, unbedingt vor dem salzhaltigen Spritzwasser zu schützen, das zu Blatt-/Nadelverbrennungen führt. Ein Rückschnitt im Hochsommer führt zu Sonnenbrandschäden (Ausbleichen und Vertrocknen), da die vorher geschützten inneren Blätter bzw. Nadeln an die direkte Sonnenbestrahlung nicht angepasst sind. Aufgrund der Komplexität des Themas ist dieser Beitrag nun umfangreicher geworden als geplant, so dass er in der Septemberausgabe fortgesetzt wird. Landesfachberater Harald Schäfer
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