Guerilla-Gärtner Maurice Maggi: Der Blumenrebell - NZZ Gesellschaft: Aktuelle Themen 16.07.16 09:46 Abonnieren Startseite MENÜ Gesellschaft Startseite ANMELDEN Aktuelle Themen Meinung International Wirtschaft Finanzen Schweiz Feuilleton Zürich Sport Wissenschaft Panorama Guerilla-Gärtner Maurice Maggi Der Blumenrebell von Beat Grossrieder / 16.7.2016, 05:30 Uhr Weil er heimlich Samen streut, erblühen in Zürich Malven und andere PNanzen: Maurice Maggi schärft unseren Blick auf die Stadtnatur und kämpft für mehr Grün im Grau. KOMMENTARE MEISTGELESEN Anschlag in Nizza Zweites Schweizer Todesopfer – Attentäter identi>ziert – 10 Minderjährige unter Opfern ks. / ela. / msl. / but. / hdl. / 15.7.2016 Putschversuch in der Türkei Regierung nimmt 1563 Militärangehörige fest Live / toc. / bso. / ela. / ks. Agenturen / vor 21 Minuten Putschversuch in der Türkei Teile der Armee erheben sich gegen Erdogan Inga Rogg, Istanbul / 15.7.2016 Ein Wegbereiter des Urban Gardening: Maurice Maggi. (Bild: Dominic Steinmann / NZZ) «Blühten in Zürich früher die Linden, setzte die Stadt ein Inserat ins http://www.nzz.ch/gesellschaft/aktuelle-themen/guerilla-gaertner-maurice-maggi-der-blumenrebell-ld.105831 Seite 1 von 5 Guerilla-Gärtner Maurice Maggi: Der Blumenrebell - NZZ Gesellschaft: Aktuelle Themen 16.07.16 09:46 ‹Tagblatt›, um der Bevölkerung mitzuteilen, sie könne die Blüten ernten und bei der Verwaltung gratis Hochstammleitern ausleihen.» Maurice Maggi schmunzelt, als er dieses Beispiel erzählt; es stammt aus seiner Jugendzeit, Anfang der sechziger Jahre wird es gewesen sein. Der 1955 Geborene wanderte später mit der Familie nach Rom aus, wo er die Schule besuchte. 1972 zurück in Zürich, machte er eine Lehre als Landschaftsgärtner und bildete sich autodidaktisch zum Koch und zum Pionier des Urban Gardening weiter. Maggi sitzt in einem Gartencafé auf dem Idaplatz in Zürich. Das Beispiel mit den Lindenblüten zum Selberpflücken bringt für ihn auf den Punkt, wie Mensch und Natur in einer Stadt harmonieren müssten. Wer vom Baum ernte, der neben seinem Haus wachse, entwickle einen sorgfältigeren Umgang damit und einen neuen Blick auf die Stadtnatur. «Je grüner eine Stadt ist und je mehr wir das Grün auch nutzen können, desto mehr Lebensqualität bietet uns die Stadt.» Inspirationen aus New York Urban Gardening liegt im Trend: Von Amsterdam bis Stockholm stellen Städter Holzkisten auf die Strassen, füllen sie mit Erde und lassen darin Beeren und Gemüse, Kräuter und Obst spriessen. Hochbeete stehen in Hinterhöfen und bei Siedlungen, zieren brachliegende Grundstücke und sind beim Altersheim genauso anzutreffen wie beim Jugendhaus. Kein Zweifel: Die Schweizer Städte sind grüner geworden. Dass es dafür Pioniere gebraucht hat, geht oft vergessen. Maurice Maggi ist so ein Wegbereiter, ohne den Zürich heute nicht so sprösse. Das hat auch damit zu tun, dass Maggi gern über den eigenen Gartenhag schaut. Inspirieren lässt sich der 61-Jährige vor allem von New York. Anfang der neunziger Jahre reiste er erstmals in die pulsierende Stadt, um dort als Küchenchef zu arbeiten. Er lernte die Green-Guerilla-Bewegung kennen, die dort seit den siebziger Jahren aktiv ist. «Es müsste konsequent das Recht des Schwächeren gelten. Zuerst kommt die Natur, dann der Fussgänger, dann das Velo, dann am Schluss das Auto.» Maggi selbst hatte in den frühen achtziger Jahren sein Markenzeichen entwickelt: das Guerilla Gardening mit Blumen-Graffiti. Statt mit Spraydose zieht er nachts mit Pflanzensamen durch die Gassen und sät diese heimlich aus. Vor allem Malven haben es ihm angetan: Die «Rose der Bauerngärten» blüht von Juni bis zum ersten Frost, ist anspruchslos und robust, hat eine breite Farbpalette von Weiss bis Violett. «Sie blüht auf Augenhöhe und wirkt beruhigend auf den Verkehr», sagt der Landschaftsgärtner überzeugt. Stünden Malven an einer Kreuzung, führe dies zu einer harmonischen Brechung der Strassenlinien und zu einer Entschleunigung. Neben dem Stadtgrün ist das gute Miteinander im städtischen Raum ein weiteres Anliegen des Guerilla-Gärtners. Der öffentliche Raum werde immer wichtiger, weil sich die Stadt gegen innen verdichte. Das führe dazu, dass sich die Menschen mehr draussen auf Strassen und Plätzen aufhielten. Diesen Räumen müsse man Sorge tragen: «Es http://www.nzz.ch/gesellschaft/aktuelle-themen/guerilla-gaertner-maurice-maggi-der-blumenrebell-ld.105831 Seite 2 von 5 Guerilla-Gärtner Maurice Maggi: Der Blumenrebell - NZZ Gesellschaft: Aktuelle Themen 16.07.16 09:46 müsste konsequent das Recht des Schwächeren gelten. Zuerst kommt die Natur, dann der Fussgänger, dann das Velo, dann am Schluss das Auto. Leider gilt bei uns nach wie vor das Recht des Stärkeren, das Auto dominiert alles.» Keine Obstbäume in Zürich Dass es auch anders geht, wurde dem Zürcher kürzlich in New York bewusst. Mit Glanz in den Augen berichtet Maggi von seinem letzten Aufenthalt im Big Apple. Zu Weihnachten 2015 erfüllte er sich einen Traum und fuhr mit dem Atlantikdampfer «Queen Mary 2» an die Ostküste. «Es war ein erhebendes Gefühl, mit dem Schiff in den Hafen einzulaufen und an der Freiheitsstatue vorbeizugleiten, so wie es früher die Auswanderer gemacht hatten.» Von New York brachte Maggi viele Ideen mit. «Bis 2030 will die Stadt die grünste Metropole der Welt werden», berichtet er und redet sich ins Feuer. New York habe ein Programm lanciert, um nachhaltiger zu werden. Zum Beispiel habe die Stadt in den letzten Jahren eine Million Bäume gesetzt. «Eine Million – das muss man sich einmal vorstellen!», sagt er und schüttelt lachend den Kopf. Er selbst hat es kürzlich in Zürich mit vier Stück versucht – und ist gescheitert. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion hatte er an einer zentralen Strasse vier Obstbäume in Beete gepflanzt, die das städtische Gartenamt für Zierbäume vorbereitet hatte. Die Bäumchen wurden von Anwohnern, Kindern und Passanten sofort ins Herz geschlossen; sie gossen sie und freuten sich darauf, im Herbst die Früchte zu ernten. Doch so weit kam es nicht: Grün Stadt Zürich grub die Bäume wieder aus und versetze sie an einen anderen Ort. Dort ginge es den Bäumen besser, war die Begründung, am alten Ort hätten sie unter Streusalz und Hitze zu leiden gehabt und Passanten behindert. Maggi hält diese Argumente für vorgeschoben: «Die Bäume wären dort genau richtig gewesen, weil sie den Menschen vor Ort etwas gebracht hätten.» Essen, was die Stadt hergibt Dann kommt er wieder auf New York zu sprechen: Die Stadt habe nicht nur viel Grün gepflanzt, sondern konsequent die Quartiere autonomer gemacht und das Velo gefördert. So konnte man den Footprint an Kohlendioxid um gut einen Fünftel senken. Bis 2050 wolle New York City diesen Ausstoss gar um achtzig Prozent reduzieren. «Wie in New York sollten die Quartiere auch in Zürich und anderen Städten autonomer werden und sich weitgehend selbst versorgen», sagt Maggi. Wo jedes Quartier eigene Parks pflege, eigenes Gemüse anbaue und auch Arbeit, Kultur und Bildung ihren Platz hätten, schrumpfe die Mobilität von selbst aufs Minimum. Dies erhöhe die Lebensqualität und sorge erst noch für stärkere soziale Bindungen. Dass es Maurice Maggi ernst ist mit der Behauptung, die Stadtnatur müsse mehr Lebensmittel produzieren, beweist sein Buch «Essbare Stadt». Das 320 Seiten dicke Werk ist 2014 im AT-Verlag erschienen und versammelt siebzig vegetarische Rezepte mit Pflanzen aus der Stadt von Ahorn, Bärlauch, Berberitze bis Mistel, Spitzwegerich, Weissdorn. Zu jeder Jahreszeit, auch im Winter, zieht Maggi los und sammelt vor der Haustür Pflanzen, die er fürs Kochen braucht. Beispiel: Kaum wird es Frühling, zupft er jungen Löwenzahn, macht daraus Salat mit einer Sauce aus hausgemachtem Waldmeisteressig und serviert diesen mit eigenen Huflattich-Blinis und eigenem Bärlauch- http://www.nzz.ch/gesellschaft/aktuelle-themen/guerilla-gaertner-maurice-maggi-der-blumenrebell-ld.105831 Seite 3 von 5 Guerilla-Gärtner Maurice Maggi: Der Blumenrebell - NZZ Gesellschaft: Aktuelle Themen 16.07.16 09:46 Brunnenkresse-Pesto. So wie in der Natur nichts von heute auf morgen gedeihe, benötige auch eine Stadt Zeit, bis sich etwas verändere. Was abenteuerlich tönt, ist bei Maggi ein überlegter, ritualisierter Ablauf. Er sammelt nicht einfach blindlings drauflos, was die Stadtnatur hergibt, sondern geht bedächtig ans Werk. Er nimmt nur das, was er kennt, und nur so viel, wie er braucht. Er lässt immer genug stehen, damit andere auch noch etwas vorfinden und genug übrig bleibt fürs langfristige Überleben der Art. Er rupft nicht aus, sondern schneidet mit dem Messer ab; so erholt sich die Pflanze besser. Er sammelt nicht in Schutzgebieten und lässt geschützte Arten stehen. Er nimmt nicht von überall, sondern meidet Hundewege, befahrene Strassen und nach Urin riechende Ecken. Tourismuswerbung mit Malven Dass man ihn als Guerilla-Gärtner bezeichnet, stört Maurice Maggi nicht. Jedoch versteht er seine Kunst als ein sanftes Mittel, um Prozesse in Gang zu bringen. Im Gegensatz zu Guerilla-Aktionen, die auf Gewalt setzten, brauchten seine Initiativen vor allem eines: Geduld. So wie in der Natur nichts von heute auf morgen gedeihe, benötige auch eine Stadt als Organismus Zeit, bis sich etwas verändere. Zuerst müsse in den Köpfen der Bewohner ein Umdenken einsetzen, dann schwenkten auch die Behörden um – und irgendwann seien die neuen Ideen salonfähig. Maggi sieht dies exemplarisch bei seinen floralen Graffiti: Bis in die achtziger Jahre habe Grün Stadt Zürich alle seine heimlich gepflanzten Blumen entfernt. Das habe sich inzwischen grundlegend geändert, die Stadt lasse die Malven stehen und freue sich sogar darüber. Mehr noch: Macht Schweiz Tourismus heute im Ausland Werbung für Zürich, präsentiert die Organisation nicht selten Strassenbilder, auf denen uns Maggis Malven entgegenleuchten. KOMMENTARE ZUR STARTSEITE Aktuell Mehr Wettbewerb Private Spitex erhöht Druck auf Platzhirsche von Simon Hehli / vor 4 Stunden Kaum eine Gemeinde schreibt heute die Aufträge für die PflegeGrundversorgung aus. Die kommerziellen Anbieter fühlen sich dadurch benachteiligt – und holen juristische Hilfe. Welt-Aids-Konferenz Weg vom Medikamenten-Cocktail von Alan Niederer / vor 4 Stunden Am Montag beginnt in Südafrika die Welt-Aids-Konferenz. Unter anderem wird es um die Frage gehen, wie es gelingt, allen Menschen Zugang zu Diagnose, Therapie und Prävention zu verschaffen. Weiterentwicklung Schienennetz http://www.nzz.ch/gesellschaft/aktuelle-themen/guerilla-gaertner-maurice-maggi-der-blumenrebell-ld.105831 Seite 4 von 5 Guerilla-Gärtner Maurice Maggi: Der Blumenrebell - NZZ Gesellschaft: Aktuelle Themen 16.07.16 09:46 Mehr Bahn für das viele Geld Kommentar / von Paul Schneeberger / vor 4 Stunden Verkehrsbeziehungen zwischen Vorstädten und Agglomerationen gewinnen an Bedeutung. Die Bahn muss gegenüber dem Auto punkten sonst wird sie den ihr zugedachten Teil des Verkehrswachstums nicht auffangen können. Mike Pence soll Vizepräsident werden Trump wählt sein pures Gegenteil von Peter Winkler, Washington / 15.7.2016 Erstaunlicherweise hat sich Donald Trump für einen ruhigen, eher unscheinbaren Partner für die Präsidentenwahl entschieden. Ob und wie viel dieser bewirken kann, ist aber sowieso umstritten. Zwischenhalt in der Schweiz Wie Basel einst zur Tour de France kam von Christof Gertsch / vor 3 Stunden Was Bern ab Montag haben wird, hatte Basel vor 34 Jahren: drei Tage lang das grösste Radrennen der Welt in der Stadt. Wochenquiz #2 5 Schätzfragen – wissen Sie es noch? von Beni Buess, David Bauer / 15.7.2016 Venezuela in der Krise, Territorialansprüche im Südchinesischen Meer und ein neues Stadion für Zürich. Wie gut erinnern Sie sich an die Nachrichten dieser Woche? Ein interaktiver Rückblick. Transatlantisches Freihandelsabkommen TTIP «Einigung bis Ende Jahr möglich» von René Höltschi, Brüssel Christoph Eisenring, Berlin / 15.7.2016 Die Arbeit am Freihandelsabkommen der EU mit den USA wird derzeit sehr unterschiedlich beurteilt: Die Unterhändler sehen sich auf Kurs, manche deutsche Sozialdemokraten munkeln über den Tod von TTIP. Service / Newsletter / Facebook / Twitter / Xing / Google+ / Instagram / RSS-Feeds / Apps / Kontakt & Feedback / Häuhge Fragen / Leserbriefe / Impressum / Netiquette / AGB & Datenschutz / Wetter Abonnement / Alle Angebote / Zeitungen / Magazine / E-Paper / Mein Abo verwalten Marktplätze / Jobs / Immobilien / Traueranzeigen NZZ Welt / Shop / Reisen / Wein / Archiv / Format / Libro Zeitungen und Magazine / Neue Zürcher Zeitung / NZZ am Sonntag / NZZ Folio / NZZ Campus / Frame / NZZ Selekt / NZZ Geschichte / NZZ am Sonntag Stil / NZZ Z / NZZ Bücher am Sonntag / NZZ Residence / NZZ Fokus / NZZ Executive / NZZ Domizil / NZZ Chronik NZZ Mediengruppe / Unternehmen / Offene Stellen / Medienmitteilungen / LZ Medien / Tagblatt Medien / TV und Radio / NZZ Film / NZZ Podium / NZZ Podium Berlin Werbung / Mediadaten / Inserieren / Zeitungen / audienzz / Rubrikenmärkte / Kontakt Weitere Angebote / Abnehmprogramm eBalance / Handelsregister- u. Wirtschaftsinformationen Schweiz / Handelsregister- u. 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