ENERGIEPOLITIK Juli 2016 1 HALBZEITPAUSE Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser, zu Jahresbeginn haben wir in bewährter Tradition einen energiepolitischen Rückblick auf das Jahr 2015 und einen Ausblick auf das laufende Jahr 2016 geworfen. Schon damals war im Grunde klar, dass bis zur parlamentarischen Sommerpause kaum Zeit zum Durchatmen verbleibt. Diese Erwartung hat sich bestätigt, wenn man auf die inzwischen beschlossenen Gesetzespakete blickt. Die Abgeordneten verabschiedeten sich nun in die Sommerpause und es wird für einige Wochen etwas ruhiger in den Straßen des Regierungsviertels. Für uns eine gute Gelegenheit, einen energiepolitischen Blick auf dieses dritte Quartal der 18. Legislaturperiode zu werfen und selbst durch zu schnaufen. Was ist gelungen? Was nicht? Was muss nach der Sommerpause noch erledigt werden, bevor der Wahlkampf für die anstehenden Bundestagswahlen 2017 die Themenarbeit ein Stück weit verdrängen wird? Wir wünschen Ihnen wie immer viel Spaß bei der Lektüre und freuen uns über Ihr Feedback. Herzliche Grüße von Ihren BBHlern sendet Ihre Dr. Ines Zenke Rechtsanwältin, Partner BBH Juli 2016 2 INHALT TEIL 1: DAS STROMMARKTDESIGN.................. 5 I. II. DAS STROMMARKTGESETZ STEHT ........... 5 DIE BRAUNKOHLERESERVE IST VON DER KOMMISSION GEBILLIGT ............................... 6 III. DIE ABSCHALTBAREN LASTEN WERDEN WEITERENTWICKELT ..................................... 6 TEIL 2: DER ATOMAUSSTIEG .............................. 7 I. II. DIE FINANZIERUNGSFRAGE ......................... 7 DIE ENDLAGERSUCHE ..................................... 8 TEIL 3: DIE ERNEUERBAREN ENERGIEN ...... 10 I. II. DAS EEG 2017 – EINE BESCHLOSSENE SACHE ................................................................. 10 DER BEIHILFERECHTSSTREIT UM DAS EEG 2012 – ERSTER PUNKTSIEG KOMMISSION ................................................... 12 TEIL 4: DAS GESETZ ZUR „DIGITALISIERUNG DER ENERGIEWENDE“ ................................. 13 TEIL 5: DIE VERGABE VON KONZESSIONEN 14 TEIL 6: DIE NOVELLE DER ANREIZREGULIERUNGSVERORDNUNG . 16 TEIL 7: DIE ÄNDERUNG DES ENERGIE- UND STROMSTEUERRECHTS .............................. 17 Juli 2016 3 TEIL 8: DER STREIT UM § 19 STROMNEV .... 17 TEIL 9: WEITERE WICHTIGE ENTWICKLUNGEN IM UND RUND UM DAS ENERGIERECHT ............................................. 18 I. II. III. IV. V. VI. DER INTERNATIONALE KLIMASCHUTZ 18 DER KLIMASCHUTZPLAN 2050 ................ 18 DER EMISSIONSHANDEL ............................. 20 DER ENERGIEHANDEL ................................. 21 DAS KWKG 2016 – WARTEN! .................... 22 DIE ZUKUNFT DER EIGENVERSORGUNG IST JETZT ........................................................... 23 TEIL 10: FAZIT ...................................................... 23 Juli 2016 4 TEIL 1: DAS STROMMARKTDESIGN Das Strommarktgesetz ist das Bekenntnis zum Energy-Only-Markt 2.0. Es sollte den Grundsatz manifestieren, dass sich konventionelle Erzeugungsanlagen allein aus dem abgesetzten Strom und am Strommarkt auftretende Preisspitzen finanzieren. Der Strompreis sollte sich dabei ungehemmt und frei von regulatorischen Eingriffen bilden. Die von vielen Seiten geforderten Prämien für die Kapazitätsvorhaltung sollte es im Grundsatz nicht geben, sondern es sollten lediglich einige Kraftwerkskapazitäten als Backup für die Systemsicherheit in die Reserve überführt werden. Das neue Strommarktdesign war auch in der ersten Jahreshälfte 2016 eines der Top-Themen der Energiepolitik. In unserem letzten energiepolitischen Newsletter hatten wir bereits über den Entstehungsprozess berichtet: Grünbuch, Weißbuch, Regierungsentwurf. Heute sind wir einen großen Schritt weiter. I. DAS STROMMARKTGESETZ STEHT Am 23.06.2016 hat der Bundestag das Gesetz zur Weiterentwicklung des Strommarkts beschlossen. Wie bei solch grundlegenden Systementscheidungen kaum anders zu erwarten, gab es an den Entwürfen zum Strommarktgesetz erhebliche Kritik (der Energieblog berichtete). Streitpunkte waren neben der geplanten Abschaffung vermiedener Netzentgelte unter anderem die hohen Mehrkosten für die System- und Versorgungssicherheit, die Regelung zur Spitzenkappung, die Aussetzung der Erneuerbaren-Energien-Förderung bei negativen Preisen (§ 24 EEG), die Verfolgung von klimapolitischen Sekundärzielen über die Braunkohlestilllegung, die Einbindung von Stromspeichern, die Erstattungsregelungen bei RedispatchMaßnahmen oder die Vielzahl „versteckter“ Kapazitätsmechanismen (der Energieblog berichtete). Mit dem Grünbuch und dem Weißbuch hatte vor geraumer Zeit ein politischer Diskussionsprozess um die künftige Ausgestaltung des Strommarkts und die dafür nötigen Überarbeitungen des Rechtsrahmens begonnen (der Energieblog berichtete). Nach einem ersten Referentenentwurf im Herbst (der Energieblog berichtete) und nachdem anschließend der Kabinettsentwurf im vergangenen November von der Bundesregierung mit der vielversprechenden Losung „Das Fundament für den Strommarkt der Zukunft steht“ verabschiedet worden war, wurde in den zurückliegenden Monaten um Grundsatzfragen ebenso wie um Details gerungen. Dabei wurde schnell klar, dass der ambitionierte Plan, das Gesetz noch im Frühjahr zu verabschieden, nicht gehalten werden würde. Auf der Zielgeraden des parlamentarischen Verfahrens zum Strommarktgesetz kam es dann – in letzter Minute – nochmals zu einigen Änderungen. Betroffen waren unter anderem die Themen Juli 2016 5 Redispatch, Netzreserve, Kapazitätsreserve, Netzstabilitätsanlagen und Netzentgelte bei Stromspeichern (der Energieblog berichtete). Die Frage der vermiedenen Netzentgelte soll zunächst ausgespart werden. Hiermit will man sich erst nach der Sommerpause nochmals intensiv befassen und das Thema dann umfassend regeln. Auch parlamentarische Vorstöße, die Themen Kohleausstieg und Dekarbonisierung stärker in den Fokus zu rücken, fanden im letztlich beschlossenen Strommarktgesetz keine Berücksichtigung. RWE und Vattenfall ab. Darin wurde vereinbart, schrittweise acht Kraftwerksblöcken mit einer Kapazität von insgesamt 2,7 GW in der Zeit von Oktober 2016 bis September 2023 stillzulegen. Konkret betroffen waren die Kraftwerksblöcke Buschhaus (der MIBRAG), Frimmersdorf P, Frimmersdorf Q, Niederaußem E, Niederaußem F, Neurath C (der RWE), sowie schließlich Jänschwalde F and Jänschwalde E (der Vattenfall). Für deren Stilllegung wurde eine Vergütung von insgesamt 1,6 Mrd. Euro vereinbart. Unerhört für einige Kritiker, die darin eine überflüssige Sterbehilfe für die Betreiber sahen. II. DIE BRAUNKOHLERESERVE IST VON DER KOMMISSION GEBILLIGT Um dennoch allen beihilferechtlichen Bedenken zuvorzukommen, wurde auch die EU- Kommission angesprochen. Diese entschied nun, dass der Vorstoß der Bundesregierung im Einklang mit EU-Recht steht (der Energieblog berichtete). Mit ihrer Entscheidung ebnete die Kommission den Weg für die Einführung der Braunkohlereserve. Sie befand, dass eine unangemessene Wettbewerbsverzerrung im europäischen Binnenmarkt damit nicht einhergehe. Zur Absicherung des neuen Strommarktdesigns und zum Erhalt der Systemstabilität wurden im Strommarktgesetz verschiedene Sicherungsinstrumente etabliert bzw. fortentwickelt, bei denen es schon terminologisch schwer fällt, den Überblick zu behalten: Die Netzreserve, die Kapazitätsreserve, die Klima- bzw. Braunkohlereserve und schließlich die sog. Netzstabilitätsanlagen. Speziell mit der Braunkohlereserve wollte man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Um das Netz bei Engpässen auch künftig mit ausreichenden Kapazitäten abzusichern und gleichzeitig Klimaschutzziele zu fördern, sollten ältere Braunkohlekraftwerke in die Sicherheitsbereitschaft überführt werden. III. DIE ABSCHALTBAREN LASTEN WERDEN WEITERENTWICKELT Flexibilität ist eines der Schlüsselwörter, blickt man in die Zukunft der Energiewirtschaft. Sowohl das Grün- und Weißbuch als auch das Strommarktgesetz bekannten sich zu dem Ziel, „Flexibi- Auf dieser Basis schloss die Bundesregierung Ende 2015 Verständigungen mit der MIBRAG, der Juli 2016 6 litätspotentiale“ an- und auszureizen und Erzeugung und Verbrauch von elektrischer Energie besser aufeinander abzustimmen. was den Wettbewerb um die ausgeschriebene Abschaltleistung befeuern soll. Auch der Leistungspreis wurde nachjustiert: Dieser wird künftig wettbewerblich nach dem Pay-as-bid-Verfahren ermittelt und ist auf 500 Euro/MW gedeckelt. Bei Großverbrauchern funktioniert das hauptsächlich über die Verordnung zu abschaltbaren Lasten (kurz: AbLaV). Diese lief ursprünglich bis 31.12.2015 und wurde dann zunächst um ein halbes Jahr bis Ende Juni verlängert (der Energieblog berichtete). Hiernach hatte die Bundesregierung übergangsweise bis Ende September die nochmalige Fortgeltung der AbLaV beschlossen. Auch der gem. § 13 Abs. 4a EnWG beteiligte Bundestag hat zwischenzeitlich grünes Licht gegeben. Zwar war die Neuauflage der AbLaV damit im Prinzip startklar, weil aber dafür notwendige Anpassungen im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) noch ausstanden, war eine zweite Verlängerung für den Übergang erforderlich. Die Neuauflage macht die AbLaV außerdem auch für kleine Anbieter interessant. Zukünftig können auch Verbraucher mitbieten, die (nur) an der Mittelspannungsebene angeschlossen sind. Und auch von der Öffnung der Ausschreibungen für kleinere Anbieter ab 10 MW wurde nicht abgerückt. Die hierfür erforderliche Änderung des EnWG wurde jüngst mit dem Strommarktgesetz beschlossen. Nun muss nur noch die EU-Kommission ihr beihilferechtliches „OK“ geben, bevor die neue Verordnung in Kraft treten kann. TEIL 2: DER ATOMAUSSTIEG Nun steht fest, dass die Geschichte der AbLaV fortgeschrieben wird: So beschloss die Bundesregierung, dass das bisherige System – jedenfalls zunächst bis zum 01.07.2022 – fortgeführt wird (der Energieblog berichtete). Mit der Deutschen Energie-Agentur (dena) und entgegen der kritischen Haltung der Bundesnetzagentur (BNetzA) sieht sie in der AbLaV erhebliches Entwicklungspotential. I. DIE FINANZIERUNGSFRAGE In unserem letzten energiepolitischen Newsletter haben wir bereits von der Arbeit der selbständigen Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KFK) berichtet, an der auch BBH-Partnerin Dr. Ines Zenke mitgewirkt hat. Am 27.04.2016 hat die KFK ihre Handlungsempfehlungen in einem Bericht an den Staatssekretärausschuss Kernenergie übergeben und ihre Arbeit damit beendet. Was nach den kontrovers geführten Beratungen dabei kaum für möglich gehalten Wenn auch das Grundsystem der AbLaV unverändert bleibt, nahm die Bundesregierung einige Anpassungen vor: Der Ausschreibungsrhythmus wurde von monatlich auf wöchentlich verkürzt, Juli 2016 7 wurde: Die Empfehlungen wurden einstimmig beschlossen. und Perspektiven der deutschen und europäischen Atompolitik. Schnell wurde klar: Auch wenn der Atomausstieg in Deutschland irreversibel beschlossen und inzwischen auch Grundfragen seiner Finanzierung geklärt sind, wird die Umsetzung die Beteiligten noch eine ganze Weile beschäftigen, und das nicht nur wegen der Endlagersuche (dazu sogleich). Inhaltlich schlägt die Kommission eine Zusammenführung der Handlungs- und der Finanzierungsverantwortung der nuklearen Entsorgung vor: Die Reaktorbetreiber sollen für die Durchführung und rückstellungsgesicherte Finanzierung des Rückbaus verantwortlich bleiben. Die Zwischen- und Endlagerung soll in Zukunft allein der Staat mit Hilfe eines unternehmensfinanzierten Fonds übernehmen. Die Empfehlungen der KFK haben auch die Bundesregierung überzeugt. Am 01.06.2016 hat sie grünes Licht für die Umsetzung der Empfehlungen gegeben. Für die Kernkraftbetreiber heißt es nun, die nötigen finanziellen Mittel für die Umsetzung des KFK-Modells verfügbar zu machen. Auch über die Fortführung der noch anhängigen Klageverfahren müssen sich die Konzerne Gedanken machen. Zuletzt war dieses Thema wieder in den medialen Fokus gerückt, als E.ON vor dem Landgericht Hannover (Az. 19 O 232/14) mit einer gegen das Land Niedersachsen gerichteten Staatshaftungsklage über 228 Mio. Euro scheiterte. II. DIE ENDLAGERSUCHE Schon lange vor der KFK hatte sich auf Basis von § 3 des Standortauswahlgesetzes im Frühjahr 2014 auch eine 34-köpfige Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe (Endlagerkommission) gebildet. Diese sollte Empfehlungen über die Kriterien, das Verfahren und die Öffentlichkeitsinformation bezüglich der Entsorgung und Bestimmung geeigneter Lagerstätten für radioaktive Abfallstoffe erarbeiten. Die Zeit bis zum endgültigen Kernenergieausstieg mitgerechnet, geht es um 30.000 Kubikmeter hoch radioaktiven Abfalls und 600.000 Kubikmeter schwach und mittel radioaktiver Abfallstoffe. Aber nicht nur wegen der Abfallmengen ist die Endlagersuche ein nicht In einem von BBH organisierten parlamentarischen Abend unter dem Motto „Atomkraft – Halbzeit oder Finale?“ diskutierten am 06.07.2016 namhafte Vertreter der bundesdeutschen Politik, der betroffenen Konzerne und unserer Nachbarstaaten Österreich und Luxemburg über Stand Juli 2016 8 ganz einfaches Unterfangen: Denn einerseits soll der atomare Abfall in den Lagerstätten für eine Million Jahre sicher eingeschlossen werden können, andererseits sollte eine Rückholbarkeit im Notfall noch 500 Jahre lang möglich bleiben. Ein Bericht der Endlagerkommission sollte eigentlich schon bis Ende 2015 erarbeitet worden sein. Dieser Termin konnte jedoch nicht gehalten werden. Stattdessen hat die Kommission nun Anfang Juli ihren insgesamt 682-seitigen Abschlussbericht vorgelegt, dessen Zusammenfassung allein fast 40 Seiten beträgt. Ganz so einträchtig wie bei der KFK konnte sich die Endlagerkommission freilich nicht auf den Abschlussbericht verständigen. Es gab immerhin sechs Sondervoten, welche die Ergebnisse der Endlagerkommission teils grundlegend, teils in Detailfragen kritisieren. Ausschlusskriterien und Mindestanforderungen potentiell geeignete Standorte sondiert werden, deren Ermittlung im Nachgang parlamentarisch beschlossen werden soll. Durch oberirdische Untersuchungen soll anschließend im zweiten Schritt herausgefunden werden, welche der potentiell interessanten Standorte sich besser, weniger oder gar nicht eignen. Auch die Erkenntnisse und Folgerungen daraus sollen vom Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. In der dritten Phase erfolgt sodann eine vertiefte untertägige Erkundung der im zweiten Schritt als geeignet ermittelten Standorte, deren jeweilige Ergebnisse miteinander verglichen werden. Auf dieser Basis sollen Bundestag und Bundesrat den gefundenen Endlagerstandort beschließen. Dem Standortauswahlverfahren kann dann das Genehmigungsverfahren folgen, das im Atomgesetz geregelt ist. Im Kern dreht sich der Bericht vor allem um das „Wo und Wie" der Standortsuche, bei der die Endlagerkommission Deutschland als weiße Karte betrachtete. Der in die Schlagzeilen geratene Salzstock Gorleben wurde deswegen nicht ausgeschlossen – sehr zum Unmut des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), der den Bericht auch deswegen ablehnte. Die Endlagerauswahl ist natürlich vor allem auch ein Öffentlichkeitsthema. Daher sollen nach Empfehlung der Endlagerkommission vor allem sog. Regionalkonferenzen für eine jederzeitige und angemessene Beteiligung und Information Betroffener sorgen. Für deren Organisation soll das Bundesamt für kerntechnische Entsorgung (BfE) zuständig sein. In der Sache geht das Expertengremium davon aus, dass ein Standort nicht vor 2050 in Betrieb genommen werden könne. Sie hält eine Lagerung in Ton, Salz und Granit für möglich und empfiehlt, die Endlagersuche in drei Etappen durchzuführen. Zunächst sollen in einem ersten Schritt über Weil schon die breite Öffentlichkeitsbeteiligung hohe Gestaltungsfreiheit und Rechtssicherheit gewährleistet, empfiehlt die Endlagerkommission, den Akteuren grundsätzlich keinen gerichtlichen Klageweg einzuräumen. Sollten die Verfahrens- Juli 2016 9 bausteine jedoch nicht entsprechend der Festlegung eingerichtet werden oder die Regionalkonferenzen ihr verbrieftes Nachprüfrecht nicht wahrnehmen, soll der Rechtsschutz greifen. Von daher überrascht es kaum, dass die Rechtsschutzfrage für erhebliche Diskussionen sorgt und noch sorgen wird. TEIL 3: DIE ERNEUERBAREN ENERGIEN Die ersten Entwurfsfassungen für die EEG-Novelle waren starkem parlamentarischen Gegenwind ausgesetzt. Insbesondere die Widerstände aus den Bundesländern mussten nicht nur in einer, sondern in mehreren Verhandlungsrunden mit Kanzlerin, Ministern und den Ministerpräsidenten überwunden werden. Es sollte also eine schwere Geburt werden, bis das Gesetz schließlich am 08.07.2016 verabschiedet wurde. Das deutsche Fördersystem für erneuerbare Energien stand auch in den vergangenen Monaten im Mittelpunkt politischer Diskussionen. Während in Deutschland mit Blick auf die künftigen Herausforderungen eifrig an einer Novellierung des Fördersystems gearbeitet wurde, war Luxemburg Schauplatz für die Klärung einer seit langem diskutierten rechtlichen Grundsatzfrage zwischen Brüssel und Berlin. Zuletzt ging es aber Schlag auf Schlag: Erste Lesung am 24.06.2016, Beratung im Wirtschaftsausschuss am 04. und 06.07.2016, zweite und dritte Lesung sowie Verabschiedung am letzten Sitzungstag vor der parlamentarischen Sommerpause. Anschließend passierte das Gesetz noch am selben Tag den Bundesrat, der auf die Einberufung des Vermittlungsausschusses verzichtete (der Energieblog berichtete). I. DAS EEG 2017 – EINE BESCHLOSSENE SACHE Das EEG 2017 ist damit jetzt auf nationaler Ebene beschlossene Sache – aber noch steht die Zustimmung der EU-Kommission aus. Da das zuständige Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) aber bereits während des Gesetzgebungsprozesses in engem Kontakt zur EU-Kommission stand, spricht viel dafür, dass das Gesetz auch diese Hürde nehmen wird und dann planmäßig zum 01.01.2017 in Kraft treten kann. Das neue Gesetz firmiert daher jetzt auch unter dem Titel EEG 2017 und nicht mehr – wie im Entstehungsprozess – unter dem Titel EEG 2016. Erneuerbare Energien mischen seit einigen Jahren nicht nur den Bereich der konventionellen Stromerzeugung mächtig auf und führen dort zu Systemdebatten um das richtige Strommarktdesign. Auch das Förder- und Ausgleichssystem selbst musste sich in der zurückliegenden Zeit einer kritischen Überprüfung unterziehen, die schließlich in die Novellierung des EEG 2014 mündete. Juli 2016 10 Viel wurde diskutiert, aber um es mit den Worten von Altkanzler Helmut Kohl zu sagen: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“; und das lässt sich so zusammenfassen: Das EEG 2017 markiert einen weitgehenden Systemwechsel bei der Förderung von Strom aus Erneuerbaren Energien. Bisher war die Höhe der Förderung vom Gesetzgeber vorgegeben. In Zukunft soll sie für die wichtigen Anlagengruppen Wind an Land und auf See, Photovoltaik über 750 kW sowie Biomasse (ab 150 kW) in einem wettbewerblichen Verfahren – einer Ausschreibung – ermittelt werden. Damit folgt der Gesetzgeber den Vorgaben der EU-Kommission, die als Pilot hierzulande schon für PV-Freifächenanlagen geprobt worden sind (der Energieblog berichtete). Im Vergleich zum Regierungsentwurf vom 09.06.2016 wurde auf der Zielgeraden noch an der einen oder anderen Stellschraube gedreht: Ausschreibungen werden auch für „kleine“ Biomassebestandsanlagen mit einer installierten Leistung von höchstens 150 kW geöffnet (Zuschlagsregel ausnahmsweise: „uniform-pricing“). Die geplante Einmaldegression zum 01.07.2017 in Höhe von 5 Prozent für Windenergieanlagen an Land, die noch nicht in die Ausschreibungen müssen, wird über mehrere Monate gestreckt. Bürgerenergiegesellschaften werden nur privilegiert, wenn an ihnen die Gemeinden, in Juli 2016 11 denen eine Windenergieanlage an Land errichtet werden soll, mit 10 Prozent finanziell beteiligt sind oder den Gemeinden ein solches Angebot gemacht worden ist. Bei Bürgerenergie-Projekten gilt ausnahmsweise die Zuschlagsregel „uniform pricing“. Einen Erfahrungsbericht zum EEG 2017 soll es zum 30.06.2018 geben, um die Auswirkungen der Systemumstellung frühzeitig bewerten und ggf. nachsteuern zu können. Die Regelung zur Nutzung des Stroms vor dem Netz der allgemeinen Versorgung für EE-Anlagen in der Ausschreibung wurde abgeschwächt: Es ist nunmehr lediglich die Eigenversorgung (mit Ausnahmen insbesondere für den Anlagenverbrauch) ausgeschlossen, nicht aber die Lieferung des Stroms aus den Anlagen an Dritte vor dem Netz. Die Regelung im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) zur Kontrahierung von Power-toHeat-Anlagen als zuschaltbare Lasten durch Übertragungsnetzbetreiber wurde auf Netzausbaugebiete beschränkt, aber eine Öffnung für EE-Anlagen aufgenommen, wenn die Leistung von 2 GW nicht durch KWK-Anlagen kontrahiert werden kann. Die Besondere Ausgleichsregelung (BesAR) wurde ergänzt. Die wichtigste Neuerung betrifft Unternehmen aus Branchen nach Liste 1 der Anlage 4 zum EEG: Sie müssen auch dann nicht die volle, sondern nur 20 Prozent der EEG-Umlage zahlen, wenn ihre Stromkostenintensität lediglich zwischen 14 und 17 Prozent liegt (der Energieblog berichtete). Zahlreiche offene Fragen löst das EEG 2017 allerdings nicht unmittelbar selbst, sondern hält hierzu Verordnungsermächtigungen bereit: Eine Verordnung zu sogenannten Netzengpassgebieten, in denen der Zubau von Windenergie an Land begrenzt werden soll, soll spätestens am 01.03.2017 erlassen werden und bereits in der ersten Ausschreibung am 01.05.2017 „greifen“. Für technologieneutrale, gemeinsame Ausschreibungen von Wind und Photovoltaik in den Jahren 2018 bis 2020 soll eine Verordnung bis 01.05.2018 erlassen werden. Mit sogenannten Innovationsausschreibungen sollen künftig besonders netz- oder systemdienliche technische Lösungen gefördert werden, welche sich im technologieneutralen wettbewerblichen Verfahren als effizient erweisen. Eine Verordnung hierzu soll bis 01.05.2018 ergehen. Klarheit über eine der umstrittensten europarechtlichen Fragen der letzten Jahre im Energierecht herbeigeführt (Rs. T-47/15): Das Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG 2012) war eine Beihilfe, und deshalb hat die EU-Kommission zu Recht ein Beihilfeprüfverfahren dagegen eröffnet (der Energieblog berichtete). Bei sogenannten Mieterstrommodelle soll die Sein Urteil begründete das EuG im Kern wie folgt: EEG-Umlage abgesenkt werden, wenn der Ver Der Beschluss der Kommission über den Abmieter Mieter mit einer gebäudeeigenen Solaranschluss des förmlichen Prüfverfahrens gegen 2012 ist rechtmäßig. die der lage das mit EEG Strom versorgt. Eine FristSowohl zum Erlass Förderung der Betreiber regenerativer ErVerordnung besteht zwar nicht, laut Gesetzesbezeugungsanlagen als auch die Teilbefreiungründung ist aber beabsichtigt, diese zeitnah zu gen der Industrie sind als staatliche Beihilfe erlassen. einzuordnen, die allerdings weitestgehend gerechtfertigt war. Insbesondere die Teilbefreiungen der Industrie beinhalten im Sinne des Unionsrechts einen Vorteil, da hierdurch eine Kostenlast verringert wird, die normalerweise für Letztverbraucher entsteht. Das EuG sieht diesen Vorteil auch als aus staatlichen Mitteln gewährt an, da die Abwicklung des Belastungsausgleichs Ergebnis der vom deutschen Staat mit dem EEG 2012 II. DER BEIHILFERECHTSSTREIT UM DAS EEG 2012 – ERSTER PUNKTSIEG KOMMISSION Das deutsche EEG wird schon seit Langem nicht mehr nur in Berlin diskutiert. Zwischen der Bundesregierung und der Europäischen Kommission wird vielmehr schon seit Jahren gestritten, ob das deutsche Fördersystem für erneuerbare Energien eine Beihilfe darstellt, ohne dass eine Einigung in dieser Frage in Sicht ist. Nunmehr hat das Europäische Gericht (EuG) in erster Instanz entschieden und damit vorläufig Juli 2016 12 verfolgten Politik der Unterstützung von Betreibern erneuerbarer Anlagen ist. Die durch die EEG-Umlage vereinnahmten Gelder werden zwar von den Übertragungsnetzbetreibern verwaltet, bleiben aber unter dem beherrschenden Einfluss der öffentlichen Hand und stellen einer Abgabe vergleichbare Mittel dar. Aufgrund der Aufgaben der Übertragungsnetzbetreiber bei der Abwicklung des Belastungsausgleichs kommt das EuG zu dem Schluss, dass diese insoweit nur als Verwalter staatlicher Mittel fungieren und damit wie eine Einrichtung anzusehen sind, die staatliche Konzessionen in Anspruch nimmt. Durch die dezidierten Vorgaben unterscheidet sich das EEG 2012 auch von Vorgängergesetzen, die auf der Grundlage der früheren Rechtsprechung nicht als Beihilfe angesehen wurden, weil die dabei verwendeten Mittel nicht unter staatlicher Kontrolle standen. TEIL 4: DAS GESETZ ZUR „DIGITALISIERUNG DER ENERGIEWENDE“ Die Energiewende stellt die Steuerung der Stromnetze vor erhebliche Herausforderungen. Netzbetreiber müssen trotz immer größerer Fluktuationen in der Einspeisung für eine ausgeglichene Bilanz sorgen und die Systemstabilität erhalten. Dafür müssen umso mehr Daten über Verbrauch und Erzeugung erhoben und ausgewertet werden können, und das möglichst in Echtzeit. Um dies zu ermöglichen, hatte die Bundesregierung das sog. Gesetz zur „Digitalisierung der Energiewende“ auf den Weg gebracht. Kern dessen sind neue Regeln über den Messstellenbetrieb und die Datenkommunikation in intelligenten Energienetzen (Messstellenbetriebsgesetz – MsbG), Fragen rund um den Rollout und die Finanzierung intelligenter Messsysteme sowie datenschutzrechtliche Gesichtspunkte. Unklar ist noch, ob die Bundesregierung gegen die Entscheidung vorgeht und Rechtsmittel beim EuGH einlegt. Aus dem Markt hört man jedenfalls, dass Unternehmen aus der energieintensiven Metallindustrie zu dieser Frage in jedem Falle noch das abschließende Votum des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) einholen wollen. Das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende inklusive des MsbG ist nun vom Parlament verabschiedet worden (der Energieblog berichtete). Durch das MsbG verpflichtet der Gesetzgeber den grundzuständigen Messstellenbetreiber (gMSB, in der Regel der Verteilernetzbetreiber), intelligente Messsysteme und moderne Messeinrichtungen einzubauen, und das zu einem durch Preisobergrenzen (POG) gedeckelten Preis. Juli 2016 13 Aber auch darüber hinaus enthält das Gesetz Regelungen, die die derzeitigen Energiemarktstrukturen tiefgreifend ändern. Das betrifft nicht nur die (vertraglichen) Beziehungen und die Aufgabendefinition der einzelnen Marktrollen. Es wird auch eine komplett neue Marktkommunikation eingeführt werden müssen. Gegenüber dem bisher bekannten Regierungsentwurf wurde noch Einiges geändert: So sollen auch bei neuen EEG-/KWK-Anlagen mit einer installierten Leistung über 1 bis einschließlich 7 kW intelligente Messsysteme optional eingebaut werden können. Als POG sind (ab 2018) 60 Euro vorgesehen. Gestrichen wurde die ursprüngliche geplante Änderung der Niederspannungsanschlussverordnung (NAV), wonach notwendige Umbaukosten des Zählerplatzes bei Installation einer modernen Messeinrichtung oder eines intelligenten Messsystems durch den gMSB getragen werden sollten. Wie bisher trägt also auch künftig der Anschlussnehmer diese Kosten selbst. Die Bestandsschutzregelung in § 19 Abs. 5 MsbG wurde insoweit angepasst, dass nur Haushaltskunden die Zustimmungserklärung zum Einsatz nicht zertifizierter Messsysteme widerrufen können. § 31 Abs. 4 MsbG wurde insoweit ergänzt, als der gMSB den Jahresdurchschnittsverbrauch als Bemessungsgrundlage für die POG jährlich zu überprüfen und das Entgelt ggf. entsprechend anzupassen hat. In § 60 Abs. 3 MsbG wurde geregelt, dass Netzbetreiber mit mindestens 100.000 Anschlusskunden für Zwecke der Bewirtschaftung des Differenz- und Netzverlustbilanzkreises standardmäßig ¼-h Werte am Folgetag erhalten. Neu in § 76 MsbG aufgenommen wurden Aufsichtsbefugnisse der Bundesnetzagentur (BNetzA), die als (allein zuständige) Regulierungsbehörde das MsbG administriert. Weiterhin wurde in § 17 StromNEV klargestellt, dass auch bei Haushaltskunden mit intelligentem Messsystem und mit einer Zählerstandsgangmessung das gleiche Netzentgeltregime (bestehend aus Arbeits- und ggf. Grundpreis) greift wie für Kunden mit herkömmlichen elektromechanischen Zählern. Liegenschaftsmodelle (also die Bestimmung eines Messstellenbetreibers durch den Anschlussnehmer für eine gesamte Liegenschaft) werden erst ab dem 01.01.2021 möglich (§ 6 Abs. 1 MsbG). TEIL 5: DIE VERGABE VON KONZESSIONEN Strom- und Gaskonzessionsvergaben sind bekanntlich sehr streitanfällig (der Energieblog berichtete). Die Bundesregierung hatte daher im Februar 2016 einen Gesetzentwurf zur Novellierung der Regelungen in den §§ 46 ff. EnWG vorgelegt (der Energieblog berichtete), um für mehr Juli 2016 14 Rechtssicherheit zu sorgen. Dagegen hatte der Bundesrat an manchen Stellen Protest eingelegt. Die Bundesregierung hat auf diese Positionierung der Länderkammer ihrerseits reagiert (der Energieblog berichtete). 21.04.2016 – nicht unerwartet – nur zu wenigen Punkten Änderungsbereitschaft gezeigt. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht zu einigen Fragen rund um Konzessionsvergaben und Netzübernahmen Verbesserungen vor wie etwa die Klarstellung, dass für den Netzkaufpreis („wirtschaftliche angemessene Vergütung“) der objektivierte Ertragswert des Netzes maßgeblich sein soll. Auch die vorgesehenen Regelungen zu Rügeobliegenheiten und zum Rechtsschutz der Bewerber sind im Sinne der Rechtssicherheit positiv zu bewerten, wenngleich einige Fragen im Detail offen bleiben. Im Gesetzentwurf war z.B. hinsichtlich der Auswahlkriterien vorgesehen, dass „unter Wahrung netzwirtschaftlicher Anforderungen, insbesondere der Versorgungssicherheit und der Kosteneffizienz, […] auch Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft berücksichtigt werden“ können. Der Bundesrat hat daran kritisiert, dass der Einschub zur Versorgungssicherheit und Kosteneffizienz unklar sei. Hintergrund ist, dass der Bundesgerichthof (BGH) in seinen Grundsatzurteilen vom 17.12.2013 (Az. KZR 65/12 und KZR 66/12) lediglich die Versorgungssicherheit als ein elementares Ziel des § 1 EnWG herausgehoben hat, das im Kriterienkatalog ein erhebliches Gewicht haben müsse (beispielsweise 25 Prozent). Die Kosteneffizienz zusätzlich zu nennen, führe zur neuen Rechtsfrage, ob nun auch sie einen besonderen Rang im Kriterienkatalog erhalten solle. Die Bundesregierung lehnt eine Streichung des Einschubes dennoch ab und hält die Bedenken des Bundesrates für unbegründet. Die Neuregelung solle lediglich die Rechtsprechung des BGH abbilden, ohne hiervon abzuweichen. Unzureichend oder gar kontraproduktiv regelt der Gesetzentwurf aber das eigentliche Herzstück der Konzessionierungsverfahren, nämlich die materiellen Anforderungen an die Auswahlentscheidung (Kriterien, Gewichtung, Bewertungsmethode). Hierzu gab und gibt es eine unübersichtliche Vielzahl an Gerichtsentscheidungen, die sich in vielen Punkten widersprechen. Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme vom 18.03.2016 gerade diese unzureichenden Änderungen bei den Auswahlkriterien gerügt und weitere Anpassungen zu einzelnen Fragen sowie redaktionelle Korrekturen gefordert. Die Bundesregierung hat jedoch in ihrer Gegenäußerung vom Juli 2016 15 Der Bundesrat hat außerdem vorgeschlagen, den Spielraum der Kommunen bei der Auswahl der Kriterien (nicht nur bei der Gewichtung) und der Bewertung der Angebote gesetzlich klarzustellen. Hierfür sieht die Bundesregierung keinen Anlass. Im Ergebnis stimmte der Bundesrat der Novellierung zu, allerdings mit zum Teil wesentlichen Änderungswünschen. Das Bundeskabinett muss sich nun erneut, voraussichtlich im August, mit diesen Änderungswünschen beschäftigen und darüber abstimmen, ob es diese akzeptiert oder ablehnt. Bei einer Ablehnung würde die Novelle scheitern; der bisherige Rechtszustand bliebe bestehen. Schließlich forderte der Bundesrat, die Anwendbarkeit der Regelungen in § 46 EnWG klarstellend für „Unternehmen der Gemeinden ohne eigene Rechtsfähigkeit“ festzulegen. In der bisherigen Regelung gemäß § 46 Abs. 4 EnWG werden lediglich Eigenbetriebe erwähnt (nicht dagegen Regiebetriebe oder Betriebe nach den Landeshaushaltsordnungen). Insoweit hält die Bundesregierung eine gesetzliche Klarstellung für denkbar. Mit der Novelle der Anreizregulierungsverordnung soll nach dem vom Bundeskabinett verabschiedeten Entwurf der Zeitverzug bei der Refinanzierung von Investitionen in Form eines jährlichen Kapitalkostenabgleichs beseitigt werden. Dies hatten Netzbetreiber seit Jahren gefordert. Allerdings sieht der Entwurf auch eine Verschärfung des Regulierungsrahmens in der Form vor, dass Netzbetreiber die bei ihnen vorhandenen ineffizienten Kosten nunmehr – im Vergleich zur bislang bestehenden Regelung – in der Hälfte der Zeit abbauen müssten. Zudem war in dem vom Bundeskabinett verabschiedeten Entwurf eine nur unzureichende Übergangsvorschrift für die Umstellung vom bisherigen in das geplante neue System des Kapitalkostenabgleichs enthalten, was im Ergebnis zur teilweisen Entwertung des Sachanlagevermögens der Netzbetreiber führt. Alles in allem waren das dennoch ein bisschen zu viele Unklarheiten, um das Gesetz vor der Sommerpause zu beschließen. Es bleibt also in jedem Falle spannend und für das weitere Gesetzgebungsverfahren im Herbst zu hoffen, dass noch nachgebessert wird. TEIL 6: DIE NOVELLE DER ANREIZREGULIERUNGSVERORDNUNG Die Novellierung der Anreizregulierungsverordnung (ARegV) ist seit Juni in die heiße Phase eingetreten. Am 01.06.2016 hatte das Bundeskabinett die „Zweite Verordnung zur Änderung der Anreizregulierungsverordnung“ verabschiedet. Bereits am 08.07.2016 befasste sich der Bundesrat, der dieser Novellierung zustimmen muss, mit den vom Kabinett geplanten Neuregelungen. Während der Bundesrat die Übergangsbestimmung vorerst hinnahm, fordert er im Rahmen einer seiner Änderungswünsche jedoch explizit die Beibehaltung des bisherigen, längeren Abbaupfades für die ineffizienten Kosten (der Energieblog berichtete). Die Netzbetreiber sollen so vor nicht Juli 2016 16 erfüllbaren Effizienzvorgaben geschützt werden. Es ist nun abzuwarten, wie das Bundeskabinett reagiert. Man hört, die „Beschäftigung mit der Beschlussfassung des Bundesrates“ sei ein Tagesordnungspunkt für den 03.08.2016. insbesondere auch den Bestandsschutz im Kabinettsentwurf hoffen, mit dem frühestens im September gerechnet wird. TEIL 7: DIE ÄNDERUNG DES ENERGIE- UND STROMSTEUERRECHTS Die individuellen Netzentgelte nach § 19 Abs. 2 Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) waren in den vergangenen Jahren ein Dauerthema. Nachdem in den zurückliegenden drei Jahren vor allem die deutschen Gerichte das Wort hatten, wurde im Frühsommer 2016 auch die Politik (wieder) auf den Plan gerufen: TEIL 8: DER STREIT UM § 19 STROMNEV Im April hat die Bundesregierung einen Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energie- und Stromsteuerrechts erarbeitet, an dem nach Stellungnahme der Verbände und anderer Akteure aus dem Markt hinter den Kulissen heftig weitergefeilt wird. Am 12.04.2016 entschied der BGH, dass der Umlagemechanismus für die Wälzung entgangener Erlöse der Netzbetreiber aus der Gewährung individueller Netzentgelte nach § 19 Abs. 2 StromNEV nichtig ist (der Energieblog berichtete). Das Umlagesystem war durch § 19 Abs. 2 StromNEV 2011 (mit Beginn ab 2012) eingeführt und von der Bundesnetzagentur in einer späteren Festlegung konkretisiert worden. Es hatte sich nach Modifikation der Regelung im Jahre 2013 schließlich im Markt etabliert. Die Karlsruher Richter verwarfen das Umlagesystem jedoch, weil es ihrer Meinung nach dafür an einer Ermächtigungsgrundlage in § 24 EnWG fehle. Das ist auch erforderlich, denn nach dem aktuellen Entwurf müssen ganze Branchen aufgrund verschiedener, recht weit anmutender Formulierungen in § 3b EnergieStG-E (bzw. wortgleich in § 2a StromStG-E) existentielle Einschnitte befürchten. Unter dem Stichwort Kumulierungsverbot und Beihilfehöchstintensität werden hier teilweise Handlungsnotwendigkeiten diskutiert, bei denen sich der gemeine Europarechtler nur staunend fragen kann, woher diese denn eigentlich kommen. Der Schritt zurück zeigt, dass hier unproblematisch europarechtskonforme Wege gefunden werden können, indem Entlastungen bei der Strom- und Energiesteuer mit anderen wie z.B. der BesAR gepaart werden können. Mit dem BGH-Beschluss erreichte das Gerichtsdrama um § 19 Abs. 2 StromNEV 2011, den parallel auch die Europäische Kommission untersucht, seinen vorläufigen Höhe- und Schlusspunkt. Ganz überraschend war die Entscheidung im Grunde Auch die Betreiber von kleinen KWK-Anlagen dürfen noch auf maßvolle Rücksichtnahme und Juli 2016 17 nicht, nachdem der BGH schon die vollständige Befreiung von den Netzentgelten im Falle der intensiven Netznutzung mit Entscheidung vom 06.10.2015 letztinstanzlich für nichtig befunden hatte. Nur, dass der BGH bei seiner jüngsten Entscheidung auch die geltenden Umlageregelungen verwarf, sorgte für Aufregung im Markt: Übertragungsnetzbetreiber, Verteilnetzbetreiber, Lieferanten und (befreite) Letztverbraucher standen vor einem enormen Dilemma. Kaum jemand mochte sich ausmalen, was eine Rückabwicklung der § 19 StromNEV-Umlage für die Zeit ab 2012 bedeutet hätte. Erste Vorbehalte wurden wechselseitig erklärt, Anwälte bemüht, die Wirtschaftsprüfer eingeschaltet. Die Hoffnungen ruhten auf dem Gesetzgeber. Dieser reagierte bei aller Belastung prompt und löste die Thematik im Rahmen des Strommarktgesetzes: Auf Empfehlung des Wirtschaftsausschusses wurde durch Änderungen in § 24 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 Nr. 5 EnWG eine Rechtsgrundlage für die §-19-Abs. 2-StromNEV-Umlage geschaffen (der Energieblog berichtete). Gleichzeitig stellt der Gesetzgeber klar, dass diese Änderungen rückwirkend zum 01.01.2012 in Kraft treten (§ 118 Abs. 9 EnWG). I. DER INTERNATIONALE KLIMASCHUTZ Am 22.04.2016 haben in New York 175 Staaten das Pariser Klimaschutzabkommen unterzeichnet (der Energieblog berichtete). Jetzt hat auch die EU-Kommission nachgelegt und am 20.07.2016 mehrere Legislativvorschläge präsentiert. Einer davon betrifft verbindliche Ziele für alle EU-Staaten zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2021 bis 2030 für die Sektoren Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft, Landwirtschaft und Abfälle. Ein weiterer betrifft eine Strategie für einen klimafreundlichen Verkehrssektor und für EU-weite Maßnahmen für emissionsarme und emissionsfreie Fahrzeuge sowie alternative Kraftstoffe. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks bewertete den Vorschlag der Kommission als „gute Grundlage für die anstehenden Verhandlungen“ und eine „große Chance für die Modernisierung unserer europäischen Volkswirtschaften“. Kritik kam indes von den Umweltverbänden: Eine Absenkung CO2-Reduktionen nur um 40 Prozent sei vor dem Hintergrund des Pariser Abkommens zu wenig. Die Verbände erkennen hier noch Luft nach oben. TEIL 9: WEITERE WICHTIGE ENTWICKLUNGEN IM UND RUND UM DAS ENERGIERECHT Abseits der ganz großen politischen Schlachtfelder der letzten Monate sind hier und da einige energiepolitische Entwicklungen im Gange, die zwar weniger Staub aufwirbelten, aber deswegen nicht unerwähnt bleiben dürfen. II. DER KLIMASCHUTZPLAN 2050 „Deutschlands Zukunft gestalten“ ist die Überschrift des Koalitionsvertrags zwischen Union Juli 2016 18 und SPD und im Klimaschutz sahen die Koalitionspartner 2013 eine wesentliche Aufgabe zur Verwirklichung dieser Zielsetzung. Andere Ziele – zum Beispiel der Ausstieg aus der Kohleverstromung – sind im Entwurf jedoch nicht mehr ganz so deutlich formuliert wie in früheren Entwurfsfassungen. Lediglich von schrittweiser Bedeutungsabnahme ist noch die Rede. Die Grünen sowie einige Umweltverbände kritisierten den Entwurf dafür zum Teil sehr deutlich. Nach dem Impulspapier des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) vom Juni 2015 und umfangreicher Beteiligung von Bundesländern, Kommunen, Verbänden und sogar den Bürgern steht jetzt der „Klimaschutzplan 2050“ in Form eines ersten Entwurfs des BMUB vom 21.06.2016. Der Entwurf vermittelt ein Bild davon, wie die Bundesregierung die Verminderung von CO2Emissionen bis 2050 erreichen will. Das Ziel orientiert sich am Ziel der EU: Reduzierung der Emissionen bis 2050 um 80 bis 95 Prozent. Weiteres CO2-Einsparpotential erkennt die Regierung auch in der Landwirtschaft. Neben dem effizienteren und ressourcenschonenderen Düngemitteleinsatz erachtet der Entwurf den Abbau der Wiederkäuerbestände als entscheidend für den Klimaschutz. Hier könne man gleich das Sinnvolle mit dem Nützlichen verbinden: Ein reduzierter Fleischkonsum, entsprechend den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, würde zugleich die Gesundheit der Bevölkerung verbessern. So soll zum Beispiel die Energieerzeugung bis 2050 nahezu vollständig CO2-neutral erfolgen. Dies soll nicht nur die Elektrizitätsversorgung betreffen, sondern auch die Erzeugung von Wärme und Kälte für Wohnraum. Das heißt, Gas- und Ölheizungen in Neubauten soll es ab 2030 nicht mehr geben. Auch beim Thema Elektromobilität hat die Bundesregierung bemerkenswerte Ziele: Bis 2030 soll der weit überwiegende Teil der neuzugelassenen Pkw über einen elektrischen Antrieb oder über andere Antriebe mit regenerativ erzeugten synthetischen Kraftstoffen (Stichwort „Brennstoffzellen") verfügen. Was seine konkrete Umsetzung anbelangt, bleibt der Plan aber insgesamt recht offen: Regelmäßige Überprüfung und Fortschreibung wird dort angekündigt und auch eine unabhängige Expertenkommission soll die Umsetzung begleiten. Inwiefern sich die Bundesregierung in Zukunft jedoch auf die angekündigten Maßnahmen festlegen Juli 2016 19 lässt, wird sich noch zeigen müssen. Vorsorglich weist das BMUB jedenfalls schon einmal darauf hin, dass die Klimaschutzziele „gleichwertig mit den Zielen der ökonomischen und sozialen Entwicklung stehen“. 10 Monate Zeit. Ob dies im Ergebnis zu einem höheren oder niedrigeren Korrekturfaktor führt, ist aus Sicht des Gerichts offen. Der EuGH geht aber ausdrücklich davon aus, dass die Kommission nach Ablauf der gesetzten Frist auch einen höheren Korrekturfaktor festsetzen kann. Konsequenzen soll die Rechtswidrigkeit des CSCF nach dem Willen des Gerichts nur für künftige Zuteilungsentscheidungen haben. Bereits erfolgte Zuteilungen auf Grundlage des alten Faktors sollen bestehen bleiben. III. DER EMISSIONSHANDEL Bei allem Trubel um die großen Gesetzesvorhaben und die drängendsten energiepolitischen Themen war der Emissionshandel in der ersten Jahreshälfte etwas in den Hintergrund gerückt. Auch in diesem Bereich hat sich die Welt aber natürlich weiter gedreht. Die Branche schaut jetzt gespannt nach Brüssel. Denn nicht alle Fragen, die mit der Rechtmäßigkeit des CSCF zusammenhängen sind mit dem Urteil beantwortet. Angesichts der vom EuGH gesetzten 10-Monats-Frist ist bei der Klärung der noch offenen Fragen nun allerdings Eile geboten. 1. DER EUGH ENTSCHEIDET ZUM SEKTORÜBERGREIFENDEN KORREKTURFAKTOR Im Frühjahr dieses Jahres wurde eine seit Jahren offene Streitfrage des Emissionshandels vom EuGH entschieden: Es geht um den sektorübergreifenden Korrekturfaktor (Cross Sectoral Correction Factor – CSCF), durch den die kostenlose Zuteilung an die Industrie pauschal gekürzt wird. Hierzu hat der EuGH am 28.04.2016 entschieden, dass der CSCF rechtswidrig ist, weil bei dessen Berechnung die Gesamtmenge der Emissionen, die dem Emissionshandelssystem unterliegen, falsch angesetzt wurde (der Energieblog berichtete). 2. DIE ÜBERARBEITUNG DER CARBON LEAKAGE LISTE Bestimmte Branchen sind besonders auf kostenlose Zuteilungen von Emissionszertifikaten angewiesen, da andernfalls die Gefahr besteht, dass sie ihre Produktion ins nicht-europäische Ausland verlagern. Das wiederum würde die europäischen Klimaschutzziele konterkarieren. Die Unternehmen dieser Sektoren erhalten deshalb eine kostenlose Zuteilung ohne den Degressionsfaktor, also zu 100 Prozent statt lediglich 30 Prozent. Die Kommission muss die relevanten Daten nun neu erheben und den CSCF ein zweites Mal berechnen. Der EuGH gibt der Kommission hierfür Die insoweit abwanderungsbedrohten Branchen (Stichwort: Carbon Leakage – CL) sind der sog. Juli 2016 20 CL-Liste zu entnehmen, auf der aktuell etwa 97 Prozent der am Emissionshandel teilnehmenden Industrien stehen. Dies will die Kommission ändern und den Schutz der abwanderungsbedrohten Industrien zielgerichteter ausgestalten. Ab 2021 sollen statt bisher 177 Sektoren nur noch ca. 50 Sektoren auf der CL-Liste stehen. IV. DER ENERGIEHANDEL Das Jahr 2016 war im Energiehandel bislang neben der praktischen Umsetzung der REMIT-Meldepflichten ab dem 07.04.2016 vor allem von der weiteren Verzögerung der MiFID und (mal wieder) der politischen Diskussion um den Gebotszonenzuschnitt geprägt. Hierzu sollen die Kriterien angepasst werden, mit denen die Abwanderungsgefahr festgestellt wird. Von einer solchen soll künftig im Grundsatz dann ausgegangen werden, wenn das Produkt aus Außenhandels- und Emissionsintensität eines Sektors oder Teilsektors einen bestimmten Wert erreicht. Zusätzlich können auch diesen Wert knapp unterschreitende Sektoren aufgenommen werden, wenn sie unter Berücksichtigung weiterer Faktoren (Potential zur Verminderung von Emissionen und Stromverbrauch, Marktbedingungen und Gewinnspannen) als abwanderungsbedroht anzusehen sind. 1. DIE MIFID II LÄSST SICH ZEIT In Kraft ist die MiFID II (Novelle der Finanzmarktrichtlinie) zwar schon länger, aber bislang war noch nicht ganz klar, ab wann die Mitgliedsstaaten die Vorgaben in nationales Recht umgesetzt haben müssen. Anfang des Jahres hat die Kommission vorgeschlagen, den Termin für die Anwendung der überarbeiteten Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II) wegen der außergewöhnlichen Herausforderungen, vor denen Regulierungsbehörden und Marktteilnehmer bei der technischen Umsetzung stehen, um ein Jahr zu verschieben. Anfang Juli wurde die Verschiebung offiziell beschlossen. Hier heißt es also erst einmal durchatmen. Es zeichnet sich ab, dass sich mit den neuen Kriterien die Gewichte von der Außenhandelsintensität auf die Emissionsintensivität verlagern werden. Davon würden insbesondere die Sektoren Stahl, Aluminium, Chemie, Düngemittel, Kalk und Glas profitieren. Auch hier ist aber noch ein intensiver Diskussionsprozess zu erwarten. Wer also tatsächlich auf der CL-Liste stehen wird, ist momentan noch nicht absehbar. 2. AUFHEBUNG DER GEMEINSAMEN GEBOTSZONE? Europa ist bekanntlich in mehrere Strompreiszonen (Fachjargon: Gebotszonen) aufgeteilt. In diesen Zonen ist der Strompreis für alle gleich, weil man unterstellt, dass der an einem beliebigen Ort in diesem Gebiet eingespeiste Strom auch überall entnommen werden kann, ohne dass es zu Juli 2016 21 Netzengpässen kommt (als wäre diese Zone sozusagen eine riesige Kupferplatte). Der Zuschnitt dieser Zonen entspricht aus historischen Gründen meist den Staatsgrenzen. Ausnahmen – wie die Zusammenfassung von Deutschland und Österreich zu einer Zone – bestätigen die Regel. gabe und das Engpassmanagement) – vom Verband ENTSO-E (European Network of Transmission System Operators for Electricity) geprüft, ob der derzeitige Zuschnitt der Preiszonen noch zeitgemäß ist. In diesem Zusammenhang wird auch über eine Aufspaltung Deutschlands nachgedacht, die durch einen Bericht der BNetzA, wonach der Netzausbau in Deutschland noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird, wieder in die aktuelle Diskussion geriet (der Energieblog berichtete). Dass es in Europa mehrere Preiszonen gibt, spiegelt die reale physikalische Netzsituation und – bis zu einem gewissen Grade – auch die Marktlogik von regionalem Angebot und Nachfrage wider. Das System ist aber nicht statisch. Wenn sich Stromerzeugung und -verbrauch ändern oder das Leitungsnetz ausgebaut wird, kann sich die Netzsituation ändern. Und die Frage kann aufkommen, ob der Zuschnitt der Preiszonen noch korrekt ist. Die Kommission will über das Thema Ende des Jahres befinden, wenn auch die Untersuchung von Entso-E erwartet wird. Dann wird sich zeigen, ob eine neue deutsche Teilung bevorsteht, oder stattdessen eventuell die Abspaltung Österreichs aus der bislang noch gemeinsamen Preiszone (der Energieblog berichtete). In der Mitte Deutschlands kommt es derzeit beispielsweise aufgrund der hohen (Wind-)Stromproduktion im Norden Deutschlands vermehrt zu Netzengpässen, die ihrerseits Ringflüsse (sog. loop flows) über die Nachbarstaaten verursachen. Das sog. Redispatch soll dem entgegen wirken, indem Erzeugungsanlagen in Norddeutschland abund in Süddeutschland hochgeregelt werden, um auf diese Weise das Gleichgewicht der „Kupferplatte“ aufrecht zu erhalten. Die Kosten für diese Maßnahmen werden über die Netzentgelte von den Letztverbrauchern gezahlt. V. DAS KWKG 2016 – WARTEN! Das KWKG 2016 ist nach seiner Novellierung bekanntlich seit 01.01.2016 in Kraft. Ehm, pardon! Nicht das ganze KWKG natürlich. Denn ein Teil dessen, der vor allem die Förderung von Neuanlagen betrifft, befindet sich immer noch in einem Schwebezustand (der Energieblog berichtete). Die Durchführung bestimmter Fördermaßnahmen des KWKG 2016 steht nämlich gemäß § 35 Abs. 12 unter dem Vorbehalt einer beihilferechtlichen Genehmigung durch die Europäische Kommission. Das BAFA kann daher erst nach der bei- Auf europäischer Ebene wird gerade – entsprechend der CACM-Verordnung (Verordnung zur Festlegung einer Leitlinie für die Kapazitätsver- Juli 2016 22 hilferechtlichen Genehmigung der Gesetzesnovelle die Zulassung für KWK-Anlagen, Wärmenetze bzw. -speicher erteilen. Die Freude hierüber könnte sich allerdings bei einigen Betroffenen in überschaubaren Grenzen halten, wenn nämlich eine bisher denkbare Befreiung von der Umlage nach dem Leitfaden für bestimmte Konstellationen plötzlich viel weniger denkbar erscheint. Hier gilt: Letzten Endes entscheiden immer noch die Gerichte über die Auslegung der Gesetze und damit auch über die Auslegung des EEG 2014 und bei Weitem nicht jede Einschätzung der BNetzA ist unumstritten. Die Gespräche zwischen Berlin und Brüssel über die Freigabe des KWKG dauern aber immer noch an. Auch wenn sich das beihilferechtliche Prüfverfahren dem Vernehmen nach bereits auf der Zielgeraden befindet, steht noch immer nicht genau fest, wenn die Förderung endlich auch starten darf. Vorläufig jedenfalls werden sich Betroffene daher auch weiterhin in Geduld üben müssen. Es bleibt jetzt erst einmal abzuwarten, ob der Leitfaden tatsächlich den Umgang mit den Eigenversorgungsregeln des EEG 2014 erleichtert oder aber neue Streitpunkte freilegt. VI. DIE ZUKUNFT DER EIGENVERSORGUNG IST JETZT In unserem Jahresrückblick 2015 haben wir davon berichtet, dass die Zukunft der Eigenversorgung in Form eines neuen Leitfadens der BNetzA in der Pipeline liegt. Jetzt hat die BNetzA die finale Version veröffentlicht. Die BNetzA legt dabei Wert darauf, dass der Leitfaden lediglich das Grundverständnis der Behörde zur Anwendung der Regelungen der Eigenversorgung nach dem EEG 2014 und die Einschätzungen zu wesentlichen Praxisfragen wiedergibt. Anders gesagt: Es handelt sich nicht um eine verbindliche Regelung, sondern um eine Hilfestellung bei der Rechtsanwendung, mit der die Behörde nach ihrem eigenen Verständnis Unklarheiten der Erzeuger, die als Eigenversorger eine EEG-Umlage-Befreiung anstreben, entgegen wirken wollte. TEIL 10: FAZIT Wie fast immer wurde es vor der Sommerpause also noch einmal richtig hektisch im Regierungsviertel. Mit dem Strommarktgesetz, dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende und dem EEG 2017 hat man drei Mammut-Projekte noch zum Abschluss bringen können, während andere Fragen wie z.B. die des Energie- und Stromsteuerrechts sowie der Anreizregulierung vorerst unbeantwortet bleiben. Aber abseits der „vertagten“ Themen wird es auch im Endspurt der Legislaturperiode spannend bleiben. Bis dahin gönnen wir uns eine kleine Verschnaufpause. Juli 2016 23 ÜBER BBH Als Partnerschaft von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern ist BBH ein führender Anbieter von Beratungsdienstleistungen für Unternehmen aus allen Wirtschaftsbereichen, für Bund, Länder und Kommunen und für internationale Mandanten. Beratungsschwerpunkte bilden das Energie- und Infrastrukturrecht, das Steuerund Gesellschaftsrecht, das Kartell- und Vergaberecht, das öffentliche Recht, das Baurecht, das allgemeine Zivil- und Wirtschaftsrecht sowie das Medien- und Urheberrecht. Weitere Einzelheiten zu BBH können der Internetseite www.bbh-online.de entnommen werden. HINWEIS Bitte beachten Sie, dass der Inhalt dieses Becker Büttner Held Newsletters nur eine allgemeine Information darstellen kann, die wir mit großer Sorgfalt zusammenstellen. Eine verbindliche Rechtsberatung erfordert immer die Berücksichtigung Ihrer konkreten Bedürfnisse und kann durch diesen Newsletter nicht ersetzt werden. HERAUSGEBER Becker Büttner Held Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater PartGmbB Magazinstraße 15-16 10179 Berlin www.bbh-online.de www.derenergieblog.de Juli 2016 24 Dr. Ines Zenke Christian Held Rechtsanwältin Rechtsanwalt Magazinstraße 15-16 Magazinstraße 15-16 10179 Berlin 10179 Berlin Tel +49 (0)30 611 28 40-179 Tel +49 (0)30 611 28 40-48 Fax +49 (0)30 611 28 40-99 Fax +49 (0)30 611 28 40-99 [email protected] [email protected] Dr. Olaf Däuper Prof. Dr. Christian Theobald Rechtsanwalt Rechtsanwalt Magazinstraße 15-16 Magazinstraße 15-16 10179 Berlin 10179 Berlin Tel +49 (0)30 611 28 40-15 Tel +49 (0)30 611 28 40-113 Fax +49 (0)30 611 28 40-99 Fax +49 (0)30 611 28 40-99 [email protected] [email protected] Dr. Martin Altrock Dr. Dörte Fouquet Rechtsanwalt Rechtsanwältin Magazinstraße 15-16 Avenue Marnix 28 10179 Berlin B-1000 Brüssel Tel +49 (0)30 611 28 40-96 BELGIEN Fax +49 (0)30 611 28 40-99 Tel +32 (0)2 204 44-12 [email protected] Fax +32 (0)2 204 44-99 [email protected] Dr. Christian Dessau Tigran Heymann Rechtsanwalt Rechtsanwalt Magazinstraße 15-16 Magazinstraße 15-16 10179 Berlin 10179 Berlin Tel +49 (0)30 611 28 40-446 Tel +49(0)30 611 28 40-84 Fax +49 (0)30 611 28 40-99 Fax +49(0)30 611 28 40-99 [email protected] [email protected] Zu den Fachthemen stehen Ihnen natürlich auch die jeweiligen Experten unseres Hauses zur Verfügung. Diese finden Sie insbesondere hier: www.bbh-online.de (Menüpunkt: Experten). Juli 2016 25 BERLIN Magazinstraße 15-16 10179 Berlin Tel +49(0)30 611 28 40-0 Fax +49(0)30 611 28 40-99 [email protected] MÜNCHEN Pfeuferstraße 7 81373 München Tel +49(0)89 23 11 64-0 Fax +49(0)89 23 11 64-570 [email protected] KÖLN KAP am Südkai/Agrippinawerft 26-30 50678 Köln Tel +49(0)221 650 25-0 Fax +49(0)221 650 25-299 [email protected] HAMBURG Kaiser-Wilhelm-Straße 93 20355 Hamburg Tel +49(0)40 34 10 69-0 Fax +49(0)40 34 10 69-22 [email protected] STUTTGART Industriestraße 3 70565 Stuttgart Tel +49(0)711 722 47-0 Fax +49(0)711 722 47-499 [email protected] BRÜSSEL Avenue Marnix 28 1000 Brüssel, Belgien Tel +32(0)2 204 44-00 Fax +32(0)2 204 44-99 [email protected] Juli 2016 26
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