Hellweger Anzeiger, Ausgabe: HA Unna, vom: Mittwoch, 20. Juli 2016

UNNAER ZEITUNG
Mittwoch, 20. Juli 2016
172. Jahrgang / Nr. 167 / 1,50 €
Wetter
Lokales
Glückauf-Kaserne rüstet
sich für die Zukunft
Heute
Tag:
35 °C
Nacht: 18 °C
Heute gibt es erneut viel
Sonne, es bleibt trocken.
Unna. Alleine sieben Gebäude lässt die Bundeswehr im kommenden
Jahr in der Glückauf-Kaserne abreißen. Sie werden durch moderne Unterkünfte ersetzt. Denn
auch die Bundeswehr hat
im 60. Jahr ihres Bestehens erkannt, dass sie als
Arbeitgeber an ihrer Attraktivität arbeiten muss.
Für 35 Millionen Euro
werden unter anderem
Sechserstuben in Ein-Zimmer-Appartements umge- Alte Gebäude werden durch
Foto: Hennes
wandelt.
ä Seite 17 neue ersetzt.
Morgen
Tag:
29 °C
Nacht: 19 °C
Im Tagesverlauf sind Schauer und Gewitter möglich.
Viel Spargel –
wenig Erdbeeren
Wiesbaden. Die deutschen
Landwirte haben in diesem
Jahr mehr Spargel und weniger Erdbeeren geerntet als
2015. Insgesamt werde der
Spargelertrag nach einer ersten Schätzung rund 119.000
Tonnen betragen und damit
fünf Prozent mehr als im
Vorjahr, teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mit. Dagegen brach die Erdbeerernte
um 26 Prozent auf voraussichtlich ebenfalls 119.000
Tonnen ein. Der Erdbeeranbau litt den Angaben zufolge
unter schwierigen Witterungsbedingungen. AFP
Sport
IOC verhandelt
Sanktionen
Der Deutsche Olympische
Sportbund erwartet angesichts des Staatsdopings in
Russland ein klares Signal
vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC). „Es ist
eine der ganz großen Entscheidungen der Sportgeschichte“, sagte DOSB-Chef
Hörmann.
ä Seite 9
Neue Regeln
auch für Amateure
Nicht nur in den Eliteligen
des deutschen Fußballs müssen sich die Kicker auf neue
Regeln einstellen. Betroffen
davon sind auch die Amateure. Schiedsrichter, Spieler
und Trainer müssen sich
schnell damit anfreunden,
denn die Saison beginnt am
14. August.
ä Seite 12
Heute…
... wird in Coburg das Urteil
im Prozess nach dem Fund
der acht Babyleichen erwartet.
... macht die EU-Kommission Vorschläge zur Umsetzung des Pariser-Klimaabkommens auf EU-Ebene.
... empfängt Bundeskanzlerin Angela Merkel die neue
britische Premierministerin
Theresa May zum Antrittsbesuch.
... beginnt in Washington
die Anti-IS-Konferenz. Zwei
Tage lang kommen mehr als
30 Außen- und Verteidigungsminister in die USHauptstadt.
Börse
Xetra Dax
9981,24 -0,81%
Euro St. 50
2931,10 -0,61%
Dow Jones 18.559,01 +0,14%
Euro
1,1035 $ -0,16%
Auf ihrer zum Teil jahrelangen Flucht erleben minderjährige Flüchtlinge Gewalt und Tod – das Bild zeigt einen afghanischen Jungen,
der auf der Insel Lesbos alleine unter anderen Flüchtlingen unterwegs ist. In Deutschland werden rund 70.000 Kinder und junge ErFoto: dpa
wachsene betreut – der 17-jährige Attentäter aus Würzburg war einer von ihnen.
Angriff aus dem Nichts
Von Larissa Koch
Würzburg. Auf ihrer Flucht
haben sie oft Gewalt und
Tod erlebt. Auch der 17-jährige Attentäter Riaz K. aus
Würzburg, der mit Axt und
Messer in einem Regionalzug auf dem Weg nach
Würzburg mehrere Menschen schwer verletzte, war
vor zwei Jahren als unbegleiteter Flüchtling nach
Deutschland gekommen. Einer von knapp 70.000 Minderjährigen und jungen Erwachsenen, die laut Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge (BAMF) in der
Kinder- und Jugendhilfe betreut werden.
Radikalisierungen
frühzeitig erkennen
Der 17-jährige lebte zuerst in
einer Jugendeinrichtung, zuletzt hat er in einer Pflegefamilie gewohnt, machte ein
Praktikum in einer Bäckerei
mit Aussicht auf eine Lehrstelle. Von außen betrachtet
gute Bedingungen. Dennoch
griff er – wie aus dem Nichts
– wehrlose Menschen an.
Grundsätzlich geben sich die
Behörden große Mühe, sich
um unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zu kümmern. Das Bayerische Landeskriminalamt hat in den
zurückliegenden
Monaten
Fortbildungsveranstaltungen
durchgeführt, um Mitarbei-
Es waren recht gute Bedingungen für
den unbegleiteten minderjährigen
Flüchtling: Der 17-jährige Afghane
lebt bei einer Pflegefamilie, hat
Aussicht auf eine Lehrstelle. Doch
dann greift er wehrlose Menschen an.
ter etwa von Einrichtungen
für unbegleitete Jugendliche
zu sensibilisieren, um „mögliche Radikalisierungen frühzeitig zu erkennen“, wie ein
Sprecher des bayerischen
LKA unserer Berliner Redaktion sagte. „Die bisherige Erfahrung zeigt, dass Flüchtlinge, die ohne Angehörige
nach Deutschland gekommen sind, nicht grundsätzlich anfälliger für Radikalisierungen sind.“ Aber natürlich seien einige der der
Flüchtlinge
traumatisiert
und ihre Eindrücke „könnten im Einzelfall zu einer erhöhten Anfälligkeit für Radikalisierungen führen.“
Nicht ausreichend vor
Gewalt geschützt
Die Tat des jungen Afghanen
wirft daher die Frage auf, ob
unbegleitete
Kinder
in
Deutschland gut aufgefangen werden oder ob sie alleingelassen sind und so
leicht zu einer Gefahr für die
Sicherheit werden können.
Der mit Abstand größte Teil
der geflüchteten Kinder – im
700 neue Jobs bei Decathlon
Durchschnitt 90 Prozent –
reist nicht allein, sondern
mit seinen Eltern nach
Deutschland ein. Und genau
hier sieht etwa UNICEF die
größere Baustelle, wie eine
Sprecherin des Kinderhilfswerks unserer Berliner Redaktion erklärte.
Verhältnismäßig
gut versorgt
Viele Familien seien über
Monate in nicht kindgerechten Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, in denen
die Kinder teilweise nicht
ausreichend vor Gewalt geschützt seien. „Es fehlt an
Spiel- und Lernangeboten
und psychosozialer Hilfe“,
sagt Ninja Charbonneau von
UNICEF Deutschland. Unbegleitete
Flüchtlingskinder
seien hingegen „durch die
Eingliederung in die Kinderund Jugendhilfe verhältnismäßig gut versorgt“, ergänzt
Charbonneau.
Zu einer ganz ähnlichen
Einschätzung kommt der
Präsident des Deutschen
Kinderschutzbundes, Heinz
Hilgers. Er hält die Lage von
unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Deutschland für grundsätzlich gut:
„Eigentlich werden sie in
Deutschland schon gut betreut und versorgt, auch
wenn die Behörden hier an
ihre Belastungsgrenze gekommen sind.“ Kürzlich sei
er in einer Willkommensklasse in NRW gewesen.
Viele Schüler aus Afghanistan, Syrien und dem Irak
waren unbegleitete Minderjährige. „Sie waren aufgeweckt und sprachen nach
sechs Monaten schon hervorragend Deutsch“, berichtet Hilgers. Der Kinderschutzbund-Präsident
hält
das Attentat daher „eher für
einen Zufall“.
Psychische Verfassung
in den Blick nehmen
„Aus dieser Wahnsinnstat eines 17-jährigen, der immerhin eine Pflegefamilie hatte,
kann man schwerlich allgemeine Schlüsse auf Terrorismus in Deutschland ziehen“, sagte auch die Integrationsbeauftrage Aydan Özoguz. Es sei sehr wichtig, bei
jedem Geflüchteten und erst
recht bei den Minderjährigen
so früh wie möglich nicht
nur die körperliche, sondern
auch die psychische Verfassung in den Blick zu nehä Seite 3
men.
Deutsche rüsten alte
Diesel kaum nach
Warten aufs
Straßenpaket
Soccertreff
geschlossen
Unna. Die geplante Sanierung der Hauptverkehrsstraßen in Unna läuft mit
Verzögerung an. Die Baufirma hätte gestern schon
arbeiten können, doch es
fehlt noch die offizielle
Auftragserteilung durch
die Stadt. Organisatorische Gründe scheinen sie
zu verzögern. ä Seite 17
Unna. Schlechte Nachricht
für vereinslose Freizeitfußballer: Der Soccertreff
an der Massener Straße
ist aus wirtschaftlichen
Gründen geschlossen. Er
war die einzige Fußballhalle seiner Art in Unna,
bot seinen Kunden Fußballspielflächen
gegen
ä Seite 19
Miete an.
Türkei lässt
Kritik abprallen
Trotz Protesten soll Todesstrafe kommen
Istanbul. Nach dem geschei-
terten Putschversuch wächst
in der Türkei trotz internationaler Proteste die Zustimmung zur möglichen Wiedereinführung der Todesstrafe. Staatspräsident Recep
Tayyip
Erdogan
machte
deutlich, dass er eine Entscheidung des Parlaments
für die Todesstrafe billigen
würde. Eine entscheidende
Oppositionspartei kündigte
gestern an, eine Initiative
dafür zu unterstützen, sollte
die Regierung sie auf den
Weg bringen. Nach der EU
warnten auch die Vereinten
Nationen die Türkei vor diesem Schritt.
Die Zahl der Suspendierungen von Staatsbediensteten mit angeblichen Verbindungen zu dem in den USA
lebenden Prediger Fethullah
Gülen stieg gestern auf
knapp 30.000. Das Bildungsministerium
suspendierte
gestern 15.200 Mitarbeiter,
gegen die Ermittlungen we-
gen mutmaßlicher Verbindungen zu Gülen eingeleitet
wurden.
Der türkische Sender NTV
berichtete, außerdem sei
21.000 Lehrern an privaten
Bildungsreinrichtungen die
Lehrerlaubnis entzogen worden. Ebenfalls wegen angeblicher Gülen-Verbindungen
entzog die Telekommunikationsbehörde RTÜK 24 Radiound Fernsehstationen die
Sendelizenz. Erdogan macht
Gülen für den Umsturzversuch verantwortlich. Gülen
weist das zurück. Wegen des
umstrittenen Predigers droht
ein Streit zwischen der Türkei und den USA. Die Regierung in Ankara verlangt die
Auslieferung Gülens, der in
Pennsylvania
lebt.
Sie
schickte vier Dossiers über
ihn nach Washington. Der
Sprecher des amerikanischen Außenministeriums,
Mark Toner, bestätigte den
Eingang
der
Dokumente. dpa ä Seite 4, Kommentar
Ein Eis, so schwarz wie Kohle
Förderprogramm zeigt kaum Wirkung
Eschborn. Die Diskussion um
hohe Abgaswerte bei Dieseln
hat die Nachfrage nach dem
vom Bund aufgelegten Förderprogramm zur Nachrüstung mit Rußpartikelfiltern
in alten Fahrzeugen kaum
angekurbelt. Von den in diesem Jahr zur Verfügung stehenden 12 Millionen Euro ist
bislang nur ein Bruchteil abDer französische Sportartikelriese Decathlon setzt seine Expan- gerufen worden, wie aus Dasion in Deutschland fort und schafft 700 Arbeitsplätze in einem
ten des zuständigen Bundesneuen Logistikzentrum in Dortmund. Deutschland sei für das Un- amts für Ausfuhrkontrolle
ternehmen derzeit der interessanteste Markt in ganz Europa,
(Bafa) hervorgeht, die der
kündigte Ludger Niemann, Sprecher der deutschen UnternehDeutschen
Presse-Agentur
mensentwicklung, am Dienstag an. Decathlon sehe dort noch
vorliegen.
„viel Potenzial“, sodass in Zukunft die Eröffnung weiterer Filialen
Nur mit etwa 3,4 Milliogeplant sei. Foto: dpa
ä Seite 26 nen Euro haben deutsche
Autofahrer die Umrüstung
ihrer alten Dieselfahrzeuge
in diesem Jahr bislang fördern lassen.
Ursprünglich hatte das
Bundesumweltministerium
für dieses Jahr 22,5 Millionen Euro bewilligt, dem Bafa aber zunächst nur 12 Millionen Euro zur Verfügung
gestellt. Hintergrund sind
die Umweltzonen, die viele
Städte eingeführt haben,
und die Auflagen der EU für
Feinstaub. Nach der Nachrüstung erhalten die alten
Diesel die grüne Plakette,
mit der sie auch in die Umweltzonen fahren dürfen. dpa
Dieses Grubengold ist zartbitter, vanillig und vor allem: schwarz.
Wie echte Kohle halt. Grubengold nannte man früher die Steinkohle. Und seit ein paar Jahren auch eine Speiseeissorte der besonderen Art in Essen-Kray. Susanne Scholz-Weigl vom Eiscafé
Bertram hat die Sorte erfunden. 2010 war das und erst mal als
Gag. Doch es kam an. „Viele sind skeptisch und sagen dann: Es
schmeckt doch ganz lecker.“ Und jetzt die Enttäuschung: Echte
Steinkohle aus dem Ruhrgebiet ist da gar nicht drin. Aber mediziFoto: dpa
nische Kohle, die aus Pflanzen hergestellt wurde.