Rheinpfalz 31.07.2016 Syrische Weinprinzessin

PFALZ
RHEINPFALZ AM SONNTAG
SEITE 4
31. JULI 2016
GROSSEINSATZ DER POLIZEI
Schüsse auf
offener Straße
KU R Z G E M E L D E T
VOR DREIEINHALB JAHREN GEFLÜCHTET
Syrerin wird Weinkönigin
Zweibrücken kracht
Musik von neun Bühnen lockt beim Zweibrücker
Stadtfest Zehntausende an. Krönung ist der Auftritt von Stefanie Hertel heute um 21 Uhr.
Heute ab 10 Uhr, Zweibrücken, Innenstadt
Heine ist eher leise
Wehmütig, ironisch, sprachlich
elegant: So stimmt die Lyrik Heinrich Heines leise Töne an. Der
Theatermann Moritz Stoepel liest.
Heute 16 Uhr, Freinsheim, Galerie Zulauf
Bevano Est klingt ganz eigenwillig
Fünf italienische Musiker, die aus der reichen Musiktradition der Emilia Romagna schöpfen, machen singend, mit Akkordeon, Geige, Gitarre, Klarinette und Trommeln als „Bevano Est“ Musik.
Heute 16 Uhr, Wachenheim, Badehaisel
Shakespeare wird verständlicher
Bei allen Verdiensten der Schlegel-Tieckschen
Übersetzung: Verständlich sind Shakespeares Texte in diesem Deutsch kaum, und so wählt die
Shakespeare-Company Berlin eine neue Übertragung, wenn sie das „Wintermärchen“ erzählt.
Heute 19 Uhr, Dahn, Burg Altdahn, bei Regen im
Otfried-von-Weißenburg-Theater |hap
I CH M ÄÄ N JO B L O O SS
WEISHEITE FER E BESSERI WELT (1 VUN 3945)
Iwwers Wasser
Es gebbt do en alte Golfer-Witz.
En Golfer kummt an des Loch uff’m Platz, wu
ihm seit viele Johre die greescht Angscht
macht. Des Loch isch fascht 170 Meter lang, un
zwische em Grün, wu de Ball hie soll, un em
Abschlaach isch en riesiche See. De Golfer hot
in seim Golferlääwe schunn uuzehliche Bäll in
genau den See gedrosche, un uff’s Grün hot er’s
so gut wie noch nie g’schafft. Also steht er ach
jetzt widder uff’m Abschlaach mit feichde
Händ un ziddriche Knie. Er kruhschdelt ganz
dief in seine Golfdasch un holt en uralte Ball
raus, en dreggiche mit Schramme un Delle, wu
er vor Johre unner ämme Busch g’funne hott.
Er lecht den alte Ball uffs Tee (des isch e Helzel,
wu mer am Abschlaach in de Bodde stecke
derf, fer de Ball druff zu platziere). Un wie er
graad zum Schwung aushole will, geht uff äämool mit ämme laude Gedunner am Himmel e
Wolk uff un e diefi, aagenehmi Stimm isch zu
heere. „Gunndach“, saacht die Stimm, „ich bin
de liewe Gott. Un ich gebb dir heit emool en
Tipp.“ De Golfer guggt ganz verschreckt in
Richdung vun dere Wolk un froocht: „En TiTipp? F-fer mich? Vun d-dir??“ – „Genau“,
saacht die Stimm, „also bassemooluff! Du
steckscht jetzt als allererschdes emool den alte
Drecksball widder ei. Un dann holscht du aus
deine Golfdasch dein allerbeschde Ball raus,
dein schännschde un deierschde.“ – „Mein
beschde Ball? An dem Loch??“ froocht de Golfer. – „Genau“, saacht de liewe Gott. Un de Golfer macht, was er g’saacht griecht hot. „So“,
saacht de liewe Gott, „un jetzt schnaufscht du
ganz dief durch. Un dann machscht du en
schääne Proweschwung ohne Ball.“ De Golfer
holt dief Luft un macht, wie im g’hääße worre
isch. „Un jetzt noch en Proweschwung!“ Er
macht’s. Dann saacht de liewe Gott: „Ich glaab,
du nemmscht doch besser de alte Ball.“
Un die Moral vun dere G’schicht? Wer immer widder die sellwe Fehler macht, derf vum
liewe Gott kä neie Leesunge erwarte.
„Bischt du jetzt es Wort zum Sunndaach?“
froocht mein Kumbel Fred un schlotzt an seim
vierde Schobbe.
Wann ’s sei muss. Ich mään jo blooß.
mk
Der Sprung in die Freiheit
Auf die Rehe im Pfälzerwald kommen aufregende Zeiten zu: Drei Luchse wurden gestern östlich von
Waldleiningen ausgewildert. Sie haben die Wiederkäuer zum Fressen gern. Von Jürgen Müller
L
uchse sind Individualisten.
Das lässt sich am Samstagmittag bei Waldleiningen gut
beobachten. Drei Transportkisten haben Mitarbeiter der Stiftung
Natur und Umwelt (SNU) RheinlandPfalz gerade aus einem Kleintransporter geladen. Mal ist aus den auf einer Waldwiese abgestellten Boxen
ein Rascheln zu hören, mal ein unleidliches Knurren.
Der Mensch hat den Luchs
ausgerottet. Seine
Rückkehr soll die Tierwelt
ausbalancieren.
Dann werden nacheinander die Boxenschieber hochgezogen. Während
die fünfjährige Luna erst mal abwartet, schießt Kaja (3) gleich wie Kai aus
der Kiste los. Auch das Männchen Lucky (1) fackelt nicht lange. Während
aber die beiden Damen mit wenigen
eleganten Sprüngen im Wald verschwinden, präsentiert sich der Kuder am Boxenausgang selbstbewusst
den Fotografen. Erst dann spurtet
auch er entschlossen in die Freiheit.
Das Trio, das seine Namen Grundschulkindern verdankt, wirkt erstaunlich munter. Dabei hat es einiges
hinter sich: Am Freitag wurden die
Pinselohren in ihrer slowakischen
Quarantänestation erst eingefangen
und tierärztlich untersucht, um dann
in den Kisten eine elfstündige Autofahrt von den Karpaten in den Pfälzerwald durchzustehen. Kaum angekommen, kam Christine Zwerger zur
Visite. Die Amtstierärztin bei der
Kreisverwaltung Kaiserslautern vergewisserte sich, dass die Luchse die
Reise unversehrt überstanden haben
und dass es sich bei ihnen auch tatsächlich um die gegen Tollwut
geimpften Tiere handelt. Bei dieser
„Ausweiskontrolle“ hilft übrigens der
unters Fell implantierte Chip.
Warum der ganze Aufwand? Weil
der Luchs zu den europäischen Wäldern dazu gehört, sagt die rheinlandpfälzische Umweltministerin Ulrike
Höfken. Erst der Mensch habe diesen
Jagdkonkurrenten vor zwei Jahrhunderten weitgehend ausgerottet. Die
Kehrseite, so Höfken: Die Abwesenheit dieser vierbeinigen Räuber dürfte zu den hohen Wildbeständen in
den Wäldern beigetragen haben.
Das könnte sich ändern. Experten
rechnen damit, dass ein Luchs im
Pfälzerwald 50 bis 60 Rehe im Jahr
vertilgt. Und bis zum Jahr 2020 sollen
noch weitere 17 Pinselohren aus der
Schweiz und der Slowakei hier ausgewildert werden. Gesamtkosten des
Projektes inklusive wissenschaftlicher Begleitung: 2,75 Millionen Euro,
von denen die Hälfte die Europäische
m
KEIN HALTEN
Luchs-Weibchen Kaja
spurtet in ihre neue
Heimat, den Pfälzerwald. Am Hals trägt sie
einen GPS-Sender, um
ihre Beutezüge verfolgen zu können. FOTO: JÜM
Union schultert, Rheinland-Pfalz
steuert 400.000 Euro bei.
Das Projekt ist freilich nicht ohne
Risiken: Der Straßenverkehr zählt zu
den häufigsten Todesursachen von
Luchsen. Auch werden die in den Pfälzerwald verpflanzten Tiere den genetischen Austausch mit benachbarten
Vorkommen brauchen: „Die Verhinderung von Inzucht wird zum Maßstab des Erfolges werden“, sagt Ministerin Höfken. Die Vogesen sollen deshalb als Brücke zu den Luchsen im
Schweizer Jura dienen. Als eine problematische Barriere gilt freilich die
wenige Kilometer südlich der pfälzisch-elsässischen Grenze gelegene
Zaberner Steige mit ihren diversen
Verkehrsachsen. Die dort vorhandene Grünbrücke muss dringend verbessert werden, mahnt Holger
Schindler, der Landesvorsitzende des
Bundes für Umwelt und Naturschutz
Deutschland (BUND).
Trotz allem: „Die große Akzeptanz
in der Region“, die nicht zuletzt auch
bei den Jägern zu beobachten sei,
stimmt Höfken zuversichtlich. Über
viele Jahre hinweg sei dieses „bundesweit einmalige Projekt“ mit Vertretern aus Jagd, Landwirtschaft und
Naturschutz abgestimmt worden.
Nachdem das letzte der drei Pinselohren im Gebüsch verschwunden ist,
strahlt auch Stiftungs-Geschäftsführer Jochen Krebühl: „Ich bin erleichtert, dass alles so gut gelaufen ist.“
PIRMASENS. In Pirmasens waren am
Freitagabend Spezialkräfte der Polizei im Einsatz, nachdem gegen 18 Uhr
mehrere Zeugen Schüsse auf offener
Straße gemeldet hatten. Nach diesen
Zeugenaussagen wurden zwei Männer dabei beobachtet, wie sie den Angerweg entlangliefen, wobei einer
der Männer mit einer Schusswaffe
mehrere Schüsse in die Luft abgegeben habe. Anschließend seien die
Männer, die keine gezielten Schüsse
auf Personen oder Dinge abgefeuert
hätten, in einem Anwesen in der Nähe
verschwunden. Die Polizei observierte daraufhin das Gelände, bis die Spezialeinsatzkräfte vor Ort waren. Kurz
nach 20 Uhr gingen dann Meldungen
bei der Polizei ein, dass nun in der
Fröhnstraße ein Mann in die Luft
schieße. Dieser konnte laut Polizei
umgehend von Streifenbeamten festgenommen werden. Es habe sich um
einen 48-Jährigen aus Pirmasens gehandelt, der erheblich alkoholisiert
gewesen sei und eine Schreckschusswaffe samt Munition bei sich gehabt
habe. Erste Ermittlungen hätten ergeben so die Polizei, dass der 48-Jährige
auch der Schütze im Angerweg war.
Er hatte sich noch vor dem Eintreffen
der ersten Polizeikräfte wieder aus
dem Anwesen entfernt. Bei dem
zweiten Mann handelte es sich demnach um dessen 45-jährigen Bruder.
Da nicht auszuschließen gewesen sei,
dass dieser auch im Besitz einer
Schusswaffe ist, drangen die Spezialkräfte in dessen Wohnung ein, wo sie
den 45-Jährigen antrafen, aber keine
Waffen entdeckten. Wie die Polizei
weiter mitteilte, habe wohl nur der
48-Jährige geschossen, dem die
Schreckschusswaffe auch gehört. Ein
Ermittlungsverfahren wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz wurde eingeleitet. Der 48-Jährige verbrachte die Nacht zur Ausnüchterung
im Krankenhaus. |ras
STREIT ESKALIERT
Verletzt durch
Schreckschüsse
PIRMASENS. Nur wenige Stunden
nach einem Großeinsatz wegen Schüssen auf offener Straße (siehe Meldung
oben) fielen in Pirmasens in der Nacht
zum Samstag erneut Schüsse aus einer
Schreckschusswaffe. Wie die Polizei
berichtete, soll ein 36-Jähriger kurz
vor 2 Uhr einem 34-jährigen Kontrahenten zweimal ins Gesicht geschossen haben. Dabei habe dieser eine Augenreizung erlitten, eine Behandlung
durch einen Arzt aber abgelehnt. Der
Attacke sei ein Streit vorausgegangen.
Die Polizei stellte die Waffe sicher, da
der mutmaßliche Täter keinen Waffenschein besitzt. |ras
Na denn Probus!
10 0 P ROZ E NT PÄ L Z ER Vo n S t e f fe n B o i s e l l e
MICHAEL BAUERS
WINZ-LYRIK
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F R E I ZE I T - T I P P S
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TRIER. Die aramäische Christin Ninorta Bahno
(26) aus Syrien, die vor dreieinhalb Jahren aus ihrem Heimatland geflohen ist, wird am Mittwoch in
Trier zur Weinkönigin 2016/17 gekürt. Nach Angaben der Vereinigung der Trier-Olewiger-Winzer ist
Bahno die erste Geflüchtete, die ein solches Amt
übernimmt.
„Alle
Flüchtlinge, die ich
kenne, freuen sich für
mich über mein neues
Amt“, erzählt die junge
Frau, die lieblichen Riesling am liebsten mag.
Bahno will aber nicht
nur für den Trierer Wein
werben, sondern auch
für die Kultur Syriens –
und „eine Botschafterin
für die Integration“ werden. Sie hat mit Winzern Crashkurse im Weinberg
gemacht und viel über Reben gelesen, wie sie sagt.
Vor ihrer Flucht mit ihrer Schwester aus der nordsyrischen Stadt Kamischli hatte Bahno Jura studiert. Nun startet sie im September eine Ausbildung zur Fachangestellten für Arbeitsmarktdienstleistungen bei der Agentur für Arbeit Trier. Später
will sie wieder Jura studieren. |dpa
FOTO: DPA
DAS WÜCHS
Das
wüchseste
Ur,
das
wuchtigste
Woff,
aller Meister Stoff,
faustgroß
oder Kindskopf.
Doppelt und dreifach
ungedarbt,
unvertändelt ...
... ist das, woraus
im Kerninneren
sich ballt
die alte Saugewalt,
ritzeratzeroh.
PFÄLZISCHE GESCHICHTE: Wann die Römer den
Weinbau in die Provinzen bringen. Von Daniel Krauser
Nicht erstaunlich, dass man den spätantiken Chronisten lange geglaubt
hat – versprechen sie doch die Antwort auf die alte Frage, wann die Römer den Weinbau in die Provinzen, also auch in die heutigen Pfalz, gebracht
haben: Kaiser Probus habe Ende des 3.
Jahrhunderts „Galliern und Pannoniern erlaubt, Reben zu pflanzen“,
schreibt beispielsweise der Geschichtsschreiber Eutropius. In vielen
Regionen wie der Mosel und der
Wachau gilt der 282 ermordete Soldatenkaiser bis heute als der Stifter des
regionalen Weinbaus – was so wohl
nicht stimmt: Wein aus den Provinzen wird schon von älteren Autoren
erwähnt. Und dann gibt es ja noch die
archäologischen Befunde.
In der Vorderpfalz entstehen schon
zügig nach der römischen Landnahme im 1. Jahrhundert Landgüter, „villae rusticae“: Zwischen Mittelhaardt
und Rhein wird das Land parzelliert
und agrarisch erschlossen. Die Landgüter versorgen wohl vor allem die in
den Provinzen stehenden Militäreinheiten: Alleine die in Obergermanien
stationierten Truppen benötigen
nach Schätzungen etwa 10.000 Tonnen Brotgetreide pro Jahr. Wann genau man auf den Landgütern dann
auch mit dem Weinbau beginnt, lässt
sich allerdings nicht genau sagen: Anlagen wie die Römervilla auf dem
Weilberg bei Ungstein werden im 1.
Jahrhundert meist noch in Holzbauweise errichtet, erst ab dem 2. Jahr-
Das Jahr 282 weltweit:
Der Arzt Huangfu Mi,
Autor eines Buchs über
die Akkupunktur, stirbt.
hundert baut man auf dem Weilberg
in dauerhaftem – und archäologenfreundlichem – Stein.
Das Kelterbecken, das man an der
Ungsteiner „villa rustica“ gefunden
hat, lässt dann jedenfalls auf ein Produktionsvolumen weit über dem Eigenbedarf schließen: Bis zu 200.000
Liter Wein könnten in den Becken zur
Lesezeit gekeltert worden sei. Angebaut werden an der Mittelhaardt zu
jener Zeit übrigens alte Bekannte: Die
Traubenkerne, die man vor Ort gefunden hat, lassen sich Frühformen von
Traminer, Riesling und Burgunder zuordnen.
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