PDF-ausgabe-2016-31 - Deutsche Gesundheits Nachrichten

Ausgabe | 31
12. August 2016
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Wirtschaft
Merck profitiert von Boom bei Fruchtbarkeitsmitteln
Der Wunsch nach Kindern stärkt den Pharmakonzern Merck. Auf Zukäufe und Fusionen wird das Unternehmen vorerst verzichten.
D
er überraschende Erfolg eines
Fruchtbarkeitsmittels in den USA
treibt Merck an. Der Pharma- und Chemiekonzern hob seine Gewinn- und
Umsatzprognose für das Gesamtjahr an
und peilt damit weitere Rekordwerte an.
Produktionsprobleme bei Konkurrenzprodukten ließen den Umsatz mit der
Hormonspritze Gonal-f, die seit mehr
als 20 Jahren auf dem Markt ist, um fast
ein Viertel nach oben schnellen. Dies half
den Darmstädtern neben der größten
Übernahme in der Firmengeschichte zu
einem Erlösplus im zweiten Quartal von
rund 18 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro.
Wie lange die positiven Effekte bei Gonal-f
anhielten, sei noch unklar, sagte der neue
Merck-Chef Stefan Oschmann.
Fürs Gesamtjahr hob Oschmann, der
Ende April den langjährigen Vorstandschef Karl-Ludwig Kley an der Spitze des
Konzerns mit 50.000 Mitarbeitern ablöste,
die Umsatzerwartungen um 100 Millionen
Euro auf 14,9 bis 15,1 Milliarden Euro an.
Momentan floriert das Hormon-Geschäft.
Flickr/Steve Snodgrass/CC BY 2.0
Beim bereinigten Betriebsgewinn (Ebitda) geht er nun von 4,25 bis 4,4 Milliarden
nach bislang 4,1 bis 4,3 Milliarden Euro
aus. Bereits 2015 hatte Merck dank der 17
Milliarden Dollar schweren Übernahme
des US-Laborausrüsters Sigma-Aldrich ein
Rekordergebnis eingefahren. Der Zukauf
schob das bereinigte Ergebnis im Life-Science-Bereich, der Produkte für Labore und
die Pharmaproduktion anbietet, von April
bis Juni um mehr als das Doppelte auf 417
Millionen Euro an. Der Gesamtkonzern
kam auf knapp 1,16 Milliarden Euro, ein
Plus von fast 29 Prozent und damit mehr
als Analysten erwartet hatten.
Negative Währungsschwankungen vor
allem in Lateinamerika verhinderten, dass
der Umsatz zuletzt deutlicher zulegte. Das
spürte am stärksten die Pharmasparte – der
weiterhin erlösstärkste Geschäftsbereich.
In diesem will Merck nach einer längeren
Durststrecke nun wieder mit neuen Medikamenten punkten. In den USA wolle das
Unternehmen im laufenden Quartal die
Zulassung für die Krebsimmuntherapie
Avelumab zur Behandlung des metastasierten Merkelzellkarzinoms einreichen,
kündigte Oschmann an. In Europa stehe
dies Ende des Jahres an. Bei seinen bislang
umsatzstärksten Medikamenten, dem
Multiple-Sklerose-Mittel Rebif und dem
Krebsmedikament Erbitux, musste Merck
im zweiten Quartal zwar Umsatzrückgänge
verkraften, allerdings nicht so viel wie von
Analysten befürchtet.
Analyse
Belohnung für gesunde Lebensführung
Eine aktuelle Online-Umfrage der
Unternehmensberatung Prophet ergab,
dass 76 Prozent der Deutschen sogenannten Gesundheitstarifen nicht abgeneigt
sind. 37 Prozent wollen den Kassen dazu
per Armband oder Fitness-App auch
Einblick in persönliche Gesundheitsdaten
geben. Auf der anderen Seite wollen über
60 Prozent die ungesunde Lebensweise
ihrer Mitmenschen nicht mehr durch
ihre Beiträge mittragen.
Eine entscheidende Voraussetzung
für die Zustimmung zu solchen Gesundheitstarifen sei jedoch die Bedingung,
dass die Krankenkassen verantwortungsvoll mit den persönlichen Gesundheitsdaten umgingen. Drei Viertel der
Befragten plädieren außerdem dafür,
dass ihr Hausarzt der Krankenkasse eine
gesunde Lebensweise bestätige – und
eben keine App.
Während bei den unter 34-Jährigen
die Hälfte und im Segment 55+ immerhin
noch ein Viertel der Befragten offen mit
ihren Daten umgehen wollen, um davon
zu profitieren, sinkt aber andererseits die
Bereitschaft, Menschen zu unterstützen,
die ein gegensätzliches Leben führen.
„(...) 62 Prozent der Bundesbürger (wollen) mit ihren Beiträgen nicht länger die
ungesunde Lebensweise von Rauchern
oder Fettleibigen unterstützen und meinen, wer sich nicht um seine Gesundheit
kümmere, der solle auch mehr zahlen“,
berichtet das Unternehmen.
Stöckle zufolge sei im Zuge dieses
Trends zu individuellen Gesundheitstarifen allerdings auch eine gewissen
Form der „Entsolidarisierung“ innerhalb
der Gesellschaft zu beobachten. „Etliche
Versicherte sehen offenbar nicht ein, dass
sie mit ihren Beiträgen das ungesunde
Verhalten von anderen unterstützen und
fordern vielmehr die Honorierung ihrer
eigenen Bemühungen.“
Wie weit Wunsch und Wirklichkeit
auseinander gehen, zeigt jedoch ein aktueller Gesundheitsreport. Knapp zwei
Drittel der Bundesbürger (63 Prozent)
schätzen ihren Gesundheitszustand
demnach als gut oder sogar sehr gut ein.
Aber nur wenige leben rundum gesund.
Die meisten bewegen sich zu wenig, essen übermäßig und zu unausgewogen,
rauchen und trinken immer noch zu
viel oder können mit Stress nicht richtig
umgehen.
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Im Geschäft mit Spezialchemikalien
wie etwa mit Flüssigkristallen für Flachbildschirme oder Pigmenten für Lacke
und Kunststoffe, dem zwar kleinsten aber
profitabelsten Unternehmensbereich, sank
das Ergebnis. Dort setzt Merck immer noch
ein Lagerabbau bei Kunden aus der DisplayIndustrie zu. Derzeit gebe es keine Pläne, sich
von Bereichen zu trennen, sagte Oschmann.
Zugleich seien keine größeren Zukäufe für
die nächsten zwei Jahre geplant.
An der Börse fiel die Merck-Aktie um
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bis zu 3,1 Prozent auf 95,21 Euro und zählte
damit zu den größten Verlierern im Dax.
Ein Händler begründete dies mit Gewinnmitnahmen, nachdem bereits im Voraus
mit einer Prognoseanhebung gerechnet
worden war.
Politik
Projekt soll Flüchtlinge zur Pflege bringen
Die Stadt Hannover plant, arbeitssuchende Flüchtlinge und Migranten in Pflegeberufe zu integrieren.
I
n Hannover startet für das Jahr 2016
ein Projekt zur beruflichen Integration
von Flüchtlingen und Migranten. Hierfür
arbeiten die Medizinische Hochschule
Hannover (MHH), die Arbeiterwohlfahrt
(AWO) der Region Hannover und die Koordinierungsstelle „Album“ der Stadt Hannover zusammen.
Da viele Stellen in der Pflegebranche
nach wie vor unbesetzt sind, greift Niedersachsen auf die zugezogenen Personen
zurück, da einige in ihren Heimatländern
bereits vergleichbare Erfahrungen sammeln
konnten. Nun wolle man ihnen helfen, damit
ihre Qualifikationen anerkannt würden,
so Nuray Karaköse, Sozialpädagogin und
Integrationscoach bei der AWO.
Insgesamt 16 Teilnehmer aus Syrien und
Afrika begannen schon ihr Studium an der
Hochschule. Bei erfolgreichem Abschluss es
Aufbaustudium gäbe man den Studenten
die Möglichkeit, in der MHH als qualifizierte
Pflegekraft zu arbeiten.
Migranten, die noch keinerlei Kenntnis-
Viele Stellen in der häuslichen Pflege sind noch unbesetzt.
se im Pflegeberuf hätten, aber interessiert
seien, könnten eine Teilzeitausbildung an der
eigenen Pflegeschule der MHH aufnehmen.
In beiden Ausbildungen seien Sprachkurse
Foto: Flickr/Vinoth Chandar/CC BY 2.0
bis zu dem Level B2 und Fachsprachunterricht inklusive. Auch verschiedene Praktika
seien Teil der Ausbildung, um weitere Praxiserfahrungen sammeln zu können.
Innovation
Riechrezeptoren in den Bronchien entdeckt
Die Entdeckung von Geruchszellen in menschlichen Bronchien kann der Asthmatherapie dienen.
D
er Geruchssinn beschränkt sich nicht
ausschließlich auf Nase und Gehirn.
Diese erstaunliche Entdeckung haben
Wissenschaftler unter der Leitung von
Prof. Dr. Dr. Dr. habil Hanns Hatt und Dr.
Benjamin Kalbe vom Bochumer Lehrstuhl
für Zellphysiologie in der menschlichen
Lunge gemacht. Spezielle Duftnoten regen
die Bronchien dazu an, sich zu weiten oder
gegenteilig zusammenzuziehen.
In der Zeitschrift Frontiers in Physiology berichten die Forscher einiger Kli-
niken in Bochum, Köln und Herne sowie
der Ruhr-Universität Bochum von einem
revolutionären neuen Ansatz in der Asthmatherapie. Doch auch bei chronischen
Lungenerkrankung könnte diese Entdeckung von Bedeutung sein.
Die Forscher konnten dabei nicht nur
die spezifischen Rezeptoren mit den Bezeichnungen OR2AG1 und OR1D2 auf den
Muskelzellen klassifizieren, sondern auch
die dazu passenden Düfte.
Grundlage für die Forschung waren
menschliche Zellkulturen: Im Speziellen
handelte es sich um Zellen der glatten
Muskulatur. Diese können nicht bewusst
gesteuert werden. Beispiele für den Antagonisten, also der quergestreiften Muskulatur, sind Arm- oder Beinmuskeln, die jedes
Individuum willkürlich beeinflussen kann.
Der Rezeptor OR2AG1 wird durch den
fruchtigen Duft Amylbutyrat aktiviert, der
z.B. Aprikosen- und Bananennoten enthält.
Dabei gehe der Duftstoff in den Muskelzellen den gleichen Signalweg wie es in den
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Die in dem Duft Amylbutyrat enthaltenen Aprikosennoten können die Bronchien stark entspannen.
Flickr/JPC24M/CC BY-SA 2.0
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Geruchszellen der Nase geschehe. Sobald
der Duftstoff an dem entsprechenden
Rezeptor andockt, erweitern sich die Bronchien. Tatsächlich könne der Effekt dieser
Wirkung so deutlich gemessen werden,
dass er sogar der Reaktion durch Histamin
entgegenwirke, berichtet Hatt. Dieser Stoff
wird im Körper produziert, wenn es zu einem allergischen Asthmaanfall kommt. Die
Folge ist eine Verengung der Bronchien und
somit auch massive Atembeschwerden.
Wie kaum anders zu erwarten, hat der
zweite Rezeptor OR1D2 den umgekehrten
Effekt. Er spricht auf Düfte wie Lilial oder
Bourgeonal an, die blumig ölige Noten
besitzen. Sobald eine Bindung zwischen
diesen Stoffen zustande kommt, ziehen
sich die Muskeln der Bronchien zusammen.
Zudem konnten die Forscher beobachten,
dass in diesen Zellen entzündungsfördernde Stoffe ausgesandt wurden.
Forschung
Was der Atem verrät: Mit Infrarotsensoren Krankheiten aufspüren
Mit einem speziellen Analyseverfahren ist es möglich, Krankheiten schon vor ihrem Ausbruch zu diagnostizieren.
K
ann der Arzt nicht sofort feststellen,
welche Beschwerden den Patienten
plagen, hilft als erster Schritt oft ein Blutbild. Viele Patienten empfinden jedoch
bei dem Gedanken an eine Blutabnahme
ein ausgeprägtes Unwohlsein. Daher sind
nicht-invasive Technologien derzeit ein
beliebtes Forschungsgebiet. Ulmer Forscher um Professor Boris Mizaikoff, Leiter
des Instituts für Analytische und Bioanalytische Chemie (IABC) haben nun ein völlig neues Verfahren entwickelt, um Ärzte
bei der Erstdiagnose zu unterstützen. Das
sogenannte „μbreath“ kann den Atem des
Patienten analysieren und bereits auf diesem Weg diverse Krankheiten erkennen –
teilweise bereits vor deren Ausbruch.
Professor Mizaikoff erklärt, der Atem
sei ein Spiegel der stofflichen Zusammensetzung des Körpers. Liegt eine Erkrankung
vor, verändern sich bereits kleinste Moleküle – und diese seien durch die AtemgasAnalytik messbar. So könnten nicht nur
Lungenerkrankungen, sondern auch Beschwerden in der Leber, den Nieren und
sogar Brustkrebs in einem relativ frühen
Stadium erkannt werden.
Das Verfahren ist zwar schon bekannt,
war aber für einfache Arztpraxen nicht
erschwinglich. Der Grund ist simpel. Die
Konzentration der zu untersuchenden Moleküle in der Atemluft ist derartig gering,
dass für das Messverfahren hochsensible
Geräte vonnöten sind. Den Wissenschaft-
lern aus Ulm ist es in Zusammenarbeit
mit Unternehmen jedoch gelungen, eine
kostengünstige Alternative zu entwickeln.
Dabei wird die ausgeatmete Luft der
Testperson in einen hohlen Lichtwellenleiter
gepumpt. Dort findet eine Infrarotspekt-
Der Atem spiegelt in seiner Zusammensetzung den Stoffwechsel des Körpers wider.
Flickr/lenchensmama./CC BY-ND 2.0
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roskopie statt. Ein spezieller, justierbarer
Laser testet das Luftgemisch auf bestimmte
Biomarker ab. Je nachdem wie hoch die
Konzentration der entdeckten Marker ist,
können sogar Rückschlüsse auf das Stadium
der Krankheit gezogen werden.
Die vom IABC entwickelten Lichtwellenleiter lassen sich aufgrund ihrer Größe
in absehbarer Zukunft auch in kleinste
Chips implantieren. Den Möglichkeiten
des Einsatzes sind so keine Grenzen gesetzt.
Und das Interesse der Pharma-Industrie
ist groß. Dafür erhielten die Forscher eine
Auszeichnung von der britischen Royal
Society of Chemistry. „Wir hätten uns nie
träumen lassen, dass ein neues analytisches
Verfahren, das wir erst vor drei Jahren im
Fachjournal ,Analytical Chemistry‘ publiziert haben, heute schon einen Preis für
anwendungsnahe Technologien erhält“, so
der Ulmer Forscher.
Die Entwicklung hat nur noch ein
Problem: Nur weil sich die Zusammensetzung des Atems verändert habe, heiße das
nicht, dass auch eine Erkrankung vorliege,
so Professor Mizaikoff. Ganz im Gegenteil,
es könne sich auch schlicht um eine Ernährungsumstellung handeln. Daher müsse das
Gerät noch weiterhin getestet und eventuell
mit weiterer Technik versehen werden, die
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in der Lage sei, diese Differenzen klar zu
analysieren.
Für ihre anwendungsnahen Infrarotsensoren sind sie kürzlich von der britischen
Royal Society of Chemistry ausgezeichnet
worden.
Eine Einschränkung gibt es derzeit
noch: „Veränderungen des Atemgases
können auch nicht-krankhafte Ursachen
haben – zum Beispiel durch die Ernährung
bedingt. Um Messfehler zu vermeiden,
sollte unser Sensor in der medizinischen
Diagnostik zunächst mit einer weiteren
Methode gekoppelt werden“, sagt Boris
Mizaikoff.
Studie
Mythos um Salz: Verzicht fördert Herz-Kreislauf-Erkrankung
Eine neue Studie zeigt, zuviel Salzaufnahme pro Tag erhöht das Risiko einer Herz-Kreislauferkrankung – zu wenig allerdings auch.
D
ie optimale Menge der Salzzufuhr
pro Tag liegt für einen Erwachsenen bei 6 Gramm, so die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Doch insbesondere Männer nehmen fast das Doppelte
tagtäglich zu sich – 10 Gramm im Durchschnitt. Frauen liegen bei 8,4 Gramm.
Die Konsequenzen vermehrter salzhaltiger Nahrungsaufnahme zeigen sich
oft in einem erhöhten Risiko, an HerzKreislauf-Schwächen zu erkranken. Es
ist allgemein hin bekannt, dass zu viel
Kochsalz den Blutdruck erhöhen kann.
Der Grund dafür ist einfach erklärt, dass
das im Speisesalz enthaltene Natrium
Wasser binde und damit das Blutvolumen
erhöhe, so Professor Dr. med. Dr. h. c.
Helmut Schatz aus Bochum vom Vorstand
der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Der Druck innerhalb der
Gefäße und folglich auch der Blutdruck
steigen dadurch erheblich und können
schnell zu einer Schädigung der Organe
These „Weniger ist Mehr“ wurde durch diese Studie widerlegt. Foto: Flickr/stlbites.com/CC BY-ND 2.0
sowie Gefäßwände führen. Die Folgen
seien lebensbedrohende Krankheiten wie
Schlaganfälle oder Herzinfarkte, so Dr.
Schatz. Zwar sei der vermehrte Salzkonsum nicht die alleinige Ursache solcher
Krankheiten, aber doch ein erheblicher
Risikofaktor.
Daher galt lange die Regel, dass „weniger gleich mehr“ sei. Die Ergebnisse
einer Langzeitstudie beweist jedoch das
Gegenteil. Wissenschaftler von der McMaster University in Hamilton, Kanada
führten den Vergleich der Salzaufnahme
in einer Metaanalyse vier großer Studien
durch. Getestet wurden dabei 135.000
Personen aus 49 Ländern, deren tägliche Harnausscheidung und das darin
enthaltene Natrium, auftretende oder
vorhanden Herz-Kreislauf-Erkrankungen
und letztendlich auch die Todesfälle.
Speise- oder Kochsalz (NaCl) besteht
fast zu gleichen Teilen aus Natrium- und
Clorid-Ionen – 5 Gramm Kochsalz enthalten ca. 2,3 Gramm Natrium. Die Ausscheidung an Natrium im Urin lässt daher
leicht Rückschlusse auf die Kochsalzaufnahme zu. In der Analyse wurden dabei
Bluthochdruckpatienten sowie Personen
ohne derartige Probleme beobachtet.
Wie zu erwarten, stiegen die Probleme
der Bluthochdruckpatienten bei einer
Aufnahme von über fünf Gramm (etwa 10
Gramm Kochsalz) steil an. Testpersonen
ohne erhöhten Blutdruck konnten keine
Ereignisse vorweisen. Auffällig war jedoch,
dass die Aufnahme von unter 3 Gramm
Salz pro Tag sowohl bei Patienten mit also
auch ohne Bluthochdruck die Ereigniskurve (Erkrankungen und Gesamttodesfälle)
wieder steigen ließ.
These „Weniger ist Mehr“ wurde durch diese Studie widerlegt.
Flickr/Raül Utrera/CC BY-SA 2.0
In Deutschland sei der Mangel an Salz
jedoch keine Schwierigkeit, da Brot, Wurst,
Käse und sogar Milchprodukte genügend
Salz enthielten, so Professor Dr. med. Matthias Weber, DGE-Mediensprecher von der
Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Doch letztendlich bleibt er der Ansicht:
„Bluthochdruckpatient sollten nach wie
vor Salz meiden oder nur sparsam verwenden. Dies gilt auch für Patienten mit
Herzinsuffizienz. Menschen mit normalem Blutdruck müssen weniger auf Ihren
Salzkonsum achten.“
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Studie
Organspende: Freie Wahl oder Pflicht
Trotz vielfacher Werbung und Diskussionen um dieses Thema sind viele Menschen der Organspende gegenüber kritisch eingestellt.
Die Entscheidung für oder gegen die Organspende ist nicht einfach.
W
issenschaftler am Institut für Soziologie der Friedrich-AlexanderUniversität Erlangen-Nürnberg (FAU)
forschten zusammen mit dem Institut
für Ethik und Geschichte der Medizin der
Universitätsmedizin Göttingen (UMG)
an dieser Thematik. Ziel der Studie ist es
herauszubekommen, warum Menschen
sich eher verhalten für Organspenden
melden und inwiefern die Medien bei
dieser Entscheidung eine Rolle spielen.
Insgesamt wurden dafür 60 Teilnehmer
interviewt und 83 Motive von Plakaten
untersucht. Sowohl Interviews als auch
Gruppengespräche waren dabei Grundlage der Auswertung, worin die eigentlichen Ursachen der kritischen Äußerungen lagen.
Laut einer Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sind
die Deutschen zwar theoretisch positiv
eingestellt, was Organspenden betrifft,
zeigen jedoch keine Steigerung durch den
Erwerb eines Organspende-Ausweises.
Ein Grund dafür liegt in der Kultur
der Befragten begründet. Viele der Teilnehmer dieser Umfrage empfänden ein
verständliches Unbehagen, so Prof. Dr.
Silke Schicktanz. Einige Kulturen bezweifeln
die Gleichstellung des Hirntods mit dem
endgültigen Tod. Niemand will die Last
tragen, den Patienten wohlmöglich durch
die Einwilligung zur Spende getötet zu
haben. Zudem sei es in einigen Religionen
oder Kulturen wichtig, die körperliche Unversehrtheit zu bewahren.
Im Allgemeinen werden der Mangel
an Information sowie Misstrauen dafür
verantwortlich gemacht, dass sich die Bevölkerung nicht für die Organspende bereit
Foto: Flickr/Camdiluv/CC BY-SA 2.0
erkläre. Doch diese sozialen Faktoren seien
bislang nur wenig bis gar nicht erforscht,
so Prof. Dr. Frank Adloff vom Institut für
Soziologie der FAU.
Die Forschungsgruppe sieht eine Möglichkeit dieser Auslegung in den suggestiven Werbekampagnen. Werbeaktionen
vermitteln den Eindruck, es sei eine soziale
Verpflichtung, die Organspende zu bewilligen. Auch sei die Entscheidung dafür
leicht und schnell zu treffen. Doch dem
ist nicht so. „Bedenken hingegen werden
gänzlich ausgeblendet, und so fühlen sich
die Menschen durch die Kampagnen nicht
in erster Linie gut informiert und zu einer
tieferen Auseinandersetzung aufgerufen,
sondern subtil unter Druck gesetzt.“, so
Prof. Dr. Schicktanz. Obwohl sich also jeder
frei entscheiden kann, wird ihm ein „Nein“
zur Organspende nicht leicht gemacht.
Impressum Geschäftsführer: Christoph Hermann, Karmo Kaas-Lutsberg. Herausgeber: Dr. Michael Maier (V.i.S.d. §§ 55 II RStV).
Redaktion: Anika Schwalbe, Gloria Veeser, Julia Jurrmann, Cüneyt Yilmaz. Sales Director: Philipp Schmidt. Layout: Nora Lorz. Copyright:
Blogform Social Media GmbH, Kurfürstendamm 206, D-10719 Berlin. HR B 105467 B. Telefon: +49 (0) 30 / 81016030, Fax +49 (0) 30 / 81016033. Email: [email protected]. Erscheinungsweise wöchentliches Summary: 52 Mal pro Jahr. Bezug: [email protected]. Mediadaten: [email protected].
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