Umstellung auf IP

Strategie & Praxis Telefonie
Telefonie Strategie & Praxis
2. Anschliessen, ersetzen oder aufrüsten?
Bild: iStockphoto.com/BrianAJackson
Nach der Bestandsaufnahme steht fest, bei welchen Systemen
Handlungsbedarf besteht. In fast allen Szenarien tauchen Geräte mit Schnittstellen auf, die noch nicht über IP kommunizieren können. Oft sind Rückfragen bei Herstellern von Liftsystemen, Alarmanlagen sowie weiteren Geräten notwendig,
um Klarheit zu erlangen, wie und in welchem Zeitraum diese
Geräte auf die IP-Technologie umgerüstet werden können.
Telefonanlagen sind in der Regel seit zehn oder mehr Jahren unverändert im Einsatz. Sie haben einen langen Lebenszyklus und werden über viele Jahre abgeschrieben. Ist eine
Neuanschaffung nicht unmittelbar vorgesehen, bietet sich
ein VoIP-Gateway als zuverlässige und preiswerte Lösung an.
Es wird vor die bestehende Telefonanlage geschaltet und
agiert als Media-Gateway zwischen der alten Telefonanlage
und dem neuen All-IP. Ein Gateway lässt sich an analoge und
ISDN-Geräte anschliessen, bis ein IP-fähiges Neugerät an­
geschafft wird.
Für den professionellen Betrieb in Unternehmen sollten
unbedingt hochwertige Gateways berücksichtigt werden. Sie
zeichnen sich dadurch aus, dass sie mehr als nur die rudimentären ISDN-Funktionen nachbilden und zusätzliche Funktionen liefern, beispielsweise einen Gebührenimpuls oder eine
exakt getaktete Uhr. Für längere Gespräche an DECT-Telefonen oder für einen zuverlässigen Faxbetrieb sind diese
unerlässlich.
Umstellung auf IP
Die Zeit ist reif für All-IP
Die Umstellung der Kommunikationsinfrastruktur auf All-IP bietet CIOs die Chance, Abläufe
zu optimieren und Kosten zu sparen. So stellen Sie Ihr Unternehmen um. Von Pius Grüter
D
as Zeitalter der analogen Kommunikation geht zu Ende.
Bis zum Jahresende 2017 werden in der Schweiz alle
Dienste wie Sprachtelefonie, TV oder Daten einheitlich auf
die IP-Technologie überführt. Wer die Aufgabe nicht bald in
Angriff nimmt, läuft Gefahr, den Anschluss zu verlieren.
Chance zur Optimierung
Wenn Computer, Handy und Festnetz zu einer einzigen Kommunikationslösung verschmelzen, lassen sich zahlreiche Arbeitsabläufe optimieren: Festnetznummern können auf das
Mobiltelefon umgeleitet und via App auch unterwegs genutzt
werden. Persönliche Einstellungen wie tageszeitabhängige
Rufumleitungen oder Rufnummernsperren lassen sich über
den Browser konfigurieren. Überdies sinkt der Aufwand für
die interne IT. Statt mehrerer eigenständiger Netze, wird bei
All-IP die gesamte Sprach- und Datenkommunikation über
dasselbe Netz betrieben. Durch Bündelung aller Services für
Telefon, Internet und bei Bedarf sogar TV ergeben sich attraktive Spareffekte. Und: Altverträge bei Telekomanbietern
sind meist deutlich teurer als aktuelle Angebote, auch da-
durch zahlt sich der Umstieg aus. Werden die Unternehmensdaten im Firmennetzwerk durchgängig über IP verknüpft,
trägt das zudem zum Geschäftserfolg bei, etwa aufgrund
schnellerer Angebots- oder Auftragsbearbeitung.
Grosse Unternehmen vollziehen derzeit den Umstieg im
Rahmen umfassender Projekte. Noch nicht ganz so weit sind
viele KMU. Während der Aufwand für kleine Unternehmen
angesichts der Überschaubarkeit ihrer Infrastruktur keine
grosse Hürde darstellt, sollte er für mittelgrosse Unternehmen
je nach Branche und Grösse nicht unterschätzt werden.
3. Verfügbarkeit und Stromversorgung
Als Nächstes stehen Überlegungen zum Risikomanagement
und allenfalls zur Compliance an. So gilt es, die Verträge mit
dem Internet-Service-Provider auf die gebotene Verfügbarkeitsgarantie zu prüfen. Sollte die Prüfung nicht zufriedenstellend ausfallen, können redundante Glasfaseranschlüsse
über ein zusätzliches Trassee oder auch eine Mobilfunkverbindung erhöhte Ausfallsicherheit bieten.
Da nach der Umstellung auf All-IP die Fernspeisung der
Fernsprechgeräte entfällt, wird ein Stromausfall auch die Telefonie im Unternehmen betreffen. Die Stromversorgung der
Telefoninfrastruktur muss deshalb lokal durch das Unternehmen sichergestellt werden. Die Energieversorgungssicherheit in der Schweiz liegt bei über 99,99 Prozent – dies ent-
Checkliste: Umstellung auf All-IP
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Bestandsaufnahme ISDN-Geräte/Telefonie-Infrastruktur, inkl.
Anlagen mit ISDN-Anschluss (Alarmierung, Frankatur etc.)
1. Am Anfang steht die Inventur
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Alte Anlagen mit VoIP-Gateway ausrüsten
Die Inventur ist der erste Schritt, der unbedingt gründlich
anzugehen ist: Sämtliche Telekommunikationsanschlüsse im
Unternehmen und die damit zusammenhängenden Geräte
und Anlagen werden erfasst. Dazu gehören auch Liftanlagen,
Frankiermaschinen, Kartenleser und Faxgeräte sowie Brandmeldeanlagen und andere Alarmsysteme. Gerade bei Mietobjekten oder einem weitverzweigten Filialnetz erfordert
diese erste Abklärungsphase ausreichend Zeit.
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VoIP-Anbieter und Tarifmodell evaluieren
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Internetanschlüsse prüfen
(SLAs für Verfügbarkeit, Support und Bandbreite)
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Redundante Verbindung definieren
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Notstromversorgungskonzept anpassen
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Planung von Migration und Rollout
8/2016
8/2016
«Durch Bündelung aller
Services ergeben sich
attraktive Spareffekte»
Pius Grüter
spricht einer halben Stunde Unterbruch pro Jahr. Eine unterbruchsfreie Stromversorgungsanlage (USV) überbrückt Unterbrüche zuverlässig.
4. Berater- und Anbieterwahl
Liegt eine umfassende Bestandsaufnahme vor, kann die konkrete Umstellung auf die IP-Telefonie geplant werden. Oft betrauen Unternehmen ihre IT-Abteilung respektive den Telekommunikationsverantwortlichen mit der Koordination und
Umsetzung. Fehlen die Ressourcen, kann für den zeitgerechten Rollout ein externer Dienstleister sinnvoll sein.
Bei der Wahl des VoIP-Anbieters spielen die Preismodelle
und Kombinationsmöglichkeiten eine wichtige Rolle. Noch
entscheidender dürften aber eine garantierte hohe Verfügbarkeit, eine umfassende Netzüberwachung und ein rund um die
Uhr erreichbarer Support sein. Zu unterscheiden sind zwei
Ausprägungen von Providern: spezialisierte VoIP-Anbieter
und solche mit einem Kommunikationsgesamtangebot. Letztere bieten sowohl Kommunikationsleitungen als auch Tele­
fonie an und verfügen über eigene Netzinfrastrukturelemente.
Fazit: Mehrwert für alle
Richtig umgesetzt bietet die IP-Telefonie viele Vorteile. Die
Mitarbeitenden können ortsunabhängiger arbeiten, der
Komfort erhöht sich und auch die Sprachqualität stimmt. Für
Unternehmen zahlt sich der Umstieg aus: Je nach Architektur lassen sich bei Anschlussgebühren und Gesprächskosten
bis zu 50 Prozent einsparen. ◾
Pius Grüter
verantwortet als CIO beim Internetdienstleister und Datacenter-Anbieter
green.ch den Bereich Connectivity und Telefonie: www.green.ch