Immobilien - GEG German Estate Group

Immobilien
FRANKF U RT ER ALLG E M E I NE Z E I TUNG
N R. 169 · SE I T E I 1
F RE I TAG, 22. JU L I 2016
Die digitale Scheu
Von Michael Psotta
Z
Informatik wie in der Steinzeit: Passanten auf Einkaufsmeilen wie hier in der Frankfurter Zeil werden meist noch von Hand gezählt.
Foto Rainer Wohlfahrt
Datensammeln allein bringt für Immobilien nichts
Lässt sich durch die
Analyse großer Datenmengen bald voraussagen, welche Stadtteile
an Attraktivität gewinnen und für Investoren
lohnende Anlageziele
darstellen? So einfach
ist es nicht. Noch ist Big
Data häufiger ein
Schlagwort als ein
Geschäftsmodell.
chz. BERLIN, 21. Juli. Glaubt man einer
repräsentativen Umfrage des Branchenverbandes Bitkom, so treffen immer
mehr deutsche Unternehmen ihre Entscheidungen auf der Basis umfassender
Datenanalysen. 35 Prozent von 700 befragten Firmen nutzen demnach BigData-Analysen für die Auswertung großer Datenmengen. „Innovative Datenanalysen“, sagte Axel Pols, Geschäftsführer von Bitkom Research, bei der Vorstellung der Studie, „werden als Grundlage
für wirtschaftliche Entscheidungen immer wichtiger.“
Immobilienunternehmen wurden in
der Bitkom-Studie nicht gesondert erfasst. Doch auch bei Projektentwicklern,
Investoren, Maklern und Hausverwaltungen ist das Thema angekommen – wenn
auch „unterschiedlich ausgeprägt“, wie
Viola Bensinger sagt, die als Partnerin
der Rechtsanwaltskanzlei Greenberg
Traurig Germany Immobilienunternehmen berät. Tatsächlich bieten Immobilien gute Voraussetzungen, um für Datenanalysten attraktiv zu sein. Denn bereits
jetzt liefern sie zahlreiche Angaben:
Hausverwalter wissen, wie viel Strom
und Wärme in Wohnhäusern verbraucht
werden; künftig wird mit der Einführung
intelligenter Verbrauchszähler (Smart
Meter) sogar transparent sein, wann welcher Haushalt wie viel Strom konsumiert. Eigentümer von Bürogebäuden
verfügen über detaillierte Angaben über
Mieten und Mietentwicklung, und Betreiber von Einkaufszentren kennen die Umsatzentwicklung jedes einzelnen Shops
und die Passantenfrequenz an jedem einzelnen Tag.
Doch das Schlagwort Big Data geht
über die Analyse dieser Daten hinaus.
„Big Data“, erklärt Peter Heidkamp,
Head of Technology der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, „ermöglicht es,
Informationen aus verschiedensten Quellen zu einem Gesamtbild zu verdichten
und daraus konkrete Maßnahmen abzuleiten.“ Mit anderen Worten: Richtig interessant wird Big Data erst dann, wenn
es gelingt, aufgrund bereits jetzt vorliegender Daten künftige Entwicklungen
präzise vorherzusagen.
Ein Beispiel dafür nennt Marion Peyinghaus, Geschäftsführerin der Beratungsplattform Competence Center Process Management Real Estate (CC
PMRE): „Wenn man Daten zum Wirtschaftswachstum und zur Kaufkraftentwicklung mit dem Einkaufsverhalten im
Internet verschneidet, kann man daraus
regional differenziert ableiten, wie hoch
der Bedarf an Logistik- und Einzelhandelsflächen sein wird.“ Auch Prognosen
über die künftige Attraktivität bestimmter Stadtteile als Wohnort lassen sich Peyinghaus zufolge aus Daten ableiten –
zum Beispiel dergestalt, dass Suchanfragen bei Wohnungsportalen im Internet,
Buchungen beim Zimmervermittler
Airbnb und die Handydichte miteinander kombiniert werden. „Wenn es“, erläutert Peyinghaus, „in einem Gebiet wesentlich mehr Handys als Einwohner
gibt, ist das ein Zeichen, dass dieses Gebiet an Attraktivität gewinnt.“
Sehr konkret an diesen Themen arbeitet das Portal Immobilienscout 24, das
durch Vermarktungsanzeigen und Suchanfragen über einen riesigen Datenpool
Eintrübungen am Londoner
Wohnungsmarkt. Seite I 3
verfügt. „Die Auswertung der aktuellen
Preisentwicklung in unterschiedlichen
Mikrolagen lässt einen Blick in die Zukunft zu“, erklärt Jan Hebecker, Leiter
Märkte und Daten von Immobilienscout
24. So hat die von seinem Unternehmen
mit ins Leben gerufene Transparenzoffensive Immobilienwirtschaft zusammen
mit dem Institut für Geoinformatik der
Universität Potsdam räumliche Modelle
entwickelt, die Preisunterschiede von
Wohnimmobilien adressgenau abbilden.
Dabei hat es sich zum Beispiel gezeigt,
dass sich in den angesagten Berliner
Stadtteilen Mitte und Prenzlauer Berg
zwischen 2013 und 2015 die Lagen mit
den höchsten Wohnungspreisen deutlich
verschoben haben. Dadurch lassen sich
statistische Modelle entwickeln, die es er-
Büromarkt in London bricht ein
Vermietungen gehen um die Hälfte zurück / Kontinentaleuropa dagegen stark
pso. FRANKFURT, 21. Juli. Der Flächenumsatz auf dem Londoner Büromarkt ist
im zweiten Quartal 2016 gegenüber dem
Vorjahreswert um 56 Prozent zurückgegangen. Das geht aus der jüngsten Analyse des europäischen Büromarktes durch
den Immobiliendienstleister JLL hervor.
Begründet wird dies mit der schon vor
dem Brexit-Votum herrschenden Unsicherheit über die weiteren politischen
und wirtschaftlichen Entwicklungen in
der britischen Hauptstadt, die den Immobilienmarkt des Landes klar dominiert.
Vor allem in der Londoner City dürften
die Mieten jetzt zumindest kurzfristig un-
ter Druck geraten, schreibt JLL, da sich
die Nachfrage im Zuge des Brexits abgeschwächt habe. Über die weitere Entwicklung Londons heißt es, dass der Ausgang des EU-Referendums die Sorge um
die beträchtliche Pipeline verstärkt
habe. Damit ist gemeint, dass bis 2017
die Fertigstellung von 1,2 Millionen Quadratmeter Büroflächen geplant ist – zum
Vergleich: In ganz Europa sind im zweiten Quartal 2016 rund 1,1 Millionen
Quadratmeter Büroflächen neu auf den
Markt gekommen. Dennoch rechnet JLL
nicht damit, dass es zu einem Angebotsschock kommen wird. Das hängt damit
Europäische Büro-Immobilienuhr
Hamburg
München
Stuttgart
Berlin
Stockholm
Frankfurt
Dublin, London City,
London West End,
Luxemburg
Kopenhagen,
Manchester
Amsterdam
Barcelona, Edinburgh,
Madrid
Lissabon Paris CBD
Köln
Entwicklung der Mieten (Stand 3. Quartal 2015)
· Die Uhr zeigt, wo sich die Büromärkte nach
Lyon, Oslo
Einschätzung von JLL innerhalb ihrer Miet-
Verlangsamtes
Mietpreiswachstum
Beschleunigter
Mietpreisrückgang
Beschleunigtes
Mietpreiswachstum
Verlangsamter
Mietpreisrückgang
Mailand
Rom
preis-Kreisläufe Ende Sept. 2015 befinden.
· Der lokale Markt kann sich in der Uhr in verschiedene Richtungen und mit verschiedenen Geschwindigkeiten bewegen.
· Die Uhr ist eine Methode zum Vergleich
der Positionen der Märkte in ihrem Kreislauf.
· Die Positionen sind nicht zwingend
repräsentativ für den Investment- und
Projektentwicklungsmarkt.
· Die Positionen der Märkte beziehen sich auf
die Spitzenmieten.
· Es gibt Märkte, die keinem konventionellen
Zyklus folgen und sich eher zwichen 9 und
12 Uhr bewegen. In diesem Fall repräsentiert
9 Uhr einen Mietanstieg nach einer Periode
der Mietstabilität.
Moskau
St. Petersburg, Warschau
Düsseldorf, Genf, Kiew
Athen, Brüssel,
Budapest, Helsinki, Istanbul, Prag, Zürich
Quelle: JLL, Oktober 2015/ F.A.Z.-Grafik Kaiser
zusammen, dass London eine Leerstandsquote von nur 3,7 Prozent aufweist und damit einen der niedrigsten
Werte in Europa, während in Frankfurt
beispielsweise 9,3 Prozent der Büroflächen leer stehen und in Amsterdam sogar 13,7 Prozent. Zwar dürfte der Leerstand in London jetzt wegen des BrexitVotums und der zahlreichen Neubauten
zunehmen, aber aus Sicht von JLL keinen beunruhigenden Wert annehmen.
Auch die in diesem Text eingeblockte
Immobilienuhr zeigt neue Londoner
Schwächen: Während die wichtigsten
Teilmärkte der britischen Hauptstadt
City und Westend vor drei Monaten noch
zentral im Viertel des verlangsamten
Mietpreiswachstums lagen, steuern sie
jetzt auf den beschleunigten Mietpreisrückgang in Gesellschaft mit Istanbul zu.
Abgesehen von London befinden sich
die europäischen Büromärkte aber generell in guter Verfassung. So stieg der Vermietumsatz leicht auf 2,9 Millionen
Euro – trotz des herben Rückschlags für
London. Dazu trugen kräftige Zuwächse
von jeweils mehr als 50 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum in Brüssel,
Mailand, Rotterdam, München und Madrid bei. Einen geringeren, aber ebenfalls zweistelligen Zuwachs des Vermietumsatzes verzeichnete Paris. Am nach
London zweitwichtigsten europäischen
Immobilienmarkt deute die große Zahl
kleiner und mittlerer Transaktionen auf
eine Stimmungsverbesserung der Unternehmen hin.
lauben sollen, die künftige Entwicklung
vorherzusagen. Grundsätzlich steht für
Hebecker fest, dass Big Data dazu beiträgt, „dass der Immobilienmarkt transparenter wird, etablierte Prozesse effizienter gestaltet und neue Geschäftsfelder erschlossen werden“.
Doch was überzeugend klingt, ist im
Einzelnen mit Schwierigkeiten verbunden. Die beginnen schon bei der Ermittlung der Daten, wie Thomas Beyerle
sagt, der als Chefanalyst des Asset Managers Catella das Potential von Big Data
für die Immobilienwirtschaft in einer Studie unter die Lupe genommen hat. Die
Zählung von Passanten in den
bedeutendsten Einkaufsstraßen ist demnach eine solche wichtige Datenquelle –
doch die erfolgt in der Regel immer noch
von Hand und damit, wie Beyerle findet,
mit einem steinzeitlichen Verfahren. Dabei geht es auch anders: Die Stadt Osnabrück erfasst die Besucherströme seit
2014 mit lasergestützten Messgeräten.
„Die Kunst ist, herauszufinden, welches die richtigen Quellen und die richtigen Algorithmen sind“, ergänzt Beraterin Marion Peyinghaus. So könne es beispielsweise passieren, dass ein Internetportal, das als Datenquelle diene, schnell
an Bedeutung verliere. Entscheidend sei
es darüber hinaus, „ganz am Anfang die
Frage zu klären, welche Daten ein Unternehmen wirklich weiterbringen“. Das betont auch Thomas Beyerle: „Big Data per
se ist kein Mehrwert.“ Vielmehr müsse
man zunächst die Ziele definieren, weil
man sonst alles Mögliche aus den vorliegenden Daten herauslesen könne. Big
Data, spitzt Beyerle seine These zu, führe
wegen der unüberschaubaren Datenmenge sogar „eher zu mehr als zu weniger
Fehlurteilen“.
Skepsis lässt auch Juristin Viola Bensinger von Greenberg Traurig durchblicken. Sie berichtet, dass Unternehmen
auf die Frage, was sie mit den großen Datenmengen anfangen wollen, oft mit einem Schulterzucken antworten. „Man
kann“, sagt Bensinger, „heute technisch
vieles machen, ohne in jedem Fall zu wissen, wofür sich die Ergebnisse nutzen lassen.“ Das heiße indes nicht, dass der Nutzen nicht in naher Zukunft erkennbar
sein werde.
Um diesen Nutzen realisieren zu können, braucht es allerdings geeignete Software-Lösungen. Big Data, urteilt Marion
Peyinghaus, werde die Immobilienwirtschaft allein deshalb nicht schlagartig
verändern, weil die Systeme der Unternehmen erst auf die Verarbeitung großer
Datenmengen ausgerichtet werden müssten. Eine Marktanalyse ihrer Beratungsgesellschaft CC PMRE rechnet damit,
dass es noch fünf bis sieben Jahre bis zur
vollständigen Implementierung von Big
Data in die Unternehmenssysteme dauern wird.
Hinzu kommt die Herausforderung
durch den Datenschutz. Man müsse immer darauf achten, die personenbezogenen Daten zu schützen, betont Peyinghaus. Besonders dringend ist diese Aufgabe, weil derzeit offen ist, ob die Immobilienbranche die Kontrolle über ihre Daten behält oder an Internetkonzerne abgibt. Peyinghaus macht unter Verweis
auf das selbstfahrende Auto von Google
darauf aufmerksam, dass die Großkonzerne aus dem Silicon Valley vehement
in etablierte Branchen eindringen. „Es
ist“, folgert sie, „nur eine Frage der Zeit,
dass solche Technologiefirmen verstärkt
den Kontakt zur Immobilienbranche und
zu deren Daten suchen.“
ahlreiche Branchen durchlaufen gerade heftige Umwälzungen. Ziel und
Ende zeichnen sich oft noch unscharf ab,
aber dass sich viele Wirtschaftszweige
den neuen technologischen Herausforderungen und den dahintersteckenden neuen Geschäftsideen stellen müssen, ist sicher. Da verwundert es schon, dass die Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft
bisher nur am Rande auftaucht. Einige Internetportale haben sich am Wohnungsmarkt etabliert, die Bauwirtschaft beginnt damit, umfangreiche Datensätze
über ihre Bauwerke zu erstellen, die Logistik verfolgt teils schon ausgeklügelte Konzepte zur immer kleinteiligeren Warenverteilung, wozu sie immer stadtnähere Immobilien benötigt, und die Eigentümer
und Betreiber von Handelsflächen müssen sich mit dem Ausbreiten des Internethandels befassen. Auch die großen Unternehmen der Wohnungswirtschaft nutzen
längst die Digitalisierung, um ihre Wohnungen besser und billiger zu verwalten.
Doch von einem digitalen Ruck durch die
ganze Branche kann keine Rede sein. Das
liegt nicht unbedingt daran, dass es sich
bei den Akteuren um technikfeindliche
Hinterwäldler handelt. Vielmehr sind Immobilien Einzelstücke, deren serielle Erfassung und Bearbeitung nur beschränkt
möglich sind. Zudem besteht die Schwierigkeit, dass genaue Daten über Immobilientransaktionen mit großer Verzögerung ausgewiesen werden, weil Notare
nicht gezwungen sind, diese Daten elektronisch an die Behörden und Gutachterausschüsse weiterzugeben. Darunter leidet die Transparenz des Marktes – zu Lasten der Stadtplanung, der Wohnungspolitik und potentieller Käufer und Verkäufer. Und letztlich gibt es eine systematische Bremse, die das Eintauchen der Immobilienbranche in die Digitalisierung
und die damit verbundene Transparenz
behindert: Wer immer über geheime,
wertvolle Information aus dem Immobilienmarkt verfügt, wird sie lieber für sich
behalten und allein verwerten. Schließlich geht es fast immer ums große Geld.
Stationärer Handel hat
noch nicht ausgedient
pso. FRANKFURT, 21. Juli. 71 Prozent
der Deutschen haben im vergangenen
Jahr ein- oder mehrmals Waren im Internet bestellt. Unter den mehr als 60 Jahre
alten Einwohnern waren dies aber nur
noch 46 Prozent. Das geht aus einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Spitzenverbandes Zentraler Immobilien Ausschuss
hervor. Auch die Bereitschaft, für Lieferungen am selben Tag Aufschläge zu bezahlen, geht mit dem Alter zurück: Während 34 Prozent der Menschen im Alter
von 18 bis 29 Jahren dafür zahlen würden, sind es in der Altersklasse 60 plus
nur noch zwölf Prozent. Der stationäre
Einzelhandel hat offenbar weiterhin gute
Chancen im Geschäft mit wichtigen Produktgruppen wie Lebensmittel, Drogerieartikel, Möbel, Kleidung, Schuhe, Unterhaltungselektronik und Bücher: 95 Prozent aller Befragten gaben an, im Ladengeschäft hohen Wert auf Begutachtung
und Test von Produkten zu legen. Für 83
Prozent spielt die persönliche Beratung
eine große Rolle. Das Kernargument für
den Online-Handel bleibt dagegen die
Zeitersparnis etwa für junge Familien.
Vier Fragen an: Ulrich Höller, GEG German Estate Group
„Frankfurt ist außergewöhnlich attraktiv“
Über den deutschen Finanzplatz nach dem Brexit, seinen Büro- und Wohnungsmarkt
Glauben Sie, dass der Frankfurter Immobilienmarkt nennenswert vom Brexit profitieren wird?
Wir registrieren schon jetzt zunehmend
Nachfragen nach attraktiven Frankfurter
Immobilien. Die Gründe liegen auf der
Hand: Bisher nutzten viele international tätige Unternehmen London als Tor zu Europa, oft sogar als einzigen Hub. Die drohenden steuerlichen und regulatorischen Konsequenzen des Brexits lassen diese Unternehmen jetzt zunehmend nach alternativen Standorten suchen. Frankfurt mit Sitz
der Europäischen Zentralbank bietet sich
gerade für Unternehmen des Finanzsektors natürlich an. Schon wenn nur ein kleiner Prozentsatz der im Moment rund
600 000 Londoner Arbeitsplätze dieses Bereichs nach Frankfurt verlagert würde, hätte dies positive Effekte auf den Frankfurter
Immobilienmarkt. Hinzu kommt, dass Londons Attraktivität durch den Brexit auch
für die internationalen Immobilieninvestoren zumindest schwindet. Die Stadt war
bisher für viele außereuropäische Investoren das erste Investitionsziel, um dann
schrittweise auch auf dem europäischen
Festland ein Portfolio aufzubauen. Diese
Strategie ergibt ohne EU-Mitgliedschaft
Großbritanniens nur noch eingeschränkt
Sinn. Deshalb rücken jetzt auch hier die
kontinentaleuropäischen Büroimmobilienstandorte und Finanzplätze wie Frankfurt
zunehmend ins Zentrum des Interesses.
Hätte Frankfurt denn ausreichend erstklassigen Büroraum, wenn sich der Finanzplatz ausweitet?
Aktuell gibt es in Frankfurt über eine
Million Quadratmeter zeitnah verfügbare
Büroflächen. Dies sind mehr als 10 Prozent des gesamten Marktangebotes. Das
ist heute natürlich ein realisierbarer Vorteil, weil man dadurch auf die erwartete
Nachfragesteigerung schon kurzfristig reagieren könnte. Gleichzeitig sind bereits
eine ganze Reihe an Projekten in Planung,
die in den kommenden Jahren auf den
Markt kommen werden. Für ausreichend
Büroraum ist in Frankfurt also gesorgt,
selbst wenn die Zuzugszahlen die Schätzungen der Fachleute übertreffen. Und natürlich bieten die potentiellen Entwicklungen auch die Chance, den bisherigen Büroimmobilienbestand der Stadt durch Investitionen auf den neuesten Stand zu
bringen.
Muss Frankfurt damit rechnen, dass der
jetzt schon angespannte Wohnungsmarkt
völlig aus den Nähten platzt?
Frankfurt hat bereits jetzt ein ungewöhnlich großes Angebot an kleineren
Apartments, wie sie von Pendlern gerne
genutzt werden. Das Angebot an solchen
Mikro-Apartments kann auch kurzfristig
schnell erhöht werden, wodurch sich die
zu erwartende Dynamik auf dem Wohnungsmarkt bis zu einem gewissen Grad
auffangen lässt. Insgesamt müssen die
Stadt und ihre Marktteilnehmer aber sicher noch stärker als bisher in den Wohnungsmarkt investieren.
Halten Sie Frankfurt für attraktiv genug,
um Banker anzulocken, die an eine Weltmetropole wie London gewöhnt sind?
Definitiv. Abgesehen davon, dass Frankfurt schon heute – entgegen den weitläufigen Vorurteilen – der wichtigste Finanzplatz auf dem europäischen Kontinent ist,
bietet die Stadt auch eine außergewöhnlich hohe Lebensqualität. Sie ist dynamisch, kosmopolitisch und weltoffen, bietet ein großes Kulturangebot und besticht
gleichzeitig durch eine ganz eigene Gemütlichkeit und ein schnell erreichbares,
grünes Umland. Durch den Flughafen –
wie auch die hervorragenden Zug- und Autobahnverbindungen – ist man infrastrukturell zudem jederzeit perfekt angebunden, in Deutschland wie in Europa. Und
dass die Lebenshaltungskosten gerade im
Vergleich zur teuren Londoner City oder
anderen Finanzplätzen wie Paris deutlich
niedriger sind, ist natürlich auch ein großer Vorteil. Jetzt geht es darum, diese
Punkte auch klar zu adressieren und die
Vorteile stärker herauszustellen. Wenn
das gelingt, wird man auch Menschen für
unsere Stadt begeistern, bei denen sie bisher noch nicht ganz oben auf der Agenda
stand.
Die Fragen stellte Michael Psotta.