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Märkte & Technologien
Strategien Big Pharma
Im Gespräch mit Vertretern von AbbVie und Sanofi
Dr. Lars Greiffenberg, Director R&D IT
und Translational Informatics bei
AbbVie Deutschland
Dr. Frank Flacke, Medical Director
Devices im Bereich Global Medical
Affairs/Integrated Solutions bei Sanofi
Big Data – wie managen Sie diese inhouse?
In einem forschenden Biopharma-Unternehmen fallen täglich
Unmengen von Daten an. Big Data ist für uns ein wichtiges Thema:
Wir entwickeln Strategien und IT-Systeme, die es ermöglichen, aus
der Datenflut die wichtigsten Informationen herauszufiltern. Zudem
entstehen viele relevante Daten außerhalb unseres Unternehmens,
zum Beispiel im individuellen Alltag der Patienten. Diese Daten
könnten uns zukünftig dabei helfen, Therapien und Unterstützungsangebote noch besser an die Bedürfnisse der Patienten anzupassen.
Voraussetzung ist natürlich, dass der Datenschutz gewährleistet ist.
Der Inhouse-Blick ist nicht entscheidend, weil wir beim Thema
Big Data meist eng mit externen Partnern in Kooperationen
zusammenarbeiten, in die jeder seine jeweilige Expertise einbringt. Die besondere Herausforderung besteht darin, einheitliche IT-Standards als Basis zu schaffen. Zugleich müssen wir den
Anforderungen an die Datensicherheit verschiedener Länder
gerecht werden, denn die Sicherheit von Patientendaten genießt
bei Sanofi höchste Priorität.
Welchen Nutzen für die Bevölkerung hat die Auswertung großer Datenmengen?
Einen immensen Nutzen! Für jede Erkrankung gibt es viele
Ausprägungsformen, denn genetische Unterschiede und Unterschiede in der Lebensführung wirken auf das Krankheitsbild ein. In
klinischen Studien werden zwar Daten von vielen Menschen untersucht, jedoch beleuchten diese immer nur einen Teilaspekt. Würden
der Forschung größere Datensätze zur Verfügung stehen, könnten
wir potenziell besser prognostizieren, wie der Einzelne auf ein Medikament reagiert – besser noch, welches Medikament für ihn oder sie
ganz individuell das wirksamste und verträglichste ist.
Die großen Datenmengen führen zu größeren Stichproben und
damit hoffentlich zu einer insgesamt besseren Datenqualität.
Diese wollen wir für patientengruppenorientierte Empfehlungen
nutzen. Die Behandlung von Kranken könnte dann zielgerichteter
verlaufen. Big Data ist damit ein wichtiger Schritt hin zu einer
personalisierten oder zumindest stratifizierten Medizin.
Eine Packungsbeilage zu einem Medikament, in der die Verwendung einer App empfohlen wird – wann wird das
Realität sein?
Das gibt es schon und wird sich vermutlich durchsetzen, beispielsweise können Koordination und Merkfähigkeit nach einem
Schlaganfall mit einer App spielerisch gefordert und verbessert
werden. Selbst für klinische Studien gibt es schon zugelassene
iPad-Apps. Die wichtigsten Anwendungen werden allerdings in
der „Compliance“ sein, also um die Einnahme der Medikamente
optimal zu gewährleisten und eventuell sogar zu kontrollieren.
Bei vielen Erkrankungen, etwa Epilepsie, kann eine vergessene
Einnahme zu großen Problemen führen.
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01-2016 „Big Data“
Das hängt vor allem von den Regulierungsbehörden ab. Nach
heutiger Interpretation handelt es sich dabei um eine Drug/Device-Kombination. Höchstwahrscheinlich bräuchte es derzeit
zusätzlicher Studien, um eine solche Empfehlung zu ermöglichen.