in der Innenstadt, am Stachus, am Isartor, im Hofbräuhaus und anderswo. Wie würde Jesus auf Amokläufe und Terror reagieren? von Michael Guttenberger (Bearbeiteter Auszug aus einer Predigt, gehalten am 24.7.2016 in der Vineyard München, Fotos vom Autor) Es ist schon heftig: jetzt ist der Schrecken, die Angst und die Verunsicherung endgültig auch in Deutschland angekommen, auch hier bei uns in München, auf der Straße, bei McDonalds, im Olympia-Einkaufszentrum – mitten in unserem Alltag. Einsatzkräfte am Tatort vor dem OEZ Man war erleichtert, als sich herausstellte, dass es ein Einzeltäter war und kein durchdachter Terroranschlag an mehreren Tatorten. Doch den Opfern und ihren Angehörigen hilft das auch nicht. Die Angst und Verunsicherung bleibt und nimmt seit einigen Monaten zu. Die Schreckensnachrichten gehen auch weiter: Nizza, Würzburg, Ansbach … Wohin führt das? Dass es in München mal kein IS-Sympathisant war, ist kein echter Trost. Diesmal haben so gut wie alle Münchner etwas mitbekommen: keine öffentlichen Verkehrsmittel fuhren mehr, der Hauptbahnhof wurde evakuiert, in der Innenstadt gab es Panik und Verletzte nach Gerüchten im Internet um Schießereien am Stachus und am Isartor. Überall auch ein Großaufgebot von Polizei und Sicherheitskräften und über die ganze Stadt kreisten Hubschrauber. Ich wohne nur 300 m vom OlympiaEinkaufszentrum (OEZ) entfernt. Ich steige jeden Tag dort in die U-Bahn, gehe dort regelmäßig in ein Fitnessstudio, wir als Familie kaufen oft dort ein. Am Freitag habe ich noch überlegt, nach der Arbeit schnell noch einen neuen Schlafanzug zu kaufen, doch wie so oft blieb ich wieder zu lange in meinem Büro an meiner Arbeit hängen. So erfuhr ich von dem Amoklauf erst in der U-Bahn um 18.20 Uhr auf dem Weg nach Hause. Endstation wäre die Haltestelle OEZ gewesen. Die U-Bahn wurde eine Station früher angehalten. Es hieß nur: „wegen eines Polizeieinsatzes am Olympia-Einkaufszentrum“. Ich finde es sehr interessant, wie unterschiedlich Menschen auf solche Situationen reagieren: manche sind da cool wie ein Eisberg, andere weinen aus Mitleid mit den Opfern und wieder andere sind extrem verängstigt und besorgt und manche trauen sich kaum noch auf die Straße. Wir reagieren wir Christen, also Menschen, die von Herzen Jesus nachfolgen wollen, auf diese Bedrohung und Verängstigung? Bleiben wir fassungslos und gelähmt wie viele Menschen? Lassen wir uns anstecken von Hass und bestimmen von Ängsten? Oder haben wir etwas anderes dem entgegenzusetzen? Es hätte auch mich treffen können, wenn ich eine halbe Stunde früher gefahren wäre, oder wenn ich eine Stunde früher noch zum Einkaufen gegangen wäre. Hätte- wäre- wenn… Es hat Menschen getroffen – tödlich: Teenager, Schüler, Passanten – wahllos, qualvoll, endgültig. Früh morgens am Tag nach der Tat ging ich wieder vor zur Kreuzung, an der die Polizei die Hanauerstraße abgesperrt hatte. Dort vollzog sich gerade ein riesiger Aufmarsch an Medienteams aus aller Welt. München war geschockt, München wurde hysterisch. Panik wegen angeblichen Schüssen 1 jeden Anschlag verhindern können wir dadurch nicht. Wir können neben dem Gebet Tag für Tag konkret dazu beitragen, sowohl als Einzelne als auch als Gemeinschaft, dass mehr Menschen die Möglichkeit bekommen, Gottes Liebe zu erfahren, eine Alternative zu finden für ihren Hass, Vergebung zu lernen, Vergebung zu erfahren, Traumatisierungen und andere seelische Nöte zu überwinden. Aufmarsch der Medienteams Dort gibt es auch einen kleinen versteckten Hügel hinter einem Ärztehaus mit einem Kreuz und einer Bank. Für Fremde kaum zu finden. Ab und zu bete ich dort für meinen Stadtteil Moosach und die Menschen dort. Und dorthin hat es mich an diesem Morgen auch wieder hingezogen. Und nach einiger Zeit kam mir die Frage in den Sinn: „Was würde ich einem dieser Fernsehteams in die Kamera sprechen, wenn sie mich fragen würden, was die richtige Reaktion auf solche Taten ist?“ Der Tag danach - Gedenken an die Opfer Der Täter am OEZ war 18 Jahre alt und lebte seit seiner Geburt hier in München – mitten unter uns. Hat er jemals etwas von Gottes Liebe gehört? Hat er je eine Gelegenheit gehabt, Gottes Liebe zu erfahren? Ich weiß es nicht. Ich glaube an die Kraft der Liebe Gottes zu uns Menschen und an die verändernde Kraft der Liebe Gottes, die wir als Kinder Gottes in unsere Umgebung hineintragen. Wahre Liebe wirkt, verändert, heilt. Es ist unser Auftrag, Menschen mit dieser Liebe in Berührung zu bringen. Und da kam für mich die Antwort auf einmal ganz klar und einfach: MEHR LIEBEN! Unsere Antwort als Jesusnachfolger auf Hass und Terror ist es, noch eifriger die Liebe Gottes, die wir selbst erfahren haben, weiterzugeben. Ganz ehrlich: Es macht mir sehr zu schaffen, dass viele Christen in diesen Tagen insbesondere in den sozialen Medien wieder warnen vor einer Islamisierung oder rechthaberisch behaupten, die jüngsten Anschläge seien nun die Quittung für die deutsche Willkommenskultur. Christen, die Ängste verstärken und an der Verunsicherung von Menschen aktiv mitwirken – wie passt das zu Jesus, an dem wir uns als Jesusnachfolger orientieren wollen? Ich freu mich sehr, dass Gott uns als Vineyard München in den letzten 11 Jahren die Gunst gegeben hat, wirklich kostbare Dienste wie die wöchentliche Tafelausgabe in unserem Gemeindezentrum für 100 Menschen und seit drei Jahren auch unsere Sozialeinrichtung „Perlacher Herz“ ins Leben zu rufen, um gerade bedürftigen Menschen und im „Perlacher Herz“ besonders auch Kindern aus schwierigen Verhältnissen Gottes Liebe ganz konkret zu vermitteln. Ich glaube nicht, dass wir Christen solche Anschläge auf das Leben, wie wir sie jetzt erleben, verhindern können. Ich bin überzeugt, dass wir durch Gebet vieles beeinflussen können und daher sind wir aktuell auch wirklich herausgefordert, zu beten und vor Gott einzutreten für Menschen und Völker. Aber 2 wert. Die Sehnsucht im Volk nach Rache an den Römern war riesig- und das war absolut nachvollziehbar. Aber Rache bringt uns nicht weiter und fördert nicht die Heilsabsichten Gottes in der Welt. Jesus forderte die Menschen damals und auch uns heute dazu auf, auf Rache und Vergeltung zu verzichten. Das an sich ist ja schon eine echte Herausforderung! 50 Ehrenamtliche helfen im Perlacher Herz Und ich denke da auch an die Entwicklungen in unserem Dienstbereich „Begleitung“, wo viele Mitarbeiter sich weitergebildet haben, um Menschen mit seelischen Nöten kompetent zu dienen. MEHR LIEBEN! – so könnte man Jesu Botschaft und sein Gebot der Liebe auf einen kurzen Nenner bringen. Hier ein Beispiel aus dem Matthäusevangelium: Doch Jesus bleibt da noch nicht stehen: er geht noch viel weiter und spitzt das Gebot der Nächstenliebe noch mal zu in der bis zu diesem Zeitpunkt unerhörten Aufforderung, sogar die Feinde zu lieben, denen Gutes zu tun, die uns peinigen, für die um Gnade zu beten, die uns verfolgen - und das mitten in einer Gesellschaft, wo reale Feinde, Peiniger und Verfolger sogar an der Macht waren. Ein solches Verhalten ist nur möglich, wenn unser Herz von Hass und Bitterkeit gereinigt worden ist, wenn es neu geworden ist. Genau darum geht es in der Botschaft Jesu und insbesondere in der Bergpredigt. Die neuen radikalen Gebote Jesu sind nur dann für uns Menschen im Leben anwendbar, wenn wir uns ganz Gott zuwenden und uns von ihm durch seinen Geist ein neues Herz schenken lassen. Dass diese Zeit eines neuen Wirken Gottes kommen würde, war eine der zentralen Verheißungen der Propheten (Hesekiel 36,2428; vgl. Jeremia 31,31-34). Jetzt – so Jesus – sei diese Zeit von Gottes Heilswirken da. Jetzt kann das Herz der Menschen neu werden. Matthäus 5,43-48 Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel werdet; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten, und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten? Tun das nicht auch die Zöllner? Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr damit Besonderes? Tun das nicht auch die Heiden? Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist. Nicht Hass und Vergeltung darf unsere Antwort sein. Auch nicht die Pflege der inneren Rachegedanken, sondern tätige gelebte Liebe. Jesus wusste, wie provozierend das war, was er da sagte. Wie die Römer in den von ihnen eroberten Provinzen herrschten, würde man heute als extremen Staatsterror bezeichnen. So gut wie jeder Jude damals hatte in seiner Familie oder Verwandtschaft jemanden, der von den Römern ermordet oder versklavt worden war. Das Leben von Nicht-Römern war nichts 3 Liebe spürbar? Prägen wir die Atmosphäre an unserem Arbeitsplatz, oder lassen wir uns von der dort herrschenden Atmosphäre, z.B. einem ständig genervten Chef oder schlechtem Gerede über Kollegen prägen? Treten wir ein für ein mitmenschliches und gutes Miteinander, stehen auf gegen diskriminierende Aussagen oder Mobbing? Was hindert uns daran? Vielleicht merken wir, dass wir da noch einige Lernschritte vor uns haben. Über unsere eigenen Grenzen hinauszuwachsen, mutiger zu werden, für die eigenen Überzeugungen einzustehen, das kann ein ganz schön schwieriger und sogar schmerzhafter Prozess sein. Aber mit Hilfe des Heiligen Geistes und auch gegenseitige Ermutigung können wir über unsere Schwächen hinauswachsen. Viele Münchner Bürger trauern um die Opfer Und Jesus geht noch weiter: Wenn wir die Menschen lieben, alle Menschen, sogar die Bösen, die Feinde – dann erweisen wir uns darin als wahre Söhne unseres Vaters im Himmel. Denn der liebt alle Menschen! Der lässt die Sonne auch auf die Bösen scheinen. Mit Berufung auf Gott Hass, Gewalt und Vergeltung zu rechtfertigen – das geht spätestens seit diesen Worten Jesu für alle Ewigkeit nicht mehr! Der Gott Jesu ist ganz anders. Aber für uns heißt das auch ganz konkret: Solange wir nur die lieben, die uns lieben, solange wir nur denen Gutes tun, die uns Gutes tun, solange leben wir nicht als Kinder unseres Vaters im Himmel! MEHR LIEBEN – das klingt einleuchtend, aber dahinter stehen herausfordernde Herzensprozesse, die Jesus uns zumutet. Ich möchte das angehen. Ich möchte meinen Beitrag für eine bessere, menschlichere Welt leisten. Bist Du dabei? Als Jesusnachfolger sind wir also zum einen herausgefordert, unser Herz immer wieder von Gott reinigen zu lassen von Gefühlen und Gedanken von Hass, Vergeltung, Ablehnung, Überlegenheit usw. Wir sind herausgefordert, mit unseren Ängsten und Sorgen und Unsicherheiten im Gebet zu Gott zu gehen und dort Halt zu finden. Wir dürfen Hass, Bitterkeit und die Weigerung zu vergeben nicht in uns dulden. Wir sind zum anderen aber von Jesus aufgefordert, zu lieben, wirklich zu lieben, mehr zu lieben und damit unsere Umgebung mit einem anderen Geist und einer anderen Atmosphäre zu durchdringen. Das wichtigste Übungsfeld dazu ist unser Alltag, unsere natürliche Umgebung: die Familie, der Arbeitsplatz, der Freundeskreis. Wie beeinflusse ich die Atmosphäre in meiner Familie? Ist dort 4
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