Ein Austausch von du zu du

Bürstädter Zeitung vom 05.08.2016
Autor:
Seite:
Ressort:
Ausgabe:
Vanessa Joneleit
9
Lokales
Hauptausgabe
Gattung:
Auflage:
Reichweite:
Tageszeitung
2.097 (gedruckt) 1.819 (verkauft) 1.900 (verbreitet)
0,01 (in Mio.)
Ein Austausch von du zu du
DIALOG Anton Schmitt ruft philosophisches Forum zur freien Meinungsäußerung ins Leben
LAMPERTHEIM. Wer einen Kanaldeckel entdeckt und diesen so lange
betrachtet, bis er gedanklich bei der
Bedrohung der Menschheit angelangt,
der mag es zweifelsohne, zu philosophieren. Wenn man es genau nimmt,
dann steckt aber eigentlich in jedem
Menschen ein kleiner Philosoph. Dieser
Meinung ist zumindest Anton Schmitt.
Der Lampertheimer Philosoph ist an der
Fernuniversität Hagen tätig, arbeitet als
Dozent an der Mannheimer Abendakademie und bietet Seminare an diversen
Volkshochschulen im Umkreis an.
Auch in Lampertheim geht Schmitt mit
interessierten Teilnehmern sei zwei Jahren Fragen nach dem Leben, dem Glück
und der Liebe auf den Grund.
Weil sich aus den Teilnehmern mittlerweile ein fester Stamm gebildet hat und
sich die Kurse regelmäßig großer
Beliebtheit erfreuen, hat Schmitt
gemeinsam mit Kulturamtsleiter Rolf
Hecher eine Idee auf den Weg gebracht:
ein philosophisches Forum für freie
Meinungsäußerung, das einmal monatlich im "Alten Rathaus" stattfinden soll.
"Jeder, der Lust hat, kann kommen.
Vorkenntnisse sind keine vonnöten und
auch die Themen sind zunächst einmal
recht offen gehalten", erklärt der Philosoph im Gespräch mit unserer Zeitung.
"Sonntags bei Anton" soll das Forum
heißen, das dazu dienen soll, die Bürger
wieder mehr in den öffentlichen DisWörter:
Urheberinformation:
© 2016 PMG Presse-Monitor GmbH
kurs miteinzubeziehen. "Wir leben in
einer Mediengesellschaft und werden
von allen Seiten so berieselt, dass man
im Endeffekt selbst nichts mehr zu
sagen hat. Es ist selten geworden, dass
man in der Öffentlichkeit über Themen
spricht, die von allgemeinem Interesse
sind", betont Schmitt. Dabei sei es der
ursprüngliche Gedanke der Politik, sich
gemeinsam öffentlich zu beraten über
Angelegenheiten, die die Gemeinschaft
betreffen.
Was ist Gott, wie definiert man Glück,
was ist Freiheit oder wie geht man mit
der eigenen Sterblichkeit um? All das
seien Fragen, denen man innerhalb des
Forums gemeinsam nachgehen könne.
"Das Forum ist völlig offen. Keiner
braucht Hemmungen zu haben, denn es
geht nicht um abstrakte Lehren, sondern um einen Austausch von du zu du",
so Schmitt.
Wichtig: Regeln der Gesprächsführung
Wichtig sei ihm, dass formale Regeln
der Gesprächsführung eingehalten werden. Beleidigungen, dominante Autoritäten und Prediger-Attitüden seien nicht
erwünscht. Locker, lustig und freundlich - nicht oberflächlich, aber weg vom
akademischen Hochernst solle es gehen.
"Jede Meinung ist gleichberechtigt",
bemerkt der Philosoph. Es gehe darum,
Behauptungen zu begründen und Dinge
in Frage zu stellen. "Wenn ich mit mir
alleine bin, dann habe ich immer Recht.
556
(C) 2016 Verlagsgruppe Rhein Main GmbH & Co. KG
Wenn man den Dialog sucht, kann es
auch zu Widersprüchen kommen. Diese
sind notwendig, um den eigenen Denkhorizont zu erweitern und einen Blick
über die eigenen Grenzen zu werfen.
Nur dann kann man das Scheuklappendenken verlieren", erklärt Schmitt.
Von dem Forum erhofft er sich einerseits, dass Öffentlichkeit und Kommunikation wieder mehr zueinanderfinden.
"Wenn ich längere Strecken mit dem
Zug fahre, dann ist das für mich wie ein
Ausflug in Science Fiction. Alle sitzen
da mit den Stöpseln im Ohr, aber keiner
unterhält sich. Dabei wäre das die ideale
Umgebung", so Schmitt. Ein Lohn wäre
es für ihn andererseits aber auch, zu
sehen, wie Menschen neue Ansichten
gewinnen: "Wenn es dann auf einmal
blitzt in den Augen und jemand sagt,
dass er eine Sache noch nie so gesehen
hat. Das freut mich dann."
termin Das philosophische Forum
läuft unter dem Titel "Sonntags bei
Anton" und findet ab Sonntag, 6.
November, einmal im Monat im
"Alten Rathaus" statt. Von 11 bis 13
Uhr sind alle Interessierten, egal, welchen Alters, eingeladen, miteinander
ins Gespräch zu kommen. Der Eintritt
ist frei, eine Anmeldung ist nicht
nötig.